Wenn irgendwo eine Schraube locker ist, kommen ... - PB Swiss Tools
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Unzerstörbar «Diese Werkzeuge<br />
begleiten den<br />
Handwerker lebenslang»,<br />
sagt die Chefin von <strong>PB</strong> <strong>Swiss</strong><br />
<strong>Tools</strong>, Eva Jaisli, in ihrer<br />
Fabrik in Wasen BE.<br />
<strong>Wenn</strong> <strong>irgendwo</strong> <strong>eine</strong> <strong>Schraube</strong> <strong>locker</strong> <strong>ist</strong>,<br />
<strong>kommen</strong> sie zum Einsatz: die <strong>Schraube</strong>nzieher<br />
von <strong>PB</strong> <strong>Swiss</strong> <strong>Tools</strong>. Chefin Eva Jaisli<br />
bringt frischen Vanille-Duft ins Unternehmen.<br />
Sie hat den D
eh raus<br />
Text NiNa SiegriSt<br />
Fotos Kurt reicheNbach<br />
schweizermacher<br />
Eine Werkzeugfabrik mitten im<br />
Emmental. Stampfend drücken<br />
tonnenschwere Maschinen die<br />
Spitzen von <strong>Schraube</strong>nziehern in Form.<br />
Es dröhnt und pfeift, riecht nach Öl,<br />
Stahl – und Vanille! «Nicht nur die<br />
Qualität, auch der Duft <strong>eine</strong>s Produktes<br />
<strong>ist</strong> entscheidend», sagt Eva Jaisli, CEO<br />
von <strong>PB</strong> <strong>Swiss</strong> <strong>Tools</strong> in Wasen. Dass die<br />
Kunststoffgriffe ihrer <strong>Schraube</strong>nzieher<br />
nach einigen Jahren in der Schublade<br />
nach ranziger Butter riechen, wollte die<br />
Chefin nicht länger tolerieren: «Losid,<br />
Froue und Manne, mir bruuche Lösige.»<br />
Seit Kurzem wird nun dem Kunststoffgranulat<br />
<strong>eine</strong> Prise Vanillepulver<br />
beigemischt: «Ein Trick aus der Lebensmittelindustrie»,<br />
erklärt Jaisli. Dann eilt<br />
die kl<strong>eine</strong> Chefin in ihren Walkingschuhen<br />
davon. «Kommen Sie, ich zeig Ihnen<br />
alles!», ruft sie, öffnet Türen, lässt sie<br />
offen und <strong>ist</strong> schon im Stechschritt<br />
um die nächste Ecke verschwunden, als<br />
man diese artig hinter sich zuzieht.<br />
Mit <strong>eine</strong>r kl<strong>eine</strong>n Dorfschmiede<br />
fängt 1878 alles an. Paul Baumann <strong>ist</strong><br />
der Daniel Düsentrieb von Wasen, er<br />
entwickelt Schälwerkzeug für Kartoffeln,<br />
Mausefallen, Nasenringe für Ochsen<br />
und alles, was die örtlichen Bauern<br />
sonst noch so brauchen. Bald tritt Sohn<br />
Max in den florierenden Betrieb ein, der<br />
Zweite Weltkrieg beginnt, die Grenzen<br />
werden geschlossen und damit die Einfuhr<br />
von Werkzeugen gestoppt. Das Militär<br />
bittet die <strong>PB</strong> Baumann Co., Schraubwerkzeug<br />
herzustellen. 1941 entsteht<br />
der erste <strong>Schraube</strong>nzieher mit Holzgriff.<br />
Ein paar Jahre später hört Max Baumann<br />
von <strong>eine</strong>r neumodischen Kunststoff-<br />
Gussmaschine aus Amerika. Sie soll die<br />
<strong>Schraube</strong>nziehergriffe noch beständiger<br />
und handlicher machen, kostet aber<br />
<strong>eine</strong>n halben Jahresumsatz. Nach langer<br />
Diskussion am Küchentisch wird das<br />
Wunderding 1953 gekauft. Zusammen<br />
mit dem Dorflehrer übersetzt Baumann<br />
das Handbuch vom Englischen ins Deutsche<br />
und – es funktioniert! Die Werkzeuge<br />
mit den roten Kunststoffgriffen sind<br />
enorm beliebt, werden ab 1960 in alle<br />
fünf Kontinente exportiert. Max Baumann<br />
stirbt 1982 nach schwerer Krankheit,<br />
sein Sohn Max junior übernimmt<br />
den Familienbetrieb nach s<strong>eine</strong>m Ingenieurstudium<br />
an der ETH.<br />
Ein Ballett von Industrierobotern<br />
setzt mit zackigen Bewegungen erhitzte<br />
Kunststoffgriffe auf die <strong>Schraube</strong>n- u<br />
schweizer illustrierte<br />
53
schweizermacher<br />
«Ohne Fachkompetenz <strong>ist</strong><br />
man verloren – als Frau sowieso»<br />
Eva JaisLi, CEO<br />
u<br />
zieherklingen. «Bitte stoppen, Herr<br />
Schenk!», instruiert Eva Jaisli den Werkme<strong>ist</strong>er,<br />
zwängt sich dann zwischen die<br />
Roboterarme, erläutert das Punktangussverfahren.<br />
Weiter gehts in die Entwicklungsabteilung,<br />
Eva Jaisli zückt vierund<br />
sechskantige, hand- und armlange<br />
<strong>Schraube</strong>nzieher, referiert. «Ohne Fachkompetenz<br />
<strong>ist</strong> man verloren – als Frau<br />
sowieso», sagt sie, spricht dann von<br />
swiss TOOLs – DiE anDErE BiLanz<br />
u Team 140 Mitarbeiter, ein Drittel Frauen<br />
u CEO-Hosensack Immer dabei hat Eva<br />
Jaisli <strong>eine</strong>n Insider mit variablen <strong>Schraube</strong>nzieher-Aufsätzen:<br />
«Damit hab ich auf<br />
54 schweizer illustrierte<br />
Polymeren, Thermoplasten und davon,<br />
dass Herr Schenk übrigens auch ein<br />
exzellenter Jodler sei.<br />
Eva Jaisli wuchs in Langenthal<br />
BE auf. Ihre Eltern führen <strong>eine</strong>n Holzverarbeitungsbetrieb,<br />
die Tochter hilft in<br />
den Ferien mit. Sie wird Lehrerin, studiert<br />
danach Psychologie und Betriebswirtschaft.<br />
Während andere Studenten<br />
sich ihr Bett in der Ikea kaufen, zimmert<br />
Reisen schon den Rollkoffer repariert.»<br />
u Kafipause Ein Mitarbeiter trinkt ca. drei<br />
Tassen Kaffee pro Tag. In der Pause wird<br />
überall geturnt.<br />
u Spezialauftrag Ein Kunde wünschte<br />
<strong>eine</strong>n <strong>Schraube</strong>nzieher mit Swarovski-<br />
St<strong>eine</strong>n. Aus ergonomischen Gründen<br />
wurden dieser aber nie produziert.<br />
u Unliebsamer Erfolg Auch Einbrecher<br />
schätzen die Qualität von <strong>Swiss</strong>-<strong>Tools</strong>-<br />
<strong>Schraube</strong>nziehern. Immer wieder kommt<br />
es zur Zusammenarbeit mit der Polizei.<br />
u Online www.pbswisstools.com,<br />
blog.pbswisstools.com<br />
Konzentration! Mit viel Herzblut schleifen<br />
die Mitarbeiter 1965 <strong>Schraube</strong>nzieher.<br />
Höhenflug Nach<br />
der Krise 2009<br />
geht es dem<br />
Emmentaler<br />
KMU wieder<br />
hervorragend.<br />
sich Eva eigenhändig <strong>eine</strong>s zusammen –<br />
«ich arbeite gern mit den Händen». Später<br />
lernt sie Max Baumann junior kennen,<br />
die beiden heiraten. Zusammen<br />
haben sie vier Kinder. Eva Jaisli bleibt<br />
stets berufstätig, unter anderem als<br />
Dozentin für Organisationslehre an der<br />
Berner Fachhochschule. Als immer mehr<br />
Werkzeuge gefertigt und deswegen immer<br />
mehr gearbeitet werden muss, entscheidet<br />
sie sich, im Familienunternehmen<br />
ihres Mannes mitzuhelfen.<br />
Die Aufgabenteilung <strong>ist</strong> schnell klar:<br />
Sie hat Führungs- und Marketingerfahrung,<br />
er konzentriert sich lieber auf die<br />
Technologie und deren Entwicklung.<br />
Eva Jaisli wird deshalb 1997 CEO, führt<br />
die <strong>PB</strong> Baumann GmbH unter dem<br />
Namen <strong>PB</strong> <strong>Swiss</strong> <strong>Tools</strong> in die Zukunft<br />
und lässt sich auch 2009 nicht unterkriegen,<br />
als die Krise in der Auto- und<br />
Maschinenindustrie für Kurzarbeit und<br />
Stellenabbau sorgt.<br />
«Die Leute, die wir entlassen mussten,<br />
konnten wir mehrheitlich wieder<br />
beschäftigen», sagt Jaisli am Ende ihrer<br />
Betriebsführung. Die Beziehung zu ihren<br />
Mitarbeitern sei ebenso langlebig wie<br />
ihre Produkte selbst. «Oft begleiten<br />
unsere Werkzeuge <strong>eine</strong>n Handwerker<br />
lebenslang.» Sie bleibt im Ausstellungsraum<br />
stehen, überblickt die aufgereihten<br />
roten <strong>Schraube</strong>nzieher, lächelt. Vielleicht<br />
auch deshalb, weil es irgendwann<br />
beim Öffnen <strong>eine</strong>r Werkzeugschublade<br />
ganz unerwartet … nach zuckersüsser<br />
Vanille duftet. �<br />
Foto Handout