AWO IN BAYERN / Helfer Ausgabe 1/2012 (.pdf - Arbeiterwohlfahrt ...
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Im Betreuten Wohnen wird<br />
eine eigene Wohnung ausgestaltet<br />
und bewohnt<br />
Letztlich war dann die Diagnose einer endogenen Psychose<br />
eher die Erleichterung für Frau Sommer und ihre<br />
Umwelt. So konnte man diesem furchterregenden Phänomen<br />
einen Namen geben, trotzdem dauerte es eine<br />
lange Zeit, bis Frau Sommer ihre Krankheit auch selber<br />
annehmen konnte.<br />
Es folgte eine Zeit von Brüchen in der Lebenslinie. Immer<br />
wieder flammte die Krankheit auf und zwang Frau<br />
Sommer, meist gegen ihren Willen, zu Aufenthalten in<br />
psychiatrischen Fachkrankenhäusern. Die Ehe scheiterte,<br />
die Kinder zogen sich von ihr zurück, Arbeitsversuche<br />
wurden meist nach wenigen Wochen beendet, eine<br />
eigene Haushaltsführung endete im Chaos. Und immer<br />
wieder Aufenthalte in der Psychiatrie.<br />
Nun wurde Frau Sommer mit Hilfe eines Betreuers deutlich<br />
gemacht, dass sie wohl derzeit aus eigener Kraft<br />
weder die Krankheit, noch die Lebensgestaltung würde<br />
meistern können.<br />
Somit erfolgte die Aufnahme im Waldheim Sonnenland<br />
der <strong>AWO</strong> Fürth-Stadt, einem Langzeitwohnheim für<br />
seelisch kranke Menschen. Hier wurde Frau Sommer erst<br />
einmal Zeit gegeben. Sie musste nicht sofort bestimmte<br />
Ansprüche erfüllen, sondern geduldige therapeutische<br />
Mitarbeiter suchten nach Ansätzen der Entwicklungsfähigkeit<br />
in vielen Einzelgesprächen mit ihr. Wünsche,<br />
Ziele, Hoffnungen und Erwartungen, die Frau Sommer<br />
formulierte, wurden mit den realen Lebenssituationen<br />
und Möglichkeiten abgeglichen, Perspektiven konkret<br />
entwickelt und in eine zeitliche Abfolge gestellt.<br />
<strong>AWO</strong> in Bayern 1-<strong>2012</strong><br />
Routiniert fügt Frau<br />
Sommer die Einzelteile<br />
zusammen<br />
Nebenher bildete das Zusammenleben mit Menschen aus<br />
ähnlichen Biografien für Frau Sommer einen Ort des Angenommenseins,<br />
des Verständnisses und des Austausches<br />
auf gemeinsamer Verständnisebene.<br />
So konnte Frau Sommer auch das Tempo ihres Entwicklungsprozesses<br />
selber mitbestimmen. Und Entwickeln<br />
wollte sie sich mit aller Kraft und hatte auch ein klares<br />
Ziel: Selbständig zu werden, weitgehend normal zu leben,<br />
zufrieden sein zu können und mit der Krankheit leben<br />
zu können.<br />
Frau Sommer akzeptierte nun auch, Medikamente einzunehmen,<br />
Arztkontakte zu pflegen und medizinische<br />
Unterstützung bei Krisen einzuholen. Somit stabilisierte<br />
sie sich immer mehr. Krankheitsbedingte Krisen, die<br />
früher meist in Klinikaufenthalte mündeten, konnten im<br />
Vorfeld aufgegriffen und behandelt werden und mit der<br />
Zeit wurden diese Krisen auch immer weniger.<br />
Der nächste Schritt war somit möglich: Verlegung aus<br />
dem Haupthaus in den nahe gelegenen Bungalow. Frau<br />
Sommer freute sich über die kleine Wohngruppe mit 4<br />
Bewohnern und das Einzelzimmer. Außerdem war das<br />
Zusammenleben sehr viel stärker selbst organisiert und<br />
wurde nicht so stark von Pädagogen mit begleitet. Hier<br />
ging es auch stimmungsmäßig bei Frau Sommer immer<br />
weiter bergauf, und schon nach kurzer Zeit konnte der<br />
nächste Schritt angegangen werden: Das Überwechseln<br />
in die Außenwohngruppe, mitten in der Fürther Südstadt.<br />
Noch weniger Betreuung, nachts und am Wochenende<br />
nur eine telefonische Krisenschaltung ins Wohnheim, die<br />
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<strong>AWO</strong> in Fürth