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jaime-semprun-der-abgund.pdf

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Darwinismus gestossen war: Es sei weniger eine Abneigung gegen die Annahme gewesen, <strong>der</strong><br />

Mensch stamme vom Affen ab, als eine Vorahnung, dass eine solche Evolutionstheorie uns<br />

einiges über unsere äffische Zukunft ankündige. Die Idee, dass <strong>der</strong> Mensch unendlich formbar<br />

und anpassbar sei, kann einem in <strong>der</strong> Tat Angst machen, wenn die Herren <strong>der</strong> Gesellschaft sie<br />

aufnehmen.<br />

Zur Beruhigung erklärt man uns, <strong>der</strong> Mensch habe sich dank <strong>der</strong> Technik humanisiert<br />

und mit seinen AKW, mit seinen Computern, welche die Universalgeschichte speichern, und mit<br />

seinen Genmanipulationen führe er nur seine Vermenschlichung weiter. Aus einer falschen<br />

Prämisse (wie das Mumford und auf seine Weise Lotus de Païni 19 gezeigt haben) kommt man zu<br />

einem absurden Schluss, <strong>der</strong> nicht weniger absurd wäre, wenn die Anfangsbehauptung<br />

vollständig richtig wäre. Was dächte man schliesslich von jemandem, <strong>der</strong> uns berichtete: „Herr<br />

Untel hatte sich ein zweistöckiges Haus gebaut, für sich und seine Familie. Aber er begnügte sich<br />

nicht mit zwei Etagen und so hat er noch 40 obenauf gebaut, o<strong>der</strong> 400, o<strong>der</strong> 4000, und er<br />

gedenkt keineswegs, es dabei bewenden zu lassen. Was kann man darauf sagen? Er hat nur seinen<br />

Angehörigen Unterkunft geschaffen.“ Der unsinnige Turm von Herrn Untel ist dazu verdammt,<br />

von einem Moment zum an<strong>der</strong>n über den Köpfen seiner Einwohner einzustürzen; jedes neue<br />

Stockwerk erhöht die drohende Gefahr, dabei spricht man weiterhin von Unterkunft. Solcherart<br />

ist <strong>der</strong> Diskurs <strong>der</strong> Apologeten <strong>der</strong> unendlichen technischen Entwicklung, allerdings mit <strong>der</strong><br />

erschwerenden Auflage, dass sie ihn vor einem Trümmerhaufen halten - denn das zum<br />

unsinnigen Turm gewordene Haus ist schon eingestürzt. Und alles, was es in dieser Unterkunft<br />

an Düsterem gab, die dunklen Wirklichkeiten, worauf die kollektiven Identifikationen und<br />

gesellschaftliche Erpressung beruhten, die Ängste, Unterdrückungen und Grausamkeiten, <strong>der</strong><br />

ganze barbarische Teil, <strong>der</strong> unter dem Gebäude <strong>der</strong> Zivilisation versteckt war, alles das steigt aus<br />

den Höhlen und Unterbauten hervor und tritt jetzt ins Freie.<br />

* * * * * * * * * *<br />

19 Lotus de Païni: „La magie et le mystère de la femme“, Editions arma artis la Begude de Mazenc, 2002<br />

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