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Kahle Kirchenbänke, betuliche Predigten ... - hetzner-fotografie

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me“ von Uncle Kracker. Das hat Markus so beeindruckt, dass er zur<br />

Chill-Lounge wiedergekommen ist. „Chillen“ steht im Jugendjargon<br />

für entspannen. Junge Menschen sollen freitags zwanglos in<br />

der Kirche zusammenkommen und sich aufs Wochenende einstimmen.<br />

Mit Drinks, Filmen, Musik – aber ohne Andacht oder Bibellese.<br />

Dass Markus die Jugendkirche überhaupt entdeckte, liegt an einer<br />

konzeptionellen Besonderheit: Gezielt spricht Pastor Torsten<br />

Pappert Schulklassen an, die ihren Religionsunterricht in die Lutherkirche<br />

verlegen. So auch die Berufsschulklasse von Markus.<br />

Einen Vormittag lang spielten er und seine 20 Mitschüler das<br />

Mönchsdasein nach. Sie zogen sich Kutten an und schritten zur<br />

Morgenandacht. Danach ging es zum Seilflechten oder Küchendienst<br />

– mit Redeverbot. „Alle waren gleich angezogen, es gab keine<br />

Unterschiede und endlich mal hat keiner mit seinem Handy<br />

rumgespielt“, berichtet Markus. Als Einziger aus seiner Klasse ist<br />

er wiedergekommen.<br />

Seit September 2004 gibt es die Jugendkirche in Hannover.<br />

670 000 Euro hat der Umbau der neogotischen Kirche gekostet.<br />

Mehr als zwei Millionen Euro stellt die Landeskirche Hannovers<br />

für die nächsten Jahre zur Verfügung – vor allem für Personalkosten.<br />

Neben Pappert arbeiten noch eine Diakonin und eine Kulturpädagogin<br />

in der Lutherkirche. Pappert glaubt an das Konzept.<br />

„Jugendliche haben ein Interesse an Glauben und Spiritualität,<br />

aber nicht an überlieferten Formen, in die sie sich erst reinfinden<br />

müssen.“ Und so waren es denn auch Jugendliche, welche die Idee<br />

zur Chill-Lounge hatten. Sie sollen in Zukunft noch mehr Impulse<br />

für die Jugendkirche liefern, indem sie am Konzept beteiligt<br />

werden.<br />

Denn Beteiligung und Verantwortung sind alles, wenn Jugendkirche<br />

gelingen soll. Das zeigt das Beispiel Genthin. Dort kostet<br />

die Jugendkirche nicht mehr als Lederers Gehalt – der Rest<br />

entsteht durch das Engagement der Jugendlichen. „Dabei wollen<br />

wir sie in ihrer Jugendkultur ernst nehmen“, erklärt Frank Lederer.<br />

In seiner Wohnung gibt es ein Arbeitszimmer. Dort treffen sich<br />

die Aktiven, die ehrenamtlich für die Jugendkirche arbeiten. Neben<br />

dem großen Konferenztisch steht ein Regal, das aus lauter kleinen<br />

Fächern besteht. Darin liegen Nachrichten und Mitteilungen<br />

für die Mitarbeiter. Vorne kleben die Namensschilder. Es gibt so<br />

viele Fächer, dass das Regal fast schon Körpergröße erreicht: 33<br />

Ehrenamtliche schenken der Kirche einen Großteil ihrer Freizeit.<br />

Einer der Fachbesitzer heißt Hans-Jakob Gohr. Ein paar Stunden<br />

vor seinem Auftritt tankt er Ruhe. Er will im Jugendgottesdienst<br />

ein Theaterstück aufführen und hat es sich deshalb im Gebetsraum<br />

in Lederers Wohnung auf einer blauen Liege bequem<br />

gemacht. Dort treffen sich viele Jugendliche zum Beten. Immer<br />

mittwochs, vor der Schule. Um sechs Uhr. „Für Gott stehe ich gerne<br />

so früh auf“, sagt Hans-Jakob. An der Decke des gemütlichen<br />

Zimmers mit dem alten Kachelofen und den orangefarbenen Wänden<br />

baumeln rote und blaue Plastikgießkannen. Warum? Der 16-<br />

11/2005 chrismon 57

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