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Studie Breitenstein Teil 2

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3.3. Fagus sylvatica, Rot-Buche<br />

3.3.1. Die Rot-Buche im Erholungswald<br />

Die Rot-Buche gehört der natürlichen Waldgesellschaft der vorhandenen Höhenlage an.<br />

Sie wächst in Gesellschaft mit Fichten und Tannen. Derzeit sind einige wenige Rot-<br />

Buchen im Erholungswald vorhanden. Die durchwegs schattentolerante Jungpflanzenbank<br />

wird vom Schalenwild (allen Paarhufern, insbesondere dem Reh) verbissen.<br />

3.3.2. Ökologie der Rot-Buche<br />

Die Jugendentwicklung der Rot-Buche ist wie bei der Weiß-Tanne langsam.<br />

(Jungpflanzenbank, Lauerstadium, sitzendes Stadium mit horizontalem Wachstum, der<br />

Höckling, im Kollektiv der Anwuchs, wird zum Reckling, im Kollektiv zum Aufwuchs).<br />

Kleine Bäume im Unterstand, die kaum Höhenwachstum, dafür aber lange Seitentriebe<br />

haben, können schon mehrere Jahrzehnte alt sein. Trotzdem hat die Rot-Buche die<br />

höchste Gesamtwuchsleistung unter den heimischen Laubhölzern [ 23 ]. Sobald sich<br />

eine Lücke im Bestand bildet, legt die Rot-Buche ihr Lauerstadium ab und nimmt den<br />

frei gewordenen Platz ein. Das Wurzelsystem der Rot-Buche ist variabel. Es ist in der<br />

Regel herzförmig, kann aber auf seichten Böden und Kuppen flach ausgebildet werden.<br />

Allerdings muss der Boden gut durchlüftet sein. Ansonsten werden Quastenwurzeln<br />

ausgebildet und der Baum stirbt frühzeitig ab [ 23 ]. Die Rot-Buche ist ein<br />

Symbiosepartner des Steinpilzes, Boletus edulis. Hier liegt eine ektotrophe Mykorrhiza<br />

vor [ 13 ]. Fagus sylvatica ist ein Mull- bis Moderhumuskeimer. (Ebene der Biozönose,<br />

Pflanzensoziologie, Keimbettpräferenzen) [ 23 ].<br />

Fagus sylvatica ist ein außerordentlich<br />

schattenfester Baum und daher eine<br />

typische Schlusswaldart. Die Rot-<br />

Buche bildet selbst eine lichtundurchlässige<br />

Blattschicht, um Konkurrenten<br />

zu verdrängen. (Ebene der Biozönose,<br />

interspezifisches Verhalten beziehungsweise<br />

Verhalten zwischen<br />

verschiedenen Arten). Sie verlangt<br />

frische Böden, die kalkreich oder<br />

kalkarm sein können. Der ökologische<br />

Wert der Rot-Buche beruht auf ihrer<br />

leicht zersetzlichen Streu. Fagus<br />

sylvatica hält den Nährstoffumtrieb in<br />

Gang und wird daher häufig als Mutter des Waldes bezeichnet [ 23 ]. Die Streu der Rot-<br />

Buche verfügt über eine mittelmäßige Umsetzungsneigung [ 27 ]. Durch die Eiszeit<br />

bedingt ist die Rot-Buche vor 3 000 bis 4 000 Jahren in das heutige Areal<br />

zurückgekehrt. Fagus sylvatica hat sich insgesamt langsamer als die Eichen etabliert,<br />

weil Nager wie zum Beispiel das Eichhörnchen, Sciurus vulgaris, die Bucheckern nicht<br />

so weit und effizient vertragen wie der Eichelhäher, Garrulus glandarius, die Früchte der<br />

Eiche (Fruchtbiologie, Verbreitung durch Tiere beziehungsweise Zoochorie) [ 10 ].<br />

Endbericht 15


3.4. Acer pseudoplatanus, Berg-Ahorn<br />

3.4.1. Der Berg-Ahorn im Erholungswald<br />

Der Berg-Ahorn gehört der natürlichen Waldgesellschaft<br />

der vorhandenen Höhenlage als anspruchsvolle<br />

Mischbaumart an. Er wächst in Gesellschaft mit Fichten,<br />

Tannen und Buchen. Derzeit gibt es einige große<br />

Exemplare am Rand der Waldlichtung. Im Bestand ist<br />

eine Jungpflanzenbank durchaus vorhanden, allerdings<br />

fehlen ältere Individuen, die das Waldbild bereichern<br />

würden.<br />

3.4.2. Ökologie des Berg-Ahorns<br />

Der Berg-Ahorn ist eine Halbschattbaumart in der<br />

Jugend. Im Alter benötigt er hingegen viel Licht. Er hat<br />

ein Herzwurzelsystem. Die Streu des Berg-Ahorns verfügt über eine gute<br />

Umsetzungsneigung [ 27 ]. Der Berg-Ahorn ist ein Mullhumuskeimer.<br />

3.5. Prunus avium, Vogel-Kirsche<br />

3.5.1. Die Vogel-Kirsche im Erholungswald<br />

Die Vogel-Kirsche ist als Mischbaumart im Erholungswald geeignet. Am Waldrand sind<br />

durchaus einige wenige Individuen vorhanden. Die Vogel-Kirsche würde aber auch im<br />

Bestand ihre positiven Eigenschaften entfalten, wenn genügend Licht vorhanden wäre.<br />

Schließlich sind die Bodeneigenschaften im Erholungswald grundsätzlich nicht so<br />

schlecht. Das relativ häufig auftretende Wald-Bingelkraut, Mercurialis perennis, ist ein<br />

Zeiger für gute Standorte.<br />

3.5.2. Ökologie der Vogel-Kirsche<br />

Die Blätter der Vogel-Kirsche sind unregelmäßig grob gesägt und haben lange<br />

Blattstiele. Sehr charakteristisch sind die beiden großen roten Drüsen (extraflorale<br />

Nektarien) am Blattstiel, die auch auf die untersten <strong>Teil</strong>e der Blattspreite hinaufrutschen<br />

können. Wenn die Stoffwechselbilanz gestört ist, kann die Pflanze durch Absonderung<br />

niedermolekularen Zuckersaftes (Nektar) das Gleichgewicht wiederherstellen<br />

(physiologischer Vorteil), ohne daraus einen ökologischen Vorteil zu ziehen. Es handelt<br />

sich um eine unspezifische Nektarabscheidung zum Unterschied der Nektarproduktion<br />

in der Blüte, welche in Zusammenhang mit der Vermehrung der Pflanze steht.<br />

Im Lauf der Evolution trat das Phänomen der Absonderung von Nektar bei vielen Arten<br />

auf. Bei Blütenblättern wurde der Nektar schließlich in den Dienst der Verbreitung<br />

gestellt, was einen deutlichen ökologischen Vorteil darstellt: Für die Pflanze ist es<br />

wesentlich günstiger, zum Anlocken von Bestäubern Nektar anstatt Pollenkörner<br />

einzusetzen, weil die Produktion der Pollenkörner mehr Energie als die Erzeugung des<br />

Nektars erfordert [ 23 ]. In diesem Zusammenhang wird das symbiontische Verhalten<br />

mit Ameisen (Überfamilie Formicoidea) erwähnt, welche durch den Nektar angelockt<br />

werden und als Gegenleistung Fressfeinde (Herbivore beziehungsweise Phytophage)<br />

von der Pflanze fernhalten [ 13 ].<br />

Die gestielten Blüten stehen in wenigblütigen sitzenden Dolden. Sie erscheinen ab dem<br />

25. Lebensjahr an Kurzsprossen und bilden kugelige, 1 cm große, dunkelrote Früchte.<br />

Diese reifen früh und schmecken etwas bitter. (Verbreitung durch Vogelarten<br />

16 "Erholungswald <strong>Breitenstein</strong>" – September 2002


eziehungsweise Ornithochorie). Die Vogel-Kirsche ist eine Halbschattholzart und<br />

bevorzugt warme Lagen sowie frische, nährstoffreiche, kalkhaltige Böden [ 23 ]. Die<br />

Streu der Vogel-Kirsche verfügt über eine gute Umsetzungsneigung [ 27 ]. Die Vogel-<br />

Kirsche gedeiht in edellaubholzreichen Wäldern der collinen bis untermontanen Stufe.<br />

Als collin wird unter anderem das Weinbauklima bezeichnet. In höheren Lagen finden<br />

sich nur verwilderte Kultursippen der Vogel-Kirsche [ 23 ].<br />

3.6. Sorbus aucuparia, Vogelbeere oder Eberesche<br />

3.6.1. Die Vogelbeere im Erholungswald<br />

Die Vogelbeere stellt die häufigste Laubholzart dar, die im Erholungswald anzutreffen<br />

ist. Dies hängt mit der Verbreitung durch Vogelarten beziehungsweise Ornithochorie<br />

zusammen. Außerdem keimt die Eberesche bevorzugt auf dem vorhandenen, durch<br />

den Fichtenbestand verursachten Humustyp, dem Moder. Im Erholungswald wurden vor<br />

etwas längerer Zeit Ebereschen aufgeforstet. Diese haben in der Zwischenzeit ihr Areal<br />

vergrößert.<br />

3.6.2. Ökologie der Vogelbeere<br />

Die Eberesche wird primär ornithochor,<br />

zum Beispiel durch Picus viridis, den<br />

Grünspecht, verbreitet. Die Eberesche ist<br />

eine Lichtholzart, welche in der Jugend<br />

Schatten verträgt. Sie gilt als<br />

Moderhumuskeimer. (Ebene der<br />

Biozönose, Pflanzensoziologie). Die<br />

Eberesche ist bodenvage (beziehungsweise<br />

zeigt keine spezifischen<br />

Bodenverhältnisse) sowie frosthart und<br />

lebt von der Ebene bis zu den<br />

Latschengebüschen an der oroborealen<br />

Waldgrenze (englisch forest limit),<br />

vergesellschaftet mit Pinus mugo<br />

subspecies mugo an feuchten wie an trockenen Standorten. Oros definiert im<br />

Griechischen den Berg. Der Gott des Nordwindes heißt Boreas. Die Eberesche ist somit<br />

eine der hochsteigendsten Laubholzarten. Forstlich wird die Eberesche als Vorholz und<br />

Pionierbaumart für Frostlagen, Bergstürze und Kahlschläge sowie zur Wildbach- und<br />

Lawinenverbauung genutzt. Sie wirkt bodenfestigend [ 23 ].<br />

3.7. Betula pendula, Hänge-Birke oder Warzen-Birke<br />

3.7.1. Die Hänge-Birke im Erholungswald<br />

Die Hänge-Birke ist ein Pioniergehölz, das keine besonderen Ansprüche stellt. Lediglich<br />

ihr Lichtbedarf ist hoch. Das ist der Grund, weshalb man sie kaum im Bestand findet.<br />

3.7.2. Ökologie der Hänge-Birke<br />

Die Hänge-Birke zeichnet sich durch eine besonders geringe Nischenspezifität aus:<br />

Die kleinen, weit fliegenden Früchte sind in der Lage, beinahe überall zu keimen.<br />

Hat sich die Hänge-Birke einmal etabliert, verjüngt sie sich immer wieder bei günstigen<br />

Lichtverhältnissen. Die Streu der Hänge-Birke verfügt über eine mittelmäßige<br />

Umsetzungsneigung [ 27 ]. Betula pendula ist sehr lichtbedürftig und mäßig<br />

dürreempfindlich, aber wenig empfindlich gegen Frost.<br />

Endbericht 17


3.8. Fraxinus excelsior, Gewöhnliche Esche<br />

3.8.1. Die Gewöhnliche Esche<br />

im Erholungswald<br />

Im Erholungswald wurden ein größeres,<br />

geradschaftig gewachsenes Exemplar mit<br />

darunter befindlicher (angeflogener)<br />

Naturverjüngung, ein unterdrücktes<br />

Individuum am Waldrand und ein<br />

naturverjüngtes Exemplar an einer<br />

anderen Stelle aufgenommen. Die<br />

Gewöhnliche Esche ist auf jeden Fall als<br />

Gehölz einzustufen, das häufiger im<br />

Bestand, insbesondere am Weg,<br />

angetroffen werden sollte.<br />

3.8.2. Ökologie der Gewöhnlichen Esche<br />

Die Gewöhnliche Esche ist eine anspruchsvolle Art in Edellaubwäldern der collinen bis<br />

unteren montanen Stufe. Sie ist ziemlich spätfrostempfindlich. Fraxinus excelsior<br />

markiert den Übergang zur Hartholzau (siehe Anhang) auf feuchten Standorten,<br />

andererseits wächst die Art entlang von Bachläufen, in feuchten Buchen- und Eichen-<br />

Hainbuchenwäldern sowie mit Ahorn in Schluchtenwäldern vergesellschaftet (Wasser-<br />

Eschen) und andererseits auf trockenen, flachgründigen, höheren Standorten (Gipfeloder<br />

Kalk-Eschen). In trockeneren Zonen wird die Gewöhnliche Esche infolge<br />

interspezifischer Konkurrenz durch Fagus sylvatica, die Rot-Buche, verdrängt [ 23 ].<br />

3.9. Corylus avellana, Gemeine Hasel<br />

3.9.1. Die Gemeine Hasel im Erholungswald<br />

Die Gemeine Hasel tritt vereinzelt im Bestand<br />

auf. Die Hasel eignet sich als Strauch am<br />

Waldrand. Die Streu der Hasel verfügt über<br />

eine sehr gute Umsetzungsneigung [ 27 ]. Die<br />

Gemeine Hasel ist ein Lichtgehölz auf guten<br />

Standorten, das arme Sandböden und<br />

Staunässe meidet [ 23 ].<br />

3.9.2. Ökologie der Gemeinen Hasel<br />

Eine bedeutende Rolle spielte Corylus<br />

avellana in der nacheiszeitlichen Vegetationsgeschichte.<br />

Die Hasel breitete sich in der<br />

frühen Wärmezeit, etwa 8 000 bis 6 000 v.<br />

Chr., von ihren Glazialrefugien in West- und Südosteuropa (Mittelmeerraum) her trotz<br />

ihrer schweren Früchte rasch sowie flächendeckend mit Hilfe von Tieren,<br />

genaugenommen Mäusen (Nagern), beziehungsweise zoochor aus und dominierte die<br />

Landschaft, wie an ihrem massiven Beitrag zu den Pollenablagerungen ersehen werden<br />

kann, die in Hochmooren gefunden werden. Heute lebt die Gemeine Hasel<br />

hauptsächlich an Waldrändern als Gebüsch [ 23 ].<br />

18 "Erholungswald <strong>Breitenstein</strong>" – September 2002

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