Perspektiven mit Zukunft - KAB St. Cyriakus Krefeld Hüls e.V.
Perspektiven mit Zukunft - KAB St. Cyriakus Krefeld Hüls e.V.
Perspektiven mit Zukunft - KAB St. Cyriakus Krefeld Hüls e.V.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Eine Partnerschaft für die <strong>Zukunft</strong> -<br />
<strong>KAB</strong> <strong>Hüls</strong>, AK für Menschen <strong>mit</strong> Behinderungen und Haus Herrenweg<br />
von Günter Jakobs<br />
100 Jahre Katholische Arbeitnehmerbewegung in <strong>Krefeld</strong>-<strong>Hüls</strong>. Grund genug, die fruchtbare<br />
Tätigkeit des "Arbeitskreises für behinderte Menschen noch einmal Revue passieren zu lassen, die<br />
Bedeutung für die Entstehung von Haus Herrenweg zu würdigen und einen Ausblick auf die<br />
<strong>Zukunft</strong> zu wagen.<br />
1979 wurde der "Arbeitskreis Behinderte" von betroffenen Familien und Angehörigen gegründet.<br />
Initiiert wurde die Gründung von Gottfried Porstner, dem damaligen Vorsitzenden der <strong>Hüls</strong>er <strong>KAB</strong>.<br />
Persönliche Erfahrungen, dass behinderte Menschen außerhalb der Familien praktisch keine<br />
Kontakte hatten und vom öffentlichen Leben des Ortes nahezu ausgeschlossen waren, führten<br />
damals zur Gründung. Die Leitung des Arbeitskreises übernahmen Anni Ixfeld und Christine<br />
Eickmanns, beide selbst Mütter von Kindern <strong>mit</strong> Behinderung. Anschaulich ist nachzulesen, wie<br />
durch das Wirken dieses Kreises Familien <strong>mit</strong> behinderten Kindern aus ihrer Isolation heraustraten<br />
und den Kontakt zu Gleichgesinnten suchten. Hierbei gelang es dem AK nicht nur verschlossene<br />
Türen, sondern auch die Herzen der Familien aufgrund von selbst gemachten Erfahrungen zu<br />
öffnen.<br />
1989 zählte dieser Arbeitskreis 46 Menschen <strong>mit</strong> Behinderung zwischen 8 und 63 Jahren <strong>mit</strong> ihren<br />
Familien zu den aktiven Mitgliedern. Mittlerweile hatte Karin Milbert den Vorsitz des AK<br />
übernommen. Ziel war es, durch Freizeit- und andere gesellschaftliche Angebote Kontakte der<br />
Menschen untereinander zu ermöglichen. Zu der breiten Palette der Angebote und Aktivitäten<br />
zählten u.a. Ökumenische Gottesdienste, Ausflüge, Kegelnach<strong>mit</strong>tage, Schwimmstunden,<br />
Tanzkurse, Gesprächsrunden, Beratungsangebote, Öffentlichkeitsarbeit und Spendenakquise.<br />
Schon sehr früh richtete der AK sein Handeln so aus, dass die Menschen <strong>mit</strong> Behinderung selbst<br />
ihre Anliegen vertreten konnten. Dies wurde auch in der Zusammensetzung des Vorstandes des AK<br />
deutlich: 2 Jugendliche <strong>mit</strong> Behinderung bildeten gemeinsam <strong>mit</strong> 4 Eltern den Vorstand.<br />
Trotz aller Bemühungen und positiver Entwicklungen wurden aber auch die gesellschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen kritisch hinterfragt, so z.B. in einem <strong>KAB</strong>-Artikel unter der Überschrift<br />
"Aktion vor Ort" von Karin Milbert aus 1989: "Lange Zeit reagierten Jugendgruppen und Vereine<br />
sehr zurückhaltend auf unsere Bemühungen, Behinderte stärker zu integrieren. Abgesehen vom<br />
Engagement der vorbildlichen Pfadfinder-Ortsgruppe war es nur in Einzelfällen möglich,<br />
Behinderte in Vereinen oder Gruppen des Ortes unterzubringen".<br />
Diese Aussagen, vor gut 15 Jahren formuliert, haben heute ihre Aktualität in keinster Weise<br />
verloren. Im Gegensatz, sie scheinen noch an Bedeutung gewonnen zu haben: Geht es doch in<br />
<strong>Zukunft</strong> darum, soziale Netzwerke in <strong>Hüls</strong> weiter auszubauen und unter allen Menschen, egal ob<br />
jung oder alt, Frau oder Mann, allein erziehend oder in der Familie, Arbeit suchend oder arbeitend,<br />
gesund oder krank bzw. behindert, Teilhabe zu leben.<br />
Erstmals im Jahre 1989 wurde vom AK das Ziel, ein Wohnheim in <strong>Hüls</strong> zu errichten, formuliert,<br />
sozusagen die Geburtsstunde von Haus Herrenweg. Hierzu gewann man 1994 die Lebenshilfe<br />
<strong>Krefeld</strong>, Elternvereinigung, Selbsthilfe- und Fachverband für Menschen <strong>mit</strong> geistiger Behinderung,<br />
als zukünftigen Träger.<br />
Unter dem damaligen 1. Vorsitzenden der <strong>KAB</strong> <strong>Hüls</strong> Gottfried Porstner und dem ungebrochenen<br />
Engagement des AK für behinderte Menschen - welches sich auch in der Verleihung des Preises für<br />
bürgerschaftliche Selbsthilfe der <strong>St</strong>adt <strong>Krefeld</strong> im Jahr 1990 widerspiegelte - entstand der Wunsch,<br />
den in <strong>Hüls</strong> lebenden Menschen <strong>mit</strong> geistiger und körperlicher Behinderung ein Wohnangebot zu<br />
schaffen, dass ihnen die soziale Eingebundenheit erhalten sollte. Von Anfang an wurde das Ziel<br />
verfolgt, dieses Haus im Herzen von <strong>Hüls</strong> zu errichten, um ein Leben <strong>mit</strong>einander zu ermöglichen.<br />
Eine erste Spende der <strong>Hüls</strong>er Firma Laufenberg in Höhe von 10.000 DM bildete den Grundstock<br />
des Vorhabens.
Neben der ursprünglichen Arbeit des AK erweiterten sich die Aufgaben, die ehrenamtlich verrichtet<br />
wurden in den folgenden Jahren in erheblicher Weise. Für das 3,5 Millionen- DM-Projekt mussten<br />
Eigen<strong>mit</strong>tel von mehreren hunderttausend DM bereitgestellt werden. Durch das Engagement des<br />
AK "Behinderte Menschen", aller anderen Arbeitskreise innerhalb der <strong>KAB</strong> und der<br />
unvorstellbaren Solidarität in <strong>Hüls</strong> bei Privatpersonen, den beiden Kirchengemeinden und deren<br />
Gruppierungen, Vereinen, Schulen, weiteren gesellschaftlichen Gruppen, Firmen und<br />
Geldinstituten, wurde zwischen 1990 und 1998 die unglaubliche Summe von 700.000 DM an<br />
Spendengeldern zusammengetragen.<br />
In einer emotionalen Rede von Karin Milbert im Jahr 1994, vorgetragen anlässlich des<br />
Neujahrsempfangs der beiden Kirchengemeinden, konnte der Bann für die Bereitstellung eines<br />
zentralen Grundstückes gebrochen werden. Im April 1994 wurde zwischen der Katholischen<br />
Kirchengemeinde, der katholischen Grundschule An der Burg, Vertretern der <strong>KAB</strong>, Vertretern der<br />
beteiligten städtischen Ämter und Mitgliedern der Bezirksvertretung ein Kompromiss gefunden:<br />
Die Schule verzichtete auf den Grundschulpavillon, der auf dem heutigen Grundstück von Haus<br />
Herrenweg stand und erhielt dafür zusätzliche Klassenräume im Marienheim von der Katholischen<br />
Kirchengemeinde <strong>St</strong>. <strong>Cyriakus</strong> zugesprochen.<br />
Nach einem Verwaltungsverfahren, an dem das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung,<br />
das NRW- Landesministerium für Bauen und Wohnen, der Landschaftsverband Rheinland als<br />
Kostenträger und die <strong>St</strong>adt <strong>Krefeld</strong> beteiligt waren, erfolgte am 01.03.1996 die Grundsteinlegung<br />
durch Gerhard Milbert, seit 1992 Vorsitzender der <strong>KAB</strong> <strong>Hüls</strong> und Wilhelm Cleve, damals<br />
Vorsitzender der Lebenshilfe <strong>Krefeld</strong>, der zukünftigen Trägerin von Haus Herrenweg.<br />
Bereits 4 Monate nach Baubeginn wurde am 29.06.96 Richtfest gefeiert und nach nur 13 Monaten<br />
Bauzeit zogen 30 Menschen <strong>mit</strong> Behinderung am 01. April 1997 ins "Haus Herrenweg" ein.<br />
Christoph Janszen, Architekt, überreichte in einer kleinen Feierstunde am Gründonnerstag 1997<br />
einen symbolischen Schlüssel an Heribert Dücker, inzwischen 1. Vorsitzender der Lebenshilfe<br />
<strong>Krefeld</strong> und Joachim Schmidt, ehemaliger Wohnhausleiter von Haus Herrenweg. Die offizielle<br />
Einweihung von Haus Herrenweg erfolgte am 07.09.1997 im Rahmen der Jubilarfeier zum<br />
35jährigen Bestehen der Lebenshilfe <strong>Krefeld</strong>. In seiner Festrede wies Herr Dücker ausdrücklich auf<br />
das ehrenamtliche Engagement hin, das die Eröffnung von Haus Herrenweg erst möglich machte.<br />
Auch in den Jahren nach Eröffnung von Haus Herrenweg bis heute bildete der AK Behinderter<br />
Menschen der <strong>KAB</strong> <strong>Hüls</strong> eine tragende Säule für die hier lebenden und arbeitenden Menschen, die<br />
sich im Haus und in <strong>Hüls</strong> insgesamt sehr wohl fühlen. Nach wie vor sorgt der AK durch seine<br />
Angebote für Abwechslung im Alltag von Menschen <strong>mit</strong> Behinderung, auch der Bewohnerinnen<br />
und Bewohner von Haus Herrenweg. Die persönlichen Beziehungen, die sich seit Bezug von Haus<br />
Herrenweg zwischen den Menschen geknüpft haben, sind unersetzlich.<br />
Uns Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht ein Partner zur Seite, der uns bei zahlreichen<br />
Aktivitäten unterstützt, der als Ver<strong>mit</strong>tler in das soziale Netzwerk von <strong>Hüls</strong> wirkt, der Haus<br />
Herrenweg finanziell unterstützt, aber auch konstruktiv-kritisch Entwicklungen innerhalb des<br />
Hauses hinterfragt.<br />
Nicht verschwiegen werden sollte der Prozess der Neuorientierungen aller Beteiligten in der ersten<br />
Phase nach dem Bezug des Hauses. Galt es doch, sowohl für einzelne Mitglieder des AK als auch<br />
für uns Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zunächst einmal, die Zusammenarbeit zu definieren und<br />
einen von Wertschätzung geprägten Umgang zu entwickeln.<br />
In den drei letzten Jahren war die Zusammenarbeit u.a. geprägt durch die Gründung der<br />
Wohngemeinschaft Rektoratsstraße. Hier leben seit dem 01.07.2004 sechs Menschen <strong>mit</strong><br />
Behinderung in mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung. Sabine Görden und Gerhard<br />
Milbert begleiteten aktiv als Vertreter des AK Behinderte Menschen der <strong>KAB</strong> <strong>Hüls</strong> die<br />
konzeptionelle Entwicklung. In der Umsetzung organisierten und koordinierten sie die vielen<br />
<strong>St</strong>unden ehrenamtlicher handwerklicher Arbeiten, auch aus anderen Gruppierungen der <strong>Hüls</strong>er<br />
Bevölkerung. Hinzu kam eine großzügige finanzielle Spende von 50.000,-- Euro von der <strong>KAB</strong><br />
<strong>Hüls</strong>, durch die der bedarfsgerechte Umbau des Wohnhauses ermöglicht wurde.
Doch auch die personellen Umstrukturierungen im Arbeitskreis behinderter Menschen der <strong>KAB</strong><br />
und weiterentwickelte Tendenzen in der Gesellschaft und so<strong>mit</strong> auch in der "Behindertenhilfe"<br />
tragen zu Veränderungen in der Zusammenarbeit bei. Galt es in den 60iger und 70iger Jahren des<br />
letzten Jahrhunderts dafür Sorge zu tragen, dass Frühförder-, Bildungs-, Wohn- und Arbeitsstätten<br />
für Menschen <strong>mit</strong> Behinderung entstanden, galten in den 80iger Jahren die Bemühungen der<br />
Behindertenhilfe der Förderung und Integration von Menschen <strong>mit</strong> Behinderung, so können die<br />
90iger Jahre des letzten Jahrhunderts <strong>mit</strong> dem Begriff der "Selbstbestimmung" überschrieben<br />
werden. Auf dem letzten großen Kongress der Bundesvereinigung der Lebenshilfe für Menschen<br />
<strong>mit</strong> geistiger Behinderung im Herbst 2003 in Dortmund wurde dem Thema der Teilhabe der<br />
Menschen <strong>mit</strong> Behinderung besondere Bedeutung geschenkt.<br />
Menschen <strong>mit</strong> Behinderung wollen Partner sein in sozialen Beziehungen und ihr Leben so weit wie<br />
möglich selbst gestalten. Durch die Reduzierung unseres Blickwinkels gegenüber Menschen <strong>mit</strong><br />
körperlicher oder geistiger Behinderung auf eben diese Behinderung besteht die Gefahr der<br />
Reduzierung des Menschen auf dieses Defizit. Wer von uns möchte (ständig) auf seine Fehler und<br />
Schwächen, auf das was er nicht kann, hingewiesen werden? Papst Johannes Paul II hat einmal<br />
gesagt: "Der Mensch hört nicht auf, groß zu sein, auch nicht in seiner Schwäche".<br />
In <strong>Zukunft</strong> muss es stärker darum gehen, diese Größe zu entdecken, die Fähigkeiten, Fertigkeiten<br />
und Bedürfnisse von Menschen <strong>mit</strong> Behinderung, ja den Menschen in seiner Gesamtheit zu<br />
verstehen und ihm auch so zu begegnen. Ich gestehe ein, auch für mich, der jetzt mehr als 20 Jahre<br />
in der Behindertenhilfe tätig ist, kein leichtes Unterfangen in der alltäglichen Praxis.<br />
Es wird darum gehen, Menschen <strong>mit</strong> Behinderung in ihrem Bestreben nach aktiver Gestaltung ihres<br />
Lebensumfeldes zu unterstützen, zu begleiten und zu assistieren. Die Bedürfnisse von Menschen,<br />
<strong>mit</strong> oder ohne Behinderung, sind so vielfältig wie das Leben selbst. Sie möchten teilnehmen in der<br />
Gemeinde, im Sportverein, bei den Schützen. Sie möchten lernen, Entscheidungen zu treffen und<br />
auch Konsequenzen und Verantwortung zu tragen. Sie möchten zum Gemeinwohl ihren Beitrag<br />
leisten, jeder auf seine Weise, jeder so wie er kann, sei es wie zuletzt geschehen beim gemeinsamen<br />
Rosen drehen für das Schützen-Königspaar oder beim Müll sammeln im <strong>Hüls</strong>er Bruch.<br />
Auch auf die <strong>Zukunft</strong> hin sind wir im Haus Herrenweg, in der WG Rektoratsstrasse, im Haus am<br />
Berg und auch die Menschen <strong>mit</strong> Behinderung die zu Hause leben, auf das ehrenamtliche<br />
Engagement der Mitglieder des Arbeitskreises behinderte Menschen der <strong>KAB</strong> <strong>Hüls</strong> angewiesen.<br />
Durch ihren persönlichen Einsatz, ob mehr in der Öffentlichkeit oder mehr im Hintergrund, ist das<br />
Leben für uns hier in <strong>Hüls</strong> so bunt, wie ein schöner Blumenstrauß.<br />
Lassen sie uns weitere Schritte dieser Entwicklung <strong>mit</strong>einander tun. Sicherlich müssen wir dazu<br />
auch neue Wege beschreiten und weitere Ideen entwickeln.