Interessenverbände im Umbruch - Demokratiezentrum Wien
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<strong>Interessenverbände</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong><br />
AUFBAU UND FUNKTIONSWEISE DER SOZIALPARTNERSCHAFT<br />
Die österreichische Sozialpartnerschaft<br />
gilt seit Jahrzehnten als besonders erfolgreiches<br />
Modell für kooperative Beziehungen<br />
zwischen Arbeitnehmer- und<br />
Arbeitgeberverbänden sowie staatlichen<br />
Akteuren. Die <strong>im</strong> internationalen Vergleich<br />
überdurchschnittlich positive Entwicklung<br />
zentraler volkswirtschaftlicher<br />
Indikatoren wie Arbeitslosenrate, Wirtschaftswachstum<br />
und Inflation und insbesondere<br />
die niedrige Streikrate werden<br />
zu einem Gutteil ihrem Wirken zugeschrieben.<br />
Zentrales Gremium der Sozialpartnerschaft<br />
ist die 1957 gegründete Paritätische<br />
Kommission für Preis- und Lohnfragen<br />
(PKPL). Ihre Trägerverbände sind<br />
der ÖGB, die Arbeiterkammern, die<br />
Wirtschaftskammern und die Landwirtschaftskammern.<br />
Jeder Verband entsendet<br />
eine gleiche Anzahl von Dele-<br />
14<br />
gierten in die Vollversammlung der PKPL;<br />
Beschlüsse werden grundsätzlich nur<br />
auf der Grundlage von Einst<strong>im</strong>migkeit<br />
gefasst. An der Vollversammlung nehmen<br />
auch Regierungsmitglieder teil (den<br />
Vorsitz führt der Bundeskanzler), alles<br />
ohne St<strong>im</strong>mrecht.<br />
Zunächst nur mit dem Unterausschuss<br />
für Preise ausgestattet, wurde die PKPL<br />
<strong>im</strong> Laufe der Zeit um den Lohnunterausschuss<br />
(1962), den Beirat für Wirtschafts-<br />
und Sozialfragen (1963) sowie<br />
den Unterausschuss für internationale<br />
Fragen (1992) erweitert. Sowohl der<br />
Preis- als auch der Lohnunterausschuss<br />
haben in den neunziger Jahren deutlich<br />
an Bedeutung verloren; vor allem <strong>im</strong><br />
Preisunterausschuss hat sich nach dem<br />
EU-Betritt Österreichs der Schwerpunkt<br />
von der Marktkontrolle zur Marktbeobachtung<br />
verlagert.<br />
Struktur der Paritätischen Kommission für Preis- und Lohnfragen<br />
formelle<br />
Entscheidung<br />
informelle<br />
Entscheidung<br />
Vorentscheidung<br />
Preisunterausschuss<br />
(1957)<br />
Arbeiterkammern<br />
Österreichischer<br />
Gewerkschaftbund<br />
Vollversammlung der<br />
Paritätischen Kommission<br />
„Präsidentenvorbesprechung“ der<br />
Präsidenten der vier Verbände<br />
Lohnunterausschuss<br />
(1962)<br />
Beirat für<br />
Wirtschafts- und<br />
Sozialfragen<br />
(1963)<br />
Unterausschuss<br />
für internationale<br />
Fragen<br />
(1992)<br />
Landwirtschaftskammern*<br />
Handelskammern<br />
* Die Gegenüberstellung suggeriert eine Symmetrie von Arbeitnehmerverbänden und Arbeitgeberverbänden, was in<br />
Bezug auf die Rolle der Landwirtschaftskammern nicht korrekt wäre. „Die Landwirtschaftskammern“, schreibt Rupert<br />
Dollinger, „spielen in reinen Arbeitnehmerfragen schon lange keine wirkliche Rolle mehr; vielmehr hat sich als vierter<br />
Partner neben den beiden Interessenvertretungen der Arbeitnehmer und der Wirtschaftskammer schon längst die<br />
Industriellenvereinigung als freier Verband etabliert“ (in: Der Standard, 17./18. Dez. 1994).<br />
Quelle: Anton Pelinka, Modellfall Österreich? Möglichkeiten und Grenzen der Sozialpartnerschaft, <strong>Wien</strong> 1981, S. 8<br />
(aktualisiert).<br />
MATERIALPAKET POLITISCHE BILDUNG