09.02.2013 Aufrufe

AUFSATZ - Ja-Aktuell

AUFSATZ - Ja-Aktuell

AUFSATZ - Ja-Aktuell

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>AUFSATZ</strong><br />

<strong>AUFSATZ</strong> STRAFRECHT · DIE ZUEIGNUNGSABSICHT IN DER FALLBEARBEITUNG<br />

Professor Dr. Hans Kudlich und Wiss. Mit. Mustafa Temmuz Oğlakcıoğlu, Erlangen *<br />

„Auf die inneren Werte kommt es an“–Die Zueignungsabsicht in der Fallbearbeitung<br />

Die Strafvorschriften zu Diebstahl und Raub (§§ 242, 249 StGB)<br />

enthalten bereits im objektiven Tatbestand eine Reihe von<br />

Merkmalen, die in einer Klausur problematisch sein können<br />

(etwa die „Wegnahme“ oder die finale Verknüpfung zwischen<br />

Nötigung und Wegnahme beim Raub), und lassen (zB im Zusammenhang<br />

mit der „Fremdheit“ der Sache) Raum für Irrtumsfragen.<br />

Aber auch wenn diese Klippen umschifft sind, ist die<br />

Tatbestandsprüfung noch nicht zu Ende, sondern es wartet mit<br />

der „Absicht der rechtswidrigen Zueignung“ ein besonderes<br />

subjektives Merkmal, das mit Blick auf den Charakter als Straftaten<br />

gegen das Eigentum sogar den Unrechtskern deutlich<br />

prägt. Was die beabsichtigte Zueignung voraussetzt, worauf<br />

sie sich überhaupt beziehen muss und wann sie (nicht) rechtswidrig<br />

ist, sind klassische Klausurfragen, die je nach Sachverhaltsgestaltung<br />

ein hohes Maß an Komplexität erreichen können.<br />

Eine Antwort darauf setzt die Kenntnis zumindest der<br />

grundlegenden Definitionen sowie das Verständnis für das<br />

Verhalten der verschiedenen Elemente des Zueignungsbegriffs<br />

untereinander voraus.<br />

A. HINFÜHRUNG<br />

Als sogenannte „überschießende Innentendenz“, dh als besonderes<br />

Tatbestandsmerkmal, das im subjektiven Tatbestand<br />

neben dem allgemeinen Vorsatz (§ 15 StGB) zu prüfen ist,<br />

erfordert § 242 StGB (ebenso wie § 249 StGB 1 ) die „Absicht,<br />

die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen“.<br />

Obwohl es sich bei der Zueignungsabsicht mithin um ein Tatbestandsmerkmal<br />

eines ganz gängigen Delikts und damit eigentlich<br />

um Grundlagenwissen handelt, birgt sie doch eine<br />

Reihe von Schwierigkeiten. Diese liegen zum einen darin, die<br />

(beabsichtigte) Zueignung sauber „in ihre Bestandteile zu zerlegen“<br />

und zu subsumieren; auch hier werden in Klausuren<br />

erfahrungsgemäß immer wieder Fehler gemacht, die – da<br />

Grundlagen betreffend – vom Korrektor sehr übel genommen<br />

werden. Zum anderen gibt es aber auch am Rande des Tatbestandsmerkmals<br />

eine Reihe von schwierigen Problemkonstellationen,<br />

welche es zwar nicht alle „auswendig“ zu kennen<br />

gilt, deren Lösung zumindest aber auf einem sauberen Umgang<br />

mit dem Grundhandwerkszeug erfolgen sollte.<br />

HERAUSGEBER:<br />

Zivilrecht:<br />

RiBGH Dieter Maihold<br />

Professor Dr. Christian Wolf<br />

Strafrecht:<br />

Professor Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg<br />

Professor Dr. Hans Kudlich<br />

Öffentliches Recht:<br />

Professor Dr. Stefan Muckel<br />

Professor Dr. Rüdiger Rubel<br />

Referendarausbildung:<br />

Professor Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg<br />

Rechtsanwalt Torsten Kaiser www.ja-aktuell.de<br />

ZEITSCHRIFT FÜR STUDENTEN UND REFERENDARE HEFT 5/2012 SEITEN 321–400 44. JAHRGANG<br />

B. GRUNDBEGRIFFE<br />

I. Merkmale der Zueignung<br />

Die beabsichtigte Zueignung setzt sich aus zwei Komponenten<br />

zusammen: der Enteignung und der Aneignung. Die Voraussetzungen<br />

an die Dauerhaftigkeit und an die Vorsatzintensität<br />

sind dabei bei den beiden Merkmalen jeweils unterschiedlich.<br />

Nach ganz hM setzt die Zueignungsabsicht iSd § 242 StGB<br />

voraus, dass der Täter zumindest bedingt vorsätzlich hinsichtlich<br />

der dauerhaften Enteignung und absichtlich hinsichtlich<br />

einer zumindest vorübergehenden Aneignung handelt. 2<br />

Komponenten der Zueignungsabsicht<br />

Enteignungsvorsatz<br />

Dauerhafte Verdrängung des<br />

Berechtigten aus seiner<br />

Sachherrschaftsposition<br />

Fehlt bei: Rückführungswillen<br />

des Täters, bloßer Gebrauchsanmaßung;<br />

führt zur Straflosigkeit,<br />

soweit nicht durch<br />

einen Sondertatbestand<br />

erfasst (insb. §§ 248b, 289<br />

StGB); beachte: nach hM auch<br />

Entziehung des Sachwerts<br />

Aneignungsabsicht<br />

Beabsichtigte Einverleibung<br />

der Sache in eigenes<br />

Vermögen oder in das<br />

eines Dritten<br />

Fehlt bei: bloßer Sachentziehung<br />

(bspw. um Eigentümer<br />

zu „ärgern“); denkbar bleibt<br />

aber Strafbarkeit wegen<br />

Sachbeschädigung gem. § 303<br />

StGB, soweit vom Vorsatz des<br />

Täters umfasst<br />

* Der Verfasser Kudlich ist Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht<br />

und Rechtsphilosophie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Der Verfasser<br />

Oğlakcıoğlu ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an diesem Lehrstuhl.<br />

1 Die nachfolgenden Ausführungen und Beispiele orientieren sich überwiegend am<br />

Diebstahl. Für den Raub gelten sie freilich entsprechend. Nicht nur eine Zueignungsabsicht,<br />

sondern eine vollendete/objektive Zueignung verlangt die Unterschlagung<br />

nach § 246 StGB. Hierunter versteht die hM (mit Unterschieden im Detail)<br />

eine objektive Manifestation eines Zueignungswillens, vgl. BGHSt 34, 309 (312). Zu<br />

den damit verbundenen Auslegungsschwierigkeiten Duttge/Sotelsek Jura 2002,<br />

526 ff.; Jäger JuS 2000, 1167 ff.; Kudlich JuS 2001, 767 ff.<br />

2 Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl. 2011, § 242 Rn. 21 ff.; Satzger/Schmitt/Widmaier/<br />

Kudlich, StGB, 2010, § 242 Rn. 40; Schönke/Schröder/Eser/Bosch, StGB, 28. Aufl.<br />

2010, § 242 Rn. 60 ff.; NK-StGB/Kindhäuser, Nomos Kommentar zum StGB, 3.<br />

Aufl. 2010, Rn. 69; Rengier, BT I, 13. Aufl. 2011, § 2 Rn. 38 ff.; Streng JuS 2007,<br />

422.; Witzigmann JA 2009, 429 f.<br />

5/2012 321


<strong>AUFSATZ</strong><br />

<strong>AUFSATZ</strong> STRAFRECHT · DIE ZUEIGNUNGSABSICHT IN DER FALLBEARBEITUNG<br />

Die beiden Bestandteile des Merkmals dienen damit der<br />

Abgrenzung zur grundsätzlich straflosen (und nur in bestimmten<br />

Fällen etwa nach § 248 b StGB strafbaren) Gebrauchsanmaßung<br />

auf der einen und zur als solchen ebenfalls<br />

straflosen (und allenfalls einmal als Sachbeschädigung nach<br />

§ 303 StGB strafbaren) Sachentziehung auf der anderen Seite.<br />

Im Einzelnen:<br />

1. Enteignungsvorsatz<br />

Hinsichtlich der Enteignung, dh der Verdrängung des Eigentümers<br />

aus seiner faktischen Herrschaftsposition (vgl. § 903<br />

BGB: „Der Eigentümer kann … mit der Sache beliebig verfahren<br />

…“), 3 muss der Täter mit zumindest bedingtem Vorsatz<br />

hinsichtlich ihrer Dauerhaftigkeit handeln. Daran fehlt es<br />

bei einem sicheren Rückführungswillen, aufgrund dessen der<br />

Täter nicht damit rechnet, dass dem Eigentümer die Sache<br />

dauerhaft entzogen bleiben könnte. 4 Wann von einem solchen<br />

bedingten Vorsatz auszugehen ist und wann nicht, ist in der<br />

praktischen Bearbeitung, aber auch in der Klausur immer<br />

dann, wenn die subjektive Verfassung des Täters insoweit<br />

nicht explizit und zweifelsfrei beschrieben ist, eine Frage des<br />

Einzelfalles:<br />

Fall 1 („Spritztour“): 5 A schließt den Maserati des M kurz, um<br />

damit eine kleine Spritztour zu unternehmen …<br />

a) und stellt den Wagen nach der Fahrt wieder vor die Villa des M.<br />

b) und parkt den Wagen vor der örtlichen Polizeistation.<br />

c) und lässt den Wagen in einem von der Villa des M 250 km<br />

entfernten Waldstück in der Nähe der Grenze stehen.<br />

In diesen (bewusst plakativ gewählten) Beispielen tritt der<br />

Rückführungsort als maßgebliches Indiz für die Strafverfolgungsbehörden<br />

(und damit auch für den Klausurbearbeiter)<br />

deutlich zu Tage: In den Konstellationen 1a und 1b kann man<br />

relativ sicher davon ausgehen, dass M alsbald wieder sein<br />

Fahrzeug benutzen kann und somit nicht dauerhaft aus seiner<br />

Eigentümerposition verdrängt wurde (besser „verdrängt werden<br />

sollte“). Im Hinblick auf das Kurzschließen kommt beim<br />

Täter A folglich zunächst eine Sachbeschädigung in Form der<br />

Substanzverletzung in Betracht, § 303 StGB. Ein Diebstahl<br />

am Wagen 6 scheidet dagegen mangels Enteignungsvorsatzes<br />

aus. 7<br />

In Beispiel 1c dagegen überlässt es der Täter dem Zufall, ob<br />

der Eigentümer seinen Wagen jemals zurückerhält, was für<br />

(im konkreten Fall: zumindest) einen dolus eventualis im<br />

Bezug auf die dauerhafte Verdrängung des Eigentümers aus<br />

seiner Herrschaftsposition jedenfalls ausreichen dürfte. Als<br />

denkbares Sonderproblem ist daran zu denken, dass die Zueignungsabsicht<br />

ebenso wie der Vorsatz bei der Begehung der<br />

Tat vorliegen muss (vgl. auch § 8 StGB). Somit genügt es für<br />

eine Strafbarkeit nach § 242 StGB nicht, wenn der Täter sich<br />

erst nach der Tatbegehung damit abfindet, dass die Entziehung<br />

dauerhaft bleiben könnte. 8 Legt der Täter also glaubhaft<br />

dar (bzw. ist im Klausursachverhalt als feststehend mitgeteilt),<br />

dass er erst nach der Wegnahme des Pkw (also erst während<br />

der Fahrt) den Entschluss gefasst hat, den Wagen „irgendwo<br />

zwischen Essen, Bochum und Gelsenkirchen stehen zu lassen“,<br />

9 scheidet ein Diebstahl mangels Enteignungsvorsatzes<br />

aus.<br />

Schließlich kann ein Enteignungsvorsatz zum Zeitpunkt<br />

der Wegnahme auch vorliegen, wenn der Täter seinen Rückführungswillen<br />

– umgekehrt formuliert seinen Enteignungsvorsatz<br />

– von irgendwelchen Bedingungen abhängig<br />

macht. 10<br />

322<br />

5/2012<br />

Fall 2 („Schmuckstück“): 11 T ist unsterblich in seine gute Freundin<br />

O verliebt. Als sich O dem X zuwendet, reagiert T dementsprechend<br />

eifersüchtig. Er beschließt, der O eine Kette zu entwenden, die X<br />

dieser geschenkt hatte, um damit einen Keil zwischen X und O zu<br />

treiben. Falls die O zu ihm zurückkehren sollte, will er ihr die Kette<br />

zurückgeben. Ansonsten interessiert ihn die Kette nicht weiter, weswegen<br />

er sie in der Folgezeit auch in der versteckten Schachtel<br />

vergisst.<br />

Der objektive Tatbestand ist durch die Wegnahme einer fremden<br />

beweglichen Sache unproblematisch verwirklicht. Bei der<br />

erforderlichen Zueignungsabsicht ist dagegen bereits der Enteignungsvorsatz<br />

fraglich, da T grundsätzlich bereit ist, die<br />

Kette der O zurückzugeben. Allerdings macht T die Rückführung<br />

des Schmuckstücks davon abhängig, dass O zu ihm<br />

zurückkehrt. Da es sich bei solch einer Bedingung („Rückkehr<br />

der T“) um einen Umstand handelt, der nicht in der<br />

Einflusssphäre des Täters liegt, muss der Enteignungsvorsatz<br />

als „endgültig“ bezeichnet werden. 12 Damit nimmt er (iSe<br />

„dolus alternativus“) jedenfalls auch die Möglichkeit der<br />

Nichtrückgabe in seinen Vorsatz auf, und ein Enteignungsvorsatz<br />

des T kann bejaht werden. Eine ganz andere Frage ist<br />

dagegen, ob er auch mit der notwendigen Aneignungsabsicht<br />

gehandelt hat.<br />

2. Aneignungsabsicht<br />

Damit ist man beim zweiten Bestandteil der Zueignungsabsicht<br />

angelangt: der Absicht (iSe dolus directus ersten<br />

Grades) der Aneignung. Aneignung kann hierbei natürlich<br />

nicht bedeuten, dass der Täter im zivilrechtlichen Sinn „Eigentümer“<br />

werden möchte – dies kann er durch den Diebstahl<br />

regelmäßig nicht. 13 Vielmehr genügt es, dass er die<br />

Absicht hat, die Sache zumindest vorübergehend seinem<br />

Vermögen einzuverleiben, dh sich an die Stelle des Eigentümers<br />

zu setzen. Dieses Merkmal des „se ut dominum gerere“<br />

darf freilich nicht zu weit ausgelegt werden: 14 Würde man<br />

3 BGH NStZ 1981, 63; Sch/Sch/Eser/Bosch (Fn. 2) § 242 Rn. 47; Mitsch, Strafrecht<br />

BT II/1, 2. Aufl. 2003, § 1 Rn. 105; Joecks, Studienkommentar StGB, 9. Aufl. 2010,<br />

§ 242 Rn. 22; Fischer, StGB, 58. Aufl. 2010, § 242 Rn. 33 a.<br />

4 BGHSt 2, 205 (206); 16, 190 (192); 22, 45 (46); 35, 152 (156); BGH NStZ 1982, 420;<br />

BGH NStZ 1996, 38; SSWStGB/Kudlich (Fn. 2) § 242 Rn. 45.<br />

5 Vgl. hierzu BGHSt 22, 46; BGH NStZ 1996, 38; Fischer (Fn. 3) § 242 Rn. 39 mwN.<br />

6 Nach verbreiteter Auffassung liegt auch keine Strafbarkeit wegen Diebstahls an dem<br />

im Maserati befindlichen und verbrauchten Benzins vor, da dieses Unrecht bereits<br />

durch die (ausnahmsweise strafbare) Gebrauchsanmaßung in Form des unbefugten<br />

Gebrauchs eines Fahrzeugs nach § 248 b StGB erfasst werde.<br />

7 Dagegen kann bei einer längeren „Ausleihe“ der Rückführungswille unbeachtlich<br />

sein, wenn der Täter die Sache so lange gebraucht, dass sie im Laufe der Zeit<br />

wesentlich weniger wert wird und dem Eigentümer den innewohnenden Sachwert<br />

entzieht. Die Grenzen zwischen unwesentlicher Wertminderung (und somit allenfalls<br />

strafbarer Gebrauchsanmaßung) und wesentlicher Wertminderung (im Bezug<br />

auf den Sachwert) sind fließend; gerade bei Neuwägen dürfte aber der zivilrechtlich<br />

bekannte Abschlag der Erstbenutzung bereits für sich ausreichen, um auch bei<br />

relativ kurzen Gebrauchshandlungen einen Enteignungsvorsatz zu bejahen; zum<br />

„saisonalen“ Gebrauch vgl. auch Rengier (Fn. 2) § 2 Rn. 63.<br />

8 Eine andere Frage ist, ob dieser Gesinnungswandel sich dann nach außen so manifestiert,<br />

dass dadurch eine Unterschlagung vorliegt, vgl. hierzu die Verweise bei<br />

Fn. 1.<br />

9 Zu diesem Beispiel aus der Rechtsprechung vgl. BGHSt 22, 25 sowie BGH NStZ-<br />

RR 1999, 327.<br />

10 Gleiches gilt natürlich auch für die Aneignungskomponente, siehe den weiter unten<br />

beschriebenen „Inpfandnahmefall“ BGH NStZ-RR 1998, 235 (236).<br />

11 Nach OLG Köln NJW 1997, 2611.<br />

12 Rengier (Fn. 2) § 2 Rn. 84.<br />

13 RGSt 61, 228 (233); Sch/Sch/Eser/Bosch (Fn. 2) § 242 Rn. 47; SSWStGB/Kudlich<br />

(Fn. 2) § 242 Rn. 41; Otto Jura 1989, 142.<br />

14 Vor der Missverständlichkeit dieser Wendung warnt auch Rengier (Fn. 2) § 2 Rn. 39<br />

(mit Beispielen aus der Rechtsprechung, unter anderem OLG Frankfurt StV 1984,<br />

248).


<strong>AUFSATZ</strong> STRAFRECHT · DIE ZUEIGNUNGSABSICHT IN DER FALLBEARBEITUNG<br />

hierfür jedes Verhalten genügen lassen, das üblicherweise nur<br />

durch den Eigentümer erfolgen darf (zB Besitzbegründung 15 ,<br />

Zerstörung der Sache), würde die Aneignungskomponente<br />

jegliche Trennschärfe verlieren. Wirft der Täter die Sache nach<br />

der Wegnahme einfach weg, 16 lässt er den Papagei seines<br />

Nachbarn aus dem Käfig 17 oder nimmt einem Kommilitonen<br />

die Mütze weg, um diesen zu ärgern, 18 mag der objektive<br />

Tatbestand des § 242 StGB erfüllt sein; eine Aneignungsabsicht<br />

kann allerdings nicht bejaht werden, da es dem Täter<br />

in all diesen Fällen nicht darauf ankommt, die Sache (zumindest<br />

vorübergehend) wirtschaftlich zu nutzen bzw. durch den<br />

Besitz den Bestand des Vermögens zu verbessern. 19<br />

In der oben beschriebenen Schmuckstück-Konstellation<br />

(Fall 2) geht es dem Täter ebenfalls nicht um eine wirtschaftlich<br />

sinnvolle Nutzung der Kette (bspw. durch Tragen, Verschenken<br />

oder Verkaufen); vielmehr verfolgt der Täter durch<br />

die Sachentziehung andere Motive, die nicht darauf abzielen,<br />

das Opfer in seinem Vermögen zu schädigen, sondern allenfalls<br />

zu ärgern. Eine Aneignungsabsicht (und somit auch eine<br />

Strafbarkeit gem. § 242 I StGB) scheidet aus. Auch wenn der<br />

T den Gegenstand wegnehmen würde, um die Sache als<br />

Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung einzusetzen<br />

(„Inpfandnahme“), würde er ohne Zueignungsabsicht handeln,<br />

da es ihm gerade nicht darum geht, den Gegenstand in<br />

sein Vermögen einzuverleiben, sondern er durch die Behandlung<br />

als „Pfand“ mittelbar anerkennt, dass die Sache „an sich“<br />

ins Vermögen einer anderen Person gehört. 20<br />

II. Rechtswidrigkeit der Zueignung<br />

Die beabsichtigte Zueignung muss zudem „rechtswidrig“ sein.<br />

Das ist der Fall, wenn sie nicht der materiell-rechtlich (insbes.<br />

zivilrechtlich) „gesollten“ Rechtslage entspricht, dh insbes.<br />

wenn der Täter keinen fälligen und einredefreien Anspruch<br />

genau auf die weggenommene Sache hat. 21 Das Erfordernis<br />

eines Anspruches „genau auf diese Sache“ führt dazu, dass<br />

man allenfalls bei Stückschulden (und nicht bei Gattungsschulden)<br />

zu einem Ausschluss der Rechtswidrigkeit der Zueignung<br />

gelangen kann.<br />

Die hM 22 versteht dabei die Rechtswidrigkeit der beabsichtigten<br />

Zueignung als gleichsam objektives Merkmal innerhalb<br />

des subjektiven Tatbestandes, sodass es nur erfüllt ist, wenn<br />

der Täter tatsächlich keinen entsprechenden Anspruch hat. 23<br />

Freilich muss sich auf diese objektive Rechtswidrigkeit zusätzlich<br />

auch der Vorsatz des Täters beziehen. Dabei sieht die<br />

hM in der Rechtswidrigkeit dann ein normatives Tatbestandsmerkmal<br />

mit der Konsequenz, 24 dass außerstrafrechtliche (insbes.<br />

zivilrechtliche) Fehlvorstellungen über die „gesollte<br />

Rechtslage“ vorsatzrelevante Irrtümer begründen: Kennt der<br />

Täter die objektiv bestehende Rechtswidrigkeit der von ihm<br />

beabsichtigten Zueignung nicht, so handelt es sich daher nach<br />

hM um einen vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum nach<br />

§ 16 I 1 StGB. 25<br />

Fall 3 („Geldscheine“): Kassierer K entnimmt seiner Kasse 150 EUR,<br />

die ihm sein Arbeitgeber A schon seit über 6 Monaten schuldet.<br />

Natürlich schuldet der Arbeitgeber bei zivilrechtlicher Betrachtung<br />

nicht genau diesen Geldschein. Allerdings könnte<br />

man sich auf den Standpunkt stellen, dass bei Geldscheinen<br />

als „Wertsummenträger“ das Konkretisierungsrecht des<br />

Schuldners nach § 243 BGB keinen Sinn macht. 26 Entsprechend<br />

müsste man bereits die objektive Rechtswidrigkeit der<br />

erstrebten Zueignung immer verneinen, wenn der Täter Inhaber<br />

einer Geldforderung ist und sich eben Geld „eigen-<br />

mächtig“ zurückholt. Der BGH dagegen bleibt auf objektiver<br />

Ebene streng zivilrechtsakzessorisch und belässt auch<br />

bei Geldscheinen das Konkretisierungsrecht beim Gläubiger.<br />

Die objektive Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Zueignung<br />

schadet dem Täter allerdings nicht, da sein Irrtum über<br />

die Rechtswidrigkeit vorsatzausschließend wirken soll (siehe<br />

oben). 27<br />

III. Selbst- und Drittzueignung<br />

Mit dem 6. StrRG 1998 hat der Gesetzgeber die Alternative<br />

der Drittzueignungsabsicht in die §§ 242, 246, 249 StGB einbezogen.<br />

Die praktische sowie klausurtechnische Bedeutung<br />

der Drittzueignung ist eher gering, da fremdnütziges Handeln<br />

oftmals schon über die Selbstaneignung erfasst werden kann<br />

(bzw. jedenfalls bis 1998 oft erfasst wurde). So könnte man<br />

etwa davon ausgehen, dass ein Täter, der die gestohlene Sache<br />

seiner Freundin schenken will, mit Selbstaneignungsabsicht<br />

handelt, da er sich die Verfügungsbefugnis über die Sache<br />

anmaßt. Freilich sollte das Konkurrenzverhältnis – auch in<br />

der Klausurbearbeitung – nicht überbewertet werden. Insofern<br />

sollte man in einfach gelagerten „Schenkungs- und Weitergabefällen“<br />

auf die Drittzueignungsabsicht zurückgreifen,<br />

es sei denn der Täter verspricht sich durch die Weiterveräußerung<br />

wirtschaftliche (und nicht nur immaterielle) Vorteile. 28<br />

Jedenfalls dann, wenn bereits die Wegnahme objektiv fremdnützig<br />

erfolgt, also der Täter bspw. von einem Dritten zum<br />

Diebstahl angestiftet wurde und nach Tatplan und Tätervorstellung<br />

der eigentliche Übergabeakt kein „se ut dominum<br />

gerere“ mehr darstellt, muss auf die Drittzueignung zurückgegriffen<br />

werden.<br />

C. SONDERPROBLEME DES ZUEIGNUNGSGEGENSTAN-<br />

DES<br />

Den (insoweit dann auch nicht näher erörterungsbedürftigen)<br />

Normalfall in Praxis und Klausur bilden die Fälle, in denen<br />

Objekt der beabsichtigten Zueignung die Sache selbst in ihrer<br />

Substanz ist. Dies gilt etwa dann, wenn der Täter ein<br />

Schmuckstück, einen Gebrauchsgegenstand etc. wegnimmt,<br />

15 Aufgrund der objektiven Notwendigkeit einer Wegnahme wäre bei solch einem<br />

Verständnis von der Aneignung diese immer zu bejahen und hätte somit keine<br />

eigenständige Funktion mehr, vgl. SSWStGB/Kudlich (Fn. 2) § 242 Rn. 48.<br />

16 RGSt 11, 239 (240); BGH NJW 1970, 1753; siehe auch Mitsch (Fn. 3) § 1 Rn. 135.<br />

17 Bei Rengier (Fn. 2) § 2 Rn. 65 mit weiteren anschaulichen Beispielen.<br />

18 Vgl. hierzu BGH MDR/H 1982, 810; OLG Frankfurt StV 1984, 248.<br />

19 Siehe BGH NJW 1977, 1460.<br />

20 Zu dieser Konstellation vgl. BGH NStZ-RR 1998, 235 (236), sowie die Fallbearbeitung<br />

bei Kudlich/Roy/Tyszkiewicz JA 2006, 779 ff.<br />

21 MüKoStGB/Schmitz, Münchener Kommentar zum StGB, 2009, § 242 Rn. 139;<br />

SSWStGB/Kudlich (Fn. 2) § 242 Rn. 49; Lackner/Kühl (Fn. 2) § 242 Rn. 28; Fischer<br />

(Fn. 3) § 242 Rn. 49 mwN.<br />

22 NK-StGB/Kindhäuser (Fn. 2) § 242 Rn. 119.; vgl. auch BGH NJW 1990, 2832;<br />

Fischer (Fn. 3) § 242 Rn. 49; aA Mitsch (Fn. 3) § 1 Rn. 146 („allgemeines Verbrechensmerkmal“).<br />

23 Ob die einseitige Möglichkeit, den Anspruch durch Anfechtung oder Widerruf<br />

herbeizuführen, bereits ausreichen kann, wird lebhaft diskutiert, vgl. Mitsch (Fn. 3)<br />

§ 1 Rn. 160; MüKoStGB/Schmitz (Fn. 21) § 242 Rn. 151; krit. Fischer (Fn. 3) § 242<br />

Rn. 50.<br />

24 Vgl. BGHSt 17, 89 (90 f.); BGH GA 1962, 144; OLG Hamm GA 1969, 219; Sch/<br />

Sch/Eser/Bosch (Fn. 2) § 242 Rn. 65.<br />

25 Küper, FS Gössel, 2002, 429 (446 f.); Fischer (Fn. 3) § 242 Rn. 49.<br />

26 Rengier (Fn. 2) § 2 Rn. 90; SK-StGB/Hoyer, Systematischer Kommentar zum<br />

StGB, Stand 116. Lfg. Nov. 2008, § 242 Rn. 103; Wessels/Hillenkamp, BT 2, 33.<br />

Aufl. 2010, Rn. 189.<br />

27 BGHSt 17, 87 (89); BGH StV 1994, 128; 2000, 78; NJW 1990, 2832.<br />

28 Zum umstrittenen Konkurrenzverhältnis zwischen Selbst- und Drittzueignungsabsicht<br />

Wessels/Hillenkamp (Fn. 26) Rn. 154; zum Vorgehen in der Klausurbearbeitung<br />

Jäger JuS 2000, 652.<br />

5/2012 323<br />

<strong>AUFSATZ</strong>


<strong>AUFSATZ</strong><br />

<strong>AUFSATZ</strong> STRAFRECHT · DIE ZUEIGNUNGSABSICHT IN DER FALLBEARBEITUNG<br />

um genau diesen Gegenstand dann auch zu behalten/zu benutzen/weiterzugeben<br />

(im Sinne der oben genannten Drittzueignungsabsicht).<br />

Bereits etwas komplexer gestalten sich die<br />

Konstellationen, in denen der Täter ein Behältnis stiehlt, in<br />

dem er sich einen wertvollen Inhalt erhofft, dann allerdings<br />

enttäuscht wird.<br />

I. Zueignungsabsicht bei Diebstahl von Behältnissen<br />

(Kartons, Taschen, Portemonnaies)<br />

Fall 4 (Karton-Fall): 29 A überfällt E und reißt einen schweren Karton<br />

an sich, in dem er 150.000 EUR vermutet. Mit dem Karton flieht er<br />

nach Hause und muss dort zu seiner Überraschung feststellen, dass<br />

sich darin einige Flaschen Wein befinden. Enttäuscht wirft er Karton<br />

samt Weinflaschen weg.<br />

In derartigen Behältnis-Fällen haben die Wegnahme und somit<br />

auch der Tatbestand des Diebstahls gleich mehrere Bezugspunkte,<br />

denen der Klausurbearbeiter in seinem Gutachten<br />

durch eine klare Trennung der Diebstahlsobjekte Rechnung<br />

zu tragen hat. Was den Karton anbelangt, handelt es sich<br />

jedenfalls um eine fremde, bewegliche Sache, die weggenommen<br />

wurde. Soweit festgestellt wäre, dass der Täter diesen<br />

Karton nicht nur während der Tatausführung, sondern auch<br />

darüber hinaus (wenn auch nicht für immer) als Transportbzw.<br />

Aufbewahrungsmittel zu benutzen bezweckte, wäre eine<br />

Aneignungs- und somit auch Zueignungsabsicht zu bejahen.<br />

Meist kommt es dem Täter in den Behältnis-Fällen aber gerade<br />

nicht auf die Tasche an, 30 sodass eine Aneignungsabsicht zu<br />

verneinen ist; denkbar bleibt eine Sachbeschädigung, soweit<br />

der Täter den Karton einfach wegwirft.<br />

Wenn der Diebstahl am Behältnis verneint wurde, hat man<br />

sich dem eigentlichen „Ziel“ des Täters, dem Inhalt, zu widmen.<br />

Hierbei ist deutlich zwischen einfachem Tatbestandsvorsatz<br />

gem. § 15 StGB und Zueignungsabsicht zu differenzieren:<br />

Ist das Behältnis wider Erwarten leer, kommt man erst<br />

gar nicht zur Frage der Zueignungsabsicht, da objektiv schon<br />

gar kein Bezugsobjekt für die Wegnahme mehr vorliegt (es<br />

kommt von vornherein nur ein untauglicher Versuch in Betracht).<br />

31 Ist dagegen irgendetwas in der Tasche vorhanden<br />

(bei lebensnaher Betrachtung wird der Täter im Hinblick auf<br />

Aussehen und Gewicht des Behältnisses auch nur dann einem<br />

Irrtum unterliegen), nimmt der Täter jedenfalls irgendeine<br />

weitere Sache „mit weg“, sodass sein Vorsatz im Bezug auf die<br />

Wegnahme erhalten bleibt. Schließlich setzt der objektive Tatbestand<br />

nur die Wegnahme einer Sache voraus: Dass es sich<br />

hierbei um eine Sache handelt, die der Täter aus bestimmten<br />

Motiven haben will, spielt für den Wegnahmevorsatz keine<br />

Rolle. 32<br />

Dagegen setzt der Zueignungsbegriff bzw. das herrschende<br />

Verständnis vom Begriff der Zueignungsabsicht gewissermaßen<br />

voraus, dass der Täter seine Zueignungsabsicht auf bestimmte<br />

Gegenstände – sozusagen „tatmotivisch“ 33 – konkretisieren<br />

kann. 34 Es handelt sich um ein zusätzliches subjektives<br />

Merkmal, das eben vom einfachen Wegnahmevorsatz streng<br />

zu trennen bleibt. Bei einer Übertragung des error in obiecto-<br />

Gedankens (nach dem Motto: „Sache bleibt Sache, egal ob<br />

Knopf oder 500 EUR-Geldschein“) auf die Zueignungsabsicht<br />

käme man zu dem kriminalpolitisch fragwürdigen<br />

Ergebnis, dass man beim Diebstahl einer komplett leeren<br />

Geldbörse (im Bezug auf den Inhalt) Versuch annehmen, bei<br />

einer Geldbörse ohne Geld, dafür allerdings mit wertlosen<br />

Quittungen und Knöpfen zu einer Vollendungsstrafbarkeit<br />

(erneut im Bezug auf den Inhalt) gelangte. 35 Soweit also (tat-<br />

324<br />

5/2012<br />

richterlich bzw. im Klausursachverhalt) festgestellt ist, dass<br />

der Täter etwas Bestimmtes in dem Behältnis erwartete, diese<br />

Erwartung allerdings enttäuscht wurde (was der Täter auch<br />

durch ein Wegwerfen oder Liegenlassen des eigentlichen Inhalts<br />

„beweist“), scheidet eine Zueignungsabsicht im Bezug<br />

auf die weggenommene Sache aus. Entscheidet sich der Täter<br />

freilich daraufhin, die für ihn zum Zeitpunkt der Wegnahme<br />

uninteressanten Sachen nunmehr doch zu behalten (im oben<br />

genannten Fall die Weinflaschen), kommt eine Unterschlagung<br />

gem. § 246 StGB in Betracht.<br />

II. Zueignung des innewohnenden Wertes<br />

Es sind aber auch Fälle denkbar, in denen es dem Täter von<br />

vornherein nicht auf die Sache selbst im Sinne des körperlichen<br />

Gegenstandes ankommt, sondern in denen er diese<br />

Sache nur verwenden möchte, um im weiteren Sinne einen<br />

materiellen Vorteil daraus zu ziehen. In solchen Fällen ist<br />

zumindest historisch streitig gewesen, ob Gegenstand der beabsichtigten<br />

Zueignung nur die Sache selbst (sogenannte Substanztheorie)<br />

oder stattdessen bzw. auch der in der Sache verkörperte<br />

Sachwert sein kann. 36 Die heute ganz hM geht hier<br />

von einer kombinierten Substanz- und Sachwerttheorie aus,<br />

nach welcher Gegenstand der Zueignung sowohl der körperliche<br />

Gegenstand als auch der in ihr verkörperte Sachwert sein<br />

kann, wobei insoweit einschränkend gefordert wird, dass sich<br />

der Täter den unmittelbar in der Sache verkörperten Sachwert<br />

(sogenanntes lucrum ex re) verschaffen will und nicht nur<br />

mittelbare Vorteile aus der Sache ziehen möchte (sogenanntes<br />

lucrum ex negotio cum re). 37 In Anlehnung an die oben besprochenen<br />

Behältnisfälle könnte man auch formulieren, dass<br />

die Sachsubstanz das „Behältnis“ für den Sachwert darstellen<br />

muss. Durch diese Begrenzung soll einer Umwandlung des<br />

Diebstahls von einem Eigentums- in ein Bereicherungsdelikt<br />

vorgebeugt werden. Nur der nach Art und Funktion unmittelbar<br />

in der Sache verbundene Wert soll Gegenstand der<br />

Zueignungsabsicht sein. Dagegen fällt die Zueignung mittelbarer<br />

Vorteile, insb. der erzielbare Veräußerungserlös, aus<br />

dem Anwendungsbereich des Tatbestandes. 38<br />

29 Angelehnt an BGH NStZ 2006, 686 m. Anm. Streng JuS 2007, 422.<br />

30 Natürlich könnte der Klausurersteller den Fall auch so gestalten, dass es sich um<br />

eine teure Designer-Tasche handelt, die bereits für sich sehr viel wert und somit für<br />

den Täter interessant ist.<br />

31 Vgl. hierzu BGH StV 1990, 205 (in dubio pro reo Konstellation).<br />

32 Es handelt sich also insofern um einen unbeachtlichen error in obiecto. Zu den<br />

Irrtumskonstellationen rund um die Wegnahme SSWStGB/Kudlich (Fn. 2) § 242<br />

Rn. 38 f.; auch eine aberratio ictus in Form des „Vergreifens“ ist denkbar, Streng JuS<br />

2007, 422 (423).<br />

33 Streng JuS 2007, 422 (424).<br />

34 So die hM BGH StV 1983, 460; 1990, 408; JR 1999, 336 (338); NStZ 2004, 333;<br />

Fischer (Fn. 3) § 242 Rn. 30; Sch/Sch/Eser/Bosch (Fn.2) § 242 Rn. 63.<br />

35 In diese Richtung auch Streng JuS 2007, 422 (424).<br />

36 Zusammenfassend SK-StGB/Hoyer (Fn. 26) § 242 Rn. 72 ff.; SSWStGB/Kudlich<br />

(Fn. 2) § 242 Rn. Zur Substanztheorie RGSt 10, 369 (370); 22, 2 (3); NK-StGB/<br />

Kindhäuser (Fn. 2) § 242 Rn. 75; zur Sachwerttheorie RGSt 40, 10 (12); zur Vereinigungstheorie<br />

vgl. bereits RGSt 61, 228 (233); BGHSt 4, 236 (238); 24, 115 (119).<br />

37 RGSt 55, 59 (60); BGHSt 19, 387 (388); NK-StGB/Kindhäuser (Fn. 2) § 242 Rn. 78;<br />

Sch/Sch/Eser/Bosch (Fn. 2) § 242 Rn. 49.<br />

38 Dies darf nicht missverstanden werden: Veräußert der Dieb die Sache an einen<br />

Dritten und erzielt hierbei einen Veräußerungserlös, braucht es keines Rückgriffs<br />

auf das lucrum ex negotio cum re, da der Täter dem Eigentümer dauerhaft bereits<br />

die Substanz entzogen hat und die Sache – wenn auch nur kurzzeitig – dazu genutzt<br />

hat, seine wirtschaftliche Position zu verbessern. Dies gilt selbst dann, wenn er die<br />

Sache als fremde an den nichts ahnenden Eigentümer zurückverkauft, da er hier das<br />

Eigentum des Opfers leugnend agiert und somit diesen auch dauerhaft aus dessen<br />

Herrschaftsbereich verdrängt. Anders kann der Fall zu beurteilen sein, wenn der<br />

Täter das Eigentum des Opfers anerkennt und einen gestohlenen Hund zurückgibt,<br />

um den Finderlohn einzustreichen, vgl. Fall 7 im Folgenden.


<strong>AUFSATZ</strong> STRAFRECHT · DIE ZUEIGNUNGSABSICHT IN DER FALLBEARBEITUNG<br />

1. Abgrenzung lucrum ex re/lucrum ex negotio cum re<br />

Die Reichweite der Sachwerttheorie sowie die Abgrenzung<br />

des von der hM umfassten lucrum ex re und des nicht mehr<br />

umfassten lucrum ex negotio cum re lassen sich an folgenden<br />

Beispielen illustrieren:<br />

Fall 5 („Sparbuch“): 39 A entwendet das Sparbuch des B und lässt<br />

sich den dort aufgeführten Betrag in Höhe von 300 EUR ausbezahlen.<br />

Wie von Anfang an beabsichtigt, legt er das Sparbuch wieder<br />

zurück an seinen Platz.<br />

Um Missverständnissen vorzubeugen: Der Wegnahmevorsatz<br />

ist in derartigen Fällen jedenfalls unproblematisch. Der Täter<br />

will das Sparbuch gerade wegnehmen, um an das Geld zu<br />

kommen. Dass er in Bezug auf das Buch den ursprünglichen<br />

Zustand alsbald wieder herstellen will, ändert nichts daran,<br />

dass er – wenn auch nur kurzzeitig – den Gewahrsam bricht,<br />

neuen begründet und dies auch will. Allerdings hat A in<br />

Bezug auf den Gegenstand selbst keine Zueignungsabsicht.<br />

Zwar will er durch Vorlage des Buchs die Substanz der Sache<br />

kurzzeitig nutzen (die Aneignungskomponente könnte somit<br />

bejaht werden). Aber er hat bereits zum Zeitpunkt der Tat vor,<br />

den Gegenstand zeitnah zurückzugeben und somit keinen<br />

Enteignungsvorsatz. 40 Vielmehr gebraucht er das Sparbuch<br />

zunächst nur („furtum usus“), sodass ein Enteignungsvorsatz<br />

im Bezug auf das Sparbuch als körperlicher Gegenstand entfällt.<br />

Allerdings erschöpft sich sein Tun nicht im bloßen Gebrauch<br />

und Nutzen der mittelbaren Vorteile der Sache (dies<br />

wäre bspw. der Fall, wenn er das Sparbuch vorzeigen würde,<br />

um im Rahmen eines bevorstehenden Darlehensvertrags über<br />

seine Kreditwürdigkeit zu täuschen). Vielmehr entzieht er<br />

dem Gegenstand einen unmittelbar darin verkörperten Wert,<br />

da dem Inhaber des Sparbuchs als qualifiziertes Legitimationspapier<br />

gem. § 808 BGB das darin „enthaltene“ Geld leistungsbefreiend<br />

ausbezahlt werden kann. 41 Der Besitz am<br />

Sparbuch führt sozusagen unmittelbar zur uneingeschränkten<br />

Möglichkeit an das Geld heranzukommen, gleich einem<br />

Portemonnaie.<br />

Anders in den Abwandlungen:<br />

Fall 6 („EC-Karte“): A entwendet die EC-Maestro-Codekarte des B,<br />

um sich mittels der zugehörigen PIN Geld aus einem nahe gelegenen<br />

Bankautomaten abzuheben.<br />

Das Geld ist nicht – wie etwa bei einer Telefonkarte – auf der<br />

Maestrokarte selbst verkörpert, sondern befindet sich auf dem<br />

Konto des B. Insofern fungiert die entwendete Karte hier nur<br />

als „Schlüssel“, die den Zugang zum Konto und somit den<br />

Zugriff auf das im Automaten befindliche Geld ermöglicht.<br />

Das erlangte Geld kann somit nur als mittelbarer Vorteil<br />

qualifiziert werden, der nicht Gegenstand der Zueignungsabsicht<br />

sein kann. Ein Diebstahl an der Karte scheidet damit<br />

aus. 42 Ähnliches gilt in<br />

Fall 7 („Finderlohn“): T entführt den Hund des O, um anschließend<br />

als „ehrlicher Finder“ gegen Rückgabe des Tieres eine Belohnung zu<br />

kassieren.<br />

Für eine Zueignungsabsicht am Hund als solches fehlt es am<br />

Vorsatz dauerhafter Enteignung. Im Gegensatz zu den oben<br />

beschriebenen Rückverkaufsfällen leugnet T nicht die Eigentümerstellung<br />

des O, sondern täuscht lediglich über seine<br />

eigene Eigenschaft als Finder. Der herausgegebene Finderlohn<br />

ist dagegen kein Wert, der dem Hund innewohnt, was sich<br />

schon daraus ergibt, dass er nicht im Hund „verkörpert“ ist,<br />

sondern durch den Eigentümer ausgelobt wird. Es handelt<br />

sich also beim Finderlohn um ein lucrum ex negotio cum re,<br />

sodass allenfalls ein Betrug zulasten des F in Betracht kommt<br />

(wobei ein Schaden des O allenfalls über die Zweckverfehlungslehre<br />

konstruiert werden könnte).<br />

In Abgrenzung dazu ist die bei Fall 5 beschriebene „lucrum<br />

ex re-Dogmatik“ auf alle Gegenstände übertragbar, die<br />

einen „innewohnenden“, als solches aber nicht fassbaren<br />

Wert haben. Zu denken ist neben dem oben genannten Sparbuchfall<br />

insb. an Guthabenkarten (Prepaid, Garderobenmarken,<br />

Kinogutscheine etc.), die verbraucht und zurückgelegt<br />

werden.<br />

2. Sonderproblem: Zusammenhang zwischen Zueignung<br />

des lucrum ex re und Wegnahme am Beispiel der<br />

„versuchten Zueignung“ des lucrum ex re?<br />

Auch wenn die herrschende kombinierte Substanz- und<br />

Sachwerttheorie im Ergebnis überzeugt und kaum mehr angefochten<br />

wird, darf man nicht aus den Augen verlieren,<br />

dass der Tatbestand des Diebstahls eher auf die Substanztheorie<br />

„zugeschnitten“ ist. Die Sachwerttheorie bedeutet<br />

eine Strafbarkeitsextension, da sie eine Trennung von weggenommener<br />

Substanz und eigentlichem Zueignungsobjekt<br />

(gerade nicht der „körperliche Gegenstand“ iSd § 90 S. 1<br />

BGB) für möglich erachtet. 43 In den lucrum ex re-Fällen<br />

nimmt der Täter zwar eine Sache weg, will sich aber eigentlich<br />

etwas anderes – nämlich einen nicht körperlichen Gegenstand<br />

– zueignen.<br />

Das ist deshalb nicht unproblematisch, weil die frühe formelle<br />

Vollendung beim Tatbestand des § 242 StGB – bereits<br />

mit Wegnahme und bloßer Zueignungsabsicht – vor allem<br />

dadurch legitimiert sein dürfte, dass das Erfolgsunrecht der<br />

vollendeten Wegnahme einer Sache gewissermaßen als ausgestanzter<br />

Spezialfall der objektiven Manifestation eines Zueignungswillens<br />

angesehen werden kann. Ist aber wie in den<br />

lucrum ex re-Fällen Bezugspunkt der Zueignung nicht mehr<br />

die Sachsubstanz selbst, wird es schwieriger, diese frühe Tatbestandsvollendung<br />

zu legitimieren, da dann der Bruch des<br />

39 Zum Sparbuch-Fall auch Wessels/Hillenkamp (Fn. 26) Rn. 160 f.; Rengier (Fn. 2)<br />

§ 2 Rn. 48.<br />

40 Hätte der Täter das Sparbuch dagegen – wie von Anfang an geplant – nach Aufbrauchen<br />

„entsorgt“, hätte er neben der Aneignungsabsicht auch Enteignungsvorsatz<br />

in Bezug auf die Sache selbst.<br />

41 Die kriminalpolitische Bedeutung der Erfassung dieser Fälle als Diebstahl ergibt sich<br />

daraus, dass die Vorlage samt Ausbezahlenlassen des Guthabens als Unberechtigter<br />

keinen Betrug darstellt. Zwar mag der Täter durch die Vorlage des Sparbuchs<br />

konkludent über seine Berechtigung täuschen, doch unterliegt der Bankmitarbeiter<br />

keinem Irrtum, da er sich aufgrund der leistungsbefreienden Wirkung des § 808<br />

BGB keine Gedanken über die Berechtigung des Täters machen muss. Ob bereits<br />

die Möglichkeit eines Haftungsrisikos (bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit), ein<br />

sachgedankliches Mitbewusstsein auszulösen vermag, wird lebhaft diskutiert, vgl.<br />

Valerius JA 2007, 779; Sch/Sch/Cramer/Perron (Fn. 2) § 263 Rn. 48; Rengier (Fn. 2)<br />

§ 13 Rn. 19; aA MüKoStGB/Hefendehl (Fn. 21) § 263 Rn. 213 f. In allen anderen<br />

Guthabenkartenfällen fällt uU bereits der Täuschungspartner weg, da dann eine<br />

Maschine getäuscht wird. Aber auch iRd § 263 a I Var. 3 StGB wäre nach der<br />

umstrittenen betrugsäquivalenten Ansicht ein Computerbetrug zu verneinen.<br />

42 Eine ganz andere Frage ist, ob das Verhalten des A anderweitig unter einen Straftatbestand<br />

subsumiert werden kann. Während ein Diebstahl am ausgegebenen Geld<br />

bereits am faktischen Einverständnis und somit an der Wegnahme scheitert, hängt<br />

beim Computerbetrug die Strafbarkeit gem. § 263 a I Var. 3 StGB davon ab, ob B<br />

die PIN unbefugt verwendet hat.<br />

43 Der Wortlaut dürfte nicht zwingend gegen solch eine Trennung sprechen, da Bezugspunkt<br />

des Relativsatzes zwar die weggenommene Sache ist, dieser Umstand<br />

aber nicht notwendig die Zueignungsabsicht auf die Substanz beschränkt.<br />

5/2012 325<br />

<strong>AUFSATZ</strong>


<strong>AUFSATZ</strong><br />

<strong>AUFSATZ</strong> STRAFRECHT · DIE ZUEIGNUNGSABSICHT IN DER FALLBEARBEITUNG<br />

„Gewahrsams an der Substanz“ sich nicht als objektive Manifestation<br />

auf den Wert bezieht, der zugeeignet werden soll.<br />

Besonders deutlich wird das, wenn die „Zueignung“ des innewohnenden<br />

Werts im „Versuchsstadium“ stecken bleibt, wie<br />

in folgenden zwei Abwandlungen:<br />

Fall 8 („versuchte Zueignung des lucrum ex re“): Student A<br />

nimmt die Mensakarte des B, auf der ein Guthaben in Höhe von 5<br />

EUR gespeichert ist, aus dessen Schubladenfach und hat vor, diese<br />

nach Verwenden in der Uni-Kantine wieder in das Fach zurückzulegen.<br />

a) Kurz vor der Kasse überkommen A Skrupel, weswegen er von<br />

seinem Plan Abstand nimmt und sich dazu entschließt, die Karte<br />

zurückzulegen, ohne sie vorher zu nutzen.<br />

b) A steckt die Karte an der Kasse an den dafür vorgesehenen<br />

Abrechnungsapparat und muss zu seiner Überraschung feststellen,<br />

dass die Karte entgegen seiner Vorstellung bereits leer war. 44<br />

Während man in Konstellation 8a bei einer unbefangenen<br />

Betrachtung die Möglichkeit eines Rücktritts gem. § 24 I 1<br />

StGB in Erwägung ziehen mag, drängt sich in Konstellation<br />

8b ein untauglicher Versuch auf, da für A von Anfang an<br />

(entgegen seiner Vorstellung) niemals die Möglichkeit bestand,<br />

an das Guthaben heranzukommen. Bei konsequenter Fortführung<br />

der „allgemeinen Diebstahlsdogmatik“ wären allerdings<br />

beide Fälle nicht anders zu beurteilen, als die Situation, in der<br />

A seinen Plan erfolgreich umsetzt und die Mensakarte vollständig<br />

entwertet. Maßgeblich ist nämlich nicht die erfolgreiche<br />

Zueignung, sondern nur die Zueignungsabsicht zum Zeitpunkt<br />

der Wegnahme.<br />

Lässt man also eine Trennung von weggenommener Sache<br />

und Zueignungsgegenstand uneingeschränkt zu, reicht es für<br />

die Vollendung des Diebstahls in den vorliegenden Fällen aus,<br />

dass der Täter zum Zeitpunkt der (vollendeten) Wegnahme<br />

der Sache mit Zueignungsabsicht im Bezug auf den innewohnenden<br />

Wert gehandelt hat. In beiden Fällen würde dann ein<br />

Rücktritt ausscheiden, und in Fall 8b könnte der Umstand,<br />

dass die Karte bereits leer war, allenfalls iRd Strafzumessung<br />

berücksichtigt werden. Es erscheint aber fraglich, ob man in<br />

derartigen „strukturellen Versuchsfällen“ in gleicher Weise ein<br />

„Vollendungsunrecht“ aus der Kombination von objektiver<br />

Wegnahme und beabsichtigter Zueignung eines vom Wegnahmeobjekt<br />

verschiedenen Wertes konstruieren kann wie entweder<br />

bei einer Zueignungsabsicht bezüglich der weggenommenen<br />

Sachsubstanz selbst oder zumindest bei einer letztlich<br />

„erfolgreichen Entwertung“. Das führt zur Überlegung, die<br />

Sachwerttheorie an ihren Rändern dahingehend einzuschränken<br />

und sie gewissermaßen an Tatobjekt und Tathandlung<br />

dadurch „rückzukoppeln“, dass man in den Fällen der beabsichtigten<br />

Zueignung eines bloßen lucrum ex re eine „erfolgreiche<br />

Zueignung“ für die Tatbestandsvollendung verlangt.<br />

Damit könnte man einerseits nach wie vor das mit der<br />

Wegnahme einer bestimmten Sache einhergehende besondere<br />

Diebstahlsunrecht erfassen (schließlich hat der Täter immer<br />

noch eine fremde bewegliche Sache weggenommen!), andererseits<br />

bei einer nicht erfolgreichen Zueignung die allgemeinen<br />

Versuchsregeln anwenden, was das geringere Erfolgsunrecht<br />

berücksichtigen und der Strafbarkeitsextension durch die<br />

Sachwerttheorie Grenzen setzen würde.<br />

D. ZUSAMMENFASSUNG<br />

Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass bei der<br />

Prüfung der Zueignungsabsicht in einer Klausur zumindest<br />

gedanklich eine „Vorgliederung“ unerlässlich ist, bei der man<br />

die zwei Komponenten der Enteignung und der Aneignung<br />

sauber trennt und damit – die unterschiedlichen Vorsatzgrade<br />

im Blick – ein klar strukturiertes Gutachten verfasst, in dem<br />

die verschiedenen Problemstellungen an der richtigen Stelle<br />

aufgegriffen werden. Die nach hM objektiv zu bestimmende<br />

Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Zueignung bestimmt sich<br />

nach der „materiell-gesollten“ Rechtslage (insb. nach fälligen<br />

und einredefreien Ansprüchen auf die Sache), kann aber – da<br />

insoweit auch Vorsatz vorausgesetzt wird – Gegenstand von<br />

vorsatzrelevanten Irrtümern sein.<br />

Gegenstand der Zueignung kann nach heute ganz hM entweder<br />

die Sachsubstanz (dh die weggenommene Sache als<br />

körperlicher Gegenstand selbst) oder der in der Sache unmittelbar<br />

verkörperte Sachwert (lucrum ex re – zu unterscheiden<br />

von sonstigen Bereicherungsmöglichkeiten durch die Sache,<br />

lucrum ex negitio cum re) sein. Indessen haben die hier konstruierten<br />

„Guthabenkarten-Fälle“ gezeigt, dass die frühe<br />

Vollendungsstrafbarkeit beim Diebstahl fragwürdig wird,<br />

wenn es nicht zu einer tatsächlichen Zueignung des lucrum ex<br />

re kommt bzw. diese im „Versuchsstadium“ stecken bleibt.<br />

Hier erscheint eine gewisse „Rückeinschränkung“ der strafbarkeitserweiternden<br />

Sachwerttheorie erwägenswert.<br />

44 Entsprechend ließe sich dieser Fall auf sonstige Guthabenkarten und (bereits leere)<br />

Sparbücher übertragen.<br />

<strong>AUFSATZ</strong> ZIVILRECHT · OBLIGATORISCHE SCHWÄCHE DINGLICHEN RECHTS AM BEISPIEL VON § 816 I 2 BGB<br />

Notarassessor Dr. Christian Jülch, Saarbrücken *<br />

Obligatorische Schwäche dinglichen Rechts am Beispiel von § 816 I 2 BGB<br />

Der Beitrag beleuchtet die bereicherungsrechtliche Durchgriffshaftung<br />

des unentgeltlichen Erwerbers und befasst sich mit in<br />

Rechtsprechung und Literatur diskutierten Rechtsfragen zu<br />

§ 816 I 2 BGB. Gleichzeitig will der Verfasser bei Studierenden<br />

anhand der ausgewählten und besprochenen Probleme ein<br />

Gespür für das Auffinden dogmatischer Streitpunkte hervorrufen<br />

und ihnen einige durchaus prüfungsrelevante Konstellationen<br />

aufzeigen. Der Beitrag knüpft an den Aufsatz des Ver-<br />

326<br />

5/2012<br />

fassers in JA 2011, 407 ff. an und will zu einer weiteren Systematisierung<br />

des § 816 BGB beitragen.<br />

* Der Autor ist Notarassessor. Bei Verfassen des Beitrages war er wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter an der Universität des Saarlandes am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />

Zivilprozessrecht und Rechtsphilosophie von Prof. Dr. Dr. h. c. Helmut Rüßmann.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!