© Foto: Georgiew Der Rock-Poet <strong>Heinz</strong>-<strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> präsentiert auf seinem neuen Album ICH BIN - IM DUETT MIT ... die größten Erfolge seiner Karriere im Duett mit einer illustren Gästeschar in neuen Versionen. Im tonart-Interview erzählt er über die Aktualität seiner alten Songs, gewährt Einblicke in seine Textwerkstatt und erklärt, warum er Casting- Shows nicht leiden kann. <strong>Heinz</strong>-<strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> Rückschau im Duett-Format <strong>Heinz</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> gibt keine Ruhe. Auch drei Jahrzehnte nach seinem Karrierestart ist er als scharfzüngiger, humor- und gefühlvoller Wortakrobat, als intensiver Beobachter und Kritiker und präziser Beschreiber innerer Befi ndlichkeiten in der deutschen Kulturlandschaft unterwegs. Dabei zeigte sich der Künstler, der 1956 im Flüchtlingslager Espelkamp geboren wurde, in Os- nabrück aufwuchs und heute in der Wedemark nördlich von Hannover zu Hause ist, stets als Multitalent: Als Rocksänger machte er 1980 als Preisträger eines Nachwuchs-Festivals erstmals auf sich aufmerksam. 1985 schaffte er dann mit ‘Dein ist mein ganzes Herz‘ den Sprung in die oberste Deutschrock-Liga, die er seitdem nicht mehr verließ. Auch literarisch aktiv Außerhalb der Musik ist <strong>Kunze</strong> auch als Literat aktiv und veröffentlicht seit 1984 stetig Bücher mit Prosa-, Lyrik- und Liedtexten. Als Übersetzer schrieb er die deutschen Fassungen der preisgekrönten Musicals ‘Les Miserables‘ (1987), ‘Miss Saigon‘ (1994) und ‘Rent‘ (1999). Zudem verfasste er eigene Libretti für die erfolgreichen Shakespeare-Adaptionen ‘Ein Sommernachtstraum‘ (2003) und ‘Kleider machen Liebe oder: Was ihr wollt‘ (2007). Keine Frage, <strong>Heinz</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> hat sich als Institution im deutschen Kulturbetrieb etabliert. Dennoch ruht er sich nicht auf dem Erreichten aus, sondern lässt weiterhin auf Konzerten, Lesungen und neuen Tonträgern, wie dem jüngsten Album ICH BIN - IM DUETT MIT ..., von sich hören. Letzteres bietet neben zwei brandneuen Stücken, zwölf Neuinterpretationen früherer <strong>Kunze</strong>-Hits, eingespielt im Duett mit namhaften Gästen wie Hartmut Engler von der Gruppe Pur, Reinhard Mey, Stefan Gwildis, Pe Werner, Achim titelstory | pop 4 Reichel, Tobias Künzel von den Prinzen, Julia Neigel, Heiner Lürig, Purple Schulz, Herman van Veen, Joachim Witt und Jan Plewka. tonart verabredete sich mit <strong>Heinz</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> zum Gespräch in Hannover. tonart Sind die Songs auf Ihrem neuen Album für Sie heute noch aktuell? <strong>Heinz</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> Durchaus, einige sind relativ zeitlos. Die Neuaufnahme ‘Fairplay‘ zum Beispiel enthält Zeilen, die man als Anspielung auf die Bedrohung des europäischen Gedankens sehen kann. Aber das war Zufall, da habe ich etwas vorweggenommen. Das Lied ist immerhin fünf Jahre alt und bisher nie veröffentlicht worden. tonart Sie bringen das Album auch als Vinyl-LP heraus. Warum? <strong>Heinz</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> Das hat die Plattenfi rma entschieden. Aber ich freue mich, dass es das in dieser Form als Vinyl wieder gibt. Das ist ein schönes Gegenstück zur immer beliebigeren Angebotsweise von Musik. Mit Runterladen, iPod und diesem Zeug kann ich nichts anfangen. Ich komme aus einer Zeit, in der man Platten und CDs gesammelt hat. Das wird bei mir immer so bleiben. tonart Welche Musik sammeln Sie? Wer sind Ihre Favoriten? <strong>Heinz</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> Ich habe etwa 40.000 Tonträger zu Hause mit großen Abteilungen aus Klassik, Jazz, Country, Soul, Reggae und extensiv Rockmusik. Meine Idole kommen aus den 60er und 70er Jah- ren und prägten meine Jugend. Alle elektrischen Erzähler gehören dazu, aber auch Instrumentalmusiker wie der Gitarrist Robert Fripp von King Crimson, die Gruppe Soft Machine oder Miles Davis. Ich höre also nicht nur Poeten. Aber Leonard Cohen, Bob Dylan oder von den Jüngeren wie Nick Cave fühle ich mich schon sehr verbunden, weil sie einen ähnlichen Job machen. tonart Platten zu sammeln wirkt in unseren Download-Zeiten altmodisch. Sind Sie ein altmodischer, wertekonservativer Mensch? <strong>Heinz</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> Ja. Ich fi nde, Oskar Lafontaine ist auch ein altmodischer Mensch in dem Sinne, in dem ich das Wort verstehe, wenn er sagt: Wir brauchen bei den Banken mehr Sparkassen und weniger Zockerbuden. Das ist auch wertekonservativ. Was die Musik angeht, bin ich auf jeden Fall altmodisch. Wer weiß, was die Zukunft bringt? Vielleicht Musik als Raumspray? Für mich wäre das nichts. tonart Wie sehen Sie mit dieser Haltung die Entwicklungen im modernen deutschen Pop- Geschehen, das von Casting-Shows überfl utet wird? <strong>Heinz</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> Die Casting-Shows sind ein Irrweg, weil man damit keine originären Künstler auf den Weg bringt, sondern nur Nachmacher. Ich selbst komme zwar auch aus einem Nachwuchswettbewerb, aber den veranstaltete die Deutsche Phonoakademie. Das war also eine seriöse Veranstaltung, bei der nicht Leute gesucht wurden, die etwas nachsingen, sondern Künstler, die mit eigenem Material auftraten. Gegen solche Wettbewerbe, bei denen ein kompletter Musiker gesucht wird, habe ich nichts. An den heutigen Casting-Shows „Ich habe etwa 40.000 Tonträger zu Hause mit großen Abteilungen aus Klassik, Jazz, Country, Soul, Reggae und extensiv Rockmusik. Die Idole kommen aus den 60er und 70er Jahren und prägten meine Jugend Mit Runterladen, iPod und diesem Zeug kann ich nichts anfangen. Ich komme aus einer Zeit, in der man Platten und CDs gesammelt hat. Das wird bei mir immer so bleiben.“ <strong>Heinz</strong>-<strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> 1 | 2012 5 pop | titelstory gefällt mir nicht, dass die Künstler wie Marionetten behandelt werden. Die meisten Sieger sind nach einem Jahr vergessen. Ein Bruce Springsteen oder eine Madonna geht aus so etwas nicht hervor. Das ist der falsche Ansatz. Wo sind wir damit eigentlich angekommen? Rockmusik war einmal ein Aufbruch in die Freiheit! Inzwischen ist das alles so verschult. Es wird überall der Beste gesucht. Das ist das Gegenteil von dem, was diese Musik mal wollte. tonart Sie haben Ihre Lieder dagegen immer selbst geschrieben. Bei welcher Gelegenheit entstehen neue Ideen? <strong>Heinz</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> Bei jeder Gelegenheit. Ich fühle mich manchmal wie ein Funker. Sobald ich die Antennen nach dem Aufstehen ausgefahren habe, fange ich etwas aus dem Funkverkehr ein. Das kann aus jedem Gebiet kommen. tonart Haben Sie durch Ihre Lieder die Gesellschaft beeinfl usst? <strong>Heinz</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> Bestimmt nicht messbar. Mit Liedern kann man zwar nicht die Politik aushebeln, aber vielleicht etwas zum Lebensgefühl einzelner Leute beitragen. Einige haben behauptet, dass das eine oder andere meiner Stücke das geschafft hat. Das ist schon eine große Ehre. Interview: Thorsten Schatz II www.tonartmagazin.de www.tonartmagazin.de Sieht sich als nachhaltiger Kulturarbeiter in Sachen Musik und Literatur: <strong>Heinz</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> CD-Tipp | Pop <strong>Heinz</strong>-<strong>Rudolf</strong> <strong>Kunze</strong> Ich bin - im Duett mit ... Ariola/Sony Music 88697 96778 ANZEIGE celle hildesheim kiel oldenburg jever lüneburg bremen hannover stade hamburg baunatal nürnberg stuttgart münchen kaiserslautern aschaffenburg karlsruhe mannheim ulm saarbrücken köln bochum lübeck rostock düsseldorf frankfurt/main halle/saale berlin