04.02.2013 Aufrufe

Westfälische Klinik Warstein - Klinikmagazin

Westfälische Klinik Warstein - Klinikmagazin

Westfälische Klinik Warstein - Klinikmagazin

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Vor einiger Zeit beschäftigte<br />

sich unsere Fachtagung<br />

„8. <strong>Warstein</strong>er Tag der Pflege“<br />

mit dem Thema „Kundenorientierung<br />

im Psychiatrischen<br />

Krankenhaus“.<br />

Wer soll sich dabei denn<br />

wo ran orientieren? Orientiert<br />

sich das Krankenhaus an dem<br />

Kunden Patient? Oder orientiert<br />

sich der Patient an der Angebotspalette<br />

eines Facharztes<br />

oder Krankenhauses? Oder<br />

orientiert sich eine Krankenkasse<br />

an der Preisliste eines<br />

Krankenhauses? Diese Zusammenhänge<br />

warfen Fragen und<br />

auch Widersprüche auf.<br />

l Wandel im Gesundheitswesen<br />

In den letzten Jahren stelle<br />

ich sehr interessiert fest, wie<br />

Arztpraxen und Krankenhäuser<br />

neu entdecken, daß doch jeder<br />

einzelne Patient ernstgenommen,<br />

beachtet und gut bedient<br />

werden soll; daß jeder Kranke<br />

Anspruch auf eine umfassende,<br />

der modernen Technik und<br />

dem hohen medizinischen<br />

Wissensstand entsprechende<br />

Diagnostik und Therapie erfah-<br />

20<br />

ren soll; daß er auch in seinem<br />

persönlichen Lebensbereich<br />

berücksichtigt werden muß.<br />

Parallel dazu hat sich bei<br />

vielen Patienten die Haltung<br />

und Denkweise geändert:<br />

Forderungen und Ansprüche<br />

werden selbstbewußter vorgetragen;<br />

die ärztliche Aufklärung<br />

über notwendige Eingriffe<br />

und Therapien wird kritischer<br />

hinterfragt; eigene persönliche<br />

Zeitplanungen des Patienten<br />

soll der Arzt im Therapieprozeß<br />

mit berücksichtigen; die<br />

sogenannten „Hotelleistungen“<br />

(Service, Unterkunft, Essen,<br />

Komfort im Krankenzimmer<br />

und Sanitärbereich) sollen<br />

möglichst optimal den Patientenwünschen<br />

entsprechen und<br />

ihn in seiner Individualität und<br />

Intimität nicht wesentlich beschneiden.<br />

Schließlich aber betonen<br />

in jüngster Vergangenheit die<br />

Sozialleistungsträger, hier in<br />

erster Linie die Krankenkassen<br />

und Rentenversicherungsträger,<br />

die Notwendigkeit der einzelfallbezogenen<br />

Leistung, Dokumentation<br />

und Berechnung.<br />

D. h. es werden Standards<br />

eingeführt, wie die Diagnose X<br />

Q U A L I T Ä T<br />

Es geht um das Menschenbild<br />

Kundenorientierung im psychiatrischen Krankenhaus<br />

und wie die Krankheit Y behandelt<br />

werden muß, mit welchem<br />

zeitlichen und therapeutischen<br />

Aufwand dies geschehen<br />

kann, in welchem Intervall die<br />

gleichen Beschwerden erneut<br />

therapiert werden können und<br />

wie das dann im Einzelfall finanziell<br />

beglichen wird.<br />

Hoppla, denkt da der aufmerksame<br />

„Kunde“: Auf diesem<br />

Wege kann ja nicht nur<br />

kontrolliert werden, ob jeder<br />

Patient auch das bekommen<br />

hat, was ihm zusteht, sondern<br />

ebenso, ob jemand nicht vielleicht<br />

sogar zuviel bekommen<br />

hat, was unnötig Geld kostet.<br />

l Kommerzialisierung statt<br />

individueller Behandlung?<br />

Kritiker dieser hier in drei<br />

Punkten grob skizzierten Entwicklung<br />

sehen die Gefahr einer<br />

Vermarktung gesundheitsbezogener<br />

Dienstleistungen;<br />

die Krankenhaus- bzw. Arzt-Patienten<br />

Beziehung verkomme<br />

zu einer Geschäftsbeziehung,<br />

und das Ergebnis jeder therapeutischen<br />

Tätigkeit bekomme<br />

einen reinen Warencharakter.<br />

Auch in der Psychiatrie<br />

werde das notwendige Maß<br />

eigener Verantwortlichkeit<br />

und eigenen Handlungs- und<br />

Entscheidungsspielraums weiter<br />

eingeengt, das den Ärzten<br />

bisher zugestanden wurde und<br />

das man unter anderem durch<br />

die Psychiatriereform auch<br />

nicht-ärztlichen Therapeuten<br />

erkämpft zu haben glaubte.<br />

Vor einigen Wochen las ich<br />

in diesem Zusammenhang<br />

folgende Sätze: „Vorauszusehen<br />

ist damit auch eine zunehmende<br />

Standardisierung des<br />

therapeutischen Vorgehens.<br />

Der Patient wird mehr und<br />

mehr zu einem Werkstück, es<br />

geht darum, ihn – durch die<br />

richtige Diagnose – auf das<br />

dazu passende therapeutische<br />

Fließband zu setzen, auf welchem<br />

er dann mit Hilfe der ihm<br />

zustehenden therapeutischen<br />

Akte behandlungsmäßig und<br />

pflegerisch zugerichtet wird.<br />

Der Arzt und alle Therapeuten<br />

werden damit aber ihrerseits<br />

auch zu einer Art Werkzeug,<br />

zu den Robotern, die ein von<br />

den Kostenträgern und deren<br />

psychiatrischen Experten festgelegtes<br />

therapeutisches Programm<br />

abspulen“.<br />

l Qualitätsmanagement<br />

muß Patientenorientierung<br />

berücksichtigen<br />

Das sind scharfe Töne und<br />

deutliche Mahnungen! Natürlich<br />

wird eingestanden,<br />

daß Qualitätsmanagement<br />

auch vom zunehmenden<br />

Wettbewerb zwischen den<br />

Arztpraxen bzw. Krankenhäu-<br />

PATIENTEN ALS KUNDEN<br />

Patient im herkömmlichen Sinn Patient als souveräner Kunde<br />

• krank, abhängig<br />

• braucht menschliche<br />

Zuwendung<br />

• Krankheit und<br />

Unselbständigkeit stehen<br />

im Vordergrund<br />

Der Patient ist<br />

heute beides<br />

• denkt und handelt selbständig<br />

• sucht sich Krankenhaus aus<br />

• „warum sollte er (wieder) in<br />

unser Haus kommen?“<br />

• will überzeugt/geworben sein<br />

• bleibt weg, wenn unzufrieden<br />

• läßt sich ans Haus „binden“

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!