Der geniale Manfred Curry vom Ammer- see erklärte der ... - Z-Jolle
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porträt <strong>Manfred</strong> <strong>Curry</strong><br />
52<br />
Vergessener<br />
Segelgott<br />
<strong>Der</strong> <strong>geniale</strong> <strong>Manfred</strong> <strong>Curry</strong> <strong>vom</strong> <strong>Ammer</strong><strong>see</strong><br />
<strong>erklärte</strong> <strong>der</strong> Welt die wissenschaftlichen<br />
Grundlagen des Segelsports.<br />
Aber 55 Jahre nach seinem Tod verblasst<br />
das Andenken. Vielerorts gilt er nur<br />
noch als arroganter Querdenker. Wie<br />
war <strong>Curry</strong> wirklich? Eine Spurensuche<br />
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Gute Figur. <strong>Der</strong> mit über 2000 Regattasiegen erfolgreichste Segler in Deutschland<br />
inszeniert sich selbst bei einer Halse. <strong>Curry</strong> war das Idol einer ganzen Segelgeneration<br />
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PORTRÄT <strong>Manfred</strong> <strong>Curry</strong><br />
<strong>Manfred</strong> <strong>Curry</strong>s berühmte fischförmige 20er-Rennjolle „Aero“ mit revolutionärem A-Mast, Schwing-Rigg und durchgehenden Latten.<br />
Sie war eine technische Revolution und beherrschte viele Jahre die Regattaszene auf den süddeutschen Binnen<strong>see</strong>n<br />
54<br />
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„Mein 20er-Renner<br />
‚Aero‘ langweilte<br />
mich oft tödlich –<br />
das Boot<br />
war einfach zu<br />
schnell“
luftströmung <strong>Curry</strong> hat als Erster die sog- und<br />
Druckverhältnisse an einem segel visualisiert<br />
W<br />
ollen Sie wohl Raum geben?“<br />
Schräg hochgezogene<br />
Augenbrauen, eine<br />
tiefe senkrechte Stirnfurche<br />
und <strong>der</strong> scharf akzentuierte<br />
Tonfall verleihen <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung Nachdruck –<br />
<strong>Manfred</strong> <strong>Curry</strong> duldet keinen Wi<strong>der</strong>spruch. Das<br />
Auftreten vor dem Hintergrund geballter Fachkompetenz<br />
zwingt den Konkurrenten reflexartig<br />
aus dem Weg. <strong>Der</strong> wun<strong>der</strong>t sich später: „Was sollte<br />
denn das? Ich hatte Vorfahrt.“ <strong>Curry</strong>: „Stimmt,<br />
aber ich habe ja auch nur gefragt.“<br />
Ein Witz o<strong>der</strong> Ausdruck hochmütiger Überlegenheit?<br />
Was sagt die Antwort über das vor 55<br />
Jahren gestorbene Segelgenie <strong>vom</strong> <strong>Ammer</strong><strong>see</strong>?<br />
War er ein Clown o<strong>der</strong> ein arroganter Hund?<br />
In <strong>der</strong> deutschen Segelszene manifestiert sich<br />
immer mehr das negative Bild von <strong>Curry</strong>. Wenig<br />
erinnert an den Ausnahmekönner. Keine Denkmäler,<br />
Pokale o<strong>der</strong> Regatten würdigen ihn. Er lebt<br />
in <strong>der</strong> albernen Eingangsanekdote fort, die an Seglerstammtischen<br />
für Erheiterung sorgt. Sein Name<br />
wird im Zusammenhang mit einer Klemmvorrichtung<br />
genannt, die er nicht einmal selbst<br />
erfunden hat. Er steht für eine skurrile Bremsvorrichtung,<br />
die schnell verboten wurde. Selbst<br />
sein berühmtes Buch „RegattaSegeln – Die Aerodynamik<br />
<strong>der</strong> Segel“ droht in Vergessenheit zu geraten.<br />
Es wird nicht mehr aufgelegt.<br />
Das Andenken an den genialsten Menschen,<br />
den die deutsche Segelszene hervorgebracht hat,<br />
verblasst. <strong>Der</strong> Mann sollte auf dem höchsten Sockel<br />
stehen. Aber <strong>der</strong> Respekt wird ihm verwehrt.<br />
<strong>Curry</strong> war nicht einfach nur ein sehr erfolgreicher<br />
Segler, <strong>der</strong> mehr als 2000 Regattasiege<br />
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PORTRÄT <strong>Manfred</strong> <strong>Curry</strong><br />
EIN LEBEN FÜR DIE WISSENSCHAFT<br />
<strong>Manfred</strong> <strong>Curry</strong> wurde am 11. Dezember 1899 in München als Sproß einer ameri-<br />
kanischen Auswan<strong>der</strong>er-Familie geboren. Seine Mutter Adele starb bei <strong>der</strong> Ge-<br />
burt ihres dritten Kindes, als <strong>Curry</strong> sieben Jahre alt war. Großmutter Mary Abby<br />
zog <strong>Manfred</strong> und seine Schwester Marion in Rie<strong>der</strong>au am Westufer des <strong>Ammer</strong>-<br />
<strong>see</strong>s auf. <strong>Curry</strong> wohnte und wirkte dort später mit seiner ersten Frau Hazel auf<br />
seinem berühmten Hausboot „Tiger“, einem umgebauten Raddampfer. Er starb<br />
1953 im Alter von 54 Jahren an Leber-Zersetzung. Es wurde nie geklärt, wie es<br />
bei dem Antialkoholiker dazu kommen konnte.<br />
<strong>Der</strong> promovierte Arzt glänzte nicht nur auf dem Gebiet des Segelsports. Er schrieb<br />
ein 1500 Seiten umfassendes Standardwerk zur Bioklimatik und entdeckte die<br />
Wetterfühligkeit. Er übte sich als Rutengänger und beschrieb ein Diagonalgitter-<br />
netz von Erdstrahlen, das sich über den Globus erstrecken soll, das so genannte<br />
„<strong>Curry</strong>netz“. Er verfasste zwölf Bücher. Darunter <strong>der</strong> Klassiker „<strong>Der</strong> Schlüssel zum<br />
Leben. Das Geheimnis <strong>der</strong> Anziehungskraft zwischen zwei Menschen“, auf den<br />
sich heute noch Partnervermittlungen berufen. Aber auch „Schönheit des Eis-<br />
laufs“ gehört zu seinen Werken. In dieser Sportart konnte er mit den besten <strong>der</strong><br />
Welt mithalten. Er drehte einen erfolgreichen Lehrfilm. Viel Aufsehen erregte er<br />
mit seinen „Landskiffs“, aerodynamisch geformten Ru<strong>der</strong>apparaten, mit denen<br />
gar ein Rennen auf <strong>der</strong> 5th Avenue in New York stattfand.<br />
Seine Sekretärin Marion Schaake erzählt: „Manchmal holte er mich mitten in <strong>der</strong><br />
Nacht aus dem Bett, weil ihm ein Einfall gekommen war, den ich aufschreiben<br />
sollte.“ So stellt man sich einen <strong>geniale</strong>n Menschen vor.<br />
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„Ich verachte Führer, die über die Crew<br />
herziehen. Sie haben sie selbst ausgesucht“<br />
Erfolgscrew. <strong>Curry</strong> (l.), Jo Pankofer und Prinz Lud-<br />
wig von Bayern auf <strong>der</strong> 30er-Schäre „Mechthild“<br />
errungen hat. Er gilt als einer <strong>der</strong> großen Pioniere.<br />
Für den Segelsport hat er so Fundamentales geleistet<br />
wie Otto Lilienthal für die Fliegerei. <strong>Curry</strong><br />
<strong>erklärte</strong> <strong>der</strong> Welt, wie und warum sich Segelyachten<br />
fortbewegen. Dr. Joachim Schuh macher stellt<br />
in seiner Dissertation „Die Geschich te des Segelsports“<br />
fest: „Segeln wurde von <strong>der</strong> frühen Kunst<br />
<strong>der</strong> wenigen Gottbegnadeten zur allen erklärbaren<br />
Technik.“<br />
Die Amerikaner würdigten seine Leistungen<br />
1993 mit <strong>der</strong> Aufnahme in die Hall of Fame. Die<br />
Begründung: „Ihm gelang mit <strong>der</strong> Entdeckung,<br />
dass <strong>der</strong> Sog-Effekt in Lee eines Segels viermal so<br />
groß ist wie <strong>der</strong> Druck in Luv, ein wissenschaftlicher<br />
Durchbruch.“ Sein legendäres Buch schrieb<br />
er mit 18 Jahren. Er untersuchte die Strömung am<br />
Segel mit Vogelflaum-Fäden und gilt als Erfin<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Windbändsel. Er bewies mit Blech flügeln im<br />
Windkanal von Flugzeugbauer<br />
Junkers unter an<strong>der</strong>em, dass hohe,<br />
schlanke Profile am Wind<br />
effektiver sind als die üblichen<br />
breiten Gaffelriggs mit den langen<br />
Großbäumen.<br />
Er bewies die Bremswirkung eines voraus segelnden<br />
Leebootes auf das Luvboot. Die „sichere<br />
Leestellung“ ist heute ein feststehen<strong>der</strong> Begriff. Er<br />
konstatierte, dass <strong>der</strong> Wind in <strong>der</strong> Höhe durch die<br />
größere Geschwindigkeit in einem an<strong>der</strong>en Winkel<br />
auf das Segel trifft als weiter unten. Das erfor<strong>der</strong>t<br />
oben einen entsprechend angepassten Anstellwinkel<br />
des Profils, den so genannten Twist.<br />
<strong>Curry</strong> erkannte anhand <strong>der</strong> Verformung einer Eisscholle<br />
in <strong>der</strong> Strömung die große Bedeutung <strong>der</strong><br />
Tropfenform in <strong>der</strong> Aero dynamik. Er experimentierte<br />
daraufhin mit elliptischen Profilmasten.<br />
Er versuchte mit einem breiten Plattengroßbaum,<br />
den bremsenden Druckausgleich zwischen<br />
Luv und Lee des Segels zu verhin<strong>der</strong>n. Er war <strong>der</strong><br />
Erste, <strong>der</strong> aus diesem Grund das Unterliek am<br />
Groß baum befestigte und es mit einem „Bauch“,<br />
einem Profil, versah. <strong>Der</strong> Wahl-Bayer for<strong>der</strong>te hohle<br />
Mastprofile mit innenliegenden Fallen lange,<br />
bevor man sie bauen konnte. Und er kam als Erster<br />
auf die Idee, das Segel mithilfe eines Liektaus<br />
in einer Nut am Mast zu befestigen.<br />
Seine Versuche mit profilformenden durchgehenden<br />
Latten im Großsegel waren so erfolgreich,
70981<br />
dass man sie bei Regatten verbot. Heute sind sie<br />
auf schnellen Booten nicht wegzudenken. <strong>Curry</strong><br />
<strong>erklärte</strong> die lokalen thermischen Effekte an Binnen<strong>see</strong>n<br />
und schuf damit die Grundlage für seine<br />
vielen Regattasiege. Seiner mystifizierten „Windnase“<br />
lagen exzellente topografische Kenntnisse<br />
zugrunde. Er konnte sein Spielfeld exakt lesen.<br />
Das Beson<strong>der</strong>e an <strong>Curry</strong>s Wissenschaft: Er bereitete<br />
sie verständlich für je<strong>der</strong>mann auf, indem<br />
er Beobachtungen aus <strong>der</strong> Umwelt anführte. So<br />
finden sich in seinem Buch viele Vogelbil<strong>der</strong>. Er<br />
sezierte Möwenflügel und entwickelte daraus die<br />
optimale Segelform. Er beschnitt Libellenflügel,<br />
um die Überlegenheit schlanker, hoher Profile zu<br />
überprüfen: Mit vertikal halbierten Flächen starteten<br />
die Insekten wie gewohnt. Mit horizontal<br />
gekappten Profilen verloren sie die Flugfähigkeit.<br />
Viele Kritiker hielten dieses Vorgehen für unwissenschaftlich.<br />
Einige stempelten ihn als Scharlatan<br />
ab. Aber niemand konnte ihn wi<strong>der</strong>legen.<br />
Jahre nach seiner Arbeit im Junkers-Windkanal<br />
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bestätigte das renommierte Massachusetts Institute<br />
of Technology in Boston seine Ergebnisse.<br />
Die Amerikaner bewiesen ihre Wertschätzung,<br />
indem sie ihn zur Mitarbeit an <strong>der</strong> America’s-Cup-<br />
Verteidigung 1930 auffor<strong>der</strong>ten. Er half, Harold<br />
S. Van<strong>der</strong>bilts „Enterprise“ zu einem Wun<strong>der</strong>werk<br />
<strong>der</strong> Technik zu machen. Sie wurde die erste J-<br />
Yacht mit Hochtakelung. Grin<strong>der</strong> unter Deck, ein<br />
Alu-Mast mit den innenliegenden Fallen und <strong>der</strong><br />
berühmte „Park Avenue“ genannte Plattenbaum<br />
sind deutliche Anzeichen von <strong>Curry</strong>s Einfluss.<br />
„Enterprise“ siegte gegen „Shamrock“ über-<br />
StrömungSbild <strong>Curry</strong><br />
zeigte erstmals, wie die<br />
luft die Segel umströmt.<br />
Hier macht er sichtbar,<br />
warum zwei Segel (r.)<br />
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Facetten eines Segler-<br />
lebens. <strong>Curry</strong> sammelte<br />
in <strong>der</strong> 30er-Schären-<br />
kreuzer-Klasse viele<br />
große Erfolge, blieb aber<br />
selten zum Feiern. <strong>Der</strong><br />
Fitnessfanatiker wohnte<br />
auf einem Hausboot am<br />
Westufer des <strong>Ammer</strong>-<br />
<strong>see</strong>s, wo er auf einem<br />
Tau über dem Wasser<br />
Seiltanz übte<br />
„Ein guter Steuermann<br />
muss in sieben Rennen einen Frühstart<br />
machen. Sonst startet er zu feige“<br />
legen mit 4:0. Auf dem Höhepunkt seines Schaffens<br />
hielt <strong>der</strong> Bayer Vorlesungen in Boston und London<br />
mit den Großen <strong>der</strong> Zunft. Nur in seiner Heimat<br />
Süddeutschland war er umstritten.<br />
„Wir nannten ihn Pfefferle“, sagt Prinz Ludwig<br />
von Bayern. Es klingt wenig respektvoll. <strong>Der</strong><br />
heute 95-jährige Wittelsbacher, <strong>der</strong> auf Schloss<br />
Leutstetten am Starnberger See residiert, segelte<br />
1951 mit <strong>Curry</strong> im 30er-Schärenkreuzer. „Er hat<br />
mich an Bord geholt, weil ich die schnellsten Spimanöver<br />
machte“, erinnert sich <strong>der</strong> rüstige Adlige<br />
an den professionellen Ansatz des Maestros. <strong>Der</strong><br />
Prinz musste zwar das Boot auftakeln. Aber damit<br />
hatte er kein Problem: „Das gehörte dazu.“ Dennoch<br />
haben es nur zwei Fotos von <strong>Curry</strong> in Ludwigs<br />
Album geschafft. Er macht keinen Hehl dar-<br />
aus, dass es sich allenfalls um eine Zweckverbindung<br />
handelte. „Ich war stark, und er brauchte<br />
Vorschoter, die seinen extra großen Spinnaker<br />
bedienen konnten.“ <strong>Der</strong> Prinz bestätigt <strong>Curry</strong>s<br />
Ruf als notorischer Regelschin<strong>der</strong>. Er bezeugt Geschich<br />
ten, wonach <strong>der</strong> Meister ohne Skrupel das<br />
Segel über die Messmarken hinauszog. „Er liebte<br />
Kon struktionsklassen, weil er da am Material feilen<br />
konnte. Das damals aufkommende Starboot<br />
war kein Thema“, sagt Ludwig von Bayern, <strong>der</strong><br />
seinerseits in die Klasse wechselte. Unterschwellig<br />
stellt er damit die überdurchschnittlichen seglerischen<br />
Qualitäten seines ehemaligen Steuermanns<br />
in Frage.<br />
Mit <strong>der</strong> Meinung war er nicht allein. <strong>Manfred</strong><br />
Hummel, Redakteur <strong>der</strong> „Süddeutschen Zeitung“,<br />
schreibt 2007: „<strong>Curry</strong> hat meist nicht gewusst, wo<br />
es langging.“ Diese irrige Annahme stammt offenbar<br />
<strong>vom</strong> Zeitzeugen Franz Heilmeier, den er zitiert:<br />
„Einmal hat er die Boden<strong>see</strong>woche gegen<br />
uns verloren. <strong>Curry</strong> war darüber so erzürnt, dass<br />
er sofort nach <strong>der</strong> Regatta verschwand und später<br />
seinen Chauffeur im noblen Packard schickte, um<br />
den Preis abzuholen.“ Klar, dass so etwas bei <strong>der</strong><br />
Konkurrenz nicht gut ankam.<br />
Auch Kai Krüger, <strong>der</strong> vor 18 Jahren einen<br />
Dreiteiler zum Leben <strong>Curry</strong>s in <strong>der</strong> YACHT veröffentlichte,<br />
urteilt: „<strong>Curry</strong> war es egal, was die<br />
Leute dachten. In Sachen Segeln ging’s ihm nur<br />
ums Siegen und sonst nichts.“ <strong>Der</strong> manchmal<br />
„nervige Anspruch auf Unfehlbarkeit“ habe dem<br />
Ansehen des Meisters geschadet.<br />
Aber <strong>Curry</strong>s Enkel Thomas glaubt nicht an das<br />
Bild des unnahbaren Ekels <strong>Manfred</strong>. <strong>Der</strong> Weinhändler<br />
hat seinen Großvater nie kennengelernt,<br />
aber die Erzählungen seiner Tante Sylvia Owen,<br />
Innenarchitektin in New York, beschreiben einen<br />
humor- und liebevollen Vater. „<strong>Der</strong> Typ war mit<br />
seinem Intellekt so überlegen, dass es wohl schwer<br />
zu ertragen war“, glaubt <strong>der</strong> Enkel. So entsteht<br />
Neid, die logische Triebfe<strong>der</strong> für haltlose Verunglimpfungen.<br />
1953 bemängelt die YACHT im<br />
Nachruf über den „Kollegen“ <strong>Curry</strong>, <strong>der</strong> häufig im<br />
Magazin schrieb, dass „in unserer Zeit dem genialischen<br />
Menschen so tiefes Misstrauen entgegengebracht<br />
wird“.<br />
1931 äußert sich <strong>der</strong> Maestro in <strong>der</strong> YACHT<br />
zu den Anfeindungen: „Es ist nicht erfreulich, dass<br />
gerade im Segelsport manchmal eine Gehässigkeit<br />
herrscht, die oft ans Lächerliche grenzt … Kann<br />
man sich denn nicht auch am Siege des an<strong>der</strong>en<br />
mit freuen?“ Seine Erklärung: „Segeln ist eben in
FOtOS: pRiVAt/EVERKE, YACHt-ARCHiV<br />
erster Linie ein intellektueller Sport. Nichts aber<br />
verärgert mehr als eine geistige Nie<strong>der</strong>lage.“<br />
Die Akzeptanz-Probleme hatten auch mit seiner<br />
Herkunft zu tun. Die Familie war aus den USA<br />
eingewan<strong>der</strong>t. Obwohl gebürtiger Münchener,<br />
galt <strong>Curry</strong> als Zugereister. Trotzig verzichtete er<br />
auf den deutschen Pass, sprach keinen Dialekt und<br />
ging 1928 bei Olympia für die USA an den Start.<br />
<strong>Curry</strong> wurde von den Seglern häufig fehlende<br />
Geselligkeit vorgeworfen. Er trank nicht. Aber<br />
auch dafür gab es einen Grund. „Schon in jungen<br />
Jahren hatte er Herzprobleme“, weiß Marianne<br />
Schaake. Die heute 85-Jährige aus Dießen am <strong>Ammer</strong><strong>see</strong><br />
war 17 Jahre lang <strong>Curry</strong>s Sekretärin und<br />
lebte in seinem Haus gegenüber <strong>vom</strong> Kloster Andechs.<br />
„Seine Ungeselligkeit war keine Arroganz,<br />
son<strong>der</strong>n reine Schonhaltung, die er nicht offen zeigen<br />
wollte. Er war nach Regatten mental so ausgelaugt,<br />
dass er sich ausruhen musste.“<br />
Das Bild <strong>vom</strong> überheblichen Stinkstiefel ist<br />
mit diesem Wissen nicht mehr haltbar. Und so<br />
klingen auch die Worte auf <strong>der</strong> letzten Seite seines<br />
Buches weniger arrogant als witzig. Er beschreibt,<br />
wie man die Schiedsrichter bestraft, wenn „die<br />
sich pedantisch benommen haben“: „Man lässt<br />
sich ganz langsam rückwärts über die Linie treiben.“<br />
In einer späteren Auflage fügt <strong>Curry</strong> den<br />
Zusatz ein: „<strong>Der</strong> Leser mag mir diesen Ulk verzeihen.<br />
Ich schrieb den Satz als Achtzehnjähriger.“<br />
Carsten Kemmling<br />
vorsprung durch Technik<br />
<strong>Manfred</strong> <strong>Curry</strong> porTräT<br />
Das Segelgenie war für seine technische Überlegenheit berühmt. Seine Schiffe<br />
waren so schnell, dass die Konkurrenz oft Betrug witterte. Aber erfolgreiche Ver-<br />
messungsproteste sind bis heute nicht überliefert. Seine Lieblingsboote waren<br />
<strong>der</strong> 30er-Schärenkreuzer und die 20er-Rennjolle, beides Klassen mit einem ge-<br />
wissen Konstruktionsspielraum. An ihnen testete er die Ergebnisse seiner For-<br />
schung. Es ging aber nicht nur um bahnbrechende Erfindungen wie ein neues<br />
aerodynamisch wirksameres Rigg o<strong>der</strong> durchgehende Latten im Großsegel. Er<br />
kümmerte sich auch akribisch um die optimale Beschichtung des Unterwasser-<br />
schiffs. O<strong>der</strong> er konstruierte einen optimalen Verklicker für die Gaffel und riggte<br />
Wanten mit möglichst geringem Durchmesser<br />
und Wi<strong>der</strong>stand. Das Ergebnis gefiel ihm nicht<br />
immer: „Mein 20er-Renner ‚Aero‘ langweilte<br />
mich oft tödlich – das Boot war zu schnell.“ Es<br />
fehlte die taktische Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />
curry-Bremse an „Aero ii“. demnächst in <strong>der</strong><br />
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