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Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 - bauforumstahl e. V.

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<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong>


Danksagung<br />

Deutscher Stahlbau-Verband DSTV<br />

2 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Editorial Seite 3<br />

Jury Seite 4<br />

<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong> Seite 6<br />

Sonderpreis <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums<br />

für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Seite 10<br />

Auszeichnungen und Einreichungen<br />

Öffentliche Bauten Seite 13<br />

Bürobauten Seite 33<br />

Bauen im Bestand Seite 45<br />

Industrie- und Gewerbebauten Seite 63<br />

Sonstige Bauten Seite 79<br />

Sport- und Stadienbauten Seite 87<br />

Brücken Seite 101<br />

Verkehrsbauten Seite 113<br />

Die Auslober gratulieren den Gewinnern ganz herzlich und danken allen Jury -<br />

mitgliedern für ihren Einsatz und ihr Engagement.<br />

Wir danken der Fakultät für Architektur der Fachhochschule Köln, bei der wir während<br />

der Jurysitzung zu Gast sein durften und die uns so großartig unterstützt hat.<br />

Unser besonderer Dank gilt dem Bun<strong>des</strong>ministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadt entwicklung, das den Sonderpreis <strong>2010</strong> ideell und finanziell gefördert hat.<br />

Und natürlich sagen wir Dank allen teilnehmenden Büros, die mit ihren eingereichten<br />

Objekten den Wettbewerb bereichert und die Bandbreite der Einsatz -<br />

möglichkeiten von Stahlkonstruktionen so eindrucksvoll dokumentiert haben.<br />

Schon heute freuen wir uns auf den kommenden Wettbewerb in 2012.<br />

Impressum:<br />

<strong>Preis</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Nr. B 310<br />

Oktober <strong>2010</strong><br />

Herausgeber:<br />

>><strong>bauforumstahl</strong> e.V.<br />

Sohnstraße 65<br />

40237 Düsseldorf<br />

T: +49(0)211.6707.828<br />

F: +49(0)211.6707.829<br />

zentrale@<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />

www.<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />

Titelbild:<br />

<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong><br />

<strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong>:<br />

Cape Town Stadium<br />

gmp · von Gerkan, Marg und<br />

Partner Architekten/<br />

schlaich bergermann und<br />

partner<br />

Ein Nachdruck dieser Publi -<br />

kation – auch auszugsweise –<br />

ist nur mit schriftlicher<br />

Genehmigung <strong>des</strong> Heraus -<br />

gebers bei deutlicher<br />

Quellenangabe gegen ein<br />

Belegexemplar gestattet.<br />

Abbildungen und Text:<br />

Einreicher<br />

Bearbeitung:<br />

circa drei, München<br />

Martina Helzel,<br />

Johannes Herold,<br />

Stefan Zunhamer<br />

Fotonachweis Seite 122


Editorial<br />

"Panta rhei – alles fließt" erkannte schon der griechische Philosoph<br />

Heraklit von Ephesos. Gut 2500 Jahre ist das her und<br />

seitdem hat sich viel verändert. Der <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong><br />

wird erst seit 38 Jahren vergeben und weist trotzdem in<br />

seiner unabhängigen Würdigung für gute Architektur mit Stahl<br />

eine gewisse Konstanz auf. Und doch verändert sich auch vieles.<br />

Im Jahr <strong>2010</strong> dokumentieren wir den von >><strong>bauforumstahl</strong><br />

und dem <strong>Deutschen</strong> Stahlbau-Verband DSTV gemeinsam ausgelobten<br />

Architekturpreis deutlich umfänglicher als in den Vorjahren.<br />

Im vorliegenden Band werden von den 88 Einreichungen<br />

nicht nur der <strong>Preis</strong> und die Auszeichnungen dargestellt, sondern<br />

auch eine Vielzahl von weiteren, hervorragenden Projekten,<br />

geordnet nach Kategorien. Damit stellen wir ein kleines Vademecum<br />

der Stahlarchitektur in Deutschland seit dem letzten<br />

Stahlbaupreis 2008 vor. Gleichzeitig wird hier auch eine Wertschätzung<br />

zum Ausdruck gebracht für die große Palette an<br />

Arbeiten deutscher Architekten und Planer bzw. der Architektur<br />

in Deutschland mit dem Baustoff Stahl.<br />

Der Tradition <strong>des</strong> Stahlbaupreises verpflichtet, wurde wieder<br />

eine unabhängige Jury bestehend aus freiberuflichen und lehrenden<br />

Architekten, Ingenieuren, Fachjournalisten und Vertretern<br />

der Bauverwaltung berufen. Entgegen der Tradition – panta<br />

rhei – kürte diese Jury erstmalig ein von deutschen Architekten<br />

und Ingenieuren gemeinsam geplantes Objekt im Ausland. Der<br />

<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong> geht an das Cape Town<br />

Stadium von gmp · von Gerkan, Marg und Partner Architekten,<br />

Hamburg und schlaich bergermann und partner, Stuttgart. Im<br />

Jahr der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika wird eines der<br />

Meisterwerke moderner Stadionarchitektur als gemeinsamer<br />

Entwurf von Architekten und Ingenieuren, ein offensichtlicher<br />

Exportschlager, ausgezeichnet. Ebenfalls entgegen der Tradition<br />

wurde von der Jury ein Sonderpreis erkoren. Die Landmarke<br />

Lausitzer Seenland von Architektur & Landschaft, München markiert<br />

das Land, aus dem einst die Braunkohle gewonnen wurde,<br />

mit einem Aussichtsturm für die werdende Seenlandschaft.<br />

Besonderer Dank gilt dem Bun<strong>des</strong>ministerium für Verkehr,<br />

Bau und Stadtentwicklung, welches die Patenschaft für diesen<br />

Sonderpreis übernommen hat. Damit wurde die Jury aus dem<br />

Dilemma der Entscheidung zwischen Leichtigkeit und Größe<br />

auf der einen Seite und erdnaher Poesie auf der anderen Seite<br />

befreit.<br />

Auszeichnungen wurden an vier spektakuläre Museums- und<br />

Ausstellungsbauten sowie an drei Ingenieurbauwerke ver geben.<br />

Bei den Museumsbauten sei besonders das Cité du Design in<br />

Saint-Etienne erwähnt. Zum einen, weil ebenfalls von deutschen<br />

Architekten und Ingenieuren geplant, aber im Ausland errichtet.<br />

Mehr noch aber, weil hier die Idee eines rückbau- und recyclinggerechten<br />

Konstruierens in vorbildlicher Art und Weise umgesetzt<br />

wurde. Hier wird eine der stillen Stärken der Stahlbauweise<br />

großartig gefeiert.<br />

Zu den Ingenieurbauten sei erwähnt, dass beide prämierten<br />

Brückenbauten federführend durch Ingenieurbüros unter Hinzuziehung<br />

von Architekten entworfen wurden. So wird deutlich:<br />

es gibt keine formalen Kriterien für Baukultur beim <strong>Preis</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> – alleine die Weitsicht und Expertise der<br />

Jury ist entscheidend.<br />

Somit bleibt zu hoffen, dass basierend auf der Kontinuität phantastischer<br />

Entwurfs- und Planungsarbeit, die Ideen der Grenzüberschreitung<br />

weiter fortschreiten. Grenzüberschreitungen im<br />

wörtlichen Sinne. Grenzüberschreitungen in einer gemeinsamen,<br />

immer enger werdenden, sich gegenseitig befruchtenden<br />

Entwurfsarbeit von Architekten und Ingenieuren und einer weiteren<br />

Öffnung der Ingenieure für die Kraft der konstruierenden<br />

Phantasie. Aber auch Grenzüberschreitungen in dem Sinne,<br />

dass die fortwährende Nutzung von Ressourcen, wie es die recyclinggerechte<br />

Stahlbauweise vormacht, eine entsprechende<br />

Würdigung erfährt. Man kann nach Heraklit von Ephesos nicht<br />

zweimal in denselben Fluss steigen – derselbe Stahl wird aber<br />

durchaus zweimal (oder noch öfter) verwendet.<br />

Dr. Bernhard Hauke<br />

Geschäftsführer >><strong>bauforumstahl</strong> e.V., Düsseldorf<br />

<strong>bauforumstahl</strong><br />

3


<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Der Wettbewerb<br />

Der <strong>Preis</strong> wird im zweijährigen Turnus ausgelobt. Er wird ver -<br />

geben für eine architektonische Leistung im Bereich <strong>des</strong> Hochund<br />

Brückenbaus, einschließlich aller Formen <strong>des</strong> Bauens im<br />

Bestand, bei der die Möglichkeiten <strong>des</strong> Stahls in besonders<br />

guter Weise genutzt und gestalterisch zum Ausdruck gebracht<br />

wurden.<br />

Teilnahmeberechtigt sind Architekten, Architektengemeinschaften<br />

sowie Architekten-/Ingenieurgemeinschaften, die<br />

die geistigen Urheber der eingereichten Bauwerke sind.<br />

Zugelassen wurden seit 2007 fertig gestellte Bauwerke, die<br />

ihren Standort in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland haben oder<br />

auch im Ausland, sofern der Urheber Staatsbürger der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland ist.<br />

4 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Zur Beurteilung dienen folgende Kriterien:<br />

• architektonische Qualität<br />

• innovative Konstruktion und Technik<br />

• materialgerechter Einsatz <strong>des</strong> Baustoffes Stahl<br />

• Nachhaltigkeit<br />

• funktionale Aspekte und Nutzungsflexibilität<br />

• städtebauliche Einbindung.<br />

Entscheidend für die Vergabe <strong>des</strong> <strong>Preis</strong>es ist der Gesamteindruck,<br />

wie er der Jury durch die eingereichten Unterlagen<br />

vermittelt wird.<br />

» Die Jury <strong>2010</strong> (Gruppenfoto v. l. n. r.):<br />

Dipl.-Ing. Bernhard Hauke, PhD/<br />

Geschäftsführer >><strong>bauforumstahl</strong><br />

(Moderator), Prof. Dr.-Ing. Richard<br />

Stroetmann/Technische Universität<br />

Dresden, Dipl.-Ing. Arch. Moritz<br />

Auer/Auer+Weber+Assoziierte,<br />

MinR Dipl.-Ing. Hans-Dieter Hegner/<br />

BM für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,<br />

Prof. Dipl.-Ing. M. Arch.<br />

Annet-Maud Joppien/Dietz Joppien<br />

Architekten, Dipl.-Ing. Arch. Jan<br />

Kleihues, Kleihues + Kleihues Ge -<br />

sellschaft von Architekten mbH,<br />

Dipl.-Ing. Arch. Michael Frielinghaus/BLFP<br />

Frielinghaus Architekten<br />

BDA, Präsident Bund Deutscher<br />

Architekten (Vorsitzender), nicht<br />

im Bild: Dipl.-Ing. Arch. Christian<br />

Schittich/Chefredakteur der Zeitschrift<br />

Detail


Der <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> geht an den/die geistigen<br />

Urheber <strong>des</strong> Bauwerkes. Er ist mit einem <strong>Preis</strong>geld von EURO<br />

10.000, einer Medaille und einer Urkunde verbunden. Zusätzlich<br />

wird in <strong>2010</strong> erstmals ein mit EURO 3.000 dotierter Sonderpreis<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />

verliehen. Weitere herausragende Objekte werden mit<br />

einer Auszeichnung gewürdigt. Die <strong>Preis</strong>verleihung erfolgte auf<br />

dem Tag der Stahl.Architektur am 8. Oktober <strong>2010</strong> anlässlich<br />

<strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> Stahlbautages in Weimar.<br />

Die Jurysitzung<br />

Die eingereichten Objekte werden von einer unabhängigen Jury<br />

beurteilt. Die Beratung der Jury erfolgt nicht öffentlich. Ihre<br />

Entscheidung ist endgültig, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Die Jury unter dem Vorsitz von Michael Frielinghaus (BLFP<br />

Frielinghaus Architekten BDA, Präsident Bund Deutscher Architekten)<br />

tagte am 29. April <strong>2010</strong> in der Fachhochschule Köln.<br />

In drei Wertungsdurchgängen wurden unter den 87 zum Wettbewerb<br />

eingereichten und zugelassenen Objekten außer dem<br />

<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> der Sonderpreis <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums<br />

für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie<br />

sieben Auszeichnungen gekürt.<br />

Im Frühjahr 2012 soll der <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong><br />

erneut ausgelobt werden. Auslobungsbedingungen und Einreichungstermin<br />

werden rechtzeitig bekannt gegeben und sind im<br />

Internet unter www.<strong>bauforumstahl</strong>.de/wettbewerbe abrufbar.<br />

» Die Jury bei der Arbeit<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 5


» Oben: Das Stadion in Greenpoint<br />

» Unten: Grundriss Level 01, Level 05,<br />

Dachaufsicht, M 1:5000<br />

6 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Cape Town Stadium, Kapstadt<br />

Architektur: gmp · von Gerkan, Marg und Partner Architekten,<br />

Hamburg<br />

Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />

Stahlbau: Pfeifer Seil- und Hebetechnik GmbH, Memmingen<br />

und Birdair, Amherst (Membrandach)<br />

Bauherr: City of Cape Town, spv <strong>2010</strong><br />

Laudatio<br />

Mit dem Neubau <strong>des</strong> Cape Town Stadiums in Südafrika ist den<br />

Architekten gmp von Gerkan, Marg und Partner und dem Ingenieurbüro<br />

schlaich, bergermann und partner sbp eine ausgezeichnete<br />

Synthese aus Funktionalität, Gestaltung eines skulpturalen<br />

Solitärs und eine die Landschaft bereichernde städtebauliche<br />

Integration eines modernen Großstadions gelungen.<br />

Das am Fuße <strong>des</strong> Signal Hill in die Parklandschaft <strong>des</strong> Greenpoint<br />

Common eingebettete Stadion wird von einem großflächigen<br />

Hängedach überspannt, das ihm Leichtigkeit und Eleganz<br />

verleiht. Seine Konstruktion wird technisch anspruchsvoll<br />

und innovativ durch die Kombination aus Profilstahl, Seiltragwerk<br />

und Glaseindeckung gebildet.<br />

Der Innenraum bietet eine spannungsvolle Stadionatmosphäre<br />

bei optimalen Sichtverhältnissen auf das Spielgeschehen. Das<br />

Tribünenbauwerk ist ringsum mit silberbeschichteter Glasfaser -<br />

membrane verkleidet, die das durch Witterung und Tageszeit<br />

wechselnde Lichtspiel aufnimmt und reflektiert. Die stützende<br />

Stahlkonstruktion gliedert die Fassade in horizontale Bänder.<br />

Die Beleuchtung hinter dem transluzenten, umhüllenden Gittergewebe<br />

lässt das Stadion am Abend wie ein Lampion erstrahlen<br />

und gewährt Einblicke in das Innere.<br />

Das Cape Town Stadium bietet durch seine Formgebung, Oberflächengestaltung<br />

und Illumination einen imposanten Anblick<br />

und fügt sich dennoch respektvoll in die umgebende Landschaft<br />

ein. Das berühmte Panorama aus Großstadt, Tafelberg,<br />

Signal Hill und umgebendem atlantischen Ozean wird um ein<br />

Landmark bereichert.


» Oben: Schnitte, M 1:2000<br />

» Unten: Innenraum <strong>des</strong> Stadions<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 7


» Oben: Gläserne Dacheindeckung<br />

» Unten: Dachinnenraum – oben emailliertes<br />

Glas als Dachhaut, unten halbtransparente<br />

Netzmembran<br />

» Schnitt Tribüne und Dachtragwerk, M 1:800<br />

8 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Seit beinahe 100 Jahren wird das Gelände <strong>des</strong> Green Point<br />

Common für Naherholungsflächen und Sportanlagen genutzt.<br />

Anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft <strong>2010</strong> wurde das Areal<br />

als Standort für das Cape Town Stadion gewählt und neu strukturiert.<br />

Mit dem bekannten Motiv <strong>des</strong> Tafelberges im Hintergrund<br />

erforderte die Formgebung eines Stadions für 68 000 Zuschauer<br />

eine hohes Maß an Sensibilität. Die vorgegebene geringe<br />

Bauhöhe und der felsige Untergrund führten zu einem<br />

kompakten flachen Baukörper, der seine Eleganz dem Zusammenwirken<br />

der geschwungenen Dachfläche mit der oben auskragenden<br />

Gebäudehülle verdankt.<br />

Dachtragwerk<br />

Der annähernd kreisförmige Grundriss <strong>des</strong> Tribünenbauwerks<br />

wird von einem Hängedach überspannt. Die speichenradförmige<br />

Tragkonstruktion aus äußerem Druckring, radialen Spannseilen<br />

und innerem Zugring wird durch Stahlfachwerke und ein System<br />

aus Vollwandträgern ergänzt, das die Unterkonstruktion für die<br />

Glaseindeckung bildet.<br />

Dabei übernehmen die Fachwerkwerkträger verschiedene Funktionen.<br />

Zum einen stabilisieren sie das „weiche“ Seilnetz bei<br />

ungleichförmigen Lasten, zum anderen heben sie die eigent -<br />

liche Dachfläche auf ein Niveau, das eine natürliche Entwässerung<br />

nach außen gewährleistet und auch die Ausbildung <strong>des</strong><br />

vorderen Kragbereiches ermöglicht. Eine schwere Glasdeckung<br />

dient der Sicherung gegen Windsog nach oben. Gelenkverbindungen<br />

und Fugen wurden so kombiniert, dass die Verformungen<br />

aus Temperatur und Wind ohne schädliche Zwängungen<br />

aufgenommen werden.


» Endmontage am transparenten Dachrand<br />

Erstmalig bei einem Bauwerk dieser Art wurde die 36 000 Quadratmeter<br />

große Dachfläche mit vierseitig gelagertem Verbund -<br />

sicherheitsglas eingedeckt. Damit das Spielfeld viel natürliches<br />

Licht erhält, ist der innere, 16 Meter breite Ring aus Klarglas<br />

gefertigt. Die äußeren Glasflächen sind emailliert, um die Hitze -<br />

durchlässigkeit zu reduzieren und die Lichtintensität um 80 Prozent<br />

zu senken.<br />

Die Unterseite der Dachkonstruktion ist mit einer transluzenten<br />

Membran bespannt, die nicht nur technische Installationen<br />

verdeckt, sondern auch zur Schalldämmung dient. Lautsprecheranlage,<br />

Flutlicht und Tribünenbeleuchtung sind in das Dach<br />

integriert. Trotz <strong>des</strong> Glasgewichts ist das Dach, verglichen mit<br />

ähnlich großen Dächern, mit nur 4 500 Tonnen eine Leichtkons -<br />

truktion.<br />

Fassade<br />

Die äußere Fassade besteht aus einer vorgesetzten, nach außen<br />

geneigten Stahlkonstruktion mit vertikalen und horizontalen<br />

Trägerelementen, die über Diagonalstreben an die dahinter liegende<br />

Betonkonstruktion angeschlossen ist. Die im Grundriss<br />

gebogenen, horizontalen Träger wurden dabei vor die Fassadenebene<br />

gesetzt. Eine silberfarbig beschichtete Gittermembran<br />

bildet die transparente Außenhaut, durch die sich die Stahlträger<br />

abzeichnen.<br />

» Inszenierung <strong>des</strong> eleganten Baukörpers<br />

bei Nacht<br />

Die Gliederung der Fassade in 14 horizontale Bänder lässt das<br />

Stadion als transluzente Großskulptur erscheinen, die sich in<br />

Abhängigkeit von den äußeren und inneren Lichtverhältnissen<br />

sowohl in der Farbe wie auch in der Transluzenz ständig ver -<br />

ändert: weiß und licht an hellen Sommertagen und in Grau gehüllt<br />

an stürmischen Wintertagen. Bei Sonnenuntergang wird<br />

das Stadion in glühen<strong>des</strong> Rot getaucht; nachts schimmert es<br />

wie ein leuchtender Lampion und enthüllt sein Inneres.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 9


Sonderpreis <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums<br />

für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />

Landmarke Lausitzer Seenland<br />

Architektur: Architektur & Landschaft,<br />

Stefan Giers, Susanne Gabriel, München<br />

Tragwerk: Seeberger Friedl und Partner, Pfarrkirchen<br />

Stahlbau: Bohlen AG, Speicher<br />

Bauherr: Stadt Senftenberg<br />

» Brüstung der Aussichtsplattform<br />

10 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Oben: Lageplan, M 1:2000<br />

» Links: Blick von der Seeseite<br />

Laudatio<br />

Der Turm ist still, Erinnerungsspur einer geschändeten Landschaft,<br />

doch voller Spannung erzählt er die Geschichte <strong>des</strong><br />

Ortes – ohne Pathos gelingt eine kraftvolle Skulptur.<br />

Der Turm steht als Metapher für unsere gemeinsame Geschichte,<br />

unsere Gegenwart und unsere Zukunft, in der zwar alle industriellen<br />

Spuren, die Schürfungen <strong>des</strong> Braunkohletagebaus in<br />

einer idyllischen Seenlandschaft verschwinden werden, aber<br />

der Wandel spürbar bleibt.<br />

Der Turm bewahrt die industrielle Zeit subtil durch das Material<br />

wetterfester Stahl und die rotbraune Patina verschmilzt mit der<br />

neuen Natur in den verschiedenen Jahreszeiten.<br />

Der Turm als Landmarke im wörtlichen Sinne markiert das Land,<br />

ist Warner und Wahrer und lädt uns ein, hinauf zu steigen und<br />

den Klang <strong>des</strong> stählernen Hohlkörpers bei jedem Schritt zu<br />

erfahren. Der Weg nach oben über kompositorisch gestaltete<br />

Treppen ist sicher und verborgen, erst ganz oben erleben wir<br />

den Blick in die Landschaft – erleben die Weite der Landschaft,<br />

deren Ruhe, und ahnen die verborgenen Wunden.<br />

Material, Form und Idee bilden eine Einheit – ganz selbstverständlich<br />

und bewegen sich gestalterisch künstlerisch auf<br />

höchstem Niveau. Der Turm zeichnet Raum und Geschichte und<br />

berührt uns – heute und morgen.


Standort<br />

Die Landschaft um Senftenberg im südlichen Brandenburg ist<br />

durch den jahrzehntelangen Braunkohletagebau geprägt. Tiefe<br />

Löcher und großflächige Brachen zeugen von diesem Raubbau<br />

an der Natur. Die heute weitgehend stillgelegten Gruben werden<br />

nun gesichert und sollen zukünftig neuen Nutzungen zugeführt<br />

werden. Geplant ist eine Seenlandschaft, die durch Kanäle<br />

vernetzt ist. Reichhaltige Freizeitangebote auf und am Wasser<br />

sollen Touristen anlocken. Im zukünftigen Mündungsbereich<br />

<strong>des</strong> Sonoerkanals in den Sedlitzer See bildet der Standort eine<br />

charakteristische, von weitem sichtbare Landspitze.<br />

Form<br />

Auf dreieckigem Grundriss erhebt sich das Bauwerk mit zwei<br />

Gesichtern: Während es sich zur Landseite mit seinen skulpturalen<br />

Treppenläufen öffnet, zeigt es sich zur Seeseite als großmaßstäbliche<br />

Stele. Die versetzt angeordneten Treppenläufe<br />

» Oben: Perspektive der Treppen und Ebenen<br />

» Unten: Offene Seite <strong>des</strong> Turms mit Treppenläufen<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 11


» Oben: Fügung der vorgefertigten Bauteile<br />

» Unten: Vielgestaltige Treppenräume<br />

12 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

und Po<strong>des</strong>te erzeugen vielfältige Raumvarianten. Auf jedem<br />

Absatz wird das Verhältnis von Treppe, Wand und Raum neu bestimmt.<br />

So wirkt der Raum einmal bergend wie ein „Treppenhaus“,<br />

ein weiteres Mal kragt die Treppe aus und eröffnet freie<br />

Blicke in die Landschaft.<br />

Material<br />

Der Aussichtsturm aus wetterfestem Baustahl erhält durch<br />

Witterungseinflüsse eine ausdruckstarke rotbraune Patina.<br />

Wenn sich in einigen Jahren die Spuren <strong>des</strong> Tagebaus in idyllische<br />

Seen mit grünen Ufern verwandelt haben, wird die Landmarke<br />

als roher Markstein die bewegte Historie der Region ins<br />

Gedächtnis rufen. Die rostigen Flächen erinnern dann an die<br />

ehemaligen Abraumbrücken der Tagebaue. Die Schlankheit <strong>des</strong><br />

Materials und die besondere Konstruktionsweise aus Hohlkörpern<br />

erfährt der Besucher klangvoll beim Hinauf- und Hinabsteigen.<br />

Jeder Schritt bis hinaus zur Aussichtsplattform in 30<br />

Metern Höhe wird akustisch erlebbar. Andererseits vermitteln<br />

die geschlossenen Treppenläufe und Brüstungen den Eindruck<br />

von Solidität und Sicherheit. Die Ausbildung und Gestaltung<br />

der Details ist geprägt durch die Suche nach größtmöglicher<br />

Einfachheit und durchgängiger Materialität. Die rohen, unbehandelten<br />

Oberflächen mit Notizen von der Montage und Aufdrucken<br />

mit Produktangaben vom Stahlwerk vermitteln dem<br />

Besucher Eindrücke von der Herstellung <strong>des</strong> Bauwerks.<br />

Konstruktion<br />

» Links: Produktions- und Montage -<br />

spuren<br />

» Rechts: Detail Wasserablauf<br />

Der Turm ist vollständig aus sechs bzw. zehn Millimeter starken<br />

Blechen aus wetterfestem Stahl erbaut. Die sichtbaren Ober -<br />

flächen bilden gleichzeitig die Primärkonstruktion, bei der alle<br />

Teile statisch wirksam sind. Das Prinzip ihrer Fügung ist dem<br />

Schiffbau verwandt: Übereinander gestellte und verschweißte<br />

Hohlkästen werden von innen liegenden Rippen ausgesteift.<br />

Das Bauwerk wurde in Teilen vorgefertigt und anschließend in<br />

größtmöglichen Elementen per LKW angeliefert. Aufwendige<br />

Schweißarbeiten vor Ort konnten somit auf ein Minimum re -<br />

duziert werden.


Öffentliche Bauten<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 13


Auszeichnung<br />

Cité du Design, Saint-Etienne<br />

Architektur: LIN Finn Geipel + Giulia Andi, Berlin<br />

Tragwerk: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart (Stahltragwerk/<br />

Fassade); Bétom Ingénierie, Paris/Lyon (Massivbauplanung/<br />

Haustechnik)<br />

Energiekonzept: Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart<br />

Stahlbau: Groupement Renaudat, Chateauroux und HeFi France,<br />

Straßburg (Platine); Gagne, Le Puy (Aussichtsturm)<br />

Bauherr: Saint-Etienne Métropole<br />

14 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Laudatio<br />

» Blick auf die Cité du Design mit „Platine“<br />

und Ausichtsturm im Hintergrund<br />

Das Areal einer ehemaligen Waffenmanufaktur in Saint-Etienne/<br />

Zentralfrankreich sollte zu einem attraktiven Standort für Unternehmen<br />

und Institutionen aus dem Bereich <strong>des</strong> Design und<br />

der Informationstechnologie umgeformt werden, um Impulse für<br />

einen Strukturwandel in der ganzen Region zu geben.<br />

Diese anspruchsvolle und vielschichtige Aufgabenstellung ist<br />

in einer sehr hohen Gestaltungsqualität und mit großer Phan -<br />

tasie umgesetzt worden. Die gelungene Sanierung und Instandsetzung<br />

eines Teils der historischen Gebäude aus dem<br />

19. Jahrhundert bewahrt dem Ort seine Identität und lässt die<br />

Geschichte dieses kleinen Quartiers in einen spannenden Kontrast<br />

zu den neuen Nutzungen und Aufgaben treten.<br />

Neues Zentrum dieser Cité du Design ist die so genannte<br />

„Platine“, ein knapp 200 m langes und 31 m breites Gebäude,<br />

das neben einer Bibliothek und einem Gewächshaus Platz für<br />

Meetings, Vorlesungen und Ausstellungen bietet. Die Entwurfsidee<br />

ist eine Raumstruktur, die nicht zwischen Dach und Fassaden<br />

unterscheidet und so die unterschiedlichen Funktionen in<br />

einem weiten, stützenfreien Raum „einhüllt“. Sie ist zugleich<br />

recyclinggerecht konstruiert. Der 32 m hohe Aussichtsturm mit<br />

Leuchtkörpern an den Knotenpunkten seines Fachwerks setzt<br />

sich zugleich als Lichtkunstinszenierung in Szene.<br />

Mit der „Platine“ und dem Aussichtsturm als weithin sichtbares<br />

„Stadtzeichen“ ist den Architekten, Ingenieuren und Bauherrn<br />

eine unverwechselbare, gestalterisch sehr anspruchsvolle Gesamtanlage<br />

gelungen, die beispielhaft für vergleichbare Aufgabenstellungen<br />

zum Thema Stadtumbau und Stadterneuerung<br />

in Europa ist.<br />

» Lageplan, M 1:4000


» Oben, Mitte: Längsschnitt, Querschnitt, M 1:1000<br />

» Unten: Stützenfreier Innenraum mit sichtbarem<br />

Raumtragwerk<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 15


Tragwerk „Platine“<br />

Das Raumfachwerk der Platine ist aus vorgefertigten Querfachwerk-Abschnitten<br />

zusammengesetzt, die aufgrund der leicht<br />

bombierten Dachgeometrie alle voneinander verschieden sind.<br />

Die einzelnen Abschnitte wurden im Werk aus miteinander<br />

verschweißten Rechteck-Hohlprofilen mit Abmessungen von<br />

60 x 60 bis 180 x 60 Millimetern gefertigt. Auf der Baustelle<br />

wurden die Abschnitte miteinander verschraubt und so zu einem<br />

zusammenhängenden Tragwerk verbunden. Die Auflagerpunkte<br />

sind über Stahleinbauteile gelenkig und nachjustierbar<br />

an den Massivbau angeschlossen. Die Struktur ruht auf den<br />

Deckenrändern der Kellerdecke aus Stahlbeton. Das Untergeschoss<br />

in Massivbaubauweise ist auf Pfählen gegründet und<br />

von einem „Graben“ mit etwa einem Meter Breite umgeben.<br />

Der Zugang zum Gebäude erfolgt über Stege aus Stahlblech.<br />

16 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Oben: Eckausbildung <strong>des</strong> Raumfachwerks<br />

» Links: Stahltragwerk<br />

» Oben: Auf- und Untersicht der Gebäudehülle<br />

» Unten: Fachwerkabschnitt, M 1:400<br />

Gebäudehülle<br />

Die Außenhaut der Platine besteht aus über 14 000 dreieckigen<br />

Plattenelementen. Diese dienen dem Witterungsschutz und der<br />

Wärmedämmung, haben darüber hinaus aber noch unterschiedliche<br />

Funktionen und Eigenschaften. Ein Teil der Platten<br />

ist transparent, zum Teil in Kombination mit Lichtlenkelementen,<br />

und trägt so zur Versorgung <strong>des</strong> Gebäudeinneren mit natürlichem<br />

Licht bei. Ein anderer Teil dient durch integrierte Photovoltaik-<br />

Elemente der Stromerzeugung. Wieder andere Elemente dienen<br />

der natürlichen Belüftung <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>, der Entrauchung oder<br />

einer gezielten Verbesserung der akustischen Eigenschaften<br />

im Innenraum. Es handelt sich also um eine multifunktionale<br />

Gebäudehülle, die ohne großen Aufwand gezielt an sich ändernde<br />

Nutzerbedürfnisse angepasst werden kann. Die Verteilung<br />

der Paneele wurde auf der Grundlage von detaillierten thermischen<br />

und lichttechnischen Gebäu<strong>des</strong>imulationen festgelegt.<br />

Mehrere der eingebauten Elemente wurden speziell für das


» Aussichtsturm bei Nacht<br />

Bauvorhaben entwickelt. Die multifunktionale Gebäudehülle<br />

war wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Nachhaltigkeitszertifizierung<br />

<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> nach dem französischen HQE-<br />

Standard.<br />

Aussichtsturm<br />

Der 32 Meter hohe Aussichtsturm mit seiner auskragenden Besucherplattform<br />

setzt ein weithin sichtbares Zeichen. Das Rahmen-/Fachwerkgerüst<br />

<strong>des</strong> Turms hat ein Rastermaß, das – in<br />

Anlehnung an die historischen Bindertragwerke in den umliegenden<br />

Hallen und an das engmaschige Tragwerk der Platine –<br />

bewusst auf 1,20 Meter begrenzt wurde. Das rund 120 Tonnen<br />

schwere Tragwerk wurde im Werk vormontiert, in mehreren<br />

Transporteinheiten nach St-Etienne gebracht und dort in<br />

liegender, einfach zugänglicher Position mittels Baustellenschweißung<br />

montiert. Anschließend wurde der Turm im Laufe<br />

eines Nachmittags von vier Mobilkränen aufgerichtet und auf<br />

der vorbereiteten Pfahlgründung mit vorgespannten Ankerschraubenverbindungen<br />

befestigt.<br />

Die Aussichtsplattform ist mit einem vorelementierten Betonfußboden<br />

und einem beweglichen Sonnen- und Witterungsschutz<br />

ausgestattet. An den Knotenpunkten <strong>des</strong> Tragwerks befinden<br />

sich Leuchtkörper, die für Lichtkunstinszenierungen<br />

verwendet werden.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 17


Auszeichnung<br />

Ozeaneum Stralsund<br />

Architektur: Behnisch Architekten, Stuttgart<br />

Tragwerk: Schweitzer GmbH Beratende Ingenieure, Saarbrücken<br />

Brandschutz: TÜV Nord Systems GmbH & Co. KG, Hamburg<br />

Energiekonzept: Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart<br />

Stahlbau: Arbeitsgemeinschaft Rohbau Ozeanum, Wolgast<br />

Reiners, Donges SteelTec, Köthenbürger<br />

Bauherr: Deutsches Meeresmuseum, Stralsund<br />

Laudatio<br />

Die Aufgabe, in unmittelbarer Nachbarschaft zu der 2002 zum<br />

UNESCO-Weltkulturerbe erklärten Altstadt der Hansestadt<br />

Stralsund einen großen Museumsneubau umzusetzen, verlangt<br />

Fingerspitzengefühl und Visionen. Das Grundstück ist gezeichnet<br />

durch die Spuren der Hafennutzung und ist bis heute ein<br />

eigenständiger Stadtbaustein, der bis zur Wende 1990 Sperrgebiet<br />

war. Das Konzept der Architekten, ein offenes Haus zu<br />

errichten, das – wie vom Wasser umspülte Steine im Meer –<br />

18 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

von allen Seiten von Besuchern und Licht durchströmt wird, ist<br />

die richtige Antwort auf diesen Standort.<br />

Die Baumasse <strong>des</strong> Baukörpers ist nur zu erahnen. Die Fassade<br />

wurde mit Technologien <strong>des</strong> Schiffbaus aus großformatigen,<br />

vorgebogenen Stahlblechen zusammengesetzt und von der<br />

Tragkonstruktion getrennt. Sie vermittelt den Eindruck von freischwingenden<br />

Bändern, die auch vom Wind geblähte Segel<br />

sein könnten. Sie wirken an ihren auskragenden Rändern leicht<br />

und elegant, verbinden die unterschiedlichen Funktionen der<br />

einzelnen Gebäudeteile und lassen so ein einheitliches Ganzes<br />

entstehen.<br />

Eine besondere Lösung fanden Architekten und Ingenieure bei<br />

der stählernen Konstruktion der Walhalle. Die atemberaubende,<br />

aber gleichzeitig auch stabile und räumliche Tragstruktur mit<br />

der verspielten Außenhaut steht für wirtschaftliche und nachhaltige<br />

Konstruktionen.<br />

Im Bereich der energetischen Performance sind alle modernen<br />

Technologien zur Anwendung gekommen, die für eine Museumsnutzung<br />

zielführend waren.<br />

Insgesamt entsteht ein einprägsames und identitätsstiften<strong>des</strong><br />

Element im Stadtbild, das Modernität transportiert, den mari -<br />

timen Standort unterstützt und sich in das Stadtbild einfügt<br />

ohne sich zu verleugnen. Den Architekten ist es gelungen, gemeinsam<br />

mit den Fachplanern und ausführenden Gewerken<br />

einen spektakulären Museumsneubau zu errichten. Der sensible<br />

Standort wird für die Stadt und die Menschen zurück gewonnen.<br />

Das Bauwerk ist ein hervorragen<strong>des</strong> Beispiel dafür, dass sich<br />

Modernität, Nachhaltigkeit und Bewahrung <strong>des</strong> kulturellen Erbes<br />

gut miteinander verbinden lassen.<br />

» Haupteingang


» Oben: Hafenansicht<br />

» Unten: Grundriss, Schnitte, M 1:1000<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 19


Das Ozeaneum ist in vier einzelne, den Themen <strong>des</strong> Ausstellungskonzepts<br />

zugeordnete Baukörper gegliedert: Die Walhalle<br />

(Riesen der Meere), das Ausstellungsgebäude, das Ost- sowie<br />

das Nordsee-Aquarium. Ein zentrales, über mehrere Ebenen<br />

reichen<strong>des</strong> Foyer erschließt die einzelnen Museumsbereiche<br />

durch Stege, Treppen und Aufzüge. Formal und konstruktiv von<br />

der eigentlichen Baumasse unabhängig, umgeben monumentale<br />

Skulpturen aus frei gebogenen Stahlplatten die unterschiedlichen<br />

Baukörper und fassen sie zu einem einheitlichen<br />

Erscheinungsbild zusammen.<br />

Alle Neubauten, außer der Walhalle, wurden in Stahlbeton- und<br />

Stahlverbund-Skelettbauweise ausgeführt, um beispielsweise<br />

weit auskragende Decken wie in den Aquarien realisieren zu<br />

können. Im Ausstellungsgebäude wurde ein großer Teil <strong>des</strong> vertikalen<br />

und horizontalen Lastabtrags durch Konstruktionen<br />

aus Verbundhohlprofilen ermöglicht. Die Stahlstützen der Fassaden<br />

in den Gebäuden Ost- und Nordsee belasten die Decke<br />

über dem Erdgeschoss an den freien Rändern, daher wurden<br />

20 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

für die Lasteinleitung an den Fuß- und Kopfpunkten der Stützen<br />

stahlbautypische Details entwickelt.<br />

Walhalle<br />

» Oben, Mitte: Isometrie und Untersicht<br />

der tragenden Stahlstruktur<br />

» Links: Eine Halle für die Riesen der<br />

Meere<br />

Im Gegensatz zu den anderen Baukörpern wurde die Tragkons -<br />

truktion der Walhalle hauptsächlich in Stahl realisiert. Aneinandergereihte,<br />

über Querriegel angeschlossene Stahlrahmen-<br />

Verbundkonstruktionen ermöglichen Spannweiten von mehr<br />

als 20 Metern. Horizontal ist die Konstruktion durch eine Stahlverbunddecke<br />

und Windverbände ausgesteift. Durch die freie<br />

Gebäudeform sowie das Vor- und Zurückspringen der Decken<br />

sind alle Fassadenstützen im Raum geneigt, was, neben unterschiedlichen<br />

Anstellwinkeln, auch zu unterschiedlichen Längen<br />

der Stützen führt. Um den gekrümmten Formen der Fassaden<br />

folgen zu können, sind die Stützen teilweise zusätzlich gebogen.<br />

Die Verankerung erfolgte durch Knaggen und vorgespannte<br />

Anker, sodass ein Ausrichten der Stahlkonstruktion auch im<br />

Nachhinein noch möglich war.


» Oben: Stahlplattenfassade bei Nacht<br />

» Unten: 3D-Modell der Fassade<br />

Stahlhüllen<br />

Die frei geformte Außenhaut der vier Neubaukörper wurde aus<br />

bis zu 16 Meter langen und drei Meter breiten Stahlblechen mit<br />

Dicken von acht bis 30 Millimetern gefertigt, wie sie im Schiffsbau<br />

verwendet werden. Die 360 Stahlbleche sind etwa 60 Zentimeter<br />

vor dem eigentlichen Baukörper auf Ringträgern hängend<br />

und gleitend gelagert, um Temperaturdehnungen zwängungsfrei<br />

zu ermöglichen. Der Lastabtrag erfolgt größtenteils über die<br />

Stahlstützen mit hohen Biege- und Torsionsmomenten.<br />

Die komplexe Geometrie konnte im Wesentlichen vorgefertigt<br />

und mit einem vergleichsweise geringen Aufwand in kurzer Zeit<br />

montiert werden. Alle geometrischen Fragen wurden vor Produktion<br />

und Montage anhand von 3D-Modellen geklärt. Durch<br />

die Entscheidung, nur die äußere Hülle der Fassade in selbsttragenden,<br />

frei geformten Stahlplatten auszuführen, konnte bei<br />

der Haupttragkonstruktion die Geometrie aus linearen Elementen<br />

erstellt werden. Wegen der hohen Festigkeit der gebogenen<br />

Stahlbleche konnte auf eine entsprechend aufwendig geformte<br />

Unterkonstruktion verzichtet werden. Die Stahlbleche selbst<br />

sind punktuell an der Primärkonstruktion befestigt.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 21


Auszeichnung<br />

Dornier Museum Friedrichshafen<br />

Architektur: Allmann Sattler Wappner Architekten GmbH,<br />

München<br />

Tragwerk: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart<br />

Brandschutz: Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz<br />

mbH, Kleve<br />

Stahlbau: Friedrich Bühler GmbH & Co. KG, Altensteig<br />

Bauherr: Dornier Stiftung für Luft- und Raumfahrt, München<br />

» Oben: Lageplan, M 1:5000<br />

» Unten: Eingangsbereich<br />

22 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Laudatio<br />

Die Situierung <strong>des</strong> Neubaus in unmittelbarem Bezug zum Flugfeld<br />

<strong>des</strong> Flughafens Friedrichshafen veranlasst die Architekten<br />

zu einer baulichen Antwort, die sowohl typologisch als auch in<br />

der Wahl der Materialien und Konstruktionen die Inhalte <strong>des</strong><br />

Unternehmens Dornier und Themen der Luftfahrt transportiert.<br />

Die Architektursprache nimmt Bezug auf den Industriebau und<br />

unterstreicht damit die Intention der Architekten, einen Hangar<br />

als Museum zu gestalten.<br />

Mit der weit spannenden Stahlkonstruktion werden Prinzipien<br />

<strong>des</strong> Flugzeugbaus hinsichtlich eines möglichst reduzierten und<br />

dabei höchst effizienten Einsatzes von Ressourcen bildhaft und<br />

nachvollziehbar auf die Architektur <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> übertragen.<br />

Der Museumsbau vermittelt über seine Geometrie, die gewählte<br />

Materialität, die Präzision in der Detaillierung, aber auch über<br />

sein transluzent-weißes Erscheinungsbild in gelungener Weise<br />

die Dynamik, Leichtigkeit und Eleganz, die der Besucher mit<br />

den ausgestellten Flugobjekten verbindet.


Von weitem unterscheidet sich das Museum mit seiner an den<br />

Industriebau angelehnten Architektur kaum von den umliegenden<br />

Bauten <strong>des</strong> Flufhafens – lediglich die unter dem rechteckigen<br />

Dach zurückweichenden Fassaden, die aus der Überlagerung der<br />

Halle und einer neu geschaffenen, bogenförmigen Abzweigung<br />

vom Rollfeld entstehen, stören das vertraute Bild einer Flugzeughalle.<br />

Die Dachflächen, die an den Längsseiten über die Grundfläche<br />

auskragen, werfen ihre Schatten auf die geschwungenen<br />

weißen Wände und verleihen dem Gebäude eine überraschende<br />

Dynamik.<br />

Eine vorgelagerte Raumschale auf der Südseite, die über die<br />

auskragende Stahlkonstruktion mit der Ausstellungshalle verbunden<br />

ist, formt einen überdachten Eingangsbereich. Vorbei<br />

an Rezeption, Cafeteria und Museumsshop startet der Rundgang<br />

durch das Museum über eine Wendeltreppe in das Innere<br />

der Ausstellungsbox, die als aufgeständerter Baukörper in<br />

die Halle eingestellt ist. Im Obergeschoss verlässt der Besucher<br />

die geschlossene Box und tritt hinaus auf die Galerie, die dem<br />

Schwung der Fassade folgt. Aufzug und Treppe führen zurück<br />

in das Erdgeschoss der lichtdurchfluteten Halle. Durch die dunkel<br />

getönte Westfassade, die raumhoch geöffnet werden kann,<br />

lässt sich die Spur <strong>des</strong> Rollweges in die Halle hinein verfolgen.<br />

» Oben: Schnitt, Grundrisse EG und OG, M 1:1500<br />

» Links: Rezeption unter der aufgeständerten Ausstellungsbox<br />

» Geschützte Terrasse auf der Rück -<br />

seite mit Blick auf das Flugfeld<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 23


» Galerie mit farbigen Schaukästen<br />

Material und Farbe<br />

Das Tragwerk der eingeschossigen Halle besteht aus Stahlprofilen.<br />

Die Decke, in der sichtbar und auf mehreren Ebenen Primärund<br />

Sekundärträger, Licht- und Installationssysteme orthogonal<br />

verwoben sind, ist einerseits strukturell differenziert. Gleichzeitig<br />

werden Hierarchien, die sich aus der Art der Fügung er -<br />

geben, sowie Komponenten mit unterschiedlichen Funktionen<br />

über eine einheitlich weiße Farbgebung ausgeglichen. Auch die<br />

Fassadenstützen, die Galerie oder die Untersicht der Ausstellungsbox<br />

sind weiß beschichtet. Der Lichteinfall von allen Seiten<br />

lässt einen zurückhaltenden, hellen Raum entstehen.<br />

Lichtdurchlässige Polycarbonatplatten bilden die geschwungenen<br />

Längsfassaden. Um die Sonneneinstrahlung zu verringern,<br />

wurde auf der Südseite zusätzlich ein Punktraster aufgebracht.<br />

Das Montage system der gebäudehohen Elemente ermöglicht<br />

» Innen- und Außenansicht der Halle mit geöffnetem Hangartor<br />

24 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

den Verzicht einer konstruktiven Unterteilung auf der Außenseite.<br />

Je nach Blickwinkel erscheinen die Fassaden wie ein Filter,<br />

der nur schemenhaft das Innenleben wiedergibt, oder wie<br />

ein Spiegel, der die lichte Weite <strong>des</strong> Rollfel<strong>des</strong> reflektiert. Deutlich<br />

setzen sich dagegen die West- und Ostfassade ab, die mit<br />

ihren dunklen Rahmenkonstruktionen und Sonnenschutzgläsern<br />

eine Art Torfunktion übernehmen.<br />

Konstruktion<br />

Das Hallentragwerk verläuft in einem Bogen über die gesamte<br />

Grundrisslänge, wobei die Hallenbreite von 33 bis 37 Meter<br />

variiert. In Gebäudelängsrichtung misst das Stützenraster vier<br />

Meter, in Querrichtung passt sich der Stützenabstand dem Verlauf<br />

von Nordfassade, Südfassade und Galerie an. Dabei bilden<br />

die Stahlstützen <strong>des</strong> Tragwerks mit ihrem Querschnitt die Kurvenform<br />

<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> ab. Sie sind als geschweißte I-Profile in Rautenform<br />

ausgebildet, mit Seitenabmessungen von 650 x 360<br />

Millimetern an der Nord- und Südseite und 360 x 360 Millimetern<br />

bei den Galeriestützen.<br />

Der Aussteifung <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> kommt wegen seiner Lage in<br />

Erdbebenzone 2 eine nicht unerhebliche Rolle zu. Aufgrund <strong>des</strong><br />

Hangartores und <strong>des</strong> Lichtraumprofils von neun Metern wird die<br />

Halle in Querrichtung über Zweifeldrahmen mit Fußgelenken<br />

ausgesteift. Durch Einbeziehung der ohnehin erforderlichen<br />

Galeriestützen in das Rahmensystem wird eine effiziente Ab -<br />

tragung der Horizontallasten erreicht. In Längsrichtung sind<br />

Verbände angeordnet.<br />

Die Ausstellungsbox, die innerhalb der Halle angeordnet ist,<br />

besitzt aufgrund einer späteren Demontage möglichkeit bei<br />

Umnutzung ein separates Tragwerk. Das statische System <strong>des</strong><br />

zweigeschossigen Einbaus besteht aus zwei Stahlträgerrosten<br />

mit Pendelstützen. Die Aussteifung erfolgt über den Treppenhauskern<br />

aus Stahlbeton.


» Oben: Isometrie <strong>des</strong> Stahltragwerks<br />

» Unten: Blick von der Galerie in die<br />

Ausstellungshalle<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 25


Hotel Kameha Grand Bonn<br />

Architektur: Karl-Heinz Schommer, Bonn<br />

Tragwerk: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart<br />

Brandschutz: H + L Brandschutz Uhlig, Willich<br />

Stahlbau: Stahlbau Frenken & Erdweg GmbH, Heinsberg-<br />

Dremmen<br />

Bauherr: BonnVisio Real Estate GmbH & Co. KG, Bonn<br />

Eine multifunktionale Veranstaltungshalle bildet das Zentrum<br />

<strong>des</strong> neuen 5-Sterne Hotels in Bonn. Die 21 Meter hohe und 55<br />

Meter lange Halle fällt zum Rhein hin ab und weitet sich trapezförmig<br />

von 24 auf 30 Meter. Die filigrane und transparente<br />

Stahl-Glas-Konstruktion, die zwischen den beiden Massivbauteilen<br />

spannt, ermöglicht aus allen Geschossen im Inneren <strong>des</strong><br />

Hotels den freien Blick nach außen. Gleichzeitig wird der äußere<br />

Landschaftsraum in das Gebäude optisch mit einbezogen.<br />

Konstruktion<br />

Das Haupttragwerk <strong>des</strong> Hallendachs wird durch sechs Stahl -<br />

träger gebildet, die durch Doppelseile und runde Luftstützen<br />

unterspannt sind. Die letzten beiden Träger sind zur horizontalen<br />

Aussteifung durch sich kreuzende Zugstäbe miteinander<br />

verbunden. Um Temperaturzwängungen zu minimieren, sind<br />

die Hauptträger an einem Ende gelenkig, am anderen Ende entlang<br />

der Trägerachse beweglich an der angrenzenden Stahl -<br />

betonkonstruktion <strong>des</strong> Hotels angeschlossen.<br />

Die rechtwinklig mit den Hauptträgern verschweißten Sekundär -<br />

träger sind im Bereich der flussseitigen Fassade gebogen und<br />

26 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Isometrie <strong>des</strong> Stahltragwerks<br />

gehen schließlich in die an beiden Seiten der Halle gelenkig<br />

gelagerten Fassadenpfosten über. Haupt- und Nebenträger bestehen<br />

aus geschweißten Hohlkastenprofilen mit einer Breite<br />

vom 140 Millimetern, weisen aber – je nach Beanspruchung –<br />

variable Höhen und Wandstärken auf. Neben ihrer tragenden<br />

Funktion dienen sie auch als Kabeltrassen.<br />

Das Dach der Halle ist mit Sonnenschutzgläsern eingedeckt,<br />

ein zusätzlicher Blend- und Sonnenschutz wurde zwischen den<br />

Stahlbindern eingehängt. Die Klimatisierung erfolgt über die<br />

Fassadenkonstruktion in Verbindung mit den Heiz- und Kühl -<br />

flächen <strong>des</strong> Fußbodens, die über eine Geothermieanlage gespeist<br />

werden.<br />

» Blick vom Rhein auf die Südfassade <strong>des</strong> Hotels


» Abgerundeter Übergang <strong>des</strong> Glas daches<br />

» Oben rechts: Ansicht, Schnitt <strong>des</strong> Hauptträgers,<br />

M 1:20<br />

» Unten: Blick durch die Halle auf den Rhein<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 27


Besucherzentrum Gedenkstätte<br />

Berliner Mauer<br />

Architektur: Mola Winkelmüller Architekten, Berlin<br />

Tragwerk: Wetzel & von Seht, Hamburg<br />

Stahlbau: Karl Dieringer Blechbearbeitung, Berlin<br />

Bauherr: Stiftung Berliner Mauer vertreten durch die<br />

Senatsverwaltung Berlin<br />

Das Besucherzentrum der Gedenkstätte Berliner Mauer ist,<br />

von der S-Bahnstation Nordbahnhof kommend, die erste Anlaufstelle<br />

für Besucher. Sein Standort markiert das Abknicken<br />

der Berliner Mauer nach Norden, deren ehemaliger Verlauf<br />

durch eine Reihung aus Rundstahlstäben nachgebildet wird.<br />

Das Gebäude ist als Mischkonstruktion in Stahlbeton-Massivbauweise<br />

im Erdgeschoss und als Stahlbau im Obergeschoss<br />

erstellt. Während das Erdgeschoss parallel zur Mauer verläuft,<br />

ist das Obergeschoss zum Gelände der Gedenkstätte ausgerichtet<br />

und um 27 Grad verdreht. Die auskragende Ecke über<br />

dem Haupteingang bildet einen gedeckten Vorplatz für die Besucher<br />

aus, die sich an den als Informationsstelen dienenden,<br />

blechbekleideten Stahlstützen über weitere Mauerorte informieren<br />

können. Durch die Verdrehung der beiden Geschosse<br />

entsteht eine Dachfläche über dem Erdgeschoss, die als fünfte<br />

Fassade mit pulverbeschichteten Gitterrosten belegt ist.<br />

Eine hinterlüftete Kassettenkonstruktion aus gekantetem, wetterfestem<br />

Stahl bildet die Außenhaut <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> und signalisiert<br />

so die Zugehörigkeit zu den weiteren, in dem gleichen<br />

Material ausgeführten Objekten der Gedenkstätte.<br />

28 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Links: Haupteingang <strong>des</strong> Besucherzentrums<br />

» Mitte: Lageplan, M 1:1500<br />

» Unten links: Stahlstäbe zeichnen den<br />

ehemaligen Mauerverlauf nach<br />

» Unten rechts: Gitterrost auf dem Dach


Campushotel Berlin,<br />

Science & Conference Center<br />

Architektur: Murphy/Jahn Achitects, Chicago<br />

Tragwerk: Reichmann + Partner Ingenieurgesellschaft mbH &<br />

Co. KG, Erfurt<br />

Brandschutz: Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz<br />

mbH, Kleve<br />

Stahlbau: Peene Stahl GmbH, Neukalen; Scheldebouw, Kerkrade<br />

Bauherr: Kommunalprojekt ppp GmbH, Potsdam<br />

Das neue Tagungszentrum der Freien Universität Berlin ist als<br />

stringenter Kubus mit Ausschnitt konzipiert. Das Gebäude -<br />

ensemble aus Hotel und Tagungszentrum bildet ein Quadrat<br />

mit einheitlich hoher Bebauung. Der zwischengelagerte, L-förmige<br />

Hof bietet eine Trennung der unterschiedlichen Nutzungen<br />

und eine weitere Durchwegung <strong>des</strong> Gelän<strong>des</strong>.<br />

Diagonal verlaufende Stahlträger bilden den oberen Abschluss<br />

<strong>des</strong> Innenhofs. Die anfallenden Lasten werden über Scheiben<br />

aus Stahlprofilen abgetragen, die gleichzeitig als Rankgerüst<br />

dienen. Umlaufende Stahlroste auf den in Stahlbetonskelettbauweise<br />

erstellten Gebäuden vervollständigen die filigrane Überdachung<br />

<strong>des</strong> Ensembles.<br />

» Oben: Verzinkte Stahlroste über den Dächern<br />

» Unten: Vertikale Begrünung <strong>des</strong> Innenhofs<br />

» Hotel und Kongresszentrum unter einem „Dach“ aus Stahl<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 29


» Städtebaulicher Kontext<br />

» Oben: Grundrissebenen<br />

» Unten links: Unterseite mit poliertem Edelstahl<br />

» Unten rechts: Neutrale Farbgebung im Aus -<br />

stellungsraum<br />

30 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Porschemuseum, Stuttgart<br />

Architektur: Delugan Meissl Associated Architecs, Wien<br />

Tragwerk: Leonhardt, Andrä und Partner, Stuttgart<br />

Brandschutz: Sachverständigenbüro Halfkann + Kirchner,<br />

Erkelenz<br />

Stahlbau: Arge Stahl + Verbundbau GmbH, Dreieich<br />

mit Stahlbau Queck GmbH, Düren<br />

Bauherr: Dr.-Ing. h. c. Ferdinand Porsche AG, Stuttgart<br />

Die außergewöhnliche Gestaltung <strong>des</strong> neuen Porschemuseums<br />

ist Aufsehen erregend: Ein dynamisch geformter, monolithischer<br />

Baukörper, der von nur drei Pylonen getragen wird, scheint über<br />

dem Boden und dem Erdgeschossniveau zu schweben. Die<br />

schmalen Fugen der weiß beschichteten Metallelemente lassen<br />

die Oberflächen der Fassaden homogen erscheinen. Die Untersicht<br />

ist mit hochpoliertem Edelstahl verkleidet. Das reflektierende<br />

Material überträgt die Spiegelung der Glasfront optisch<br />

wie atmosphärisch in die großzügige Öffnung <strong>des</strong> Eingangsbereichs<br />

und akzentuiert die Anziehungskraft der Erschließungszone.<br />

Die monochrome äußere Farbgebung wird im Inneren<br />

fortgeführt.<br />

Über eine sanft ansteigende Rampe erreichen die Besucher das<br />

Foyer im Gebäudeinneren. Eine besondere Attraktion ist, neben<br />

Empfang, Kaffeebar, Restaurant und Museumsshop, die mit<br />

einer Glaswand abgetrennte Werkstatt für die Instandhaltung<br />

klassischer Fahrzeuge. Der Weg in das Obergeschoss wird<br />

durch die langgezogene Erschließung über zwei Rolltreppen<br />

dramatisch in Szene gesetzt. Gleichzeitig verengt sich der<br />

Zugangsraum bevor die Besucher in die großzügige Weite<br />

der Ausstellung eintreten. Fließend entwickeln sich die Ausstellungsbereiche<br />

im Raum, wobei die verschiedenen Modelle<br />

in chronologischer Reihenfolge präsentiert werden. Vor dem<br />

Hintergrund der hellen Wand- und Deckenflächen setzen die


» Front <strong>des</strong> Museums vom Porsche-Platz aus gesehen<br />

Exponate farbliche Akzente. Im Dachgeschoss sind eine Lounge,<br />

Konferenzräume sowie eine Terrasse untergebracht, die den<br />

Blick hinunter auf das Dach <strong>des</strong> „Basements“ freigibt, das für<br />

Sonderausstellungen genutzt werden kann und befahrbar ausgelegt<br />

ist.<br />

Konstruktion<br />

Die dreieckige Grundstücksfläche bestimmt die Grundform <strong>des</strong><br />

Museums. 115 Bohrpfähle sichern das Untergeschoss und das<br />

so genannte „Basement“, die beide in Stahlbeton ausgeführt<br />

» Längsschnitt, M 1:1000<br />

wurden. Darüber erhebt sich der eigentliche Ausstellungsbau<br />

auf drei hochbeanspruchten Kernen, deren Wände wegen der<br />

außergewöhnlichen Belastung und Geometrie mit Wandstärken<br />

von bis zu 75 Zemtimeter ausgebildet wurden. Einer der Kerne<br />

in Y-Form ist mit Spannstahllitzen vorgespannt. Die tragenden<br />

Gebäudekerne bestehen aus Stahl- und Spannbeton im Verbund<br />

mit selbstverdichtendem, hochfestem Beton.<br />

Mit einer Länge von etwa 160 Metern und einer durchschnitt -<br />

lichen Breite von 70 Metern erreicht der schwebende Oberbau<br />

ein Gesamtgewicht von 35 000 Tonnen.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 31


» Rohbau der tragenden Stahlstruktur<br />

» Oben: Verbindung verschiedener<br />

Fachwerke in einem Knoten<br />

» Unten links: Vorbereitung <strong>des</strong><br />

Deckeneinbaus<br />

» Unten Mitte: Montage der Unter -<br />

konstruktion für die Rolltreppe<br />

» Unten rechts: Blick in die<br />

verschiedenen Trägerebenen<br />

32 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Die extremen Spannweiten und Auskragungen konnten nur<br />

durch dreidimensionale Stahlfachwerke im Verbund mit Ortbetondecken<br />

realisiert werden. Geschosshohe Stahleinbauten<br />

leiten die außergewöhnlich hohen Lasten aus dem Stahltragwerk<br />

in die Kerne ein. Für die Dach- und Deckenkonstruktionen<br />

wurden sowohl Vollwandträger (geschweißte Biegeträger) als<br />

auch Fachwerkträger als räumliche Trägerroste eingesetzt.<br />

Bei der Planung <strong>des</strong> Tragwerkes kamen parametrische Computermodelle<br />

zum Einsatz, mit deren Unterstützung sowohl die Dimensionen<br />

der Bauteile bestimmt als auch die Montageabläufe<br />

der zum Teil vormontierten Elemente simuliert werden konnten.<br />

Im Falle eines Rückbaues könnten, trotz der Komplexität <strong>des</strong><br />

Gebäu<strong>des</strong>, bis zu 98 Prozent der 5 500 Tonnen verbauten Stahls<br />

demontiert und wieder verwertet werden.


Bürobauten<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 33


Europäische Investitionsbank Luxemburg<br />

Architektur: ingenhoven architects GmbH, Düsseldorf<br />

Tragwerk Dach und Seilfassade: Werner Sobek Ingenieure,<br />

Stuttgart<br />

Fassadenplanung und Bauphysik: DS Plan, Stuttgart<br />

Technische Gebäudeausrüstung: HL-Technik, München (Entwurf);<br />

IC-Consult, Frankfurt am Main; pbe-Beljuli, Pulheim;<br />

S&E Consult, Luxemburg<br />

Stahlbau: VINCI Construction, Rueil-Malmaison<br />

Fassade: seele GmbH & Co. KG, Gersthofen<br />

Bauherr: Europäische Investitionsbank Luxemburg<br />

Ein gebogenes Glasdach überspannt das gesamte neue Verwaltungsgebäude<br />

der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg.<br />

Der Erweiterungsbau in unmittelbarer Nähe der bestehenden<br />

Gebäude auf dem Kirchberg-Plateau bietet auf 72 500 Quadratmetern<br />

Raum für 750 neue Arbeitsplätze. Dabei ermöglicht der<br />

zickzackförmige Grundriss <strong>des</strong> eigentlichen Bürobaukörpers<br />

unterhalb <strong>des</strong> 170 Meter langen und 50 Meter breiten Daches<br />

die gleichberechtigte Anordnung der Büroräume und unterstützt<br />

so interaktive und kommunikative Prozesse. Die Gebäudehülle<br />

aus Stahl und Glas garantiert nicht nur ein Maximum<br />

an Tageslicht und Transparenz. Sie ist, neben verschiedenen<br />

» Lageplan, M 1:5000<br />

34 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Atrium mit gewölbtem Glasdach auf der Nordseite<br />

Arten von warmen und kühlen Atrien, Doppelfassaden, natür -<br />

licher Be- und Entlüftung oder der Aktivierung der Geschoss -<br />

decken, wesentliche Grundlage und integraler Bestandteil <strong>des</strong><br />

Klimakonzeptes.<br />

Klimakonzept<br />

Ausgangspunkt für die Planung der Atriendächer und -fassaden<br />

war die Umsetzung eines energetisch möglichst sparsamen<br />

Heiz- und Kühlkonzepts <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>. Pufferräume vor den<br />

Arbeitsbereichen im Inneren der Büroriegel verbessern nicht<br />

nur das Verhältnis von Hüllfäche zu Raumvolumen, sie gewährleisten<br />

auch eine ganzjährige, individuelle Fensterlüftung und<br />

vermeiden Fehlbedienungen der Nutzer. Im Winter führt die<br />

Überströmung der erwärmten Luft aus den Bürobereichen als<br />

Nebeneffekt zur leichten Temperierung der Atrien. Die offenen<br />

Bereiche zwischen den Bürotrakten fungieren auf der Nordseite<br />

als unbeheizte „Wintergärten“. Dagegen bilden die Zwischenräume<br />

auf der Südseite mit ihrer vertikalen Doppelfassade<br />

leicht temperierte, stützenfrei überspannte „öffentliche“ Atrien<br />

aus. Dort befinden sich Haupt- und Nebeneingangsbereiche<br />

sowie die Zugänge zum Bestandsgebäude und zur Kantine.<br />

Das Gebäude wurde bereits 2005 gemäß den BREEAM-Kriterien<br />

zertifiziert und mit „very good“ eingestuft. Nach Inbetriebnahme<br />

und dem „Post Construction Review“ im Jahr 2008 lautete<br />

die Einschätzung „excellent“. Damit war das Projekt das erste<br />

Gebäude mit diesem Status auf dem Europäischen Festland.


» Auf der tiefer liegenden Nordseite folgt<br />

das Glasdach dem Geländeverlauf<br />

» Querschnitt, M 1:1000<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 35


Seilfassaden<br />

Zu den herausragenden Merkmalen <strong>des</strong> Bauwerks zählen, neben<br />

der Verglasung <strong>des</strong> riesigen Gewölbes, die drei Seilfassaden<br />

der Wintergärten auf der Südseite mit einer Fläche von 2 350<br />

Quadratmetern. Sie werden jeweils durch Fischbauchträger von<br />

bis zu 50 Metern Länge überspannt, die der Unterstützung <strong>des</strong><br />

Dachnetzes sowie dem Abspannen der Stahlseile der Atriumfassaden<br />

dienen. Mit einem Gewicht von 60 Tonnen waren sie<br />

eine besondere Herausforderung für die Montage. Die vorgefertigten<br />

Trägerelemente wurden vor Ort zusammengeschweißt<br />

» Links: Stahlknoten <strong>des</strong> Fischbauchträgers<br />

» Rechts: Montage <strong>des</strong> Trägers<br />

36 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Links: Atrium mit Seilfassade<br />

» Rechts: Detailschnitt Südfassade,<br />

M 1:100<br />

und mit mehreren Mobilkränen in die Lager eingehoben. Die<br />

an den Fischbauchträgern befestigten, drei Zentimeter dicken<br />

Stahlseile der Seilfassade werden mit einer Spannkraft von<br />

etwa 20 Tonnen im Erdgeschoss verankert. Der Träger ist in den<br />

Kalottenlagern pendelnd gelagert und ermöglicht so in Kombination<br />

mit der Elastizität der Stahlseile Bewegungen der Fassade<br />

von 60 Zentimetern. In der Glasebene verlaufen Stahlseile<br />

sowohl in den Vertikal- als auch in den Horizontalfugen. Die<br />

Seile in den Vertikalfugen übernehmen die Lastabtragung <strong>des</strong><br />

Scheibengewichts, die horizontal gespannten Seile stabilisieren<br />

die Punkthalter gegen Verwinden und Verdrehen.


Glasgewölbe<br />

» Links: Stahlrohrknoten mit aufgesetzten<br />

Aluminiumprofilen<br />

» Rechts: Montage der dreieckigen<br />

Glasscheiben<br />

Die Unterkonstruktion <strong>des</strong> Glasdaches ist aus Stahlrohren zusammengesetzt<br />

und überspannt die Wintergärten stellenweise<br />

auf eine Länge von 40 Metern. Zur Anpassung an die gewölbte<br />

Form ist die Struktur in Dreiecke aufgeteilt. Auf den Stahlrohren<br />

ist eine hochwärmegedämmte Aluminiumkonstruktion befestigt,<br />

die das Dreiecksraster nochmals für die Dachverglasung<br />

unterteilt. 5 772 dreieckige Glasscheiben mit Zweischeiben-<br />

Isolierverglasung in den Abmessungen von circa 1,75 auf zwei<br />

Meter bilden die eigentliche Außenhaut. Die Glasscheiben sind<br />

mit zwei Punkthaltern je Glaskante an der Aluminiumkonstruktion<br />

befestigt, die Fugen wurden versiegelt. Neben festverglasten<br />

Elementen wurden Klappen für natürliche Be- und Entlüftung<br />

sowie Entrauchung eingebaut, die von einer zentralen<br />

Anlage gesteuert werden. Im Bereich der horizontalen Dachflächen<br />

der südlichen Atrien wurde die Verglasung mit einer farbneutralen<br />

Sonnenschutzbeschichtung versehen.<br />

» Links: Ansicht der Glasfassade mit<br />

Lüftungselementen<br />

» Oben: Ansicht, Schnitt der Glasdachkonstruktion,<br />

M 1:100<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 37


„SuperC“ – Studienfunktionales<br />

Zentrum der RWTH Aachen<br />

Architektur: ARGE Fritzer + Pape, Aachen/Graz,<br />

Pape Architekturbüro, Aachen/Köln (Ausführung)<br />

Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />

Brandschutz: Kempen Krause Ingenieurgesellschaft, Aachen<br />

Stahlbau: Hochtief Construction AG, Köln<br />

Bauherr: BLB NRW, Niederlassung Aachen<br />

Der Neubau <strong>des</strong> studienfunktionalen Zentrums bündelt an zentraler<br />

Stelle Verwaltungseinheiten der Hochschule und bietet<br />

gleichzeitig Veranstaltungsräume für Stadt und Wirtschaft. In<br />

20 Metern Höhe kragt das Dachgeschoss rund 17 Meter über<br />

einem leicht ansteigenden Vorplatz aus. Dieser zieht sich bis<br />

zur Eingangshalle im Erdgeschoss in das Gebäude hinein. Unter<br />

der „Plaza“ liegt eine multifunktionale Halle für Ausstellungen,<br />

Konzerte oder Feste. Sie ist über die Eingangshalle oder über<br />

eine in den Platz eingeschnittene Treppe zugänglich und kann<br />

38 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Lageplan, M 1:1500<br />

so auch außerhalb der Öffnungszeiten <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> für Veranstaltungen<br />

genutzt werden.<br />

Auf fünf Etagen sind die Verwaltungseinheiten untergebracht,<br />

wobei die Büroräume der Mitarbeiter nach Norden hin angeordnet<br />

sind. Hier ist die Gebäudehülle als geschlossene, gedämmte<br />

und hinterlüftete Aluminiumhaut mit durchgehenden<br />

Fensterbändern ausgebildet. Die Fassade <strong>des</strong> Dachgeschosses<br />

ist in Sequenzen mit vorgehängten Tafeln aus Aluminiumloch-


» Sichtbares Stahltragwerk im auskragenden Dachgeschoss<br />

blech ausgestattet, die als Sonnenschutz dienen. Die kamm -<br />

artigen, weit in den Dachrand eingeschnittenen Oberlichter<br />

sorgen in den zwei großen Konferenzsälen auch in der Tiefe für<br />

natürliches Licht. Im Inneren bieten Lufträume Orientierung<br />

und Kontaktmöglichkeiten über die verschiedenen Geschosse<br />

hinweg.<br />

Konstruktion Dachgeschoss<br />

Vier Stahlfachwerkträger mit einer Gesamtlänge von rund 31<br />

Metern und einer maximalen Bauhöhe von sieben Metern bilden<br />

das Tragwerk <strong>des</strong> auskragenden Dachgeschosses. Für die<br />

Gurte, Pfosten und Diagonalen der Träger wurden Schweißprofile<br />

verwendet. Die Kraftübertragung erfolgt über Elastomer -<br />

lager und Spanngliedverankerungen in die rückwärtigen Stahlbetonverbundstützen.<br />

Die Verspannung <strong>des</strong> obersten Geschosses<br />

mit den Fundamenten durch diese Monolitzen ist ähnlich<br />

» Oben: Querschnitt, M 1:500<br />

» Rechts oben, unten: Natürliche Belichtung<br />

und Orientierung durch Lufträume und Dacheinschnitte<br />

dem Prinzip einer Spannbetonbrücke. Im Bereich der Dachebene<br />

sind zwischen den Obergurten der Fachwerkträgern Querträger<br />

und Verbände sowie Oberlichter platziert. Die tragende Dachhülle<br />

selbst wird aus Trapezblechen gebildet. Auf Höhe der Fachwerkträgeruntergurte<br />

sind in Querrichtung Stahlverbundträger<br />

mit aufliegender, einachsig gespannter Stahlbetondecke angeordnet.<br />

Schwingungstilger im Kragarm dämpfen eventuell auftretende<br />

Bewegungen.<br />

Nutzung der Geothermie<br />

In diesem innovativen Pilotprojekt deckt erstmalig eine Erd -<br />

wärmesonde sowohl den Heiz- als auch den Kühlbedarf eines<br />

innerstädtischen Großgebäu<strong>des</strong>. Das Vorhaben wurde vom<br />

Land Nordrhein-Westfalen sowie der Europäischen Union gefördert<br />

und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. die Bronzemedaille<br />

<strong>des</strong> deutschen Gütesiegels für nachhaltiges Bauen.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 39


IBA Dock, Hamburg<br />

Architektur: Slawik Architekten, Hannover/Amsterdam<br />

Tragwerk: IMS Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg<br />

Energiekonzept: Immosolar GmbH, Hamburg<br />

Stahlbau: Kleusberg GmbH & Co. KG, Wissen<br />

Bauherr: Internationale Bauausstellung, IBA Hamburg GmbH<br />

vertreten durch ReGe Hamburg, Projekt Realisierungs -<br />

gesellschaft mbH<br />

Im Müggenburger Zollhafen liegt das größte schwimmende Ausstellungs-<br />

und Bürogebäude Deutschlands. Das IBA DOCK ist<br />

nicht nur zentraler Anlaufpunkt für die Besucher der Bauausstellung,<br />

sondern selbst ein Exponat innovativer Bau- und<br />

Energiespartechnologien. Das Gebäude, das auf einem Ponton<br />

40 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Lageplan, M 1:8000<br />

aus Beton ruht und an drei Dalben verankert ist, bewegt sich<br />

mit der Tide auf und ab und schwimmt selbst bei Sturmflut auf<br />

dem Wasser.<br />

Containerrahmenmodule<br />

Die dreigeschossigen Aufbauten wurden in modularer Leichtbauweise<br />

aus Stahlrahmen gefertigt. Die Modulmaße von 18<br />

Metern Länge, 2,40 und drei Metern Breite sowie drei Metern<br />

Höhe sind an jene von Standardcontainern angelehnt. Anders<br />

als bei neben- und übereinander angeordneten Baucontainern<br />

gibt es hier jedoch keine doppelten Wände und Decken bzw.<br />

Böden. Die tragenden Modulrahmen ermöglichen die Anordnung<br />

der raumbegrenzenden Bauteile dort, wo sie funktional<br />

erforderlich werden und schaffen die Vorraussetzungen für<br />

einen variablen Ausbau sowie einfache Umbauten.<br />

Die 36 Stahlmodule wurden im Werk vorgefertigt und innerhalb<br />

von zwei Wochen auf dem Ponton montiert. Für den Fall eines<br />

späteren Transports an einen anderen Liegeplatz oder zur Wartung<br />

in einem Dock können ein bis zwei der oberen Geschosse<br />

» Montage der Stahrahmenmodule auf dem Ponton


» Der Zugang erfolgt über eine bewegliche Brücke<br />

demontiert werden, damit der untere Gebäudeteil auch unter<br />

niedrigen Brücken hindurch geschleppt werden kann. Die vorgesetzte<br />

Fassade ist aus einer 25 Zentimeter starken Dämmschicht<br />

und Faserzementplatten aufgebaut. Die einzelnen Module<br />

bleiben dank der Farbgebung mit Schwarz als Grundfarbe,<br />

die sich mit blauen und grünen Flächen abwechselt, ablesbar.<br />

Nachhaltige Gebäudetechnik<br />

Das energieautarke Gebäude ist mit Heiz- und Kühldeckenelementen<br />

ausgestattet, die über eine Sole/Wasser-Elektro-Wärmepumpe<br />

versorgt werden. Die von der Wärmepumpe benötigte<br />

Umweltwärme wird durch einen im Boden <strong>des</strong> Betonpontons<br />

integrierten Wärmetauscher der Elbe entnommen und von Solarthermiekollektoren<br />

geliefert. Der Strombedarf der Wärmepumpe<br />

wird durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach bilanziell gedeckt.<br />

» Links: Innenansicht<br />

» Rechts: Isometrie mit Ponton,<br />

Rahmentragwerk und Gebäudehülle<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 41


Hauptverwaltung Vileda, Weinheim<br />

Architektur: BAURCONSULT Architekten Ingenieure,<br />

Peter Kuhn, Haßfurt<br />

Tragwerk: BAURCONSULT Architekten Ingenieure,<br />

Bernd Scholz, Haßfurt<br />

Brandschutz: Ingenieurkontor BLW Gesellschaft für Bauwesen<br />

mbH & Co. KG, Bodenmais<br />

Stahlbau: RST Stahlbau GmbH & Co. KG, Niederlauer<br />

Bauherr: Freudenberg Service KG, Weinheim<br />

Der Grundriss der Hauptverwaltung interpretiert das V <strong>des</strong> Markennamens<br />

als dreigeschossigen Bau, der ein lichtdurchflutetes,<br />

überdachtes Atrium umschließt. Innerhalb <strong>des</strong> Atriums verbinden<br />

zwei versetzt angeordnete Kommunikationsplattformen<br />

die Gebäudelängsseiten miteinander.<br />

» Fachwerkbinder überspannen das dreieckige Atrium<br />

42 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Links: Gesamtansicht<br />

» Oben: Grundrisse 1. OG und 2. OG, M 1:800<br />

Konstruktion<br />

Für das Dach über dem Atrium wurde eine Konstruktion aus<br />

Fachwerkbindern in leichter Bogenform gewählt. Die Bindergurte<br />

und Fachwerkstäbe sind aus unverkleideten, geschweißten<br />

Stahlprofilen gefertigt. Durch die annähernd dreieckige Form<br />

<strong>des</strong> Atriums betragen die Binderstützweiten zwischen 12 und<br />

26 Metern mit sich änderndem Radius der Bögen und fallender<br />

Firstlinie. Die Stahlträgerroste der Plattformen sind mit Stahl -<br />

stäben von den Dachbindern abgehängt und zur Lastabtragung<br />

an die Geschossdecke aus Stahlbeton angeschlossen. Dadurch<br />

konnte das freizügige und transparente Erscheinungsbild <strong>des</strong><br />

Innenraums gewahrt werden. Bei der Dimensionierung <strong>des</strong><br />

Stahlträgerrostes wurde auf ein reduziertes Schwingungsverhalten<br />

geachtet. Zusätzlich muss der Trägerrost eine Längen -<br />

änderung der Abhängungsstäbe im Brandfall ohne Verlust der<br />

Tragfähigkeit aufnehmen können.


» Oben: Abgehängte Kommunikationsinseln über dem stützenfreien Erdgeschoss<br />

» Unten rechts: Detailschnitt Anschluss Abhängung Trägerrost, M 1:20<br />

Nachhaltigkeit<br />

Die Gebäudetechnik <strong>des</strong> neuen Bürogebäu<strong>des</strong> wurde unter<br />

nachhaltigen Aspekten konzipiert und umgesetzt. Mit Hilfe von<br />

3D-Modellen wurden unterschiedliche Umgebungsbedingungen<br />

für Heizung, Lüftung, Kühlung sowie Akustik und Belichtung/Beleuchtung<br />

simuliert und optimiert. Hochwertige Dämmung,<br />

innovative Baukernaktivierung, optimierte Flächenanteile<br />

der Außenhaut und die Nutzung natürlicher Belüftung durch<br />

das Raumvolumen <strong>des</strong> Atriums reduzieren den Energiebedarf<br />

erheblich. Im Jahr 2009 zeichnete die Deutsche Gesellschaft<br />

für Nachhaltiges Bauen (DGNB) den Neubau mit dem Zertifikat<br />

in Silber aus.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 43


RS+YELLOW Distribution Centre<br />

Architektur: BOLLES+WILSON GmbH & Co. KG, Münster<br />

Tragwerk: ahw Ingenieure GmbH, Münster<br />

Brandschutz: Richard Wolejszo, Everswinkel<br />

Stahlbau: WERO Metallbau GmbH, Lünen<br />

Bauherr: Rainer Scholze, Münster<br />

Ein konventioneller Gewerbebau erweitert das Raumangebot<br />

<strong>des</strong> Lager- und Distributionszentrums einer Möbelhauskette um<br />

etwa 7 000 Quadratmeter. Vom Straßenniveau aus kaum sichtbar,<br />

sind auf diesen zweigeschossigen, 60 x 66 Meter großen<br />

Neubau Besprechungszimmer und Geschäftsleitungsbüros von<br />

überraschender Großzügigkeit aufgesetzt.<br />

44 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Ansichten mit offener und geschlossener Jalousie<br />

» Oben: Schnitt durch Verwaltung, Anlieferung<br />

und Lager, M 1:750<br />

» Links: Stahlkonstruktion mit Sonnenschutzlamellen<br />

Auf der Stahlbetonkonstruktion dieser Büroräume lagert ein im<br />

Grundriss trapezförmiger Stahlrahmen auf, der aus einem umlaufenden<br />

U-Profil mit querliegenden I-Profilen zusammengesetzt<br />

ist. Feststehende Sonnenschutzlamellen aus gekanteten<br />

Blechen sind im Kragbereich auf der Unterseite mit dem Stahlträger<br />

verschraubt. Die Auskragung reicht bis über die geflutete<br />

Dachfläche der Lagerhalle, die sich wie ein flacher See vor den<br />

Büros erstreckt.<br />

Entlang der schrägen Kante <strong>des</strong> Stahldaches sind mit Seilen<br />

verspannte Sonnenschutzjalousien aufgereiht, welche die<br />

großflächig verglasten Büroräume verschatten. Um eine Verankerung<br />

in der Dachhaut zu vermeiden, hält ein unterhalb der<br />

Wasserlinie hängen<strong>des</strong> Stahlprofil die Seilführung unter Spannung<br />

und gleicht zudem Längenänderungen der Seile bei<br />

wechselnden Temperaturen aus.


Bauen im Bestand<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 45


» Neuer Haupteingang in die Ausstellung<br />

Auszeichnung<br />

Kunstmuseum Moritzburg, Halle<br />

Architektur: Nieto Sobejano Arquitectos S.L., Berlin<br />

Tragwerk: GSE Ingenieur-Gesellschaft mbH, Berlin<br />

Brandschutz: IBB Ingenieurbüro Prof. Dr. Beilicke, Leipzig<br />

Stahlbau: Willy Johannes Stahlbau GmbH & Co. KG, Hemslingen<br />

Bauherr: Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong><br />

Sachsen-Anhalt<br />

46 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Links: Spannender Dialog<br />

zwischen Alt und Neu<br />

» Rechts: Lageplan, M 1:5000<br />

Laudatio<br />

Die sinnvolle Nutzung <strong>des</strong> Gebäudebestands gewinnt als Bauaufgabe<br />

gerade auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit<br />

zunehmend an Bedeutung. Nicht zuletzt in dieser Hinsicht besticht<br />

die Erweiterung <strong>des</strong> Kunstmuseums Moritzburg in Halle.<br />

Ihr Umgang mit der vorhandenen Substanz ist vorbildlich.<br />

Die neuen Metall-Dächer <strong>des</strong> Museums reagieren eindrucksvoll<br />

auf die Formensprache der historischen Bausubstanz, zeigen<br />

sich gleichzeitig aber selbstbewusst und kompromisslos modern.<br />

Alt und neu sind klar von einander getrennt und fügen<br />

sich doch zu einem harmonischen Ganzen, das sich im Inneren<br />

durch das Wechselspiel spannungsvoller Raumfolgen auszeichnet.<br />

Auch wenn als Material nach außen kaum sichtbar, werden<br />

doch die konstruktiven Vorteile von Stahl als leichtem und<br />

flexiblen Baustoff – das Gewicht der abzutragenden Lasten auf<br />

die alten Mauern war stark begrenzt – sinnvoll ausgespielt.


Historie<br />

Die Moritzburg zählt zu den eindrucksvollsten spätmittelalter -<br />

lichen Burganlagen Mitteldeutschlands. Ihre vierflügelige, leicht<br />

trapezförmige Anlage hat eine Ausdehnung von 72 x 85 Metern.<br />

Seit 1904 werden Teile der Moritzburg als Museum genutzt.<br />

Der Mangel an adäquat nutzbaren Ausstellungsflächen für das<br />

Kunstmuseum machte tiefgreifende Umbauten notwendig, im<br />

Zuge derer die ehemalige Westflügelruine sowie der Nordflügel<br />

eine Überdachung erhielten.<br />

» Innenansichten <strong>des</strong> Ausstellungsraums<br />

» Links: Grundriss 2. Obergeschoss, M 1:1500<br />

» Oben: Schnitt Westflügel, M 1:1500<br />

» Unten: Lichtbänder setzen lineare Akzente<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 47


Die Plastizität und das Material <strong>des</strong> Daches stehen in spannungsvollem<br />

Dialog mit dem Bestand. Die Konturen sind aus wenigen,<br />

dafür jedoch äußerst präzise gesetzten Flächen geformt. Sechs<br />

Oberlichter in der markanten Dachlandschaft bringen Tageslicht<br />

in die Ausstellungsräume, die im West- und Nordflügel in<br />

ihrer gesamten Ausdehnung als große Raumformen innerhalb<br />

der alten Bausubstanz belassen wurden. Ein komplexes Stahltragwerk,<br />

das die Räume überspannt, bildet die Unterkonstruktion<br />

für das mit Aluminiumblechen gedeckte Dach.<br />

Oberhalb der Mauerkrone scheint eine umlaufende Fuge den<br />

modernen Dachaufbau über der ehemaligen Ruine schweben<br />

zu lassen. Zwei weitere Elemente nehmen die Architektursprache<br />

<strong>des</strong> Daches auf: ein neu geplanter Erschließungsturm, der den<br />

Platz der zerstörten Südwestbastion einnimmt, sowie der im<br />

Innenhof vor die Fassade gestellte Windfang, der den neuen<br />

Haupteingang markiert.<br />

48 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Die Natursteine der Außenmauern im Westflügel sind sichtbar<br />

belassen und halten als historische Gebäudehülle die Erinnerung<br />

an die ehemalige Ruine wach.<br />

Konstruktion<br />

» Links: Dachaufsicht mit Oberlichtern<br />

» Unten: Isometrie <strong>des</strong> Stahltragwerks<br />

Ein komplexes, räumliches Stahltragwerk, bei dem jeder einzelne<br />

Träger ein Unikat ist, bildet die Dachkonstruktion. Daran<br />

abgehängt sind die „White Cubes“, die als zusätzliche Aus -<br />

stellungsräume über eine Galerie entlang der Außenmauern<br />

erschlossen werden. Die Böden dieser Cubes sind als Stahl -<br />

betonverbunddecke ausgeführt, das Stahlfachwerk der Wände<br />

ist beidseitig mit einer Brandschutzverkleidung versehen.<br />

Um die Stahlkonstruktion auf den alten Burgwänden absetzen<br />

zu können, musste das Mauerwerk mit Hilfe von Vernadelungen<br />

stabilisiert werden. Die Nadeln bestehen aus Edelstahlgewinde -<br />

stäben, zementgebundenen Verpresskörpern und einem Tex til -


» Oben: Galerie und „White Cube“ im Westflügel<br />

» Unten: Stahltragwerk <strong>des</strong> Daches mit abgehängtem<br />

Ausstellungsraum<br />

gewebe, das unkontrollierte Verbindungen von den neuen<br />

Injektionsmaterialien mit den historischen Mörteln vermeidet.<br />

Die neuen Decken wurden wegen der großen Spannweiten als<br />

Stahlverbundkonstruktion erstellt.<br />

Für die aus der Burgwand auskragende Galerie wurden Standard<br />

Walzprofile vorgesehen, die etwa zweieinhalb Meter in<br />

das Bestandsmauerwerk einbinden. Zur Aufnahme der hohen<br />

Druckspannungen im vordersten Auflagerbereich wurden lastverteilende<br />

Stahlplatten bzw. Betonpolster eingesetzt.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 49


Überdachung Kleiner Schlosshof Dresden<br />

Architektur: Peter Kulka Architektur Dresden<br />

Tragwerk: ahw Ingenieure, Münster (Entwurf)<br />

Leonard, Andrä & Partner, Dresden (Ausführung)<br />

Stahlbau: MBM Dresden GmbH<br />

Bauherr: Freistaat Sachsen | Staatsministerium der Finanzen<br />

vertreten durch: SIB Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien und<br />

Baumanagement<br />

50 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Kaum sichtbar über den Dächern <strong>des</strong> Schlosses: die neue Glaskuppel<br />

Das Dresdner Schloss beherbergt seit seinem Wiederaufbau<br />

Museen der Staatlichen Kunstsammlungen – darunter auch<br />

das Grüne Gewölbe –, die täglich einige tausend Besucher anziehen.<br />

Mit seiner zentralen Lage bot der Kleine Schlosshof<br />

den idealen Ort für ein Besucherfoyer, das von allen Seiten<br />

über die vorhandenen Eingänge und Tore der Schlossanlage<br />

unmittelbar erreicht wird. Die Überdachung wurde unter der<br />

Prämisse entwickelt, den 20 x 40 Meter großen Schlosshof mit<br />

seinen unterschiedlichen Fassaden und seinen weit aufragenden<br />

Ziergiebeln frei zu überspannen, sodass der Charakter<br />

<strong>des</strong> Renaissancehofes erhalten blieb.<br />

» Links: Dachaufsicht der Schlossanlage, M 1:2000<br />

» Unten: Untersicht der Hofüberdachung


Konstruktion<br />

Die Tragstruktur basiert auf dem Prinzip der Schalentragwirkung<br />

einer Kuppel, die sich durch die biegesteifen Profilanschlüsse<br />

in allen Knoten einstellt. Sie ist als Stabwerkskuppel ausgeführt,<br />

die ohne Seilverspannung auskommt. Die Form wurde<br />

auf der Grundlage eines digitalen Hängemodells entwickelt, das<br />

anschließend schrittweise an die unregelmäßige Geometrie der<br />

Schlossbaukörper angepasst und optimiert wurde.<br />

Die zweifach gekrümmte Kuppelkonstruktion aus Stahl mit<br />

einer Grundfläche von ca. 1 250 Quadratmetern ist vollständig<br />

geschweißt und wurde in Einzelsegmenten vorgefertigt ange -<br />

liefert. Auf der Baustelle wurde die Konstruktion zunächst<br />

geheftet und erst nach vollständiger Vormontage verschweißt.<br />

Kissenmembran<br />

Da die Gebäudeflügel, die den Innenhof umgeben, nicht für<br />

die Ableitung der Lasten aus der Dachkonstruktion ausgelegt<br />

waren, wurde eine Eindeckung mit minimalem Eigengewicht<br />

erforderlich und eine pneumatische Kissenmembran aus hochreißfesten<br />

ETFE-Folien gewählt. Die 265 Kissen werden ständig<br />

unter gleichem Druck gehalten. Die Luftversorgung erfolgt<br />

direkt durch den Hohlraum der tragenden Stahlprofile, einem<br />

Quadratrohr mit einem Querschnitt von 18 x 18 Zentimeter. So<br />

konnte die Konstruktion schlank gehalten werden und ein zusätzliches<br />

Leitungssystem entfallen. Die Luftversorgung durch<br />

das primäre Tragsystem wurde bei dieser Konstruktion erst -<br />

malig realisiert und stellt eine Innovation bei der Konstruktion<br />

von Membrandächern aus ETFE-Folienkissen dar.<br />

» Links: Knoten der Schalenkonstruktion<br />

» Rechts: Stahltragwerk<br />

» Kleiner Schlosshof mit Überdachung<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 51


Kaiserpfalz Gelnhausen<br />

Architektur: Pahl + Weber-Pahl Architekten BDA, Darmstadt<br />

Tragwerk: OSD GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main<br />

Stahlbau: Heinrich Lamparter Stahlbau GmbH & Co. KG, Kassel<br />

Bauherr: Land Hessen, vertreten durch Hessisches Ministerium<br />

für Wissenschaft und Kunst<br />

Der über mehrere Jahrhunderte fortschreitende Verfall der um<br />

1170 gegründeten Kaiserpfalz machte umfangreiche Schutzund<br />

Sicherungsmaßnahmen erforderlich. Um darüber hinaus<br />

den Besuchern die Funktion <strong>des</strong> ehemaligen Bergfrieds als<br />

Schutzturm zu vermitteln, erlaubt eine Konstruktion, die in den<br />

historischen Stumpf gehängt wurde, den ursprünglichen Einstieg<br />

von oben.<br />

Für die Belichtung im Inneren <strong>des</strong> Bergfrieds bietet eine ebene<br />

Schutzverglasung aus teilvorgespanntem Glas höchstmögliche<br />

Transparenz. Diese wird von einer Seilverspannung mit beweglichen<br />

Auflagern auf einem Rahmen, der wiederum auf die<br />

Mauerkrone gesetzt wurde, gehalten. Die oberste Ebene wird<br />

von einem Trägerrost aus geschweißten, parallelgurtigen Profilen<br />

gebildet, der an acht Punkten auf historischen Versätzen<br />

und Vorsprüngen abgesetzt ist. Von dem Rost ist eine monolithische<br />

Scheibe mit neun Metern Höhe frei in das Innere <strong>des</strong><br />

Turmes gehängt, an der eine gegenläufige Treppe umlaufend<br />

angeschweißt ist.<br />

Die gesamte Konstruktion wurde aus wetterfestem Baustahl<br />

vorgefertigt und vorbewittert. Nach einiger Zeit entsteht die<br />

typische Rostfärbung, die gut mit dem rötlichen Sandstein harmoniert.<br />

52 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Historisches Mauerwerk mit Bergfried<br />

im Hintergrund<br />

» Oben: Querschnitt, M 1:250<br />

» Unten: Details der Schutzverglasung<br />

und der Treppenanlage


» Querschnitt, M 1:500<br />

St. Augustinus Kirche, Heilbronn<br />

Architektur: Pfeifer Kuhn Architekten, Freiburg<br />

Tragwerk: Weischede, Herrmann und Partner GmbH, Stuttgart<br />

Stahlbau: Heinrich Rohlfing GmbH, Stemwede-Niedermehnen<br />

Bauherr: Katholische Kirchengemeinde St. Augustinus,<br />

Heilbronn<br />

Zu Beginn <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts stellte die Rahmenkonstruktion<br />

aus „Eisenbeton“, die beim Bau der St. Augustinus Kirche zur<br />

Anwendung kam, eine bauliche Pionierleistung dar. Sie blieb<br />

jedoch unter einer Hülle, die als gotisch spitzbogige Holzkons -<br />

truktion ausgeführt wurde, verborgen. Nach dem zweiten Weltkrieg<br />

war ein Wiederaufbau <strong>des</strong> schwer beschädigten Innenraums<br />

der Kirche nur eingeschränkt möglich. Der aktuelle Umbau<br />

gestaltet die innere Raumschale mit einfachen Mitteln neu.<br />

Ein „Strukturmodul“, das aus vier Rechteckrohren besteht,<br />

die sternförmig an einem Rundstahlsegment mit einem Durchmesser<br />

von 80 Millimetern angeschweißt sind, bildet die Basis<br />

<strong>des</strong> Tragwerksentwurfs. Im Grundriss ist das Modul rechteckig<br />

und misst vier mal zwei Meter. Der Knoten im Zentrum ist um<br />

etwa 60 Zentimeter aus der Ebene heraus versetzt. Durch die<br />

An einanderreihung der Module und deren Kopplung mit Verbindungsstäben<br />

entsteht eine tragfähige räumliche Struktur,<br />

in der die Module die Druckkräfte und die Stäbe die Zugkräfte<br />

aufnehmen.<br />

In der Schicht zwischen Außenwand und Innenraum bilden<br />

mehrschichtige, klimatisch hocheffiziente Polycarbonatplatten<br />

eine lichtdurchlässige Schale, deren leicht verspiegelte Oberfläche<br />

für eine effektvolle Belichtung sorgt.<br />

» Oben: Montage der Strukturmodule<br />

» Links: Innenansichten<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 53


» Lageplan, M 1:1500<br />

Museum Humpis-Quartier, Ravensburg<br />

Architektur: SPACE4 Minx, Mack, Meyer, Demirag, Stuttgart<br />

Tragwerk: Wilhelm + Partner, Stuttgart<br />

Stahlbau: Sommer-Fassadensysteme, Stahlbau,<br />

Sicherheitstechnik GmbH & Co. KG, Döhlau bei Hof/Saale<br />

Bauherr: Stadt Ravensburg<br />

» Oben: Schnitt, M 1:600<br />

» Unten: In den Trägerrost integrierte RWA-/Lüftungs-Klappen<br />

» Unten rechts: Anschluss der Überdachung an den Bestand<br />

54 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Hofüberdachung und Laubengänge<br />

Sechs Gebäude um einen Innenhof formen das Ensemble <strong>des</strong><br />

Humpis-Quartiers, eines der besterhaltenen spätmittelalter -<br />

lichen Wohnquartiere Süddeutschlands. Die Überdachung <strong>des</strong><br />

ursprünglich offenen Hofes und ein gläserner Laubengang erlauben<br />

neue Nutzungen und Wegeführungen durch das Museum.<br />

Das Tragwerk <strong>des</strong> Innenhofdaches setzt sich aus zwei über -<br />

einander angeordneten Ebenen zusammen: einem zweiachsig<br />

wirkenden Trägerrost aus geschweißten T-Profilen, der als<br />

eigenständiges Element Abstand zum Bestand hält, und einer<br />

punktgelagerten Glasebene. Ein leichter Stahlträgerrost im<br />

Randbereich der Glasebene ermöglicht größere Auskragungen<br />

sowie die Anpassung und Abdichtung an die bestehenden<br />

Dächer. Konstruktiv besteht keine Verbindung zwischen dem<br />

historischen Bestand und der Überdachung, die auf vier Pendelstützen<br />

im Abstand von acht mal elf Metern auflagert. Für die<br />

Erschließung der östlichen Quartiershälfte wurde eine noch in<br />

Fragmenten erhaltene Laubengangkonstruktion in Stahl und<br />

Glas neu interpretiert.


Circlehouse, Berlin<br />

Architektur: Ingenbleek Architekten + Ingenieure, Berlin<br />

Tragwerk: Neubauer + Ernst Ingenieure GmbH, Berlin<br />

Brandschutz: HHPberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH<br />

Stahlbau: Baginski GmbH, Berlin<br />

Bauherr: SpeicherWerk Wohnbau GmbH, Berlin<br />

Unter der restaurierten Stahlkuppel eines rund 180 Jahre alten,<br />

denkmalgeschützten Gasspeichers entstand eine kreisrunde<br />

Wohnanlage. Sie bietet in 20 Metern Höhe exklusive, zweigeschossige<br />

Wohneinheiten mit vorgelagerten Dachgärten.<br />

Den oberen Abschluss <strong>des</strong> Gasometers bildet eine so genannte<br />

Schwedlersche Kuppel – eine wegen der günstigen geometrischen<br />

Eigenschaften nur gering belastete und daher sehr filigran<br />

ausgebildete Tragkonstruktion. Die Kuppel weist eine Spannweite<br />

von 56 und eine Höhe von 12,5 Metern auf. Mit ihren<br />

Bögen und Verbindungen aus 32 radialen Stahlträgern, Querstreben<br />

und kreuzweise diagonal verlaufenden Zugstangen war<br />

die Dachkonstruktion seinerzeit eine technische Meisterleistung.<br />

Im Zuge der Sanierung wurde die alte genietete Dachkonstruktion<br />

freigelegt, entrostet und mit einem langlebigen Korrosions -<br />

schutzsystem neu beschichtet.<br />

» Sicht auf die restaurierte Kuppel<br />

Die zwölf Wohneinheiten werden über eine Brücke erschlossen,<br />

die den kreisrunden Innenhof mit einem Aufzugsturm<br />

und einem mit Streckmetall verkleideten Treppenhaus<br />

verbindet. Innerhalb der Wohnungen wurden<br />

die Trennwände in Trockenbauweise mit kaltgeformten<br />

Stahlprofilen ausgeführt. Den Wohnungsabschluss bilden<br />

massive Trennwände und raumhohe Stahl-Glas-Fassaden<br />

mit umlaufenden Balkonen im Obergeschoss.<br />

» Links: Innenhof der Wohnanlage<br />

» Oben: Luftaufnahme<br />

» Unten: Umlaufende Stahlbalkone<br />

vor der verglasten Gartenfassade<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 55


» Gartenansicht<br />

» Oben: Grundriss EG und OG, M 1:1000<br />

» Unten: Innenansichten<br />

56 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Kindergarten Leiden Christi, München<br />

Architektur: Strunz Architekten, München<br />

Tragwerk: Ingenieurbüro Georg Klapprott, München<br />

Brandschutz: Prof. Waubke, Vomp<br />

Stahlbau: Schlosserei Hackl GmbH & Co. KG, Regen<br />

Bauherr: Katholische Kirchenstiftung Leiden Christi, München<br />

Im Zuge einer Generalsanierung wurde der bestehende Kindergarten<br />

aus den 70er Jahren um einen Gruppenraum mit zugeordnetem<br />

Intensivraum erweitert. Ein Ausbau der Erdgeschossebene<br />

war aufgrund der beengten Grundstücksverhältnisse<br />

nicht möglich, ebenso waren die vorhandenen Fundamente nicht<br />

für ein Obergeschoss dimensioniert. Daher wurde ein eigenständiges<br />

Raumtragwerk entwickelt, das den Bestand wie eine<br />

Brücke überspannt.


» Oben: Eingangsseite<br />

» Links: Fassadenschnitt, M 1:50<br />

Konstruktion<br />

Auf vier Rundstützen gelagert, bilden zwei geschosshohe Fachwerkträger<br />

die Längsseiten. Die Ober- und Untergurtebenen<br />

sind mit Stahlprofilen verbunden, die in ihren Zwischenräumen<br />

die Hohlkörperdecken aus Stahlbeton aufnehmen. Diagonalkreuze<br />

aus Rundprofilen steifen das Tragwerk in Längssrichtung<br />

und an den Ecken aus. Der Gruppenraumbereich ist als eigenständige<br />

Konstruktion aus Holzfassade und leichten Trennwänden<br />

in das Stahltragwerk eingestellt.<br />

Die Stahlkonstruktion wurde elementweise im Werk vorgefertigt,<br />

vor Ort neben dem Bestandsgebäude endmontiert und in<br />

einem Stück mittels zweier Autokräne auf die Rundstützen aufgesetzt.<br />

Ausbau und Tragwerk sind getrennt, dies erleichtert<br />

später das Recycling der Materialien.<br />

Flexible Nutzung<br />

Ein umlaufender Gang zwischen tragender Struktur und Gruppenraum<br />

schließt den Aufbau an die Treppe auf der Straßenseite<br />

an und ermöglicht, neben der internen Verbindung, eine vom<br />

Erdgeschoss unabhängige, äußere Erschließung. So kann bei<br />

zurückgehendem Bedarf an Kindergartenplätzen die Erweiterung<br />

einer neuen, eigenständigen Nutzung zugeführt werden.<br />

» Montage der vorgefertigten<br />

Stahl elemente<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 57


» Straßenansicht mit „Spanischer Wand“<br />

Instituto Cervantes, Frankfurt am Main<br />

Architektur: Schneider + Schuhmacher Architekturgesellschaft<br />

mbH, Frankfurt am Main<br />

Tragwerk: B + G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH,<br />

Frankfurt am Main<br />

Stahlbau: Duzak Metallbau GmbH, Kahl/David Stahl- und<br />

Metallbau GmbH, Schaafheim<br />

Bauherr: Liegenschaftsamt Frankfurt am Main<br />

Eine „Spanische Wand“ aus Stahl setzt vor dem ehemaligen<br />

Amerika-Haus in Frankfurt ein deutliches Zeichen: der behutsam<br />

sanierte Bau aus den 50er Jahren wird nun von dem spanischen<br />

Sprach- und Kulturinstitut Instituto Cervantes genutzt.<br />

Die Struktur der filigranen Stahlkonstruktion wird durch räum -<br />

liche Variationen <strong>des</strong> Institutslogos gebildet und erzeugt durch<br />

ihre Vor- und Rücksprünge ein reizvolles Spiel von Licht und<br />

Schatten, Offen- und Geschlossenheit.<br />

Die fünf Meter breite, acht Meter hohe und nur 12 Zentimeter<br />

tiefe Wand besteht aus 15 Millimeter starken, aneinander geschweißten<br />

Stahlplatten. Sämtliche Schweißnähte sind nahezu<br />

unsichtbar als Hohlkehle oder Y-Naht hergestellt und glatt gespachtelt.<br />

Nach dem Schweißen wurden ein Korrosionsschutz<br />

sowie eine Nasslackierung aufgebracht. Die Wand wurde komplett<br />

im Werk gefertigt und in einem Stück auf die Baustelle<br />

geliefert. Da die Konstruktion in den Transport- und Zwischenzuständen<br />

sehr weich ist, musste sie mit besonderer Sorgfalt<br />

in ihre jetzige Position zwischen dem Gebäude und der Hauptstraße<br />

gebracht werden. Lediglich drei Stahlstäbe fixieren sie<br />

an der Fassade und minimieren so den Eingriff in die denkmalgeschützte<br />

Substanz.<br />

58 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Oben, Mitte, unten: Umsetzung <strong>des</strong> Logos<br />

in eine filigrane Wand aus Stahl


» Besucherzentrum am Kopf <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong><br />

Produktionsgebäude und Besucherzentrum<br />

B. Braun, Melsungen<br />

Architektur: Wilford Schupp Architekten, Stuttgart<br />

Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />

Brandschutz: HHP Nord/Ost Beratende Ingenieure GmbH,<br />

Braunschweig<br />

Stahlbau: Müller Offenburg GmbH, Offenburg<br />

Bauherr: B. Braun Melsungen AG<br />

In einer zweiten Ausbaustufe wurde das 100 Meter lange Produktionsgebäude<br />

für Infusionsgeräte um 50 Prozent verlängert<br />

und durch ein Besucherzentrum als „Kopf“ der Anlage ergänzt.<br />

Auf dem monumentalen Sockelgeschoss aus Stahlbeton erstreckt<br />

sich das Stahltragwerk <strong>des</strong> Daches. Hohlkastenträger verschneiden<br />

sich über der Produktionshalle im dritten Obergeschoss<br />

in spitzen Winkeln miteinander und spannen in Querrichtung<br />

stützenfrei über 35 Meter. Unterhalb dieser polygonal aufgelösten,<br />

bogenförmigen Träger sind die Haustechnikebene und<br />

eine abgehängte Decke angeordnet. Auf der Oberseite bilden<br />

Längspfetten, die auf der Giebelseite auskragen, mit aufgelegten<br />

Trapezblechen die Dachhaut.<br />

Die Träger sind, ähnlich dem Tragwerk einer Bogenbrücke, druckund<br />

biegebeansprucht und am Betonauflager gelenkig angeschlossen.<br />

Die aus dem Bogenschub resultierenden Horizontallasten<br />

werden über die vorgespannte Betondecke kurzgeschlossen.<br />

Aus statischen Gründen teilen sich die Träger auf<br />

der Talseite, während sie auf der Hangseite zusammengeführt<br />

werden.<br />

» Oben: Explosionszeichnung <strong>des</strong> Dachaufbaus<br />

» Mitte: Abhängung der Technikebene<br />

» Unten: Montage der Hohlkastenträger<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 59


Haupteingang Wilo SE, Dortmund<br />

Architektur: Gerber Architekten, Dortmund<br />

Tragwerk: Professor Pfeifer und Partner, Darmstadt<br />

Stahlbau: Heinrich Lamparter Stahlbau GmbH & Co. KG,<br />

Kaufungen<br />

Bauherr: Wilo SE, Dortmund<br />

Das neue Eingangsbauwerk verbindet zwei bestehende Ge -<br />

bäude mit einer langgestreckten Treppen- und Rampenanlage.<br />

Die Form ergab sich durch die Anordnung der Baukörper zu -<br />

einander und die unterschiedlichen Niveaus der Geschosse.<br />

Um eine möglichst filigrane Fassadenwirkung zu erzielen,<br />

60 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Links: Grundriss, M 1:750<br />

» Rechts: Innenansichten<br />

» Oben: Stahlkonstruktion mit Aufzugskern<br />

» Links: Haupteingang<br />

wurde auf druckbelastete Fassadenstützen verzichtet und eine<br />

Dachkonstruktion geschaffen, welche die auftretenden Lasten<br />

aufnimmt und ableitet.<br />

So bildet ein in Längsrichtung verlaufender, mittig angeordneter<br />

Hauptträger das Rückgrat <strong>des</strong> Tragwerks. Von diesem kragen<br />

nach beiden Seiten Nebenträger aus, an denen die Fassadenhänger<br />

angeschlossen sind. Der Hauptträger <strong>des</strong> 18 Meter hohen<br />

Gebäu<strong>des</strong> liegt auf drei im Abstand von 15 Meter errichteten<br />

Rundstützen. Die Stabilisierung <strong>des</strong> Hauptträgers gegen Torsion<br />

erfolgt über die an den Kragarmspitzen montierten und an die<br />

Bodenplatte angeschlossenen Fassadenhänger. Auch die Rampen<br />

und Treppen wurden an das Dachtragwerk angehängt, sodass<br />

im Erdgeschoss ein stützenfreier Raum entstehen konnte.


Flagshipstore NewYorker, Braunschweig<br />

Architektur: Karsten K. Krebs Architekten, Hannover<br />

Tragwerk: Lothar Leipold, Laatzen<br />

Stahlbau: Masche Stahlbau GmbH & Co. KG, Langenhagen<br />

Bauherr: NewYorker Group-Services International GmbH & Co.<br />

KG, Braunschweig<br />

Beim jüngsten Umbau <strong>des</strong> fünfgeschossigen Kaufhauses aus<br />

den 5oer Jahren erfuhr das bereits mehrfach veränderte Ge -<br />

bäude einen radikalen Wandel: die bisher als gelochte Wand<br />

wirkende Fassade präsentiert sich nun mit grosszügigen Öffnungen<br />

und einer vorgesetzten Glasfassade.<br />

Die neue Hülle gliedert sich in mehrere Teilbereiche. Oberhalb<br />

<strong>des</strong> durchgängigen Schaufensterban<strong>des</strong> im Erdgeschoss verläuft<br />

in weitgespannten Rauten ein filigranes Pfosten-Riegel-<br />

Netz mit großformatigen Glasscheiben, die im Abstand von 50<br />

Zentimetern vor den Bestand gesetzt sind. Am oberen Abschluss<br />

knickt das Netz ab und läuft als Überkopfverglasung fort. Die<br />

Montage sämtlicher Pfosten und Riegel erfolgte über biege steife<br />

» Filigrane Stahl-Glas-Fassade vor<br />

geschosshohen Fensteröffnungen<br />

Steckverbindungen. Damit konnte auf ein Verschweißen der<br />

Konstruktion verzichtet werden, was sowohl für die Montage,<br />

als auch für die Optik von Vorteil war, da in den spitzwinkeligen<br />

Anschlüssen keinerlei Schweißnähte sichtbar sind.<br />

Eine LED-Wand, die von zwei elliptischen Stahllisenen eingefaßt<br />

wird, bildet die spitz zulaufende Gebäudeecke. Die rund<br />

18 Meter hohen Lisenen sind eingangsseitig hochglänzend<br />

schwarz lackiert und rückseitig mit hochglanzpolierten Edelstahlblechen<br />

beplankt, in denen sich die Netzfassade widerspiegelt.<br />

» Links: Haupteingang<br />

» Oben: Aufbau der Pfosten-Riegel-Fassade<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 61


Haus der Essener Geschichte<br />

Architektur: Ahlbrecht Felix Scheidt Kasprusch, Essen/Berlin<br />

Tragwerk: Ingenieurbüro SchülkeWiesmann, Dortmund<br />

Brandschutz: Ingenieurbüro Rothe, Essen<br />

Stahlbau: Limeparts B.V., Am Gorinchem, NL<br />

Bauherr: Stadt Essen - Immobilienverwaltung<br />

Durch den Umbau einer in Teilen denkmalgeschützten Schule<br />

zum „Haus der Essener Geschichte“ konnten die in der Stadt<br />

verteilten Nutzungen <strong>des</strong> Stadtarchivs zusammengefasst werden.<br />

Ein Neubau nimmt das Archiv für Papierdokumente auf<br />

und schließt die städtebauliche Lücke in der ehemals vorhandenen<br />

Blockstruktur.<br />

Tafeln aus wetterfestem Baustahl umhüllen die massive Stahlbeton-Schottenkonstruktion<br />

<strong>des</strong> viergeschossigen Neubaus.<br />

Raumhohe Öffnungen verhindern die direkte Sonneneinstrahlung<br />

und sorgen für eine natürliche, gleichmäßige Durchlüftung<br />

<strong>des</strong> gesamten Archivs. Eine zusätzliche Lüftung oder Kühlung<br />

entfällt. Die Wahl <strong>des</strong> Werkstoffs ist nicht nur eine Referenz an<br />

die Geschichte der Stadt Essen als Industriestadt; gleicher -<br />

maßen verdeutlicht die lebendige, sich ständig verändernde<br />

Oberfläche <strong>des</strong> wetter festen Stahls den Wandel der Zeit.<br />

62 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Fassade aus wetterfestem Baustahl<br />

» Grundriss, M 1:1500<br />

» Hofansicht <strong>des</strong> Stadtarchivs


Industrie- und Gewerbebauten<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 63


ATC – Advanced Training Centre,<br />

Heidelberg<br />

Architektur: Bernhardt + Partner, Darmstadt<br />

Tragwerk: Leonhardt, Andrä und Partner, Dresden<br />

Brandschutz: Brandschutz Planung Klingsch GmbH, Frankfurt<br />

Stahlbau: Metallbau Schmid GmbH, Salach<br />

Bauherr: Europäisches Molekularbiologisches Laboratorium,<br />

Heidelberg<br />

Das neue Advanced Training Center ATC <strong>des</strong> Forschungsinstitutes<br />

für Molekularbiologie wurde in Anlehnung an das Grundmuster<br />

allen Lebens, die DNA organisiert. Wie die beiden Stränge<br />

der DNA, die spiralförmig umeinander gewunden sind, schrauben<br />

sich im ATC zwei Funktionsstränge nach oben und bilden<br />

eine Doppelhelix. Gläserne Stege verbinden die beiden über -<br />

einander liegenden Spiralen <strong>des</strong> ATC, die eine über 30 Meter<br />

hohe, zentrale Halle formen.<br />

Das Gebäude wird für Schulungen, Informationsaustausch sowie<br />

Präsentationen von Forschungsergebnissen genutzt und<br />

hat keine Geschosse im herkömmlichen Sinne. Alle Räume sind<br />

statt<strong>des</strong>sen als Raumfolge aneinander gereiht. Diese besteht<br />

aus insgesamt zwei mal 33 Ebenen, die jeweils durch drei<br />

64 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Stufen zueinander versetzt und miteinander verbunden sind.<br />

Jede Spiral wendelung ist in zwölf Abschnitte aufgeteilt, die sich<br />

in eine innere und eine äußere Funktionszone differenzieren.<br />

Da jeder Ebene der einen Spirale stets eine Ebene der zweiten<br />

Spirale gegenüberliegt, kommt es zu einer völlig neuen Raumerfahrung<br />

für den Betrachter.<br />

Konstruktion<br />

Während die tragenden Stützen, Wand- und Deckenbauteile <strong>des</strong><br />

Gebäu<strong>des</strong> überwiegend in Beton ausgeführt sind, bestehen die<br />

beeindruckenden, insgesamt 410 Meter langen Innenrampenund<br />

Brückenkonstruktionen aus Stahlbauelementen.<br />

Die zwei baugleichen, spiralförmigen Innenrampenträger sind<br />

als durchlaufende Hohlkastenkonstruktionen ausgebildet,<br />

deren tragende Funktion im Endzustand durch die so genannte<br />

Ringtragwirkung erreicht wird. Sie sind biegemomentfrei am<br />

Rampen außenrand über kurze Kragarme aufgelagert, die auf<br />

Gleitlagern in stirnseitige Auflagertaschen der Rohbaudecken<br />

eingesetzt sind. Im unteren Bereich der Halle wurden die Krag -<br />

arme gelenkig an die Stahlverbundstützen angeschlossen. Beide<br />

Rampenstränge haben eine F-30 Brandschutz-Beschichtung.<br />

» Links: Versetzte Ebenen<br />

» Rechts: Regeldetail<br />

Innenrampe, M 1:50<br />

» Rampensystem


» Oben: Membrandachkuppel<br />

» Unten: Atrium mit Verbindungsstegen<br />

Vier Glasstege mit je einer Spannweite von 20 Metern verbinden<br />

die beiden Spiralrampen und steifen die Gesamtkonstruktion<br />

in Querrichtung aus. Die Wangen der Brückenelemente<br />

sind als Hohlkastenträger ausgeführt und verwindungssteif mit<br />

den Stahlrampen verbunden. Die Laufflächen der Stege sind<br />

mit durchtrittsicheren Glasplatten belegt. Ein durchlaufender,<br />

ansatzlos verschweißter Handlauf aus Edelstahl sichert die gebogenen<br />

Glasbrüstungselemente.<br />

Das Atrium ist mit einer filigranen und transparenten Membrankuppeldach-Konstruktion<br />

überspannt, deren Kissen sich<br />

zwischen sieben bogenförmig gekrümmten Stahlträgern aufspannen.<br />

Die Luftkissen bestehen aus bedruckten ETFE-Folien<br />

und sind im 2-Kammernsystem gefertigt. Eine filigrane Zugseilkonstruktion<br />

übernimmt die Queraussteifung der Träger.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 65


PalaisQuartier Frankfurt am Main<br />

Architektur: Massimiliano Fuksas Architetto, Rom<br />

Tragwerk: Knippers Helbig Advanced Engineering, Stuttgart/<br />

New York; Krebs und Kiefer, Beratende Ingenieure für das<br />

Bauwesen GmbH, Darmstadt<br />

Stahlbau: Waagner-Biro AG, Wien<br />

Brandschutz: hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH,<br />

Berlin<br />

Bauherr: Palais Quartier GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main<br />

In Frankfurt am Main wird bis Ende <strong>2010</strong> in zentraler Innenstadt -<br />

lage zwischen der Zeil und der Großen Eschenheimer Straße<br />

das PalaisQuartier fertig gestellt – ein Gebäudekomplex bestehend<br />

aus dem Shopping-Center MyZeil, dem wiederaufgebauten<br />

Thurn-und-Taxis-Palais sowie zwei Hochhäusern.<br />

Wesentlicher und integraler Bestandteil <strong>des</strong> neuen Innenstadtquartiers<br />

ist das bis zu acht Stockwerke hohe Shopping-Center<br />

MyZeil. Es wird von einer frei geformten Gebäudehülle aus Stahl<br />

und Glas mit einer Fläche von über 13 500 Qadratmetern umschlossen<br />

und durchdrungen. Als riesiger Trichter steigt sie aus<br />

dem Innenhof empor, während eine ebenfalls trichterförmige<br />

Fassadenöffnung an der Zeil nach innen aufwärts strebend in<br />

die leicht und schwerelos wirkende Gebäudehülle übergeht.<br />

Freigeformte Stahlgitterschale<br />

Die Entwicklung der skupturalen Freiform wurde durch die enge<br />

Vernetzung von digital organisierter Planung und modernsten<br />

Produktionstechnologien ermöglicht. So ist die Dreiecksgitter-<br />

66 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Rautenförmig gerasterte Zeilfassade<br />

mit Trichteröffnung<br />

schale über die gesamte Ausdehnung fugenlos ausgeführt und<br />

nur in den ebenen Dachbereichen regelmäßig unterstützt. Die<br />

gesamte Dachhaut oberhalb <strong>des</strong> zentralen Innenhofes bleibt<br />

über eine Länge von 150 Metern und einer Spannweite von bis<br />

zu 24 Metern stützenfrei – bei einer Querschnittshöhe von nur<br />

14 Zentimetern. Die Hauptlasten trägt dabei der zentrale Trichter<br />

über seine vertikalen Stabstränge auf einen unterhalb der Erdgeschossebene<br />

angeordneten Fachwerkträger ab. Der durch<br />

die Formfindung und Netzgenerierung bedingte, äußerst ge -<br />

ringe Materialverbrauch stellt einen wichtigen Beitrag zu einer<br />

nachhaltigen Bauweise dar.<br />

Die Umsetzung der Gitterschale basiert auf einer durchgängigen<br />

Prozesskette vom Computermodell <strong>des</strong> Architekten über die<br />

Netzgenerierung, der statischen Analyse bis hin zur Optimierung<br />

und Abstufung der Stabquerschnitte. Mit den nur 60 Millimeter<br />

breiten und 120 Millimeter hohen Profilen wurden dabei die<br />

Grenzen der statischen Analyse, <strong>des</strong> aktuellen Normenstan<strong>des</strong><br />

und der produktionstechnischen Möglichkeiten ausgelotet.<br />

» Stahl-Glas-Trichter in organisch<br />

geformten Öffnungen zwischen den<br />

Einkaufsebenen


» Eindeckung der Gitterschale mit<br />

Isolierglas und Aluminiumpaneelen.<br />

Konstruktion<br />

Die Stäbe der Gitterschale sind als Rechteckhohlprofile aus<br />

Stegblechen mit einer Regeldicke von fünf Millimetern und<br />

zurückgesetzten Flanschen zusammengesetzt. Die überstehenden<br />

Stegbleche erzeugen das gewünschte scharfkantige Erscheinungsbild<br />

und erlauben eine produktionstechnisch günstige<br />

aufgesetzte Schweißnaht. Die Fügung basiert auf einem<br />

entsprechend der geometrischen Bedingungen gefrästen Sternknoten,<br />

in den die einlaufenden Stäbe eingeschweißt werden.<br />

Die direkt aufgesetzte Isolierverglasung in den Bereichen oberhalb<br />

der Mall wird durch punktförmige Sogteller gesichert, mit<br />

dem Neoprene-Auflagerprofil ist die zweite Entwässerungsebene<br />

realisiert. Die Übergangsbereiche zwischen der Mall und den<br />

angrenzenden Gebäudeteilen erhalten eine Eindeckung aus<br />

dreieckigen, gedämmten Aluminiumpaneelen. So wird gezielt<br />

eine Balance zwischen Tageslichteintrag und unerwünschtem<br />

Wärmeeintrag im Sommer hergestellt.<br />

Das Brandschutzkonzept profitiert von der hohen Redundanz<br />

<strong>des</strong> Schalentragwerks. Durch den Nachweis der globalen Stabilität<br />

bei Ausfall einzelner abgestimmter Teilbereiche der Struktur<br />

konnte auf eine Brandschutzbeschichtung weitgehend verzichtet<br />

werden. Lediglich an dem mit fast 600 Tonnen beanspruchten<br />

Trichterfuß ist eine Brandschutzbeschichtung appliziert.<br />

» Oben: Gitternetzschale über den<br />

Geschossflächen<br />

» Unten: Montage der frei geformten<br />

Netzschale<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 67


Amada Solution Center, Haan<br />

Architektur: Takenaka Europe GmbH, Düsseldorf<br />

Tragwerk: Seidl & Partner Gesamtplanung GmbH, Regensburg<br />

Brandschutz: Phoenix Ingenieurbüro für Brandschutz, Solingen<br />

Stahlbau: Signum spol. s.r.o, Hustopeče<br />

Bauherr: Amada GmbH, Haan<br />

Das neue Solution Center eines Herstellers von Metallverarbeitungsmaschinen<br />

dient vor allem der Präsentation seiner Maschinen<br />

und der Kontaktpflege mit den Kunden. Entlang einer<br />

zentralen Erschließungsachse reihen sich unterschiedliche<br />

Gebäudeteile wie Kundenhalle, Show-Room, Schulungsräume,<br />

Büros und Teilelager auf. Besonders markant ist die am Haupteingang<br />

gelegene, um 15 Grad geneigte Kundenhalle, die unter<br />

68 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Einhaltung planungsrechtlicher Forderungen der Architektur<br />

und Tradition <strong>des</strong> japanischen Unternehmens folgt.<br />

Konstruktion<br />

» Gebäudeensemble <strong>des</strong> Solution Centers<br />

Die über der Dachhaut und vor der Fassade liegende Primärkonstruktion<br />

<strong>des</strong> Tragwerkes besteht aus neun eingespannten<br />

Stahlrahmen mit einem Achsabstand von fünf Metern und einer<br />

Stützweite von 25 Metern. Um die außen liegende Tragkons -<br />

truktion ohne sicht bare Verbände zu realisieren, erfolgt die<br />

Kipphalterung und die Queraussteifung über eine abgehängte<br />

Sekundärtragkonstruktion, die im Gebäudeinneren über der<br />

abgehängten Decke angeordnet und damit größtenteils unsichtbar<br />

ist.<br />

» Haupteingang und Kundenhalle bei Nacht


Gebäudehülle<br />

» Oben: Isometrie der Rahmenkonstruktion<br />

» Rechts: Außen liegende Tragkonstruktion<br />

Die Glasfassade und die Überkopfverglasung wurden als Pfosten-<br />

Riegel-Konstruktion mit Stahl-T-Profilen ausgeführt. Die Wände<br />

bestehen weitgehend aus gedämmten Stahlblechpaneelen, die<br />

Dächer aus tragenden Trapezblechen mit Isolierung und einer<br />

Eindeckung aus Profilblech.<br />

Die unterschiedlichen thermischen Ausdehnungen <strong>des</strong> äußeren<br />

und inneren Tragwerks werden durch Dehnfugen aufgefangen.<br />

Die Durchdringungen der Anschlusspunkte der Abhangebene<br />

sind auf ein Minimum beschränkt. An den Versprüngen in Dach<br />

und Fassade wurde die Dämmebene in einer Art Sandwichkonstruktion<br />

durch die Auflösung der HEB-Rahmenprofile in U-Pro -<br />

file durch die Tragebene geführt. In diesen Bereichen durchstoßen<br />

auch die Stiele der Stahlrahmen die thermische Gebäudehülle<br />

und werden daher biegesteif durch wärmegedämmte Elemente<br />

angeschlossen.<br />

» Oben: Horizontalschnitt Fassade, M 1:50<br />

» Unten: Innenansichten der Kundenhalle<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 69


Baustoffhandel Kraft, München<br />

Architektur: 03 Architekten GmbH, München<br />

Andreas Garkisch, Karin Schmid, Michael Wimmer<br />

Tragwerk: Lieb, Obermüller & Partner, München<br />

Stahlbau: Christmann & Pfeifer GmbH & Co. KG, Breidenbach<br />

Bauherr: Kraft Baustoffe GmbH, München<br />

Die aus einem Bürogebäude, einem Schulungszentrum sowie<br />

einer Halle mit Lager- und Kundenbereich bestehenden Einzelvolumina<br />

eines innerstädtisch gelegenen Baustoffhandels<br />

werden durch eine einheitliche Hülle aus transluzenten Polycarbonatplatten<br />

zusammengefasst. Die unbunten Farben der<br />

70 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Lageplan, M 1:5000<br />

Konstruktion und der durchscheinenden Gebäudehülle lassen<br />

die eingelagerten Waren und Baustoffe als Patchwork von<br />

zufällig enstehenden Farben, Mustern und Strukturen je nach<br />

Füllstand und Anordnung immer wieder neu in Erscheinung<br />

treten. Gleichzeitig verleiht die umgebende Hülle der Vielfalt<br />

im Inneren ein einheitliches Erscheinungsbild. Sie fungiert zugleich<br />

als Schallschutzwand, die der Abschirmung gegen die<br />

angrenzenden Wohngebiete dient.<br />

Konstruktion<br />

» Lagerhalle mit Hochregalen<br />

Das Stahltragwerk wurde in Skelettbauweise mit wenig Stützen<br />

und großen Spannweiten errichtet, um möglichst viel Raum für<br />

die individuellen Lagersysteme zu lassen. Zukünftige Erweiterungen<br />

oder Anpassungen sind daher ohne Änderungen an der<br />

Primärkonstruktion realisierbar.<br />

Die Stützen der Halle sind in Punktfundamenten teileingespannt,<br />

die Hochregale davon unabhängig in der Bodenplatte verdübelt.<br />

In der Be- und Entla<strong>des</strong>pur spannt die Tragkonstruktion über<br />

17 Meter, im Lagerbereich über 24 Meter. Die Spannweite in<br />

Längsrichtung beträgt 21 Meter. Für die Stützen und den Trägerrost<br />

kamen Standardprofile zum Einsatz, nur die Mittel- und<br />

Randträger wurden aus Stahlblechen unterschiedlicher Stärke<br />

zusammengschweißt. Die Polycarbonatplatten der Gebäudehülle<br />

sind auf einer umlaufenden Unterkonstruktion aus Stahlprofilen<br />

aufgebracht, die sich an den Außenseiten als horizontale<br />

Gliederung abzeichnet.


» Oben: Einfahrt zum Firmengelände<br />

» Oben rechts: Detail der Schallschutzwand<br />

» Oben: Querschnitt, Längsschnitt, M 1:1500<br />

» Links: Fassadenschnitte, M 1:100<br />

» Unten: Transluzente Hülle<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 71


» Anlieferung<br />

BLANCO Logistikzentrum, Bruchsal<br />

Architektur: RMA | Reichardt - Maas - Assoziierte Architekten<br />

GmbH & Co. KG, Essen<br />

Tragwerk: Fritz Ingenieurbüro für Bauwesen, Bretten<br />

Brandschutz: Zahn Sachverständigenbüro für Brandschutz,<br />

Mönchengladbach<br />

Stahlbau: Friedrich Bühler GmbH & Co. KG, Altensteig<br />

Bauherr: BLANCO Immolog GmbH & Co. KG, Oberderdingen<br />

» Differenzierte Ausbildung der<br />

Gebäudehülle<br />

72 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Veränderte Marktanforderungen und die Erweiterung <strong>des</strong> Sor -<br />

timentes veranlassten den Spezialisten für Küchentechnik ein<br />

neues Logistikzentrum zu bauen: Die europäische Distribution<br />

für die Produkte wurde zentralisiert sowie die Lagerkapazität<br />

erweitert. Bei Wachstum und erneutem Flächenbedarf ist die<br />

Vergrößerung der Logistikfläche auf das Doppelte möglich. In<br />

dem über 250 000 Kubikmeter fassenden Volumen werden<br />

hochwertige Produkte aus Edelstahl für Küche und Gastronomie<br />

gelagert.<br />

Bei der Gestaltung der Fassaden wurde die Technik <strong>des</strong> Blechkantens<br />

aus der Produktentwicklung auf den großen Maßstab


der Gebäudehülle übertragen. Das Ergebnis sind vier individuelle<br />

Fronten mit präziser Fügung der Linien und Materialien. Die<br />

geschlossenen Bereiche der Halle sind mit glattflächig angebrachten<br />

Metallpaneelen in Edelstahloptik verkleidet. Vor den<br />

Arbeitsplätzen im Erdgeschoss und auf der Bürogalerie im ersten<br />

Obergeschoss öffnen sich die Fassaden mit mattem Profil- oder<br />

Klarglas.<br />

Konstruktion<br />

Ein Trägerrost aus Fachwerkbindern lagert auf Stahlstützen, die<br />

umlaufend und in Richtung der vier Hallenschiffe angeordnet<br />

» Querschnitt, Längsschnitt,<br />

M 1:5000<br />

sind. Diese addieren sich mit den Abmessungen von 31,5 mal<br />

126 Metern zu einer Grundfläche von knapp 16 000 Quadratmetern<br />

bei einer Höhe von 16 Metern. Oberhalb der Fachwerkträger<br />

<strong>des</strong> Daches spannen Stahltrapezbleche über sechs Meter<br />

mit einem gedämmten Foliendach als Abschluss. Vor die<br />

Metallfassade ist an der Unterkante eine umlaufende LED-Beleuchtung<br />

gesetzt, die, in Kombination mit der Innenbeleuchtung,<br />

auch bei Nacht die Präzision <strong>des</strong> Baukörpers hervorhebt.<br />

» Links: Blick in die Lagerhalle<br />

» Rechts oben: Rohbau<br />

» Rechts unten: LED-Beleuchtung der Fassade<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 73


Im Umfeld der umgebenden Gewerbebauten hebt sich der 38<br />

Meter breite und 80 Meter lange Baukörper auffällig ab: Fünf<br />

gegeneinander versetzte, polygonale Hauptrahmen formen eine<br />

liegende Spirale. In die schrägen Außenflächen sind Sonnenkollektoren<br />

und Photovoltaikflächen integriert. In dieser „Energiespirale“<br />

stellt ein Fachgroßhändler für Sanitär und Heizung<br />

Produkte der Haustechnik aus, ergänzt durch einen Lehrpfad<br />

zum Thema erneuerbare Energien.<br />

Konstruktion<br />

Die Rahmentragwerke bestehen aus geschweißten Stahlträgern<br />

mit Ober- und Untergurten aus rechteckigen Rohrprofilen und<br />

Stegblechen aus Flacheisen. Stützen und aussteifende Elemente<br />

74 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Ener[gie]nger, München<br />

Architektur: peterlorenzateliers Innsbruck/Wien<br />

Tragwerk: Alfred Brunnsteiner, Natters<br />

Gebäudetechnik: Ludwig Ingenieurgesellschaft für<br />

technische Gebäudeausrüstung mbH, Traunstein<br />

Stahlbau: Stahlbau Pichler GmbH, Bozen<br />

Bauherr: Ingrid und Walter Graber, Markt Schwaben<br />

sind aus Rohrprofilen gefertigt, Querträger aus Walzprofilen und<br />

Windverbänden in den Dach- und Wandebenen aus Rundprofilen<br />

und Flacheisen. Die Vordächer sind als unterspannte und<br />

ausgekreuzte Raumfachwerkstruktur ausgeführt. Besondere<br />

Sorgfalt erforderte die Montage der Stahlstrukturen. Die genaue<br />

Positionierung der einzelnen horizontalen und vertikalen,<br />

in zwei Ebenen schräg verlaufenden Stahlrahmenkonstruktionen<br />

wurde mit provisorischen Zug- und Druckstäben durchgeführt.<br />

Die nachhaltige Nutzung erneuerbarer Energien ist das zentrale<br />

Thema dieses Projekts. Das Energiemanagement integriert Solarthermie<br />

und Grundwasserbrunnen für Heizung und Kühlung<br />

<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>, eine hocheffiziente Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung<br />

und ein Blockheizkraftwerk.<br />

» Oben: Luftaufnahme<br />

» Unten: Photovoltaikflächen in der Außenhaut


» Oben: Die komplexe Tragstruktur bei Nacht<br />

» Mitte, unten: Grundriss, Längsschnitt, Ansicht,<br />

M 1:1000<br />

» Links: Montage der Rahmen<br />

» Rechts: Windverbände aus<br />

Flachstahl<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 75


Faulturmgruppe <strong>des</strong> Klärwerks München I<br />

Architektur: Ackermann und Partner Architekten, München<br />

Tragwerk: Obermeyer Planen und Beraten GmbH, München<br />

Betriebstechnik: GKE Consult Beratende Ingenieure GmbH,<br />

Bochum<br />

Stahlbau: Dörnhöfer Stahl- und Metallbau GmbH & Co. KG,<br />

Kulmbach.<br />

Bauherr: Lan<strong>des</strong>hauptstadt München, Münchner<br />

Stadtentwässerung<br />

» Schnitt, Grundrisse UG und EG, M 1:1500<br />

76 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Markante Industriearchitektur<br />

Die Anlage am nördlichen Stadtrand Münchens ist zentraler Bestandteil<br />

der Abwasserreinigung im Klärwerk. Durch die Sammlung<br />

und Verstromung <strong>des</strong> dabei entstehenden Biogases wird<br />

das enthaltene Energiepotential optimal genutzt. So stellt die<br />

Faulbehälteranlage neben den Wasserkraftwerken an der Isar<br />

den größten Erzeuger erneuerbarer Energien in München dar,<br />

bei einer maximalen Tagesproduktion von 3 600 Kubikmeter<br />

Biogas.<br />

Vier neue, jeweils 14 500 Kubikmeter fassende Faultürme sind<br />

halbkreisförmig um einen zentralen Treppenturm gruppiert. Die<br />

für den Betrieb erforderlichen Einrichtungen der Anlage sind<br />

unterirdisch angeordnet. So konnten die technischen Anlagen<br />

zentral und wirtschaftlich gebündelt werden. Gleichzeitig bleibt<br />

der Raum zwischen den Faulbehältern zugunsten klarer Formen<br />

frei. Die Faulbehälter haben einen Durchmesser von 32 Metern<br />

und eine Gesamthöhe von knapp 45 Metern.


» Oben: Stahlkonstruktion <strong>des</strong> Treppenturms<br />

» Unten: Lichthof <strong>des</strong> Betriebsgebäu<strong>des</strong><br />

» Gekantete Metallverkleidung der<br />

wärmegedämmten Faultürme<br />

Zu Wartungszwecken sind die Behälterköpfe über den zentralen<br />

Treppenturm mit angeschlossenen Stahlbrücken zu erreichen.<br />

Der freistehende Treppenturm ist als zweischalige Stahlkons -<br />

truktion konzipiert. Die innere Schale – das Treppenhaus –<br />

wird als Stahlskelett achteckig ausgebildet. Die äußere, ebenfalls<br />

aufgelöste Schale dient der Aussteifung <strong>des</strong> Turmes und<br />

der Abtragung von Horizontalkräften aus Windbeanspruchung.<br />

Das filigrane Tragsystem aus Rundprofilen und -stäben ist auf<br />

ein Minimum reduziert.<br />

Auf Höhe der Faulbehälterspitzen befindet sich eine Verteilerebene,<br />

die den Zugang zu den vier, über 32 Meter spannenden<br />

Verbindungsbrücken ermöglicht. Die Brücken sind ebenfalls als<br />

Stahlkonstruktion ausgeführt, wobei die Längsträger aus Walzprofilen<br />

zweifach mit Stahlstäben unterspannt sind. Der Belag<br />

besteht aus speziell geformten, den Durchblick in die Tiefe<br />

hemmenden Gitterrosten. Den oberen Abschluss <strong>des</strong> Treppenturmes<br />

bildet die Aussichtsebene mit Blick auf das gesamte<br />

Klärwerksgelände und die Silhouette Münchens.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 77


» Das Vordach spannt frei über das Nachbargebäude<br />

» Oben: Schnitt, Grundriss Stahltragwerk<br />

der Auskragung, M 1:500<br />

» Unten: Optische Verbindung der Gebäude<br />

durch das verlängerte Dach<br />

78 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Forschungszentrum Dresden-Rossendorf<br />

Architektur: Henn Architekten, München<br />

Tragwerk: Ingenieurbüro Dr. Krämer GmbH, Berlin<br />

Brandschutz: HHP Nord/Ost GmbH, Braunschweig<br />

Stahlbau: ESBEE Stahl- und Industriebau GmbH, Marburg<br />

Bauherr: Forschungszentrum Dresden-Rossendorf e.V.,<br />

Dresden<br />

Der Standort Dresden-Rossendorf ist die größte außeruniversitäre<br />

Forschungseinrichtung Sachsens. 35 Gebäude der im Jahr<br />

1956 gegründeten Anlage wurden in jüngster Zeit bei laufendem<br />

Betrieb erweitert, saniert oder umgenutzt. Der Neubau <strong>des</strong> Eingangs-<br />

und Logistikgebäu<strong>des</strong> bildet den vorläufigen Abschluss<br />

der Baumassnahmen. Er ist geprägt durch ein 23 Meter weit<br />

auskragen<strong>des</strong> Vordach, das die Zufahrt zum Forschungsgelände<br />

überdeckt und eine optische Verbindung zum angrenzenden<br />

Logistikgebäude herstellt.<br />

Mögliche Windlasten, bedingt durch die exponierte Lage und<br />

die große Auskragung, stellten besondere Anforderungen an<br />

die tragende Konstruktion. Geschweißte Doppel-T-Profile bilden<br />

in Längsrichtung die Hauptträger <strong>des</strong> Dachtragwerkes. Entsprechend<br />

der statischen Belastung variieren deren Höhen zwischen<br />

1, 65 Meter im Auflagerbereich <strong>des</strong> Kragarms und einem Meter<br />

am Rand. Für die Rand- und Querträger wurden Standardprofile<br />

verwendet.


Sonstige Bauten<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 79


Aussichtsturm an der Mur, Gosdorf<br />

Architektur: terrain:loenhart&mayr architekten und<br />

landschaftsarchitekten, München<br />

Tragwerk: OSD GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main<br />

Stahlbau: GLS Bau- und Montage GmbH, Perg<br />

Bauherr: Gemeinde Gosdorf<br />

80 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Links: Skulptur in der ursprünglichen Landschaft<br />

» Oben: Lageplan<br />

Am Ufer der Mur, dem Grenzfluss der Südsteiermark zu Slowenien,<br />

ragt ein skulptural anmutender Aussichtsturm aus Stahl<br />

und Aluminium aus dem Auwald in die Höhe. Entlang dieser<br />

Grenze zum ehemaligen Eisernen Vorhang verläuft auch der<br />

„European Green Belt“. Dieses Grüne Band ist ein einzigartiges<br />

Naturgebiet, entstanden aufgrund der historischen Situation.<br />

Vom Naturschutzbund unterstützt, setzt der Turm ein bauliches<br />

Zeichen für die zahlreichen wertvollen Biotope.<br />

Die Erschließung und Konstruktion <strong>des</strong> Murturms folgt dem<br />

Prinzip einer Doppelhelix, der die Vorstellung eines kontinuierlichen<br />

Weges baulich in die Höhe trägt. Das Ziel der Turmbesteigung<br />

ist aber nicht die Aussicht ganz oben, sondern die kontinuierliche<br />

Bewegung durch die so genannten „Waldetagen“ –<br />

die Höhenschichten <strong>des</strong> Auwal<strong>des</strong>. Der Aufstieg macht die ökologische<br />

Ordnung und die Mikroklimata im Auwald erlebbar.<br />

» Links: Tragstruktur<br />

» Mitte: Treppenlauf<br />

» Rechts: Zusammenspiel von<br />

Tragwerk und Treppe


» Panoramablick über den Baumkronen<br />

Nach 168 Stufen ohne Zwischenpo<strong>des</strong>te und auf 27 Metern<br />

Höhe erreicht man schließlich eine bewusst klein gehaltene<br />

Aussichtsplattform mit einem Panoramablick über die Baumwipfel.<br />

Der Weg setzt sich durch einen weiteren Treppenlauf<br />

nach unten fort, so dass sich aufsteigende und absteigende Besucher<br />

auf zwei unterschiedlichen Treppen im Raum bewegen.<br />

Beim Tragwerk <strong>des</strong> Murturms handelt es sich um ein „Hybridtragwerk“,<br />

bei dem die räumlich biegesteifen Knotenverbindungen<br />

in Kombination mit einer Verseilung und Druckstäben<br />

das Tragsystem bilden. Trag- und Stützrohre gewährleisten die<br />

Standsicherheit, während die Verspannung das Schwingungsverhalten<br />

und die horizontale Kopfauslenkung begrenzt. Durch<br />

die intelligente Anordnung der Spannseile konnte auf zusätz -<br />

liche Schwingungsdämpfer verzichtet werden.<br />

» Tragstruktur mit Treppenuntersicht<br />

Das Konzept der Doppelspirale mit gegenläufigem Auf- und<br />

Abgang und den sich daraus ergebenden geometrischen Kreuzungspunkten<br />

erfordert keine weiteren statisch notwendigen<br />

Knotenpunkte. Sämtliche Tragelemente finden ihren Schnittpunkt<br />

in den Verschneidungspunkten <strong>des</strong> spiralförmigen Aufund<br />

Abgangs.<br />

In enger Kooperation zwischen Architekten und Tragwerksplanern<br />

wurde eine polygonalisierte Raumstruktur entwickelt. Die<br />

Inszenierung von Form, Bewegung und Tragwerk wird durch<br />

die aluminiumverkleideten Treppenbrüstungen erreicht, deren<br />

schimmernde Oberflächen die Anmutung <strong>des</strong> Bauwerks mit<br />

jeder Witterung und Tageszeit verändern. Die gekanteten Metalltafeln<br />

schaffen einen Körper und ein Flächenspiel, ohne Beeinträchtigung<br />

der Durchlässigkeit.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 81


» Das Seezeichen am Ende der Mole<br />

» Oben: Ansicht, M 1:500<br />

» Unten links: Blick nach oben mit versetzten Ebenen<br />

» Unten rechts: Materialcollage aus Holz, Stahl und<br />

Edelstahl<br />

82 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Seezeichen Juist<br />

Architektur: Droste Droste & Urban Architektengesellschaft<br />

mbH, Oldenburg<br />

Tragwerk: Gruppe Ingenieurbau Jürgen Hellmann GmbH,<br />

Oldenburg<br />

Stahlbau: Stahl- und Metallbau Ihnen GmbH & Co. oHg, Aurich<br />

Bauherr: Inselgemeinde Juist<br />

Der Hafen in Juist ist der Umschlagplatz für die gesamte Verund<br />

Entsorgung der Insel. Mit dem Um- und Neubau hat er am<br />

Ende der Seebrücke ein weithin sichtbares Seezeichen erhalten,<br />

das als Wahrzeichen und Architekturplastik ganzjährig<br />

nutzbar und erlebbar ist. Besucher können die frei zugängliche<br />

Ebene auf Höhe der Mole oder die Decks auf den ersten beiden<br />

Ebenen betreten, die Aussicht genießen, Abreisenden hinterher<br />

sehen und Ankommende begrüßen. Zugleich birgt das<br />

Seezeichen technische Einrichtungen, eine Wetterstation, das<br />

nautische Signalfeuer und Rettungsgerät.<br />

Das zu 95 Prozent aus Stahl bestehende Seezeichen wurde<br />

auf einem Hafenpier in Emden aufgebaut und mit allen Ausbauteilen<br />

wie Holzbohlenwänden, Treppen, Böden, Geländern<br />

und Schiebetüren versehen. Nach Fertigstellung wurde es verschifft<br />

und bei Ebbe von einem Schwimm-Ponton aus aufgestellt.<br />

Die aufwendige Tragstruktur wurde auf einer acht mal<br />

acht Meter großen Betonplatte verankert. Gegen die aggressive<br />

Salzwasserumgebung ist der Stahlbau durch Feuerverzinkung<br />

mit anschließender Komplettlackierung geschützt.


Kältekraftwerk Universität Chicago<br />

Architektur: Murphy/Jahn, Chicago<br />

Tragwerk: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart<br />

Stahlbau: Cives Steel Company, Wolcott<br />

Bauherr: University of Chicago Facilities Services<br />

Das Kraftwerk versorgt den Campus der Universität von Chicago<br />

und das Krankenhaus mit Kälte und Wärme. Die Fassade <strong>des</strong><br />

prägnanten, dreigeschossigen Quaders mit seinen abgerundeten<br />

Kanten ist auf zwei Seiten fast vollständig geöffnet und gibt den<br />

Blick auf Technik und Tragkonstruktion frei. Stahlstützen tragen<br />

die filigranen Pfosten-Riegel-Elemente, an denen Klarglaspaneele<br />

punktuell befestigt sind. Der Abschnitt der Gebäudehülle,<br />

der eher geschlossen wirkt, ist mit perforierten und profilierten<br />

Edelstahlpaneelen verkleidet. Diese sind in einem Abstand von<br />

zehn Zentimetern vor die vorgefertigten Betonwände gehängt,<br />

die als wetterfeste Gebäudehülle fungieren. Die Luftein- und<br />

Auslässe in den Betonwänden sind ebenfalls mit perforierten<br />

Edelstahlpaneelen verkleidet.<br />

Eine Stahlkonstruktion aus Stützen und Trägerrosten bildet in<br />

Verbindung mit aussteifenden Fertigbetonwänden die Tragstruktur.<br />

Die Stahlprofile sind unverkleidet und mit einer Brandschutzbeschichtung<br />

versehen. Im Dachbereich wird die Fassade<br />

mit einer Rundung abgeschlossen. Die Unterkonstruktion aus<br />

gebogenen, verzinkten Quadratrohren gibt hier die Form für die<br />

durchscheinende Edelstahlverkleidung vor.<br />

» Das neue Kältekraftwerk aus Stahl und Glas neben<br />

dem Ziegelbau <strong>des</strong> Dampfkraftwerks<br />

» Schnitt, Grundriss EG und OG, M 1.1000<br />

» Oben: Verkleidung mit perforierten Edelstahlblechen<br />

» Links: Glasfassaden geben den Blick ins<br />

Innere der Maschinenräume frei<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 83


» Perlbeige beschichtete Stahltafeln<br />

reflektieren die Farbe <strong>des</strong> Balsaltsteins<br />

Hochwasserpumpwerk<br />

Köln Rodenkirchen<br />

Architektur: Dirk Melzer, Kaub,<br />

mit v-architekten, Köln<br />

Tragwerk: Pechuel-Loesche, Münch, Kegel Beratende<br />

Ingenieure, Köln<br />

Stahlbau: Metallbau Fröbel GmbH, Brühl<br />

Bauherr: Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR<br />

84 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Links: Grundriss, Schnitt,<br />

M 1:400<br />

» Rechts: Ansicht <strong>des</strong> Pumpwerks<br />

von der Uferstraße<br />

Das am Fluss gelegene Hochwasserpumpwerk bildet den Auftakt<br />

für die Rheinfassade der Stadt, gefolgt von einem 17-geschossigen<br />

Wohnhaus. Rückwärtig grenzt es an den Auwald<br />

eines Landschaftsschutzgebietes. Große Teile <strong>des</strong> Bauwerks<br />

liegen etwa elf Meter unter der Oberfläche, nur einige Bereiche<br />

ragen vier Meter über die Erde.<br />

Während zum Auwald hin langgezogene Böschungen den Übergang<br />

zur Landschaft bilden, wurde die Rheinseite <strong>des</strong> Pumpwerks<br />

mit einer geschwungenen Mauer aus Basalt-Bruchsteinen<br />

gefasst. Durch ihre wechselnden Neigungen, Radien und Höhen<br />

scheint sie den Baukörper zu umfließen. Zudem begrenzt<br />

sie eine flache, langgezogene Rampe zum Befahren <strong>des</strong> intensiv<br />

begrünten Pumpwerksdaches.<br />

Das Thema <strong>des</strong> „Umfließens“ setzt sich in der Ummantelung<br />

<strong>des</strong> Einstiegsbauwerkes fort. Um den vorhandenen Funktionsbau<br />

in das Gesamtkonzept zu integrieren, wird er mit einer<br />

schimmernden perforierten Haut aus Stahlplatten umschlossen,<br />

deren Aussparungen das ortstypische Motiv von angeschwemmtem<br />

Treibholz aufgreifen.<br />

Die Stahlplatten werden von einer vorgesetzten Unterkonstruktion<br />

aus Stahlprofilen gehalten. Der Raum zwischen der Ummantelung<br />

und den bestehenden Außenwänden dient dazu,<br />

über einfache Treppen die Funktionsbereiche <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong><br />

zur Wartung und Revision erreichen zu können. Die Oberflächen<br />

<strong>des</strong> Massivbaus wurden vollständig mit einem dunklen<br />

anthrazitfarbenen Anstrich beschichtet, um einen möglichst<br />

starken Kontrast zur hellen Farbe der Stahlfassade zu erreichen<br />

und dadurch die Struktur der durchbrochenen Oberfläche hervorzuheben.


Hochwasserpumpwerk<br />

Schönhauser Straße, Köln<br />

Architektur: Kaspar Krämer Architekten, Köln<br />

Tragwerk: Pechuel-Loesche, Münch, Kegel Beratende<br />

Ingenieure, Köln<br />

Stahlbau: Metallbau Fröbel GmbH, Brühl<br />

Bauherr: Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR<br />

Das Pumpwerk gliedert sich baulich in einen Tief- und einen<br />

Hochbauteil: Das teilweise unterirdische Tiefbauteil birgt die<br />

Pumpen, das Hochbauteil übernimmt die elektrotechnische<br />

Versorgung. Beide Bereiche sind so konzipiert, das sie gegen<br />

jegliche zu erwartenden Hochwasser baulich geschützt sind.<br />

Die Fassadenmaterialien <strong>des</strong> Tiefbauteils sind auf Basaltstein<br />

für die östliche und westliche Böschungswand und Grasbewuchs<br />

» Links: Fassadenschnitt, M 1:50<br />

» Oben: Blick von Süd-Osten auf die Böschungswand<br />

und den mit Stahlgittern umhüllten Baukörper<br />

für das aus Wartungsgründen schwerlastbefahrbare Gründach<br />

beschränkt. Die Stahl-Gitter-Konstruktion <strong>des</strong> Hochbauteils<br />

wurde als selbsttragende Vorhangfassade entwickelt. Die horizontal<br />

lagernden Gitterroste umhüllen den Betonkörper im<br />

Abstand von 90 Zentimetern im Wand- und Dachbereich. Die<br />

verzinkten und beschichteten Gitterroste bieten einen hohen<br />

mechanischen Schutz und aufgrund ihrer Struktur kaum Angriffsfläche<br />

für Grafitti.<br />

LED-Leuchten, die innerhalb der Metallgitter-Konstruktion montiert<br />

sind, projizieren je nach Höhe <strong>des</strong> Rheinpegels verschiedene<br />

Farbspektren auf die Betonfassade <strong>des</strong> Hochbaus. Die am<br />

Tage zurückhaltend und homogen erscheinende Metall-Fassade<br />

entfaltet daher ab Einbruch der Dämmerung eine eigenständige<br />

und signifikante Wirkung.<br />

» Inszenierung verschiedener<br />

Betriebszustände durch Licht -<br />

installationen<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 85


Canis Resort, Freising<br />

Architektur: Erdmann Kicherer Büro für Garten- und<br />

Landschaftsarchitektur, München<br />

Stahlbau: Numberger GmbH, St. Wolfgang<br />

Bauherr: Canis Resort AG, München<br />

Das Canis Resort ist die weltweit erste Hotelkette für Hunde.<br />

Jede Lodge verfügt über einen eigenen abgetrennten Garten,<br />

umgeben von einem feinen Stahlgeflecht. Die engmaschige<br />

Einzäunung beginnt auf einem elliptischen Stahlbetonfundament<br />

aus Betonfertigteilen und endet in Nestform leicht nach<br />

innen geneigt in knapp zwei bzw. drei Metern Höhe. Über zwei<br />

Hundeklappen in den Hütten aus Holz ist der Außenbereich<br />

für die Vierbeiner jederzeit erreichbar. Der Zaun kommt ohne<br />

86 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Links: Gartenbereich der Lodges<br />

» Oben: Seitenansicht, Vorderansicht, M 1:200<br />

tragende Unterkons truktion aus, wirkt daher schwerelos und<br />

luftig und entspricht keinesfalls den gängigen Bildern eines<br />

Zwingers.<br />

Die Konstruktion besteht aus rhombisch verschweißten Edelstahlstäben<br />

mit einer Maschenweite von 120 x 120 Millimeter.<br />

Die Maschenweite <strong>des</strong> Sockels beträgt 60 x 60 Millimeter, um<br />

ein Entschwinden kleinerer Hunde zu vermeiden. Als Grundform<br />

der Konstruktion wurde die Ellipse mit den Abmessungen<br />

zehn mal sechs Meter gewählt. Die Höhe ergab sich aus der<br />

mög lichen Sprunghöhe der Hunde. Je<strong>des</strong> dieser selbsttragenden<br />

„Gewebe“ wurde aus ca. 2500 Metern Rundstahl mit einem<br />

Durchmesser von fünf Millimetern erstellt. Als Material wurde<br />

aus hygienischen Gründen Edelstahl verwendet.<br />

» Blick in die Anlage


Sport- und Stadienbauten<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 87


» Oben: Der Baukörper in der Topografie<br />

» Rechts: Schnitt Schanzentragwerk und Gelände,<br />

M 1:1500<br />

88 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Auszeichnung<br />

Neue Olympia-Skisprungschanze,<br />

Garmisch-Partenkirchen<br />

Architektur: terrain:loenhart&mayr, architekten und landschaftsarchitekten,<br />

München<br />

Tragwerk: Mayr | Lu<strong>des</strong>cher | Partner, Beratende Ingenieure,<br />

München<br />

Schanzentechnik: Sieber+Renn Architekten, Sonthofen<br />

Stahlbau: Bitschnau GmbH, Nenzing<br />

Bauherr: Markt Garmisch-Partenkirchen<br />

Laudatio<br />

Mit der neuen Olympia-Skisprungschanze in Garmisch-Partenkirchen<br />

gelingt es den Architekten und Ingenieuren eine neue<br />

architektonische Ausdrucksform zu entwickeln, die sich aus<br />

dem geänderten Anforderungsprofil <strong>des</strong> Skisprungs von Anlauf<br />

und Sprungtechnik ergibt.<br />

Sie nimmt die Topografie der umliegenden Landschaft auf und<br />

versinnbildlicht mit ihrer dynamischen Form die Ideale <strong>des</strong><br />

Fliegens. Durch die von transparent nach transluzent wechselnde<br />

Hülle wird die sorgfältig ausgeführte Konstruktion aus Stahl<br />

erfahrbar. Gleichzeitig demonstriert die Skulptur mit ihrer<br />

enormen Auskragung und ihrer Ableitung der Lasten über nur<br />

zwei Punkte auf eindrucksvolle Weise die Leistungsfähigkeit<br />

<strong>des</strong> Materials.


» Oben: Lageplan, M 1:4000<br />

» Rechts: Licht- und Schattenspiel der<br />

transluzenten Fassade<br />

Seit 1922 wird am Partenkirchener Gudiberg das berühmte<br />

Neujahrsspringen durchgeführt, das in den 50er Jahren fester<br />

Bestandteil der internationalen Vierschanzentournee wurde.<br />

Die Technik <strong>des</strong> Skisprungs hat sich seither so stark weiterentwickelt,<br />

dass ein Neubau der Olympiaschanze erforderlich<br />

wurde. Nun setzt eine weit auskragende, futuristisch anmutende<br />

Konstruktion ein weithin sichtbares, markantes Zeichen. Die<br />

eindrucksvolle Auskragung <strong>des</strong> Anlaufbauwerkes akzentuiert<br />

die von der Topografie inspirierten Linien der Anlage, das Tragwerk<br />

und die Fassade veranschaulichen den Flugablauf und<br />

die dabei auftretenden Kräfte.<br />

Dynamische Linienführung<br />

Die neue Schanzenanlage verbindet die verschiedenen Funktionsbereiche<br />

durch eine übergreifende und aufeinander bezogene<br />

Linienführung zu einer dynamischen Gesamtform. So folgen auf<br />

den überhöhten Schanzentisch die Athleten- und Nebenräume<br />

sowie die Aufzugs- und Schanzentechnik der Anlage. Über die<br />

332 Stufen der „Himmelsleiter“ gelangen Sportler, Betreuer<br />

und Presse in den über 100 Meter langen Anlaufturm. Alternativ<br />

führt ein neu entwickelter Schrägaufzug zu den drei Ebenen<br />

<strong>des</strong> Schanzenkopfes. Hier ist neben dem Ruheraum für die<br />

Springer auch der Technikbereich für Fernsehübertragungen<br />

untergebracht. Am höchsten Punkt, in 62 Metern Höhe, erreicht<br />

man schließlich eine Aussichtsplattform, die auch außerhalb<br />

der Skisaison einen Panoramablick auf die Alpenlandschaft<br />

ermöglicht. Ein Novum ist die Konstruktion der Anlaufspur, die<br />

mit geringstem Schneevolumen und Energieaufwand witterungsunabhängigen<br />

Winterbetrieb und, mit einer zusätz lichen<br />

Kunststoffspur ausgestattet, den Betrieb im Sommer erlaubt.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 89


» Oben: Grundriss, Schnitte der Stahlkonstruktion<br />

M 1:800<br />

» Unten: Blick in die innen beleuchtete Schanze<br />

90 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Konstruktion<br />

Das Anlaufbauwerk ist um 35 Grad geneigt, kragt 62 Meter aus<br />

und wiegt annähernd 600 Tonnen. Es ist als viergurtiges Stahlfachwerk<br />

mit Diagonalstäben und Querrahmen ausgebildet, die<br />

den trapezförmigen Querschnitt <strong>des</strong> Schanzenkörpers aussteifen.<br />

Das Tragwerk bildet einen räumlich steifen „Hohlkasten“ aus,<br />

lagert gelenkig auf den ca. 18 Meter weit gespreizten unteren<br />

Druckgurten und wird am Schanzentisch mit einem zugfesten<br />

Lager im Gleichgewicht gehalten. Die im Bereich <strong>des</strong> Schanzentisches<br />

auftretenden abhebenden Auflagerlasten werden durch<br />

das Eigengewicht <strong>des</strong> unter dem Schanzentisch liegenden Bauwerkes<br />

sowie zusätzlich durch Rückverankerung der Gründungsplatte<br />

in den anstehenden Boden gegen Abheben gesichert.<br />

Die drei Plattformen <strong>des</strong> Schanzenkopfes sind in Fortsetzung<br />

der Turmgurtstäbe in ein räumlich stabiles Rahmentragwerk eingebunden.<br />

Sie bestehen aus Stahlträgerrosten mit Querträgern<br />

und einer leichten Trapezblechdecke.<br />

Montage<br />

Der Zusammenbau <strong>des</strong> Schanzentragwerkes, <strong>des</strong> Turmkopfes,<br />

der Anlaufbahn und der Ausbauteile, wie Verkleidung, Schrägaufzug<br />

oder Treppen, erfolgte auf der Baustelle in Bodennähe.<br />

Die vorgefertigten Teile wurden in abgekippter Position montiert,


» Treppe und Schrägaufzug innerhalb der Tragstruktur<br />

über ein Drehgelenk am Drucklagerpunkt in die Endposition geschwenkt<br />

und zuletzt am Schanzenvorplatz verankert.<br />

Die Fassade <strong>des</strong> Anlaufbauwerkes ist doppelt gekrümmt und<br />

mit transluzenten Polycarbonat-Platten bekleidet, deren Transparenz<br />

nach oben hin abnimmt und von durchscheinend zu<br />

opak wechselt. Dadurch verändert sich das äußere Erscheinungs-<br />

» Oben: Querschnitt, M 1:100<br />

» Oben rechts: Installationskanal über dem<br />

Treppenaufstieg<br />

» Unten rechts: Blick in den „Hohlkasten“<br />

bild mit dem Wechsel zwischen Tageslicht und künstlicher Beleuchtung:<br />

Tagsüber bildet die neue Schanze mit der umgebenden<br />

Schneelandschaft eine Einheit. Mit dem Einsetzen der<br />

Dämmerung löst sich die Form <strong>des</strong> hell erleuchteten Baukörpers<br />

langsam aus der umgebenden Landschaft und wird bei Nacht<br />

zur weithin sichtbaren Lichtskulptur.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 91


» Oben: Tribünendach aus blechgedeckten Kragarmen<br />

» Unten: Grundrisse Ebene 2 und 6, Dachaufsicht,<br />

M 1:5000<br />

92 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Nelson Mandela Bay Stadion,<br />

Port Elizabeth, Südafrika<br />

Architektur: gmp · von Gerkan, Marg und Partner Architekten,<br />

Hamburg<br />

Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />

Stahlbau: ABJ, Kuwait und Birdair, Amherst (Membrandach)<br />

Bauherr: Nelson Mandela Bay Municipality, Port Elizabeth<br />

Die Silhouette <strong>des</strong> zur Fußballweltmeisterschaft <strong>2010</strong> errichteten<br />

Nelson Mandela Bay Stadions in Port Elizabeth ist durch die<br />

geschwungene Form der Dachträger und die klare Struktur der<br />

Betonkonstruktion geprägt. Die Geometrie <strong>des</strong> Daches orientiert<br />

sich an örtlichen Besonderheiten und schützt die Zuschauer<br />

vor der Sonne und dem häufig auftretenden, kräftigen Wind.<br />

Um ohne zusätzliche Maßnahmen einen möglichst winddichten<br />

Anschluss <strong>des</strong> Daches an die Fassade zu erzielen, wurde die<br />

Dachhaut in die Fassade hineingeführt.<br />

Dachform<br />

Der Grundriss <strong>des</strong> Daches entwickelt sich aus drei Radien, die<br />

sich um die Abmessungen <strong>des</strong> kombinierten Fußball- und Rugbyfel<strong>des</strong><br />

legen. Seine markante Form erhält das Dach durch die<br />

abwechselnde Anordnung von 36 gebogenen Dreigurtbindern<br />

und dazwischen gespannten, transluzenten PTFE-Membranen.<br />

Die Binder sind ihrer Form folgend mit Aluminiumblech eingedeckt,<br />

das im unteren Teil in unterschiedlichen Transparenz -<br />

graden gelocht ist und sowohl Sonnenschutz als auch Ausblick<br />

gewährt. Die Membranen sind durch ein Zugseil mittig in zwei<br />

Felder geteilt, so dass sich die Formen von Rippen und Kehlen


sowie deren Materialien gegeneinander abheben. Die Abfolge<br />

aus opaker und transluzenter Dacheindeckung führt im Innenraum<br />

zu einem interessanten Wechselspiel aus Licht und<br />

Schatten. Die Membranen sorgen bei Tag für eine natürliche<br />

Ausleuchtung unter dem Dach. Um den Schattenwurf auf das<br />

Spielfeld weich zu gestalten, wurde der transluzente Dachanteil<br />

in Richtung der inneren Dachkante maximiert.<br />

Konstruktion<br />

Das statische System basiert auf einfachen Kragträgern, die in<br />

vertikaler Richtung unabhängig voneinander wirken. Sie ruhen<br />

auf einem Lager am unteren Ende <strong>des</strong> Trägers und einer Y-förmigen<br />

Stütze auf dem oberen Umgang. Benachbarte Träger stabilisieren<br />

sich gegenseitig. Vertikale Lasten auf dem auskragenden<br />

Dachbereich werden mehrheitlich über ein vertikales Kräftepaar<br />

zwischen unterem Auflager und der Y-Stütze aufgenommen. Das<br />

Raumfachwerk der Träger wurde als vollverschweißtes Rohrfachwerk<br />

ausgeführt. An der inneren Dachkante verbindet ein<br />

umlaufender Randträger die Trägerspitzen zu einem Technik-<br />

Ring: Wartungsgang, Flutlicht und Installationen sind dort<br />

oberhalb der Dachhaut angeordnet. Der innere Dachabschluss<br />

tritt als scharfe Kante in Erscheinung.<br />

Korrosionsschutz<br />

Aufgrund hoher Temperaturen in Kombination mit Luftfeuchtigkeit<br />

und hohem Salzgehalt gehört Port Elizabeth an der Küste<br />

<strong>des</strong> Indischen Ozeans zu den Orten mit der weltweit höchsten<br />

normativ erfassten Korrosionsbelastung. Als Korrosionsschutz<br />

kamen daher hochwertige, sehr UV-beständige Polysyloxane<br />

zum Einsatz. Bewegliche und begehbare Teile wurden duplexbeschichtet,<br />

Spalte und schlecht zugängliche Bereiche minimiert.<br />

» Rechts: Schnitt Tribüne und Kragarm, M 1:500<br />

» Unten links: Luftaufnahme<br />

» Unten rechts: Innenansicht<br />

» Dreigurtbinder und Membranfelder<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 93


Moses Mabhida Stadion, Durban,<br />

Südafrika<br />

Architektur: gmp · von Gerkan, Marg und Partner Architekten,<br />

Hamburg<br />

Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />

Stahlbau: Pfeifer Seil- und Hebetechnik GmbH, Memmingen<br />

Birdair, Amherst (Membrandach)<br />

Bauherr: Municipality of Durban, Strategic Projects Unit<br />

94 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Das zur Fußballweltmeisterschaft <strong>2010</strong> errichtete Moses Mabhida<br />

Stadion in Durban steht im zentralen Sportpark am Strand <strong>des</strong><br />

Indischen Ozeans. Ein hoher Bogen erhebt sich als weithin sichtbare<br />

Landmarke über dem Stadion. Der Haupteingang am Südende<br />

<strong>des</strong> 1,5 Kilometer langen Parks symbolisiert das Tor <strong>des</strong><br />

Stadions zur Stadt und wird durch die Gabelung <strong>des</strong> großen Bogens<br />

gebildet. Am Nordende transportiert eine Seilbahn Besucher<br />

auf das „Skydeck“ am Scheitelpunkt <strong>des</strong> Bogens, das einen<br />

imposanten Rundblick über die Stadt und den Indischen Ozean<br />

bietet. Der Bogen markiert das neue Stadion und macht es zu<br />

einer Ikone in Durbans Stadtsilhouette, die von der vielfarbigen<br />

Bevölkerung als verbindender Regenbogen und, von oben ge -<br />

sehen, als Abbild der Nationalflagge gedeutet wird.<br />

Für die Fußballweltmeisterschaft <strong>2010</strong> wurde das Stadion mit<br />

Sitzplätzen für 70 000 Zuschauer ausgestattet, deren Anzahl<br />

auf 56 000 reduziert oder für Großveranstaltungen vorübergehend<br />

auf 85 000 erhöht werden kann. Das Mehrzweckstadion<br />

erfüllt nicht nur FIFA-Standards, sondern kann auch Commonwealth-<br />

und Olympischen Spielen dienen.<br />

» Schnitt, Ausschnitt Dachtragwerk,<br />

M 1:1500<br />

» Luftaufnahme


» Oben: Grundriss, Dachaufsicht,<br />

M 1:5000<br />

» Unten: Bogen und Stadiondach<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 95


» Bogen mit „Skydeck“<br />

Bogenquerschnitt, M 1:100<br />

96 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Konstruktion<br />

Die Dachkonstruktion besteht aus gegeneinander verspannten<br />

Bauteilen. Ein radiales Seilnetz wird zwischen dem großen, das<br />

Stadion überspannenden, 360 Meter langen und 105 Meter<br />

hohen vertikalen Bogen, horizontal liegenden Druckbögen und<br />

einem Randseil vorgespannt. Die Dachhaut aus PTFE-beschichtetem<br />

Glasfasergewebe wird gegen die benachbarten Grat- und<br />

Kehlseile <strong>des</strong> Seilnetzes verspannt. Der zwischen die großen<br />

Bogenfundamente gestellte Bogen trägt die Last <strong>des</strong> Membrandachs,<br />

wird durch die Seile belastet und gleichzeitig stabilisiert.<br />

Mit Ausnahme der großen Auflagerkräfte aus dem Bogenschub<br />

und den Normalkräften in den Pendelstützen am Dachrand<br />

werden alle Seilkräfte im System kurzgeschlossen. Durch die<br />

Verbindung der liegenden Druckringe, <strong>des</strong> vertikalen Bogens<br />

und <strong>des</strong> Randseils an drei Punkten, kann unter Einhaltung <strong>des</strong><br />

Gleichgewichtes der Normalkräfte eine Dachform erzeugt werden,<br />

die nahezu perfekt zur Tribünenschüssel passt.<br />

Alle Stahlbauteile wurden als Hohlkasten ausgeführt. Der Bogen<br />

besteht aus trapezförmigen Querschnitten mit einer Bauhöhe<br />

von fünf Metern und Breiten zwischen drei und fünf Metern. Je


» Oben: Umlenkknoten, M 1:50<br />

» Unten: Stadion bei Nacht<br />

» Oben: Ansicht mit Haupteingang<br />

» Unten: Untersicht <strong>des</strong> Umlenk-Zugringknotens<br />

fünf Trapezsteifen, die auch für den Abtrag der Bogenkräfte<br />

herangezogen werden, stabilisieren die vier ebenen Seitenbleche.<br />

Der Bogen ist in ca. 15 Meter lange Segmente eingeteilt,<br />

die in sich gerade sind und nur durch die Knicke an den Stößen<br />

die gekrümmte Bogenform erzeugen. Der Bogen ist innen zugänglich<br />

und mit einem inneren Korrosionsschutz versehen. Die<br />

Stahlhohlkästen der Druckringe und Stützen wurden luftdicht<br />

verschweißt und kommen daher ohne inneren Korrosionsschutz<br />

aus.<br />

Nächtliche Illumination<br />

Die Fassadenbekleidung aus gelochten Profilblechen erhebt<br />

sich bis zur Außenkante <strong>des</strong> Daches und schützt vor peitschendem<br />

Regen, starken Winden und direkter Sonneneinstrahlung.<br />

Die PTFE-Dachmembran lässt bei Tag 50% <strong>des</strong> Sonnenlichts in<br />

die Arena und dient gleichzeitig der Verschattung. Bei Dunkelheit<br />

werden die Dachflächen teils von oben durch eine auf dem<br />

Bogen montierte LED-Kette illuminiert, teils von unten mit<br />

Scheinwerfern angestrahlt.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 97


BayArena Leverkusen<br />

Architektur: HPP Hentrich-Petschnigg & Partner GmbH & Co. KG,<br />

Düsseldorf<br />

Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart (Dach),<br />

Krebs und Kiefer, Beratende Ingenieure für das Bauwesen<br />

GmbH (Massivbau)<br />

Stahlbau: Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH & Co. KG,<br />

Neumarkt<br />

Brandschutz: Ingenieurbüro Uhlenberg, Leverkusen<br />

Windgutachten: Wacker Ingenieure, Birkenfeld<br />

Bauherr: Bayer 04 Immobilien GmbH, Leverkusen<br />

Mit einer umfassenden Erweiterung und Modernisierung der<br />

BayArena erhielt Fußball-Bun<strong>des</strong>ligist Bayer 04 Leverkusen ein<br />

Stadion auf internationalem Niveau. Die Umbaumaßnahmen<br />

umfassten im Wesentlichen die Neugestaltung und Vergrößerung<br />

der Mannschaftsräume inklusive Physiotherapie- und<br />

Regenerationsbereiche, den Neubau eines Hospitality-Bereichs,<br />

die Restrukturierung der Medieneinrichtungen sowie die Er -<br />

weiterung der Zuschauerkapazität und die damit verbundene<br />

Neugestaltung <strong>des</strong> Stadiondaches.<br />

Dachkonstruktion<br />

Die Lasten <strong>des</strong> kreisrunden, 28 000 Quadratmeter großen Daches<br />

werden über acht V-förmige Stützen mit einem Durch -<br />

messer von je einem Meter auf ihre Betonfundamente abgeleitet.<br />

Die Tragkonstruktion <strong>des</strong> Daches basiert auf dem Prinzip<br />

98 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Oben: Details der Seilkonstruktion<br />

» Rechts: Grundriss, M 1:3000<br />

» Ostansicht<br />

eines Speichenra<strong>des</strong> mit einem äußeren, als Fachwerkträger<br />

ausgebildetem Druckring, einem Ringseil sowie 72 radial spannenden<br />

Trag- und 36 Spannseilen. Die Konstruktion <strong>des</strong> Daches<br />

ist durch eine in 36 Achsen aufgeteilte Kreisgeometrie mit je<br />

acht Ringsegmenten aus Fachwerkpfetten gekennzeichnet, die<br />

sich tangential von einem Seilbinderknoten zum anderen spannen.<br />

Insgesamt wurden knapp zehn Kilometer Stahlseile in einer<br />

Stärke von bis zu 70 Millimetern und einem Gewicht von 2 800<br />

Tonnen verarbeitet.<br />

Um Schutz vor Witterungseinflussen zu bieten, ragt das Dach<br />

im Osten weit über den ausgebauten Tribünenbereich hinaus.<br />

Die Dacheindeckung erfolgte mit eigens entwickelten, 1,50 Meter<br />

breiten transluzenten Polycarbonatplatten. Durch die filigrane<br />

Konstruktion und durchscheinende Über dachung konnte der<br />

attraktive Freilufteinruck im Stadioninneren erhalten bleiben.


» Oben: Schnitt, M 1:1500<br />

» Unten: Stadion bei Spielbetrieb<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 99


» Oben: Pylone mit abgespannten Trägern<br />

» Rechts: Ansicht Süd, M 1:800<br />

Radrennbahn Andreasried, Erfurt<br />

Architektur: Bauconzept Planungsgesellschaft mbH, Lichtenstein<br />

Tragwerk: Bauconzept Planungsgesellschaft mbH, Lichtenstein<br />

und Ingenieurbüro Teschner GmbH, Kosel<br />

Stahlbau: Zeman & Co. GmbH, Wien<br />

Brandschutz: Architekturbüro Dr. Spindler, Erfurt<br />

Bauherr: Lan<strong>des</strong>hauptstadt Erfurt, Erfurter Sportbetrieb<br />

Die Radrennbahn Andreasried ist mit über 100 Jahren die älteste<br />

der Welt. Nach dem Umbau präsentiert sich das neue<br />

Radsportstadion mit seiner 250 Meter langen Bahn als moderne<br />

Sportstätte. Dank der 7 000 Quadratmeter großen Teilüberdachung<br />

ist nunmehr ein ganzjähriger Betrieb möglich.<br />

100 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Das Stahltragwerk <strong>des</strong> Daches mit einer Länge von 124 Metern<br />

und einer Breite von 89 Metern folgt der ovalen Form der Radrennbahn.<br />

20 Pylone, die an den Stützenfüßen eingespannt<br />

sind, tragen die bis zu 31 Meter in das Gebäudeinnere aus -<br />

kragenden Binder. Die Pylone und Kragbinder wiederum werden<br />

durch ein System von Zug- und Druckstäben überspannt, so<br />

dass für die relativ große Spannweite ein ausreichend steifes<br />

Tragwerk entsteht. Die Binder sind über einen äußeren und<br />

einen inneren Ringträger miteinander verbunden. Durch die<br />

Ringträger wird, besonders im Bereich der Bahnkurven, ein<br />

räumliches Tragverhalten erzeugt, da deren Bogenwirkung wie<br />

ein horizontales Auflager wirkt. Gebogene Stahlrohre zwischen<br />

den Bindern versetzen die Membran aus PVC-beschichteten<br />

Polyestergewebe in den notwendigen, zweiachsig vorgespannten<br />

Zustand.<br />

» Oben: Isometrie der Stahlkonstruktion<br />

» Links: Radrennbahn mit überdachtem<br />

Zuschauerbereich


Brücken<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 101


» Oben: Blick von der Pylonseite zum gegenüberliegenden<br />

Widerlager<br />

» Unten: Grundriss, Längsschnitt, M 1:1000<br />

102 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Auszeichnung<br />

Fuß- und Radwegbrücke über den Urftsee<br />

(Victor-Neels-Brücke)<br />

Architektur und Tragwerk: Lorenz Cornelissen, Nideggen<br />

Stahlbau: Arge Urftseebrücke – Klein, Raulf, Pfeifer, Jünkerath<br />

Bauherr: Kreis Euskirchen<br />

Laudatio<br />

Die Urftseebrücke zeichnet sich durch ihre filigrane Tragstruktur<br />

und ihre hervorragend gelungene Integration in die landschaftliche<br />

Umgebung <strong>des</strong> Nationalparks Eifel aus.<br />

Die Widerlager sind in den von Wäldern eingefassten Ufern eingebettet,<br />

sodass aus der Ferne kaum mehr als der schlanke<br />

bogenförmige Steg wahrgenommen wird. Die Urftseebrücke<br />

überzeugt durch ihre Filigranität und die klar ablesbare Trag -<br />

wirkung, den ressourcenschonenden Materialeinsatz und ihre<br />

zurückhaltende, die Landschaft bereichernde Ästhetik.


» Oben: Querschnitte Brückendeck, M 1:100<br />

» Rechts: Abhängung der Querträger am Tragseil<br />

An einem 21 Meter hohen Pylon mit sich verjüngenden Enden<br />

ist die Seilkonstruktion der neuen Urftseebrücke aufgehängt,<br />

die mit einer Länge von 124 Metern das Tal unterhalb der Burg<br />

Vogelsang quert. Die Standsicherheit <strong>des</strong> Pylons, der zum Hang<br />

geneigt gelenkig auflagert, wird durch zwei, im Grundriss gespreizte<br />

Abspannungen sichergestellt. Zwei obere Trag- und<br />

zwei unten liegende Spannseile bilden die Tragkonstruktion<br />

der Hängebrücke. Die Tragseile verlaufen, ausgehend vom gemeinsamen<br />

Lagerpunkt am Pylon, zu dem gegen überliegenden<br />

Widerlager auf der Westseite.<br />

Der leichte Fahrweg ist an Seilen, die in einem Abstand von<br />

knapp vier Metern angeordnet sind, von den Tragseilen abgehängt.<br />

Aluminiumbohlen bilden den offenen Fahrbahnbelag, die<br />

Geländer sind als Einzelelemente aus Stahl mit einem Drahtgewebe<br />

als Füllung gefertigt. Unter dem 2,50 Meter breiten Gehund<br />

Radweg verlaufen Querträger, die in ihrer Geometrie den<br />

unterschiedlichen Krümmungen von Fahrbahn und den seitlich<br />

verlaufenden Spannseilen angepasst sind. Die Querträger sind<br />

in Längsrichtung über Stahlträger und die Spannseile miteinander<br />

verbunden. Die Vorspannung dieser auch im Grundriss gekrümmten<br />

Seile stellt die Stabilität in horizontaler sowie vertikaler<br />

Richtung sicher.<br />

Die Auflagerbereiche der Brücke wurden aus Stahlbeton gefertigt.<br />

Sichtbar sind an den Enden der Spannseile Betonscheiben,<br />

die gleichzeitig als Flügelwände dienen. Am westlichen Ufer<br />

wurden die Tragseile zusätzlich an den Brüstungsscheiben verankert,<br />

nachdem sie über kurze Pendelstützen geführt worden<br />

sind.<br />

» Untersicht Quer- und Längsträger<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 103


Auszeichnung<br />

Elbebrücke Mühlberg<br />

Entwurf: Leonhardt, Andrä und Partner,<br />

Beratende Ingenieure VBI GmbH, Dresden/<br />

Verkehrs- und Ingenieurbau Consult GmbH, Potsdam<br />

Ausführung: Dr. Schütz Ingenieure, Kempten/<br />

Kinkel und Partner, Neu-Isenburg<br />

Stahlbau: EIFFEL Construction Métallique, Lauterbourg<br />

Bauherr: Freistaat Sachsen/Land Brandenburg,<br />

vertreten durch das Straßenbauamt Leipzig<br />

Laudatio<br />

Die Konstruktion besticht durch formale Einfachheit, ist nachvollziehbar,<br />

aber nicht aufdringlich. Entwurf und Konstruktion<br />

stellen eine Einheit dar, wie man sie heute nur noch selten antrifft.<br />

Die Brücke fügt sich durch ihre zurückhaltende Erscheinung<br />

behutsam in den sensiblen Landschaftsraum ein, in dem<br />

zahlreiche europäische Schutzgebiete aufeinander treffen.<br />

Insgesamt verschmelzen mit diesem Entwurf die Begriffe Ort,<br />

Funktion und Ordnung zu einem gelungenen Ganzen.<br />

» Längsschnitt, Grundriss, M 1:5000<br />

104 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Mit der neuen Brücke über die Elbe bei Mühlberg wird die infrastrukturelle<br />

und wirtschaftliche Entwicklung dieser südbrandenburgischen<br />

Region weiter vorangetrieben. Bereits Anfang der<br />

30er Jahre gab es erste Pläne für eine Brücke an dieser Stelle,<br />

die aber erst zu Beginn der 90er Jahre wieder aufgegriffen wurden.<br />

Die nächstgelegenen Elbebrücken befinden sich von hier<br />

aus gesehen 20 Kilometer flussaufwärts bzw. 24 Kilometer<br />

flussabwärts. Die drei Fährverbindungen in diesem Abschnitt<br />

standen bei Hochwasser, Niedrigwasser oder Eisgang nicht zur<br />

Verfügung.<br />

Die neue leistungsfähige Verkehrsanlage entstand in 33 Monaten<br />

Bauzeit als Gemeinschaftsvorhaben <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Brandenburg<br />

und <strong>des</strong> Freistaates Sachsen. Mit der Integration eines Radweges<br />

wurde auch eine Lücke im internationalen Elbradwanderweg<br />

geschlossen.


Das Brückenbauwerk überspannt die Elbe einschließlich der<br />

Polderflächen auf einer Länge von annähernd 700 Metern, um<br />

den Bereich zwischen den beiden bestehenden Deichen zur<br />

Sicherung <strong>des</strong> Hochwasserabflusses freizuhalten. Der Flusslauf<br />

der Elbe selbst wurde ohne Strompfeiler mit einer Stützweite von<br />

144 Metern überspannt. Über der Elbe beträgt die lichte Höhe<br />

bei Mittelwasser 11 Meter. Im Grundriss beschreibt die Brücke<br />

einen Kreisbogen mit einem Radius von 1,25 Kilometern.<br />

Konstruktion<br />

Das Brückenbauwerk ist als Durchlaufträger über 12 Felder konzipiert.<br />

Der Überbau der Strombrücke wurde auf einer Länge<br />

von 420 Metern als Hohlkasten in Stahlverbundbauweise ausgeführt.<br />

Im Bereich der östlichen Vorlandbrücke geht der Überbau<br />

in einen massiven Mittelträgerquerschnitt in Spannbetonbauweise<br />

über.<br />

» Bauablauf<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 105


» Das charakteristische „Auge von Mühlberg“<br />

Prägnant ist die Gestaltung <strong>des</strong> Pfeilers am östlichen Ufer mit<br />

seiner unverwechselbaren, weithin sichtbaren Öffnung zwischen<br />

den Rahmenstielen. Der Überbau ist hier bis auf eine Höhe von<br />

zehn Metern angevoutet und löst sich im Bereich <strong>des</strong> Pfeilers in<br />

ein vorgespanntes Zugband und zwei Druckstreben auf. Die<br />

stählernen Druckstreben sind mit selbstverdichtendem, hochfestem<br />

Beton gefüllt und schließen über Betongelenke an den<br />

kurzen Stummelpfeiler an. Der Realisierung dieser hochgradig<br />

bewehrten Gelenke gingen umfangreiche Laborversuche und<br />

die Herstellung eines Probekörpers voraus.<br />

» Oben: Regelquerschnitt Verbund, M 1:200<br />

» Rechts: Verbundelement mit Inspektionssteg<br />

vor dem Betonieren der Fahrbahnplatte<br />

106 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Einbindung in die Natur<br />

Das Bauwerk liegt in einem sensiblen Landschaftsraum, in dem<br />

zahlreiche europäische Schutzgebiete aufeinander treffen. Zudem<br />

ist die Elbe in diesem Bereich ein bedeutender Zugvogelkorridor.<br />

Zur Verhinderung von Vogelschlag gegen den Fahrzeugverkehr<br />

wurden daher auf dem Brückenwerk beidseitig vier<br />

Meter hohe Kollisionsschutzwände angebracht. Um die schlanke<br />

Erscheinung der Brücke zu erhalten, wurden diese Schutzwände<br />

so transparent wie möglich ausgeführt.


Die Querung der Elbaue erforderte umfangreiche Vorkehrungen,<br />

um Beeinträchtigungen geschützter Tier- und Pflanzenarten auf<br />

ein Minimum zu reduzieren. Die Elbe, die Elbdeichvorländer<br />

und die in die Elbe mündenden Fließgewässer sind in diesem<br />

Bereich ein wichtiger Lebensraum für Biber und Fischotter. Viele<br />

der hier heimischen Pflanzenarten stehen zum Teil auf der Roten<br />

Liste der Länder Brandenburg und Sachsen.<br />

Zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen gehörten unter anderem<br />

das Freihalten der Uferzonen von Brückenpfeilern und die Reduzierung<br />

<strong>des</strong> Baufel<strong>des</strong>. Durch die Komplexmaßnahme zur<br />

Aufwertung der Auen, unter anderem die Extensivierung von<br />

Grünland sowie die Anlage von Extensivgrünland im Vorland -<br />

bereich und im Bereich der Dahle, erfolgte eine Renaturierung<br />

der baubedingt beanspruchten Flächen und eine Kompensation<br />

der Eingriffe in den Landschaftsraum. Insgesamt wurden auf<br />

rund 22 Hektar landschaftspflegerische Maßnahmen durchgeführt.<br />

» Oben: Längsschnitt Auge, M 1:500<br />

» Unten: Montage <strong>des</strong> mittleren und weiterer<br />

Verbundelemente<br />

» Anschluss der stählernen Druckstreben<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 107


Zwillingsbrücke über die Talfer, Bozen<br />

Architektur: KSV Krüger Schuberth Vandreike, Planung und<br />

Kommunikation GmbH, Berlin<br />

Tragwerk: Krone Hamann Reinke Ingenieurbüro GmbH, Berlin<br />

(Entwurf); Ingenieurteam Bergmeister GmbH, Vahrn<br />

Stahlbau: Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG,<br />

Sengenthal<br />

Bauherr: Autonome Provinz Bozen Südtirol, Bozen<br />

108 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Getrennte Führung von Rad- und Fußweg<br />

Die neuen Museumsbrücken in Verlängerung <strong>des</strong> Foyers <strong>des</strong><br />

Museums für Moderne und Zeitgenössische Kunst wirken als<br />

gebaute und benutzbare Skulptur: Radfahrer und Fußgänger<br />

benutzen zwei getrennte Brückenkörper, die in vertikaler und<br />

horizontaler Richtung gegeneinander schwingen. Die neuen<br />

Museumsbrücken aus Stahl und Geländern aus Glas sind als<br />

Raumskulptur aus zwei miteinander korrespondierenden<br />

schwingenden Kurven konzipiert. Dem Profil eines Schiffsrumpfes<br />

oder einer Flugzeugtragfläche ähnlich, überqueren<br />

die Brücken mit einem in der Mitte flacher werdenden Profil<br />

stützenfrei den Wildbach Talfer.<br />

Ermöglicht wird dies durch die tragende stählerne Außenhaut<br />

<strong>des</strong> Brückenkörpers im Zusammenspiel mit durchlaufenden<br />

Stegen im Inneren. Die Geländer bestehen aus einer Edelstahl -<br />

konstruktion mit Glasbrüstungen. Leuchtstoffröhren in den<br />

Handläufen setzen die Brücken nachts stimmungsvoll in Szene<br />

und lassen sie wie zwei dynamische Lichtlinien wirken.<br />

» Markant heben sich Zwillingsbrücke und Museum<br />

von der umgebenden Bebauung ab


» Oben: Ansicht, Grundriss, M 1:500<br />

» Rechts oben: Einheben der Brückenelemente<br />

in die Hilfskonstruktion<br />

Gegründet wurden die über 60 Meter spannenden Brückenbau -<br />

werke auf Großbohrpfählen. Aufgrund der geometrisch verur -<br />

sachten Torsion im Lagerbereich ließ sich die übliche Ausbildung<br />

eines verschieblichen Brückenlagers nicht verwirklichen. Statt -<br />

<strong>des</strong>sen sind die Brücken beidseitig in die Widerlager fundamente<br />

eingespannt. Die Schweißnähte der Brückenfahrbahn und der<br />

Seitenbleche wurden oberflächeneben geschliffen. Zusammen<br />

mit der zweifachen Krümmung der Bleche entstand so eine knickfreie<br />

monolithische Erscheinungsform.<br />

» Oben: Querschnitt, M 1:200<br />

» Unten links: Dynamische Linienführung<br />

» Unten rechts: Direkte Anbindung an das Museum<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 109


Fuß- und Radwegbrücke über die<br />

Altmühl, Eichstätt<br />

Architektur: Christian Vogel, München<br />

Tragwerk: Grad Ingenieurplanungen GmbH, Ingolstadt<br />

Stahlbau: Mühlbauer Stahl+Metallbau GmbH, Furth im Wald<br />

Bauherr: Stadt Eichstätt<br />

Brücken in hochwassergefährdeten Gebieten müssen besondere<br />

Anforderungen erfüllen. So ist das Profil der neuen Rad- und<br />

Fußbrücke über die Altmühl bei Eichstätt stromlinienförmig gestaltet.<br />

Zudem können die elementierten Geländer innerhalb<br />

kürzester Zeit demontiert werden. Der verbleibende Steg bietet<br />

daher dem schnell heranströmenden Hochwasser, das meist<br />

auch Treibholz mit sich führt, einen sehr geringen Widerstand.<br />

Die beiden Auflager aus Beton tragen durch ihre dreieckige<br />

Form ebenfalls zum günstigen Strömungsverhalten der Brücke<br />

bei.<br />

Die Brückenform ist dem Kräfteverlauf angepasst und ermöglicht<br />

eine Minimierung der Brückendicke auf 30 Zentimeter in<br />

110 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Stoß der demontierbaren Geländer -<br />

elemente<br />

» Elegant und hochwassersicher:<br />

die neue Brücke über die Altmühl<br />

Flussmitte. Aufgrund <strong>des</strong> flachen, eleganten Bogens treffen die<br />

Brückenenden das Ufer auf etwa der gleichen Höhe wie die<br />

dort vorhandenen Wege. Ein beidseits eingespannter, torsionssteifer<br />

Körper aus Stahl mit Längsrippen im Abstand von 40<br />

Zentimetern und Querrippen im Abstand von zwei Metern bildet<br />

das statische System. Die Horizontal- und Torsionskräfte<br />

aus einseitiger Belastung sowie die Kräfte aus Hochwasser mit<br />

Treibgut werden über das Betonfundament abgeleitet.<br />

Trotz der schlanken Form ist die Brücke sehr steif, mit gutem<br />

Schwingungsverhalten und angenehmer Begehbarkeit. Überprüfung<br />

und Wartung sind äußerst einfach, da alle Bereiche gut<br />

einsehbar und nur glatte Flächen vorhanden sind.<br />

Das luftdicht verschweißte Stahlelement mit einer Gesamtlänge<br />

von 35 Metern und einer größten Breite von 3,5 Metern wiegt<br />

annähernd 40 Tonnen. Der Stahlkörper wurde vollständig im<br />

Werk vorgefertigt und mit einem Korrosionsschutz aus Spritzverzinkung<br />

und Duplexbeschichtung versehen. Für die Montage<br />

waren weder Lehrgerüste noch Hilfsabstützungen erforderlich.


» Schlanker Bogen mit filigranen Details<br />

» Links: Längsschnitt, Aufsicht, M 1:200<br />

» Oben: Montage <strong>des</strong> vorgefertigten<br />

Brückenkörpers<br />

» Unten: Querschnitte, M 1:100<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 111


Brücke Ripshorsterstraße, Oberhausen<br />

Architekt: Prof. Dr.-Ing. Stefan Polonyi, Köln<br />

Tragwerksplanung: Polonyi Schülke Wiesmann, Köln/Dortmund<br />

Stahlbau: Arbeitsgemeinschaft Echterhoff Döring, Crimmitschau<br />

Bauherr: Stadt Oberhausen<br />

Die neue Brücke ersetzt drei alte, baufällige Stahlbrücken, welche<br />

die Bahnstrecke Köln-Berlin überquerten. Um die Distanz<br />

von 125 Metern zu überspannen wurde eine Bogenkonstruktion<br />

aus Stahlrohren mit abgehängter bzw. aufgeständerter Stahlbeton-Fahrbahnplatte<br />

gewählt. Mit je einer Richtungsfahrbahn<br />

sowie beidseitigen Geh- und Radwegen erreicht die Straßenbrücke<br />

eine Breite von 16,20 Metern.<br />

Die Rohrbögen beschreiben insgesamt drei Sinuskurven und<br />

sind in parallelen Ebenen zwischen den Fahrbahnen und den<br />

Geh- und Radwegen angeordnet. Wegen der zu überbrückenden<br />

Bahntrasse ist das erste Feld weiter gespannt und damit der<br />

» Rechts: Grundriss, Ansicht,<br />

M 1:1000<br />

» Unten: Die sinusförmigen Bögen<br />

112 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Fuß- und Radweg kragen auf beiden Seiten aus<br />

Bogen höher ausgeführt als bei den anderen Feldern. Nachts<br />

akzentuieren am oberen Ende der Zugstäbe montierte Strahler<br />

die Konstruktion und beleuchten gleichzeitig die Fahrbahnen.<br />

Die Sinusbögen wurden aus Stahlrohren mit 356 Millimetern<br />

Durchmesser gefertigt. Die Zugstäbe sind durch die Rohre gesteckt<br />

und an den Durchstoßpunkten stumpf verschweißt, der<br />

Anschluss an die Fahrbahnplatte erfolgt über Augstabverbindungen.<br />

An den beiden Enden der Brücke geben die Sinusröhren<br />

ihre axialen Kräfte auf mit Kleinbohrpfählen gegründete<br />

Stahlbeton-Widerlager ab.


Verkehrsbauten<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 113


» Nordfassade mit Hangartoren<br />

A380 Wartungshalle Flughafen<br />

Frankfurt am Main<br />

Architektur: gmp · von Gerkan, Marg und Partner Architekten,<br />

Hamburg<br />

Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />

Brandschutz: Sachverständigenbüro Halfkann + Kirchner,<br />

Erkelenz<br />

Stahlbau: ARGE Bühler, Greschbach, Wendler, Altensteig<br />

(Tragwerk)<br />

Bauherr: Lufthansa Technik Objekt- und Verwaltungsgesellschaft<br />

mbH (LTOV), Hamburg<br />

» Innenansichten der stützenfreien Halle<br />

114 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Mit der Einführung <strong>des</strong> Großraumflugzeuges A380 und seinen<br />

stattlichen Abmessungen wurde für die Flughafenbetreiber der<br />

Bau größerer Wartungshallen erforderlich. Die neue Halle im<br />

Süden <strong>des</strong> Flughafengelän<strong>des</strong> bietet mit einer Grundfläche von<br />

180 x 120 Metern und einer Höhe von 31 Metern Platz für zwei<br />

Airbus A380 und eine Boeing 747. Nach der Fertigstellung <strong>des</strong><br />

geplanten zweiten Bauabschnittes soll die Gesamtlänge der<br />

Halle 350 Meter betragen.<br />

Konstruktion<br />

Die Wartungshalle, die aus dem eigentlichen Hallenkörper und<br />

einem südlich angeordneten Betriebsgebäude besteht, ist als<br />

reiner Zweckbau konzipiert. Die außen liegende Tragkonstruktion<br />

umfasst die stützenfreie Halle mit einer Grundfläche von rund


» Eckdetail Hauptträger, M 1:100<br />

20 000 Quadratmetern. Sie setzt sich aus zwei parallel geführten,<br />

15 Meter hohen Fachwerkträgern und Nebenträgern in Querrichtung<br />

mit einer Höhe von 4,20 Metern zusammen. Zwischen<br />

den Stützen, welche die Lasten der beiden Fachwerkträger abtragen,<br />

sind vertikale Windverbände angeordnet. Von dieser<br />

Struktur ist ein Stahlrost mit Windverbänden zur Horizontalaus -<br />

steifung und Trapezblechen als oberer Raumabschluss abgehängt.<br />

Die Nordfassade kann über vier Hangartore komplett geöffnet<br />

werden. Die 27,50 Meter hohen und 44 Meter breiten Tore sind<br />

in den unteren beiden Rastermodulen transparent, darüber<br />

transluzent ausgeführt. Die geschlossenen Fassaden an der<br />

West- und Ostseite sind mit silberfarbigen Sandwichpaneelen<br />

verkleidet. Integrierte großformatige Hubtore ermöglichen einen<br />

» Westfassade mit außen liegenden Stützen<br />

reibungslosen Anlieferverkehr. Zur Verbesserung der Radarverträglichkeit<br />

wurden großflächige, beschichtete Metallgewebe<br />

vor die Fassaden gehängt.<br />

Die auf der Südseite der Wartungshalle im Wechsel mit den<br />

Betriebsgebäuden angeordneten Abstellflächen sind eine<br />

Mischkonstruktion aus Stahl- und Massivbauweise. Die Stahlbetontrennwände<br />

zwischen den Abstellflächen und den Betriebsgebäuden<br />

dienen der Aussteifung der Hallenkonstruktion.<br />

» Links oben: Querschnitt mit Betriebsgebäude,<br />

M 1:2000<br />

» Links unten: Längsschnitt, M 1:2000<br />

» Oben: Anschluss der Nebenträger an den<br />

Hauptträger, M 1:100<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 115


ICE Knotenpunkt Erfurt Hauptbahnhof<br />

Architektur: Gössler Kinz Kreienbaum Architekten, Hamburg<br />

Tragwerk: Hensel Ingenieur GmbH, Kassel<br />

Brandschutz: HHP Nord/Ost, Braunschweig<br />

Stahlbau: Donges SteelTec GmbH, Darmstadt<br />

Bauherr: DB Station & Service AG, Leipzig<br />

Der neue ICE Bahnhof in Erfurt ist ein wichtiger Knotenpunkt<br />

im Netz der <strong>Deutschen</strong> Bahn. Gleichzeitig verknüpft er den<br />

Fern- und Regionalverkehr mit dem öffentlichen Nahverkehr.<br />

Die neue Bahnhofshalle wird von einer leichten, transparenten<br />

Konstruktion aus Stahl und Glas überspannt, die gemeinsam<br />

mit dem historischen Vorempfangsgebäude den Endpunkt der<br />

» Querschnitt, M 1:800<br />

116 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Oben: Lageplan, M1:7500<br />

» Links: Bahnhofsvorplatz<br />

Sichtachse für die aus der Innenstadt kommende Bahnhofstraße<br />

bildet. Im Anschluss an das Vorempfangsgebäude befindet<br />

sich unter dem Gleisfeld das Dienstleistungszentrum, das um<br />

eine zentrale Mall und die Erschließungsachsen angeordnet<br />

ist. Die Mall wird über die Bahnhofshalle durch elliptische Glasöffnungen<br />

natürlich belichtet.<br />

Das Hallendach formt eine elegante Welle hin zur Innenstadt<br />

und gliedert sich in zwei Teile: Das kleine, der Stadt zugewandte<br />

Dach orientiert sich in der Höhe an den Traufen der Gebäude<br />

in der unmittelbaren Umgebung. Das große Hallendach über den<br />

Bahnsteigen erhebt sich über dieses hinaus. Mit rund 10 000<br />

Quadratmetern Fläche zählt die Dachkonstruktion zu den größten<br />

Bahnsteighallen, die in Deutschland innerhalb der letzten<br />

100 Jahre neu gebaut wurden.


» Hauptdach mit sichtbarer Tragstruktur<br />

Konstruktion<br />

Parallel zu den Gleisen überspannt ein zweischiffiges Dach die<br />

Bahnhofshalle. Beide Tragwerke sind in Stahl ausgeführt und<br />

werden durch ein leicht geneigtes, fast senkrechtes Lichtband<br />

getrennt. Zwei durchlaufende transparente Felder belichten die<br />

Bahnsteige über die gesamte Länge. Die zur Stadt hin orientierte<br />

Nordseite ist mit einer vollflächig verglasten Pfosten-Riegelfassade<br />

geschlossen. Das Haupttragwerk <strong>des</strong> kleineren Daches<br />

wird aus fischbauchigen Zweigurtbindern gebildet, die über eine<br />

Sekundärkonstruktion in Form von Stahlpfetten und Zugbändern<br />

ausgesteift ist. Trapezbleche aus Aluminium bilden die Dachfläche<br />

und folgen der gebogenen Form <strong>des</strong> Untergurtes. In die<br />

Verkleidung aus Streckmetallkassetten ist eine schallabsorbierende<br />

Dämmung eingelegt.<br />

Das Hauptdach wird aus Dreigurtbindern geformt und ebenfalls<br />

über Stahlpfetten und Zugbänder ausgesteift. So genannte<br />

Stützenbäume vereinen die Stützen beider Dächer. Durch die<br />

Anordnung der Dachhaut auf der Oberseite <strong>des</strong> Tragwerkes<br />

bleibt dieses sichtbar. Auf der Flussseite nehmen Stahlbetonwandscheiben<br />

die Lasten der Binder auf.<br />

» Oben links: Stützenbaum<br />

» Oben rechts: Dachuntersicht mit Oberlichtband<br />

» Unten: Offene Südfassade entlang <strong>des</strong> Flusses<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 117


» Offene Metallfassade an der Rückseite<br />

Parkhaus CITTI Park, Kiel<br />

Architektur: AX5 architekten, Kiel<br />

Tragwerk: Ingenieurbüro Trebes GmbH & Co. KG, Kiel/<br />

IMC Planungsgesellschaft mbH, Leipzig<br />

Brandschutz: efg Ingenieure AG, Neumünster<br />

Stahlbau: Köster GmbH, Kiel<br />

Bauherr: CITTI Handelsgesellschaft mbH & Co. KG, Kiel<br />

118 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Seit dem Neubau <strong>des</strong> Parkhauses stehen dem Einkaufszentrum<br />

1200 zusätzliche Stellplätze zur Verfügung. Gleichzeitig wurde<br />

das verkehrsgünstig gelegene Grundstück für den Individualverkehr<br />

erschlossen und ausreichend Parkraum für Spitzenzeiten<br />

geschaffen.<br />

Konstruktion<br />

Für das Tragwerk kam ein System aus Stahlprofilen und Stahlverbunddecken<br />

zum Einsatz. Aufgrund ihrer Steghöhe erreichen die<br />

Profilbleche der Decken eine enorme Biegetragfähigkeit und<br />

» Links: Die Halle im Einfahrtsbereich<br />

wird auch von LKWs genutzt<br />

» Oben: Schallschutz durch Glas-<br />

und Holzfassaden gegenüber der<br />

Wohnbebebauung


» Grundriss, Schnitt, M 1:2000<br />

überspannen fünf bzw. 7,50 Meter. Zudem konnte durch das<br />

schlanke Deckensystem mit Geschosshöhen von drei Metern<br />

und einer lichten Höhe von 2,40 Metern das Zwischengeschoss<br />

<strong>des</strong> Einkaufzentrums an das Parkhaus angeschlossen werden.<br />

Die durch Auskreuzung ausgesteifte Stahlkonstruktion wurde<br />

verzinkt ausgeführt.<br />

Fassaden<br />

Eine licht- und luftdurchlässige Metallgitterfassade umgibt weite<br />

Teile der Tragstruktur. Durch den hohen Öffnungsanteil der vorgefertigten<br />

Stahlelemente wird der Energiebedarf für künstliche<br />

Beleuchtung und Belüftung reduziert. Ein intelligentes Park-<br />

Leitsystem trägt überdies zu einer Stromersparnis von über 80<br />

Prozent gegenüber einer konventionellen, tageslichtabhängigen<br />

Steuerung bei.<br />

Die Glasfassade im gerundeten Bereich der Rampen ermöglicht<br />

eine gute Belichtung der Fahrbahnen bei gleichzeitig optimalem<br />

Schallschutz durch ihr hohes Gewicht. Die Gussglasfassade<br />

wird nur in diesem Bereich <strong>des</strong> Parkhauses eingesetzt und<br />

bestimmt die südliche Ansicht <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>. Eine Schallschutzwand<br />

aus Holz, ca. 1,60 Meter abgesetzt vom Gebäude,<br />

bildet an der Ostseite den Schall- und Sichtschutz für die gegenüberliegende<br />

Wohnbebauung. Schon an bestehenden ähnlichen<br />

Anlagen wurde die hohe Akzeptanz solcher begrünter<br />

Schallschutzwände bei den Bewohnern im Umfeld <strong>des</strong> Grundstücks<br />

festgestellt.<br />

» Oben: Filigrane Hülle mit tragender<br />

Struktur aus Stahl<br />

» Unten: Verglaste Zufahrtsrampe<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 119


ICE-Werk, Leipzig<br />

Architektur: Lang Hugger Rampp GmbH Architekten/<br />

SSF Ingenieure GmbH, München<br />

Tragwerk: SSF Ingenieure GmbH, München<br />

Brandschutz: Brandschutz Consult Ingenieurgesellschaft mbH,<br />

Leipzig<br />

Stahlbau: Müller Offenburg GmbH<br />

Bauherr: DB Fernverkehr AG, Berlin<br />

» Oben: Querschnitt durch Fahrzeughalle und Betriebsgebäude<br />

(rechts) mit geplanter Erweiterung<br />

(links), M 1:500<br />

» Unten: Abgerundete Fassade <strong>des</strong> Betriebsgebäu<strong>des</strong><br />

120 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

» Dachübergang zwischen Fahrzeughalle und Betriebsgebäude<br />

Die ICE-Werkstatt ist in ihrer ersten Ausbaustufe eine 218 Meter<br />

lange, 21 Meter breite und ca. 10 Meter hohe, zweigleisige<br />

Fahrzeughalle, in der die Inspektion und betriebsnahe Wartung<br />

sowie die Instandhaltung und kleinere Bedarfsreparaturen an<br />

ICE-T- und Reisezügen durchgeführt werden. Als zweite Ausbaustufe<br />

ist die Erweiterung für den Anbau eines dritten Gleises,<br />

als dritte Ausbaustufe der Anbau einer Außenreinigungsanlage<br />

vorgesehen. Planung und Bemessung der Tragstruktur berücksichtigen<br />

bereits diese möglichen Erweiterungen.<br />

Konstruktion<br />

Auf eingespannten Stahlbetonstützen gelenkig gelagerte, bombierte<br />

Einfeldträger aus Stahl überspannen die zwei Gleise der<br />

Fahrzeughalle und geben eine leicht geschwungene Dachform<br />

vor. Diese wird über das angrenzende Betriebsgebäude hinweg<br />

bis in die Fassade weitergeführt. Als formgeben<strong>des</strong> Traggerüst<br />

dienen hier gebogene Stützen aus Stahlprofilen, die statisch<br />

von der Fahrzeughalle entkoppelt sind. Bei beiden Dächern bilden<br />

Trapezbleche die tragende Schale, die zwischen den Dachbindern<br />

über eine Länge von 6,60 Metern spannt und diese<br />

horizontal stabilisert. Da die Fahrzeughalle länger ist als das<br />

Betriebsgebäude, vermittelt ein elegant geschwungener Übergang<br />

zwischen den beiden Dachflächen.<br />

» Innenansicht der zweigleisigen Fahrzeughalle


» Grundriss, Schnitt, M 1:1000<br />

Tankstellenterminal, München<br />

Architektur: Haack + Höpfner Architekten, München<br />

Tragwerk: Brengelmann Ingenieure, München<br />

Brandschutz: Ingenieurbüro für Brandschutz,<br />

Manfred Oelmaier, Biberach<br />

Stahlbau: Metallbau Weischlitz GmbH, Weischlitz<br />

Bauherr: Allguth GmbH, München<br />

» Das flexible Baukastensystem passt<br />

sich unterschiedlichen Standorten an.<br />

» Verkaufsraum als Teil <strong>des</strong> modularen Systems<br />

Die Anlage ist der sechste Neubau auf der Basis eines Bau -<br />

kastensystems, das aufgrund der erforderlichen Spannweiten<br />

in Stahl ausgeführt ist. Auffälliges Gestaltungsmerkmal ist das<br />

durchlaufende Dach, das unterschiedliche Nutzungsbereiche<br />

zusammenfasst und sich über die gesamte Anlage erstreckt.<br />

Als Gitterrost ausgebildet und punktweise unterstützt, spannt<br />

es über eine Gesamtlänge von knapp 82 Metern. Straßenseitig<br />

vereint ein schmales Leuchtband das Dach mit dem Verkaufsraum,<br />

der als gläsernes Volumen in das dreidimensionale<br />

Ordnungsraster integriert ist. Natürliches Licht gelangt durch<br />

ein Oberlichtband aus zehn ETFE-Kissen und weist den Weg<br />

von den Zapfsäulen bis in den Verkaufsraum.<br />

<strong>bauforumstahl</strong> 121


Fotonachweis<br />

Titel, S. 6, 7: Bruce Sutherland | S. 4, 5: >><strong>bauforumstahl</strong> | S. 8,<br />

9, 87, 92, 93 oben, 93 unten, 94–97, 116, 117: Marcus Bredt |<br />

S. 10, 12: Stefan Giers | S. 11: Thomas Spier | S. 13, 22, 23,<br />

24 oben, 25: Jens Passoth | S. 14–17: Jan-Oliver Kunze | S. 18,<br />

19, 46–49, 59 oben: Roland Halbe | S. 20, 21: Johannes-Maria<br />

Schlorke | S. 24 unten, 31: Brigida Gonzales | S. 26, 27 oben,<br />

38, 39: Tomas Riehle | S. 27 unten: Karl-Heinz Schommer |<br />

S. 28: Klemens Ortmeyer | S. 29, 83: Rainer Viertlböck | S. 30<br />

oben: Iwan Baan | S. 30 unten links, 32 unten rechts: Hertha<br />

Hurnus | S. 30 unten rechts, 32 oben, unten links, unten Mitte:<br />

Delugan Meissl Associated Architects | S. 33, 61 unten: Hans<br />

Georg Esch | S. 34, 35, 36 oben, 37 unten: Andreas Keller |<br />

S. 36 unten, 37 oben: ingenhoven architects | S. 40 oben, 41<br />

oben: Johannes Arlt | S. 40 unten: Rüdiger Mosler | S. 41 unten:<br />

Archiv Prof. Slawik | S. 42, 43: Gerhard Hagen | S. 44: Markus<br />

Hauschild | S. 45, 56, 57 oben: Stefan Müller-Naumann | S. 50<br />

oben, 51: Jörg Schöner | S. 50 unten: Jürgen Lösel | S. 52: Dieter<br />

Leistner | S. 53: Ruedi Walti | S. 54, 70, 71: Florian Holzherr |<br />

S. 55 oben, unten: Dr. Cordia Schlegelmilch | S. 55 Mitte rechts:<br />

DOM publishers | S. 57 unten: Thomas B. Strunz | S. 58: Jörg<br />

Hempel | S. 59 Mitte, unten: Christoph Bohsung | S. 60: Hans<br />

Jürgen Lan<strong>des</strong> | S. 61 oben: Lars Behrendt | S. 62: Deimel +<br />

Wittmar | S. 63, 76, 77: Jens Weber | S. 64, 65 unten: Thomas<br />

122 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />

Ott | S. 65 oben: Karl Huber | S. 66 oben und unten rechts: MAB<br />

Development Deutschland GmbH | S. 66 unten links: Christian<br />

Sauter | S. 67: Knippers Helbig | S. 68, 69: Holger Knauf | S. 72,<br />

73: RMA | Reichardt-Maas-Assoziierte Architekten | S. 74 oben:<br />

Fa. Gienger | S. 74 unten: Roland Weegen | S. 75 oben: Tommy<br />

Lösch | S. 75 unten: peterlorenzateliers | S. 78: Steffen M. Gross |<br />

S. 79, 85: Stefan Schilling | S. 80, 81: Marc Lins | S. 82: Droste<br />

Droste & Urban Architektengesellschaft mbH | S. 84: Constantin<br />

Meyer | S. 86: Svea Erdmann | S. 88–91: terrain:loenhart&mayr<br />

architekten und landschaftsarchitekten | S. 93 unten links:<br />

gmp · von Gerkan, Marg und Partner | S. 98 oben, 99: Jens<br />

Willebrand | S. 98 unten: Axel Schmidt | S. 100 oben: Michael<br />

Sander | S. 100 unten: Boris Golz | S. 101–103: Lorenz<br />

Cornelissen | S. 104–107: Straßenbauamt Leipzig | S. 108 oben:<br />

René Riller | S. 108 unten: Ludwig Thalheimer | S. 109 oben:<br />

KSV Krüger Schuberth Vandreike | S. 109 unten links: Soeren<br />

Drube | S. 109 unten rechts: Othmar Seehauser | S. 110, 111:<br />

Christian Vogel | S. 112 oben: Schülke Wiesmann | S. 112<br />

unten: Dieter Golland | S. 113, 114 oben und unten rechts,<br />

115: Jürgen Schmidt | S. 114 unten links: Lufthansa | S. 118,<br />

119: Arne Biederbeck | S. 120 oben: Guido Krull | S. 120 unten<br />

links: Ulrich Windoffer | S. 120 unten rechts: Peter Voland |<br />

S. 121: Dominik Münich


Deutscher Stahlbau-Verband DSTV<br />

Der DSTV vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber<br />

Politik, Verwaltung, Wissenschaft, anderen Institutionen und<br />

Verbänden mit dem Ziel, den Stahlbau zu fördern und neue<br />

Märkte zu erschließen.<br />

Er arbeitet mit in den Gremien der Europäischen Konvention<br />

für Stahlbau EKS. Er informiert und berät über technische Entwicklungen<br />

im Stahlbau, initiiert Forschungsvorhaben und veröffentlicht<br />

die Ergebnisse.<br />

Er wirkt mit an der nationalen und europäischen Normung und<br />

bearbeitet in Ausschüssen Themen, wie EDV-Einsatz, Brandund<br />

Korrosionsschutz, Fertigung und Montage, Verbundbau.<br />

Die Ergebnisse werden in Arbeitshilfen aufbereitet, auf Wunsch<br />

erfolgt eine individuelle Beratung.<br />

Er erstellt Berichte zur wirtschaftlichen Lage, Wirtschaftsdaten,<br />

Betriebsvergleiche, Kennzahlen etc. Zu Rechtsfragen gibt er<br />

weiterführende Arbeitshilfen heraus.<br />

Er bietet praxisorientierte Weiterbildung zu Themen wie Stahlverbundbau,<br />

Projektmanagement, Richtmeister ausbildung,<br />

Akquisition, Verkauf, Bau- und Vergaberecht.<br />

Er informiert über seine Aktivitäten durch Pressearbeit, Publikationen,<br />

die Zeitschrift „Stahlbau-Nachrichten“ sowie durch<br />

Infodienste.<br />

>><strong>bauforumstahl</strong> e.V.<br />

Sohnstraße 65<br />

40237 Düsseldorf<br />

Postfach 10 48 42<br />

T: +49(0)211.6707.828<br />

F: +49(0)211.6707.829<br />

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www.<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />

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Geschäftsführer<br />

Dr. Bernhard Hauke<br />

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Öffentlichkeitsarbeit<br />

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Brandschutz<br />

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hans.girkes@<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />

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Nachhaltigkeit<br />

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>>Büro West<br />

Dipl.-Ing. Hans-Werner Girkes<br />

hans.girkes@<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />

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»<strong>bauforumstahl</strong> ist ein auf das Bauwesen spezialisiertes,<br />

unabhängiges Forum für Beratung und Wissenstransfer. Es wird<br />

getragen von Unternehmen und Organisationen aus dem Stahlbereich.<br />

Das Leistungsspektrum umfasst Informationen und Publika -<br />

tionen, Arbeits- und Bemessungshilfen, Online-Tools, Ver -<br />

anstaltungen, Schulung und Nachwuchsförderung – vielfach<br />

in Kooperation mit Architekten- und Ingenieurkammern, Bauunternehmen,<br />

Fachverbänden und Hochschulen. Die Angebote<br />

richten sich an Architekten, Ingenieure und Bauausführende,<br />

private und öffentliche Bauherren, Investoren, Hochschulen<br />

und Studierende sowie die breite Fachöffentlichkeit. Die Fachberatung<br />

durch ein Team Praxis erfahrener Ingenieure ist kostenfrei<br />

und vertraulich.<br />

Die Themen reichen von Gestaltungsmöglichkeiten mit Stahl<br />

und Stahlverbund im Geschoss- und Brückenbau, Wirtschaftlichkeit,<br />

Nachhaltigkeit und Innovationen, Brand- und Korro -<br />

sionsschutz bis zur Fertigung und Bauausführung.<br />

»<strong>bauforumstahl</strong> bietet eine offene Plattform für vielfältigste<br />

Aktivitäten rund um das Bauen und steht im ständigen Erfahrungsaustausch<br />

mit allen Baubeteiligten, mit Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen, Sachverständigen, Fach- und<br />

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