10 Jahre Stationäres Hospiz St. Martin, Koblenz - Koblenzer ...
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Festschrift<br />
<strong>10</strong> JAHRE<br />
<strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong><br />
HOSPIZ IN KOBLENZ
Festschrift<br />
<strong>10</strong> JAHRE<br />
<strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong><br />
1999–2009<br />
„Die Blätter fallen, fallen wie von weit,<br />
als welkten in den Himmel ferne Gärten;<br />
sie fallen mit verneinender Gebärde.<br />
Und in den Nächten fällt die schwere Erde<br />
aus allen <strong>St</strong>ernen in die Einsamkeit.<br />
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.<br />
Und sieh dir andre an: es ist in allen.<br />
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen<br />
unendlich sanft in seinen Händen hält.“<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
Rainer Maria Rilke<br />
aus: „Das Buch der Bilder“ (1902)<br />
1
2<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
GRUSSWORT<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
Kranken und hilfsbedürftigen Menschen zur Seite zu stehen,<br />
war das Anliegen von Johann Friedrich Kehr, als er den Grundstein<br />
legte für die <strong>St</strong>iftung Evangelisches <strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong>. Auch heute<br />
165 <strong>Jahre</strong> später, ist der Gedanke des <strong>St</strong>ifters in der täglichen<br />
Arbeit der <strong>St</strong>iftung lebendig geblieben. So fi ndet er seine Fortsetzung<br />
neben der Unterstützung des Krankenhausbetriebes und<br />
des Altenheimes des Ev. <strong>St</strong>iftes in dem stationären <strong>Hospiz</strong> bei<br />
der täglichen Betreuung der Menschen, deren Zeit hier bei uns<br />
sich dem Ende nähert.<br />
Fachliche, liebevolle, ja hingebungsfreudige Betreuung haupt-<br />
und ehrenamtlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus allen<br />
Gesellschaftsschichten ist das Anliegen des <strong>Hospiz</strong>gedankens.<br />
Mit dem Neubau des <strong>Hospiz</strong>es konnten wir das <strong>10</strong>-jährige Provisorium beenden und gleichzeitig<br />
die Bettenzahl erhöhen. Die Individualität der Betreuung bleibt dennoch erhalten. Dem <strong>Hospiz</strong>verein<br />
danken wir für die großzügige fi nanzielle Unterstützung bei der Realisierung des Projektes.<br />
Das neue <strong>Hospiz</strong> in eine Symbiose aus bestehendem Altenheim und der anspruchvollen Gestaltung<br />
von 123 Wohneinheiten zum „Betreuten Wohnen“ zu integrieren, war eine besondere Herausforderung<br />
an alle Beteiligten. Dies war nur möglich, nachdem in den Entscheidungsgremien sich die Erkenntnis durchgesetzt<br />
hatte, dass der Tod ein Teil des Lebens ist.<br />
Ich wünsche dem <strong>Hospiz</strong> eine Zukunft, in der die Gäste die verbleibende Lebenszeit stets würdevoll<br />
und umsorgt erleben dürfen. Ich wünsche den Betreuern die nötige Kraft und Freude bei der täglichen<br />
Begleitung der ihnen anvertrauten Menschen.<br />
Dr.-Ing. Hans D. Fricke<br />
Vorsitzender des Verwaltungsrats<br />
<strong>St</strong>iftung Evang. <strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
3
GRUSSWORT<br />
4<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
wir alle wissen: Unsere Zeit auf Erden ist begrenzt. Und <strong>St</strong>erben ist ein<br />
Teil des menschlichen Lebens im Diesseits. Dennoch macht unsere<br />
Gesellschaft mitunter einen großen Bogen um das Thema <strong>St</strong>erben und<br />
verdrängt es so lange, bis der Tod in die eigene Familie oder in den<br />
Freundeskreis kommt und einen geliebten oder bekannten Menschen<br />
mit sich nimmt.<br />
Gleichzeitig wissen wir, dass Menschen im Angesicht des Todes<br />
besonderer Hilfe und Zuwendung bedürfen und auch ihre Angehörigen<br />
in einer solchen Situation nicht allein gelassen werden dürfen.<br />
Cicely Saunders, die Begründerin der modernen <strong>Hospiz</strong>bewegung und<br />
Leiterin des <strong>St</strong>. Christophers <strong>Hospiz</strong> in London, hat für die letzte Lebensphase den Satz geprägt: „Man kann<br />
dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben.“<br />
Genau dieser Aufgabe widmet sich das <strong>St</strong>ationäre <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> seit nun <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong>n. Hier fi nden Menschen<br />
in den letzten Wochen und Tagen ihres Lebens einen Ort, an dem sie sich geborgen und medizinisch,<br />
pfl egerisch und seelsorgerisch umsorgt fi nden, einen Ort, an dem sie als Gäste bis zuletzt ein schmerzfreies<br />
Leben in Würde führen können. Auch die Angehörigen fi nden in diesem <strong>Hospiz</strong> die Hilfe und Entlastung, auf<br />
die auch sie so dringend angewiesen sind.<br />
Das <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> ist eine Insel der Ruhe, der Besinnung, der Hilfe und der Kraft. Zahlreiche haupt- und<br />
ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Seelsorger, Ärzte, Sozial ar beiter und Psychologen wirken<br />
hier zusammen mit dem einen Ziel, schwerstkran ken und sterbenden Menschen zu helfen, sie zu begleiten<br />
und zu betreuen. Dabei ist das <strong>Hospiz</strong> so eingerichtet und ausgestattet, dass es auf alle Bedürfnisse eingehen<br />
kann und für die Betroff enen und ihre Angehörigen die Atmosphäre schaff t, die zu einer würdigen letzten<br />
Lebensphase beiträgt.<br />
Dabei muss der letzte Atemzug nicht zwingend in den Räumlichkeiten dieses <strong>Hospiz</strong>es geatmet werden.<br />
Das <strong>Hospiz</strong> in <strong>Koblenz</strong> ermöglicht es sterbenden Menschen ausdrücklich, ihre letzten Tage auch zu Hause<br />
in der gewohnten häuslichen Umge bung zu verbringen, wenn sie es wünschen. Und bis zu diesen letzten<br />
<strong>St</strong>unden auf Erden gibt es auch immer wieder Patientinnen und Patienten, die zwischen dem <strong>Hospiz</strong> und<br />
ihrer häuslichen Umgebung wechseln.<br />
Mit seinem Umzug in die neuen Räume im Januar dieses <strong>Jahre</strong>s hat das <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> seine Möglichkeiten<br />
zur Hilfe und zur menschlichen Zuwendung noch weiter verbessern können. Während bis zum Umzug acht<br />
Gäste betreut werden konnten, können seither zehn Gäste aufgenommen werden.<br />
Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des <strong>Hospiz</strong>es, den Unter stüt zerinnen und Unterstützern<br />
für die in den zurückliegenden <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong>n geleistete Arbeit. Ihnen gebührt Dank und Anerkennung für ihr<br />
Engagement. Ich bin sicher, dass sie den von ihnen eingeschlagenen Weg auch in den kommenden <strong>Jahre</strong>n<br />
engagiert weiter beschreiten werden.<br />
Malu Dreyer<br />
Ministerin für Arbeit, Soziales,<br />
Gesundheit, Familie und Frauen<br />
des Landes Rheinland-Pfalz<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
GRUSSWORT<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
„<strong>St</strong>erben ist Leben – Leben vor dem Tod“, mit diesem klaren und<br />
faszinierenden Satz beschreibt der <strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>verein seine<br />
Arbeit.<br />
Die Würde des Menschen als höchstes Gut zu bewahren, Kranke<br />
mit ihren Schmerzen und Sorgen nicht alleine zu lassen: Das ist eine<br />
große und schwere Aufgabe.<br />
<strong>St</strong>erbenden ein menschenwürdiges Leben bis zuletzt zu ermöglichen,<br />
ist nicht nur das Ziel der <strong>Hospiz</strong>bewegung, sondern ein elementarer<br />
Baustein einer humanen Gesellschaft.<br />
Viele Menschen sehen sich am Lebensende einer Fülle von Ängsten<br />
gegenüber.<br />
Die Angst vor dem <strong>St</strong>erbeprozess, vor Schmerzen und vor dem Alleinsein ist ebenso präsent wie die<br />
Angst vor einem langen Leidensweg in der Anonymität medizinischer Einrichtungen fernab von<br />
der Unterstützung und Präsenz der Angehörigen. Der <strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>verein stellt seit 1991 sicher,<br />
dass <strong>St</strong>erbende im Kreise ihrer Familien eine Linderung ihrer Schmerzen erfahren.<br />
1999 hat der <strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>verein e. V. gemeinsam mit dem damaligen Träger, dem Gesundheitszentrum<br />
Evang. <strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong>, das stationäre <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> errichtet. Schwerstkranke und<br />
sterbende Menschen, die einer palliativ-medizinischen und palliativ-pfl egerischen Versorgung bedürfen,<br />
bei denen weder Heilung noch <strong>St</strong>illstand der Erkrankung erreicht werden kann, werden hier betreut<br />
und begleitet.<br />
Zum zehnjährigen Jubiläum des stationären <strong>Hospiz</strong>es <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> gratuliere ich herzlich.<br />
Dem Leben auch im <strong>St</strong>erben Würde zu verleihen, das ist unser aller Wunsch und Aufgabe, die haupt-<br />
und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen des stationären <strong>Hospiz</strong>es und des <strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>vereins leisten<br />
dies vorbildlich, dafür danke ich im Namen aller <strong>Koblenz</strong>erinnen und <strong>Koblenz</strong>er.<br />
Für sein zukünftiges Wirken wünsche ich dem Verein von ganzem Herzen Kraft und Gottes Segen.<br />
Es grüßt Sie freundlich<br />
Ihr<br />
Dr. Eberhard Schulte-Wissermann<br />
Oberbürgermeister der <strong>St</strong>adt <strong>Koblenz</strong><br />
5
HOSPIZE BRAUCHEN FREUNDE<br />
Schirmherrin ‚<strong>Hospiz</strong> in <strong>Koblenz</strong>‘<br />
Die Kampagne „<strong>Hospiz</strong>e brauchen Freunde – eine Patenschaft für die Menschenwürde“ ist eng mit<br />
dem Namen Heide von Hohenzollern verbunden.<br />
Die <strong>Hospiz</strong>kommission hatte sich für eine Patenschaftsaktion entschieden, um dringend benötigte Finanzmittel<br />
für die stationäre <strong>Hospiz</strong>versorgung zu bekommen. Zehn Prozent des zwischen Träger und Kostenträgern<br />
ausgehandelten Pfl egesatzes (und das sind nicht die tatsächlichen Kosten!) müssen laut Gesetz über<br />
Spenden fi nanziert werden<br />
Heide von Hohenzollern hat uns spontan ihre Unterstützung zugesagt und so konnte am 27. November<br />
2002 auf Burg Namedy die Auftaktveranstaltung in einem sehr schönen Rahmen stattfi nden.<br />
Frau von Hohenzollern ist selbst Patin und nur unwesentlich später hat sie auch die Schirmherrschaft für<br />
‚<strong>Hospiz</strong> in <strong>Koblenz</strong>‘ übernommen.<br />
Wir danken Ihr sehr für ihr Engagement!<br />
Zitat aus der Rhein-Zeitung vom 5. Dezember 2002<br />
„Drei erste Paten haben sich der<br />
Kampagne „<strong>Hospiz</strong>e brauchen<br />
Freunde – eine Patenschaft für die<br />
Würde“ angeschlossen und Urkunden<br />
erhalten. Unter der Schirmherrschaft<br />
von Prinzessin Heide von Hohenzollern<br />
fand der Auftakt der Aktion<br />
in einer kleinen Feierstunde im<br />
Rittersaal von Burg Namedy statt.<br />
Prinzessin Heide von Hohenzollern<br />
hat lange <strong>Jahre</strong> in England gearbeitet<br />
und erinnerte sich in ihrer<br />
Ansprache, dass die Briten der <strong>Hospiz</strong>bewegung<br />
schon seit langer Zeit<br />
sehr aufgeschlossen gegenüberstehen.<br />
Prinzessin Heide ermunterte<br />
Mitglieder und Gäste, um Paten zu<br />
werben.<br />
6<br />
<strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> stationäres <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> bedeuten <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> Einsatz und<br />
unermüdliche Arbeit der Mitarbeiter, der Helfer und Helferinnen.<br />
An Sie alle möchte ich mich mit tiefem Dank wenden. Sie haben<br />
vielen Menschen helfen können, den letzten Weg in Würde zu<br />
gehen, aber Sie waren auch immer für die zurückbleibenden<br />
Angehörigen da, mit Mitgefühl, Rat und Tat.<br />
Gott beschütze Sie und Ihre Arbeit!<br />
Ihre<br />
Heide von Hohenzollern<br />
Schirmherrin ,<strong>Hospiz</strong> in <strong>Koblenz</strong>‘<br />
Um schwerstkranken Menschen ein<br />
würdevolles <strong>St</strong>erben zu ermöglichen,<br />
braucht der Verein viele Spender.<br />
Die Vorsitzende des <strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>vereins,<br />
Gisela Textor, erinnerte<br />
an die Gründung im <strong>Jahre</strong> 1991<br />
durch Schwester Mechthild, die bei<br />
der Feierstunde in der Burg dabei<br />
war. Inzwischen unterstützen 600<br />
Mitglieder die <strong>Hospiz</strong>arbeit in <strong>Koblenz</strong>.<br />
Wenn die Versorgung der ambulanten<br />
Dienste nicht mehr ausreicht,<br />
können die Kranken in eines<br />
der acht Gästezimmer im <strong>Hospiz</strong><br />
„<strong>St</strong>. <strong>Martin</strong>“ einziehen. Es ist bisher<br />
die einzige stationäre Einrichtung<br />
im nördlichen Rheinland-Pfalz.<br />
An der Finanzierung des Aufenthaltes<br />
beteiligten sich die Krankenkassen<br />
oder andere Sozialeinrichtungen<br />
sowie die Patienten oder<br />
ihre Angehörigen.<br />
Zehn Prozent der Kosten werden<br />
nach bundeseinheitlicher Regelung<br />
nicht vom <strong>Hospiz</strong>verein getragen,<br />
sondern müssen über Spenden fi -<br />
nanziert werden. Dies verhindert<br />
eine wirtschaftliche Ausbeutung<br />
der stationären <strong>Hospiz</strong>arbeit. So<br />
ist die soziale Mitverantwortung<br />
gefragt. Der <strong>Hospiz</strong>verein verwaltet<br />
lediglich das zweckgebundene Patenschaftskonto<br />
und ist für dessen<br />
Öff entlichkeitsarbeit zuständig.“<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
WIE ALLES ANFING<br />
Interview<br />
Der <strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>verein<br />
und das Evangelische<br />
<strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong><br />
haben beim Aufbau der<br />
stationären <strong>Hospiz</strong>arbeit<br />
von Anfang an eng zu-<br />
sammen gearbeitet.<br />
So macht es aus Anlass<br />
des <strong>10</strong>-jährigen<br />
Jubiläums Sinn, den Geschäftsführer<br />
des heutigen<br />
<strong>St</strong>iftungsklinikums<br />
Mittelrhein, Herrn Lutz Hecht, nach seinen Erinnerungen<br />
zu diesem Vorgang zu befragen. Herr Hecht<br />
hat damals als Geschäftsführer des Evangelischen<br />
<strong>St</strong>iftes <strong>Koblenz</strong>, das sich dann später mit den<br />
Krankenhäusern Boppard und Nastätten zum<br />
<strong>St</strong>iftungsKlinikum Mittelrhein zusammenschloss,<br />
den Gründungsakt des stationären <strong>Hospiz</strong>es tatkräftig<br />
unterstützt.<br />
Herr Hecht, wie erklären Sie sich die Nähe des<br />
Evang. <strong>St</strong>iftes zur <strong>Hospiz</strong>bewegung, und welche<br />
Rolle hat das „<strong>St</strong>ift“ im Jahr 1999 bei der<br />
Gründung des stationären <strong>Hospiz</strong>es gespielt?<br />
Die Wurzeln des heutigen Gesundheitszentrums<br />
Evangelisches <strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> gehen bis in die Mitte<br />
des vorletzten Jahrhunderts zurück. Im Jahr 1844 hatte<br />
sich der Gründer des Waisen- und Krankenhauses<br />
Evangelisches <strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> das Ziel gesetzt, insbesondere<br />
den Armen und den Leuten, die obdachlos<br />
waren, zur Seite zu stehen.<br />
Heute muss keiner mehr auf der <strong>St</strong>raße leben, aber<br />
nach wie vor gibt es Menschen, die auf Unterstützung<br />
und Hilfe angewiesen sind. Dazu gehören insbesondere<br />
die Alten und die Schwerstkranken, die<br />
am Ende ihres Lebens unsere besondere Fürsorge<br />
benötigen. Aus dieser Tradition, aber auch aus der<br />
Verantwortung und Pfl icht heraus zu helfen, erklärt<br />
sich die enge Verbindung unseres Hauses zur<br />
<strong>Hospiz</strong>bewegung.<br />
So war es selbstverständlich und folgerichtig, dass<br />
wir vor <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong>n dem <strong>Hospiz</strong>verein unsere Mitarbeit<br />
anboten, als es um die Gründung des stationären<br />
<strong>Hospiz</strong>es ging. Sicherlich spielte dabei auch eine<br />
Rolle, dass damals die Finanzen des <strong>Hospiz</strong>es noch<br />
sehr knapp bemessen waren und wir neben unserer<br />
fachlichen Kompetenz auch die notwendigen Mittel<br />
bereithalten konnten.<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
Hat es zu diesem Zeitpunkt auch Überlegungen<br />
gegeben, das stationäre <strong>Hospiz</strong> in<br />
das „<strong>St</strong>ift“ einzugliedern?<br />
Nun, dazu muss man zunächst wissen, dass der<br />
Gründung des stationären <strong>Hospiz</strong>es Überlegungen<br />
und Untersuchungen über mehrere <strong>Jahre</strong> voraus<br />
gingen. Seit 1996 befasste sich intensiv eine<br />
Projektgruppe, der bis zum Ende hin übrigens die<br />
heutige Vorsitzende des <strong>Hospiz</strong>vereins Frau Textor<br />
vorstand, mit diesem Thema. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />
gab es erst ein stationäres <strong>Hospiz</strong> in Rheinland-<br />
Pfalz, nämlich in Speyer, und man konnte auf fundierte<br />
Erfahrungen eigentlich kaum zurückgreifen.<br />
Natürlich hatte man sich im Evangelischen <strong>St</strong>ift<br />
die Frage „Palliativstation oder <strong>Hospiz</strong>?“ gestellt.<br />
Für eine Palliativstation im Krankenhaus war die<br />
Zeit damals allerdings noch nicht reif, und ein<br />
im Haus integriertes <strong>Hospiz</strong> konnte man sich<br />
nur schwer vorstellen. Übrigens befassten sich<br />
nahezu zeitparallel auch andere Einrichtungen<br />
in <strong>Koblenz</strong> mit dem gleichen Thema.<br />
Als dann die Projektgruppe ihr Arbeitsergebnis<br />
vorlegte, wusste man sofort: nur so konnte es<br />
gehen. Die Entscheidung war zugunsten eines stationären<br />
<strong>Hospiz</strong>es gefallen, das nur in Kooperation<br />
mit einem <strong>Hospiz</strong>verein betrieben werden konnte<br />
und so dem <strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>verein angegliedert<br />
wurde und bei dem das <strong>St</strong>ift als Träger<br />
fungierte. Oder mit anderen Worten: Beide sollten<br />
in enger Zusammenarbeit das stationäre<br />
<strong>Hospiz</strong> betreiben, das seitdem den Namen<br />
„<strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong>“ trägt. Die Grundlage<br />
hierfür lieferte ein Kooperationsvertrag. Dieser ist in<br />
Rheinland-Pfalz weiterhin vorbildlich.<br />
Heute wissen wir, dass dies genau die richtige<br />
Entscheidung war. Damit war die notwendige Distanz<br />
zum klinischen Alltag hergestellt. Das Krankenhaus,<br />
dessen Grundauftrag es ja ist, möglichst Leben zu erhalten,<br />
stand damit dem <strong>Hospiz</strong>gedanken, nämlich<br />
Menschen in der letzten Phase einer unheilbaren<br />
Krankheit zu pfl egen und zu begleiten, nicht unmittelbar<br />
im Wege, konnte aber im Sinne einer palliativmedizinischen<br />
Behandlung jederzeit unterstützend<br />
mitwirken.<br />
Beide Seiten konnten und können noch heute mit<br />
dieser Lösung sehr gut leben; einer Lösung, bei<br />
der die gemeinnützigen Aspekte im Mittelpunkt<br />
stehen. Dem steht auch nicht entgegen, dass das<br />
7
Gesundheitszentrum Evangelisches <strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong><br />
zurzeit die Einrichtung einer eigenen Palliativstation<br />
plant.<br />
Wie sieht nun heute die Zusammenarbeit des<br />
„<strong>St</strong>ifts“ mit dem stationären <strong>Hospiz</strong> aus?<br />
Die Zusammenarbeit funktioniert bis heute ausgesprochen<br />
gut. Den Kooperationsvertrag haben wir<br />
vor einem knappen Jahr verlängert.<br />
Allerdings ist zu beobachten, dass das <strong>Hospiz</strong> sich<br />
mehr und mehr „freischwimmt“. Das Krankenhaus<br />
sah sich in der Verantwortung, dem stationären<br />
<strong>Hospiz</strong> die notwendige <strong>St</strong>arthilfe zu geben. Zu<br />
Beginn der Zusammenarbeit fand beispielsweise<br />
noch ein reger Personaltausch zwischen den beiden<br />
Einrichtungen statt. Heute ist das <strong>Hospiz</strong> in<br />
seiner Personalplanung, -rekrutierung und -fortbildung<br />
nahezu autark.<br />
Hilfreich war es sicherlich am Anfang auch, dass das<br />
Evangelische <strong>St</strong>ift dem stationären <strong>Hospiz</strong> geeignete<br />
Räume kostenfrei zur Verfügung stellen und<br />
im Notfall Verluste des <strong>Hospiz</strong>es decken konnte.<br />
Herr Hecht, wie sehen Sie die zukünftige<br />
Zusammenarbeit mit dem stationären<br />
<strong>Hospiz</strong>?<br />
Das stationäre <strong>Hospiz</strong> ist schon heute eine wichtige<br />
Einrichtung in der <strong>St</strong>adt, die zudem ein hohes<br />
Ansehen genießt. Der Umzug des stationären<br />
<strong>Hospiz</strong>leitung:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
8<br />
Frau Irmtraud Wellbrock<br />
Frau Resi Weigele, kommissarische Leitung<br />
Frau Beate Weng<br />
Frau Andrea Krahe, kommissarische Leitung<br />
Frau Anne Egbert seit 1. Januar 2009<br />
Pfl egesätze:<br />
Bedarfssatz 244,40 EUR seit 1. April 2003<br />
zuschussfähiger Bedarfssatz (90 %) 220,00 EUR<br />
<strong>Hospiz</strong>es in die neuen Räume wird sicherlich den<br />
MitarbeiterInnen und auch der Sache zusätzliche<br />
Motivation und neue Möglichkeiten geben. Der<br />
alte Geist der Zusammenarbeit wird bleiben.<br />
Dafür setze ich mich ein.<br />
Ich bin sicher, dass das <strong>Hospiz</strong> in <strong>Koblenz</strong> sich<br />
weiter positiv entwickeln wird. Wir werden wie<br />
bisher mit dem <strong>Hospiz</strong> so eng wie möglich zusammenarbeiten.<br />
Sie können davon ausgehen,<br />
dass ich die Entwicklung nicht nur als Geschäftsführer<br />
des <strong>St</strong>iftungsklinikums Mittelrhein, sondern<br />
auch als ganz institutionelles Mitglied des <strong>Hospiz</strong>vereins<br />
interessiert verfolgen werde.<br />
Ich wünsche dem stationären <strong>Hospiz</strong> auch für die<br />
nächsten Jahrzehnte Erfolg und Zufriedenheit in<br />
der Arbeit!<br />
Lutz Hecht<br />
Geschäftsführer<br />
<strong>St</strong>iftungsklinikum Mittelrhein GmbH<br />
Anzahl der Gästezimmer:<br />
• <strong>10</strong> Gästezimmer<br />
MitarbeiterInnen:<br />
• 12 <strong>Hospiz</strong>fachkräfte<br />
• 13 ehrenamtliche MitarbeiterInnen<br />
• Psychologe<br />
• beratender Schmerztherapeut<br />
• Seelsorger<br />
•<br />
Hausärzte<br />
Das Interview führte:<br />
Heinrich Schütz<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Brunnen im neuen stationären <strong>Hospiz</strong><br />
Dieser wunderschöne Brunnen steht im Eingangsbereich des <strong>St</strong>ationären<br />
<strong>Hospiz</strong>es <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> in <strong>Koblenz</strong> und wurde von der Keramikerin<br />
Liz Ebinger entworfen und gestaltet. Wir danken ihr ganz herzlich.<br />
Sponsor: Sparkasse <strong>Koblenz</strong><br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
9
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Impressionen aus dem neuen <strong>Hospiz</strong><br />
<strong>10</strong><br />
Eingangsbereich<br />
Empfang<br />
Gästebuch<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Entwicklung<br />
Mit Gründung des<br />
<strong>Hospiz</strong>vereins im <strong>Jahre</strong><br />
1991 steht der satzungsgemäße<br />
Zweck fest. In<br />
§ 2 der Satzung heißt<br />
es:<br />
„Der Verein will dazu<br />
beitragen, dass sich<br />
<strong>St</strong>erben und Tod des<br />
Menschen in Würde<br />
vollziehen können.<br />
Der Zweck des Vereins<br />
ist es, <strong>St</strong>erbende<br />
unter Einbeziehung der Angehörigen, ohne Ansehen der<br />
Person, ihrer Abstammung, ihrer Sprache, ihrer Religion<br />
und ihrer Weltanschauung zu begleiten:<br />
•<br />
•<br />
in ihrer häuslichen Umgebung,<br />
in einem <strong>Hospiz</strong>.“<br />
Dieses Ziel, neben dem ambulanten <strong>Hospiz</strong> ein stationäres<br />
<strong>Hospiz</strong> aufzubauen, haben Vorstand und Mitglieder immer<br />
im Blick gehabt. In der Mitgliederversammlung am 20. 5.<br />
1996 hat die Arbeitsgruppe innerhalb des Vorstandes ihr<br />
Konzept für die stationäre <strong>Hospiz</strong>arbeit vorgestellt. Ein im<br />
Februar 1996 stattgefundener Vortrag von Sr. Irmgardis<br />
Michels (Franziskushospiz Hochdahl) mit dem Thema<br />
„<strong>Hospiz</strong> – ein Weg menschenwürdigen <strong>St</strong>erbens“ gab<br />
letztendlichen den Impuls zur Bildung dieser Arbeitsgruppe.<br />
Ein stationäres <strong>Hospiz</strong> mit dem Verein als alleinigem Träger<br />
war nicht realisierbar. Es brauchte einen Kooperationspartner,<br />
der bereit war, die Trägerschaft zu übernehmen<br />
und damit auch das fi nanzielle Risiko mitzutragen.<br />
Nach vielen Informations- und Orientierungsgesprächen<br />
mit unterschiedlichen Trägern hat der Vorstand in seiner<br />
Klausursitzung am 16. November 1997 die Kooperationsangebote<br />
ausgewertet und in der Vorstandssitzung am<br />
2. Dezember 1997 mehrheitlich für eine Kooperation mit<br />
dem Gesundheitszentrum Ev. <strong>St</strong>ift gestimmt. Eines der wesentlichen<br />
Entscheidungskriterien war die Finanzierung<br />
bzw. die Aussage zum Defi zitausgleich und die fi nanzielle<br />
Unterstützung der ambulanten <strong>Hospiz</strong>arbeit durch unentgeltlich<br />
zur Verfügung gestellte Geschäftsräume.<br />
Das Gesundheitszentrum Ev. <strong>St</strong>ift hatte sich fast zeitgleich,<br />
wie viele andere Institutionen auch, seit 1997<br />
mit dem Thema <strong>Hospiz</strong> beschäftigt. Es gab bereits eine<br />
Arbeitsgruppe, die ebenfalls eine <strong>Hospiz</strong>konzeption entwickelt<br />
hatte.<br />
TeilnehmerInnen dieser Arbeitsgruppe und Mitarbeiter-<br />
Innen vom Verein trafen sich in acht Kooperationsgesprächen<br />
und beschäftigten sich mit den konkreten<br />
Inhalten einer Kooperation. Es entstand eine gemeinsame<br />
Konzeption, die dann auch bei den Krankenkassen mit<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
dem entsprechenden Antrag auf Finanzierung eingereicht<br />
wurde.<br />
Der Kooperationsvertrag konnte nach Genehmigung<br />
durch die Mitgliederversammlung und durch den<br />
Verwaltungsrat aufseiten des Ev. <strong>St</strong>ifts im Herbst 1998<br />
unterzeichnet werden. Beide Seiten hatten sich auf den<br />
Namen „<strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong>“ einigen können, und<br />
auch die Entscheidung für das Kleeblatt als Logo konnte<br />
im Konsens erfolgen.<br />
Die gemeinsame Kommission (drei Mitglieder des Vereins<br />
und drei Mitglieder des <strong>St</strong>ifts plus jeweils einer Vertretung)<br />
tagte am <strong>10</strong>. Juli 1998 zum ersten Mal. Am 1. Oktober 1998<br />
wurde Frau Irmtraut Wellbrock als erste <strong>Hospiz</strong>leitung eingestellt.<br />
Der 20. November 1998 war als der voraussichtliche Eröff<br />
nungstermin genannt, konnte aber aufgrund der Verzögerungen<br />
im Umbau nicht eingehalten werden. Der<br />
Festakt zur Eröff nung fand dann am 29. Januar 1999 statt.<br />
Tag der off enen Tür war der 30. Januar 1999 und am 8.<br />
Februar 1999 zog der erste Gast ins neue <strong>Hospiz</strong> ein.<br />
Seitdem sind zehn <strong>Jahre</strong> vergangen. Die Kooperation<br />
zwischen einem großen Träger und einem überwiegend<br />
ehrenamtlich tätigen <strong>Hospiz</strong>verein war nicht immer<br />
leicht. Im Kooperationsvertrag ist festgehalten, dass eine<br />
Kommission die Aktivitäten beider Seiten verbindet, aufeinander<br />
abstimmt und die Grundsätze der gemeinsamen<br />
<strong>Hospiz</strong>arbeit für beide Seiten verbindlich formuliert. Die<br />
Kommission wird in allen Fragen, die das stationäre <strong>Hospiz</strong><br />
betreff en, beschließend, beratend oder empfehlend tätig.<br />
Diese gemeinsame Kommission musste immer mal wieder<br />
kleinere und auch große <strong>St</strong>olpersteine überwinden.<br />
Wir haben es geschaff t!<br />
Heute ist ‚<strong>Hospiz</strong> in <strong>Koblenz</strong>’ unser Motto und so steht<br />
es auch auf unserer Broschüre. Es steht für die gesamte<br />
<strong>Hospiz</strong>arbeit in <strong>Koblenz</strong>: ambulant und stationär, ehrenamtlich<br />
und hauptamtlich, für all die Bereiche, in denen<br />
<strong>Hospiz</strong>arbeit geschieht oder durch die sie ermöglicht<br />
wird. Mein Dank gilt all denen, die in den vergangenen<br />
zehn <strong>Jahre</strong>n mit dazu beigetragen haben!<br />
Im vergangenen Jahr haben wir den Kooperationsvertrag<br />
erneuert, nun mit der <strong>St</strong>iftung Ev. <strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> als<br />
Träger.<br />
Ein stationäres <strong>Hospiz</strong> zu errichten, ist mit hohem fi nanziellem<br />
Aufwand verbunden und auch in zehn <strong>Jahre</strong>n nicht<br />
refi nanziert. Und dann musste auch noch ein Neubau<br />
her, weil die „alten“ Räumlichkeiten laut Heimgesetz nicht<br />
mehr genügten. Ich bin dankbar, dass die <strong>St</strong>iftung diese<br />
Herausforderung angenommen hat und bin stolz auf unser<br />
„neues“ stationäres <strong>Hospiz</strong>!<br />
Gisela Textor<br />
Vorsitzende des<br />
<strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>vereins<br />
11
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Ein neues Heim<br />
12<br />
„Bauen ist das letzte Abenteuer der Menschheit“ – ich hätte nie<br />
gedacht, dass dieser Satz eines ehemaligen Professors mir mal<br />
so prägnant ins Bewusstsein treten würde.<br />
Dabei fi ng eigentlich alles ganz harmlos an. Ein Bauträger war<br />
beauftragt, ein schlüsselfertiges <strong>Hospiz</strong> zu erstellen. Ordnungsgemäß<br />
wurde die Heimmindestbauverordnung für die Planung<br />
zugrunde gelegt.<br />
Doch bei genauerer Prüfung der Baubeschreibung und einer<br />
ersten Besichtigung des Rohbaus wurde schnell klar: So hatten<br />
sich weder der <strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>verein als Kooperationspartner<br />
noch die <strong>St</strong>iftung als künftiger Eigentümer der Immobilie das<br />
neue <strong>Hospiz</strong> vorgestellt. Hier galt es den Spagat zu schaff en, zwischen der Schaff ung einer wohnlichen,<br />
heimeligen Atmosphäre und der Berücksichtigung aller medizinischen und hygienischen Bedingungen, die<br />
schwerstkranke Menschen benötigen.<br />
Eine Erkenntnis, die weitreichende Folgen hatte. Ab sofort stand jeder Dienstagmorgen ganz im<br />
Zeichen des Neubaus. Bauträger, Projektsteuerer, Architekten, eine neu hinzugezogene Innenarchitektin,<br />
<strong>Hospiz</strong>leitung, Vertreter von <strong>Hospiz</strong>verein und <strong>St</strong>iftung diskutierten, feilschten und planten meist konstruktiv,<br />
aber immer engagiert in insgesamt 48 Bausitzungen. Auch als die fi nanzielle Situation für den<br />
Bauträger schwierig und damit ein noch größeres Engagement – in fi nanzieller und fachlicher Hinsicht –<br />
von <strong>Hospiz</strong>verein und <strong>St</strong>iftung notwendig wurde, liefen die Sitzungen weiter.<br />
Trotz aller Schwierigkeiten sind wir nun sehr stolz, das Abenteuer Neubau gut zu Ende gebracht zu<br />
haben und das stationäre <strong>Hospiz</strong> in gleichermaßen funktionellen wie stimmungsvollen Räumlichkeiten<br />
beheimaten zu können. Wir freuen uns, dass sich alle Anstrengungen gelohnt haben, sodass wir unseren<br />
Gästen für das letzte <strong>St</strong>ück ihres irdischen Lebens ein würdevolles Zuhause zur Verfügung stellen können.<br />
Ich möchte an dieser <strong>St</strong>elle ganz herzlich „Danke“ sagen:<br />
• dem <strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>verein, insbesondere Frau Gisela Textor für die großzügige fi nanzielle<br />
und fachliche Unterstützung,<br />
• dem Verwaltungsrat der <strong>St</strong>iftung Ev. <strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong>, der bereit war, mehr fi nanzielle Mittel zur<br />
Verfügung zu stellen wie geplant. Besonders gilt mein persönlicher Dank dem Vorsitzenden<br />
des Verwaltungsrates, Herrn Dr. Hans D. Fricke, und dem stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn<br />
Alfred W. Hardt, für das unermüdliche Engagement,<br />
• dem Bauträger, dem Projektsteuerer und den Architekten, die auch in der schwierigen<br />
Schlussphase das Bauprojekt intensiv betreut haben,<br />
• der Innenarchitektin Frau Dorothea Faust, der kein Widerstand zu groß war, um ihr Ziel:<br />
„eine gute Atmosphäre für das neue <strong>Hospiz</strong>“ aus den Augen zu verlieren,<br />
• der ehemaligen Leitung des <strong>Hospiz</strong>es, Frau Beate Weng, die viele Details geplant hat,<br />
• der kommissarischen Leitung des <strong>Hospiz</strong>es, Frau Andrea Krahe, die sowohl in dieser Zeit<br />
die Personallücke im <strong>St</strong>ationären <strong>Hospiz</strong> tadellos gefüllt, in jeder Bausitzung fachlichen<br />
Input geliefert hat und dabei immer die „gute Seele“ des Teams war,<br />
• den Handwerkern, die trotz ungeklärter Bezahlung ihre Gewerke fertig gestellt haben,<br />
• allen Mitarbeitern des <strong>St</strong>iftungsklinikums Mittelrhein GmbH, die unbürokratisch unterstützt haben.<br />
Ihnen allen ganz herzlichen Dank, denn mit Ihrer Hilfe ist es schön geworden!<br />
Lucie Schmitz<br />
Geschäftsführerin<br />
<strong>St</strong>iftung Ev. <strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong><br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Erfahrungen aus der täglichen Arbeit<br />
Ein schwarz-gelber Abschied<br />
Man hatte ihn zu uns ins <strong>Hospiz</strong> zum <strong>St</strong>erben gebracht. Herr R. war 52 <strong>Jahre</strong> alt und lag, als wir ihn als Gast<br />
aufnahmen, bereits im Koma.<br />
Aber dann geschah ein kleines Wunder. Dank einer Medikamentenumstellung wachte er nach einigen<br />
Tagen wieder auf. Sein körperlicher Zustand verbesserte sich zusehends, und wir konnten ihn so weit mobilisieren,<br />
dass er mit unserer Unterstützung bald wieder die ersten Schritte lief. Wie genoss er doch die<br />
wiedergewonnene Lebensqualität!<br />
Als sich sein Befi nden weiter stabilisierte, zog Herr R. es vor, noch einmal in die gewohnte Umgebung seiner<br />
Familie zurückzukehren. Dort ließ ihn seine Ehefrau so ziemlich alles ausprobieren und führte ihn behutsam<br />
an seine körperlichen Grenzen heran. Vier Monate konnte er so seine Familie und sein Zuhause noch einmal<br />
genießen.<br />
Dann holte ihn die Krankheit aber wieder ein. Als er spürte, dass es dem Ende zuging, war sein größter<br />
Wunsch, im <strong>Hospiz</strong> zu sterben. Hier fühlte er sich sicher und frei von Ängsten. Sein zweiter Aufenthalt im<br />
<strong>Hospiz</strong> war allerdings sehr kurz. Er dauerte nur einen Tag, aber diesen Tag werde ich nie vergessen.<br />
Dazu muss man wissen, dass Herr R. mit Leib und Seele Anhänger von Borussia Dortmund war, und er<br />
wünschte sich, auch als Dortmund-Fan zu sterben. Er ahnte sicherlich, dass nun sein „Endspiel“ kommen<br />
würde. Gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinen Kindern bereitete ich deshalb seine Abschiedsfeier in<br />
diesem Sinne vor. Wir zogen ihm den Schlafanzug seines Fußballvereins an und schmückten das Zimmer mit<br />
schwarz-gelben Flaggen. Auf dem Tisch stand zünftig ein Bierkrug, im Hintergrund lief leise die Vereinshymne:<br />
„… Borussia, du bist Leidenschaft, die verbindet und Freude schaff t … Borussia, Borussia …“<br />
Im Zimmer verbreitete sich eine äußerst angenehme Atmosphäre. Für uns alle war es ein schönes Gefühl,<br />
Herrn R. seinen letzten Wunsch erfüllt zu haben. In Gedanken an seinen Verein schlief er langsam ein.<br />
Sicherlich stand es jetzt schon 2 : 0 für seine Borussia …<br />
Auch heute freue ich mich jedes Mal mit ihm, wenn es samstags heißt: Borussia Dortmund hat wieder einmal<br />
gewonnen.<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
Zitat von Roswitha Kosch:<br />
Gast im stationären <strong>Hospiz</strong><br />
Andrea Krahe<br />
„Ich habe eine unheilbare Krankheit und weiß, dass es irgendwann<br />
zu Ende geht, deshalb möchte ich würdevoll sterben.<br />
Deshalb bin ich im <strong>Hospiz</strong>.<br />
Hier bin ich in guten Händen. Sehr liebevolle Menschen sind<br />
um mich, die einem die Wünsche von den Augen ablesen.<br />
Und die, die sie erfüllen können, erfüllen sie auch. Ich fühle<br />
mich rundum wohl.“<br />
Zitat von Eleonore Ciupka, Flötistin der Rheinischen Philharmonie und Nachbarin, die immer mal<br />
gerne zu uns kommt und für unsere Gäste spielt:<br />
„Ich bekomme ganz viel von der Würde des Menschen mit – das gibt mit sogar Kraft und Zuversicht in meinem<br />
Leben. Die Atmosphäre ist wesentlich und geht mir ans Herz.“<br />
13
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Erfahrungen aus der täglichen Arbeit<br />
Die Botschaft seiner Zettel<br />
Erfahrungen sammelt man und irgendwann gilt man als erfahren und soll dann wieder von Erfahrungen<br />
erzählen. Als Pfl eger, der nun bald neun <strong>Jahre</strong> im <strong>Hospiz</strong> arbeitet, möchte ich dies von einem Gast tun, bei<br />
dem ich nie ganz sicher war, ob er nun Gast oder Gastgeber gewesen ist. Es war zu Beginn meiner Zeit in<br />
der <strong>Hospiz</strong>arbeit und N. N. – er zeichnete gerne mit seinen Initialen – ist mir durch seine besondere Art noch<br />
heute ein Freund.<br />
Markant für das Zimmer von N. N. waren zwei ausladende Sessel, in die er gerne einlud. Seine Gespräche<br />
waren regelrecht therapeutischen Charakters und auch hier kann ich nicht sagen, wer denn der Klient war. Er<br />
stellte Fragen, aber er wollte keine fertigen Antworten, sondern er wollte den Antwortenden zum Fragenden<br />
machen.<br />
Er spielte mit den Menschen, das gab er unumwunden zu, er hatte sich in seinem Leben ziemlich verzockt,<br />
auch daraus machte er keinen Hehl, aber er fragte wie ein kleiner Junge, erkläre mir den lieben Gott. Er wollte<br />
seine Antworten.<br />
Er war ganz klein geworden. Dem Jungen war der liebe Gott eingebläut worden und er hatte ihn verloren.<br />
Aber N. N. war jetzt neugierig und wir sprachen über Jenseitsvor stellungen.<br />
Am nächsten Tag überraschte er mich dann mit einem seiner Sinnsprüche, die er gerne auf kleinen Zetteln<br />
festhielt.<br />
Oben ist auch ganz hübsch. NN.<br />
Das klang ja ganz nett, aber ich erhielt an diesem Tag auch noch, weil er auf irgendeine<br />
Salbe warten musste, die Nachricht:<br />
14<br />
Hier im <strong>Hospiz</strong> haben Pfleger entweder ganz viel oder keine Zeit.<br />
Z. B. Unser Georg NN<br />
Er hatte einen sehr nüchternen Blick und am nächsten Tag folgte folgende Einsicht:<br />
Oben ist auch ganz hübsch weit oben. NN.<br />
Darauf haben wir mit einem Glas Rotwein auf Brüderschaft getrunken. N. N. hat mir das ganze Spannungsfeld<br />
von Nähe und Distanz in ein paar Wochen sehr deutlich werden lassen. Und wir haben den Augenblick genossen.<br />
Georg Fiedler<br />
Raum der <strong>St</strong>ille im neuen <strong>Hospiz</strong><br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Erfahrungen aus der täglichen Arbeit<br />
Ein Abschied, den ich nicht vergessen werde<br />
Es war im Sommer 2006. An einem Freitag gegen 15:00 Uhr bekam ich einen Anruf vom stationären <strong>Hospiz</strong>,<br />
ob ich eine Sitzwache (ein Gast sei so unruhig) übernehmen könnte. Dort angekommen, kam ich nach<br />
kurzer Übergabe zu Herrn Beimer (Name geändert). Ich kannte ihn gut, da er schon einige Wochen auf der<br />
<strong>St</strong>ation war. Ein Mann von Anfang fünfzig, total abgemagert und im <strong>St</strong>erbeprozess. Er hatte Lungenkrebs<br />
im Endstadium, atmete sehr schwer und war an ein Sauerstoff gerät angeschlossen. Er war sehr nervös und<br />
wollte ständig sein Bett verlassen.<br />
Ich glaube, er hat sein nahes Ende gespürt, wollte nur raus aus dem Bett und damit seinem Tod davonrennen.<br />
Ich setzte mich neben ihn, um ihn zu beruhigen. Mit aller Mühe gelang es mir, Herrn B. im Bett zu<br />
behalten. Ich hatte Angst, er könnte stürzen und sich etwas brechen. Herr B. sagte mir daraufhin, das wäre<br />
Freiheitsberaubung, was ich hier mit ihm machen würde. Nun muss ich erwähnen, dass Herr B. in seinem<br />
Leben schon einige lebensbedrohliche Situationen überstanden hatte. Seine Unruhe steigerte sich immer<br />
mehr, bis sie eine Art Panik erreichte.<br />
Herr B. rief: „Ich sterbe.“ Nun konnte ich ihn gezielt ansprechen. Behutsam versuchte ich ihm seine Situation<br />
aufzuzeigen, warum er sich denn weiterhin so quält. In seiner Situation habe er doch keine Lebensqualität<br />
mehr. Im Vorfeld hatte Herr B. immer wieder geklagt, er habe große Schmerzen und sein Hals brenne wie<br />
Feuer.<br />
Mit großen Augen sah er mich an und ich merkte die Panik in seinen Augen. Ich sagte ihm: „Herr B. ich bleibe<br />
bei Ihnen. Ich begleite Sie bis zur Schwelle und den letzten Schritt machen Sie dann alleine.“ Nach und<br />
nach wurde er immer ruhiger und legte mir sein Sauerstoff gerät in die Hand. Er atmete jetzt viel ruhiger und<br />
entspannter. Ich hielt seine Hand fest, und wir hatten nur noch Blickkontakt. Seine Augen zeigten keinerlei<br />
Hetze, nur noch Ruhe und Frieden.<br />
Mittlerweile waren sechs <strong>St</strong>unden vergangen und ich war am Ende meiner Kraft. Schwester Marion kam und<br />
löste mich ab. Ich verabschiedete mich von Herrn B. und sagte ihm, ich könnte nicht mehr länger bleiben<br />
und er möchte doch bitte, wenn er drüben angekommen ist, meinen Sohn Frank ganz herzlich von mir<br />
grüßen. Daraufhin nickte er. Am nächsten Morgen erfuhr ich, dass Herr B. 15 Minuten später ganz ruhig<br />
eingeschlafen ist.<br />
Ich bin seit elf <strong>Jahre</strong>n in der <strong>Hospiz</strong>arbeit tätig und habe schon viele Gäste in der letzten <strong>St</strong>unde auf der<br />
<strong>St</strong>ation begleitet, aber einen solchen Todeskampf habe ich noch nicht erlebt.<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
Irmgard Blätter<br />
15
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Auszüge aus dem Gästebuch<br />
Für mehr als 800 Menschen ist in den vergangenen<br />
zehn <strong>Jahre</strong>n das stationäre <strong>Hospiz</strong> in <strong>Koblenz</strong> die<br />
letzte Herberge gewesen. Sie alle sind nicht vergessen.<br />
Jeder Einzelne von ihnen hat im Gästebuch<br />
– mittlerweile ist daraus eine stattliche Bücherreihe<br />
geworden – seine kleine Gedenkstätte bekommen.<br />
Der Begriff Gästebuch ist dabei wirklich zutreff end,<br />
denn die Bewohner des <strong>Hospiz</strong>es werden hier<br />
„Gäste“ genannt. Gast ist – so kennen wir es – immer<br />
jemand, der sich auf einer Durchreise befi ndet<br />
und vorübergehend eine Herberge, eine Zufl ucht,<br />
ein Heim der Geborgenheit sucht. Wenn man in<br />
den Seiten des Gästebuchs blättert, spürt man<br />
deutlich, dass das stationäre <strong>Hospiz</strong> in <strong>Koblenz</strong> dieses<br />
Gefühl des Vertrauens und des Geborgenseins<br />
seinen Gästen immer geben konnte.<br />
Der „Gedenkstein“ ist von den Angehörigen, in einzelnen<br />
Fällen auch von Mitarbeitern des <strong>Hospiz</strong>es,<br />
mit sehr viel Liebe in Form von Worten und Bildern<br />
aller Art gesetzt worden. Jedes einzelne Blatt erzählt<br />
eine Geschichte und bringt uns ganz in die Nähe<br />
des Menschen, der hier gestorben ist. Manchmal<br />
fast zu nah. Und unwillkürlich frage ich mich, ob<br />
ich überhaupt das Recht habe, in den Kreis des verstorbenen<br />
Gastes und seiner engsten Angehörigen<br />
einzudringen. Müsste ich das Buch nicht einfach<br />
wieder zuklappen?!<br />
Ich tue es nicht, sondern lasse mich weiter von dem<br />
Gedanken faszinieren, dass ich hier dem <strong>St</strong>erben<br />
und der Grenze zwischen Leben und Tod so nah<br />
wie nie gekommen bin.<br />
Wer Trost für sich und nach tröstenden Worten<br />
für andere sucht, fi ndet diese oft in der Bibel, in<br />
den Aufzeichnungen unserer großen Dichter und<br />
Denker oder auch in indianischen Weisheiten, die<br />
ja längst Einzug in unser Kulturgut gehalten haben.<br />
So überrascht es mich nicht, dass ich im Gästebuch<br />
eine Fülle mehr oder weniger bekannter Zitate<br />
wiederfi nde, deren Urheber von Meister Eckhart<br />
über Goethe, Hesse, Rilke, Saint-Exupéry bis hin zu<br />
Bonhoeff er reichen.<br />
16<br />
„Was man tief in seinem Herzen besitzt,<br />
kann man nicht durch den Tod verlieren.“<br />
Ja, selbst Reinhard Mey, der in seinen Liedern so<br />
wunderschöne Gedanken über das <strong>St</strong>erben und<br />
Abschiednehmen gesungen hat, fand Eingang in<br />
das Gästebuch:<br />
„Dann geh, ohne dich umzuseh’n,<br />
eh’ meine Last dich niederdrückt,<br />
eh’ meine Schwere dich noch hält,<br />
wenn du es willst, wenn’s dir gefällt,<br />
lass ich dich los, lass ich dich geh’n.“<br />
Ich ertappe mich jedoch immer wieder dabei, dass<br />
ich beim Durchblättern des Gästebuches die Seiten<br />
mit den ganz persönlichen Gedanken und selbst<br />
gewählten Worten besonders in mich aufsauge:<br />
„Jedes Mal, wenn die Sonne scheint,<br />
weiß ich, dass du lachst.“<br />
Oder die ganz gradlinigen und natürlichen Gedanken:<br />
„Wir hoff en, dass der Himmel dir die<br />
größte Empfangsparty bereitet hat,<br />
die er je gesehen hat.“<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
Und Sätze, die aus dem Herzen kommen:<br />
„Ich hab´ so gern gelebt!“<br />
„Der Himmel hat einen Engel mehr!“<br />
„Jetzt hat die liebe Seele Ruh!“<br />
An anderer <strong>St</strong>elle erlebe ich die letzten <strong>St</strong>unden eines<br />
Gastes in einer kleinen Erzählung:<br />
„Gestern noch waren wir gemeinsam am Rhein,<br />
ein Lieblingsort von dir. Wir hatten zwei<br />
Croissants mitgenommen – zum Entenfüttern.<br />
Inzwischen war es Mittag geworden, und ich<br />
musste eines der beiden Croissants essen,<br />
denn ich hatte noch nicht gefrühstückt.<br />
Wir haben so gelacht.<br />
Anschließend fuhren wir weiter. Dein Blick<br />
ging ständig nach rechts – auf das Wasser.<br />
Der Rhein fl oss und fl oss. Du liebtest ihn.<br />
Einen Moment spürten wir etwas Gemeinsames.<br />
Wir schauten uns an und dachten an „Ewigkeit“.<br />
Du wurdest müde. Wir fuhren zurück ins<br />
<strong>Hospiz</strong> und nahmen uns noch so viel vor<br />
für den nächsten Tag – für dich sollte es<br />
der letzte sein.“<br />
Der Schmerz wird unfassbar, wenn Eltern ihr Kind<br />
verlieren – oder Kinder ein Elternteil. Umso bewundernswerter<br />
und zugleich ergreifender ist es,<br />
wenn ein Kind (und der Handschrift im Gästebuch<br />
kann man deutlich ansehen, dass es wirklich noch<br />
die eines Kindes ist) für seine im <strong>Hospiz</strong> verstorbene<br />
Mutter solche Worte fi ndet:<br />
„Liebe Mama, ich werde dich nie vergessen und<br />
immer lieben.<br />
Du warst einfach die beste Mutter, die man sich<br />
wünschen konnte, und du hast uns Dinge beigebracht,<br />
die bei manch anderen schon gar nicht<br />
mehr existieren.<br />
Alles, was du mir beigebracht hast, werde<br />
ich sinnvoll verwenden und vielleicht später<br />
einmal meinen eigenen Kindern weitergeben.<br />
Du bleibst immer in meinem Herzen.“<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
Oder wie wird sich ein Großvater fühlen, wenn er<br />
liest, welche Worte sein kleiner Enkel für ihn aufgeschrieben<br />
hat.<br />
„Lieber Opa, vor einigen Tagen, an deinem<br />
Krankenbett, sagtest du zu mir: Simon, in vier<br />
Tagen sieht die Sache ganz anders aus!<br />
Heute sind knapp fünf Tage vergangen,<br />
und ich denke, es sieht jetzt für dich nicht<br />
nur anders sondern, so wie Du es sicherlich<br />
meintest, besser aus. Ich werde dich vermissen.“<br />
Das Leben, <strong>St</strong>erben, Verabschieden und Loslassen im<br />
<strong>Hospiz</strong> ist ein tiefes Gemeinschaftserlebnis, bei dem<br />
sich die Gäste, die nahestehenden Angehörigen<br />
und die Pfl egekräfte des <strong>Hospiz</strong>es gemeinsam einbringen.<br />
Dieses Gemeinschaftsgefühl spiegelt das<br />
Gästebuch spürbar wider, und es gibt kaum einen<br />
Eintrag, aus dem nicht die große Dankbarkeit auch<br />
gegenüber den Pfl egerinnen und Pfl egern herauszulesen<br />
ist. Mit „Barmherzigkeit“ umschreibt es ein<br />
Betroff ener, der seinen 90-jährigen Vater bis zum<br />
Tod im <strong>Hospiz</strong> begleitet hat.<br />
Ein anderer, der sich im <strong>Hospiz</strong> von seiner Frau verabschieden<br />
musste, fasst seine Gefühle am Ende<br />
des schweren Weges in Worte, die stellvertretend für<br />
alle im Gästebuch niedergeschriebenen Gedanken<br />
stehen könnten:<br />
„Es war die schwerste Zeit in unserem Leben,<br />
die durch die lieben Menschen, die hier im<br />
<strong>Hospiz</strong> tätig sind, erträglicher gestaltet<br />
wurde.“<br />
Es ist gut, dass solche Gedenkstätten und Rituale<br />
gepfl egt werden.<br />
Heinrich Schütz<br />
17
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Erfahrungen aus der täglichen Arbeit<br />
Die ganz besondere Enwicklung der Frau K.<br />
Als Frau K. zu uns kam, war sie 67 <strong>Jahre</strong> alt. Sie litt unter<br />
einem Bronchialkarzinom und hatte schon viele<br />
Chemotherapien durchlitten. Dank ihres Lebensgefährten,<br />
der sie unterstützte, und des ambulanten<br />
<strong>Hospiz</strong>es konnte sie über einen langen Zeitraum in<br />
ihrem Zuhause betreut werden.<br />
Dann aber veränderte sie sich zusehends, wurde<br />
dabei desorientiert und sogar aggressiv, und ihren<br />
Angehörigen – Frau K. hatte noch zwei Söhne – fi el<br />
es immer schwerer, mit ihrer Wesensveränderung<br />
umzugehen. Sie war sehr unruhig, schlief kaum<br />
und reagierte nicht mehr angemessen. Dabei litt<br />
sie unter unerträglichen Schmerzen, da nicht ausreichend<br />
Schmerzmedikation vom behandelnden<br />
Hausarzt verordnet wurde. So kam sie schließlich<br />
zu uns. Durch den jetzt ganz engen Kontakt zu ihr<br />
und auch durch die Gespräche mit den Angehörigen<br />
konnte ich nun eine erstaunliche Entwicklung<br />
beobachten, über die ich hier berichten möchte.<br />
Anfangs zeigte Fr. K. die gleichen Symptome, wie<br />
sie uns von den Angehörigen schon geschildert<br />
worden waren. Doch nach nur zwei Tagen bemerkten<br />
wir schon die ersten deutlichen Veränderungen<br />
an ihr. Sie wurde zunehmend klarer und orientierter,<br />
zeigte keine Unruhe mehr und schlief mehrere<br />
<strong>St</strong>unden in der Nacht. Selbstbestimmung und ein<br />
von ihr gestalteter Tagesablauf gaben ihr plötzlich<br />
eine neue Lebensqualität. Sie strickte für ihren Enkel<br />
einen Pulli und konnte stundenlang in Büchern lesen.<br />
Kurzum, sie blühte regelrecht auf und strahlte<br />
Zufriedenheit aus.<br />
Auf die Frage, ob sie sich noch an die Situation in ihrer<br />
eigenen Wohnung erinnern könnte, antwortete<br />
sie: „Ich war immer vom Schmerz beherrscht und in<br />
mir wie gefangen. Von niemandem fühlte ich mich<br />
verstanden. Die Kraft, die mir noch verblieben war,<br />
brauchte ich, um die Schmerzen zu ertragen. Meine<br />
Angehörigen streichelten und redeten zwar immer<br />
auf mich ein, doch mir war jeder von ihnen zu viel.<br />
Ich war nicht einmal in der Lage in Worte auszudrücken,<br />
was ich benötigte. Als mir alles unerträglich<br />
wurde und die Situation zu eskalieren schien, konnte<br />
ich mich nur noch wehren, indem ich diejenigen,<br />
die mir zu nahe kamen, mit meinen Händen schlug.<br />
Wie gesagt, ich fühlte mich in mir gefangen und litt<br />
wie ein Tier.<br />
Hier im <strong>Hospiz</strong> werde ich nun gefragt, was ich möchte<br />
und erlebe nur noch wenige Schmerzspitzen. Ich<br />
18<br />
fühle mich wertgeschätzt, ja ernst genommen.“<br />
Fr. K. genoss alles, was möglich war.<br />
Die Angehörigen waren über ihre Wesensänderung<br />
sichtlich positiv überrascht. Der Lebensgefährte<br />
hinterfragte gelegentlich noch die eine oder andere<br />
Aussage von Fr. K., was sie besonders ärgerlich<br />
machte. Wir hatten vereinbart, dass wir in solchen<br />
Situationen eine Art von Realitätsüberprüfung<br />
machten. Dadurch fühlte sie sich noch ernster genommen<br />
und sah sich darin bestätigt, dass sie wieder<br />
klar denken konnte.<br />
Ich fand es spannend, dass Fr. K. ihr persönliches<br />
Empfi nden so klar schildern konnte, obwohl sie auf<br />
alle Beteiligten noch immer einen desorientierten<br />
Eindruck machte.<br />
Das Erlebte hat mich sensibler werden lassen. Es<br />
zeigt mir, wie wichtig es ist, immer wieder von Neuem<br />
herauszufi nden, was ein Mensch mir vermitteln<br />
möchte, wenn er sich verbal nicht mehr ausdrücken<br />
kann. Ich stelle es mir einfach deprimierend<br />
vor, klar im Kopf zu sein und genau zu wissen, was<br />
man sagen möchte, um es dann aber doch nicht<br />
in verständliche Worte fassen und über die Lippen<br />
bringen zu können.<br />
Unverstanden zu bleiben, ist wohl das Grausamste,<br />
was einem Menschen widerfahren kann.<br />
Andrea Krahe<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Seelsorge<br />
Ich bin oft im <strong>Hospiz</strong>, im<br />
stationären <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong>,<br />
zum Besuch bei Gästen,<br />
zum Gespräch mit<br />
Angehörigen oder Mitarbeitenden,<br />
zur Verabschiedung<br />
eines Gastes nach<br />
seinem <strong>St</strong>erben.<br />
Ich gehe gerne ins <strong>Hospiz</strong>,<br />
das Pfl egende, Arzt,<br />
Sozialarbeiter, Psychologin<br />
und Seelsorger vor gut<br />
zehn <strong>Jahre</strong>n als eine Art<br />
„Ersatzzuhause“ konzipierten, wenn die Pfl ege schwerstkranker<br />
sterbender Menschen nach Krankenhausaufenthalt<br />
dort nicht mehr möglich und auch im privaten Umfeld<br />
nicht (mehr) leistbar ist.<br />
Ich gehe gerne und oft mit Gruppen ins <strong>Hospiz</strong>, mit<br />
Schulklassen aus Allgemeinbildenden- und Berufsschulen.<br />
Im Religionsunterricht haben sie das Thema Tod und<br />
<strong>St</strong>erben angesprochen, dieses Thema, was Jahrzehnte<br />
verdrängt und totgeschwiegen wurde.<br />
Meist empfange ich die Gruppen an der Krankenhauspforte,<br />
erzähle aus den kleinen Anfängen der über 160 <strong>Jahre</strong><br />
alten <strong>St</strong>iftung „Evang. <strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong>“ und erzähle von der<br />
rasanten Entwicklung im Gesundheitswesen der letzten 15<br />
<strong>Jahre</strong>, erwähne, wie tief eine Gesundheitsstrukturreform<br />
ins Krankenhaus eingegriff en hat, auch, dass das <strong>St</strong>erben<br />
eines austherapierten Menschen im teuren Krankenhausbetrieb<br />
keinen Platz mehr hat und darum vor gut zehn <strong>Jahre</strong>n<br />
die Frage aufkam: Wohin mit unseren Patienten?<br />
Schaff en wir ein <strong>Hospiz</strong>!<br />
Dann stehe ich mit den jungen Menschen der Schulklasse<br />
vor der Tür der Kurfürstenstraße 80. Vielen ist beklommen<br />
ums Herz, wundern sich, dass wir vor einem ,normalen‘<br />
Haus stehen mit Dentallabor und etlichen Klingeln. „Ich<br />
helf’ euch über die Schwelle“, sage ich, „das erste, was ihr<br />
im <strong>Hospiz</strong> sehen werdet, ist ein Kinderwagen.“<br />
Dann gehen wir in den Raum der <strong>St</strong>ille. Sie sind schon still,<br />
die ganze Zeit, hören aufmerksam zu, aber im Raum der<br />
<strong>St</strong>ille ist ihnen, als hätten sie heiliges Land betreten. Alle<br />
wissen sofort, was die Menge der <strong>St</strong>eine betriff t, <strong>St</strong>eine mit<br />
Namen, beschriftet bei der Verabschiedung eines Gastes.<br />
Alle wissen sofort: <strong>St</strong>eine – Erinnerung an Menschen, die<br />
hier starben, doch ihr Geist sträubt sich noch, das, was sie<br />
wissen auch als Gedanken zuzulassen und in Worte zu<br />
fassen und die auch auszusprechen.<br />
Dann erzähle ich von Menschen und Begegnungen, von<br />
alten und jungen Gästen, wie sie Ruhe fi nden und sich<br />
manchmal erholen, nach den Wochen im Krankenhaus,<br />
nach vielleicht Monaten im „Nicht-wahr-haben-Wollen“,<br />
in der Suche nach Auswegen und Flucht. Ja, manchmal<br />
bedeutet der Übergang ins <strong>Hospiz</strong> auch der Eintritt in<br />
eine Art Frieden.<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
Letzthin saß ich an der Tür, saß auf dem Boden, eine große<br />
Schülergruppe vor mir, ich erzähle auch von dem, der 50jährig<br />
bei uns war, als damals in Holland das Gesetz für<br />
die Todesspritze auf Wunsch verabschiedet wurde und<br />
unser Gast bei Filmaufnahmen für einen Fernsehsender<br />
den Satz sagte: „Wenn es mehr <strong>Hospiz</strong>e gäbe, bräuchte<br />
man keine Todesspritze!“<br />
Beim Erzählen fällt mein Blick auf einen der <strong>St</strong>eine und<br />
ich stocke für einen kleinen Moment bei der Erzählung<br />
und seh sie wieder vor mir, wie sie mich fragte: „Wie wird<br />
es werden?“ Und ich erzählte ihr, was mir Menschen<br />
sagten, die man zurückgeholt hatte ins Leben: „Ein Licht,<br />
ganz weiß, aber warm; eine Blumenwiese; das Haus der<br />
Kindheit.“<br />
Nach dem Raum der <strong>St</strong>ille Besuch der <strong>St</strong>ation, Küche,<br />
Wohnzimmer, Gästebuch, Osterkerze, Engel, all die Dinge,<br />
die zum Verabschieden gehören, wenn unsere Gäste sterben.<br />
Ein Blick in ein nicht belegtes Zimmer.<br />
Dann Verabschiedung der Gruppe im Hinterhof. „Schaut<br />
hier den Rollladen, dahinter ist die dritte Aufzugtür, wo<br />
wir vor gut zehn <strong>Jahre</strong>n meinten, den Verstorbenen versteckt<br />
– diskret aus dem Haus zu bringen, weil Tod und<br />
<strong>St</strong>erben ja verdrängt war und nicht öff entlich. „Wisst ihr,<br />
worauf wir stolz sind? Dieses Tor ist in <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong>n nur ein<br />
einziges Mal benutzt worden.“<br />
Pfarrer Volker Wimmer<br />
Krankenhausseelsorger<br />
<strong>St</strong>iftungsklinikum Mittelrhein gGmbH<br />
19
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Gedanken<br />
Krankheit und Tod werden als Thema in unserer Gesellschaft immer mehr tabuisiert. Da der Tod aber jeden<br />
Moment kommen kann, kann man sich auch nicht früh genug damit auseinandersetzen. In vielen Gesprächen<br />
mit <strong>St</strong>erbenden und deren Angehörigen habe ich etwas darüber gelernt, welch unermessliches<br />
Leid es bedeutet, wenn ich mich gegen das Unvermeindliche wehre und es nicht akezptieren will. Auf der<br />
anderen Seite habe ich auch mit zufriedenen und sehr lebendigen <strong>St</strong>erbenden gesprochen, die die Krankheit<br />
als Teil ihres Lebens akzeptiert hatten. Diese Haltung der Akzeptanz und Lebendigkeit, die aus der Bewusstheit<br />
des Todes entstehen kann, möchte ich sowohl im Gespräch mit den Gästen des <strong>Hospiz</strong>es als auch<br />
in meinem Alltag leben.<br />
Ich werde oft von Freunden und Patienten gefragt, warum ich mich im <strong>Hospiz</strong> engagiere?<br />
Meine Antwort ist immer die gleiche! „Es ist eine der wichtigsten Aufgaben ärztlicher Tätigkeit. Ich sehe dies<br />
als meine Pfl icht und meine Berufung an.“<br />
Diese Tätigkeit für meine Patienten im <strong>Hospiz</strong> ist für mich von großer Bedeutung. Hier kommt es weniger auf<br />
Geräte, Technik und Medikamente an, sondern vielmehr auf die Menschlichkeit. Denn die kommt in unserer<br />
heutigen Zeit oft viel zu kurz.<br />
Es geht mir immer sehr nahe zu beobachten, wie ein totkranker Mensch, nach Absetzen vieler Therapien,<br />
hier im <strong>Hospiz</strong> das bekommt, was er wirklich braucht: Zuwendung, Trost, Wärme, Hilfe, Verständnis.<br />
Kurz: Menschlichkeit.<br />
Das ist der Grund, warum ich diese Aufgabe nicht mehr missen möchte.<br />
Ich möchte mich auch an dieser <strong>St</strong>elle, bei allen Mitarbeitern des <strong>Hospiz</strong>es für die gute Zusammenarbeit<br />
bedanken. Es ist durchaus nicht selbstverständlich, mit wie viel Liebe und Aufopferung man sich hier für<br />
Menschen einsetzt.<br />
DANKE!<br />
20<br />
Mitarbeiterinnen des stationären <strong>Hospiz</strong>es bei der Dienstbesprechung<br />
Markus Bomm, Psychologe<br />
Dirk Rabehl, Hausarzt<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
Entwicklung<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
<strong>10</strong><br />
5<br />
0<br />
<strong>10</strong>0<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
belegte Betten<br />
Verweildauer – Tage<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
<strong>10</strong>00<br />
500<br />
0<br />
Verweildauer<br />
Ausnutzungsgrad in Prozent<br />
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
Pfl egetage<br />
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
Durch die Kooperation des <strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>vereins<br />
mit dem Gesundheitszentrum Evangelisches<br />
<strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> gGmbH, <strong>Koblenz</strong>, konnte<br />
am 29. Januar 1999 das stationäre <strong>Hospiz</strong> in<br />
<strong>Koblenz</strong> eröff net werden.<br />
Das stationäre <strong>Hospiz</strong> in <strong>Koblenz</strong> wurde am<br />
8. Februar 1999 mit acht Betten in Betrieb genommen.<br />
Es haben 826 Gäste in der Zeit vom 8. Februar<br />
1999 bis 31. Dezember 2008 im stationären<br />
<strong>Hospiz</strong> gewohnt, davon verstarben 755 Gäste.<br />
Die Auslastung im stationären <strong>Hospiz</strong> erhöhte<br />
sich von 1999 bis 2008 von ca. 38 % auf durchschnittlich<br />
85 %.<br />
1999 wurden durchschnittlich 3,08 Betten belegt.<br />
In den <strong>Jahre</strong>n 2000 bis 2002 waren es im<br />
Schnitt 4,45 Betten, 2003 bis 2007 waren es<br />
im Schnitt 6,4 Betten. Im <strong>Jahre</strong> 2008 hatten<br />
wir eine durchschnittliche Belegung von 7<br />
Betten.<br />
In den <strong>Jahre</strong>n von 1999 bis 2008 wurden insgesamt<br />
20.263 Pfl egetage mit den Pfl egekassen,<br />
Sozialleistungsträgern und Selbstzahlern<br />
abgerechnet.<br />
Die durchschnittliche Verweildauer im stationären<br />
<strong>Hospiz</strong> betrug in den <strong>Jahre</strong>n 1999 bis<br />
2008 25,6 Tage.<br />
Horst Dieter <strong>St</strong>robel<br />
21
STATIONÄRES HOSPIZ KOBLENZ<br />
22<br />
Wintergarten<br />
Wir danken all denen,<br />
die seit <strong>Jahre</strong>n die <strong>Hospiz</strong>arbeit in<br />
<strong>Koblenz</strong> fi nanziell unterstützen!<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
Sie sind uns wichtig,<br />
weil Sie eben Sie sind,<br />
Sie sind bis zum letzten Augenblick Ihres Lebens wichtig,<br />
und wir werden alles tun,<br />
damit Sie nicht nur in Frieden sterben,<br />
sondern auch bis zuletzt<br />
leben können.<br />
Dame Cicely Saunders, 1967<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong><br />
23
24<br />
<strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>verein e.V.<br />
Hohenzollernstraße 18<br />
56068 <strong>Koblenz</strong><br />
Tel.-Nr.: 0261/579379-0<br />
<strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong><br />
Kurfürstenstraße 71<br />
56068 <strong>Koblenz</strong><br />
Tel.-Nr.: 0261/<strong>10</strong>04900<br />
<strong>St</strong>iftung Evang. <strong>St</strong>ift <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong><br />
Johannes-Müller-<strong>St</strong>raße 7<br />
56068 <strong>Koblenz</strong><br />
Tel.-Nr.: 137-1395<br />
www.hospizinkoblenz.de<br />
Redaktion:<br />
Gestaltung und Inhalt:<br />
Mitglieder der Arbeitsgruppe<br />
„<strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> stationäres <strong>Hospiz</strong>“<br />
- Andrea Krahe<br />
- Ursula Pickel<br />
- Heinrich Schütz<br />
- Marion <strong>St</strong>einke<br />
- Horst-D. <strong>St</strong>robel<br />
- Gisela Textor<br />
- Matthias Welzel<br />
Bildnachweis:<br />
- Fotoarchiv <strong>Koblenz</strong>er <strong>Hospiz</strong>verein e.V.<br />
- Hans Reif, Spay<br />
- Matthias Welzel<br />
Druck:<br />
Görres-Druckerei und Verlag GmbH,<br />
<strong>Koblenz</strong><br />
<strong>Koblenz</strong>, 1. Februar 2009<br />
Festschrift <strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> <strong><strong>St</strong>ationäres</strong> <strong>Hospiz</strong> <strong>St</strong>. <strong>Martin</strong> <strong>Koblenz</strong>
„Alles hat seine Zeit, und alles<br />
Vorhaben unter dem Himmel<br />
hat seine <strong>St</strong>unde:<br />
Geborenwerden hat seine Zeit,<br />
<strong>St</strong>erben hat seine Zeit.“<br />
Prediger, 2,3