Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 - bauforumstahl e. V.
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<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong>
Danksagung<br />
Deutscher Stahlbau-Verband DSTV<br />
2 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Editorial Seite 3<br />
Jury Seite 4<br />
<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong> Seite 6<br />
Sonderpreis <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums<br />
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Seite 10<br />
Auszeichnungen und Einreichungen<br />
Öffentliche Bauten Seite 13<br />
Bürobauten Seite 33<br />
Bauen im Bestand Seite 45<br />
Industrie- und Gewerbebauten Seite 63<br />
Sonstige Bauten Seite 79<br />
Sport- und Stadienbauten Seite 87<br />
Brücken Seite 101<br />
Verkehrsbauten Seite 113<br />
Die Auslober gratulieren den Gewinnern ganz herzlich und danken allen Jury -<br />
mitgliedern für ihren Einsatz und ihr Engagement.<br />
Wir danken der Fakultät für Architektur der Fachhochschule Köln, bei der wir während<br />
der Jurysitzung zu Gast sein durften und die uns so großartig unterstützt hat.<br />
Unser besonderer Dank gilt dem Bun<strong>des</strong>ministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadt entwicklung, das den Sonderpreis <strong>2010</strong> ideell und finanziell gefördert hat.<br />
Und natürlich sagen wir Dank allen teilnehmenden Büros, die mit ihren eingereichten<br />
Objekten den Wettbewerb bereichert und die Bandbreite der Einsatz -<br />
möglichkeiten von Stahlkonstruktionen so eindrucksvoll dokumentiert haben.<br />
Schon heute freuen wir uns auf den kommenden Wettbewerb in 2012.<br />
Impressum:<br />
<strong>Preis</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Nr. B 310<br />
Oktober <strong>2010</strong><br />
Herausgeber:<br />
>><strong>bauforumstahl</strong> e.V.<br />
Sohnstraße 65<br />
40237 Düsseldorf<br />
T: +49(0)211.6707.828<br />
F: +49(0)211.6707.829<br />
zentrale@<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />
www.<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />
Titelbild:<br />
<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong><br />
<strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong>:<br />
Cape Town Stadium<br />
gmp · von Gerkan, Marg und<br />
Partner Architekten/<br />
schlaich bergermann und<br />
partner<br />
Ein Nachdruck dieser Publi -<br />
kation – auch auszugsweise –<br />
ist nur mit schriftlicher<br />
Genehmigung <strong>des</strong> Heraus -<br />
gebers bei deutlicher<br />
Quellenangabe gegen ein<br />
Belegexemplar gestattet.<br />
Abbildungen und Text:<br />
Einreicher<br />
Bearbeitung:<br />
circa drei, München<br />
Martina Helzel,<br />
Johannes Herold,<br />
Stefan Zunhamer<br />
Fotonachweis Seite 122
Editorial<br />
"Panta rhei – alles fließt" erkannte schon der griechische Philosoph<br />
Heraklit von Ephesos. Gut 2500 Jahre ist das her und<br />
seitdem hat sich viel verändert. Der <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong><br />
wird erst seit 38 Jahren vergeben und weist trotzdem in<br />
seiner unabhängigen Würdigung für gute Architektur mit Stahl<br />
eine gewisse Konstanz auf. Und doch verändert sich auch vieles.<br />
Im Jahr <strong>2010</strong> dokumentieren wir den von >><strong>bauforumstahl</strong><br />
und dem <strong>Deutschen</strong> Stahlbau-Verband DSTV gemeinsam ausgelobten<br />
Architekturpreis deutlich umfänglicher als in den Vorjahren.<br />
Im vorliegenden Band werden von den 88 Einreichungen<br />
nicht nur der <strong>Preis</strong> und die Auszeichnungen dargestellt, sondern<br />
auch eine Vielzahl von weiteren, hervorragenden Projekten,<br />
geordnet nach Kategorien. Damit stellen wir ein kleines Vademecum<br />
der Stahlarchitektur in Deutschland seit dem letzten<br />
Stahlbaupreis 2008 vor. Gleichzeitig wird hier auch eine Wertschätzung<br />
zum Ausdruck gebracht für die große Palette an<br />
Arbeiten deutscher Architekten und Planer bzw. der Architektur<br />
in Deutschland mit dem Baustoff Stahl.<br />
Der Tradition <strong>des</strong> Stahlbaupreises verpflichtet, wurde wieder<br />
eine unabhängige Jury bestehend aus freiberuflichen und lehrenden<br />
Architekten, Ingenieuren, Fachjournalisten und Vertretern<br />
der Bauverwaltung berufen. Entgegen der Tradition – panta<br />
rhei – kürte diese Jury erstmalig ein von deutschen Architekten<br />
und Ingenieuren gemeinsam geplantes Objekt im Ausland. Der<br />
<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong> geht an das Cape Town<br />
Stadium von gmp · von Gerkan, Marg und Partner Architekten,<br />
Hamburg und schlaich bergermann und partner, Stuttgart. Im<br />
Jahr der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika wird eines der<br />
Meisterwerke moderner Stadionarchitektur als gemeinsamer<br />
Entwurf von Architekten und Ingenieuren, ein offensichtlicher<br />
Exportschlager, ausgezeichnet. Ebenfalls entgegen der Tradition<br />
wurde von der Jury ein Sonderpreis erkoren. Die Landmarke<br />
Lausitzer Seenland von Architektur & Landschaft, München markiert<br />
das Land, aus dem einst die Braunkohle gewonnen wurde,<br />
mit einem Aussichtsturm für die werdende Seenlandschaft.<br />
Besonderer Dank gilt dem Bun<strong>des</strong>ministerium für Verkehr,<br />
Bau und Stadtentwicklung, welches die Patenschaft für diesen<br />
Sonderpreis übernommen hat. Damit wurde die Jury aus dem<br />
Dilemma der Entscheidung zwischen Leichtigkeit und Größe<br />
auf der einen Seite und erdnaher Poesie auf der anderen Seite<br />
befreit.<br />
Auszeichnungen wurden an vier spektakuläre Museums- und<br />
Ausstellungsbauten sowie an drei Ingenieurbauwerke ver geben.<br />
Bei den Museumsbauten sei besonders das Cité du Design in<br />
Saint-Etienne erwähnt. Zum einen, weil ebenfalls von deutschen<br />
Architekten und Ingenieuren geplant, aber im Ausland errichtet.<br />
Mehr noch aber, weil hier die Idee eines rückbau- und recyclinggerechten<br />
Konstruierens in vorbildlicher Art und Weise umgesetzt<br />
wurde. Hier wird eine der stillen Stärken der Stahlbauweise<br />
großartig gefeiert.<br />
Zu den Ingenieurbauten sei erwähnt, dass beide prämierten<br />
Brückenbauten federführend durch Ingenieurbüros unter Hinzuziehung<br />
von Architekten entworfen wurden. So wird deutlich:<br />
es gibt keine formalen Kriterien für Baukultur beim <strong>Preis</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> – alleine die Weitsicht und Expertise der<br />
Jury ist entscheidend.<br />
Somit bleibt zu hoffen, dass basierend auf der Kontinuität phantastischer<br />
Entwurfs- und Planungsarbeit, die Ideen der Grenzüberschreitung<br />
weiter fortschreiten. Grenzüberschreitungen im<br />
wörtlichen Sinne. Grenzüberschreitungen in einer gemeinsamen,<br />
immer enger werdenden, sich gegenseitig befruchtenden<br />
Entwurfsarbeit von Architekten und Ingenieuren und einer weiteren<br />
Öffnung der Ingenieure für die Kraft der konstruierenden<br />
Phantasie. Aber auch Grenzüberschreitungen in dem Sinne,<br />
dass die fortwährende Nutzung von Ressourcen, wie es die recyclinggerechte<br />
Stahlbauweise vormacht, eine entsprechende<br />
Würdigung erfährt. Man kann nach Heraklit von Ephesos nicht<br />
zweimal in denselben Fluss steigen – derselbe Stahl wird aber<br />
durchaus zweimal (oder noch öfter) verwendet.<br />
Dr. Bernhard Hauke<br />
Geschäftsführer >><strong>bauforumstahl</strong> e.V., Düsseldorf<br />
<strong>bauforumstahl</strong><br />
3
<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Der Wettbewerb<br />
Der <strong>Preis</strong> wird im zweijährigen Turnus ausgelobt. Er wird ver -<br />
geben für eine architektonische Leistung im Bereich <strong>des</strong> Hochund<br />
Brückenbaus, einschließlich aller Formen <strong>des</strong> Bauens im<br />
Bestand, bei der die Möglichkeiten <strong>des</strong> Stahls in besonders<br />
guter Weise genutzt und gestalterisch zum Ausdruck gebracht<br />
wurden.<br />
Teilnahmeberechtigt sind Architekten, Architektengemeinschaften<br />
sowie Architekten-/Ingenieurgemeinschaften, die<br />
die geistigen Urheber der eingereichten Bauwerke sind.<br />
Zugelassen wurden seit 2007 fertig gestellte Bauwerke, die<br />
ihren Standort in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland haben oder<br />
auch im Ausland, sofern der Urheber Staatsbürger der Bun<strong>des</strong>republik<br />
Deutschland ist.<br />
4 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Zur Beurteilung dienen folgende Kriterien:<br />
• architektonische Qualität<br />
• innovative Konstruktion und Technik<br />
• materialgerechter Einsatz <strong>des</strong> Baustoffes Stahl<br />
• Nachhaltigkeit<br />
• funktionale Aspekte und Nutzungsflexibilität<br />
• städtebauliche Einbindung.<br />
Entscheidend für die Vergabe <strong>des</strong> <strong>Preis</strong>es ist der Gesamteindruck,<br />
wie er der Jury durch die eingereichten Unterlagen<br />
vermittelt wird.<br />
» Die Jury <strong>2010</strong> (Gruppenfoto v. l. n. r.):<br />
Dipl.-Ing. Bernhard Hauke, PhD/<br />
Geschäftsführer >><strong>bauforumstahl</strong><br />
(Moderator), Prof. Dr.-Ing. Richard<br />
Stroetmann/Technische Universität<br />
Dresden, Dipl.-Ing. Arch. Moritz<br />
Auer/Auer+Weber+Assoziierte,<br />
MinR Dipl.-Ing. Hans-Dieter Hegner/<br />
BM für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,<br />
Prof. Dipl.-Ing. M. Arch.<br />
Annet-Maud Joppien/Dietz Joppien<br />
Architekten, Dipl.-Ing. Arch. Jan<br />
Kleihues, Kleihues + Kleihues Ge -<br />
sellschaft von Architekten mbH,<br />
Dipl.-Ing. Arch. Michael Frielinghaus/BLFP<br />
Frielinghaus Architekten<br />
BDA, Präsident Bund Deutscher<br />
Architekten (Vorsitzender), nicht<br />
im Bild: Dipl.-Ing. Arch. Christian<br />
Schittich/Chefredakteur der Zeitschrift<br />
Detail
Der <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> geht an den/die geistigen<br />
Urheber <strong>des</strong> Bauwerkes. Er ist mit einem <strong>Preis</strong>geld von EURO<br />
10.000, einer Medaille und einer Urkunde verbunden. Zusätzlich<br />
wird in <strong>2010</strong> erstmals ein mit EURO 3.000 dotierter Sonderpreis<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
verliehen. Weitere herausragende Objekte werden mit<br />
einer Auszeichnung gewürdigt. Die <strong>Preis</strong>verleihung erfolgte auf<br />
dem Tag der Stahl.Architektur am 8. Oktober <strong>2010</strong> anlässlich<br />
<strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> Stahlbautages in Weimar.<br />
Die Jurysitzung<br />
Die eingereichten Objekte werden von einer unabhängigen Jury<br />
beurteilt. Die Beratung der Jury erfolgt nicht öffentlich. Ihre<br />
Entscheidung ist endgültig, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Die Jury unter dem Vorsitz von Michael Frielinghaus (BLFP<br />
Frielinghaus Architekten BDA, Präsident Bund Deutscher Architekten)<br />
tagte am 29. April <strong>2010</strong> in der Fachhochschule Köln.<br />
In drei Wertungsdurchgängen wurden unter den 87 zum Wettbewerb<br />
eingereichten und zugelassenen Objekten außer dem<br />
<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> der Sonderpreis <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums<br />
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie<br />
sieben Auszeichnungen gekürt.<br />
Im Frühjahr 2012 soll der <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong><br />
erneut ausgelobt werden. Auslobungsbedingungen und Einreichungstermin<br />
werden rechtzeitig bekannt gegeben und sind im<br />
Internet unter www.<strong>bauforumstahl</strong>.de/wettbewerbe abrufbar.<br />
» Die Jury bei der Arbeit<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 5
» Oben: Das Stadion in Greenpoint<br />
» Unten: Grundriss Level 01, Level 05,<br />
Dachaufsicht, M 1:5000<br />
6 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
<strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Cape Town Stadium, Kapstadt<br />
Architektur: gmp · von Gerkan, Marg und Partner Architekten,<br />
Hamburg<br />
Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />
Stahlbau: Pfeifer Seil- und Hebetechnik GmbH, Memmingen<br />
und Birdair, Amherst (Membrandach)<br />
Bauherr: City of Cape Town, spv <strong>2010</strong><br />
Laudatio<br />
Mit dem Neubau <strong>des</strong> Cape Town Stadiums in Südafrika ist den<br />
Architekten gmp von Gerkan, Marg und Partner und dem Ingenieurbüro<br />
schlaich, bergermann und partner sbp eine ausgezeichnete<br />
Synthese aus Funktionalität, Gestaltung eines skulpturalen<br />
Solitärs und eine die Landschaft bereichernde städtebauliche<br />
Integration eines modernen Großstadions gelungen.<br />
Das am Fuße <strong>des</strong> Signal Hill in die Parklandschaft <strong>des</strong> Greenpoint<br />
Common eingebettete Stadion wird von einem großflächigen<br />
Hängedach überspannt, das ihm Leichtigkeit und Eleganz<br />
verleiht. Seine Konstruktion wird technisch anspruchsvoll<br />
und innovativ durch die Kombination aus Profilstahl, Seiltragwerk<br />
und Glaseindeckung gebildet.<br />
Der Innenraum bietet eine spannungsvolle Stadionatmosphäre<br />
bei optimalen Sichtverhältnissen auf das Spielgeschehen. Das<br />
Tribünenbauwerk ist ringsum mit silberbeschichteter Glasfaser -<br />
membrane verkleidet, die das durch Witterung und Tageszeit<br />
wechselnde Lichtspiel aufnimmt und reflektiert. Die stützende<br />
Stahlkonstruktion gliedert die Fassade in horizontale Bänder.<br />
Die Beleuchtung hinter dem transluzenten, umhüllenden Gittergewebe<br />
lässt das Stadion am Abend wie ein Lampion erstrahlen<br />
und gewährt Einblicke in das Innere.<br />
Das Cape Town Stadium bietet durch seine Formgebung, Oberflächengestaltung<br />
und Illumination einen imposanten Anblick<br />
und fügt sich dennoch respektvoll in die umgebende Landschaft<br />
ein. Das berühmte Panorama aus Großstadt, Tafelberg,<br />
Signal Hill und umgebendem atlantischen Ozean wird um ein<br />
Landmark bereichert.
» Oben: Schnitte, M 1:2000<br />
» Unten: Innenraum <strong>des</strong> Stadions<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 7
» Oben: Gläserne Dacheindeckung<br />
» Unten: Dachinnenraum – oben emailliertes<br />
Glas als Dachhaut, unten halbtransparente<br />
Netzmembran<br />
» Schnitt Tribüne und Dachtragwerk, M 1:800<br />
8 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Seit beinahe 100 Jahren wird das Gelände <strong>des</strong> Green Point<br />
Common für Naherholungsflächen und Sportanlagen genutzt.<br />
Anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft <strong>2010</strong> wurde das Areal<br />
als Standort für das Cape Town Stadion gewählt und neu strukturiert.<br />
Mit dem bekannten Motiv <strong>des</strong> Tafelberges im Hintergrund<br />
erforderte die Formgebung eines Stadions für 68 000 Zuschauer<br />
eine hohes Maß an Sensibilität. Die vorgegebene geringe<br />
Bauhöhe und der felsige Untergrund führten zu einem<br />
kompakten flachen Baukörper, der seine Eleganz dem Zusammenwirken<br />
der geschwungenen Dachfläche mit der oben auskragenden<br />
Gebäudehülle verdankt.<br />
Dachtragwerk<br />
Der annähernd kreisförmige Grundriss <strong>des</strong> Tribünenbauwerks<br />
wird von einem Hängedach überspannt. Die speichenradförmige<br />
Tragkonstruktion aus äußerem Druckring, radialen Spannseilen<br />
und innerem Zugring wird durch Stahlfachwerke und ein System<br />
aus Vollwandträgern ergänzt, das die Unterkonstruktion für die<br />
Glaseindeckung bildet.<br />
Dabei übernehmen die Fachwerkwerkträger verschiedene Funktionen.<br />
Zum einen stabilisieren sie das „weiche“ Seilnetz bei<br />
ungleichförmigen Lasten, zum anderen heben sie die eigent -<br />
liche Dachfläche auf ein Niveau, das eine natürliche Entwässerung<br />
nach außen gewährleistet und auch die Ausbildung <strong>des</strong><br />
vorderen Kragbereiches ermöglicht. Eine schwere Glasdeckung<br />
dient der Sicherung gegen Windsog nach oben. Gelenkverbindungen<br />
und Fugen wurden so kombiniert, dass die Verformungen<br />
aus Temperatur und Wind ohne schädliche Zwängungen<br />
aufgenommen werden.
» Endmontage am transparenten Dachrand<br />
Erstmalig bei einem Bauwerk dieser Art wurde die 36 000 Quadratmeter<br />
große Dachfläche mit vierseitig gelagertem Verbund -<br />
sicherheitsglas eingedeckt. Damit das Spielfeld viel natürliches<br />
Licht erhält, ist der innere, 16 Meter breite Ring aus Klarglas<br />
gefertigt. Die äußeren Glasflächen sind emailliert, um die Hitze -<br />
durchlässigkeit zu reduzieren und die Lichtintensität um 80 Prozent<br />
zu senken.<br />
Die Unterseite der Dachkonstruktion ist mit einer transluzenten<br />
Membran bespannt, die nicht nur technische Installationen<br />
verdeckt, sondern auch zur Schalldämmung dient. Lautsprecheranlage,<br />
Flutlicht und Tribünenbeleuchtung sind in das Dach<br />
integriert. Trotz <strong>des</strong> Glasgewichts ist das Dach, verglichen mit<br />
ähnlich großen Dächern, mit nur 4 500 Tonnen eine Leichtkons -<br />
truktion.<br />
Fassade<br />
Die äußere Fassade besteht aus einer vorgesetzten, nach außen<br />
geneigten Stahlkonstruktion mit vertikalen und horizontalen<br />
Trägerelementen, die über Diagonalstreben an die dahinter liegende<br />
Betonkonstruktion angeschlossen ist. Die im Grundriss<br />
gebogenen, horizontalen Träger wurden dabei vor die Fassadenebene<br />
gesetzt. Eine silberfarbig beschichtete Gittermembran<br />
bildet die transparente Außenhaut, durch die sich die Stahlträger<br />
abzeichnen.<br />
» Inszenierung <strong>des</strong> eleganten Baukörpers<br />
bei Nacht<br />
Die Gliederung der Fassade in 14 horizontale Bänder lässt das<br />
Stadion als transluzente Großskulptur erscheinen, die sich in<br />
Abhängigkeit von den äußeren und inneren Lichtverhältnissen<br />
sowohl in der Farbe wie auch in der Transluzenz ständig ver -<br />
ändert: weiß und licht an hellen Sommertagen und in Grau gehüllt<br />
an stürmischen Wintertagen. Bei Sonnenuntergang wird<br />
das Stadion in glühen<strong>des</strong> Rot getaucht; nachts schimmert es<br />
wie ein leuchtender Lampion und enthüllt sein Inneres.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 9
Sonderpreis <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums<br />
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
Landmarke Lausitzer Seenland<br />
Architektur: Architektur & Landschaft,<br />
Stefan Giers, Susanne Gabriel, München<br />
Tragwerk: Seeberger Friedl und Partner, Pfarrkirchen<br />
Stahlbau: Bohlen AG, Speicher<br />
Bauherr: Stadt Senftenberg<br />
» Brüstung der Aussichtsplattform<br />
10 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Oben: Lageplan, M 1:2000<br />
» Links: Blick von der Seeseite<br />
Laudatio<br />
Der Turm ist still, Erinnerungsspur einer geschändeten Landschaft,<br />
doch voller Spannung erzählt er die Geschichte <strong>des</strong><br />
Ortes – ohne Pathos gelingt eine kraftvolle Skulptur.<br />
Der Turm steht als Metapher für unsere gemeinsame Geschichte,<br />
unsere Gegenwart und unsere Zukunft, in der zwar alle industriellen<br />
Spuren, die Schürfungen <strong>des</strong> Braunkohletagebaus in<br />
einer idyllischen Seenlandschaft verschwinden werden, aber<br />
der Wandel spürbar bleibt.<br />
Der Turm bewahrt die industrielle Zeit subtil durch das Material<br />
wetterfester Stahl und die rotbraune Patina verschmilzt mit der<br />
neuen Natur in den verschiedenen Jahreszeiten.<br />
Der Turm als Landmarke im wörtlichen Sinne markiert das Land,<br />
ist Warner und Wahrer und lädt uns ein, hinauf zu steigen und<br />
den Klang <strong>des</strong> stählernen Hohlkörpers bei jedem Schritt zu<br />
erfahren. Der Weg nach oben über kompositorisch gestaltete<br />
Treppen ist sicher und verborgen, erst ganz oben erleben wir<br />
den Blick in die Landschaft – erleben die Weite der Landschaft,<br />
deren Ruhe, und ahnen die verborgenen Wunden.<br />
Material, Form und Idee bilden eine Einheit – ganz selbstverständlich<br />
und bewegen sich gestalterisch künstlerisch auf<br />
höchstem Niveau. Der Turm zeichnet Raum und Geschichte und<br />
berührt uns – heute und morgen.
Standort<br />
Die Landschaft um Senftenberg im südlichen Brandenburg ist<br />
durch den jahrzehntelangen Braunkohletagebau geprägt. Tiefe<br />
Löcher und großflächige Brachen zeugen von diesem Raubbau<br />
an der Natur. Die heute weitgehend stillgelegten Gruben werden<br />
nun gesichert und sollen zukünftig neuen Nutzungen zugeführt<br />
werden. Geplant ist eine Seenlandschaft, die durch Kanäle<br />
vernetzt ist. Reichhaltige Freizeitangebote auf und am Wasser<br />
sollen Touristen anlocken. Im zukünftigen Mündungsbereich<br />
<strong>des</strong> Sonoerkanals in den Sedlitzer See bildet der Standort eine<br />
charakteristische, von weitem sichtbare Landspitze.<br />
Form<br />
Auf dreieckigem Grundriss erhebt sich das Bauwerk mit zwei<br />
Gesichtern: Während es sich zur Landseite mit seinen skulpturalen<br />
Treppenläufen öffnet, zeigt es sich zur Seeseite als großmaßstäbliche<br />
Stele. Die versetzt angeordneten Treppenläufe<br />
» Oben: Perspektive der Treppen und Ebenen<br />
» Unten: Offene Seite <strong>des</strong> Turms mit Treppenläufen<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 11
» Oben: Fügung der vorgefertigten Bauteile<br />
» Unten: Vielgestaltige Treppenräume<br />
12 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
und Po<strong>des</strong>te erzeugen vielfältige Raumvarianten. Auf jedem<br />
Absatz wird das Verhältnis von Treppe, Wand und Raum neu bestimmt.<br />
So wirkt der Raum einmal bergend wie ein „Treppenhaus“,<br />
ein weiteres Mal kragt die Treppe aus und eröffnet freie<br />
Blicke in die Landschaft.<br />
Material<br />
Der Aussichtsturm aus wetterfestem Baustahl erhält durch<br />
Witterungseinflüsse eine ausdruckstarke rotbraune Patina.<br />
Wenn sich in einigen Jahren die Spuren <strong>des</strong> Tagebaus in idyllische<br />
Seen mit grünen Ufern verwandelt haben, wird die Landmarke<br />
als roher Markstein die bewegte Historie der Region ins<br />
Gedächtnis rufen. Die rostigen Flächen erinnern dann an die<br />
ehemaligen Abraumbrücken der Tagebaue. Die Schlankheit <strong>des</strong><br />
Materials und die besondere Konstruktionsweise aus Hohlkörpern<br />
erfährt der Besucher klangvoll beim Hinauf- und Hinabsteigen.<br />
Jeder Schritt bis hinaus zur Aussichtsplattform in 30<br />
Metern Höhe wird akustisch erlebbar. Andererseits vermitteln<br />
die geschlossenen Treppenläufe und Brüstungen den Eindruck<br />
von Solidität und Sicherheit. Die Ausbildung und Gestaltung<br />
der Details ist geprägt durch die Suche nach größtmöglicher<br />
Einfachheit und durchgängiger Materialität. Die rohen, unbehandelten<br />
Oberflächen mit Notizen von der Montage und Aufdrucken<br />
mit Produktangaben vom Stahlwerk vermitteln dem<br />
Besucher Eindrücke von der Herstellung <strong>des</strong> Bauwerks.<br />
Konstruktion<br />
» Links: Produktions- und Montage -<br />
spuren<br />
» Rechts: Detail Wasserablauf<br />
Der Turm ist vollständig aus sechs bzw. zehn Millimeter starken<br />
Blechen aus wetterfestem Stahl erbaut. Die sichtbaren Ober -<br />
flächen bilden gleichzeitig die Primärkonstruktion, bei der alle<br />
Teile statisch wirksam sind. Das Prinzip ihrer Fügung ist dem<br />
Schiffbau verwandt: Übereinander gestellte und verschweißte<br />
Hohlkästen werden von innen liegenden Rippen ausgesteift.<br />
Das Bauwerk wurde in Teilen vorgefertigt und anschließend in<br />
größtmöglichen Elementen per LKW angeliefert. Aufwendige<br />
Schweißarbeiten vor Ort konnten somit auf ein Minimum re -<br />
duziert werden.
Öffentliche Bauten<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 13
Auszeichnung<br />
Cité du Design, Saint-Etienne<br />
Architektur: LIN Finn Geipel + Giulia Andi, Berlin<br />
Tragwerk: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart (Stahltragwerk/<br />
Fassade); Bétom Ingénierie, Paris/Lyon (Massivbauplanung/<br />
Haustechnik)<br />
Energiekonzept: Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart<br />
Stahlbau: Groupement Renaudat, Chateauroux und HeFi France,<br />
Straßburg (Platine); Gagne, Le Puy (Aussichtsturm)<br />
Bauherr: Saint-Etienne Métropole<br />
14 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Laudatio<br />
» Blick auf die Cité du Design mit „Platine“<br />
und Ausichtsturm im Hintergrund<br />
Das Areal einer ehemaligen Waffenmanufaktur in Saint-Etienne/<br />
Zentralfrankreich sollte zu einem attraktiven Standort für Unternehmen<br />
und Institutionen aus dem Bereich <strong>des</strong> Design und<br />
der Informationstechnologie umgeformt werden, um Impulse für<br />
einen Strukturwandel in der ganzen Region zu geben.<br />
Diese anspruchsvolle und vielschichtige Aufgabenstellung ist<br />
in einer sehr hohen Gestaltungsqualität und mit großer Phan -<br />
tasie umgesetzt worden. Die gelungene Sanierung und Instandsetzung<br />
eines Teils der historischen Gebäude aus dem<br />
19. Jahrhundert bewahrt dem Ort seine Identität und lässt die<br />
Geschichte dieses kleinen Quartiers in einen spannenden Kontrast<br />
zu den neuen Nutzungen und Aufgaben treten.<br />
Neues Zentrum dieser Cité du Design ist die so genannte<br />
„Platine“, ein knapp 200 m langes und 31 m breites Gebäude,<br />
das neben einer Bibliothek und einem Gewächshaus Platz für<br />
Meetings, Vorlesungen und Ausstellungen bietet. Die Entwurfsidee<br />
ist eine Raumstruktur, die nicht zwischen Dach und Fassaden<br />
unterscheidet und so die unterschiedlichen Funktionen in<br />
einem weiten, stützenfreien Raum „einhüllt“. Sie ist zugleich<br />
recyclinggerecht konstruiert. Der 32 m hohe Aussichtsturm mit<br />
Leuchtkörpern an den Knotenpunkten seines Fachwerks setzt<br />
sich zugleich als Lichtkunstinszenierung in Szene.<br />
Mit der „Platine“ und dem Aussichtsturm als weithin sichtbares<br />
„Stadtzeichen“ ist den Architekten, Ingenieuren und Bauherrn<br />
eine unverwechselbare, gestalterisch sehr anspruchsvolle Gesamtanlage<br />
gelungen, die beispielhaft für vergleichbare Aufgabenstellungen<br />
zum Thema Stadtumbau und Stadterneuerung<br />
in Europa ist.<br />
» Lageplan, M 1:4000
» Oben, Mitte: Längsschnitt, Querschnitt, M 1:1000<br />
» Unten: Stützenfreier Innenraum mit sichtbarem<br />
Raumtragwerk<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 15
Tragwerk „Platine“<br />
Das Raumfachwerk der Platine ist aus vorgefertigten Querfachwerk-Abschnitten<br />
zusammengesetzt, die aufgrund der leicht<br />
bombierten Dachgeometrie alle voneinander verschieden sind.<br />
Die einzelnen Abschnitte wurden im Werk aus miteinander<br />
verschweißten Rechteck-Hohlprofilen mit Abmessungen von<br />
60 x 60 bis 180 x 60 Millimetern gefertigt. Auf der Baustelle<br />
wurden die Abschnitte miteinander verschraubt und so zu einem<br />
zusammenhängenden Tragwerk verbunden. Die Auflagerpunkte<br />
sind über Stahleinbauteile gelenkig und nachjustierbar<br />
an den Massivbau angeschlossen. Die Struktur ruht auf den<br />
Deckenrändern der Kellerdecke aus Stahlbeton. Das Untergeschoss<br />
in Massivbaubauweise ist auf Pfählen gegründet und<br />
von einem „Graben“ mit etwa einem Meter Breite umgeben.<br />
Der Zugang zum Gebäude erfolgt über Stege aus Stahlblech.<br />
16 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Oben: Eckausbildung <strong>des</strong> Raumfachwerks<br />
» Links: Stahltragwerk<br />
» Oben: Auf- und Untersicht der Gebäudehülle<br />
» Unten: Fachwerkabschnitt, M 1:400<br />
Gebäudehülle<br />
Die Außenhaut der Platine besteht aus über 14 000 dreieckigen<br />
Plattenelementen. Diese dienen dem Witterungsschutz und der<br />
Wärmedämmung, haben darüber hinaus aber noch unterschiedliche<br />
Funktionen und Eigenschaften. Ein Teil der Platten<br />
ist transparent, zum Teil in Kombination mit Lichtlenkelementen,<br />
und trägt so zur Versorgung <strong>des</strong> Gebäudeinneren mit natürlichem<br />
Licht bei. Ein anderer Teil dient durch integrierte Photovoltaik-<br />
Elemente der Stromerzeugung. Wieder andere Elemente dienen<br />
der natürlichen Belüftung <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>, der Entrauchung oder<br />
einer gezielten Verbesserung der akustischen Eigenschaften<br />
im Innenraum. Es handelt sich also um eine multifunktionale<br />
Gebäudehülle, die ohne großen Aufwand gezielt an sich ändernde<br />
Nutzerbedürfnisse angepasst werden kann. Die Verteilung<br />
der Paneele wurde auf der Grundlage von detaillierten thermischen<br />
und lichttechnischen Gebäu<strong>des</strong>imulationen festgelegt.<br />
Mehrere der eingebauten Elemente wurden speziell für das
» Aussichtsturm bei Nacht<br />
Bauvorhaben entwickelt. Die multifunktionale Gebäudehülle<br />
war wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Nachhaltigkeitszertifizierung<br />
<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> nach dem französischen HQE-<br />
Standard.<br />
Aussichtsturm<br />
Der 32 Meter hohe Aussichtsturm mit seiner auskragenden Besucherplattform<br />
setzt ein weithin sichtbares Zeichen. Das Rahmen-/Fachwerkgerüst<br />
<strong>des</strong> Turms hat ein Rastermaß, das – in<br />
Anlehnung an die historischen Bindertragwerke in den umliegenden<br />
Hallen und an das engmaschige Tragwerk der Platine –<br />
bewusst auf 1,20 Meter begrenzt wurde. Das rund 120 Tonnen<br />
schwere Tragwerk wurde im Werk vormontiert, in mehreren<br />
Transporteinheiten nach St-Etienne gebracht und dort in<br />
liegender, einfach zugänglicher Position mittels Baustellenschweißung<br />
montiert. Anschließend wurde der Turm im Laufe<br />
eines Nachmittags von vier Mobilkränen aufgerichtet und auf<br />
der vorbereiteten Pfahlgründung mit vorgespannten Ankerschraubenverbindungen<br />
befestigt.<br />
Die Aussichtsplattform ist mit einem vorelementierten Betonfußboden<br />
und einem beweglichen Sonnen- und Witterungsschutz<br />
ausgestattet. An den Knotenpunkten <strong>des</strong> Tragwerks befinden<br />
sich Leuchtkörper, die für Lichtkunstinszenierungen<br />
verwendet werden.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 17
Auszeichnung<br />
Ozeaneum Stralsund<br />
Architektur: Behnisch Architekten, Stuttgart<br />
Tragwerk: Schweitzer GmbH Beratende Ingenieure, Saarbrücken<br />
Brandschutz: TÜV Nord Systems GmbH & Co. KG, Hamburg<br />
Energiekonzept: Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart<br />
Stahlbau: Arbeitsgemeinschaft Rohbau Ozeanum, Wolgast<br />
Reiners, Donges SteelTec, Köthenbürger<br />
Bauherr: Deutsches Meeresmuseum, Stralsund<br />
Laudatio<br />
Die Aufgabe, in unmittelbarer Nachbarschaft zu der 2002 zum<br />
UNESCO-Weltkulturerbe erklärten Altstadt der Hansestadt<br />
Stralsund einen großen Museumsneubau umzusetzen, verlangt<br />
Fingerspitzengefühl und Visionen. Das Grundstück ist gezeichnet<br />
durch die Spuren der Hafennutzung und ist bis heute ein<br />
eigenständiger Stadtbaustein, der bis zur Wende 1990 Sperrgebiet<br />
war. Das Konzept der Architekten, ein offenes Haus zu<br />
errichten, das – wie vom Wasser umspülte Steine im Meer –<br />
18 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
von allen Seiten von Besuchern und Licht durchströmt wird, ist<br />
die richtige Antwort auf diesen Standort.<br />
Die Baumasse <strong>des</strong> Baukörpers ist nur zu erahnen. Die Fassade<br />
wurde mit Technologien <strong>des</strong> Schiffbaus aus großformatigen,<br />
vorgebogenen Stahlblechen zusammengesetzt und von der<br />
Tragkonstruktion getrennt. Sie vermittelt den Eindruck von freischwingenden<br />
Bändern, die auch vom Wind geblähte Segel<br />
sein könnten. Sie wirken an ihren auskragenden Rändern leicht<br />
und elegant, verbinden die unterschiedlichen Funktionen der<br />
einzelnen Gebäudeteile und lassen so ein einheitliches Ganzes<br />
entstehen.<br />
Eine besondere Lösung fanden Architekten und Ingenieure bei<br />
der stählernen Konstruktion der Walhalle. Die atemberaubende,<br />
aber gleichzeitig auch stabile und räumliche Tragstruktur mit<br />
der verspielten Außenhaut steht für wirtschaftliche und nachhaltige<br />
Konstruktionen.<br />
Im Bereich der energetischen Performance sind alle modernen<br />
Technologien zur Anwendung gekommen, die für eine Museumsnutzung<br />
zielführend waren.<br />
Insgesamt entsteht ein einprägsames und identitätsstiften<strong>des</strong><br />
Element im Stadtbild, das Modernität transportiert, den mari -<br />
timen Standort unterstützt und sich in das Stadtbild einfügt<br />
ohne sich zu verleugnen. Den Architekten ist es gelungen, gemeinsam<br />
mit den Fachplanern und ausführenden Gewerken<br />
einen spektakulären Museumsneubau zu errichten. Der sensible<br />
Standort wird für die Stadt und die Menschen zurück gewonnen.<br />
Das Bauwerk ist ein hervorragen<strong>des</strong> Beispiel dafür, dass sich<br />
Modernität, Nachhaltigkeit und Bewahrung <strong>des</strong> kulturellen Erbes<br />
gut miteinander verbinden lassen.<br />
» Haupteingang
» Oben: Hafenansicht<br />
» Unten: Grundriss, Schnitte, M 1:1000<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 19
Das Ozeaneum ist in vier einzelne, den Themen <strong>des</strong> Ausstellungskonzepts<br />
zugeordnete Baukörper gegliedert: Die Walhalle<br />
(Riesen der Meere), das Ausstellungsgebäude, das Ost- sowie<br />
das Nordsee-Aquarium. Ein zentrales, über mehrere Ebenen<br />
reichen<strong>des</strong> Foyer erschließt die einzelnen Museumsbereiche<br />
durch Stege, Treppen und Aufzüge. Formal und konstruktiv von<br />
der eigentlichen Baumasse unabhängig, umgeben monumentale<br />
Skulpturen aus frei gebogenen Stahlplatten die unterschiedlichen<br />
Baukörper und fassen sie zu einem einheitlichen<br />
Erscheinungsbild zusammen.<br />
Alle Neubauten, außer der Walhalle, wurden in Stahlbeton- und<br />
Stahlverbund-Skelettbauweise ausgeführt, um beispielsweise<br />
weit auskragende Decken wie in den Aquarien realisieren zu<br />
können. Im Ausstellungsgebäude wurde ein großer Teil <strong>des</strong> vertikalen<br />
und horizontalen Lastabtrags durch Konstruktionen<br />
aus Verbundhohlprofilen ermöglicht. Die Stahlstützen der Fassaden<br />
in den Gebäuden Ost- und Nordsee belasten die Decke<br />
über dem Erdgeschoss an den freien Rändern, daher wurden<br />
20 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
für die Lasteinleitung an den Fuß- und Kopfpunkten der Stützen<br />
stahlbautypische Details entwickelt.<br />
Walhalle<br />
» Oben, Mitte: Isometrie und Untersicht<br />
der tragenden Stahlstruktur<br />
» Links: Eine Halle für die Riesen der<br />
Meere<br />
Im Gegensatz zu den anderen Baukörpern wurde die Tragkons -<br />
truktion der Walhalle hauptsächlich in Stahl realisiert. Aneinandergereihte,<br />
über Querriegel angeschlossene Stahlrahmen-<br />
Verbundkonstruktionen ermöglichen Spannweiten von mehr<br />
als 20 Metern. Horizontal ist die Konstruktion durch eine Stahlverbunddecke<br />
und Windverbände ausgesteift. Durch die freie<br />
Gebäudeform sowie das Vor- und Zurückspringen der Decken<br />
sind alle Fassadenstützen im Raum geneigt, was, neben unterschiedlichen<br />
Anstellwinkeln, auch zu unterschiedlichen Längen<br />
der Stützen führt. Um den gekrümmten Formen der Fassaden<br />
folgen zu können, sind die Stützen teilweise zusätzlich gebogen.<br />
Die Verankerung erfolgte durch Knaggen und vorgespannte<br />
Anker, sodass ein Ausrichten der Stahlkonstruktion auch im<br />
Nachhinein noch möglich war.
» Oben: Stahlplattenfassade bei Nacht<br />
» Unten: 3D-Modell der Fassade<br />
Stahlhüllen<br />
Die frei geformte Außenhaut der vier Neubaukörper wurde aus<br />
bis zu 16 Meter langen und drei Meter breiten Stahlblechen mit<br />
Dicken von acht bis 30 Millimetern gefertigt, wie sie im Schiffsbau<br />
verwendet werden. Die 360 Stahlbleche sind etwa 60 Zentimeter<br />
vor dem eigentlichen Baukörper auf Ringträgern hängend<br />
und gleitend gelagert, um Temperaturdehnungen zwängungsfrei<br />
zu ermöglichen. Der Lastabtrag erfolgt größtenteils über die<br />
Stahlstützen mit hohen Biege- und Torsionsmomenten.<br />
Die komplexe Geometrie konnte im Wesentlichen vorgefertigt<br />
und mit einem vergleichsweise geringen Aufwand in kurzer Zeit<br />
montiert werden. Alle geometrischen Fragen wurden vor Produktion<br />
und Montage anhand von 3D-Modellen geklärt. Durch<br />
die Entscheidung, nur die äußere Hülle der Fassade in selbsttragenden,<br />
frei geformten Stahlplatten auszuführen, konnte bei<br />
der Haupttragkonstruktion die Geometrie aus linearen Elementen<br />
erstellt werden. Wegen der hohen Festigkeit der gebogenen<br />
Stahlbleche konnte auf eine entsprechend aufwendig geformte<br />
Unterkonstruktion verzichtet werden. Die Stahlbleche selbst<br />
sind punktuell an der Primärkonstruktion befestigt.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 21
Auszeichnung<br />
Dornier Museum Friedrichshafen<br />
Architektur: Allmann Sattler Wappner Architekten GmbH,<br />
München<br />
Tragwerk: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart<br />
Brandschutz: Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz<br />
mbH, Kleve<br />
Stahlbau: Friedrich Bühler GmbH & Co. KG, Altensteig<br />
Bauherr: Dornier Stiftung für Luft- und Raumfahrt, München<br />
» Oben: Lageplan, M 1:5000<br />
» Unten: Eingangsbereich<br />
22 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Laudatio<br />
Die Situierung <strong>des</strong> Neubaus in unmittelbarem Bezug zum Flugfeld<br />
<strong>des</strong> Flughafens Friedrichshafen veranlasst die Architekten<br />
zu einer baulichen Antwort, die sowohl typologisch als auch in<br />
der Wahl der Materialien und Konstruktionen die Inhalte <strong>des</strong><br />
Unternehmens Dornier und Themen der Luftfahrt transportiert.<br />
Die Architektursprache nimmt Bezug auf den Industriebau und<br />
unterstreicht damit die Intention der Architekten, einen Hangar<br />
als Museum zu gestalten.<br />
Mit der weit spannenden Stahlkonstruktion werden Prinzipien<br />
<strong>des</strong> Flugzeugbaus hinsichtlich eines möglichst reduzierten und<br />
dabei höchst effizienten Einsatzes von Ressourcen bildhaft und<br />
nachvollziehbar auf die Architektur <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> übertragen.<br />
Der Museumsbau vermittelt über seine Geometrie, die gewählte<br />
Materialität, die Präzision in der Detaillierung, aber auch über<br />
sein transluzent-weißes Erscheinungsbild in gelungener Weise<br />
die Dynamik, Leichtigkeit und Eleganz, die der Besucher mit<br />
den ausgestellten Flugobjekten verbindet.
Von weitem unterscheidet sich das Museum mit seiner an den<br />
Industriebau angelehnten Architektur kaum von den umliegenden<br />
Bauten <strong>des</strong> Flufhafens – lediglich die unter dem rechteckigen<br />
Dach zurückweichenden Fassaden, die aus der Überlagerung der<br />
Halle und einer neu geschaffenen, bogenförmigen Abzweigung<br />
vom Rollfeld entstehen, stören das vertraute Bild einer Flugzeughalle.<br />
Die Dachflächen, die an den Längsseiten über die Grundfläche<br />
auskragen, werfen ihre Schatten auf die geschwungenen<br />
weißen Wände und verleihen dem Gebäude eine überraschende<br />
Dynamik.<br />
Eine vorgelagerte Raumschale auf der Südseite, die über die<br />
auskragende Stahlkonstruktion mit der Ausstellungshalle verbunden<br />
ist, formt einen überdachten Eingangsbereich. Vorbei<br />
an Rezeption, Cafeteria und Museumsshop startet der Rundgang<br />
durch das Museum über eine Wendeltreppe in das Innere<br />
der Ausstellungsbox, die als aufgeständerter Baukörper in<br />
die Halle eingestellt ist. Im Obergeschoss verlässt der Besucher<br />
die geschlossene Box und tritt hinaus auf die Galerie, die dem<br />
Schwung der Fassade folgt. Aufzug und Treppe führen zurück<br />
in das Erdgeschoss der lichtdurchfluteten Halle. Durch die dunkel<br />
getönte Westfassade, die raumhoch geöffnet werden kann,<br />
lässt sich die Spur <strong>des</strong> Rollweges in die Halle hinein verfolgen.<br />
» Oben: Schnitt, Grundrisse EG und OG, M 1:1500<br />
» Links: Rezeption unter der aufgeständerten Ausstellungsbox<br />
» Geschützte Terrasse auf der Rück -<br />
seite mit Blick auf das Flugfeld<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 23
» Galerie mit farbigen Schaukästen<br />
Material und Farbe<br />
Das Tragwerk der eingeschossigen Halle besteht aus Stahlprofilen.<br />
Die Decke, in der sichtbar und auf mehreren Ebenen Primärund<br />
Sekundärträger, Licht- und Installationssysteme orthogonal<br />
verwoben sind, ist einerseits strukturell differenziert. Gleichzeitig<br />
werden Hierarchien, die sich aus der Art der Fügung er -<br />
geben, sowie Komponenten mit unterschiedlichen Funktionen<br />
über eine einheitlich weiße Farbgebung ausgeglichen. Auch die<br />
Fassadenstützen, die Galerie oder die Untersicht der Ausstellungsbox<br />
sind weiß beschichtet. Der Lichteinfall von allen Seiten<br />
lässt einen zurückhaltenden, hellen Raum entstehen.<br />
Lichtdurchlässige Polycarbonatplatten bilden die geschwungenen<br />
Längsfassaden. Um die Sonneneinstrahlung zu verringern,<br />
wurde auf der Südseite zusätzlich ein Punktraster aufgebracht.<br />
Das Montage system der gebäudehohen Elemente ermöglicht<br />
» Innen- und Außenansicht der Halle mit geöffnetem Hangartor<br />
24 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
den Verzicht einer konstruktiven Unterteilung auf der Außenseite.<br />
Je nach Blickwinkel erscheinen die Fassaden wie ein Filter,<br />
der nur schemenhaft das Innenleben wiedergibt, oder wie<br />
ein Spiegel, der die lichte Weite <strong>des</strong> Rollfel<strong>des</strong> reflektiert. Deutlich<br />
setzen sich dagegen die West- und Ostfassade ab, die mit<br />
ihren dunklen Rahmenkonstruktionen und Sonnenschutzgläsern<br />
eine Art Torfunktion übernehmen.<br />
Konstruktion<br />
Das Hallentragwerk verläuft in einem Bogen über die gesamte<br />
Grundrisslänge, wobei die Hallenbreite von 33 bis 37 Meter<br />
variiert. In Gebäudelängsrichtung misst das Stützenraster vier<br />
Meter, in Querrichtung passt sich der Stützenabstand dem Verlauf<br />
von Nordfassade, Südfassade und Galerie an. Dabei bilden<br />
die Stahlstützen <strong>des</strong> Tragwerks mit ihrem Querschnitt die Kurvenform<br />
<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> ab. Sie sind als geschweißte I-Profile in Rautenform<br />
ausgebildet, mit Seitenabmessungen von 650 x 360<br />
Millimetern an der Nord- und Südseite und 360 x 360 Millimetern<br />
bei den Galeriestützen.<br />
Der Aussteifung <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> kommt wegen seiner Lage in<br />
Erdbebenzone 2 eine nicht unerhebliche Rolle zu. Aufgrund <strong>des</strong><br />
Hangartores und <strong>des</strong> Lichtraumprofils von neun Metern wird die<br />
Halle in Querrichtung über Zweifeldrahmen mit Fußgelenken<br />
ausgesteift. Durch Einbeziehung der ohnehin erforderlichen<br />
Galeriestützen in das Rahmensystem wird eine effiziente Ab -<br />
tragung der Horizontallasten erreicht. In Längsrichtung sind<br />
Verbände angeordnet.<br />
Die Ausstellungsbox, die innerhalb der Halle angeordnet ist,<br />
besitzt aufgrund einer späteren Demontage möglichkeit bei<br />
Umnutzung ein separates Tragwerk. Das statische System <strong>des</strong><br />
zweigeschossigen Einbaus besteht aus zwei Stahlträgerrosten<br />
mit Pendelstützen. Die Aussteifung erfolgt über den Treppenhauskern<br />
aus Stahlbeton.
» Oben: Isometrie <strong>des</strong> Stahltragwerks<br />
» Unten: Blick von der Galerie in die<br />
Ausstellungshalle<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 25
Hotel Kameha Grand Bonn<br />
Architektur: Karl-Heinz Schommer, Bonn<br />
Tragwerk: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart<br />
Brandschutz: H + L Brandschutz Uhlig, Willich<br />
Stahlbau: Stahlbau Frenken & Erdweg GmbH, Heinsberg-<br />
Dremmen<br />
Bauherr: BonnVisio Real Estate GmbH & Co. KG, Bonn<br />
Eine multifunktionale Veranstaltungshalle bildet das Zentrum<br />
<strong>des</strong> neuen 5-Sterne Hotels in Bonn. Die 21 Meter hohe und 55<br />
Meter lange Halle fällt zum Rhein hin ab und weitet sich trapezförmig<br />
von 24 auf 30 Meter. Die filigrane und transparente<br />
Stahl-Glas-Konstruktion, die zwischen den beiden Massivbauteilen<br />
spannt, ermöglicht aus allen Geschossen im Inneren <strong>des</strong><br />
Hotels den freien Blick nach außen. Gleichzeitig wird der äußere<br />
Landschaftsraum in das Gebäude optisch mit einbezogen.<br />
Konstruktion<br />
Das Haupttragwerk <strong>des</strong> Hallendachs wird durch sechs Stahl -<br />
träger gebildet, die durch Doppelseile und runde Luftstützen<br />
unterspannt sind. Die letzten beiden Träger sind zur horizontalen<br />
Aussteifung durch sich kreuzende Zugstäbe miteinander<br />
verbunden. Um Temperaturzwängungen zu minimieren, sind<br />
die Hauptträger an einem Ende gelenkig, am anderen Ende entlang<br />
der Trägerachse beweglich an der angrenzenden Stahl -<br />
betonkonstruktion <strong>des</strong> Hotels angeschlossen.<br />
Die rechtwinklig mit den Hauptträgern verschweißten Sekundär -<br />
träger sind im Bereich der flussseitigen Fassade gebogen und<br />
26 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Isometrie <strong>des</strong> Stahltragwerks<br />
gehen schließlich in die an beiden Seiten der Halle gelenkig<br />
gelagerten Fassadenpfosten über. Haupt- und Nebenträger bestehen<br />
aus geschweißten Hohlkastenprofilen mit einer Breite<br />
vom 140 Millimetern, weisen aber – je nach Beanspruchung –<br />
variable Höhen und Wandstärken auf. Neben ihrer tragenden<br />
Funktion dienen sie auch als Kabeltrassen.<br />
Das Dach der Halle ist mit Sonnenschutzgläsern eingedeckt,<br />
ein zusätzlicher Blend- und Sonnenschutz wurde zwischen den<br />
Stahlbindern eingehängt. Die Klimatisierung erfolgt über die<br />
Fassadenkonstruktion in Verbindung mit den Heiz- und Kühl -<br />
flächen <strong>des</strong> Fußbodens, die über eine Geothermieanlage gespeist<br />
werden.<br />
» Blick vom Rhein auf die Südfassade <strong>des</strong> Hotels
» Abgerundeter Übergang <strong>des</strong> Glas daches<br />
» Oben rechts: Ansicht, Schnitt <strong>des</strong> Hauptträgers,<br />
M 1:20<br />
» Unten: Blick durch die Halle auf den Rhein<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 27
Besucherzentrum Gedenkstätte<br />
Berliner Mauer<br />
Architektur: Mola Winkelmüller Architekten, Berlin<br />
Tragwerk: Wetzel & von Seht, Hamburg<br />
Stahlbau: Karl Dieringer Blechbearbeitung, Berlin<br />
Bauherr: Stiftung Berliner Mauer vertreten durch die<br />
Senatsverwaltung Berlin<br />
Das Besucherzentrum der Gedenkstätte Berliner Mauer ist,<br />
von der S-Bahnstation Nordbahnhof kommend, die erste Anlaufstelle<br />
für Besucher. Sein Standort markiert das Abknicken<br />
der Berliner Mauer nach Norden, deren ehemaliger Verlauf<br />
durch eine Reihung aus Rundstahlstäben nachgebildet wird.<br />
Das Gebäude ist als Mischkonstruktion in Stahlbeton-Massivbauweise<br />
im Erdgeschoss und als Stahlbau im Obergeschoss<br />
erstellt. Während das Erdgeschoss parallel zur Mauer verläuft,<br />
ist das Obergeschoss zum Gelände der Gedenkstätte ausgerichtet<br />
und um 27 Grad verdreht. Die auskragende Ecke über<br />
dem Haupteingang bildet einen gedeckten Vorplatz für die Besucher<br />
aus, die sich an den als Informationsstelen dienenden,<br />
blechbekleideten Stahlstützen über weitere Mauerorte informieren<br />
können. Durch die Verdrehung der beiden Geschosse<br />
entsteht eine Dachfläche über dem Erdgeschoss, die als fünfte<br />
Fassade mit pulverbeschichteten Gitterrosten belegt ist.<br />
Eine hinterlüftete Kassettenkonstruktion aus gekantetem, wetterfestem<br />
Stahl bildet die Außenhaut <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> und signalisiert<br />
so die Zugehörigkeit zu den weiteren, in dem gleichen<br />
Material ausgeführten Objekten der Gedenkstätte.<br />
28 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Links: Haupteingang <strong>des</strong> Besucherzentrums<br />
» Mitte: Lageplan, M 1:1500<br />
» Unten links: Stahlstäbe zeichnen den<br />
ehemaligen Mauerverlauf nach<br />
» Unten rechts: Gitterrost auf dem Dach
Campushotel Berlin,<br />
Science & Conference Center<br />
Architektur: Murphy/Jahn Achitects, Chicago<br />
Tragwerk: Reichmann + Partner Ingenieurgesellschaft mbH &<br />
Co. KG, Erfurt<br />
Brandschutz: Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz<br />
mbH, Kleve<br />
Stahlbau: Peene Stahl GmbH, Neukalen; Scheldebouw, Kerkrade<br />
Bauherr: Kommunalprojekt ppp GmbH, Potsdam<br />
Das neue Tagungszentrum der Freien Universität Berlin ist als<br />
stringenter Kubus mit Ausschnitt konzipiert. Das Gebäude -<br />
ensemble aus Hotel und Tagungszentrum bildet ein Quadrat<br />
mit einheitlich hoher Bebauung. Der zwischengelagerte, L-förmige<br />
Hof bietet eine Trennung der unterschiedlichen Nutzungen<br />
und eine weitere Durchwegung <strong>des</strong> Gelän<strong>des</strong>.<br />
Diagonal verlaufende Stahlträger bilden den oberen Abschluss<br />
<strong>des</strong> Innenhofs. Die anfallenden Lasten werden über Scheiben<br />
aus Stahlprofilen abgetragen, die gleichzeitig als Rankgerüst<br />
dienen. Umlaufende Stahlroste auf den in Stahlbetonskelettbauweise<br />
erstellten Gebäuden vervollständigen die filigrane Überdachung<br />
<strong>des</strong> Ensembles.<br />
» Oben: Verzinkte Stahlroste über den Dächern<br />
» Unten: Vertikale Begrünung <strong>des</strong> Innenhofs<br />
» Hotel und Kongresszentrum unter einem „Dach“ aus Stahl<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 29
» Städtebaulicher Kontext<br />
» Oben: Grundrissebenen<br />
» Unten links: Unterseite mit poliertem Edelstahl<br />
» Unten rechts: Neutrale Farbgebung im Aus -<br />
stellungsraum<br />
30 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Porschemuseum, Stuttgart<br />
Architektur: Delugan Meissl Associated Architecs, Wien<br />
Tragwerk: Leonhardt, Andrä und Partner, Stuttgart<br />
Brandschutz: Sachverständigenbüro Halfkann + Kirchner,<br />
Erkelenz<br />
Stahlbau: Arge Stahl + Verbundbau GmbH, Dreieich<br />
mit Stahlbau Queck GmbH, Düren<br />
Bauherr: Dr.-Ing. h. c. Ferdinand Porsche AG, Stuttgart<br />
Die außergewöhnliche Gestaltung <strong>des</strong> neuen Porschemuseums<br />
ist Aufsehen erregend: Ein dynamisch geformter, monolithischer<br />
Baukörper, der von nur drei Pylonen getragen wird, scheint über<br />
dem Boden und dem Erdgeschossniveau zu schweben. Die<br />
schmalen Fugen der weiß beschichteten Metallelemente lassen<br />
die Oberflächen der Fassaden homogen erscheinen. Die Untersicht<br />
ist mit hochpoliertem Edelstahl verkleidet. Das reflektierende<br />
Material überträgt die Spiegelung der Glasfront optisch<br />
wie atmosphärisch in die großzügige Öffnung <strong>des</strong> Eingangsbereichs<br />
und akzentuiert die Anziehungskraft der Erschließungszone.<br />
Die monochrome äußere Farbgebung wird im Inneren<br />
fortgeführt.<br />
Über eine sanft ansteigende Rampe erreichen die Besucher das<br />
Foyer im Gebäudeinneren. Eine besondere Attraktion ist, neben<br />
Empfang, Kaffeebar, Restaurant und Museumsshop, die mit<br />
einer Glaswand abgetrennte Werkstatt für die Instandhaltung<br />
klassischer Fahrzeuge. Der Weg in das Obergeschoss wird<br />
durch die langgezogene Erschließung über zwei Rolltreppen<br />
dramatisch in Szene gesetzt. Gleichzeitig verengt sich der<br />
Zugangsraum bevor die Besucher in die großzügige Weite<br />
der Ausstellung eintreten. Fließend entwickeln sich die Ausstellungsbereiche<br />
im Raum, wobei die verschiedenen Modelle<br />
in chronologischer Reihenfolge präsentiert werden. Vor dem<br />
Hintergrund der hellen Wand- und Deckenflächen setzen die
» Front <strong>des</strong> Museums vom Porsche-Platz aus gesehen<br />
Exponate farbliche Akzente. Im Dachgeschoss sind eine Lounge,<br />
Konferenzräume sowie eine Terrasse untergebracht, die den<br />
Blick hinunter auf das Dach <strong>des</strong> „Basements“ freigibt, das für<br />
Sonderausstellungen genutzt werden kann und befahrbar ausgelegt<br />
ist.<br />
Konstruktion<br />
Die dreieckige Grundstücksfläche bestimmt die Grundform <strong>des</strong><br />
Museums. 115 Bohrpfähle sichern das Untergeschoss und das<br />
so genannte „Basement“, die beide in Stahlbeton ausgeführt<br />
» Längsschnitt, M 1:1000<br />
wurden. Darüber erhebt sich der eigentliche Ausstellungsbau<br />
auf drei hochbeanspruchten Kernen, deren Wände wegen der<br />
außergewöhnlichen Belastung und Geometrie mit Wandstärken<br />
von bis zu 75 Zemtimeter ausgebildet wurden. Einer der Kerne<br />
in Y-Form ist mit Spannstahllitzen vorgespannt. Die tragenden<br />
Gebäudekerne bestehen aus Stahl- und Spannbeton im Verbund<br />
mit selbstverdichtendem, hochfestem Beton.<br />
Mit einer Länge von etwa 160 Metern und einer durchschnitt -<br />
lichen Breite von 70 Metern erreicht der schwebende Oberbau<br />
ein Gesamtgewicht von 35 000 Tonnen.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 31
» Rohbau der tragenden Stahlstruktur<br />
» Oben: Verbindung verschiedener<br />
Fachwerke in einem Knoten<br />
» Unten links: Vorbereitung <strong>des</strong><br />
Deckeneinbaus<br />
» Unten Mitte: Montage der Unter -<br />
konstruktion für die Rolltreppe<br />
» Unten rechts: Blick in die<br />
verschiedenen Trägerebenen<br />
32 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Die extremen Spannweiten und Auskragungen konnten nur<br />
durch dreidimensionale Stahlfachwerke im Verbund mit Ortbetondecken<br />
realisiert werden. Geschosshohe Stahleinbauten<br />
leiten die außergewöhnlich hohen Lasten aus dem Stahltragwerk<br />
in die Kerne ein. Für die Dach- und Deckenkonstruktionen<br />
wurden sowohl Vollwandträger (geschweißte Biegeträger) als<br />
auch Fachwerkträger als räumliche Trägerroste eingesetzt.<br />
Bei der Planung <strong>des</strong> Tragwerkes kamen parametrische Computermodelle<br />
zum Einsatz, mit deren Unterstützung sowohl die Dimensionen<br />
der Bauteile bestimmt als auch die Montageabläufe<br />
der zum Teil vormontierten Elemente simuliert werden konnten.<br />
Im Falle eines Rückbaues könnten, trotz der Komplexität <strong>des</strong><br />
Gebäu<strong>des</strong>, bis zu 98 Prozent der 5 500 Tonnen verbauten Stahls<br />
demontiert und wieder verwertet werden.
Bürobauten<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 33
Europäische Investitionsbank Luxemburg<br />
Architektur: ingenhoven architects GmbH, Düsseldorf<br />
Tragwerk Dach und Seilfassade: Werner Sobek Ingenieure,<br />
Stuttgart<br />
Fassadenplanung und Bauphysik: DS Plan, Stuttgart<br />
Technische Gebäudeausrüstung: HL-Technik, München (Entwurf);<br />
IC-Consult, Frankfurt am Main; pbe-Beljuli, Pulheim;<br />
S&E Consult, Luxemburg<br />
Stahlbau: VINCI Construction, Rueil-Malmaison<br />
Fassade: seele GmbH & Co. KG, Gersthofen<br />
Bauherr: Europäische Investitionsbank Luxemburg<br />
Ein gebogenes Glasdach überspannt das gesamte neue Verwaltungsgebäude<br />
der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg.<br />
Der Erweiterungsbau in unmittelbarer Nähe der bestehenden<br />
Gebäude auf dem Kirchberg-Plateau bietet auf 72 500 Quadratmetern<br />
Raum für 750 neue Arbeitsplätze. Dabei ermöglicht der<br />
zickzackförmige Grundriss <strong>des</strong> eigentlichen Bürobaukörpers<br />
unterhalb <strong>des</strong> 170 Meter langen und 50 Meter breiten Daches<br />
die gleichberechtigte Anordnung der Büroräume und unterstützt<br />
so interaktive und kommunikative Prozesse. Die Gebäudehülle<br />
aus Stahl und Glas garantiert nicht nur ein Maximum<br />
an Tageslicht und Transparenz. Sie ist, neben verschiedenen<br />
» Lageplan, M 1:5000<br />
34 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Atrium mit gewölbtem Glasdach auf der Nordseite<br />
Arten von warmen und kühlen Atrien, Doppelfassaden, natür -<br />
licher Be- und Entlüftung oder der Aktivierung der Geschoss -<br />
decken, wesentliche Grundlage und integraler Bestandteil <strong>des</strong><br />
Klimakonzeptes.<br />
Klimakonzept<br />
Ausgangspunkt für die Planung der Atriendächer und -fassaden<br />
war die Umsetzung eines energetisch möglichst sparsamen<br />
Heiz- und Kühlkonzepts <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>. Pufferräume vor den<br />
Arbeitsbereichen im Inneren der Büroriegel verbessern nicht<br />
nur das Verhältnis von Hüllfäche zu Raumvolumen, sie gewährleisten<br />
auch eine ganzjährige, individuelle Fensterlüftung und<br />
vermeiden Fehlbedienungen der Nutzer. Im Winter führt die<br />
Überströmung der erwärmten Luft aus den Bürobereichen als<br />
Nebeneffekt zur leichten Temperierung der Atrien. Die offenen<br />
Bereiche zwischen den Bürotrakten fungieren auf der Nordseite<br />
als unbeheizte „Wintergärten“. Dagegen bilden die Zwischenräume<br />
auf der Südseite mit ihrer vertikalen Doppelfassade<br />
leicht temperierte, stützenfrei überspannte „öffentliche“ Atrien<br />
aus. Dort befinden sich Haupt- und Nebeneingangsbereiche<br />
sowie die Zugänge zum Bestandsgebäude und zur Kantine.<br />
Das Gebäude wurde bereits 2005 gemäß den BREEAM-Kriterien<br />
zertifiziert und mit „very good“ eingestuft. Nach Inbetriebnahme<br />
und dem „Post Construction Review“ im Jahr 2008 lautete<br />
die Einschätzung „excellent“. Damit war das Projekt das erste<br />
Gebäude mit diesem Status auf dem Europäischen Festland.
» Auf der tiefer liegenden Nordseite folgt<br />
das Glasdach dem Geländeverlauf<br />
» Querschnitt, M 1:1000<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 35
Seilfassaden<br />
Zu den herausragenden Merkmalen <strong>des</strong> Bauwerks zählen, neben<br />
der Verglasung <strong>des</strong> riesigen Gewölbes, die drei Seilfassaden<br />
der Wintergärten auf der Südseite mit einer Fläche von 2 350<br />
Quadratmetern. Sie werden jeweils durch Fischbauchträger von<br />
bis zu 50 Metern Länge überspannt, die der Unterstützung <strong>des</strong><br />
Dachnetzes sowie dem Abspannen der Stahlseile der Atriumfassaden<br />
dienen. Mit einem Gewicht von 60 Tonnen waren sie<br />
eine besondere Herausforderung für die Montage. Die vorgefertigten<br />
Trägerelemente wurden vor Ort zusammengeschweißt<br />
» Links: Stahlknoten <strong>des</strong> Fischbauchträgers<br />
» Rechts: Montage <strong>des</strong> Trägers<br />
36 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Links: Atrium mit Seilfassade<br />
» Rechts: Detailschnitt Südfassade,<br />
M 1:100<br />
und mit mehreren Mobilkränen in die Lager eingehoben. Die<br />
an den Fischbauchträgern befestigten, drei Zentimeter dicken<br />
Stahlseile der Seilfassade werden mit einer Spannkraft von<br />
etwa 20 Tonnen im Erdgeschoss verankert. Der Träger ist in den<br />
Kalottenlagern pendelnd gelagert und ermöglicht so in Kombination<br />
mit der Elastizität der Stahlseile Bewegungen der Fassade<br />
von 60 Zentimetern. In der Glasebene verlaufen Stahlseile<br />
sowohl in den Vertikal- als auch in den Horizontalfugen. Die<br />
Seile in den Vertikalfugen übernehmen die Lastabtragung <strong>des</strong><br />
Scheibengewichts, die horizontal gespannten Seile stabilisieren<br />
die Punkthalter gegen Verwinden und Verdrehen.
Glasgewölbe<br />
» Links: Stahlrohrknoten mit aufgesetzten<br />
Aluminiumprofilen<br />
» Rechts: Montage der dreieckigen<br />
Glasscheiben<br />
Die Unterkonstruktion <strong>des</strong> Glasdaches ist aus Stahlrohren zusammengesetzt<br />
und überspannt die Wintergärten stellenweise<br />
auf eine Länge von 40 Metern. Zur Anpassung an die gewölbte<br />
Form ist die Struktur in Dreiecke aufgeteilt. Auf den Stahlrohren<br />
ist eine hochwärmegedämmte Aluminiumkonstruktion befestigt,<br />
die das Dreiecksraster nochmals für die Dachverglasung<br />
unterteilt. 5 772 dreieckige Glasscheiben mit Zweischeiben-<br />
Isolierverglasung in den Abmessungen von circa 1,75 auf zwei<br />
Meter bilden die eigentliche Außenhaut. Die Glasscheiben sind<br />
mit zwei Punkthaltern je Glaskante an der Aluminiumkonstruktion<br />
befestigt, die Fugen wurden versiegelt. Neben festverglasten<br />
Elementen wurden Klappen für natürliche Be- und Entlüftung<br />
sowie Entrauchung eingebaut, die von einer zentralen<br />
Anlage gesteuert werden. Im Bereich der horizontalen Dachflächen<br />
der südlichen Atrien wurde die Verglasung mit einer farbneutralen<br />
Sonnenschutzbeschichtung versehen.<br />
» Links: Ansicht der Glasfassade mit<br />
Lüftungselementen<br />
» Oben: Ansicht, Schnitt der Glasdachkonstruktion,<br />
M 1:100<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 37
„SuperC“ – Studienfunktionales<br />
Zentrum der RWTH Aachen<br />
Architektur: ARGE Fritzer + Pape, Aachen/Graz,<br />
Pape Architekturbüro, Aachen/Köln (Ausführung)<br />
Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />
Brandschutz: Kempen Krause Ingenieurgesellschaft, Aachen<br />
Stahlbau: Hochtief Construction AG, Köln<br />
Bauherr: BLB NRW, Niederlassung Aachen<br />
Der Neubau <strong>des</strong> studienfunktionalen Zentrums bündelt an zentraler<br />
Stelle Verwaltungseinheiten der Hochschule und bietet<br />
gleichzeitig Veranstaltungsräume für Stadt und Wirtschaft. In<br />
20 Metern Höhe kragt das Dachgeschoss rund 17 Meter über<br />
einem leicht ansteigenden Vorplatz aus. Dieser zieht sich bis<br />
zur Eingangshalle im Erdgeschoss in das Gebäude hinein. Unter<br />
der „Plaza“ liegt eine multifunktionale Halle für Ausstellungen,<br />
Konzerte oder Feste. Sie ist über die Eingangshalle oder über<br />
eine in den Platz eingeschnittene Treppe zugänglich und kann<br />
38 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Lageplan, M 1:1500<br />
so auch außerhalb der Öffnungszeiten <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> für Veranstaltungen<br />
genutzt werden.<br />
Auf fünf Etagen sind die Verwaltungseinheiten untergebracht,<br />
wobei die Büroräume der Mitarbeiter nach Norden hin angeordnet<br />
sind. Hier ist die Gebäudehülle als geschlossene, gedämmte<br />
und hinterlüftete Aluminiumhaut mit durchgehenden<br />
Fensterbändern ausgebildet. Die Fassade <strong>des</strong> Dachgeschosses<br />
ist in Sequenzen mit vorgehängten Tafeln aus Aluminiumloch-
» Sichtbares Stahltragwerk im auskragenden Dachgeschoss<br />
blech ausgestattet, die als Sonnenschutz dienen. Die kamm -<br />
artigen, weit in den Dachrand eingeschnittenen Oberlichter<br />
sorgen in den zwei großen Konferenzsälen auch in der Tiefe für<br />
natürliches Licht. Im Inneren bieten Lufträume Orientierung<br />
und Kontaktmöglichkeiten über die verschiedenen Geschosse<br />
hinweg.<br />
Konstruktion Dachgeschoss<br />
Vier Stahlfachwerkträger mit einer Gesamtlänge von rund 31<br />
Metern und einer maximalen Bauhöhe von sieben Metern bilden<br />
das Tragwerk <strong>des</strong> auskragenden Dachgeschosses. Für die<br />
Gurte, Pfosten und Diagonalen der Träger wurden Schweißprofile<br />
verwendet. Die Kraftübertragung erfolgt über Elastomer -<br />
lager und Spanngliedverankerungen in die rückwärtigen Stahlbetonverbundstützen.<br />
Die Verspannung <strong>des</strong> obersten Geschosses<br />
mit den Fundamenten durch diese Monolitzen ist ähnlich<br />
» Oben: Querschnitt, M 1:500<br />
» Rechts oben, unten: Natürliche Belichtung<br />
und Orientierung durch Lufträume und Dacheinschnitte<br />
dem Prinzip einer Spannbetonbrücke. Im Bereich der Dachebene<br />
sind zwischen den Obergurten der Fachwerkträgern Querträger<br />
und Verbände sowie Oberlichter platziert. Die tragende Dachhülle<br />
selbst wird aus Trapezblechen gebildet. Auf Höhe der Fachwerkträgeruntergurte<br />
sind in Querrichtung Stahlverbundträger<br />
mit aufliegender, einachsig gespannter Stahlbetondecke angeordnet.<br />
Schwingungstilger im Kragarm dämpfen eventuell auftretende<br />
Bewegungen.<br />
Nutzung der Geothermie<br />
In diesem innovativen Pilotprojekt deckt erstmalig eine Erd -<br />
wärmesonde sowohl den Heiz- als auch den Kühlbedarf eines<br />
innerstädtischen Großgebäu<strong>des</strong>. Das Vorhaben wurde vom<br />
Land Nordrhein-Westfalen sowie der Europäischen Union gefördert<br />
und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. die Bronzemedaille<br />
<strong>des</strong> deutschen Gütesiegels für nachhaltiges Bauen.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 39
IBA Dock, Hamburg<br />
Architektur: Slawik Architekten, Hannover/Amsterdam<br />
Tragwerk: IMS Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg<br />
Energiekonzept: Immosolar GmbH, Hamburg<br />
Stahlbau: Kleusberg GmbH & Co. KG, Wissen<br />
Bauherr: Internationale Bauausstellung, IBA Hamburg GmbH<br />
vertreten durch ReGe Hamburg, Projekt Realisierungs -<br />
gesellschaft mbH<br />
Im Müggenburger Zollhafen liegt das größte schwimmende Ausstellungs-<br />
und Bürogebäude Deutschlands. Das IBA DOCK ist<br />
nicht nur zentraler Anlaufpunkt für die Besucher der Bauausstellung,<br />
sondern selbst ein Exponat innovativer Bau- und<br />
Energiespartechnologien. Das Gebäude, das auf einem Ponton<br />
40 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Lageplan, M 1:8000<br />
aus Beton ruht und an drei Dalben verankert ist, bewegt sich<br />
mit der Tide auf und ab und schwimmt selbst bei Sturmflut auf<br />
dem Wasser.<br />
Containerrahmenmodule<br />
Die dreigeschossigen Aufbauten wurden in modularer Leichtbauweise<br />
aus Stahlrahmen gefertigt. Die Modulmaße von 18<br />
Metern Länge, 2,40 und drei Metern Breite sowie drei Metern<br />
Höhe sind an jene von Standardcontainern angelehnt. Anders<br />
als bei neben- und übereinander angeordneten Baucontainern<br />
gibt es hier jedoch keine doppelten Wände und Decken bzw.<br />
Böden. Die tragenden Modulrahmen ermöglichen die Anordnung<br />
der raumbegrenzenden Bauteile dort, wo sie funktional<br />
erforderlich werden und schaffen die Vorraussetzungen für<br />
einen variablen Ausbau sowie einfache Umbauten.<br />
Die 36 Stahlmodule wurden im Werk vorgefertigt und innerhalb<br />
von zwei Wochen auf dem Ponton montiert. Für den Fall eines<br />
späteren Transports an einen anderen Liegeplatz oder zur Wartung<br />
in einem Dock können ein bis zwei der oberen Geschosse<br />
» Montage der Stahrahmenmodule auf dem Ponton
» Der Zugang erfolgt über eine bewegliche Brücke<br />
demontiert werden, damit der untere Gebäudeteil auch unter<br />
niedrigen Brücken hindurch geschleppt werden kann. Die vorgesetzte<br />
Fassade ist aus einer 25 Zentimeter starken Dämmschicht<br />
und Faserzementplatten aufgebaut. Die einzelnen Module<br />
bleiben dank der Farbgebung mit Schwarz als Grundfarbe,<br />
die sich mit blauen und grünen Flächen abwechselt, ablesbar.<br />
Nachhaltige Gebäudetechnik<br />
Das energieautarke Gebäude ist mit Heiz- und Kühldeckenelementen<br />
ausgestattet, die über eine Sole/Wasser-Elektro-Wärmepumpe<br />
versorgt werden. Die von der Wärmepumpe benötigte<br />
Umweltwärme wird durch einen im Boden <strong>des</strong> Betonpontons<br />
integrierten Wärmetauscher der Elbe entnommen und von Solarthermiekollektoren<br />
geliefert. Der Strombedarf der Wärmepumpe<br />
wird durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach bilanziell gedeckt.<br />
» Links: Innenansicht<br />
» Rechts: Isometrie mit Ponton,<br />
Rahmentragwerk und Gebäudehülle<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 41
Hauptverwaltung Vileda, Weinheim<br />
Architektur: BAURCONSULT Architekten Ingenieure,<br />
Peter Kuhn, Haßfurt<br />
Tragwerk: BAURCONSULT Architekten Ingenieure,<br />
Bernd Scholz, Haßfurt<br />
Brandschutz: Ingenieurkontor BLW Gesellschaft für Bauwesen<br />
mbH & Co. KG, Bodenmais<br />
Stahlbau: RST Stahlbau GmbH & Co. KG, Niederlauer<br />
Bauherr: Freudenberg Service KG, Weinheim<br />
Der Grundriss der Hauptverwaltung interpretiert das V <strong>des</strong> Markennamens<br />
als dreigeschossigen Bau, der ein lichtdurchflutetes,<br />
überdachtes Atrium umschließt. Innerhalb <strong>des</strong> Atriums verbinden<br />
zwei versetzt angeordnete Kommunikationsplattformen<br />
die Gebäudelängsseiten miteinander.<br />
» Fachwerkbinder überspannen das dreieckige Atrium<br />
42 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Links: Gesamtansicht<br />
» Oben: Grundrisse 1. OG und 2. OG, M 1:800<br />
Konstruktion<br />
Für das Dach über dem Atrium wurde eine Konstruktion aus<br />
Fachwerkbindern in leichter Bogenform gewählt. Die Bindergurte<br />
und Fachwerkstäbe sind aus unverkleideten, geschweißten<br />
Stahlprofilen gefertigt. Durch die annähernd dreieckige Form<br />
<strong>des</strong> Atriums betragen die Binderstützweiten zwischen 12 und<br />
26 Metern mit sich änderndem Radius der Bögen und fallender<br />
Firstlinie. Die Stahlträgerroste der Plattformen sind mit Stahl -<br />
stäben von den Dachbindern abgehängt und zur Lastabtragung<br />
an die Geschossdecke aus Stahlbeton angeschlossen. Dadurch<br />
konnte das freizügige und transparente Erscheinungsbild <strong>des</strong><br />
Innenraums gewahrt werden. Bei der Dimensionierung <strong>des</strong><br />
Stahlträgerrostes wurde auf ein reduziertes Schwingungsverhalten<br />
geachtet. Zusätzlich muss der Trägerrost eine Längen -<br />
änderung der Abhängungsstäbe im Brandfall ohne Verlust der<br />
Tragfähigkeit aufnehmen können.
» Oben: Abgehängte Kommunikationsinseln über dem stützenfreien Erdgeschoss<br />
» Unten rechts: Detailschnitt Anschluss Abhängung Trägerrost, M 1:20<br />
Nachhaltigkeit<br />
Die Gebäudetechnik <strong>des</strong> neuen Bürogebäu<strong>des</strong> wurde unter<br />
nachhaltigen Aspekten konzipiert und umgesetzt. Mit Hilfe von<br />
3D-Modellen wurden unterschiedliche Umgebungsbedingungen<br />
für Heizung, Lüftung, Kühlung sowie Akustik und Belichtung/Beleuchtung<br />
simuliert und optimiert. Hochwertige Dämmung,<br />
innovative Baukernaktivierung, optimierte Flächenanteile<br />
der Außenhaut und die Nutzung natürlicher Belüftung durch<br />
das Raumvolumen <strong>des</strong> Atriums reduzieren den Energiebedarf<br />
erheblich. Im Jahr 2009 zeichnete die Deutsche Gesellschaft<br />
für Nachhaltiges Bauen (DGNB) den Neubau mit dem Zertifikat<br />
in Silber aus.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 43
RS+YELLOW Distribution Centre<br />
Architektur: BOLLES+WILSON GmbH & Co. KG, Münster<br />
Tragwerk: ahw Ingenieure GmbH, Münster<br />
Brandschutz: Richard Wolejszo, Everswinkel<br />
Stahlbau: WERO Metallbau GmbH, Lünen<br />
Bauherr: Rainer Scholze, Münster<br />
Ein konventioneller Gewerbebau erweitert das Raumangebot<br />
<strong>des</strong> Lager- und Distributionszentrums einer Möbelhauskette um<br />
etwa 7 000 Quadratmeter. Vom Straßenniveau aus kaum sichtbar,<br />
sind auf diesen zweigeschossigen, 60 x 66 Meter großen<br />
Neubau Besprechungszimmer und Geschäftsleitungsbüros von<br />
überraschender Großzügigkeit aufgesetzt.<br />
44 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Ansichten mit offener und geschlossener Jalousie<br />
» Oben: Schnitt durch Verwaltung, Anlieferung<br />
und Lager, M 1:750<br />
» Links: Stahlkonstruktion mit Sonnenschutzlamellen<br />
Auf der Stahlbetonkonstruktion dieser Büroräume lagert ein im<br />
Grundriss trapezförmiger Stahlrahmen auf, der aus einem umlaufenden<br />
U-Profil mit querliegenden I-Profilen zusammengesetzt<br />
ist. Feststehende Sonnenschutzlamellen aus gekanteten<br />
Blechen sind im Kragbereich auf der Unterseite mit dem Stahlträger<br />
verschraubt. Die Auskragung reicht bis über die geflutete<br />
Dachfläche der Lagerhalle, die sich wie ein flacher See vor den<br />
Büros erstreckt.<br />
Entlang der schrägen Kante <strong>des</strong> Stahldaches sind mit Seilen<br />
verspannte Sonnenschutzjalousien aufgereiht, welche die<br />
großflächig verglasten Büroräume verschatten. Um eine Verankerung<br />
in der Dachhaut zu vermeiden, hält ein unterhalb der<br />
Wasserlinie hängen<strong>des</strong> Stahlprofil die Seilführung unter Spannung<br />
und gleicht zudem Längenänderungen der Seile bei<br />
wechselnden Temperaturen aus.
Bauen im Bestand<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 45
» Neuer Haupteingang in die Ausstellung<br />
Auszeichnung<br />
Kunstmuseum Moritzburg, Halle<br />
Architektur: Nieto Sobejano Arquitectos S.L., Berlin<br />
Tragwerk: GSE Ingenieur-Gesellschaft mbH, Berlin<br />
Brandschutz: IBB Ingenieurbüro Prof. Dr. Beilicke, Leipzig<br />
Stahlbau: Willy Johannes Stahlbau GmbH & Co. KG, Hemslingen<br />
Bauherr: Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong><br />
Sachsen-Anhalt<br />
46 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Links: Spannender Dialog<br />
zwischen Alt und Neu<br />
» Rechts: Lageplan, M 1:5000<br />
Laudatio<br />
Die sinnvolle Nutzung <strong>des</strong> Gebäudebestands gewinnt als Bauaufgabe<br />
gerade auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit<br />
zunehmend an Bedeutung. Nicht zuletzt in dieser Hinsicht besticht<br />
die Erweiterung <strong>des</strong> Kunstmuseums Moritzburg in Halle.<br />
Ihr Umgang mit der vorhandenen Substanz ist vorbildlich.<br />
Die neuen Metall-Dächer <strong>des</strong> Museums reagieren eindrucksvoll<br />
auf die Formensprache der historischen Bausubstanz, zeigen<br />
sich gleichzeitig aber selbstbewusst und kompromisslos modern.<br />
Alt und neu sind klar von einander getrennt und fügen<br />
sich doch zu einem harmonischen Ganzen, das sich im Inneren<br />
durch das Wechselspiel spannungsvoller Raumfolgen auszeichnet.<br />
Auch wenn als Material nach außen kaum sichtbar, werden<br />
doch die konstruktiven Vorteile von Stahl als leichtem und<br />
flexiblen Baustoff – das Gewicht der abzutragenden Lasten auf<br />
die alten Mauern war stark begrenzt – sinnvoll ausgespielt.
Historie<br />
Die Moritzburg zählt zu den eindrucksvollsten spätmittelalter -<br />
lichen Burganlagen Mitteldeutschlands. Ihre vierflügelige, leicht<br />
trapezförmige Anlage hat eine Ausdehnung von 72 x 85 Metern.<br />
Seit 1904 werden Teile der Moritzburg als Museum genutzt.<br />
Der Mangel an adäquat nutzbaren Ausstellungsflächen für das<br />
Kunstmuseum machte tiefgreifende Umbauten notwendig, im<br />
Zuge derer die ehemalige Westflügelruine sowie der Nordflügel<br />
eine Überdachung erhielten.<br />
» Innenansichten <strong>des</strong> Ausstellungsraums<br />
» Links: Grundriss 2. Obergeschoss, M 1:1500<br />
» Oben: Schnitt Westflügel, M 1:1500<br />
» Unten: Lichtbänder setzen lineare Akzente<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 47
Die Plastizität und das Material <strong>des</strong> Daches stehen in spannungsvollem<br />
Dialog mit dem Bestand. Die Konturen sind aus wenigen,<br />
dafür jedoch äußerst präzise gesetzten Flächen geformt. Sechs<br />
Oberlichter in der markanten Dachlandschaft bringen Tageslicht<br />
in die Ausstellungsräume, die im West- und Nordflügel in<br />
ihrer gesamten Ausdehnung als große Raumformen innerhalb<br />
der alten Bausubstanz belassen wurden. Ein komplexes Stahltragwerk,<br />
das die Räume überspannt, bildet die Unterkonstruktion<br />
für das mit Aluminiumblechen gedeckte Dach.<br />
Oberhalb der Mauerkrone scheint eine umlaufende Fuge den<br />
modernen Dachaufbau über der ehemaligen Ruine schweben<br />
zu lassen. Zwei weitere Elemente nehmen die Architektursprache<br />
<strong>des</strong> Daches auf: ein neu geplanter Erschließungsturm, der den<br />
Platz der zerstörten Südwestbastion einnimmt, sowie der im<br />
Innenhof vor die Fassade gestellte Windfang, der den neuen<br />
Haupteingang markiert.<br />
48 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Die Natursteine der Außenmauern im Westflügel sind sichtbar<br />
belassen und halten als historische Gebäudehülle die Erinnerung<br />
an die ehemalige Ruine wach.<br />
Konstruktion<br />
» Links: Dachaufsicht mit Oberlichtern<br />
» Unten: Isometrie <strong>des</strong> Stahltragwerks<br />
Ein komplexes, räumliches Stahltragwerk, bei dem jeder einzelne<br />
Träger ein Unikat ist, bildet die Dachkonstruktion. Daran<br />
abgehängt sind die „White Cubes“, die als zusätzliche Aus -<br />
stellungsräume über eine Galerie entlang der Außenmauern<br />
erschlossen werden. Die Böden dieser Cubes sind als Stahl -<br />
betonverbunddecke ausgeführt, das Stahlfachwerk der Wände<br />
ist beidseitig mit einer Brandschutzverkleidung versehen.<br />
Um die Stahlkonstruktion auf den alten Burgwänden absetzen<br />
zu können, musste das Mauerwerk mit Hilfe von Vernadelungen<br />
stabilisiert werden. Die Nadeln bestehen aus Edelstahlgewinde -<br />
stäben, zementgebundenen Verpresskörpern und einem Tex til -
» Oben: Galerie und „White Cube“ im Westflügel<br />
» Unten: Stahltragwerk <strong>des</strong> Daches mit abgehängtem<br />
Ausstellungsraum<br />
gewebe, das unkontrollierte Verbindungen von den neuen<br />
Injektionsmaterialien mit den historischen Mörteln vermeidet.<br />
Die neuen Decken wurden wegen der großen Spannweiten als<br />
Stahlverbundkonstruktion erstellt.<br />
Für die aus der Burgwand auskragende Galerie wurden Standard<br />
Walzprofile vorgesehen, die etwa zweieinhalb Meter in<br />
das Bestandsmauerwerk einbinden. Zur Aufnahme der hohen<br />
Druckspannungen im vordersten Auflagerbereich wurden lastverteilende<br />
Stahlplatten bzw. Betonpolster eingesetzt.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 49
Überdachung Kleiner Schlosshof Dresden<br />
Architektur: Peter Kulka Architektur Dresden<br />
Tragwerk: ahw Ingenieure, Münster (Entwurf)<br />
Leonard, Andrä & Partner, Dresden (Ausführung)<br />
Stahlbau: MBM Dresden GmbH<br />
Bauherr: Freistaat Sachsen | Staatsministerium der Finanzen<br />
vertreten durch: SIB Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien und<br />
Baumanagement<br />
50 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Kaum sichtbar über den Dächern <strong>des</strong> Schlosses: die neue Glaskuppel<br />
Das Dresdner Schloss beherbergt seit seinem Wiederaufbau<br />
Museen der Staatlichen Kunstsammlungen – darunter auch<br />
das Grüne Gewölbe –, die täglich einige tausend Besucher anziehen.<br />
Mit seiner zentralen Lage bot der Kleine Schlosshof<br />
den idealen Ort für ein Besucherfoyer, das von allen Seiten<br />
über die vorhandenen Eingänge und Tore der Schlossanlage<br />
unmittelbar erreicht wird. Die Überdachung wurde unter der<br />
Prämisse entwickelt, den 20 x 40 Meter großen Schlosshof mit<br />
seinen unterschiedlichen Fassaden und seinen weit aufragenden<br />
Ziergiebeln frei zu überspannen, sodass der Charakter<br />
<strong>des</strong> Renaissancehofes erhalten blieb.<br />
» Links: Dachaufsicht der Schlossanlage, M 1:2000<br />
» Unten: Untersicht der Hofüberdachung
Konstruktion<br />
Die Tragstruktur basiert auf dem Prinzip der Schalentragwirkung<br />
einer Kuppel, die sich durch die biegesteifen Profilanschlüsse<br />
in allen Knoten einstellt. Sie ist als Stabwerkskuppel ausgeführt,<br />
die ohne Seilverspannung auskommt. Die Form wurde<br />
auf der Grundlage eines digitalen Hängemodells entwickelt, das<br />
anschließend schrittweise an die unregelmäßige Geometrie der<br />
Schlossbaukörper angepasst und optimiert wurde.<br />
Die zweifach gekrümmte Kuppelkonstruktion aus Stahl mit<br />
einer Grundfläche von ca. 1 250 Quadratmetern ist vollständig<br />
geschweißt und wurde in Einzelsegmenten vorgefertigt ange -<br />
liefert. Auf der Baustelle wurde die Konstruktion zunächst<br />
geheftet und erst nach vollständiger Vormontage verschweißt.<br />
Kissenmembran<br />
Da die Gebäudeflügel, die den Innenhof umgeben, nicht für<br />
die Ableitung der Lasten aus der Dachkonstruktion ausgelegt<br />
waren, wurde eine Eindeckung mit minimalem Eigengewicht<br />
erforderlich und eine pneumatische Kissenmembran aus hochreißfesten<br />
ETFE-Folien gewählt. Die 265 Kissen werden ständig<br />
unter gleichem Druck gehalten. Die Luftversorgung erfolgt<br />
direkt durch den Hohlraum der tragenden Stahlprofile, einem<br />
Quadratrohr mit einem Querschnitt von 18 x 18 Zentimeter. So<br />
konnte die Konstruktion schlank gehalten werden und ein zusätzliches<br />
Leitungssystem entfallen. Die Luftversorgung durch<br />
das primäre Tragsystem wurde bei dieser Konstruktion erst -<br />
malig realisiert und stellt eine Innovation bei der Konstruktion<br />
von Membrandächern aus ETFE-Folienkissen dar.<br />
» Links: Knoten der Schalenkonstruktion<br />
» Rechts: Stahltragwerk<br />
» Kleiner Schlosshof mit Überdachung<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 51
Kaiserpfalz Gelnhausen<br />
Architektur: Pahl + Weber-Pahl Architekten BDA, Darmstadt<br />
Tragwerk: OSD GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main<br />
Stahlbau: Heinrich Lamparter Stahlbau GmbH & Co. KG, Kassel<br />
Bauherr: Land Hessen, vertreten durch Hessisches Ministerium<br />
für Wissenschaft und Kunst<br />
Der über mehrere Jahrhunderte fortschreitende Verfall der um<br />
1170 gegründeten Kaiserpfalz machte umfangreiche Schutzund<br />
Sicherungsmaßnahmen erforderlich. Um darüber hinaus<br />
den Besuchern die Funktion <strong>des</strong> ehemaligen Bergfrieds als<br />
Schutzturm zu vermitteln, erlaubt eine Konstruktion, die in den<br />
historischen Stumpf gehängt wurde, den ursprünglichen Einstieg<br />
von oben.<br />
Für die Belichtung im Inneren <strong>des</strong> Bergfrieds bietet eine ebene<br />
Schutzverglasung aus teilvorgespanntem Glas höchstmögliche<br />
Transparenz. Diese wird von einer Seilverspannung mit beweglichen<br />
Auflagern auf einem Rahmen, der wiederum auf die<br />
Mauerkrone gesetzt wurde, gehalten. Die oberste Ebene wird<br />
von einem Trägerrost aus geschweißten, parallelgurtigen Profilen<br />
gebildet, der an acht Punkten auf historischen Versätzen<br />
und Vorsprüngen abgesetzt ist. Von dem Rost ist eine monolithische<br />
Scheibe mit neun Metern Höhe frei in das Innere <strong>des</strong><br />
Turmes gehängt, an der eine gegenläufige Treppe umlaufend<br />
angeschweißt ist.<br />
Die gesamte Konstruktion wurde aus wetterfestem Baustahl<br />
vorgefertigt und vorbewittert. Nach einiger Zeit entsteht die<br />
typische Rostfärbung, die gut mit dem rötlichen Sandstein harmoniert.<br />
52 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Historisches Mauerwerk mit Bergfried<br />
im Hintergrund<br />
» Oben: Querschnitt, M 1:250<br />
» Unten: Details der Schutzverglasung<br />
und der Treppenanlage
» Querschnitt, M 1:500<br />
St. Augustinus Kirche, Heilbronn<br />
Architektur: Pfeifer Kuhn Architekten, Freiburg<br />
Tragwerk: Weischede, Herrmann und Partner GmbH, Stuttgart<br />
Stahlbau: Heinrich Rohlfing GmbH, Stemwede-Niedermehnen<br />
Bauherr: Katholische Kirchengemeinde St. Augustinus,<br />
Heilbronn<br />
Zu Beginn <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts stellte die Rahmenkonstruktion<br />
aus „Eisenbeton“, die beim Bau der St. Augustinus Kirche zur<br />
Anwendung kam, eine bauliche Pionierleistung dar. Sie blieb<br />
jedoch unter einer Hülle, die als gotisch spitzbogige Holzkons -<br />
truktion ausgeführt wurde, verborgen. Nach dem zweiten Weltkrieg<br />
war ein Wiederaufbau <strong>des</strong> schwer beschädigten Innenraums<br />
der Kirche nur eingeschränkt möglich. Der aktuelle Umbau<br />
gestaltet die innere Raumschale mit einfachen Mitteln neu.<br />
Ein „Strukturmodul“, das aus vier Rechteckrohren besteht,<br />
die sternförmig an einem Rundstahlsegment mit einem Durchmesser<br />
von 80 Millimetern angeschweißt sind, bildet die Basis<br />
<strong>des</strong> Tragwerksentwurfs. Im Grundriss ist das Modul rechteckig<br />
und misst vier mal zwei Meter. Der Knoten im Zentrum ist um<br />
etwa 60 Zentimeter aus der Ebene heraus versetzt. Durch die<br />
An einanderreihung der Module und deren Kopplung mit Verbindungsstäben<br />
entsteht eine tragfähige räumliche Struktur,<br />
in der die Module die Druckkräfte und die Stäbe die Zugkräfte<br />
aufnehmen.<br />
In der Schicht zwischen Außenwand und Innenraum bilden<br />
mehrschichtige, klimatisch hocheffiziente Polycarbonatplatten<br />
eine lichtdurchlässige Schale, deren leicht verspiegelte Oberfläche<br />
für eine effektvolle Belichtung sorgt.<br />
» Oben: Montage der Strukturmodule<br />
» Links: Innenansichten<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 53
» Lageplan, M 1:1500<br />
Museum Humpis-Quartier, Ravensburg<br />
Architektur: SPACE4 Minx, Mack, Meyer, Demirag, Stuttgart<br />
Tragwerk: Wilhelm + Partner, Stuttgart<br />
Stahlbau: Sommer-Fassadensysteme, Stahlbau,<br />
Sicherheitstechnik GmbH & Co. KG, Döhlau bei Hof/Saale<br />
Bauherr: Stadt Ravensburg<br />
» Oben: Schnitt, M 1:600<br />
» Unten: In den Trägerrost integrierte RWA-/Lüftungs-Klappen<br />
» Unten rechts: Anschluss der Überdachung an den Bestand<br />
54 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Hofüberdachung und Laubengänge<br />
Sechs Gebäude um einen Innenhof formen das Ensemble <strong>des</strong><br />
Humpis-Quartiers, eines der besterhaltenen spätmittelalter -<br />
lichen Wohnquartiere Süddeutschlands. Die Überdachung <strong>des</strong><br />
ursprünglich offenen Hofes und ein gläserner Laubengang erlauben<br />
neue Nutzungen und Wegeführungen durch das Museum.<br />
Das Tragwerk <strong>des</strong> Innenhofdaches setzt sich aus zwei über -<br />
einander angeordneten Ebenen zusammen: einem zweiachsig<br />
wirkenden Trägerrost aus geschweißten T-Profilen, der als<br />
eigenständiges Element Abstand zum Bestand hält, und einer<br />
punktgelagerten Glasebene. Ein leichter Stahlträgerrost im<br />
Randbereich der Glasebene ermöglicht größere Auskragungen<br />
sowie die Anpassung und Abdichtung an die bestehenden<br />
Dächer. Konstruktiv besteht keine Verbindung zwischen dem<br />
historischen Bestand und der Überdachung, die auf vier Pendelstützen<br />
im Abstand von acht mal elf Metern auflagert. Für die<br />
Erschließung der östlichen Quartiershälfte wurde eine noch in<br />
Fragmenten erhaltene Laubengangkonstruktion in Stahl und<br />
Glas neu interpretiert.
Circlehouse, Berlin<br />
Architektur: Ingenbleek Architekten + Ingenieure, Berlin<br />
Tragwerk: Neubauer + Ernst Ingenieure GmbH, Berlin<br />
Brandschutz: HHPberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH<br />
Stahlbau: Baginski GmbH, Berlin<br />
Bauherr: SpeicherWerk Wohnbau GmbH, Berlin<br />
Unter der restaurierten Stahlkuppel eines rund 180 Jahre alten,<br />
denkmalgeschützten Gasspeichers entstand eine kreisrunde<br />
Wohnanlage. Sie bietet in 20 Metern Höhe exklusive, zweigeschossige<br />
Wohneinheiten mit vorgelagerten Dachgärten.<br />
Den oberen Abschluss <strong>des</strong> Gasometers bildet eine so genannte<br />
Schwedlersche Kuppel – eine wegen der günstigen geometrischen<br />
Eigenschaften nur gering belastete und daher sehr filigran<br />
ausgebildete Tragkonstruktion. Die Kuppel weist eine Spannweite<br />
von 56 und eine Höhe von 12,5 Metern auf. Mit ihren<br />
Bögen und Verbindungen aus 32 radialen Stahlträgern, Querstreben<br />
und kreuzweise diagonal verlaufenden Zugstangen war<br />
die Dachkonstruktion seinerzeit eine technische Meisterleistung.<br />
Im Zuge der Sanierung wurde die alte genietete Dachkonstruktion<br />
freigelegt, entrostet und mit einem langlebigen Korrosions -<br />
schutzsystem neu beschichtet.<br />
» Sicht auf die restaurierte Kuppel<br />
Die zwölf Wohneinheiten werden über eine Brücke erschlossen,<br />
die den kreisrunden Innenhof mit einem Aufzugsturm<br />
und einem mit Streckmetall verkleideten Treppenhaus<br />
verbindet. Innerhalb der Wohnungen wurden<br />
die Trennwände in Trockenbauweise mit kaltgeformten<br />
Stahlprofilen ausgeführt. Den Wohnungsabschluss bilden<br />
massive Trennwände und raumhohe Stahl-Glas-Fassaden<br />
mit umlaufenden Balkonen im Obergeschoss.<br />
» Links: Innenhof der Wohnanlage<br />
» Oben: Luftaufnahme<br />
» Unten: Umlaufende Stahlbalkone<br />
vor der verglasten Gartenfassade<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 55
» Gartenansicht<br />
» Oben: Grundriss EG und OG, M 1:1000<br />
» Unten: Innenansichten<br />
56 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Kindergarten Leiden Christi, München<br />
Architektur: Strunz Architekten, München<br />
Tragwerk: Ingenieurbüro Georg Klapprott, München<br />
Brandschutz: Prof. Waubke, Vomp<br />
Stahlbau: Schlosserei Hackl GmbH & Co. KG, Regen<br />
Bauherr: Katholische Kirchenstiftung Leiden Christi, München<br />
Im Zuge einer Generalsanierung wurde der bestehende Kindergarten<br />
aus den 70er Jahren um einen Gruppenraum mit zugeordnetem<br />
Intensivraum erweitert. Ein Ausbau der Erdgeschossebene<br />
war aufgrund der beengten Grundstücksverhältnisse<br />
nicht möglich, ebenso waren die vorhandenen Fundamente nicht<br />
für ein Obergeschoss dimensioniert. Daher wurde ein eigenständiges<br />
Raumtragwerk entwickelt, das den Bestand wie eine<br />
Brücke überspannt.
» Oben: Eingangsseite<br />
» Links: Fassadenschnitt, M 1:50<br />
Konstruktion<br />
Auf vier Rundstützen gelagert, bilden zwei geschosshohe Fachwerkträger<br />
die Längsseiten. Die Ober- und Untergurtebenen<br />
sind mit Stahlprofilen verbunden, die in ihren Zwischenräumen<br />
die Hohlkörperdecken aus Stahlbeton aufnehmen. Diagonalkreuze<br />
aus Rundprofilen steifen das Tragwerk in Längssrichtung<br />
und an den Ecken aus. Der Gruppenraumbereich ist als eigenständige<br />
Konstruktion aus Holzfassade und leichten Trennwänden<br />
in das Stahltragwerk eingestellt.<br />
Die Stahlkonstruktion wurde elementweise im Werk vorgefertigt,<br />
vor Ort neben dem Bestandsgebäude endmontiert und in<br />
einem Stück mittels zweier Autokräne auf die Rundstützen aufgesetzt.<br />
Ausbau und Tragwerk sind getrennt, dies erleichtert<br />
später das Recycling der Materialien.<br />
Flexible Nutzung<br />
Ein umlaufender Gang zwischen tragender Struktur und Gruppenraum<br />
schließt den Aufbau an die Treppe auf der Straßenseite<br />
an und ermöglicht, neben der internen Verbindung, eine vom<br />
Erdgeschoss unabhängige, äußere Erschließung. So kann bei<br />
zurückgehendem Bedarf an Kindergartenplätzen die Erweiterung<br />
einer neuen, eigenständigen Nutzung zugeführt werden.<br />
» Montage der vorgefertigten<br />
Stahl elemente<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 57
» Straßenansicht mit „Spanischer Wand“<br />
Instituto Cervantes, Frankfurt am Main<br />
Architektur: Schneider + Schuhmacher Architekturgesellschaft<br />
mbH, Frankfurt am Main<br />
Tragwerk: B + G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH,<br />
Frankfurt am Main<br />
Stahlbau: Duzak Metallbau GmbH, Kahl/David Stahl- und<br />
Metallbau GmbH, Schaafheim<br />
Bauherr: Liegenschaftsamt Frankfurt am Main<br />
Eine „Spanische Wand“ aus Stahl setzt vor dem ehemaligen<br />
Amerika-Haus in Frankfurt ein deutliches Zeichen: der behutsam<br />
sanierte Bau aus den 50er Jahren wird nun von dem spanischen<br />
Sprach- und Kulturinstitut Instituto Cervantes genutzt.<br />
Die Struktur der filigranen Stahlkonstruktion wird durch räum -<br />
liche Variationen <strong>des</strong> Institutslogos gebildet und erzeugt durch<br />
ihre Vor- und Rücksprünge ein reizvolles Spiel von Licht und<br />
Schatten, Offen- und Geschlossenheit.<br />
Die fünf Meter breite, acht Meter hohe und nur 12 Zentimeter<br />
tiefe Wand besteht aus 15 Millimeter starken, aneinander geschweißten<br />
Stahlplatten. Sämtliche Schweißnähte sind nahezu<br />
unsichtbar als Hohlkehle oder Y-Naht hergestellt und glatt gespachtelt.<br />
Nach dem Schweißen wurden ein Korrosionsschutz<br />
sowie eine Nasslackierung aufgebracht. Die Wand wurde komplett<br />
im Werk gefertigt und in einem Stück auf die Baustelle<br />
geliefert. Da die Konstruktion in den Transport- und Zwischenzuständen<br />
sehr weich ist, musste sie mit besonderer Sorgfalt<br />
in ihre jetzige Position zwischen dem Gebäude und der Hauptstraße<br />
gebracht werden. Lediglich drei Stahlstäbe fixieren sie<br />
an der Fassade und minimieren so den Eingriff in die denkmalgeschützte<br />
Substanz.<br />
58 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Oben, Mitte, unten: Umsetzung <strong>des</strong> Logos<br />
in eine filigrane Wand aus Stahl
» Besucherzentrum am Kopf <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong><br />
Produktionsgebäude und Besucherzentrum<br />
B. Braun, Melsungen<br />
Architektur: Wilford Schupp Architekten, Stuttgart<br />
Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />
Brandschutz: HHP Nord/Ost Beratende Ingenieure GmbH,<br />
Braunschweig<br />
Stahlbau: Müller Offenburg GmbH, Offenburg<br />
Bauherr: B. Braun Melsungen AG<br />
In einer zweiten Ausbaustufe wurde das 100 Meter lange Produktionsgebäude<br />
für Infusionsgeräte um 50 Prozent verlängert<br />
und durch ein Besucherzentrum als „Kopf“ der Anlage ergänzt.<br />
Auf dem monumentalen Sockelgeschoss aus Stahlbeton erstreckt<br />
sich das Stahltragwerk <strong>des</strong> Daches. Hohlkastenträger verschneiden<br />
sich über der Produktionshalle im dritten Obergeschoss<br />
in spitzen Winkeln miteinander und spannen in Querrichtung<br />
stützenfrei über 35 Meter. Unterhalb dieser polygonal aufgelösten,<br />
bogenförmigen Träger sind die Haustechnikebene und<br />
eine abgehängte Decke angeordnet. Auf der Oberseite bilden<br />
Längspfetten, die auf der Giebelseite auskragen, mit aufgelegten<br />
Trapezblechen die Dachhaut.<br />
Die Träger sind, ähnlich dem Tragwerk einer Bogenbrücke, druckund<br />
biegebeansprucht und am Betonauflager gelenkig angeschlossen.<br />
Die aus dem Bogenschub resultierenden Horizontallasten<br />
werden über die vorgespannte Betondecke kurzgeschlossen.<br />
Aus statischen Gründen teilen sich die Träger auf<br />
der Talseite, während sie auf der Hangseite zusammengeführt<br />
werden.<br />
» Oben: Explosionszeichnung <strong>des</strong> Dachaufbaus<br />
» Mitte: Abhängung der Technikebene<br />
» Unten: Montage der Hohlkastenträger<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 59
Haupteingang Wilo SE, Dortmund<br />
Architektur: Gerber Architekten, Dortmund<br />
Tragwerk: Professor Pfeifer und Partner, Darmstadt<br />
Stahlbau: Heinrich Lamparter Stahlbau GmbH & Co. KG,<br />
Kaufungen<br />
Bauherr: Wilo SE, Dortmund<br />
Das neue Eingangsbauwerk verbindet zwei bestehende Ge -<br />
bäude mit einer langgestreckten Treppen- und Rampenanlage.<br />
Die Form ergab sich durch die Anordnung der Baukörper zu -<br />
einander und die unterschiedlichen Niveaus der Geschosse.<br />
Um eine möglichst filigrane Fassadenwirkung zu erzielen,<br />
60 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Links: Grundriss, M 1:750<br />
» Rechts: Innenansichten<br />
» Oben: Stahlkonstruktion mit Aufzugskern<br />
» Links: Haupteingang<br />
wurde auf druckbelastete Fassadenstützen verzichtet und eine<br />
Dachkonstruktion geschaffen, welche die auftretenden Lasten<br />
aufnimmt und ableitet.<br />
So bildet ein in Längsrichtung verlaufender, mittig angeordneter<br />
Hauptträger das Rückgrat <strong>des</strong> Tragwerks. Von diesem kragen<br />
nach beiden Seiten Nebenträger aus, an denen die Fassadenhänger<br />
angeschlossen sind. Der Hauptträger <strong>des</strong> 18 Meter hohen<br />
Gebäu<strong>des</strong> liegt auf drei im Abstand von 15 Meter errichteten<br />
Rundstützen. Die Stabilisierung <strong>des</strong> Hauptträgers gegen Torsion<br />
erfolgt über die an den Kragarmspitzen montierten und an die<br />
Bodenplatte angeschlossenen Fassadenhänger. Auch die Rampen<br />
und Treppen wurden an das Dachtragwerk angehängt, sodass<br />
im Erdgeschoss ein stützenfreier Raum entstehen konnte.
Flagshipstore NewYorker, Braunschweig<br />
Architektur: Karsten K. Krebs Architekten, Hannover<br />
Tragwerk: Lothar Leipold, Laatzen<br />
Stahlbau: Masche Stahlbau GmbH & Co. KG, Langenhagen<br />
Bauherr: NewYorker Group-Services International GmbH & Co.<br />
KG, Braunschweig<br />
Beim jüngsten Umbau <strong>des</strong> fünfgeschossigen Kaufhauses aus<br />
den 5oer Jahren erfuhr das bereits mehrfach veränderte Ge -<br />
bäude einen radikalen Wandel: die bisher als gelochte Wand<br />
wirkende Fassade präsentiert sich nun mit grosszügigen Öffnungen<br />
und einer vorgesetzten Glasfassade.<br />
Die neue Hülle gliedert sich in mehrere Teilbereiche. Oberhalb<br />
<strong>des</strong> durchgängigen Schaufensterban<strong>des</strong> im Erdgeschoss verläuft<br />
in weitgespannten Rauten ein filigranes Pfosten-Riegel-<br />
Netz mit großformatigen Glasscheiben, die im Abstand von 50<br />
Zentimetern vor den Bestand gesetzt sind. Am oberen Abschluss<br />
knickt das Netz ab und läuft als Überkopfverglasung fort. Die<br />
Montage sämtlicher Pfosten und Riegel erfolgte über biege steife<br />
» Filigrane Stahl-Glas-Fassade vor<br />
geschosshohen Fensteröffnungen<br />
Steckverbindungen. Damit konnte auf ein Verschweißen der<br />
Konstruktion verzichtet werden, was sowohl für die Montage,<br />
als auch für die Optik von Vorteil war, da in den spitzwinkeligen<br />
Anschlüssen keinerlei Schweißnähte sichtbar sind.<br />
Eine LED-Wand, die von zwei elliptischen Stahllisenen eingefaßt<br />
wird, bildet die spitz zulaufende Gebäudeecke. Die rund<br />
18 Meter hohen Lisenen sind eingangsseitig hochglänzend<br />
schwarz lackiert und rückseitig mit hochglanzpolierten Edelstahlblechen<br />
beplankt, in denen sich die Netzfassade widerspiegelt.<br />
» Links: Haupteingang<br />
» Oben: Aufbau der Pfosten-Riegel-Fassade<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 61
Haus der Essener Geschichte<br />
Architektur: Ahlbrecht Felix Scheidt Kasprusch, Essen/Berlin<br />
Tragwerk: Ingenieurbüro SchülkeWiesmann, Dortmund<br />
Brandschutz: Ingenieurbüro Rothe, Essen<br />
Stahlbau: Limeparts B.V., Am Gorinchem, NL<br />
Bauherr: Stadt Essen - Immobilienverwaltung<br />
Durch den Umbau einer in Teilen denkmalgeschützten Schule<br />
zum „Haus der Essener Geschichte“ konnten die in der Stadt<br />
verteilten Nutzungen <strong>des</strong> Stadtarchivs zusammengefasst werden.<br />
Ein Neubau nimmt das Archiv für Papierdokumente auf<br />
und schließt die städtebauliche Lücke in der ehemals vorhandenen<br />
Blockstruktur.<br />
Tafeln aus wetterfestem Baustahl umhüllen die massive Stahlbeton-Schottenkonstruktion<br />
<strong>des</strong> viergeschossigen Neubaus.<br />
Raumhohe Öffnungen verhindern die direkte Sonneneinstrahlung<br />
und sorgen für eine natürliche, gleichmäßige Durchlüftung<br />
<strong>des</strong> gesamten Archivs. Eine zusätzliche Lüftung oder Kühlung<br />
entfällt. Die Wahl <strong>des</strong> Werkstoffs ist nicht nur eine Referenz an<br />
die Geschichte der Stadt Essen als Industriestadt; gleicher -<br />
maßen verdeutlicht die lebendige, sich ständig verändernde<br />
Oberfläche <strong>des</strong> wetter festen Stahls den Wandel der Zeit.<br />
62 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Fassade aus wetterfestem Baustahl<br />
» Grundriss, M 1:1500<br />
» Hofansicht <strong>des</strong> Stadtarchivs
Industrie- und Gewerbebauten<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 63
ATC – Advanced Training Centre,<br />
Heidelberg<br />
Architektur: Bernhardt + Partner, Darmstadt<br />
Tragwerk: Leonhardt, Andrä und Partner, Dresden<br />
Brandschutz: Brandschutz Planung Klingsch GmbH, Frankfurt<br />
Stahlbau: Metallbau Schmid GmbH, Salach<br />
Bauherr: Europäisches Molekularbiologisches Laboratorium,<br />
Heidelberg<br />
Das neue Advanced Training Center ATC <strong>des</strong> Forschungsinstitutes<br />
für Molekularbiologie wurde in Anlehnung an das Grundmuster<br />
allen Lebens, die DNA organisiert. Wie die beiden Stränge<br />
der DNA, die spiralförmig umeinander gewunden sind, schrauben<br />
sich im ATC zwei Funktionsstränge nach oben und bilden<br />
eine Doppelhelix. Gläserne Stege verbinden die beiden über -<br />
einander liegenden Spiralen <strong>des</strong> ATC, die eine über 30 Meter<br />
hohe, zentrale Halle formen.<br />
Das Gebäude wird für Schulungen, Informationsaustausch sowie<br />
Präsentationen von Forschungsergebnissen genutzt und<br />
hat keine Geschosse im herkömmlichen Sinne. Alle Räume sind<br />
statt<strong>des</strong>sen als Raumfolge aneinander gereiht. Diese besteht<br />
aus insgesamt zwei mal 33 Ebenen, die jeweils durch drei<br />
64 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Stufen zueinander versetzt und miteinander verbunden sind.<br />
Jede Spiral wendelung ist in zwölf Abschnitte aufgeteilt, die sich<br />
in eine innere und eine äußere Funktionszone differenzieren.<br />
Da jeder Ebene der einen Spirale stets eine Ebene der zweiten<br />
Spirale gegenüberliegt, kommt es zu einer völlig neuen Raumerfahrung<br />
für den Betrachter.<br />
Konstruktion<br />
Während die tragenden Stützen, Wand- und Deckenbauteile <strong>des</strong><br />
Gebäu<strong>des</strong> überwiegend in Beton ausgeführt sind, bestehen die<br />
beeindruckenden, insgesamt 410 Meter langen Innenrampenund<br />
Brückenkonstruktionen aus Stahlbauelementen.<br />
Die zwei baugleichen, spiralförmigen Innenrampenträger sind<br />
als durchlaufende Hohlkastenkonstruktionen ausgebildet,<br />
deren tragende Funktion im Endzustand durch die so genannte<br />
Ringtragwirkung erreicht wird. Sie sind biegemomentfrei am<br />
Rampen außenrand über kurze Kragarme aufgelagert, die auf<br />
Gleitlagern in stirnseitige Auflagertaschen der Rohbaudecken<br />
eingesetzt sind. Im unteren Bereich der Halle wurden die Krag -<br />
arme gelenkig an die Stahlverbundstützen angeschlossen. Beide<br />
Rampenstränge haben eine F-30 Brandschutz-Beschichtung.<br />
» Links: Versetzte Ebenen<br />
» Rechts: Regeldetail<br />
Innenrampe, M 1:50<br />
» Rampensystem
» Oben: Membrandachkuppel<br />
» Unten: Atrium mit Verbindungsstegen<br />
Vier Glasstege mit je einer Spannweite von 20 Metern verbinden<br />
die beiden Spiralrampen und steifen die Gesamtkonstruktion<br />
in Querrichtung aus. Die Wangen der Brückenelemente<br />
sind als Hohlkastenträger ausgeführt und verwindungssteif mit<br />
den Stahlrampen verbunden. Die Laufflächen der Stege sind<br />
mit durchtrittsicheren Glasplatten belegt. Ein durchlaufender,<br />
ansatzlos verschweißter Handlauf aus Edelstahl sichert die gebogenen<br />
Glasbrüstungselemente.<br />
Das Atrium ist mit einer filigranen und transparenten Membrankuppeldach-Konstruktion<br />
überspannt, deren Kissen sich<br />
zwischen sieben bogenförmig gekrümmten Stahlträgern aufspannen.<br />
Die Luftkissen bestehen aus bedruckten ETFE-Folien<br />
und sind im 2-Kammernsystem gefertigt. Eine filigrane Zugseilkonstruktion<br />
übernimmt die Queraussteifung der Träger.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 65
PalaisQuartier Frankfurt am Main<br />
Architektur: Massimiliano Fuksas Architetto, Rom<br />
Tragwerk: Knippers Helbig Advanced Engineering, Stuttgart/<br />
New York; Krebs und Kiefer, Beratende Ingenieure für das<br />
Bauwesen GmbH, Darmstadt<br />
Stahlbau: Waagner-Biro AG, Wien<br />
Brandschutz: hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH,<br />
Berlin<br />
Bauherr: Palais Quartier GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main<br />
In Frankfurt am Main wird bis Ende <strong>2010</strong> in zentraler Innenstadt -<br />
lage zwischen der Zeil und der Großen Eschenheimer Straße<br />
das PalaisQuartier fertig gestellt – ein Gebäudekomplex bestehend<br />
aus dem Shopping-Center MyZeil, dem wiederaufgebauten<br />
Thurn-und-Taxis-Palais sowie zwei Hochhäusern.<br />
Wesentlicher und integraler Bestandteil <strong>des</strong> neuen Innenstadtquartiers<br />
ist das bis zu acht Stockwerke hohe Shopping-Center<br />
MyZeil. Es wird von einer frei geformten Gebäudehülle aus Stahl<br />
und Glas mit einer Fläche von über 13 500 Qadratmetern umschlossen<br />
und durchdrungen. Als riesiger Trichter steigt sie aus<br />
dem Innenhof empor, während eine ebenfalls trichterförmige<br />
Fassadenöffnung an der Zeil nach innen aufwärts strebend in<br />
die leicht und schwerelos wirkende Gebäudehülle übergeht.<br />
Freigeformte Stahlgitterschale<br />
Die Entwicklung der skupturalen Freiform wurde durch die enge<br />
Vernetzung von digital organisierter Planung und modernsten<br />
Produktionstechnologien ermöglicht. So ist die Dreiecksgitter-<br />
66 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Rautenförmig gerasterte Zeilfassade<br />
mit Trichteröffnung<br />
schale über die gesamte Ausdehnung fugenlos ausgeführt und<br />
nur in den ebenen Dachbereichen regelmäßig unterstützt. Die<br />
gesamte Dachhaut oberhalb <strong>des</strong> zentralen Innenhofes bleibt<br />
über eine Länge von 150 Metern und einer Spannweite von bis<br />
zu 24 Metern stützenfrei – bei einer Querschnittshöhe von nur<br />
14 Zentimetern. Die Hauptlasten trägt dabei der zentrale Trichter<br />
über seine vertikalen Stabstränge auf einen unterhalb der Erdgeschossebene<br />
angeordneten Fachwerkträger ab. Der durch<br />
die Formfindung und Netzgenerierung bedingte, äußerst ge -<br />
ringe Materialverbrauch stellt einen wichtigen Beitrag zu einer<br />
nachhaltigen Bauweise dar.<br />
Die Umsetzung der Gitterschale basiert auf einer durchgängigen<br />
Prozesskette vom Computermodell <strong>des</strong> Architekten über die<br />
Netzgenerierung, der statischen Analyse bis hin zur Optimierung<br />
und Abstufung der Stabquerschnitte. Mit den nur 60 Millimeter<br />
breiten und 120 Millimeter hohen Profilen wurden dabei die<br />
Grenzen der statischen Analyse, <strong>des</strong> aktuellen Normenstan<strong>des</strong><br />
und der produktionstechnischen Möglichkeiten ausgelotet.<br />
» Stahl-Glas-Trichter in organisch<br />
geformten Öffnungen zwischen den<br />
Einkaufsebenen
» Eindeckung der Gitterschale mit<br />
Isolierglas und Aluminiumpaneelen.<br />
Konstruktion<br />
Die Stäbe der Gitterschale sind als Rechteckhohlprofile aus<br />
Stegblechen mit einer Regeldicke von fünf Millimetern und<br />
zurückgesetzten Flanschen zusammengesetzt. Die überstehenden<br />
Stegbleche erzeugen das gewünschte scharfkantige Erscheinungsbild<br />
und erlauben eine produktionstechnisch günstige<br />
aufgesetzte Schweißnaht. Die Fügung basiert auf einem<br />
entsprechend der geometrischen Bedingungen gefrästen Sternknoten,<br />
in den die einlaufenden Stäbe eingeschweißt werden.<br />
Die direkt aufgesetzte Isolierverglasung in den Bereichen oberhalb<br />
der Mall wird durch punktförmige Sogteller gesichert, mit<br />
dem Neoprene-Auflagerprofil ist die zweite Entwässerungsebene<br />
realisiert. Die Übergangsbereiche zwischen der Mall und den<br />
angrenzenden Gebäudeteilen erhalten eine Eindeckung aus<br />
dreieckigen, gedämmten Aluminiumpaneelen. So wird gezielt<br />
eine Balance zwischen Tageslichteintrag und unerwünschtem<br />
Wärmeeintrag im Sommer hergestellt.<br />
Das Brandschutzkonzept profitiert von der hohen Redundanz<br />
<strong>des</strong> Schalentragwerks. Durch den Nachweis der globalen Stabilität<br />
bei Ausfall einzelner abgestimmter Teilbereiche der Struktur<br />
konnte auf eine Brandschutzbeschichtung weitgehend verzichtet<br />
werden. Lediglich an dem mit fast 600 Tonnen beanspruchten<br />
Trichterfuß ist eine Brandschutzbeschichtung appliziert.<br />
» Oben: Gitternetzschale über den<br />
Geschossflächen<br />
» Unten: Montage der frei geformten<br />
Netzschale<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 67
Amada Solution Center, Haan<br />
Architektur: Takenaka Europe GmbH, Düsseldorf<br />
Tragwerk: Seidl & Partner Gesamtplanung GmbH, Regensburg<br />
Brandschutz: Phoenix Ingenieurbüro für Brandschutz, Solingen<br />
Stahlbau: Signum spol. s.r.o, Hustopeče<br />
Bauherr: Amada GmbH, Haan<br />
Das neue Solution Center eines Herstellers von Metallverarbeitungsmaschinen<br />
dient vor allem der Präsentation seiner Maschinen<br />
und der Kontaktpflege mit den Kunden. Entlang einer<br />
zentralen Erschließungsachse reihen sich unterschiedliche<br />
Gebäudeteile wie Kundenhalle, Show-Room, Schulungsräume,<br />
Büros und Teilelager auf. Besonders markant ist die am Haupteingang<br />
gelegene, um 15 Grad geneigte Kundenhalle, die unter<br />
68 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Einhaltung planungsrechtlicher Forderungen der Architektur<br />
und Tradition <strong>des</strong> japanischen Unternehmens folgt.<br />
Konstruktion<br />
» Gebäudeensemble <strong>des</strong> Solution Centers<br />
Die über der Dachhaut und vor der Fassade liegende Primärkonstruktion<br />
<strong>des</strong> Tragwerkes besteht aus neun eingespannten<br />
Stahlrahmen mit einem Achsabstand von fünf Metern und einer<br />
Stützweite von 25 Metern. Um die außen liegende Tragkons -<br />
truktion ohne sicht bare Verbände zu realisieren, erfolgt die<br />
Kipphalterung und die Queraussteifung über eine abgehängte<br />
Sekundärtragkonstruktion, die im Gebäudeinneren über der<br />
abgehängten Decke angeordnet und damit größtenteils unsichtbar<br />
ist.<br />
» Haupteingang und Kundenhalle bei Nacht
Gebäudehülle<br />
» Oben: Isometrie der Rahmenkonstruktion<br />
» Rechts: Außen liegende Tragkonstruktion<br />
Die Glasfassade und die Überkopfverglasung wurden als Pfosten-<br />
Riegel-Konstruktion mit Stahl-T-Profilen ausgeführt. Die Wände<br />
bestehen weitgehend aus gedämmten Stahlblechpaneelen, die<br />
Dächer aus tragenden Trapezblechen mit Isolierung und einer<br />
Eindeckung aus Profilblech.<br />
Die unterschiedlichen thermischen Ausdehnungen <strong>des</strong> äußeren<br />
und inneren Tragwerks werden durch Dehnfugen aufgefangen.<br />
Die Durchdringungen der Anschlusspunkte der Abhangebene<br />
sind auf ein Minimum beschränkt. An den Versprüngen in Dach<br />
und Fassade wurde die Dämmebene in einer Art Sandwichkonstruktion<br />
durch die Auflösung der HEB-Rahmenprofile in U-Pro -<br />
file durch die Tragebene geführt. In diesen Bereichen durchstoßen<br />
auch die Stiele der Stahlrahmen die thermische Gebäudehülle<br />
und werden daher biegesteif durch wärmegedämmte Elemente<br />
angeschlossen.<br />
» Oben: Horizontalschnitt Fassade, M 1:50<br />
» Unten: Innenansichten der Kundenhalle<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 69
Baustoffhandel Kraft, München<br />
Architektur: 03 Architekten GmbH, München<br />
Andreas Garkisch, Karin Schmid, Michael Wimmer<br />
Tragwerk: Lieb, Obermüller & Partner, München<br />
Stahlbau: Christmann & Pfeifer GmbH & Co. KG, Breidenbach<br />
Bauherr: Kraft Baustoffe GmbH, München<br />
Die aus einem Bürogebäude, einem Schulungszentrum sowie<br />
einer Halle mit Lager- und Kundenbereich bestehenden Einzelvolumina<br />
eines innerstädtisch gelegenen Baustoffhandels<br />
werden durch eine einheitliche Hülle aus transluzenten Polycarbonatplatten<br />
zusammengefasst. Die unbunten Farben der<br />
70 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Lageplan, M 1:5000<br />
Konstruktion und der durchscheinenden Gebäudehülle lassen<br />
die eingelagerten Waren und Baustoffe als Patchwork von<br />
zufällig enstehenden Farben, Mustern und Strukturen je nach<br />
Füllstand und Anordnung immer wieder neu in Erscheinung<br />
treten. Gleichzeitig verleiht die umgebende Hülle der Vielfalt<br />
im Inneren ein einheitliches Erscheinungsbild. Sie fungiert zugleich<br />
als Schallschutzwand, die der Abschirmung gegen die<br />
angrenzenden Wohngebiete dient.<br />
Konstruktion<br />
» Lagerhalle mit Hochregalen<br />
Das Stahltragwerk wurde in Skelettbauweise mit wenig Stützen<br />
und großen Spannweiten errichtet, um möglichst viel Raum für<br />
die individuellen Lagersysteme zu lassen. Zukünftige Erweiterungen<br />
oder Anpassungen sind daher ohne Änderungen an der<br />
Primärkonstruktion realisierbar.<br />
Die Stützen der Halle sind in Punktfundamenten teileingespannt,<br />
die Hochregale davon unabhängig in der Bodenplatte verdübelt.<br />
In der Be- und Entla<strong>des</strong>pur spannt die Tragkonstruktion über<br />
17 Meter, im Lagerbereich über 24 Meter. Die Spannweite in<br />
Längsrichtung beträgt 21 Meter. Für die Stützen und den Trägerrost<br />
kamen Standardprofile zum Einsatz, nur die Mittel- und<br />
Randträger wurden aus Stahlblechen unterschiedlicher Stärke<br />
zusammengschweißt. Die Polycarbonatplatten der Gebäudehülle<br />
sind auf einer umlaufenden Unterkonstruktion aus Stahlprofilen<br />
aufgebracht, die sich an den Außenseiten als horizontale<br />
Gliederung abzeichnet.
» Oben: Einfahrt zum Firmengelände<br />
» Oben rechts: Detail der Schallschutzwand<br />
» Oben: Querschnitt, Längsschnitt, M 1:1500<br />
» Links: Fassadenschnitte, M 1:100<br />
» Unten: Transluzente Hülle<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 71
» Anlieferung<br />
BLANCO Logistikzentrum, Bruchsal<br />
Architektur: RMA | Reichardt - Maas - Assoziierte Architekten<br />
GmbH & Co. KG, Essen<br />
Tragwerk: Fritz Ingenieurbüro für Bauwesen, Bretten<br />
Brandschutz: Zahn Sachverständigenbüro für Brandschutz,<br />
Mönchengladbach<br />
Stahlbau: Friedrich Bühler GmbH & Co. KG, Altensteig<br />
Bauherr: BLANCO Immolog GmbH & Co. KG, Oberderdingen<br />
» Differenzierte Ausbildung der<br />
Gebäudehülle<br />
72 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Veränderte Marktanforderungen und die Erweiterung <strong>des</strong> Sor -<br />
timentes veranlassten den Spezialisten für Küchentechnik ein<br />
neues Logistikzentrum zu bauen: Die europäische Distribution<br />
für die Produkte wurde zentralisiert sowie die Lagerkapazität<br />
erweitert. Bei Wachstum und erneutem Flächenbedarf ist die<br />
Vergrößerung der Logistikfläche auf das Doppelte möglich. In<br />
dem über 250 000 Kubikmeter fassenden Volumen werden<br />
hochwertige Produkte aus Edelstahl für Küche und Gastronomie<br />
gelagert.<br />
Bei der Gestaltung der Fassaden wurde die Technik <strong>des</strong> Blechkantens<br />
aus der Produktentwicklung auf den großen Maßstab
der Gebäudehülle übertragen. Das Ergebnis sind vier individuelle<br />
Fronten mit präziser Fügung der Linien und Materialien. Die<br />
geschlossenen Bereiche der Halle sind mit glattflächig angebrachten<br />
Metallpaneelen in Edelstahloptik verkleidet. Vor den<br />
Arbeitsplätzen im Erdgeschoss und auf der Bürogalerie im ersten<br />
Obergeschoss öffnen sich die Fassaden mit mattem Profil- oder<br />
Klarglas.<br />
Konstruktion<br />
Ein Trägerrost aus Fachwerkbindern lagert auf Stahlstützen, die<br />
umlaufend und in Richtung der vier Hallenschiffe angeordnet<br />
» Querschnitt, Längsschnitt,<br />
M 1:5000<br />
sind. Diese addieren sich mit den Abmessungen von 31,5 mal<br />
126 Metern zu einer Grundfläche von knapp 16 000 Quadratmetern<br />
bei einer Höhe von 16 Metern. Oberhalb der Fachwerkträger<br />
<strong>des</strong> Daches spannen Stahltrapezbleche über sechs Meter<br />
mit einem gedämmten Foliendach als Abschluss. Vor die<br />
Metallfassade ist an der Unterkante eine umlaufende LED-Beleuchtung<br />
gesetzt, die, in Kombination mit der Innenbeleuchtung,<br />
auch bei Nacht die Präzision <strong>des</strong> Baukörpers hervorhebt.<br />
» Links: Blick in die Lagerhalle<br />
» Rechts oben: Rohbau<br />
» Rechts unten: LED-Beleuchtung der Fassade<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 73
Im Umfeld der umgebenden Gewerbebauten hebt sich der 38<br />
Meter breite und 80 Meter lange Baukörper auffällig ab: Fünf<br />
gegeneinander versetzte, polygonale Hauptrahmen formen eine<br />
liegende Spirale. In die schrägen Außenflächen sind Sonnenkollektoren<br />
und Photovoltaikflächen integriert. In dieser „Energiespirale“<br />
stellt ein Fachgroßhändler für Sanitär und Heizung<br />
Produkte der Haustechnik aus, ergänzt durch einen Lehrpfad<br />
zum Thema erneuerbare Energien.<br />
Konstruktion<br />
Die Rahmentragwerke bestehen aus geschweißten Stahlträgern<br />
mit Ober- und Untergurten aus rechteckigen Rohrprofilen und<br />
Stegblechen aus Flacheisen. Stützen und aussteifende Elemente<br />
74 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Ener[gie]nger, München<br />
Architektur: peterlorenzateliers Innsbruck/Wien<br />
Tragwerk: Alfred Brunnsteiner, Natters<br />
Gebäudetechnik: Ludwig Ingenieurgesellschaft für<br />
technische Gebäudeausrüstung mbH, Traunstein<br />
Stahlbau: Stahlbau Pichler GmbH, Bozen<br />
Bauherr: Ingrid und Walter Graber, Markt Schwaben<br />
sind aus Rohrprofilen gefertigt, Querträger aus Walzprofilen und<br />
Windverbänden in den Dach- und Wandebenen aus Rundprofilen<br />
und Flacheisen. Die Vordächer sind als unterspannte und<br />
ausgekreuzte Raumfachwerkstruktur ausgeführt. Besondere<br />
Sorgfalt erforderte die Montage der Stahlstrukturen. Die genaue<br />
Positionierung der einzelnen horizontalen und vertikalen,<br />
in zwei Ebenen schräg verlaufenden Stahlrahmenkonstruktionen<br />
wurde mit provisorischen Zug- und Druckstäben durchgeführt.<br />
Die nachhaltige Nutzung erneuerbarer Energien ist das zentrale<br />
Thema dieses Projekts. Das Energiemanagement integriert Solarthermie<br />
und Grundwasserbrunnen für Heizung und Kühlung<br />
<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>, eine hocheffiziente Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung<br />
und ein Blockheizkraftwerk.<br />
» Oben: Luftaufnahme<br />
» Unten: Photovoltaikflächen in der Außenhaut
» Oben: Die komplexe Tragstruktur bei Nacht<br />
» Mitte, unten: Grundriss, Längsschnitt, Ansicht,<br />
M 1:1000<br />
» Links: Montage der Rahmen<br />
» Rechts: Windverbände aus<br />
Flachstahl<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 75
Faulturmgruppe <strong>des</strong> Klärwerks München I<br />
Architektur: Ackermann und Partner Architekten, München<br />
Tragwerk: Obermeyer Planen und Beraten GmbH, München<br />
Betriebstechnik: GKE Consult Beratende Ingenieure GmbH,<br />
Bochum<br />
Stahlbau: Dörnhöfer Stahl- und Metallbau GmbH & Co. KG,<br />
Kulmbach.<br />
Bauherr: Lan<strong>des</strong>hauptstadt München, Münchner<br />
Stadtentwässerung<br />
» Schnitt, Grundrisse UG und EG, M 1:1500<br />
76 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Markante Industriearchitektur<br />
Die Anlage am nördlichen Stadtrand Münchens ist zentraler Bestandteil<br />
der Abwasserreinigung im Klärwerk. Durch die Sammlung<br />
und Verstromung <strong>des</strong> dabei entstehenden Biogases wird<br />
das enthaltene Energiepotential optimal genutzt. So stellt die<br />
Faulbehälteranlage neben den Wasserkraftwerken an der Isar<br />
den größten Erzeuger erneuerbarer Energien in München dar,<br />
bei einer maximalen Tagesproduktion von 3 600 Kubikmeter<br />
Biogas.<br />
Vier neue, jeweils 14 500 Kubikmeter fassende Faultürme sind<br />
halbkreisförmig um einen zentralen Treppenturm gruppiert. Die<br />
für den Betrieb erforderlichen Einrichtungen der Anlage sind<br />
unterirdisch angeordnet. So konnten die technischen Anlagen<br />
zentral und wirtschaftlich gebündelt werden. Gleichzeitig bleibt<br />
der Raum zwischen den Faulbehältern zugunsten klarer Formen<br />
frei. Die Faulbehälter haben einen Durchmesser von 32 Metern<br />
und eine Gesamthöhe von knapp 45 Metern.
» Oben: Stahlkonstruktion <strong>des</strong> Treppenturms<br />
» Unten: Lichthof <strong>des</strong> Betriebsgebäu<strong>des</strong><br />
» Gekantete Metallverkleidung der<br />
wärmegedämmten Faultürme<br />
Zu Wartungszwecken sind die Behälterköpfe über den zentralen<br />
Treppenturm mit angeschlossenen Stahlbrücken zu erreichen.<br />
Der freistehende Treppenturm ist als zweischalige Stahlkons -<br />
truktion konzipiert. Die innere Schale – das Treppenhaus –<br />
wird als Stahlskelett achteckig ausgebildet. Die äußere, ebenfalls<br />
aufgelöste Schale dient der Aussteifung <strong>des</strong> Turmes und<br />
der Abtragung von Horizontalkräften aus Windbeanspruchung.<br />
Das filigrane Tragsystem aus Rundprofilen und -stäben ist auf<br />
ein Minimum reduziert.<br />
Auf Höhe der Faulbehälterspitzen befindet sich eine Verteilerebene,<br />
die den Zugang zu den vier, über 32 Meter spannenden<br />
Verbindungsbrücken ermöglicht. Die Brücken sind ebenfalls als<br />
Stahlkonstruktion ausgeführt, wobei die Längsträger aus Walzprofilen<br />
zweifach mit Stahlstäben unterspannt sind. Der Belag<br />
besteht aus speziell geformten, den Durchblick in die Tiefe<br />
hemmenden Gitterrosten. Den oberen Abschluss <strong>des</strong> Treppenturmes<br />
bildet die Aussichtsebene mit Blick auf das gesamte<br />
Klärwerksgelände und die Silhouette Münchens.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 77
» Das Vordach spannt frei über das Nachbargebäude<br />
» Oben: Schnitt, Grundriss Stahltragwerk<br />
der Auskragung, M 1:500<br />
» Unten: Optische Verbindung der Gebäude<br />
durch das verlängerte Dach<br />
78 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Forschungszentrum Dresden-Rossendorf<br />
Architektur: Henn Architekten, München<br />
Tragwerk: Ingenieurbüro Dr. Krämer GmbH, Berlin<br />
Brandschutz: HHP Nord/Ost GmbH, Braunschweig<br />
Stahlbau: ESBEE Stahl- und Industriebau GmbH, Marburg<br />
Bauherr: Forschungszentrum Dresden-Rossendorf e.V.,<br />
Dresden<br />
Der Standort Dresden-Rossendorf ist die größte außeruniversitäre<br />
Forschungseinrichtung Sachsens. 35 Gebäude der im Jahr<br />
1956 gegründeten Anlage wurden in jüngster Zeit bei laufendem<br />
Betrieb erweitert, saniert oder umgenutzt. Der Neubau <strong>des</strong> Eingangs-<br />
und Logistikgebäu<strong>des</strong> bildet den vorläufigen Abschluss<br />
der Baumassnahmen. Er ist geprägt durch ein 23 Meter weit<br />
auskragen<strong>des</strong> Vordach, das die Zufahrt zum Forschungsgelände<br />
überdeckt und eine optische Verbindung zum angrenzenden<br />
Logistikgebäude herstellt.<br />
Mögliche Windlasten, bedingt durch die exponierte Lage und<br />
die große Auskragung, stellten besondere Anforderungen an<br />
die tragende Konstruktion. Geschweißte Doppel-T-Profile bilden<br />
in Längsrichtung die Hauptträger <strong>des</strong> Dachtragwerkes. Entsprechend<br />
der statischen Belastung variieren deren Höhen zwischen<br />
1, 65 Meter im Auflagerbereich <strong>des</strong> Kragarms und einem Meter<br />
am Rand. Für die Rand- und Querträger wurden Standardprofile<br />
verwendet.
Sonstige Bauten<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 79
Aussichtsturm an der Mur, Gosdorf<br />
Architektur: terrain:loenhart&mayr architekten und<br />
landschaftsarchitekten, München<br />
Tragwerk: OSD GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main<br />
Stahlbau: GLS Bau- und Montage GmbH, Perg<br />
Bauherr: Gemeinde Gosdorf<br />
80 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Links: Skulptur in der ursprünglichen Landschaft<br />
» Oben: Lageplan<br />
Am Ufer der Mur, dem Grenzfluss der Südsteiermark zu Slowenien,<br />
ragt ein skulptural anmutender Aussichtsturm aus Stahl<br />
und Aluminium aus dem Auwald in die Höhe. Entlang dieser<br />
Grenze zum ehemaligen Eisernen Vorhang verläuft auch der<br />
„European Green Belt“. Dieses Grüne Band ist ein einzigartiges<br />
Naturgebiet, entstanden aufgrund der historischen Situation.<br />
Vom Naturschutzbund unterstützt, setzt der Turm ein bauliches<br />
Zeichen für die zahlreichen wertvollen Biotope.<br />
Die Erschließung und Konstruktion <strong>des</strong> Murturms folgt dem<br />
Prinzip einer Doppelhelix, der die Vorstellung eines kontinuierlichen<br />
Weges baulich in die Höhe trägt. Das Ziel der Turmbesteigung<br />
ist aber nicht die Aussicht ganz oben, sondern die kontinuierliche<br />
Bewegung durch die so genannten „Waldetagen“ –<br />
die Höhenschichten <strong>des</strong> Auwal<strong>des</strong>. Der Aufstieg macht die ökologische<br />
Ordnung und die Mikroklimata im Auwald erlebbar.<br />
» Links: Tragstruktur<br />
» Mitte: Treppenlauf<br />
» Rechts: Zusammenspiel von<br />
Tragwerk und Treppe
» Panoramablick über den Baumkronen<br />
Nach 168 Stufen ohne Zwischenpo<strong>des</strong>te und auf 27 Metern<br />
Höhe erreicht man schließlich eine bewusst klein gehaltene<br />
Aussichtsplattform mit einem Panoramablick über die Baumwipfel.<br />
Der Weg setzt sich durch einen weiteren Treppenlauf<br />
nach unten fort, so dass sich aufsteigende und absteigende Besucher<br />
auf zwei unterschiedlichen Treppen im Raum bewegen.<br />
Beim Tragwerk <strong>des</strong> Murturms handelt es sich um ein „Hybridtragwerk“,<br />
bei dem die räumlich biegesteifen Knotenverbindungen<br />
in Kombination mit einer Verseilung und Druckstäben<br />
das Tragsystem bilden. Trag- und Stützrohre gewährleisten die<br />
Standsicherheit, während die Verspannung das Schwingungsverhalten<br />
und die horizontale Kopfauslenkung begrenzt. Durch<br />
die intelligente Anordnung der Spannseile konnte auf zusätz -<br />
liche Schwingungsdämpfer verzichtet werden.<br />
» Tragstruktur mit Treppenuntersicht<br />
Das Konzept der Doppelspirale mit gegenläufigem Auf- und<br />
Abgang und den sich daraus ergebenden geometrischen Kreuzungspunkten<br />
erfordert keine weiteren statisch notwendigen<br />
Knotenpunkte. Sämtliche Tragelemente finden ihren Schnittpunkt<br />
in den Verschneidungspunkten <strong>des</strong> spiralförmigen Aufund<br />
Abgangs.<br />
In enger Kooperation zwischen Architekten und Tragwerksplanern<br />
wurde eine polygonalisierte Raumstruktur entwickelt. Die<br />
Inszenierung von Form, Bewegung und Tragwerk wird durch<br />
die aluminiumverkleideten Treppenbrüstungen erreicht, deren<br />
schimmernde Oberflächen die Anmutung <strong>des</strong> Bauwerks mit<br />
jeder Witterung und Tageszeit verändern. Die gekanteten Metalltafeln<br />
schaffen einen Körper und ein Flächenspiel, ohne Beeinträchtigung<br />
der Durchlässigkeit.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 81
» Das Seezeichen am Ende der Mole<br />
» Oben: Ansicht, M 1:500<br />
» Unten links: Blick nach oben mit versetzten Ebenen<br />
» Unten rechts: Materialcollage aus Holz, Stahl und<br />
Edelstahl<br />
82 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Seezeichen Juist<br />
Architektur: Droste Droste & Urban Architektengesellschaft<br />
mbH, Oldenburg<br />
Tragwerk: Gruppe Ingenieurbau Jürgen Hellmann GmbH,<br />
Oldenburg<br />
Stahlbau: Stahl- und Metallbau Ihnen GmbH & Co. oHg, Aurich<br />
Bauherr: Inselgemeinde Juist<br />
Der Hafen in Juist ist der Umschlagplatz für die gesamte Verund<br />
Entsorgung der Insel. Mit dem Um- und Neubau hat er am<br />
Ende der Seebrücke ein weithin sichtbares Seezeichen erhalten,<br />
das als Wahrzeichen und Architekturplastik ganzjährig<br />
nutzbar und erlebbar ist. Besucher können die frei zugängliche<br />
Ebene auf Höhe der Mole oder die Decks auf den ersten beiden<br />
Ebenen betreten, die Aussicht genießen, Abreisenden hinterher<br />
sehen und Ankommende begrüßen. Zugleich birgt das<br />
Seezeichen technische Einrichtungen, eine Wetterstation, das<br />
nautische Signalfeuer und Rettungsgerät.<br />
Das zu 95 Prozent aus Stahl bestehende Seezeichen wurde<br />
auf einem Hafenpier in Emden aufgebaut und mit allen Ausbauteilen<br />
wie Holzbohlenwänden, Treppen, Böden, Geländern<br />
und Schiebetüren versehen. Nach Fertigstellung wurde es verschifft<br />
und bei Ebbe von einem Schwimm-Ponton aus aufgestellt.<br />
Die aufwendige Tragstruktur wurde auf einer acht mal<br />
acht Meter großen Betonplatte verankert. Gegen die aggressive<br />
Salzwasserumgebung ist der Stahlbau durch Feuerverzinkung<br />
mit anschließender Komplettlackierung geschützt.
Kältekraftwerk Universität Chicago<br />
Architektur: Murphy/Jahn, Chicago<br />
Tragwerk: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart<br />
Stahlbau: Cives Steel Company, Wolcott<br />
Bauherr: University of Chicago Facilities Services<br />
Das Kraftwerk versorgt den Campus der Universität von Chicago<br />
und das Krankenhaus mit Kälte und Wärme. Die Fassade <strong>des</strong><br />
prägnanten, dreigeschossigen Quaders mit seinen abgerundeten<br />
Kanten ist auf zwei Seiten fast vollständig geöffnet und gibt den<br />
Blick auf Technik und Tragkonstruktion frei. Stahlstützen tragen<br />
die filigranen Pfosten-Riegel-Elemente, an denen Klarglaspaneele<br />
punktuell befestigt sind. Der Abschnitt der Gebäudehülle,<br />
der eher geschlossen wirkt, ist mit perforierten und profilierten<br />
Edelstahlpaneelen verkleidet. Diese sind in einem Abstand von<br />
zehn Zentimetern vor die vorgefertigten Betonwände gehängt,<br />
die als wetterfeste Gebäudehülle fungieren. Die Luftein- und<br />
Auslässe in den Betonwänden sind ebenfalls mit perforierten<br />
Edelstahlpaneelen verkleidet.<br />
Eine Stahlkonstruktion aus Stützen und Trägerrosten bildet in<br />
Verbindung mit aussteifenden Fertigbetonwänden die Tragstruktur.<br />
Die Stahlprofile sind unverkleidet und mit einer Brandschutzbeschichtung<br />
versehen. Im Dachbereich wird die Fassade<br />
mit einer Rundung abgeschlossen. Die Unterkonstruktion aus<br />
gebogenen, verzinkten Quadratrohren gibt hier die Form für die<br />
durchscheinende Edelstahlverkleidung vor.<br />
» Das neue Kältekraftwerk aus Stahl und Glas neben<br />
dem Ziegelbau <strong>des</strong> Dampfkraftwerks<br />
» Schnitt, Grundriss EG und OG, M 1.1000<br />
» Oben: Verkleidung mit perforierten Edelstahlblechen<br />
» Links: Glasfassaden geben den Blick ins<br />
Innere der Maschinenräume frei<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 83
» Perlbeige beschichtete Stahltafeln<br />
reflektieren die Farbe <strong>des</strong> Balsaltsteins<br />
Hochwasserpumpwerk<br />
Köln Rodenkirchen<br />
Architektur: Dirk Melzer, Kaub,<br />
mit v-architekten, Köln<br />
Tragwerk: Pechuel-Loesche, Münch, Kegel Beratende<br />
Ingenieure, Köln<br />
Stahlbau: Metallbau Fröbel GmbH, Brühl<br />
Bauherr: Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR<br />
84 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Links: Grundriss, Schnitt,<br />
M 1:400<br />
» Rechts: Ansicht <strong>des</strong> Pumpwerks<br />
von der Uferstraße<br />
Das am Fluss gelegene Hochwasserpumpwerk bildet den Auftakt<br />
für die Rheinfassade der Stadt, gefolgt von einem 17-geschossigen<br />
Wohnhaus. Rückwärtig grenzt es an den Auwald<br />
eines Landschaftsschutzgebietes. Große Teile <strong>des</strong> Bauwerks<br />
liegen etwa elf Meter unter der Oberfläche, nur einige Bereiche<br />
ragen vier Meter über die Erde.<br />
Während zum Auwald hin langgezogene Böschungen den Übergang<br />
zur Landschaft bilden, wurde die Rheinseite <strong>des</strong> Pumpwerks<br />
mit einer geschwungenen Mauer aus Basalt-Bruchsteinen<br />
gefasst. Durch ihre wechselnden Neigungen, Radien und Höhen<br />
scheint sie den Baukörper zu umfließen. Zudem begrenzt<br />
sie eine flache, langgezogene Rampe zum Befahren <strong>des</strong> intensiv<br />
begrünten Pumpwerksdaches.<br />
Das Thema <strong>des</strong> „Umfließens“ setzt sich in der Ummantelung<br />
<strong>des</strong> Einstiegsbauwerkes fort. Um den vorhandenen Funktionsbau<br />
in das Gesamtkonzept zu integrieren, wird er mit einer<br />
schimmernden perforierten Haut aus Stahlplatten umschlossen,<br />
deren Aussparungen das ortstypische Motiv von angeschwemmtem<br />
Treibholz aufgreifen.<br />
Die Stahlplatten werden von einer vorgesetzten Unterkonstruktion<br />
aus Stahlprofilen gehalten. Der Raum zwischen der Ummantelung<br />
und den bestehenden Außenwänden dient dazu,<br />
über einfache Treppen die Funktionsbereiche <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong><br />
zur Wartung und Revision erreichen zu können. Die Oberflächen<br />
<strong>des</strong> Massivbaus wurden vollständig mit einem dunklen<br />
anthrazitfarbenen Anstrich beschichtet, um einen möglichst<br />
starken Kontrast zur hellen Farbe der Stahlfassade zu erreichen<br />
und dadurch die Struktur der durchbrochenen Oberfläche hervorzuheben.
Hochwasserpumpwerk<br />
Schönhauser Straße, Köln<br />
Architektur: Kaspar Krämer Architekten, Köln<br />
Tragwerk: Pechuel-Loesche, Münch, Kegel Beratende<br />
Ingenieure, Köln<br />
Stahlbau: Metallbau Fröbel GmbH, Brühl<br />
Bauherr: Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR<br />
Das Pumpwerk gliedert sich baulich in einen Tief- und einen<br />
Hochbauteil: Das teilweise unterirdische Tiefbauteil birgt die<br />
Pumpen, das Hochbauteil übernimmt die elektrotechnische<br />
Versorgung. Beide Bereiche sind so konzipiert, das sie gegen<br />
jegliche zu erwartenden Hochwasser baulich geschützt sind.<br />
Die Fassadenmaterialien <strong>des</strong> Tiefbauteils sind auf Basaltstein<br />
für die östliche und westliche Böschungswand und Grasbewuchs<br />
» Links: Fassadenschnitt, M 1:50<br />
» Oben: Blick von Süd-Osten auf die Böschungswand<br />
und den mit Stahlgittern umhüllten Baukörper<br />
für das aus Wartungsgründen schwerlastbefahrbare Gründach<br />
beschränkt. Die Stahl-Gitter-Konstruktion <strong>des</strong> Hochbauteils<br />
wurde als selbsttragende Vorhangfassade entwickelt. Die horizontal<br />
lagernden Gitterroste umhüllen den Betonkörper im<br />
Abstand von 90 Zentimetern im Wand- und Dachbereich. Die<br />
verzinkten und beschichteten Gitterroste bieten einen hohen<br />
mechanischen Schutz und aufgrund ihrer Struktur kaum Angriffsfläche<br />
für Grafitti.<br />
LED-Leuchten, die innerhalb der Metallgitter-Konstruktion montiert<br />
sind, projizieren je nach Höhe <strong>des</strong> Rheinpegels verschiedene<br />
Farbspektren auf die Betonfassade <strong>des</strong> Hochbaus. Die am<br />
Tage zurückhaltend und homogen erscheinende Metall-Fassade<br />
entfaltet daher ab Einbruch der Dämmerung eine eigenständige<br />
und signifikante Wirkung.<br />
» Inszenierung verschiedener<br />
Betriebszustände durch Licht -<br />
installationen<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 85
Canis Resort, Freising<br />
Architektur: Erdmann Kicherer Büro für Garten- und<br />
Landschaftsarchitektur, München<br />
Stahlbau: Numberger GmbH, St. Wolfgang<br />
Bauherr: Canis Resort AG, München<br />
Das Canis Resort ist die weltweit erste Hotelkette für Hunde.<br />
Jede Lodge verfügt über einen eigenen abgetrennten Garten,<br />
umgeben von einem feinen Stahlgeflecht. Die engmaschige<br />
Einzäunung beginnt auf einem elliptischen Stahlbetonfundament<br />
aus Betonfertigteilen und endet in Nestform leicht nach<br />
innen geneigt in knapp zwei bzw. drei Metern Höhe. Über zwei<br />
Hundeklappen in den Hütten aus Holz ist der Außenbereich<br />
für die Vierbeiner jederzeit erreichbar. Der Zaun kommt ohne<br />
86 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Links: Gartenbereich der Lodges<br />
» Oben: Seitenansicht, Vorderansicht, M 1:200<br />
tragende Unterkons truktion aus, wirkt daher schwerelos und<br />
luftig und entspricht keinesfalls den gängigen Bildern eines<br />
Zwingers.<br />
Die Konstruktion besteht aus rhombisch verschweißten Edelstahlstäben<br />
mit einer Maschenweite von 120 x 120 Millimeter.<br />
Die Maschenweite <strong>des</strong> Sockels beträgt 60 x 60 Millimeter, um<br />
ein Entschwinden kleinerer Hunde zu vermeiden. Als Grundform<br />
der Konstruktion wurde die Ellipse mit den Abmessungen<br />
zehn mal sechs Meter gewählt. Die Höhe ergab sich aus der<br />
mög lichen Sprunghöhe der Hunde. Je<strong>des</strong> dieser selbsttragenden<br />
„Gewebe“ wurde aus ca. 2500 Metern Rundstahl mit einem<br />
Durchmesser von fünf Millimetern erstellt. Als Material wurde<br />
aus hygienischen Gründen Edelstahl verwendet.<br />
» Blick in die Anlage
Sport- und Stadienbauten<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 87
» Oben: Der Baukörper in der Topografie<br />
» Rechts: Schnitt Schanzentragwerk und Gelände,<br />
M 1:1500<br />
88 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Auszeichnung<br />
Neue Olympia-Skisprungschanze,<br />
Garmisch-Partenkirchen<br />
Architektur: terrain:loenhart&mayr, architekten und landschaftsarchitekten,<br />
München<br />
Tragwerk: Mayr | Lu<strong>des</strong>cher | Partner, Beratende Ingenieure,<br />
München<br />
Schanzentechnik: Sieber+Renn Architekten, Sonthofen<br />
Stahlbau: Bitschnau GmbH, Nenzing<br />
Bauherr: Markt Garmisch-Partenkirchen<br />
Laudatio<br />
Mit der neuen Olympia-Skisprungschanze in Garmisch-Partenkirchen<br />
gelingt es den Architekten und Ingenieuren eine neue<br />
architektonische Ausdrucksform zu entwickeln, die sich aus<br />
dem geänderten Anforderungsprofil <strong>des</strong> Skisprungs von Anlauf<br />
und Sprungtechnik ergibt.<br />
Sie nimmt die Topografie der umliegenden Landschaft auf und<br />
versinnbildlicht mit ihrer dynamischen Form die Ideale <strong>des</strong><br />
Fliegens. Durch die von transparent nach transluzent wechselnde<br />
Hülle wird die sorgfältig ausgeführte Konstruktion aus Stahl<br />
erfahrbar. Gleichzeitig demonstriert die Skulptur mit ihrer<br />
enormen Auskragung und ihrer Ableitung der Lasten über nur<br />
zwei Punkte auf eindrucksvolle Weise die Leistungsfähigkeit<br />
<strong>des</strong> Materials.
» Oben: Lageplan, M 1:4000<br />
» Rechts: Licht- und Schattenspiel der<br />
transluzenten Fassade<br />
Seit 1922 wird am Partenkirchener Gudiberg das berühmte<br />
Neujahrsspringen durchgeführt, das in den 50er Jahren fester<br />
Bestandteil der internationalen Vierschanzentournee wurde.<br />
Die Technik <strong>des</strong> Skisprungs hat sich seither so stark weiterentwickelt,<br />
dass ein Neubau der Olympiaschanze erforderlich<br />
wurde. Nun setzt eine weit auskragende, futuristisch anmutende<br />
Konstruktion ein weithin sichtbares, markantes Zeichen. Die<br />
eindrucksvolle Auskragung <strong>des</strong> Anlaufbauwerkes akzentuiert<br />
die von der Topografie inspirierten Linien der Anlage, das Tragwerk<br />
und die Fassade veranschaulichen den Flugablauf und<br />
die dabei auftretenden Kräfte.<br />
Dynamische Linienführung<br />
Die neue Schanzenanlage verbindet die verschiedenen Funktionsbereiche<br />
durch eine übergreifende und aufeinander bezogene<br />
Linienführung zu einer dynamischen Gesamtform. So folgen auf<br />
den überhöhten Schanzentisch die Athleten- und Nebenräume<br />
sowie die Aufzugs- und Schanzentechnik der Anlage. Über die<br />
332 Stufen der „Himmelsleiter“ gelangen Sportler, Betreuer<br />
und Presse in den über 100 Meter langen Anlaufturm. Alternativ<br />
führt ein neu entwickelter Schrägaufzug zu den drei Ebenen<br />
<strong>des</strong> Schanzenkopfes. Hier ist neben dem Ruheraum für die<br />
Springer auch der Technikbereich für Fernsehübertragungen<br />
untergebracht. Am höchsten Punkt, in 62 Metern Höhe, erreicht<br />
man schließlich eine Aussichtsplattform, die auch außerhalb<br />
der Skisaison einen Panoramablick auf die Alpenlandschaft<br />
ermöglicht. Ein Novum ist die Konstruktion der Anlaufspur, die<br />
mit geringstem Schneevolumen und Energieaufwand witterungsunabhängigen<br />
Winterbetrieb und, mit einer zusätz lichen<br />
Kunststoffspur ausgestattet, den Betrieb im Sommer erlaubt.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 89
» Oben: Grundriss, Schnitte der Stahlkonstruktion<br />
M 1:800<br />
» Unten: Blick in die innen beleuchtete Schanze<br />
90 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Konstruktion<br />
Das Anlaufbauwerk ist um 35 Grad geneigt, kragt 62 Meter aus<br />
und wiegt annähernd 600 Tonnen. Es ist als viergurtiges Stahlfachwerk<br />
mit Diagonalstäben und Querrahmen ausgebildet, die<br />
den trapezförmigen Querschnitt <strong>des</strong> Schanzenkörpers aussteifen.<br />
Das Tragwerk bildet einen räumlich steifen „Hohlkasten“ aus,<br />
lagert gelenkig auf den ca. 18 Meter weit gespreizten unteren<br />
Druckgurten und wird am Schanzentisch mit einem zugfesten<br />
Lager im Gleichgewicht gehalten. Die im Bereich <strong>des</strong> Schanzentisches<br />
auftretenden abhebenden Auflagerlasten werden durch<br />
das Eigengewicht <strong>des</strong> unter dem Schanzentisch liegenden Bauwerkes<br />
sowie zusätzlich durch Rückverankerung der Gründungsplatte<br />
in den anstehenden Boden gegen Abheben gesichert.<br />
Die drei Plattformen <strong>des</strong> Schanzenkopfes sind in Fortsetzung<br />
der Turmgurtstäbe in ein räumlich stabiles Rahmentragwerk eingebunden.<br />
Sie bestehen aus Stahlträgerrosten mit Querträgern<br />
und einer leichten Trapezblechdecke.<br />
Montage<br />
Der Zusammenbau <strong>des</strong> Schanzentragwerkes, <strong>des</strong> Turmkopfes,<br />
der Anlaufbahn und der Ausbauteile, wie Verkleidung, Schrägaufzug<br />
oder Treppen, erfolgte auf der Baustelle in Bodennähe.<br />
Die vorgefertigten Teile wurden in abgekippter Position montiert,
» Treppe und Schrägaufzug innerhalb der Tragstruktur<br />
über ein Drehgelenk am Drucklagerpunkt in die Endposition geschwenkt<br />
und zuletzt am Schanzenvorplatz verankert.<br />
Die Fassade <strong>des</strong> Anlaufbauwerkes ist doppelt gekrümmt und<br />
mit transluzenten Polycarbonat-Platten bekleidet, deren Transparenz<br />
nach oben hin abnimmt und von durchscheinend zu<br />
opak wechselt. Dadurch verändert sich das äußere Erscheinungs-<br />
» Oben: Querschnitt, M 1:100<br />
» Oben rechts: Installationskanal über dem<br />
Treppenaufstieg<br />
» Unten rechts: Blick in den „Hohlkasten“<br />
bild mit dem Wechsel zwischen Tageslicht und künstlicher Beleuchtung:<br />
Tagsüber bildet die neue Schanze mit der umgebenden<br />
Schneelandschaft eine Einheit. Mit dem Einsetzen der<br />
Dämmerung löst sich die Form <strong>des</strong> hell erleuchteten Baukörpers<br />
langsam aus der umgebenden Landschaft und wird bei Nacht<br />
zur weithin sichtbaren Lichtskulptur.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 91
» Oben: Tribünendach aus blechgedeckten Kragarmen<br />
» Unten: Grundrisse Ebene 2 und 6, Dachaufsicht,<br />
M 1:5000<br />
92 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Nelson Mandela Bay Stadion,<br />
Port Elizabeth, Südafrika<br />
Architektur: gmp · von Gerkan, Marg und Partner Architekten,<br />
Hamburg<br />
Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />
Stahlbau: ABJ, Kuwait und Birdair, Amherst (Membrandach)<br />
Bauherr: Nelson Mandela Bay Municipality, Port Elizabeth<br />
Die Silhouette <strong>des</strong> zur Fußballweltmeisterschaft <strong>2010</strong> errichteten<br />
Nelson Mandela Bay Stadions in Port Elizabeth ist durch die<br />
geschwungene Form der Dachträger und die klare Struktur der<br />
Betonkonstruktion geprägt. Die Geometrie <strong>des</strong> Daches orientiert<br />
sich an örtlichen Besonderheiten und schützt die Zuschauer<br />
vor der Sonne und dem häufig auftretenden, kräftigen Wind.<br />
Um ohne zusätzliche Maßnahmen einen möglichst winddichten<br />
Anschluss <strong>des</strong> Daches an die Fassade zu erzielen, wurde die<br />
Dachhaut in die Fassade hineingeführt.<br />
Dachform<br />
Der Grundriss <strong>des</strong> Daches entwickelt sich aus drei Radien, die<br />
sich um die Abmessungen <strong>des</strong> kombinierten Fußball- und Rugbyfel<strong>des</strong><br />
legen. Seine markante Form erhält das Dach durch die<br />
abwechselnde Anordnung von 36 gebogenen Dreigurtbindern<br />
und dazwischen gespannten, transluzenten PTFE-Membranen.<br />
Die Binder sind ihrer Form folgend mit Aluminiumblech eingedeckt,<br />
das im unteren Teil in unterschiedlichen Transparenz -<br />
graden gelocht ist und sowohl Sonnenschutz als auch Ausblick<br />
gewährt. Die Membranen sind durch ein Zugseil mittig in zwei<br />
Felder geteilt, so dass sich die Formen von Rippen und Kehlen
sowie deren Materialien gegeneinander abheben. Die Abfolge<br />
aus opaker und transluzenter Dacheindeckung führt im Innenraum<br />
zu einem interessanten Wechselspiel aus Licht und<br />
Schatten. Die Membranen sorgen bei Tag für eine natürliche<br />
Ausleuchtung unter dem Dach. Um den Schattenwurf auf das<br />
Spielfeld weich zu gestalten, wurde der transluzente Dachanteil<br />
in Richtung der inneren Dachkante maximiert.<br />
Konstruktion<br />
Das statische System basiert auf einfachen Kragträgern, die in<br />
vertikaler Richtung unabhängig voneinander wirken. Sie ruhen<br />
auf einem Lager am unteren Ende <strong>des</strong> Trägers und einer Y-förmigen<br />
Stütze auf dem oberen Umgang. Benachbarte Träger stabilisieren<br />
sich gegenseitig. Vertikale Lasten auf dem auskragenden<br />
Dachbereich werden mehrheitlich über ein vertikales Kräftepaar<br />
zwischen unterem Auflager und der Y-Stütze aufgenommen. Das<br />
Raumfachwerk der Träger wurde als vollverschweißtes Rohrfachwerk<br />
ausgeführt. An der inneren Dachkante verbindet ein<br />
umlaufender Randträger die Trägerspitzen zu einem Technik-<br />
Ring: Wartungsgang, Flutlicht und Installationen sind dort<br />
oberhalb der Dachhaut angeordnet. Der innere Dachabschluss<br />
tritt als scharfe Kante in Erscheinung.<br />
Korrosionsschutz<br />
Aufgrund hoher Temperaturen in Kombination mit Luftfeuchtigkeit<br />
und hohem Salzgehalt gehört Port Elizabeth an der Küste<br />
<strong>des</strong> Indischen Ozeans zu den Orten mit der weltweit höchsten<br />
normativ erfassten Korrosionsbelastung. Als Korrosionsschutz<br />
kamen daher hochwertige, sehr UV-beständige Polysyloxane<br />
zum Einsatz. Bewegliche und begehbare Teile wurden duplexbeschichtet,<br />
Spalte und schlecht zugängliche Bereiche minimiert.<br />
» Rechts: Schnitt Tribüne und Kragarm, M 1:500<br />
» Unten links: Luftaufnahme<br />
» Unten rechts: Innenansicht<br />
» Dreigurtbinder und Membranfelder<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 93
Moses Mabhida Stadion, Durban,<br />
Südafrika<br />
Architektur: gmp · von Gerkan, Marg und Partner Architekten,<br />
Hamburg<br />
Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />
Stahlbau: Pfeifer Seil- und Hebetechnik GmbH, Memmingen<br />
Birdair, Amherst (Membrandach)<br />
Bauherr: Municipality of Durban, Strategic Projects Unit<br />
94 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Das zur Fußballweltmeisterschaft <strong>2010</strong> errichtete Moses Mabhida<br />
Stadion in Durban steht im zentralen Sportpark am Strand <strong>des</strong><br />
Indischen Ozeans. Ein hoher Bogen erhebt sich als weithin sichtbare<br />
Landmarke über dem Stadion. Der Haupteingang am Südende<br />
<strong>des</strong> 1,5 Kilometer langen Parks symbolisiert das Tor <strong>des</strong><br />
Stadions zur Stadt und wird durch die Gabelung <strong>des</strong> großen Bogens<br />
gebildet. Am Nordende transportiert eine Seilbahn Besucher<br />
auf das „Skydeck“ am Scheitelpunkt <strong>des</strong> Bogens, das einen<br />
imposanten Rundblick über die Stadt und den Indischen Ozean<br />
bietet. Der Bogen markiert das neue Stadion und macht es zu<br />
einer Ikone in Durbans Stadtsilhouette, die von der vielfarbigen<br />
Bevölkerung als verbindender Regenbogen und, von oben ge -<br />
sehen, als Abbild der Nationalflagge gedeutet wird.<br />
Für die Fußballweltmeisterschaft <strong>2010</strong> wurde das Stadion mit<br />
Sitzplätzen für 70 000 Zuschauer ausgestattet, deren Anzahl<br />
auf 56 000 reduziert oder für Großveranstaltungen vorübergehend<br />
auf 85 000 erhöht werden kann. Das Mehrzweckstadion<br />
erfüllt nicht nur FIFA-Standards, sondern kann auch Commonwealth-<br />
und Olympischen Spielen dienen.<br />
» Schnitt, Ausschnitt Dachtragwerk,<br />
M 1:1500<br />
» Luftaufnahme
» Oben: Grundriss, Dachaufsicht,<br />
M 1:5000<br />
» Unten: Bogen und Stadiondach<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 95
» Bogen mit „Skydeck“<br />
Bogenquerschnitt, M 1:100<br />
96 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Konstruktion<br />
Die Dachkonstruktion besteht aus gegeneinander verspannten<br />
Bauteilen. Ein radiales Seilnetz wird zwischen dem großen, das<br />
Stadion überspannenden, 360 Meter langen und 105 Meter<br />
hohen vertikalen Bogen, horizontal liegenden Druckbögen und<br />
einem Randseil vorgespannt. Die Dachhaut aus PTFE-beschichtetem<br />
Glasfasergewebe wird gegen die benachbarten Grat- und<br />
Kehlseile <strong>des</strong> Seilnetzes verspannt. Der zwischen die großen<br />
Bogenfundamente gestellte Bogen trägt die Last <strong>des</strong> Membrandachs,<br />
wird durch die Seile belastet und gleichzeitig stabilisiert.<br />
Mit Ausnahme der großen Auflagerkräfte aus dem Bogenschub<br />
und den Normalkräften in den Pendelstützen am Dachrand<br />
werden alle Seilkräfte im System kurzgeschlossen. Durch die<br />
Verbindung der liegenden Druckringe, <strong>des</strong> vertikalen Bogens<br />
und <strong>des</strong> Randseils an drei Punkten, kann unter Einhaltung <strong>des</strong><br />
Gleichgewichtes der Normalkräfte eine Dachform erzeugt werden,<br />
die nahezu perfekt zur Tribünenschüssel passt.<br />
Alle Stahlbauteile wurden als Hohlkasten ausgeführt. Der Bogen<br />
besteht aus trapezförmigen Querschnitten mit einer Bauhöhe<br />
von fünf Metern und Breiten zwischen drei und fünf Metern. Je
» Oben: Umlenkknoten, M 1:50<br />
» Unten: Stadion bei Nacht<br />
» Oben: Ansicht mit Haupteingang<br />
» Unten: Untersicht <strong>des</strong> Umlenk-Zugringknotens<br />
fünf Trapezsteifen, die auch für den Abtrag der Bogenkräfte<br />
herangezogen werden, stabilisieren die vier ebenen Seitenbleche.<br />
Der Bogen ist in ca. 15 Meter lange Segmente eingeteilt,<br />
die in sich gerade sind und nur durch die Knicke an den Stößen<br />
die gekrümmte Bogenform erzeugen. Der Bogen ist innen zugänglich<br />
und mit einem inneren Korrosionsschutz versehen. Die<br />
Stahlhohlkästen der Druckringe und Stützen wurden luftdicht<br />
verschweißt und kommen daher ohne inneren Korrosionsschutz<br />
aus.<br />
Nächtliche Illumination<br />
Die Fassadenbekleidung aus gelochten Profilblechen erhebt<br />
sich bis zur Außenkante <strong>des</strong> Daches und schützt vor peitschendem<br />
Regen, starken Winden und direkter Sonneneinstrahlung.<br />
Die PTFE-Dachmembran lässt bei Tag 50% <strong>des</strong> Sonnenlichts in<br />
die Arena und dient gleichzeitig der Verschattung. Bei Dunkelheit<br />
werden die Dachflächen teils von oben durch eine auf dem<br />
Bogen montierte LED-Kette illuminiert, teils von unten mit<br />
Scheinwerfern angestrahlt.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 97
BayArena Leverkusen<br />
Architektur: HPP Hentrich-Petschnigg & Partner GmbH & Co. KG,<br />
Düsseldorf<br />
Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart (Dach),<br />
Krebs und Kiefer, Beratende Ingenieure für das Bauwesen<br />
GmbH (Massivbau)<br />
Stahlbau: Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH & Co. KG,<br />
Neumarkt<br />
Brandschutz: Ingenieurbüro Uhlenberg, Leverkusen<br />
Windgutachten: Wacker Ingenieure, Birkenfeld<br />
Bauherr: Bayer 04 Immobilien GmbH, Leverkusen<br />
Mit einer umfassenden Erweiterung und Modernisierung der<br />
BayArena erhielt Fußball-Bun<strong>des</strong>ligist Bayer 04 Leverkusen ein<br />
Stadion auf internationalem Niveau. Die Umbaumaßnahmen<br />
umfassten im Wesentlichen die Neugestaltung und Vergrößerung<br />
der Mannschaftsräume inklusive Physiotherapie- und<br />
Regenerationsbereiche, den Neubau eines Hospitality-Bereichs,<br />
die Restrukturierung der Medieneinrichtungen sowie die Er -<br />
weiterung der Zuschauerkapazität und die damit verbundene<br />
Neugestaltung <strong>des</strong> Stadiondaches.<br />
Dachkonstruktion<br />
Die Lasten <strong>des</strong> kreisrunden, 28 000 Quadratmeter großen Daches<br />
werden über acht V-förmige Stützen mit einem Durch -<br />
messer von je einem Meter auf ihre Betonfundamente abgeleitet.<br />
Die Tragkonstruktion <strong>des</strong> Daches basiert auf dem Prinzip<br />
98 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Oben: Details der Seilkonstruktion<br />
» Rechts: Grundriss, M 1:3000<br />
» Ostansicht<br />
eines Speichenra<strong>des</strong> mit einem äußeren, als Fachwerkträger<br />
ausgebildetem Druckring, einem Ringseil sowie 72 radial spannenden<br />
Trag- und 36 Spannseilen. Die Konstruktion <strong>des</strong> Daches<br />
ist durch eine in 36 Achsen aufgeteilte Kreisgeometrie mit je<br />
acht Ringsegmenten aus Fachwerkpfetten gekennzeichnet, die<br />
sich tangential von einem Seilbinderknoten zum anderen spannen.<br />
Insgesamt wurden knapp zehn Kilometer Stahlseile in einer<br />
Stärke von bis zu 70 Millimetern und einem Gewicht von 2 800<br />
Tonnen verarbeitet.<br />
Um Schutz vor Witterungseinflussen zu bieten, ragt das Dach<br />
im Osten weit über den ausgebauten Tribünenbereich hinaus.<br />
Die Dacheindeckung erfolgte mit eigens entwickelten, 1,50 Meter<br />
breiten transluzenten Polycarbonatplatten. Durch die filigrane<br />
Konstruktion und durchscheinende Über dachung konnte der<br />
attraktive Freilufteinruck im Stadioninneren erhalten bleiben.
» Oben: Schnitt, M 1:1500<br />
» Unten: Stadion bei Spielbetrieb<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 99
» Oben: Pylone mit abgespannten Trägern<br />
» Rechts: Ansicht Süd, M 1:800<br />
Radrennbahn Andreasried, Erfurt<br />
Architektur: Bauconzept Planungsgesellschaft mbH, Lichtenstein<br />
Tragwerk: Bauconzept Planungsgesellschaft mbH, Lichtenstein<br />
und Ingenieurbüro Teschner GmbH, Kosel<br />
Stahlbau: Zeman & Co. GmbH, Wien<br />
Brandschutz: Architekturbüro Dr. Spindler, Erfurt<br />
Bauherr: Lan<strong>des</strong>hauptstadt Erfurt, Erfurter Sportbetrieb<br />
Die Radrennbahn Andreasried ist mit über 100 Jahren die älteste<br />
der Welt. Nach dem Umbau präsentiert sich das neue<br />
Radsportstadion mit seiner 250 Meter langen Bahn als moderne<br />
Sportstätte. Dank der 7 000 Quadratmeter großen Teilüberdachung<br />
ist nunmehr ein ganzjähriger Betrieb möglich.<br />
100 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Das Stahltragwerk <strong>des</strong> Daches mit einer Länge von 124 Metern<br />
und einer Breite von 89 Metern folgt der ovalen Form der Radrennbahn.<br />
20 Pylone, die an den Stützenfüßen eingespannt<br />
sind, tragen die bis zu 31 Meter in das Gebäudeinnere aus -<br />
kragenden Binder. Die Pylone und Kragbinder wiederum werden<br />
durch ein System von Zug- und Druckstäben überspannt, so<br />
dass für die relativ große Spannweite ein ausreichend steifes<br />
Tragwerk entsteht. Die Binder sind über einen äußeren und<br />
einen inneren Ringträger miteinander verbunden. Durch die<br />
Ringträger wird, besonders im Bereich der Bahnkurven, ein<br />
räumliches Tragverhalten erzeugt, da deren Bogenwirkung wie<br />
ein horizontales Auflager wirkt. Gebogene Stahlrohre zwischen<br />
den Bindern versetzen die Membran aus PVC-beschichteten<br />
Polyestergewebe in den notwendigen, zweiachsig vorgespannten<br />
Zustand.<br />
» Oben: Isometrie der Stahlkonstruktion<br />
» Links: Radrennbahn mit überdachtem<br />
Zuschauerbereich
Brücken<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 101
» Oben: Blick von der Pylonseite zum gegenüberliegenden<br />
Widerlager<br />
» Unten: Grundriss, Längsschnitt, M 1:1000<br />
102 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Auszeichnung<br />
Fuß- und Radwegbrücke über den Urftsee<br />
(Victor-Neels-Brücke)<br />
Architektur und Tragwerk: Lorenz Cornelissen, Nideggen<br />
Stahlbau: Arge Urftseebrücke – Klein, Raulf, Pfeifer, Jünkerath<br />
Bauherr: Kreis Euskirchen<br />
Laudatio<br />
Die Urftseebrücke zeichnet sich durch ihre filigrane Tragstruktur<br />
und ihre hervorragend gelungene Integration in die landschaftliche<br />
Umgebung <strong>des</strong> Nationalparks Eifel aus.<br />
Die Widerlager sind in den von Wäldern eingefassten Ufern eingebettet,<br />
sodass aus der Ferne kaum mehr als der schlanke<br />
bogenförmige Steg wahrgenommen wird. Die Urftseebrücke<br />
überzeugt durch ihre Filigranität und die klar ablesbare Trag -<br />
wirkung, den ressourcenschonenden Materialeinsatz und ihre<br />
zurückhaltende, die Landschaft bereichernde Ästhetik.
» Oben: Querschnitte Brückendeck, M 1:100<br />
» Rechts: Abhängung der Querträger am Tragseil<br />
An einem 21 Meter hohen Pylon mit sich verjüngenden Enden<br />
ist die Seilkonstruktion der neuen Urftseebrücke aufgehängt,<br />
die mit einer Länge von 124 Metern das Tal unterhalb der Burg<br />
Vogelsang quert. Die Standsicherheit <strong>des</strong> Pylons, der zum Hang<br />
geneigt gelenkig auflagert, wird durch zwei, im Grundriss gespreizte<br />
Abspannungen sichergestellt. Zwei obere Trag- und<br />
zwei unten liegende Spannseile bilden die Tragkonstruktion<br />
der Hängebrücke. Die Tragseile verlaufen, ausgehend vom gemeinsamen<br />
Lagerpunkt am Pylon, zu dem gegen überliegenden<br />
Widerlager auf der Westseite.<br />
Der leichte Fahrweg ist an Seilen, die in einem Abstand von<br />
knapp vier Metern angeordnet sind, von den Tragseilen abgehängt.<br />
Aluminiumbohlen bilden den offenen Fahrbahnbelag, die<br />
Geländer sind als Einzelelemente aus Stahl mit einem Drahtgewebe<br />
als Füllung gefertigt. Unter dem 2,50 Meter breiten Gehund<br />
Radweg verlaufen Querträger, die in ihrer Geometrie den<br />
unterschiedlichen Krümmungen von Fahrbahn und den seitlich<br />
verlaufenden Spannseilen angepasst sind. Die Querträger sind<br />
in Längsrichtung über Stahlträger und die Spannseile miteinander<br />
verbunden. Die Vorspannung dieser auch im Grundriss gekrümmten<br />
Seile stellt die Stabilität in horizontaler sowie vertikaler<br />
Richtung sicher.<br />
Die Auflagerbereiche der Brücke wurden aus Stahlbeton gefertigt.<br />
Sichtbar sind an den Enden der Spannseile Betonscheiben,<br />
die gleichzeitig als Flügelwände dienen. Am westlichen Ufer<br />
wurden die Tragseile zusätzlich an den Brüstungsscheiben verankert,<br />
nachdem sie über kurze Pendelstützen geführt worden<br />
sind.<br />
» Untersicht Quer- und Längsträger<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 103
Auszeichnung<br />
Elbebrücke Mühlberg<br />
Entwurf: Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI GmbH, Dresden/<br />
Verkehrs- und Ingenieurbau Consult GmbH, Potsdam<br />
Ausführung: Dr. Schütz Ingenieure, Kempten/<br />
Kinkel und Partner, Neu-Isenburg<br />
Stahlbau: EIFFEL Construction Métallique, Lauterbourg<br />
Bauherr: Freistaat Sachsen/Land Brandenburg,<br />
vertreten durch das Straßenbauamt Leipzig<br />
Laudatio<br />
Die Konstruktion besticht durch formale Einfachheit, ist nachvollziehbar,<br />
aber nicht aufdringlich. Entwurf und Konstruktion<br />
stellen eine Einheit dar, wie man sie heute nur noch selten antrifft.<br />
Die Brücke fügt sich durch ihre zurückhaltende Erscheinung<br />
behutsam in den sensiblen Landschaftsraum ein, in dem<br />
zahlreiche europäische Schutzgebiete aufeinander treffen.<br />
Insgesamt verschmelzen mit diesem Entwurf die Begriffe Ort,<br />
Funktion und Ordnung zu einem gelungenen Ganzen.<br />
» Längsschnitt, Grundriss, M 1:5000<br />
104 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Mit der neuen Brücke über die Elbe bei Mühlberg wird die infrastrukturelle<br />
und wirtschaftliche Entwicklung dieser südbrandenburgischen<br />
Region weiter vorangetrieben. Bereits Anfang der<br />
30er Jahre gab es erste Pläne für eine Brücke an dieser Stelle,<br />
die aber erst zu Beginn der 90er Jahre wieder aufgegriffen wurden.<br />
Die nächstgelegenen Elbebrücken befinden sich von hier<br />
aus gesehen 20 Kilometer flussaufwärts bzw. 24 Kilometer<br />
flussabwärts. Die drei Fährverbindungen in diesem Abschnitt<br />
standen bei Hochwasser, Niedrigwasser oder Eisgang nicht zur<br />
Verfügung.<br />
Die neue leistungsfähige Verkehrsanlage entstand in 33 Monaten<br />
Bauzeit als Gemeinschaftsvorhaben <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Brandenburg<br />
und <strong>des</strong> Freistaates Sachsen. Mit der Integration eines Radweges<br />
wurde auch eine Lücke im internationalen Elbradwanderweg<br />
geschlossen.
Das Brückenbauwerk überspannt die Elbe einschließlich der<br />
Polderflächen auf einer Länge von annähernd 700 Metern, um<br />
den Bereich zwischen den beiden bestehenden Deichen zur<br />
Sicherung <strong>des</strong> Hochwasserabflusses freizuhalten. Der Flusslauf<br />
der Elbe selbst wurde ohne Strompfeiler mit einer Stützweite von<br />
144 Metern überspannt. Über der Elbe beträgt die lichte Höhe<br />
bei Mittelwasser 11 Meter. Im Grundriss beschreibt die Brücke<br />
einen Kreisbogen mit einem Radius von 1,25 Kilometern.<br />
Konstruktion<br />
Das Brückenbauwerk ist als Durchlaufträger über 12 Felder konzipiert.<br />
Der Überbau der Strombrücke wurde auf einer Länge<br />
von 420 Metern als Hohlkasten in Stahlverbundbauweise ausgeführt.<br />
Im Bereich der östlichen Vorlandbrücke geht der Überbau<br />
in einen massiven Mittelträgerquerschnitt in Spannbetonbauweise<br />
über.<br />
» Bauablauf<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 105
» Das charakteristische „Auge von Mühlberg“<br />
Prägnant ist die Gestaltung <strong>des</strong> Pfeilers am östlichen Ufer mit<br />
seiner unverwechselbaren, weithin sichtbaren Öffnung zwischen<br />
den Rahmenstielen. Der Überbau ist hier bis auf eine Höhe von<br />
zehn Metern angevoutet und löst sich im Bereich <strong>des</strong> Pfeilers in<br />
ein vorgespanntes Zugband und zwei Druckstreben auf. Die<br />
stählernen Druckstreben sind mit selbstverdichtendem, hochfestem<br />
Beton gefüllt und schließen über Betongelenke an den<br />
kurzen Stummelpfeiler an. Der Realisierung dieser hochgradig<br />
bewehrten Gelenke gingen umfangreiche Laborversuche und<br />
die Herstellung eines Probekörpers voraus.<br />
» Oben: Regelquerschnitt Verbund, M 1:200<br />
» Rechts: Verbundelement mit Inspektionssteg<br />
vor dem Betonieren der Fahrbahnplatte<br />
106 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Einbindung in die Natur<br />
Das Bauwerk liegt in einem sensiblen Landschaftsraum, in dem<br />
zahlreiche europäische Schutzgebiete aufeinander treffen. Zudem<br />
ist die Elbe in diesem Bereich ein bedeutender Zugvogelkorridor.<br />
Zur Verhinderung von Vogelschlag gegen den Fahrzeugverkehr<br />
wurden daher auf dem Brückenwerk beidseitig vier<br />
Meter hohe Kollisionsschutzwände angebracht. Um die schlanke<br />
Erscheinung der Brücke zu erhalten, wurden diese Schutzwände<br />
so transparent wie möglich ausgeführt.
Die Querung der Elbaue erforderte umfangreiche Vorkehrungen,<br />
um Beeinträchtigungen geschützter Tier- und Pflanzenarten auf<br />
ein Minimum zu reduzieren. Die Elbe, die Elbdeichvorländer<br />
und die in die Elbe mündenden Fließgewässer sind in diesem<br />
Bereich ein wichtiger Lebensraum für Biber und Fischotter. Viele<br />
der hier heimischen Pflanzenarten stehen zum Teil auf der Roten<br />
Liste der Länder Brandenburg und Sachsen.<br />
Zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen gehörten unter anderem<br />
das Freihalten der Uferzonen von Brückenpfeilern und die Reduzierung<br />
<strong>des</strong> Baufel<strong>des</strong>. Durch die Komplexmaßnahme zur<br />
Aufwertung der Auen, unter anderem die Extensivierung von<br />
Grünland sowie die Anlage von Extensivgrünland im Vorland -<br />
bereich und im Bereich der Dahle, erfolgte eine Renaturierung<br />
der baubedingt beanspruchten Flächen und eine Kompensation<br />
der Eingriffe in den Landschaftsraum. Insgesamt wurden auf<br />
rund 22 Hektar landschaftspflegerische Maßnahmen durchgeführt.<br />
» Oben: Längsschnitt Auge, M 1:500<br />
» Unten: Montage <strong>des</strong> mittleren und weiterer<br />
Verbundelemente<br />
» Anschluss der stählernen Druckstreben<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 107
Zwillingsbrücke über die Talfer, Bozen<br />
Architektur: KSV Krüger Schuberth Vandreike, Planung und<br />
Kommunikation GmbH, Berlin<br />
Tragwerk: Krone Hamann Reinke Ingenieurbüro GmbH, Berlin<br />
(Entwurf); Ingenieurteam Bergmeister GmbH, Vahrn<br />
Stahlbau: Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG,<br />
Sengenthal<br />
Bauherr: Autonome Provinz Bozen Südtirol, Bozen<br />
108 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Getrennte Führung von Rad- und Fußweg<br />
Die neuen Museumsbrücken in Verlängerung <strong>des</strong> Foyers <strong>des</strong><br />
Museums für Moderne und Zeitgenössische Kunst wirken als<br />
gebaute und benutzbare Skulptur: Radfahrer und Fußgänger<br />
benutzen zwei getrennte Brückenkörper, die in vertikaler und<br />
horizontaler Richtung gegeneinander schwingen. Die neuen<br />
Museumsbrücken aus Stahl und Geländern aus Glas sind als<br />
Raumskulptur aus zwei miteinander korrespondierenden<br />
schwingenden Kurven konzipiert. Dem Profil eines Schiffsrumpfes<br />
oder einer Flugzeugtragfläche ähnlich, überqueren<br />
die Brücken mit einem in der Mitte flacher werdenden Profil<br />
stützenfrei den Wildbach Talfer.<br />
Ermöglicht wird dies durch die tragende stählerne Außenhaut<br />
<strong>des</strong> Brückenkörpers im Zusammenspiel mit durchlaufenden<br />
Stegen im Inneren. Die Geländer bestehen aus einer Edelstahl -<br />
konstruktion mit Glasbrüstungen. Leuchtstoffröhren in den<br />
Handläufen setzen die Brücken nachts stimmungsvoll in Szene<br />
und lassen sie wie zwei dynamische Lichtlinien wirken.<br />
» Markant heben sich Zwillingsbrücke und Museum<br />
von der umgebenden Bebauung ab
» Oben: Ansicht, Grundriss, M 1:500<br />
» Rechts oben: Einheben der Brückenelemente<br />
in die Hilfskonstruktion<br />
Gegründet wurden die über 60 Meter spannenden Brückenbau -<br />
werke auf Großbohrpfählen. Aufgrund der geometrisch verur -<br />
sachten Torsion im Lagerbereich ließ sich die übliche Ausbildung<br />
eines verschieblichen Brückenlagers nicht verwirklichen. Statt -<br />
<strong>des</strong>sen sind die Brücken beidseitig in die Widerlager fundamente<br />
eingespannt. Die Schweißnähte der Brückenfahrbahn und der<br />
Seitenbleche wurden oberflächeneben geschliffen. Zusammen<br />
mit der zweifachen Krümmung der Bleche entstand so eine knickfreie<br />
monolithische Erscheinungsform.<br />
» Oben: Querschnitt, M 1:200<br />
» Unten links: Dynamische Linienführung<br />
» Unten rechts: Direkte Anbindung an das Museum<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 109
Fuß- und Radwegbrücke über die<br />
Altmühl, Eichstätt<br />
Architektur: Christian Vogel, München<br />
Tragwerk: Grad Ingenieurplanungen GmbH, Ingolstadt<br />
Stahlbau: Mühlbauer Stahl+Metallbau GmbH, Furth im Wald<br />
Bauherr: Stadt Eichstätt<br />
Brücken in hochwassergefährdeten Gebieten müssen besondere<br />
Anforderungen erfüllen. So ist das Profil der neuen Rad- und<br />
Fußbrücke über die Altmühl bei Eichstätt stromlinienförmig gestaltet.<br />
Zudem können die elementierten Geländer innerhalb<br />
kürzester Zeit demontiert werden. Der verbleibende Steg bietet<br />
daher dem schnell heranströmenden Hochwasser, das meist<br />
auch Treibholz mit sich führt, einen sehr geringen Widerstand.<br />
Die beiden Auflager aus Beton tragen durch ihre dreieckige<br />
Form ebenfalls zum günstigen Strömungsverhalten der Brücke<br />
bei.<br />
Die Brückenform ist dem Kräfteverlauf angepasst und ermöglicht<br />
eine Minimierung der Brückendicke auf 30 Zentimeter in<br />
110 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Stoß der demontierbaren Geländer -<br />
elemente<br />
» Elegant und hochwassersicher:<br />
die neue Brücke über die Altmühl<br />
Flussmitte. Aufgrund <strong>des</strong> flachen, eleganten Bogens treffen die<br />
Brückenenden das Ufer auf etwa der gleichen Höhe wie die<br />
dort vorhandenen Wege. Ein beidseits eingespannter, torsionssteifer<br />
Körper aus Stahl mit Längsrippen im Abstand von 40<br />
Zentimetern und Querrippen im Abstand von zwei Metern bildet<br />
das statische System. Die Horizontal- und Torsionskräfte<br />
aus einseitiger Belastung sowie die Kräfte aus Hochwasser mit<br />
Treibgut werden über das Betonfundament abgeleitet.<br />
Trotz der schlanken Form ist die Brücke sehr steif, mit gutem<br />
Schwingungsverhalten und angenehmer Begehbarkeit. Überprüfung<br />
und Wartung sind äußerst einfach, da alle Bereiche gut<br />
einsehbar und nur glatte Flächen vorhanden sind.<br />
Das luftdicht verschweißte Stahlelement mit einer Gesamtlänge<br />
von 35 Metern und einer größten Breite von 3,5 Metern wiegt<br />
annähernd 40 Tonnen. Der Stahlkörper wurde vollständig im<br />
Werk vorgefertigt und mit einem Korrosionsschutz aus Spritzverzinkung<br />
und Duplexbeschichtung versehen. Für die Montage<br />
waren weder Lehrgerüste noch Hilfsabstützungen erforderlich.
» Schlanker Bogen mit filigranen Details<br />
» Links: Längsschnitt, Aufsicht, M 1:200<br />
» Oben: Montage <strong>des</strong> vorgefertigten<br />
Brückenkörpers<br />
» Unten: Querschnitte, M 1:100<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 111
Brücke Ripshorsterstraße, Oberhausen<br />
Architekt: Prof. Dr.-Ing. Stefan Polonyi, Köln<br />
Tragwerksplanung: Polonyi Schülke Wiesmann, Köln/Dortmund<br />
Stahlbau: Arbeitsgemeinschaft Echterhoff Döring, Crimmitschau<br />
Bauherr: Stadt Oberhausen<br />
Die neue Brücke ersetzt drei alte, baufällige Stahlbrücken, welche<br />
die Bahnstrecke Köln-Berlin überquerten. Um die Distanz<br />
von 125 Metern zu überspannen wurde eine Bogenkonstruktion<br />
aus Stahlrohren mit abgehängter bzw. aufgeständerter Stahlbeton-Fahrbahnplatte<br />
gewählt. Mit je einer Richtungsfahrbahn<br />
sowie beidseitigen Geh- und Radwegen erreicht die Straßenbrücke<br />
eine Breite von 16,20 Metern.<br />
Die Rohrbögen beschreiben insgesamt drei Sinuskurven und<br />
sind in parallelen Ebenen zwischen den Fahrbahnen und den<br />
Geh- und Radwegen angeordnet. Wegen der zu überbrückenden<br />
Bahntrasse ist das erste Feld weiter gespannt und damit der<br />
» Rechts: Grundriss, Ansicht,<br />
M 1:1000<br />
» Unten: Die sinusförmigen Bögen<br />
112 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Fuß- und Radweg kragen auf beiden Seiten aus<br />
Bogen höher ausgeführt als bei den anderen Feldern. Nachts<br />
akzentuieren am oberen Ende der Zugstäbe montierte Strahler<br />
die Konstruktion und beleuchten gleichzeitig die Fahrbahnen.<br />
Die Sinusbögen wurden aus Stahlrohren mit 356 Millimetern<br />
Durchmesser gefertigt. Die Zugstäbe sind durch die Rohre gesteckt<br />
und an den Durchstoßpunkten stumpf verschweißt, der<br />
Anschluss an die Fahrbahnplatte erfolgt über Augstabverbindungen.<br />
An den beiden Enden der Brücke geben die Sinusröhren<br />
ihre axialen Kräfte auf mit Kleinbohrpfählen gegründete<br />
Stahlbeton-Widerlager ab.
Verkehrsbauten<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 113
» Nordfassade mit Hangartoren<br />
A380 Wartungshalle Flughafen<br />
Frankfurt am Main<br />
Architektur: gmp · von Gerkan, Marg und Partner Architekten,<br />
Hamburg<br />
Tragwerk: schlaich bergermann und partner, Stuttgart<br />
Brandschutz: Sachverständigenbüro Halfkann + Kirchner,<br />
Erkelenz<br />
Stahlbau: ARGE Bühler, Greschbach, Wendler, Altensteig<br />
(Tragwerk)<br />
Bauherr: Lufthansa Technik Objekt- und Verwaltungsgesellschaft<br />
mbH (LTOV), Hamburg<br />
» Innenansichten der stützenfreien Halle<br />
114 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Mit der Einführung <strong>des</strong> Großraumflugzeuges A380 und seinen<br />
stattlichen Abmessungen wurde für die Flughafenbetreiber der<br />
Bau größerer Wartungshallen erforderlich. Die neue Halle im<br />
Süden <strong>des</strong> Flughafengelän<strong>des</strong> bietet mit einer Grundfläche von<br />
180 x 120 Metern und einer Höhe von 31 Metern Platz für zwei<br />
Airbus A380 und eine Boeing 747. Nach der Fertigstellung <strong>des</strong><br />
geplanten zweiten Bauabschnittes soll die Gesamtlänge der<br />
Halle 350 Meter betragen.<br />
Konstruktion<br />
Die Wartungshalle, die aus dem eigentlichen Hallenkörper und<br />
einem südlich angeordneten Betriebsgebäude besteht, ist als<br />
reiner Zweckbau konzipiert. Die außen liegende Tragkonstruktion<br />
umfasst die stützenfreie Halle mit einer Grundfläche von rund
» Eckdetail Hauptträger, M 1:100<br />
20 000 Quadratmetern. Sie setzt sich aus zwei parallel geführten,<br />
15 Meter hohen Fachwerkträgern und Nebenträgern in Querrichtung<br />
mit einer Höhe von 4,20 Metern zusammen. Zwischen<br />
den Stützen, welche die Lasten der beiden Fachwerkträger abtragen,<br />
sind vertikale Windverbände angeordnet. Von dieser<br />
Struktur ist ein Stahlrost mit Windverbänden zur Horizontalaus -<br />
steifung und Trapezblechen als oberer Raumabschluss abgehängt.<br />
Die Nordfassade kann über vier Hangartore komplett geöffnet<br />
werden. Die 27,50 Meter hohen und 44 Meter breiten Tore sind<br />
in den unteren beiden Rastermodulen transparent, darüber<br />
transluzent ausgeführt. Die geschlossenen Fassaden an der<br />
West- und Ostseite sind mit silberfarbigen Sandwichpaneelen<br />
verkleidet. Integrierte großformatige Hubtore ermöglichen einen<br />
» Westfassade mit außen liegenden Stützen<br />
reibungslosen Anlieferverkehr. Zur Verbesserung der Radarverträglichkeit<br />
wurden großflächige, beschichtete Metallgewebe<br />
vor die Fassaden gehängt.<br />
Die auf der Südseite der Wartungshalle im Wechsel mit den<br />
Betriebsgebäuden angeordneten Abstellflächen sind eine<br />
Mischkonstruktion aus Stahl- und Massivbauweise. Die Stahlbetontrennwände<br />
zwischen den Abstellflächen und den Betriebsgebäuden<br />
dienen der Aussteifung der Hallenkonstruktion.<br />
» Links oben: Querschnitt mit Betriebsgebäude,<br />
M 1:2000<br />
» Links unten: Längsschnitt, M 1:2000<br />
» Oben: Anschluss der Nebenträger an den<br />
Hauptträger, M 1:100<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 115
ICE Knotenpunkt Erfurt Hauptbahnhof<br />
Architektur: Gössler Kinz Kreienbaum Architekten, Hamburg<br />
Tragwerk: Hensel Ingenieur GmbH, Kassel<br />
Brandschutz: HHP Nord/Ost, Braunschweig<br />
Stahlbau: Donges SteelTec GmbH, Darmstadt<br />
Bauherr: DB Station & Service AG, Leipzig<br />
Der neue ICE Bahnhof in Erfurt ist ein wichtiger Knotenpunkt<br />
im Netz der <strong>Deutschen</strong> Bahn. Gleichzeitig verknüpft er den<br />
Fern- und Regionalverkehr mit dem öffentlichen Nahverkehr.<br />
Die neue Bahnhofshalle wird von einer leichten, transparenten<br />
Konstruktion aus Stahl und Glas überspannt, die gemeinsam<br />
mit dem historischen Vorempfangsgebäude den Endpunkt der<br />
» Querschnitt, M 1:800<br />
116 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Oben: Lageplan, M1:7500<br />
» Links: Bahnhofsvorplatz<br />
Sichtachse für die aus der Innenstadt kommende Bahnhofstraße<br />
bildet. Im Anschluss an das Vorempfangsgebäude befindet<br />
sich unter dem Gleisfeld das Dienstleistungszentrum, das um<br />
eine zentrale Mall und die Erschließungsachsen angeordnet<br />
ist. Die Mall wird über die Bahnhofshalle durch elliptische Glasöffnungen<br />
natürlich belichtet.<br />
Das Hallendach formt eine elegante Welle hin zur Innenstadt<br />
und gliedert sich in zwei Teile: Das kleine, der Stadt zugewandte<br />
Dach orientiert sich in der Höhe an den Traufen der Gebäude<br />
in der unmittelbaren Umgebung. Das große Hallendach über den<br />
Bahnsteigen erhebt sich über dieses hinaus. Mit rund 10 000<br />
Quadratmetern Fläche zählt die Dachkonstruktion zu den größten<br />
Bahnsteighallen, die in Deutschland innerhalb der letzten<br />
100 Jahre neu gebaut wurden.
» Hauptdach mit sichtbarer Tragstruktur<br />
Konstruktion<br />
Parallel zu den Gleisen überspannt ein zweischiffiges Dach die<br />
Bahnhofshalle. Beide Tragwerke sind in Stahl ausgeführt und<br />
werden durch ein leicht geneigtes, fast senkrechtes Lichtband<br />
getrennt. Zwei durchlaufende transparente Felder belichten die<br />
Bahnsteige über die gesamte Länge. Die zur Stadt hin orientierte<br />
Nordseite ist mit einer vollflächig verglasten Pfosten-Riegelfassade<br />
geschlossen. Das Haupttragwerk <strong>des</strong> kleineren Daches<br />
wird aus fischbauchigen Zweigurtbindern gebildet, die über eine<br />
Sekundärkonstruktion in Form von Stahlpfetten und Zugbändern<br />
ausgesteift ist. Trapezbleche aus Aluminium bilden die Dachfläche<br />
und folgen der gebogenen Form <strong>des</strong> Untergurtes. In die<br />
Verkleidung aus Streckmetallkassetten ist eine schallabsorbierende<br />
Dämmung eingelegt.<br />
Das Hauptdach wird aus Dreigurtbindern geformt und ebenfalls<br />
über Stahlpfetten und Zugbänder ausgesteift. So genannte<br />
Stützenbäume vereinen die Stützen beider Dächer. Durch die<br />
Anordnung der Dachhaut auf der Oberseite <strong>des</strong> Tragwerkes<br />
bleibt dieses sichtbar. Auf der Flussseite nehmen Stahlbetonwandscheiben<br />
die Lasten der Binder auf.<br />
» Oben links: Stützenbaum<br />
» Oben rechts: Dachuntersicht mit Oberlichtband<br />
» Unten: Offene Südfassade entlang <strong>des</strong> Flusses<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 117
» Offene Metallfassade an der Rückseite<br />
Parkhaus CITTI Park, Kiel<br />
Architektur: AX5 architekten, Kiel<br />
Tragwerk: Ingenieurbüro Trebes GmbH & Co. KG, Kiel/<br />
IMC Planungsgesellschaft mbH, Leipzig<br />
Brandschutz: efg Ingenieure AG, Neumünster<br />
Stahlbau: Köster GmbH, Kiel<br />
Bauherr: CITTI Handelsgesellschaft mbH & Co. KG, Kiel<br />
118 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Seit dem Neubau <strong>des</strong> Parkhauses stehen dem Einkaufszentrum<br />
1200 zusätzliche Stellplätze zur Verfügung. Gleichzeitig wurde<br />
das verkehrsgünstig gelegene Grundstück für den Individualverkehr<br />
erschlossen und ausreichend Parkraum für Spitzenzeiten<br />
geschaffen.<br />
Konstruktion<br />
Für das Tragwerk kam ein System aus Stahlprofilen und Stahlverbunddecken<br />
zum Einsatz. Aufgrund ihrer Steghöhe erreichen die<br />
Profilbleche der Decken eine enorme Biegetragfähigkeit und<br />
» Links: Die Halle im Einfahrtsbereich<br />
wird auch von LKWs genutzt<br />
» Oben: Schallschutz durch Glas-<br />
und Holzfassaden gegenüber der<br />
Wohnbebebauung
» Grundriss, Schnitt, M 1:2000<br />
überspannen fünf bzw. 7,50 Meter. Zudem konnte durch das<br />
schlanke Deckensystem mit Geschosshöhen von drei Metern<br />
und einer lichten Höhe von 2,40 Metern das Zwischengeschoss<br />
<strong>des</strong> Einkaufzentrums an das Parkhaus angeschlossen werden.<br />
Die durch Auskreuzung ausgesteifte Stahlkonstruktion wurde<br />
verzinkt ausgeführt.<br />
Fassaden<br />
Eine licht- und luftdurchlässige Metallgitterfassade umgibt weite<br />
Teile der Tragstruktur. Durch den hohen Öffnungsanteil der vorgefertigten<br />
Stahlelemente wird der Energiebedarf für künstliche<br />
Beleuchtung und Belüftung reduziert. Ein intelligentes Park-<br />
Leitsystem trägt überdies zu einer Stromersparnis von über 80<br />
Prozent gegenüber einer konventionellen, tageslichtabhängigen<br />
Steuerung bei.<br />
Die Glasfassade im gerundeten Bereich der Rampen ermöglicht<br />
eine gute Belichtung der Fahrbahnen bei gleichzeitig optimalem<br />
Schallschutz durch ihr hohes Gewicht. Die Gussglasfassade<br />
wird nur in diesem Bereich <strong>des</strong> Parkhauses eingesetzt und<br />
bestimmt die südliche Ansicht <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>. Eine Schallschutzwand<br />
aus Holz, ca. 1,60 Meter abgesetzt vom Gebäude,<br />
bildet an der Ostseite den Schall- und Sichtschutz für die gegenüberliegende<br />
Wohnbebauung. Schon an bestehenden ähnlichen<br />
Anlagen wurde die hohe Akzeptanz solcher begrünter<br />
Schallschutzwände bei den Bewohnern im Umfeld <strong>des</strong> Grundstücks<br />
festgestellt.<br />
» Oben: Filigrane Hülle mit tragender<br />
Struktur aus Stahl<br />
» Unten: Verglaste Zufahrtsrampe<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 119
ICE-Werk, Leipzig<br />
Architektur: Lang Hugger Rampp GmbH Architekten/<br />
SSF Ingenieure GmbH, München<br />
Tragwerk: SSF Ingenieure GmbH, München<br />
Brandschutz: Brandschutz Consult Ingenieurgesellschaft mbH,<br />
Leipzig<br />
Stahlbau: Müller Offenburg GmbH<br />
Bauherr: DB Fernverkehr AG, Berlin<br />
» Oben: Querschnitt durch Fahrzeughalle und Betriebsgebäude<br />
(rechts) mit geplanter Erweiterung<br />
(links), M 1:500<br />
» Unten: Abgerundete Fassade <strong>des</strong> Betriebsgebäu<strong>des</strong><br />
120 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
» Dachübergang zwischen Fahrzeughalle und Betriebsgebäude<br />
Die ICE-Werkstatt ist in ihrer ersten Ausbaustufe eine 218 Meter<br />
lange, 21 Meter breite und ca. 10 Meter hohe, zweigleisige<br />
Fahrzeughalle, in der die Inspektion und betriebsnahe Wartung<br />
sowie die Instandhaltung und kleinere Bedarfsreparaturen an<br />
ICE-T- und Reisezügen durchgeführt werden. Als zweite Ausbaustufe<br />
ist die Erweiterung für den Anbau eines dritten Gleises,<br />
als dritte Ausbaustufe der Anbau einer Außenreinigungsanlage<br />
vorgesehen. Planung und Bemessung der Tragstruktur berücksichtigen<br />
bereits diese möglichen Erweiterungen.<br />
Konstruktion<br />
Auf eingespannten Stahlbetonstützen gelenkig gelagerte, bombierte<br />
Einfeldträger aus Stahl überspannen die zwei Gleise der<br />
Fahrzeughalle und geben eine leicht geschwungene Dachform<br />
vor. Diese wird über das angrenzende Betriebsgebäude hinweg<br />
bis in die Fassade weitergeführt. Als formgeben<strong>des</strong> Traggerüst<br />
dienen hier gebogene Stützen aus Stahlprofilen, die statisch<br />
von der Fahrzeughalle entkoppelt sind. Bei beiden Dächern bilden<br />
Trapezbleche die tragende Schale, die zwischen den Dachbindern<br />
über eine Länge von 6,60 Metern spannt und diese<br />
horizontal stabilisert. Da die Fahrzeughalle länger ist als das<br />
Betriebsgebäude, vermittelt ein elegant geschwungener Übergang<br />
zwischen den beiden Dachflächen.<br />
» Innenansicht der zweigleisigen Fahrzeughalle
» Grundriss, Schnitt, M 1:1000<br />
Tankstellenterminal, München<br />
Architektur: Haack + Höpfner Architekten, München<br />
Tragwerk: Brengelmann Ingenieure, München<br />
Brandschutz: Ingenieurbüro für Brandschutz,<br />
Manfred Oelmaier, Biberach<br />
Stahlbau: Metallbau Weischlitz GmbH, Weischlitz<br />
Bauherr: Allguth GmbH, München<br />
» Das flexible Baukastensystem passt<br />
sich unterschiedlichen Standorten an.<br />
» Verkaufsraum als Teil <strong>des</strong> modularen Systems<br />
Die Anlage ist der sechste Neubau auf der Basis eines Bau -<br />
kastensystems, das aufgrund der erforderlichen Spannweiten<br />
in Stahl ausgeführt ist. Auffälliges Gestaltungsmerkmal ist das<br />
durchlaufende Dach, das unterschiedliche Nutzungsbereiche<br />
zusammenfasst und sich über die gesamte Anlage erstreckt.<br />
Als Gitterrost ausgebildet und punktweise unterstützt, spannt<br />
es über eine Gesamtlänge von knapp 82 Metern. Straßenseitig<br />
vereint ein schmales Leuchtband das Dach mit dem Verkaufsraum,<br />
der als gläsernes Volumen in das dreidimensionale<br />
Ordnungsraster integriert ist. Natürliches Licht gelangt durch<br />
ein Oberlichtband aus zehn ETFE-Kissen und weist den Weg<br />
von den Zapfsäulen bis in den Verkaufsraum.<br />
<strong>bauforumstahl</strong> 121
Fotonachweis<br />
Titel, S. 6, 7: Bruce Sutherland | S. 4, 5: >><strong>bauforumstahl</strong> | S. 8,<br />
9, 87, 92, 93 oben, 93 unten, 94–97, 116, 117: Marcus Bredt |<br />
S. 10, 12: Stefan Giers | S. 11: Thomas Spier | S. 13, 22, 23,<br />
24 oben, 25: Jens Passoth | S. 14–17: Jan-Oliver Kunze | S. 18,<br />
19, 46–49, 59 oben: Roland Halbe | S. 20, 21: Johannes-Maria<br />
Schlorke | S. 24 unten, 31: Brigida Gonzales | S. 26, 27 oben,<br />
38, 39: Tomas Riehle | S. 27 unten: Karl-Heinz Schommer |<br />
S. 28: Klemens Ortmeyer | S. 29, 83: Rainer Viertlböck | S. 30<br />
oben: Iwan Baan | S. 30 unten links, 32 unten rechts: Hertha<br />
Hurnus | S. 30 unten rechts, 32 oben, unten links, unten Mitte:<br />
Delugan Meissl Associated Architects | S. 33, 61 unten: Hans<br />
Georg Esch | S. 34, 35, 36 oben, 37 unten: Andreas Keller |<br />
S. 36 unten, 37 oben: ingenhoven architects | S. 40 oben, 41<br />
oben: Johannes Arlt | S. 40 unten: Rüdiger Mosler | S. 41 unten:<br />
Archiv Prof. Slawik | S. 42, 43: Gerhard Hagen | S. 44: Markus<br />
Hauschild | S. 45, 56, 57 oben: Stefan Müller-Naumann | S. 50<br />
oben, 51: Jörg Schöner | S. 50 unten: Jürgen Lösel | S. 52: Dieter<br />
Leistner | S. 53: Ruedi Walti | S. 54, 70, 71: Florian Holzherr |<br />
S. 55 oben, unten: Dr. Cordia Schlegelmilch | S. 55 Mitte rechts:<br />
DOM publishers | S. 57 unten: Thomas B. Strunz | S. 58: Jörg<br />
Hempel | S. 59 Mitte, unten: Christoph Bohsung | S. 60: Hans<br />
Jürgen Lan<strong>des</strong> | S. 61 oben: Lars Behrendt | S. 62: Deimel +<br />
Wittmar | S. 63, 76, 77: Jens Weber | S. 64, 65 unten: Thomas<br />
122 <strong>Preis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Stahlbaues</strong> <strong>2010</strong><br />
Ott | S. 65 oben: Karl Huber | S. 66 oben und unten rechts: MAB<br />
Development Deutschland GmbH | S. 66 unten links: Christian<br />
Sauter | S. 67: Knippers Helbig | S. 68, 69: Holger Knauf | S. 72,<br />
73: RMA | Reichardt-Maas-Assoziierte Architekten | S. 74 oben:<br />
Fa. Gienger | S. 74 unten: Roland Weegen | S. 75 oben: Tommy<br />
Lösch | S. 75 unten: peterlorenzateliers | S. 78: Steffen M. Gross |<br />
S. 79, 85: Stefan Schilling | S. 80, 81: Marc Lins | S. 82: Droste<br />
Droste & Urban Architektengesellschaft mbH | S. 84: Constantin<br />
Meyer | S. 86: Svea Erdmann | S. 88–91: terrain:loenhart&mayr<br />
architekten und landschaftsarchitekten | S. 93 unten links:<br />
gmp · von Gerkan, Marg und Partner | S. 98 oben, 99: Jens<br />
Willebrand | S. 98 unten: Axel Schmidt | S. 100 oben: Michael<br />
Sander | S. 100 unten: Boris Golz | S. 101–103: Lorenz<br />
Cornelissen | S. 104–107: Straßenbauamt Leipzig | S. 108 oben:<br />
René Riller | S. 108 unten: Ludwig Thalheimer | S. 109 oben:<br />
KSV Krüger Schuberth Vandreike | S. 109 unten links: Soeren<br />
Drube | S. 109 unten rechts: Othmar Seehauser | S. 110, 111:<br />
Christian Vogel | S. 112 oben: Schülke Wiesmann | S. 112<br />
unten: Dieter Golland | S. 113, 114 oben und unten rechts,<br />
115: Jürgen Schmidt | S. 114 unten links: Lufthansa | S. 118,<br />
119: Arne Biederbeck | S. 120 oben: Guido Krull | S. 120 unten<br />
links: Ulrich Windoffer | S. 120 unten rechts: Peter Voland |<br />
S. 121: Dominik Münich
Deutscher Stahlbau-Verband DSTV<br />
Der DSTV vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber<br />
Politik, Verwaltung, Wissenschaft, anderen Institutionen und<br />
Verbänden mit dem Ziel, den Stahlbau zu fördern und neue<br />
Märkte zu erschließen.<br />
Er arbeitet mit in den Gremien der Europäischen Konvention<br />
für Stahlbau EKS. Er informiert und berät über technische Entwicklungen<br />
im Stahlbau, initiiert Forschungsvorhaben und veröffentlicht<br />
die Ergebnisse.<br />
Er wirkt mit an der nationalen und europäischen Normung und<br />
bearbeitet in Ausschüssen Themen, wie EDV-Einsatz, Brandund<br />
Korrosionsschutz, Fertigung und Montage, Verbundbau.<br />
Die Ergebnisse werden in Arbeitshilfen aufbereitet, auf Wunsch<br />
erfolgt eine individuelle Beratung.<br />
Er erstellt Berichte zur wirtschaftlichen Lage, Wirtschaftsdaten,<br />
Betriebsvergleiche, Kennzahlen etc. Zu Rechtsfragen gibt er<br />
weiterführende Arbeitshilfen heraus.<br />
Er bietet praxisorientierte Weiterbildung zu Themen wie Stahlverbundbau,<br />
Projektmanagement, Richtmeister ausbildung,<br />
Akquisition, Verkauf, Bau- und Vergaberecht.<br />
Er informiert über seine Aktivitäten durch Pressearbeit, Publikationen,<br />
die Zeitschrift „Stahlbau-Nachrichten“ sowie durch<br />
Infodienste.<br />
>><strong>bauforumstahl</strong> e.V.<br />
Sohnstraße 65<br />
40237 Düsseldorf<br />
Postfach 10 48 42<br />
T: +49(0)211.6707.828<br />
F: +49(0)211.6707.829<br />
zentrale@<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />
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>>Zentrale<br />
Sohnstraße 65<br />
40237 Düsseldorf<br />
zentrale@<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />
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F: 0211.6707.829<br />
Geschäftsführer<br />
Dr. Bernhard Hauke<br />
T: 0211.6707.828<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Dipl.-Vw. Angelika Demmer<br />
angelika.demmer@<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />
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Brandschutz<br />
Dipl.-Ing. Hans-Werner Girkes<br />
hans.girkes@<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />
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Nachhaltigkeit<br />
Dipl.-Ing. Diana Fischer<br />
diana.fischer@<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />
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>>Büro West<br />
Dipl.-Ing. Hans-Werner Girkes<br />
hans.girkes@<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />
T: 0211.6707.826<br />
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ronald.kocker@<strong>bauforumstahl</strong>.de<br />
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»<strong>bauforumstahl</strong> ist ein auf das Bauwesen spezialisiertes,<br />
unabhängiges Forum für Beratung und Wissenstransfer. Es wird<br />
getragen von Unternehmen und Organisationen aus dem Stahlbereich.<br />
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tionen, Arbeits- und Bemessungshilfen, Online-Tools, Ver -<br />
anstaltungen, Schulung und Nachwuchsförderung – vielfach<br />
in Kooperation mit Architekten- und Ingenieurkammern, Bauunternehmen,<br />
Fachverbänden und Hochschulen. Die Angebote<br />
richten sich an Architekten, Ingenieure und Bauausführende,<br />
private und öffentliche Bauherren, Investoren, Hochschulen<br />
und Studierende sowie die breite Fachöffentlichkeit. Die Fachberatung<br />
durch ein Team Praxis erfahrener Ingenieure ist kostenfrei<br />
und vertraulich.<br />
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und Stahlverbund im Geschoss- und Brückenbau, Wirtschaftlichkeit,<br />
Nachhaltigkeit und Innovationen, Brand- und Korro -<br />
sionsschutz bis zur Fertigung und Bauausführung.<br />
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und Forschungseinrichtungen, Sachverständigen, Fach- und<br />
Normenausschüssen, behördlichen Gremien sowie nationalen<br />
und internationalen Organisationen.<br />
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