Mai 2012 Liahona - The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints
Mai 2012 Liahona - The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints
Mai 2012 Liahona - The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints
- TAGS
- liahona
- saints
- www.lds.org
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Gott, unser Vater, und <strong>Jesus</strong> <strong>Christ</strong>us,<br />
unser Herr, haben den Weg zur<br />
Vollkommenheit abgesteckt. Sie laden<br />
uns ein, uns an ewige Wahrheiten zu<br />
halten und vollkommen zu werden,<br />
wie sie es sind. 8<br />
Der Apostel Paulus hat das Leben<br />
mit einem Wettlauf verglichen. Die<br />
Hebräer ermahnte er: „Wir [wollen]<br />
alle Last und die Fesseln der Sünde<br />
abwerfen. Lasst uns mit Ausdauer in<br />
dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen<br />
ist.“ 9<br />
Übersehen wir bei allem Eifer aber<br />
auch nicht diesen klugen Rat aus dem<br />
Buch Kohelet: „Nicht den Schnellen<br />
gehört im Wettlauf der Sieg, nicht den<br />
Tapferen der Sieg im Kampf.“ 10 Vielmehr<br />
gewinnt der den Preis, der bis<br />
ans Ende ausharrt.<br />
Wenn ich an den Wettlauf, den wir<br />
im Leben austragen, denke, fällt mir<br />
ein Wettrennen aus meiner Kindheit<br />
ein. Meine Freunde und ich nahmen<br />
unsere Taschenmesser zur Hand<br />
und schnitzten damit aus weichem<br />
Weidenholz kleine Spielzeugboote.<br />
Diese bekamen jeweils ein dreieckiges<br />
Baumwolltuch als Segel, ehe jeder<br />
von uns sein plumpes Wasserfahrzeug<br />
für ein Wettrennen im Provo River,<br />
der eine recht starke Strömung hatte,<br />
zu Wasser ließ. Wir liefen am Flussufer<br />
entlang und beobachteten, wie<br />
die Bötchen in der starken Strömung<br />
manchmal heftig durchgeschaukelt<br />
wurden, aber auch ruhig dahinglitten,<br />
sobald sie in tieferes Wasser kamen.<br />
Während eines solchen Wettrennens<br />
bemerkten wir, dass ein Boot all die<br />
anderen auf dem Weg zur festgelegten<br />
Ziellinie anführte. Plötzlich trug die<br />
Strömung es zu nahe an einen großen<br />
Strudel heran, und das Boot neigte sich<br />
seitwärts und kenterte. Unaufhörlich<br />
drehte es sich im Kreis herum und<br />
gelangte nicht wieder in die Hauptströmung<br />
zurück. Schließlich blieb es abrupt<br />
in all dem Treibgut, das es umgab,<br />
stecken, festgehalten vom Klammergriff<br />
wuchernder grüner Algen.<br />
Die Spielzeugboote unserer<br />
Kindheit hatten keinen Kiel, der<br />
ihnen Stabilität verliehen hätte, kein<br />
Ruder, um sie zu steuern, und auch<br />
keine Antriebskraft. Sie konnten nur<br />
92 <strong>Liahona</strong><br />
flussabwärts schwimmen – den Weg<br />
des geringsten Widerstands.<br />
Anders als die Spielzeugboote<br />
sind wir mit göttlichen Eigenschaften<br />
ausgestattet worden, die uns auf der<br />
Reise leiten. Wir kommen nicht in die<br />
Welt, um uns in den unruhigen Strömungen<br />
des Lebens treiben zu lassen,<br />
sondern mit einem Denkvermögen,<br />
Vernunftbegabung und der Fähigkeit,<br />
etwas zu leisten.<br />
Der Vater im Himmel hat uns nicht<br />
auf unsere Reise durch die Ewigkeit<br />
geschickt, ohne uns die Mittel an die<br />
Hand zu geben, mit denen wir von<br />
ihm die Führung bekommen können,<br />
die uns sicher nach Hause bringt.<br />
Ich spreche vom Gebet. Ich spreche<br />
von den Einflüsterungen der sanften,<br />
leisen Stimme, und ich lasse auch<br />
nicht die heiligen Schriften außer Acht,<br />
in denen wir das Wort des Herrn und<br />
die Worte der Propheten zu unserer<br />
Verfügung haben, damit wir es über<br />
die Ziellinie schaffen können.<br />
Irgendwann während unserer Mission<br />
hier auf der Erde werden unsere<br />
Schritte unsicher, wird das Lächeln<br />
blasser, stellen sich Schmerz und<br />
Krankheit ein – der Sommer neigt sich<br />
schließlich dem Ende zu, der Herbst<br />
naht, der kalte Winter kündigt sich an<br />
und wir machen die Erfahrung, die<br />
wir Tod nennen.<br />
Jeder nachdenkliche Mensch hat<br />
sich schon einmal die Frage gestellt,<br />
die keiner besser ausgedrückt hat als<br />
vor alters Ijob: „Wenn einer stirbt, lebt<br />
er dann wieder auf?“ 11 So sehr wir uns<br />
auch bemühen, diese Frage zu verdrängen,<br />
sie kehrt immer zurück. Alle<br />
Menschen müssen sterben. Der Tod<br />
kommt zu den Alten, die auf schwachen<br />
Beinen stehen. Sein Ruf ergeht<br />
an diejenigen, die kaum die Hälfte<br />
ihres Lebenswegs beschritten haben.<br />
Manchmal lässt er das Lachen kleiner<br />
Kinder verstummen.<br />
Doch wie geht es nach dem Tod<br />
weiter? Ist mit dem Tod alles vorbei?<br />
Robert Blatchford griff in seinem<br />
Buch Gott und mein Nächster energisch<br />
allgemein anerkannte christliche<br />
Überzeugungen wie Gott, <strong>Christ</strong>us,<br />
Gebet und insbesondere Unsterblichkeit<br />
an. Er verkündete kühn, dass<br />
der Tod das Ende unseres Daseins sei<br />
und niemand das Gegenteil beweisen<br />
könne. Dann geschah etwas Unerwartetes.<br />
Die Mauer seiner Skepsis<br />
zerfiel plötzlich zu Staub. Er blieb<br />
ohne Schutz und Verteidigung zurück.<br />
Langsam tastete er sich zurück auf<br />
den Weg zu dem Glauben, den er<br />
verspottet und aufgegeben hatte. Was<br />
hatte diesen grundlegenden Wandel<br />
seiner Sichtweise bewirkt? Seine Frau<br />
war gestorben. Voller Kummer ging<br />
er in das Zimmer, in dem ihre sterblichen<br />
Überreste lagen. Er blickte noch<br />
einmal in das Gesicht, das er so sehr<br />
geliebt hatte. Als er aus dem Zimmer<br />
kam, sagte er zu einem Freund: „Sie ist<br />
es, und sie ist es doch nicht. Nichts ist<br />
mehr, wie es war. Etwas, was vorher<br />
da war, ist fortgenommen worden. Sie<br />
ist nicht mehr dieselbe. Was wurde<br />
fortgenommen, wenn nicht die Seele?“<br />
Später schrieb er: „Der Tod ist<br />
nicht das, was einige Menschen sich<br />
vorstellen. Es ist nur so, als gehe man<br />
in einen anderen Raum. In diesem anderen<br />
Raum finden wir … die teuren<br />
Frauen und Männer und die süßen<br />
Kinder, die wir geliebt und verloren<br />
haben.“ 12<br />
Meine Brüder und Schwestern,<br />
wir wissen, dass der Tod nicht das<br />
Ende darstellt. Diese Wahrheit haben<br />
lebende Propheten zu allen Zeiten<br />
Salvador, Brasilien