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PDF: 70 Jahre und kein bisschen greise - Folke-Bodensee.de

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Das Nordische <strong>Folke</strong>boot:<br />

<strong>70</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>und</strong> <strong>kein</strong> <strong>bisschen</strong> <strong>greise</strong><br />

Eine persönliche Gratulation<br />

Ergriffen, aber auch mit Fluchtgedanken, stehe ich alleine im<br />

sonnigen Hafen von Altnau, am Schweizer <strong>Bo<strong>de</strong>nsee</strong>ufer,<br />

hingerissen vom einzigen Boot. Ein nordisches <strong>Folke</strong>boot,<br />

römisch-katholisch festgemacht, liegt vor mir. Mein Blick streift<br />

über das Heck, das tiefe Cockpit, <strong>de</strong>n Kajütaufbau zum<br />

aufspringen<strong>de</strong>n Bug. Es muss nagelneu sein, vermutlich gera<strong>de</strong><br />

eingewassert. Dunkles Mahagoni, frisch lackiert, helles Teak an<br />

Deck <strong>und</strong> fast weiße Eschenspannten leuchten innen dagegen.<br />

Der Mast ist aus Spruce, zum Himmel hin verjüngt, elegant <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>nnoch stark, hell, mit funkeln<strong>de</strong>n Beschlägen. Ein betören<strong>de</strong>r<br />

Lack-/Holzduft weht in meine Nase. Nein, das kann mein<br />

Geldbeutel nicht…<br />

Voraus ging einige Tage zuvor ein Telefonat mit <strong>de</strong>m Erbauer,<br />

<strong>de</strong>m Schweizer Roland Begré: “Ich suche ein <strong>Folke</strong>boot mit<br />

Liegeplatz am <strong>Bo<strong>de</strong>nsee</strong>“, sage ich mutig. “Ja, dann haben sie ein<br />

Problem“, antwortet er. Wir re<strong>de</strong>n doch länger: “So kommen sie<br />

doch einfach vorbei“, schließt er eine Einladung an. “Das kann<br />

ich ja mal machen“, meine unbestimmte Antwort. “Aber im<br />

Frühjahr zählt je<strong>de</strong>r Tag“, drängt er mich. “Also am Samstag“.<br />

Das ist heute. Als ich flüchten will, steht er vor mir. Lächelnd,<br />

fre<strong>und</strong>lich, bedächtig, aber auch stolz. “Kommen sie doch an<br />

Bord”. Ich traue mich kaum. Schließlich habe ich schon viele<br />

Yachten gesehen, manche gesegelt. Aber so etwas war meinem<br />

Auge bisher vorenthalten. Wir re<strong>de</strong>n lange <strong>und</strong> meine Blicke<br />

wer<strong>de</strong>n gieriger. Dennoch, es geht nicht, überhaupt nicht. Aber in<br />

mir tobt ein Sturm. Wohl hat er ihn bemerkt <strong>und</strong> ist mit mir in<br />

seine kleine Werft, die Werkstatt, gefahren. Unter einer Plane<br />

eine weiteres Nordisches <strong>Folke</strong>boot - Z 34: Berge von<br />

Ausrüstung, Segelsäcken, Planen, Schwimmwesten, Kisten in <strong>de</strong>r<br />

Kajüte, sonst sehe ich kaum Unterschie<strong>de</strong>, fast neu, alles Holz<br />

picobello strahlend, die Bilge Mahagoni auf Esche ohne Makel,<br />

ein ebenso betören<strong>de</strong>r Duft, komplett segelklar, aber 6 <strong>Jahre</strong> alt,<br />

<strong>de</strong>shalb niedriger im Preis. Das geht auch nicht <strong>de</strong>nke ich<br />

einerseits. Das muss, entgegne ich mir selbst <strong>und</strong> wer<strong>de</strong><br />

entschlossener. Irgendwie wird es gehen….<br />

Fünfzehn <strong>Jahre</strong> sind seither vergangen, <strong>de</strong>nke ich, als sich aus <strong>de</strong>r<br />

Gischt am Bug eine Welle erhebt, auf das Vorschiff klatscht,<br />

über <strong>de</strong>n Kajütaufbau schäumt, direkt in mein Gesicht.<br />

„Ursa minor“, kleiner Bär, habe ich sie damals getauft, die<br />

schöne Z 34 von Bootsbauer Roland Begré. Ja, es ging doch,<br />

manchmal knapp, aber irgendwie immer. Und jetzt? Wir segeln<br />

vor Lindau bei anhalten<strong>de</strong>m West mit 7 Beaufort, raumschots mit<br />

ausgebaumter Fock. „Ursa minor“ spielt fast Xylophon in <strong>de</strong>n<br />

Wellen. Dongong eine Leine, Dumpf-Klatsch, Wellen klackern in<br />

<strong>de</strong>n Klinkern, lautes Gurgeln, ein Rauschen, <strong>de</strong>r Mast arbeitet im<br />

Deck, Scheppern <strong>und</strong> Knarzen ab <strong>und</strong> an. Die Hecksee folgt uns<br />

gierig rauschend, erwischt uns aber nicht, nie. Die Arbeit am<br />

Ru<strong>de</strong>r kostet Kraft, ist aber wirkungsvoll, nie bricht das Boot aus,<br />

es bleibt stur auf Kurs. Das GPS mel<strong>de</strong>t, mit <strong>de</strong>r Welle pen<strong>de</strong>lnd,<br />

zwischen 9 <strong>und</strong> 11 Knoten. Das geht eigentlich nicht. Denn ein


<strong>Folke</strong> ist ein zwei Tonnen schwerer Verdränger, schlimmer, ein<br />

Langkieler. Also schiebt die Welle kräftig mit. Ein an<strong>de</strong>res<br />

Schiff? Größer, schneller, jünger? Wozu? Ein Freu<strong>de</strong>nschrei in<br />

<strong>de</strong>n Wind: „Altes Mädchen, vor <strong>70</strong> <strong>Jahre</strong>n haben sie dich<br />

erf<strong>und</strong>en, vor <strong>70</strong> <strong>Jahre</strong>n!“ „<strong>70</strong>? Was sind schon <strong>70</strong>, „schreit sie<br />

zurück, rauscht eine Welle runter <strong>und</strong> wirft mir die nächste Welle<br />

ins Gesicht. Nein, <strong>70</strong> sind wirklich <strong>kein</strong> Alter.<br />

1942 wur<strong>de</strong> das erste <strong>Folke</strong>boot eingewassert. Vorausgegangen<br />

war En<strong>de</strong> 1930er <strong>Jahre</strong> ein Wettbewerb <strong>de</strong>s Skandinavischen<br />

Seglerverban<strong>de</strong>s um ein günstiges Jugend-Regatta-Wan<strong>de</strong>rboot<br />

aus einheimischen Hölzern (Lärche, Douglasie, Eiche, Esche).<br />

Der zu teuer gewor<strong>de</strong>nen Drachen sollte abgelöst wer<strong>de</strong>n. Da<br />

<strong>kein</strong> eingereichter Entwurf wirklich gefiel, wur<strong>de</strong> das <strong>Folke</strong>boot<br />

aus diesen Entwürfen sozusagen entwickelt. Es folgte eine mit<br />

<strong>de</strong>m VW-Käfer vergleichbare Erfolgsgeschichte mit <strong>de</strong>m<br />

Unterschied, dass <strong>de</strong>r Käfer schon lange nicht mehr gebaut wird.<br />

Es gab aber auch einen Jahrzehntelangen Streit um die Frage<br />

“wer hat es erf<strong>und</strong>en?“ Nein, lei<strong>de</strong>r <strong>kein</strong> Schweizer. Davon<br />

unberührt wird das <strong>Folke</strong>boot im Prinzip unverän<strong>de</strong>rt seit 1942<br />

gebaut. Im Prinzip <strong>de</strong>shalb, weil die Materialkosen (Holz) im<br />

Vergleich zu <strong>de</strong>n Lohnkosten weniger stark gestiegen sind. So<br />

wur<strong>de</strong>n später auch Mahagoni <strong>und</strong> Teak als Baumaterialien<br />

zugelassen <strong>und</strong> die “Möbelstücke” salonfähig. Die überlappen<strong>de</strong>n<br />

Plankenstöße, die typischen Klinker, können daher zusätzlich<br />

verleimt wer<strong>de</strong>n. Exakt gleich gebaut <strong>und</strong> in Gewicht ist es auch<br />

seit über 30 <strong>Jahre</strong>n aus GFK zu haben. Die Kunststoffschiffe<br />

haben auf <strong>de</strong>r Regattabahn <strong>kein</strong>e Vorteile, allerdings sind auf<br />

wichtigen Regatten nur noch wenige Holzschiffe zu fin<strong>de</strong>n. Dies<br />

liegt wohl weniger an <strong>de</strong>n Segeleigenschaften, als eher an <strong>de</strong>r<br />

vielleicht innigeren Beziehung <strong>de</strong>r Eigner zu ihren Schiffen.<br />

Denn nach wie vor wird hart auf vielen Regattabahnen Europas<br />

<strong>und</strong> sogar in San Francisco, gesegelt. Das <strong>Folke</strong>boot ist eine <strong>de</strong>r<br />

meist verbreiteten Kielboot-Klassen im Ostseeraum, aber auch<br />

<strong>Bo<strong>de</strong>nsee</strong> gibt’s fünf Ranglistenregatten pro Jahr <strong>und</strong> weitere<br />

Regatten mit eigener <strong>Folke</strong>-Wertung. Und auch beachtliche<br />

Reisen wur<strong>de</strong>n <strong>und</strong> wer<strong>de</strong>n unternommen.<br />

Warum immer noch nach so langer Zeit?<br />

Die Regattaeigenschaften gepflegter älterer <strong>und</strong> jüngster Schiffe<br />

sind gleich. Das Nordische <strong>Folke</strong>boot ist einfach im Handling,<br />

<strong>de</strong>nnoch anspruchsvoll, will man <strong>de</strong>n i<strong>de</strong>alen Trimm erreichen<br />

<strong>und</strong> ganz vorne mitsegeln. In Verbindung mit <strong>de</strong>r weiten<br />

Verbreitung führt dies zu einem hohen Regatta-Niveau. Es ist<br />

gutmütig, kann dank <strong>de</strong>s w<strong>und</strong>erbar biegsamen Mastes ungerefft<br />

auch bei 7 bis 8 Beaufort gesegelt wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> ist damit ein sehr<br />

sicheres Boot. Es treibt in Manövern bei Wind nicht<br />

luftballonartig wie ein Kurzkieler ab. Eine positive Eigenschaft<br />

bei Hafenmanövern, Einhandtörns o<strong>de</strong>r langen Reisen.<br />

Überhaupt ist das Boot überaus vielseitig. Reisen o<strong>de</strong>r<br />

Regattasegeln, bei<strong>de</strong>s ist ohne Umbau bestens möglich. Für<br />

Regatten kommen <strong>de</strong>r Außenbor<strong>de</strong>r <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re Schwergewichte<br />

an Land, dafür möglicherweise ein “schnelleres” Segel an Bord.<br />

Mit einem Gelän<strong>de</strong>wagen ist Trailern problemlos. Ob Rumpf,<br />

Masten, Segel, Beschläge, alles ist ausgereift, robust, sicher <strong>und</strong><br />

langlebig, nachhaltig eben. Das spart Kosten <strong>und</strong> ist effektiv,<br />

neuzeitliche Eigenschaften, die man einer alten Lady nicht<br />

zugetraut hätte. Bei guter Pflege sehen auch 30 <strong>Jahre</strong> alte Boote<br />

(fast) neu aus. Übrigens segelt das zweitälteste <strong>Folke</strong>boot


Mitteleuropas auf <strong>de</strong>m <strong>Bo<strong>de</strong>nsee</strong>. In Hard bei Bregenz liegt die<br />

FG 2 “kleine Fee“ von Familie Eble. Das alles sind auch Grün<strong>de</strong><br />

für die hohe Wertstabilität. Und die „<strong>Folke</strong>böötler“ sind sehr<br />

familiär - die soziale Komponente ist dabei (fast) so wichtig, wie<br />

das schöne Schiff selbst.<br />

Eine Liebeserklärung? Aber ja! So wünschen wir <strong>de</strong>m <strong>Folke</strong>,<br />

<strong>de</strong>m „Lattenzaun“, <strong>de</strong>r „Riffelschüssel“, <strong>de</strong>m „Vollkornbrot“,<br />

<strong>de</strong>m „Familiencamper“, <strong>de</strong>r „Racing-Yacht für Arme“, noch ein<br />

langes, langes Leben <strong>und</strong> viele Fans!<br />

Interessiert? Einfach mal vorbeischauen. Auf www.folke-bo<strong>de</strong>nsee.<strong>de</strong><br />

gibt es Infos, weiterführen<strong>de</strong> Links <strong>und</strong> Termine.


Warum immer noch nach so langer Zeit?<br />

Die Regattaeigenschaften gepflegter älterer + jüngster Schiffe sind gleich. Es ist einfach im Handling aber<br />

<strong>de</strong>nnoch anspruchsvoll auf “I<strong>de</strong>al” zu trimmen <strong>und</strong> ganz noch vorne zu segeln. In Verbindung mit <strong>de</strong>r weiten<br />

Verbreitung führt dies zu einem hohen Regattaniveau. Es ist gutmütig, kann Dank <strong>de</strong>m w<strong>und</strong>erbar biegsamen<br />

Mast ungerefft auch bei 7 Bft gesegelt wer<strong>de</strong>n - also ein sehr sicheres Boot. Es treibt in Manövern bei Wind nicht<br />

wie ein Kurzkieler (Luftballon) ab - eine positive Eigenschaft bei Hafenmanövern, Einhandtörns o<strong>de</strong>r langen<br />

Reisen. ‹berhaupt Reisen + Regattasegeln, bei<strong>de</strong>s ohne Umbau bestens möglich: alleine kommen für Regatten <strong>de</strong>r<br />

Außenbor<strong>de</strong>r <strong>und</strong> vielleicht an<strong>de</strong>re Schwergewichte an Land, dafür möglicherweise ein “schnelleres” Segel an<br />

Bord. Mit einem Gelän<strong>de</strong>wagen ist Trailern problemlos. Ob Rumpf, Masten, Segel, Beschläge, alles ist<br />

ausgereift, robust, sicher <strong>und</strong> langlebig - nachhaltig. Das spart Kosten, ist effektiv. Bei guter Pflege sehen auch<br />

30 <strong>Jahre</strong> alte Boote (fast) neu aus. ‹brigens segelt das zweitälteste <strong>Folke</strong>boot Mitteleuropas in Hard bei Bregenz<br />

(FG 2 “kleine Fee“ von Familie Eble). Das alle sind auch Grün<strong>de</strong> für die hohe Wertstabilität. Und die<br />

<strong>Folke</strong>böötler sind sehr familiär - die soziale Komponente ist (fast) so wichtig, wie das Schiff selbst.<br />

Das alles ist nach <strong>70</strong> <strong>Jahre</strong>n doch sehr zeitgemäß!<br />

Eine Liebeserklärung? Aber ja! So wünschen wir <strong>de</strong>m <strong>Folke</strong>, <strong>de</strong>m Lattenzaun, <strong>de</strong>r Riffelschüssel, <strong>de</strong>m<br />

Vollkornbrot noch ein langes, langes Leben <strong>und</strong> viele Fans!<br />

Interessiert? Schaut doch einfach mal vorbei. Auf www.folke-bo<strong>de</strong>nsee.<strong>de</strong> gibt’s Infos <strong>und</strong> unsere Termine.

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