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Danziger B! Alemannia zu Aachen<br />

Rheno-Palatia Augsburg<br />

Berliner B! Obotritia<br />

Alemannia Bonn<br />

Frisia Darmstadt<br />

Rheno-Markomannia Darmstadt<br />

Rugia Darmstadt<br />

Bubenreuther Erlangen<br />

Franconia Freiburg<br />

Frankonia Gießen<br />

Brunsviga Göttingen<br />

Alt-Germania Hannover<br />

Hannoversche B! Teutonia<br />

Markomannia Kaiserslautern<br />

Karlsruher B! Arminia<br />

Tulla Karlsruhe<br />

Suevia Köln<br />

Roter Löwe Leipzig<br />

Alemannia Marburg<br />

Arminia Marburg<br />

Arminia Stuttgart<br />

Stuttgarter B! Ulmia<br />

32. AusgAbe | 16. JAhrgAng<br />

SoMMErSEMEStEr 2012<br />

ACADEMICUS<br />

Magazin der neuen deutSchen BurSchenSchaft<br />

Spezial:<br />

Wort und Wirkung<br />

Bewegung braucht Anstoß<br />

ProjEkt:<br />

BUrSChEnSChAftEr SEIn –<br />

EIn LEItBILD<br />

VErBAnDSLEBEn:<br />

jUStItIA VErSUS AStA<br />

GESELLSChAft:<br />

ACtA – SInD UnSErE<br />

GrUnDrEChtE In GEfAhr?


2<br />

Inhalt<br />

3 GRussWoRT<br />

von Bernd Preiß<br />

4 leseRBRIeFe<br />

AKTuell<br />

5 Von den Delegiertentagen<br />

von Tobias Becker<br />

6 Fuxentagung – ein Bericht<br />

von Florian stopinski<br />

und Tobias Becker<br />

8 Burschentag 2012<br />

einladung nach Landau<br />

speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />

9 Design und Wirkung<br />

von Bernd Preiß<br />

und aljoscha Harmsen<br />

12 Mehr miteinander reden<br />

von Tobias Becker<br />

14 einfach nur erzählen<br />

von arnulf Baumann<br />

15 <strong>Burschenschaft</strong>er sein –<br />

ein leitbild<br />

von Norbert seid<br />

16 „Rein juristisch gerechtfertigt“<br />

chronologie eines skandals<br />

17 cDA-Mitgliedschaft ruht<br />

Pressemitteilung der <strong>Neue</strong>ndB<br />

18 Die emser Depesche –<br />

ein gelungenes Missverständnis<br />

von aljoscha Harmsen<br />

20 Netzquellen<br />

Webseiten für Korporierte<br />

hochschule<br />

22 Justitia versus AstA?<br />

von Gerd Wauer<br />

VeRBANDsleBeN<br />

21 entwicklungen in<br />

cDA und VVAB<br />

erfolgsaussichten für Reformen?<br />

academicus 1/2012<br />

24 „Ihr wart ja mal Revolutionäre ...“<br />

von martin Haape<br />

26 Zehn Jahre <strong>Neue</strong>DB-Akademie<br />

von Frank Berndsen<br />

28 Auf dem Weg zur<br />

200-Jahr-Feier<br />

von arnulf Baumann<br />

29 125 Jahre VAB Krefeld<br />

von Hans engelskirchen<br />

30 110 Jahre <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

von eberhard schatz<br />

35 Rugia fördert Talente<br />

ein Beitrag zum „deutschlandstipendium“<br />

37 Meinungsduell: Vaterland<br />

autoren: Werner drewing<br />

und dr. Peter Kaupp<br />

GesellschAFT<br />

42 Rassismus: ein Bericht nach<br />

persönlichen erlebnissen<br />

von Horst Frerking<br />

44 AcTA – Grundrechte in Gefahr?<br />

von christoph Hochstätter<br />

GeschIchTe<br />

48 Aus unseren Reihen:<br />

Fritz Reuter<br />

von arnulf Baumann<br />

INFoRMATIoNeN<br />

52 Rezension:<br />

eine Geschichte der ehre<br />

von arnulf Baumann<br />

54 <strong>Burschenschaft</strong>erfahrt<br />

nach ostpreußen<br />

55 Termine<br />

56 stammtische<br />

59 Anschriften<br />

Impressum<br />

herausgeber<br />

<strong>Neue</strong> deutsche <strong>Burschenschaft</strong> e.V.<br />

redaktion<br />

aljoscha Harmsen<br />

maria­Theresia­str. 13<br />

79102 Freiburg<br />

e­mail: academicus@neuedb.de<br />

Anzeigen<br />

siehe Redaktion<br />

anzeigenpreise auf Nachfrage<br />

Auflage<br />

4.500 exemplare<br />

einzelverkauf<br />

Preis inkl. inlandsversandkosten:<br />

je exemplar 6 €; Jahresabonnement<br />

für Kalenderjahr 12 € (Verlängerung<br />

durch Überweisung bis spätestens<br />

31. dezember des Vorjahres).<br />

Bestellungen: vorzugsweise an<br />

stellv@neuedb.de, ersatzweise an<br />

<strong>Neue</strong>dB, Ringstr. 29, 91080 marloffstein.<br />

Bankverbindung: Kto. 3950060,<br />

BLZ 50090500 (sparda­Bank Hessen),<br />

Verwendungszweck „academicus“.<br />

beiträge<br />

Wir bitten alle Beiträge wenn möglich<br />

per e­mail an die Redaktion zu senden.<br />

Folgende angaben werden benötigt:<br />

autorenname, Bund, eintrittsjahr (nicht<br />

semester!) sowie auskunft, ob der artikel<br />

im internet veröffentlicht werden darf.<br />

ein anspruch auf abdruck besteht<br />

nicht. die Redaktion behält sich Kürzungen<br />

vor.<br />

gestaltung<br />

sturmtiefdesign münchen<br />

der academicus erscheint halbjährlich<br />

und wird an alle mitglieder der<br />

mitgliedsvereinigungen der <strong>Neue</strong>n<br />

deutschen <strong>Burschenschaft</strong> versandt.<br />

Namentlich gezeichnete autorenbeiträge<br />

stimmen nicht unbedingt mit der<br />

meinung des Herausgebers überein.<br />

Redaktionsschluss der ausgabe für<br />

das Wintersemester 2012/13 ist der<br />

30. september 2012<br />

GRussWoRT<br />

<strong>Burschenschaft</strong><br />

In der schweBe<br />

Liebe Leser,<br />

vieles um uns herum ist in der schwebe. Was wird beispielsweise<br />

am ende jenes Zerfallsprozesses stehen, den<br />

die burschenschaftliche Bewegung seit Jahrzehnten erlebt<br />

und der sich nun offensichtlich exponentiell beschleunigt?<br />

Welchen Weg wird die <strong>Burschenschaft</strong>liche Bewegung zwischen<br />

rechten umtrieben in den eigenen Reihen und linker<br />

Gewaltbereitschaft von außen beschreiten? chronisch<br />

unerfreulich sind die „ganz normalen“ Anfeindungen aus<br />

der studentenschaft. Mir ist nicht bange um die <strong>Burschenschaft</strong><br />

an sich. sie hat Metternich, hitler und ulbricht überlebt,<br />

sie wird auch die selbstgerechtigkeit gewaltbereiter<br />

pazifisten überleben. Dennoch muss etwas getan werden.<br />

ein Ansatz ist im Beitrag „Justitia versus AstA?“ auf seite<br />

22 beschrieben.<br />

Konsequenzenloses säbelrAsseln?<br />

hin- und hergerissen mögen unsere Verbandsbrüder angesichts<br />

der entwicklungen in der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong><br />

sein. Wir alle sind wohl der Abgrenzungen müde, doch die<br />

eskapaden verbieten wohl noch lange Zeit ein schweigsames<br />

Wegsehen. Der jüngste streich: Der schriftleiter der<br />

<strong>Burschenschaft</strong>lichen Blätter bestreitet, dass der in den<br />

letzten Kriegstagen durch das Ns-Regime hingerichtete<br />

Theologe Dietrich Bonhoeffer als burschenschaftliches Vorbild<br />

geeignet sei – er sei schließlich als „landesverräter“<br />

mitverantwortlich für den Tod von deutschen soldaten auf<br />

dem schlachtfeld, seine Verurteilung „rein juristisch“ gerechtfertigt.<br />

Der staatsanwalt ermittelt, die Öffentlichkeitswirkung<br />

ist einmal mehr verheerend. Die <strong>Neue</strong>DB konnte in<br />

einem Interview, das die Danziger <strong>Burschenschaft</strong> Alemannia<br />

zu Aachen der „Welt am sonntag“ gegeben hat, ihren<br />

standpunkt klarstellen.<br />

Darf sich die <strong>Neue</strong>DB angesichts der fortgesetzten un-<br />

von Bernd preiSS<br />

<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther Erlangen (1992)<br />

Stellvertretender vorsitzender neueDB<br />

säglichkeiten auf ein konsequenzenloses säbelrasseln beschränken?<br />

Der Vorstand meint „Nein“ und hat deshalb<br />

die Mitarbeit im cDA, dem auch die DB angehört und der<br />

einen Ausschluss der DB letzthin abgelehnt hat, zumindest<br />

bis zum Burschentag auf eis gelegt (siehe pressemitteilung<br />

auf seite 17).<br />

KritiK oder MiesMAcherei?<br />

In der schwebe ist das eine oder andere in unserem Verband.<br />

Ich möchte einen punkt, der mir besonders am herzen<br />

liegt, herausgreifen: Neben legitimer Kritik findet man<br />

leider auch ein Verhalten, das als Miesmacherei bezeichnet<br />

werden muss. Dass uns andere schlechtreden wollen, ist<br />

klar, aber dass die eigenen leute den unterschied zwischen<br />

sachlicher Kritik, von mir aus auch begründeter Ablehnung,<br />

und argumentefreier stimmungsmache manchmal nicht<br />

mehr zu kennen scheinen, erscheint mir wenig burschenschaftlich.<br />

Darunter leidet auch das Verhältnis der Mitglieder<br />

untereinander. Gegen Miesmacherei – sei es von innen<br />

oder von außen – hilft Rückgrat. In Zeiten wie diesen zeigt<br />

sich, ob Tugenden wie Respekt, Besonnenheit, sachlichkeit<br />

oder ehrenhaftigkeit zu Versatzstücken in burschenschaftlichen<br />

sonntagsreden verkommen sind oder ob sie noch immer<br />

echte prägekraft besitzen.<br />

eine andere negative entwicklung im Verband haben wir<br />

immerhin seit dem letzten Burschentag gestoppt: Die Kommunikationselemente<br />

der <strong>Neue</strong>nDB, aufgrund ihres Alters<br />

sichtlich „ergraut“, wurden überarbeitet und machen dem<br />

Bestandteil „Neu“ in unserem Namen wieder ehre. Wir berichten<br />

ab seite 9.<br />

Zum schluss möchte ich anmerken: Wer schwebezustände<br />

beenden möchte, der muss sein Gewicht in die Waagschale<br />

werfen. Die <strong>Neue</strong>DB hat Gewicht, wenn sie nur will. Mit<br />

knapp zwei Dutzend Bünden und einer struktur, um die uns<br />

andere beneiden, können wir viel erreichen. Daran hindern<br />

können uns nur Miesmacherei und Tatenlosigkeit.<br />

academicus 1/2012<br />

3


4<br />

academicus 1/2012<br />

leseRBRIeFe<br />

der leser hat das wort<br />

(Die Redaktion behält sich Kürzungen vor)<br />

stiMMen zuM neuen layout<br />

Nach dem „Bärendienst“ ist die neue Ausgabe<br />

ein echter „Knaller“, der durchaus beeindruckt.<br />

Nachdem ich vor Jahren selbst schriftleiter unserer<br />

Bubenreuther Zeitung war, konnte ich die Fehlleistung<br />

nur so einordnen, dass da einiges durch-<br />

Mir fällt in der ersten Ausgabe in neuer Gestaltung<br />

auf, dass der academicus bunt mit beliebigen<br />

Fotos und eingeschobenen Textblöcken nicht<br />

moderner, sondern unruhiger wirkt. Mit einer<br />

engen und durch einen größeren Zeilenabstand<br />

klein wirkenden schrift wird eher das Format von<br />

layout und Design finde ich ganz gelungen, auch wenn<br />

schwarz-rot-gold etwas inflationär verwendet wird.<br />

....<br />

Ich muss den Verantwortlichen ein ganz großes<br />

lob aussprechen! Jetzt haben wir eine Verbandszeitung,<br />

die wirklich vorzeigbar ist!<br />

Der schreiber dieser Zeilen hat die 75 überschritten.<br />

Da ist es doch schön, dass die jungen Verbandsbrüder<br />

meiner burschenschaftlichen Verbandszeitschrift<br />

jetzt einmal in die letzte Nummer<br />

einige Demenzprüfungstests eingebaut haben.<br />

Beim lesen des Berichtes vom Burschentag im<br />

academicus Nr. 31 begann ich nämlich erstmals<br />

zu stutzen: „Das kommt dir doch bekannt vor –<br />

hast du das nicht schon einmal gelesen? Bin ich<br />

tatsächlich schon so dement?“ Mit solchen finste-<br />

einandergekommen war. Wahrscheinlich war es<br />

wie so oft in dem Geschäft Zeitdruck! und dann<br />

liegt ein Fehldruck sehr nahe. umso besser ist<br />

der Neudruck. Weiter so und der „Bärendienst“<br />

ist schnell vergessen!<br />

von prof. eM. Manfred reichel<br />

<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther<br />

Kleingedrucktem erreicht, kurz gesagt, der alte<br />

schriftsatz war wesentlich leserfreundlicher. Zu<br />

allem Überfluss dann diese brutale, die Farben<br />

der <strong>Burschenschaft</strong> beinahe verunglimpfende<br />

Bandierung der seitenränder – das sticht tatsächlich<br />

ins Auge, tut aber weh!<br />

von peter harder<br />

Karlsruher <strong>Burschenschaft</strong> Arminia<br />

Viele der Aktiven haben gesagt, dass dieser academicus<br />

viel besser ist als vorher (obwohl sich<br />

am Inhalt nichts geändert hat). Die leserate ging<br />

auch sofort hoch.<br />

VerBandSBrüder Via faceBook<br />

zuM speziAl „KeIn raum für rassIsmus“<br />

Ich freue mich und bin stolz, dass ich in meiner<br />

aktiven <strong>Burschenschaft</strong> als Bundesbrüder auch<br />

ren Gedanken habe ich mich dann weiter durch<br />

das ziemlich dicke heft gekämpft und durfte am<br />

ende mit stolz eine vollbrachte geistige leistung<br />

vermelden: „Demenztest bestanden! Alle Wiederholungspassagen<br />

gefunden.“ Das sind insgesamt<br />

vier Beiträge mit zusammen über drei seiten doppelt<br />

gedrucktem Text! Danke für dieses erfreu liche<br />

erfolgserlebnis für einen von Demenzängsten<br />

bedrängten betagten leser und „Alten herren“!<br />

von dipl. ing. dietMar knorr<br />

Frisia Darmstadt (1956) zum academicus-Fehldruck<br />

auf einen Briten sowie einen chinesen treffe, die<br />

sich zu uns bekennen!<br />

von dr. Wolfgang Von WieSe<br />

Teutonia Hannover<br />

AKTuell<br />

MitgliedschAft iM cdA<br />

Kontroverser verlief die Diskussion über die<br />

weitere Mitgliedschaft der <strong>Neue</strong>nDB im cDA.<br />

Der Vorstand hatte beschlossen, die Mitgliedschaft<br />

wegen der jüngsten Vorkommnisse um<br />

die Bonhoeffer-Äußerungen aus DB-Kreisen bis<br />

auf Weiteres ruhen zu lassen. ein Vorstandsantrag<br />

an den Burschentag sieht drei Varianten vor:<br />

Austritt, weiteres Ruhenlassen oder einsatz für einen<br />

wirkungsvollen Korporationsverband; dieser<br />

kann auch ein stark reformierter cDA sein. Die<br />

letzte Variante fand breite Zustimmung.<br />

Die Ausgestaltung der Fuxentagung war ein weiterer<br />

Agendapunkt. Das hauptaugenmerk soll<br />

in Zukunft auf dem gegenseitigen Kennenlernen<br />

liegen. Kritisiert wurde, dass die bisherigen seminare<br />

doch reichlich schwere Dachverbandskost<br />

für Neulinge bereithalten.<br />

Zuletzt wurde das neue Design für den academicus<br />

sowie für Briefe und den Internet-Auftritt der<br />

<strong>Neue</strong>n <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> vorgestellt. es<br />

wurde sehr positiv aufgenommen.<br />

burschenschAftliches VerhAlten<br />

Da über die beiden vergangenen Delegiertentage<br />

in Gießen noch nicht berichtet werden konnte,<br />

“Zum Zusammenwachsen<br />

des<br />

Verbands beitragen.“<br />

Von den delegIertentagen<br />

von toBiaS Becker<br />

Rheno-Markomannia Darmstadt (2006)<br />

Der dritte Delegiertentag – oder „DT“, wie er mittlerweile abgekürzt wird – stand im Zeichen<br />

der Burschentagsvorbereitung. Der Antrag „Verlegung des Geschäftsjahres der Vorsitzenden<br />

<strong>Burschenschaft</strong>“ fand breite Zustimmung. Das Vorsitzjahr soll am Tag nach dem Burschentag<br />

beginnen, um das zeitliche engagement der Aktiven von drei auf zwei semester ab Zeitpunkt der<br />

Wahl zu verkürzen.<br />

sei dies hier im Telegrammstil nachgeholt. In Gießen<br />

wurden das scheitern des Verhaltenskodex<br />

und der Rücknahme des Antrags bezüglich einer<br />

Disziplinarordnung auf dem BT 2011 kontrovers<br />

diskutiert. Die unterstützer der Initiativen kündigten<br />

an, dass sie auf eine nachhaltige Diskussion<br />

über burschenschaftliches Verhalten im Verband<br />

setzen wollten.<br />

ebenfalls Themen in Gießen waren <strong>Neue</strong>DB-<br />

Veranstaltungen und inhaltliche Initiativen.<br />

Grundsätzlich besteht der Wunsch nach mehr<br />

ungezwungenen Veranstaltungen im Dachverband.<br />

Der Vorschlag, eine Veranstaltung mit<br />

sportlichem charakter zu organisieren, wurde<br />

begrüßt. Die Arbeitsgruppe Zukunft (AGZ) präsentierte<br />

einen Vorschlag für ein burschenschaftliches<br />

leitbild. Dieses soll eng mit Werten und<br />

haltungen verknüpft werden, die für ein starkes<br />

Vaterland im 21. Jahrhundert nötig sind. Die Initiative<br />

wurde sehr positiv von den Delegierten<br />

aufgenommen.<br />

es zeigt sich, dass die Verbandsbrüder sehr konstruktiv<br />

diskutieren und die Delegiertentage zum<br />

Zusammenwachsen des Verbands beitragen<br />

können. Die Delegiertentage stehen und fallen<br />

jedoch mit der Teilnahme der Bünde, deshalb sei<br />

schon jetzt auf den DT am 3. November in Darmstadt<br />

hingewiesen.<br />

academicus 1/2012<br />

5


6<br />

AKTuell<br />

Fuxenkneipe im Eisenacher Hof Auf dem Weg zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

fuxentagung<br />

eIn BerIcht aus sIcht der VorsItzenden<br />

Bei der diesjährigen Fuxentagung<br />

sollte die Förderung des<br />

Verbandsgedankens im Vordergrund<br />

stehen. Wir wollten einen Rahmen<br />

schaffen, in dem es den jungen<br />

Mitgliedern der <strong>Neue</strong>nDB möglich<br />

ist, Kontakte über die Grenzen des eigenen<br />

Bundes hinweg zu knüpfen und<br />

so das Fundament für eine gute Zusammenarbeit<br />

im Verband zu schaffen.<br />

Wann immer es möglich und<br />

sinnvoll war, haben wir versucht, die<br />

“Von einem<br />

diffusen<br />

Gefühl der<br />

Unzufriedenheit<br />

überschattet.“<br />

academicus 1/2012<br />

von florian StopinSki (2009) UnD toBiaS Becker (2006)<br />

Rheno-Markomannia Darmstadt<br />

Teilnehmer in Gruppen aufzuteilen,<br />

die sie von den eigenen Bundesbrüdern<br />

trennen und so den Kontakt mit<br />

den Verbandsbrüdern bewirken sollten.<br />

ob uns dies gelungen ist, muss<br />

allerdings mit einem Fragezeichen<br />

versehen werden.<br />

debüt für die fuxenKneipe<br />

Zum ersten Mal in der Geschichte der<br />

Fuxentagung wurde eine Fuxenkneipe<br />

geschlagen. erfahrungswerte, wie gut<br />

ein solches Angebot angenommen<br />

wird, lagen naturgemäß nicht vor.<br />

Dennoch schien es uns vor dem hintergrund,<br />

den Kontakt zwischen den<br />

Verbandsbrüdern fördern zu wollen,<br />

die beste Variante für die Abendgestaltung<br />

zu sein. Zusammenfassend<br />

“Der Verband<br />

sollte erwägen,<br />

die Fuxentagung<br />

konstruktiv zu<br />

diskutieren und<br />

umzugestalten.“<br />

lässt sich sagen, dass es eine gelungene,<br />

feuchtfröhliche Kneipe war, deren<br />

Wiederholung wir nur empfehlen<br />

können!<br />

Ansonsten haben wir uns stark am<br />

programm der Vorjahre orientiert, allerdings<br />

den Ablauf so komprimiert,<br />

dass wir am sonntag keine Termine<br />

mehr hatten. Bei der organisation war<br />

uns der Wirt des storchenturms eine<br />

große hilfe. er organisiert alle zwei<br />

Jahre das Treffen der Wingolfs in eisenach<br />

und ist daher mit dem Verbindungswesen<br />

bestens vertraut. Neben<br />

der stadtführung, die er selbst durchführte,<br />

gab er uns auch einige hilfreiche<br />

Tipps für die restliche Tagung. Insbesondere<br />

der nächsten Vorsitzenden<br />

möchte ich bereits auf diesem Wege<br />

nahelegen, ihn wieder in die planung<br />

miteinzubeziehen.<br />

es hat uns gefreut, dass der Großteil<br />

der Verbandsbrüder engagiert am<br />

programm der Fuxentagung teilgenommen<br />

und mitgewirkt hat. Wir hoffen,<br />

dass dieses engagement weiter<br />

wächst und sich auch in Zukunft in der<br />

Verbandsarbeit niederschlägt. Wir<br />

hatten einen ausgesprochen straffen<br />

Zeitplan angesetzt und möchten uns<br />

bei den Verbandsbrüdern bedanken,<br />

dass wir ihn auch so durchführen<br />

konnten.<br />

… und dAs Alles Mit bAnd!<br />

es gibt allerdings auch Kritik an der<br />

Fuxentagung anzumerken. Dieses Jahr<br />

haben wir – mit Zustimmung des Vorstands<br />

– explizit angekündigt, dass wir<br />

von den Teilnehmern der Fuxentagung<br />

anständiges Benehmen in der Öffentlichkeit<br />

und respektvolles Verhalten<br />

untereinander verlangen. obwohl<br />

jeder einzelne Teilnehmer die Verhaltensregeln<br />

mit seiner unterschrift zur<br />

Kenntnis nahm, kam es leider zu To-<br />

talausfällen. Am Begrüßungsabend<br />

mussten sich Verbandsbrüder in aller<br />

Öffentlichkeit übergeben, ein Bierglas<br />

segelte hinter die Theke einer Disco,<br />

aus der der störer anschließend verwiesen<br />

wurde – und das alles mit Band!<br />

Nachdem der Fuxmajor des ausfällig<br />

Gewordenen entgegen vorheriger Absprache<br />

nicht per Mobiltelefon erreichbar<br />

war und weiterhin der ganze Bund<br />

bei den Veranstaltungen des nächsten<br />

Vormittages passen musste, wurde<br />

der Bund vom Rest der Veranstaltung<br />

ausgeschlossen. ein weiterer Vorfall<br />

machte sogar ein eingreifen der polizei<br />

nötig, als Böller spätnachts aus einem<br />

hotelzimmer geworfen wurden und<br />

dabei beinahe passanten trafen.<br />

KontAKtförderndes<br />

forMAt?<br />

Beim offiziellen programm der Fuxentagung,<br />

das am samstagmorgen um<br />

9 uhr begann, fehlten 25 von 120 Teilnehmern.<br />

Dies war nicht nur gegenüber<br />

den anderen Teilnehmern unfair,<br />

die sich – mancher unter sichtlichen<br />

Mühen – pünktlich aus den Betten begeben<br />

hatten, sondern auch respektlos<br />

gegenüber den organisatoren und<br />

dem Verband. Von den nicht erschienenen<br />

Verbandsbrüdern forderte die<br />

<strong>Neue</strong>DB deshalb konsequenterweise<br />

den gewährten Fuxentagungszuschuss<br />

von rund 45 euro zurück.<br />

“Leider kam es zu<br />

Totalausfällen.“<br />

Im endeffekt stellt sich die Frage, ob<br />

dieses Format der Fuxentagung wirklich<br />

identitätsstiftend und kontaktfördernd<br />

sein kann. ein Teil der Verbandsbrüder<br />

geht mit dem Gefühl des Ärgers<br />

über diejenigen Verbandsbrüder, die<br />

über die stränge schlagen, nach hause,<br />

während der andere Teil sich wegen<br />

der Regeln eingeschränkt fühlt.<br />

unserer Meinung nach bleibt von dem<br />

seminar, der stadtführung, der Besichtigung<br />

der Wartburg und des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals<br />

weit weniger in<br />

erinnerung als vom Verband gewollt,<br />

wenn die Veranstaltung für die Teilnehmer<br />

von einem diffusen Gefühl der unzufriedenheit<br />

überschattet wird.<br />

Wir denken, dass der Verband erwägen<br />

sollte, diese Fuxentagung, die nun seit<br />

Jahren in der Kritik steht, konstruktiv zu<br />

diskutieren und umzugestalten.<br />

Fuxenstunde einmal anders: Der Wirt des Storchenturms erklärt im<br />

Stadtkerker präburschenschaftliche Erziehungsmethoden.<br />

academicus 1/2012<br />

7


8<br />

AKTuell<br />

Burschentag 2012<br />

AblAuf und orgAnisAtion des 17. burschentAges der neuen deutschen<br />

burschenschAft in lAndAu/pfAlz<br />

pRoGRAMM<br />

freitag, 15.6.2012 20:00 uhr Begrüßungsabend Jugendstilhalle landau<br />

samstag, 16.6.2012 10:00 uhr Mitgliederversammlung<br />

Jugendstilhalle landau<br />

16:30 uhr chargenprobe<br />

18:00 uhr chargenessen<br />

20:00 uhr Festkommers<br />

sonntag, 17.6.2012 10:30 uhr Frühschoppen hambacher schloss<br />

ANFAhRT<br />

Auto: Abfahrt A65 landau-Zentrum<br />

Bahnhof: hauptbahnhof landau<br />

Ice-Anschluss: hauptbahnhof Mannheim, hauptbahnhof Karlsruhe, hauptbahnhof Neustadt an der Weinstraße<br />

Flughafen: Frankfurt am Main 100 km, stuttgart 95 km, straßburg (F) 85 km, Baden-Airpark 60 km<br />

ÜBeRNAchTuNGsMÖGlIchKeITeN<br />

Die hotels sind unter dem stichwort „Burschentag” für sie vorreserviert. Wir empfehlen Ihnen, die Zimmer bereits<br />

Anfang Mai zu reservieren, da die Zimmerkontingente sonst nach und nach verfallen.<br />

park hotel landau<br />

Mahlastraße 1<br />

76829 landau<br />

Tel.: 06341/1450<br />

einzelzimmer 89-105 €<br />

Doppelzimmer 121-140 €<br />

hotel französisches tor<br />

Reiterstraße 11-13<br />

76829 landau<br />

Tel.: 06341/4050<br />

einzelzimmer 31-54 €<br />

Doppelzimmer 51-94 €<br />

Mehrbettzimmer preis auf Anfrage<br />

academicus 1/2012<br />

hotel brenner<br />

linienstraße 16<br />

76829 landau<br />

Tel.: 06341/20039<br />

einzelzimmer 55 €<br />

Doppelzimmer 90 €<br />

Kurpfalzhotel landau<br />

horstschanze 8+10<br />

76829 landau<br />

Tel.: 06341/649690<br />

einzelzimmer 59 €<br />

Doppelzimmer 89 €<br />

ADResseN DeR<br />

VeRANsTAlTuNGsoRTe<br />

Jugendstilhalle landau<br />

Mahlastraße 3<br />

76829 landau in der pfalz<br />

hambacher schloss<br />

67434 Neustadt-hambach<br />

hotel soho<br />

Marie-curie-straße 9<br />

76829 landau<br />

Tel.: 06341/141960<br />

einzelzimmer 68 €<br />

Doppelzimmer 98 €<br />

Weingut Andreashof<br />

Queichheimer hauptstraße 116<br />

76829 landau in der pfalz<br />

Tel.: 06341/52899<br />

einzelzimmer 37 €<br />

Doppelzimmer 59 €<br />

speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />

design und WirKung<br />

academIcus und Internet neu gestaltet<br />

In den vergangenen Jahren ist unsere<br />

<strong>Neue</strong>DB ein wenig grau geworden.<br />

Natürlich ist unser Verband<br />

nicht plötzlich um einige Jahrzehnte<br />

gealtert, es waren vielmehr die Dinge,<br />

die ihn nach innen und außen repräsentiert<br />

haben – also Internetauftritt,<br />

academicus sowie ganz allgemein<br />

die Design-elemente – für die es Zeit<br />

für einen Neuanfang geworden war.<br />

Diesen hat der Burschentag 2011 beschlossen.<br />

Die entsprechenden Maßnahmen<br />

wurden bis zum Frühjahr dieses<br />

Jahres umgesetzt. Wir möchten<br />

den Verband über die Veränderungen<br />

informieren. Mit der Ausführung betraut<br />

war die Agentur sturmtiefdesign<br />

München. sie hat sich mit ihrem Konzept<br />

gegen zwei andere Agenturen<br />

durchgesetzt, die wir ebenfalls um ein<br />

Angebot gebeten hatten.<br />

neue „WortMArKe“<br />

sinn und Zweck des nunmehr vorliegenden<br />

einheitlichen „corporate Designs“<br />

ist es, prägnanz und Aussagekraft des<br />

öffentlichen Auftritts der <strong>Neue</strong>nDB zu<br />

stärken. es soll das profil des Verbandes<br />

als eine in der Tradition verwurzel-<br />

“ Es<br />

te, aber zugleich zukunftsorientierte<br />

Gemeinschaft schär fen. Zugleich soll<br />

es über alle Kommunikationsmittel<br />

hinweg für eine visuelle Konsistenz sorgen,<br />

die Wiedererkennbarkeit erhöhen<br />

und durch professionelle Gestaltung<br />

seriosität und Glaubwürdigkeit ausstrahlen.<br />

Das eigentliche logo der <strong>Neue</strong>nDB ist<br />

praktisch unverändert geblieben: Der<br />

Zirkel hat uns in der Vergangenheit<br />

begleitet und wird es natürlich auch<br />

in Zukunft tun. lediglich der Rotton<br />

wurde leicht angepasst (dazu unten<br />

mehr). Vollständig umgekrempelt wurde<br />

hingegen die sogenannte „Wort-<br />

“Professionelle<br />

Gestaltung soll<br />

Seriosität und<br />

Glaubwürdigkeit<br />

ausstrahlen.“<br />

marke“, also jenes Design-element,<br />

das unseren Namen transportiert.<br />

Bisher war dies das Quadrat mit den<br />

senkrecht gestellten deutschen Far-<br />

ist Zeit für einen<br />

Neuanfang geworden.“<br />

von Bernd preiSS, Bubenreuther Erlangen (1992)<br />

UnD aljoScha harMSen, Franconia Freiburg (2007)<br />

ben und dem weißen <strong>Neue</strong>DB-schriftzug.<br />

Nunmehr besteht die Wortmarke<br />

aus Zirkel, schriftzug und schwarzrot-goldener<br />

Raute (siehe Abb. 1). Die<br />

Raute hebt durch ihre platzierung zum<br />

einen den Begriff „<strong>Neue</strong>“ hervor, unterstreicht<br />

zum anderen jedoch auch<br />

unseren Anspruch, die „<strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong>“<br />

– gemeint ist natürlich<br />

die deutsche <strong>Burschenschaft</strong>liche Bewegung<br />

– als etwas Ganzheitliches zu<br />

betrachten und als deren zukunftsorientierte<br />

Richtung an Weiterentwicklung<br />

und Ausgestaltung mitzuwirken.<br />

Vielfältige<br />

einsAtzMöglichKeiten<br />

Die Wortmarke gibt es noch in einer<br />

erweiterten Variante: Diese verlängert<br />

die schwarz-rot-goldene Raute zu<br />

einem Band nach unten und umfasst<br />

eine Auflistung der <strong>Neue</strong>DB-Bünde,<br />

sortiert nach hochschulorten. Die<br />

Mitglieder des Verbandes werden auf<br />

diese Weise zu einem integralen Bestandteil<br />

der Marke – sicherlich eine<br />

gestalterische Besonderheit, nicht nur<br />

in Korporationskreisen. Die erweiterte<br />

Wortmarke bietet ungemein variable<br />

Abb. 1: Die sogenannte „Wort“marke der <strong>Neue</strong>nDB,<br />

bestehend aus Zirkel, Schriftzug und schwarz-rot-goldener Raute.<br />

academicus 1/2012<br />

9


10<br />

und vielfältige einsatzmöglichkeiten<br />

und gewährleistet dabei einen hohen<br />

Wiedererkennungswert (siehe Abb. 2).<br />

Die Farben der <strong>Neue</strong>nDB wurden<br />

behutsam angepasst: Das Rot geht<br />

gemäß burschen-<br />

schaftlichenTraditionen noch immer<br />

ins Karmesin, hat<br />

jedoch einen geringeren<br />

Blau-Anteil<br />

als bisher und ist<br />

damit näher am<br />

Rot der Deutschlandflagge.<br />

Auch<br />

das Gelb hat einen<br />

deutlich geringeren<br />

Blau-Anteil und ist ein strahlendes,<br />

sattes Goldgelb mit deutlich höherem<br />

Kontrast auf weißem hintergrund. Details<br />

zur Neugestaltung sind in einem<br />

Manual enthalten, das beim Vorstand<br />

elektronisch erhältlich ist.<br />

zuM AcAdeMicus<br />

In „Des Kaisers neue Kleider“ behaupten<br />

die betrügerischen Weber, die stoffe<br />

für seine Majestät könnten nur von<br />

würdigen, klugen personen gesehen<br />

werden – bis ein Kind den schwindel<br />

auffliegen lässt und ruft: „Der Kaiser<br />

ist ja nackt!“ Über die neuen Kleider<br />

Danziger B! Alemannia zu Aachen<br />

Rheno-Palatia Augsburg<br />

Berliner B! Obotritia<br />

Alemannia Bonn<br />

Frisia Darmstadt<br />

Rheno-Markomannia Darmstadt<br />

Rugia Darmstadt<br />

Bubenreuther Erlangen<br />

Franconia Freiburg<br />

Frankovnia Gießen<br />

Brunsviga Göttingen<br />

Alt-Germania Hannover<br />

Hannoversche B! Teutonia<br />

Markomannia Kaiserslautern<br />

Karlsruher B! Arminia<br />

Tulla Karlsruhe<br />

Suevia Köln<br />

Roter Löwe Leipzig<br />

Alemannia Marburg<br />

Arminia Marburg<br />

Arminia Stuttgart<br />

Stuttgarter B! Ulmia<br />

<strong>Neue</strong> deutsche <strong>Burschenschaft</strong> e.V.<br />

Max-Reger-Str. 143 | 90571 Schwaig b. Nbg.<br />

Herrn<br />

Max Mustermann<br />

Musterstraße 1<br />

12345 Musterstadt<br />

Betreff zeile<br />

Sehr geehrter Herr Mustermann,<br />

academicus 1/2012<br />

“Durch den<br />

Farbdruck<br />

können nun<br />

Konzepte und<br />

Ideen umgesetzt<br />

werden, die<br />

vorher nicht<br />

möglich waren.“<br />

München, den 02.05.2012<br />

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Franconia Freiburg sturmtiefdesign<br />

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Markomannia Kaiserslautern<br />

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Alemannia Marburg<br />

Arminia Marburg<br />

Arminia Stuttgart<br />

Stuttgarter B! Ulmia<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Max Mustermann<br />

des academicus würde dasselbe Kind<br />

wohl rufen: „Wie viel schöner sind sie als<br />

die alten!“ Aber die neuen Kleider sind<br />

nicht nur ein ästhetischer Gewinn, sie<br />

sind auch Funktionskleidung. Durch<br />

den Farbdruck<br />

können nun Konzepte<br />

und Ideen<br />

umgesetzt werden,<br />

die vorher<br />

nicht hätten zur<br />

Geltung kommen<br />

können.<br />

so ist etwa eine<br />

mehrteilige Bildstrecke<br />

geplant,<br />

die in Zusammenarbeit<br />

mit einem fähigen Fotografen<br />

die häuser der Mitgliedsbünde<br />

vorstellt – in Verbindung mit einer textlichen<br />

Kurzpräsentation. Viele unserer<br />

Mitgliedsburschenschafter haben die<br />

häuser anderer Dachverbandsmitglieder<br />

zu selten oder nie besucht. Dazu<br />

soll nun ein Anreiz geboten werden.<br />

Außerdem wird so eine optische plattform<br />

für die Vielfalt der ins beste licht<br />

gerückten Residenzen geschaffen.<br />

Weiterhin bieten wir mit der aktuellen<br />

Ausgabe ein poster an. Darauf werden<br />

unsere standpunkte und (selbst-)Ansprüche<br />

nach und nach prägnant und<br />

grafisch aufbereitet zu sehen sein. es<br />

wird eine Antwort auf die Frage ange-<br />

Danziger B! Alemannia zu Aachen<br />

Rheno-Palatia Augsburg<br />

Berliner B! Obotritia<br />

Alemannia Bonn<br />

Frisia Darmstadt<br />

Rheno-Markomannia Darmstadt<br />

Rugia Darmstadt<br />

Bubenreuther Erlangen<br />

Franconia Freiburg<br />

Frankonia Gießen<br />

Brunsviga Göttingen<br />

Alt-Germania Hannover<br />

Hannoversche B! Teutonia<br />

Markomannia Kaiserslautern<br />

Karlsruher B! Arminia<br />

Tulla Karlsruhe<br />

Suevia Köln<br />

Roter Löwe Leipzig<br />

Alemannia Marburg<br />

Arminia Marburg<br />

Arminia Stuttgart<br />

Stuttgarter B! Ulmia<br />

Abb. 2: Die erweiterte Wortmarke bietet vielfältige Einsatzmöglichkeiten.<br />

31. AUSGABE | 15. JAHRGANG<br />

WINTERSEMESTER 2011|2012<br />

ACADEMICUS<br />

MAGAZIN DER NEUEN DEUTSCHEN BURSCHENSCHAFT<br />

KEIN RAUM<br />

FÜR RASSISMUS!<br />

„Wir wollen ein Deutschland, das alle<br />

Menschen, die hier aufwachsen, gerne<br />

und mit Stolz als ihr Vaterland<br />

betrachten“<br />

„FREIHEIT MUSS TAGTÄGLICH<br />

ERKÄMPFT WERDEN“<br />

DIE ZUKUNFT DER BIOMASSE<br />

ACADEMICUS:<br />

IN EIGENER SACHE<br />

2012_NDB_Academicus_FIN.indd 1 27.02.12 14:44<br />

boten, was es heute heißt, <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

zu sein. Dabei geht es uns<br />

um den zeitbezogenen, aktuellen <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

und nicht um den prinzipiellen.<br />

Wenn diese Idee Zuspruch<br />

findet, wollen wir eine Reihe daraus<br />

machen – das hängt von Ihnen als<br />

leser und Ihrer uns mitgeteilten Meinung<br />

ab. es soll eine progressive Werbung<br />

für unsere sache sein, die sich<br />

nicht im academicus verstecken muss,<br />

sondern an die Wand pinnen lässt.<br />

eine kleine stückzahl von postern liegt<br />

beim stellvertretenden Vorsitzenden<br />

zur Nachbestellung bereit.<br />

Neben der optischen häuservorstellung<br />

wollen wir eine Bilddatenbank<br />

aufbauen. Das dient der Idee, einen<br />

schnappschuss des semesters im<br />

Magazin zu veröffentlichen, der eine<br />

skurrile, spannende, lustige oder einfach<br />

schöne situation zeigt. Bei mehreren<br />

schönen Bildern wollen wir auch<br />

mehrere veröffentlichen. Wie wäre es<br />

etwa mit einer reinen Bilderseite? Die<br />

Tatsache, dass wir als Akademiker darin<br />

geübt sein müssen, Textwüsten mit<br />

einem kamelhöckerartigen Geduldsspeicher<br />

zu durchwandern, sollte nicht<br />

bedeuten, dass wir dies auch müssen.<br />

Inhaltlich wollen wir den academicus<br />

zu einer plattform weiterentwickeln,<br />

auf der Meinungsduelle stattfinden. In<br />

der aktuellen Ausgabe steckt bereits<br />

eines über den Vaterlandsbegriff –<br />

und davon wollen wir mehr! Wie viele<br />

aktuelle Themen gibt es, die uns als<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er betreffen und zu denen<br />

es Kontroversen gibt! ein lebendiger<br />

Dachverband kann davon nur profitieren.<br />

Wir werden in der Redaktion<br />

selbst Vorschläge erarbeiten, freuen<br />

uns aber umso mehr, wenn uns auch<br />

welche geschickt werden: Welches<br />

Thema brennt auf den Nägeln? Wer<br />

streitet mit wem darüber? Natürlich<br />

immer konstruktiv. Darüber hinaus ist<br />

eine Kolumne angedacht, die in jeder<br />

Ausgabe von einem Burschen eines anderen<br />

Dachverbandsbundes geschrieben<br />

wird: eine süffisante, nachdenkliche<br />

Betrachtung der Geschehnisse in<br />

der Gesellschaft, im Verband, an der<br />

hochschule oder auf der straße.<br />

“Dass wir Textwüsten<br />

mit einem kamelhöckerartigen<br />

Geduldsspeicher<br />

durchwandern können,<br />

heißt nicht, dass wir es<br />

auch müssen.“<br />

Mit der Rückseite schlussendlich wollen<br />

wir einer Facette unseres selbstanspruchs<br />

zum Gemeinnützigen Aus -<br />

druck verleihen. Dort bieten wir einrichtungen<br />

an, kostenlos mit einer<br />

Anzeige für sich zu werben. Angesprochen<br />

werden gemeinwohlorientierte,<br />

soziale Initiativen, Bildungs-, Wissenschafts-,<br />

erziehungs- und hilfsstiftungen<br />

sowie alle, die zu unserem burschenschaftlichen<br />

Gedanken passen.<br />

Besonders gerne möchten wir kleinere<br />

organisationen unterstützen, die es<br />

sich sonst nicht leisten könnten, für<br />

sich zu werben. Vorschläge für diese<br />

Rückseite nehmen wir gerne auch von<br />

Ihnen als leser an, wenn Ihnen eine<br />

organisation am herzen liegt, die in<br />

dieses profil passt.<br />

neuedb iM netz<br />

Abb. 3: Zum Gesamtpaket des Internetauftritts gehört auch<br />

eine elektronische Vereinsverwaltung. Die Verantwortlichen<br />

können auf einen gemeinsamen Datenbestand zurück greifen<br />

oder – wie hier im Bild – Newsletter verschicken.<br />

Auch der Internetauftritt der <strong>Neue</strong>nDB<br />

wurde überarbeitet. Bei der<br />

Gestaltung kamen natürlich die neuen<br />

Design-elemente zum einsatz. Wir<br />

hoffen, damit auch im Netz<br />

der visuellen Konsistenz der<br />

Kommunikationselemente<br />

und damit einer hohen Wiedererkennbarkeit<br />

der <strong>Neue</strong>nDB<br />

einen schritt nähergekommen<br />

zu sein.<br />

Inhaltlich liegt der Fokus<br />

auf der selbstbewussten<br />

Darstellung der Fragen<br />

„Wer sind wir?“, „Was wollen<br />

wir?“, „Was tun wir?“.<br />

Dementsprechend lauten die ersten<br />

drei punkte der Navigation „<strong>Neue</strong>DB“,<br />

„standpunkte“ und „Aktivitäten“. Bei<br />

den standpunkten wurden ausschließlich<br />

vom Verband verabschiedete Inhalte<br />

eingestellt. Quellen waren vor<br />

allem satzung und Grundwerte sowie<br />

die auf dem letzten Burschentag beschlossene<br />

Resolution.<br />

Technisch gesehen ist der Internetauftritt<br />

Teil eines Gesamtpakets, das<br />

auch eine elektronische Vereinsverwaltung<br />

umfasst. Dies bedeutet, dass die<br />

Amtsträger und Dachverbandsbeauftragten<br />

auf eine gemeinsame Datenbank<br />

für Adressen der Amtsträger und<br />

Verbandsbeauftragten, Dokumente,<br />

die Aussendung von Nachrichten oder<br />

die Finanzverwaltung zugreifen kön-<br />

nen. Natürlich hat dabei die Datensicherheit<br />

höchste priorität. Der Zugriff<br />

auf die Daten bleibt auf zuständige<br />

personen beschränkt; überdies wird<br />

es selbstverständlich unterschiedliche<br />

Zugriffsrechte geben, sodass beispielsweise<br />

Bundesvertreter nicht auf Daten<br />

anderer Bünde zugreifen können.<br />

Wer dennoch sicherheitsbedenken<br />

hat, der möge darauf hingewiesen<br />

sein, dass oft nicht die elektronische<br />

Datenhaltung an sich, sondern der<br />

Versand per e-Mail die größten Risiken<br />

birgt. so scheint zum Beispiel<br />

die enthüllung von Dokumenten der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> im vergangenen<br />

Jahr auf ein gehacktes e-Mailpostfach<br />

eines Dokumenten-empfängers<br />

zurückzuführen zu sein. Dies sind<br />

oft die wirklichen ursachen, wenn<br />

es zu lecks oder zum Missbrauch<br />

kommt. hier bietet eine elektronische<br />

Datenhaltung meist sogar Vorteile:<br />

Die Datenübertragung erfolgt nicht<br />

per e-Mail und ein illegales Abziehen<br />

von Daten hinterlässt oft spuren.<br />

Wir sollten uns den Gebrauch moderner<br />

Kommunikationsmittel jedenfalls<br />

nicht verleiden lassen. Mit den neuen<br />

Gestaltungselementen haben wir beste<br />

chancen, das in den vergangenen<br />

Jahren entstandene Grau im Auftreten<br />

der <strong>Neue</strong>nDB zu überwinden und<br />

in der korporativen wie allgemeinen<br />

Öffentlichkeit im wahrsten sinne des<br />

Wortes Farbe zu bekennen.<br />

academicus 1/2012<br />

11


12<br />

speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />

„Die Menschheit zur Freiheit bringen,<br />

das heißt, sie zum Miteinander Reden<br />

bringen”, sagte der deutsche Philosoph<br />

Karl Jaspers. Der zweite Teil des<br />

Zitates, dieses „sie zum Miteinander<br />

Reden bringen“ oder umgemünzt „die<br />

Kommunikation herstellen”, müssen<br />

wir in der <strong>Neue</strong>n <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong><br />

verstärken. Kommunikation ist<br />

das wichtigste Mittel, um einen erfolgreicheren<br />

Verband zu ermöglichen.<br />

Die Kommunikation erfordert ein<br />

Netz werk, in dem möglichst alle<br />

Knotenpunkte – in unserem Fall Verbandsbrüder<br />

– über kurze Wege miteinander<br />

verbunden sind.<br />

um dies zu ermöglichen, bedienen wir<br />

uns beispielsweise technischer Möglichkeiten,<br />

selbst wenn diese von einigen<br />

belächelt werden. Jeder hier sei<br />

mit Nachdruck dazu eingeladen und<br />

gebeten, sich an den verbandsinternen<br />

Diskussionen im Internet zu beteiligen.<br />

Wo sonst kann man mit Verbandsbrüdern<br />

aus anderen städten so<br />

einfach die Gedanken austauschen?<br />

Ich rufe alle hier Anwesenden auf, sich<br />

als Multiplikatoren zu betätigen und<br />

die Nachricht von den Internetdiskussionen<br />

bundintern weiterzutragen.<br />

Von Angesicht<br />

zu Angesicht<br />

Diese Diskussionen dienen nicht nur<br />

dem Verband, sondern lehren auch<br />

academicus 1/2012<br />

ein möglichst wasserdichtes Argumentieren.<br />

hundert Verbandsbrüder<br />

finden nämlich sehr schnell löcher in<br />

einer Argumentation oder bringen einen<br />

schnell dazu, andere Aspekte der<br />

besprochenen problemstellung zu erkennen.<br />

Da spreche ich aus erfahrung.<br />

offensichtlich darf sich die Kommunikation<br />

nicht nur auf eine Internetgruppe<br />

beschränken. sie muss dringend<br />

auch von Angesicht zu Angesicht stattfinden.<br />

hierzu ist ein jährliches Treffen<br />

am Burschentag eindeutig zu wenig.<br />

Deshalb sind wir froh, dass der Burschentag<br />

entschieden hat, die Institution<br />

des Delegiertentages einzuführen.<br />

so können sich die Verbandsbrüder,<br />

die sich an der Meinungsbildung der<br />

<strong>Neue</strong>nDB beteiligen möchten, näher<br />

kennenlernen und konzentriert die anstehenden<br />

probleme bearbeiten. Auch<br />

wenn – oder gerade weil – die Diskussionen<br />

schwierig sind, ist es wichtig,<br />

dieses Forum anzubieten.<br />

Neben den bearbeiteten problemen<br />

entstehen bei diesen Diskussionen<br />

Ideen, die den gesamten Verband<br />

weiterbringen können. Dies kann aber<br />

nur Wirkung zeigen, wenn alle Bünde<br />

beteiligt sind, denn nur dann wird das<br />

Besprochene auch in alle Bünde hineingetragen.<br />

In diesem Jahr wird es im April und im<br />

November jeweils einen Delegiertentag<br />

geben. Diese werden mit anderen<br />

Veranstaltungen verbunden sein, um<br />

die teils langen Anreisewege noch lohnenswerter<br />

zu machen. Ich habe an<br />

“ Kommunikation ist das<br />

wichtigste Mittel, um einen<br />

erfolgreicheren Verband zu<br />

ermöglichen.“<br />

mehr mIteInander reden<br />

rede zur übergAbeKneipe der neuendb<br />

von toBiaS Becker<br />

Rheno-Markomannia Darmstadt (2006)<br />

allen Delegiertentagen und deren Vorläufern<br />

teilgenommen und bin sehr zufrieden<br />

mit den Diskussionen gewesen,<br />

selbst dann, wenn sie nicht in meine<br />

Richtung verliefen.<br />

spAss gehört dAzu<br />

Die ernsten Gespräche und Diskussionen<br />

sind wichtig, wir dürfen aber<br />

nicht vergessen, dass auch der spaß<br />

dazugehört. hierfür bieten wir in unserem<br />

Vorsitzjahr zwei Verbandsfahrten<br />

an – eine skifreizeit in Winterberg<br />

im Fe bruar und eine Kanutour auf der<br />

Mecklenburgischen seenplatte im August.<br />

es ist sehr schade, dass das Interesse<br />

an der Winterfahrt sehr mau<br />

ausfiel. Für den August erhoffen wir<br />

uns deutlich mehr Zuspruch. Weiterhin<br />

wurde heute auf dem Delegiertentag<br />

der Wunsch geäußert, dass es<br />

einmal eine sportveranstaltung geben<br />

möge. Diesem Wunsch möchten wir<br />

gerne nachkommen und werden sie<br />

entsprechend informieren.<br />

Den erstkontakt mit dem Verband erlebt<br />

ein junger Verbandsbruder meist<br />

auf der Fuxentagung. Dabei stellt sich<br />

jedoch leider häufig ein „Grüppchenbildungsproblem“<br />

ein. Deshalb haben wir<br />

von der Vorsitzenden <strong>Burschenschaft</strong><br />

versucht, das programm der Fuxentagung<br />

so abzuändern, dass die Betonung<br />

weniger auf den seminaren, sondern<br />

mehr auf dem gegenseitigen Kennenlernen<br />

liegt. Wir erhoffen uns, dass sich in<br />

Zukunft das Konzept der Fuxentagung<br />

weiter in diese Richtung bewegt. Denn<br />

die Bekanntschaften, die dort geschlossen<br />

werden, könnten der Grundstein der<br />

Verbandsarbeit sein. Diese punkte sollen<br />

helfen, die Verbin dungen zwischen<br />

den Netzwerksknotenpunkten – also uns<br />

<strong>Neue</strong>DB-Mitgliedern – herzustellen.<br />

der richtige ton<br />

ein Netzwerk muss aber auch gepflegt<br />

werden. Ansonsten lösen sich die Verbindungen<br />

wieder. Dabei ist der umgang<br />

miteinander von großer Bedeutung.<br />

unserer Meinung nach sollte<br />

man sich im persönlichen umgang,<br />

insbesondere auf Dachverbandsveranstaltungen,<br />

immer mit dem nötigen<br />

Respekt und Anstand begegnen. Nur<br />

so können wir nach außen hin attraktiv<br />

wirken und im Inneren attraktiv bleiben.<br />

Für mich äußert sich der Respekt<br />

im Dachverband zum Beispiel in folgenden<br />

zwei punkten:<br />

Zum einen hat man sich auf Veranstaltungen<br />

den gesellschaftlichen spielregeln<br />

entsprechend zu benehmen. Dies<br />

ist meistens, aber nicht immer der Fall:<br />

es kommt zu Ausrutschern, an denen<br />

wir alle arbeiten müssen.<br />

Meist spielt dabei auch der<br />

Alkohol eine nicht unerhebliche<br />

Rolle. es darf<br />

natürlich feuchtfröhlich<br />

verlaufende Veranstaltungen<br />

geben – wie etwa<br />

diese Kneipe. Aber Kontrollverlust<br />

muss verpönt<br />

sein. Auf das respektvolle und<br />

anständige Verhalten wollen wir in<br />

diesem Jahr besonders achten und einschreiten,<br />

falls etwas aus dem Ruder<br />

läuft. Auch sie, liebe Verbandsbrüder,<br />

sind in der pflicht, einzuschreiten, statt<br />

sich im Nachhinein zu beschweren,<br />

dass sich einzelne Verbandsbrüder danebenbenommen<br />

haben.<br />

Dies geht damit einher, dass man sich<br />

auch von anderen die Meinung sagen<br />

lassen können muss, ohne dies als persönlichen<br />

Angriff zu werten.<br />

Als zweiter punkt sei das pünktliche<br />

Beantworten von Anfragen und einladungen<br />

genannt. es sollte eigentlich<br />

selbstverständlich sein, dass jeder<br />

Brief und jede e-Mail schnellstmöglich,<br />

mindestens aber fristgerecht beantwortet<br />

werden. leider hat die <strong>Neue</strong>DB<br />

hier starke Defizite. um diesem punkt<br />

entgegenzuwirken, werden wir uns in<br />

diesem Jahr von jedem Bund einen<br />

Verantwortlichen benennen lassen,<br />

den wir bei Bedarf persönlich anrufen<br />

und kontaktieren können, um Missverständnisse<br />

und<br />

andere Kommunikationsprobleme<br />

schnell aus dem Weg<br />

zu räumen. Ich selbst bin für jeden<br />

Verbandsbruder auf verschiedensten<br />

Kommunikationswegen jederzeit persönlich<br />

erreichbar.<br />

Wenn wir allein diese beiden punkte<br />

berücksichtigen, wird die Zusammenarbeit<br />

in Zukunft um einiges einfacher<br />

verlaufen.<br />

freiheit, die ich Meine<br />

Wir wissen nun auszugsweise, wie wir<br />

dieses Netzwerk aufbauen und pflegen<br />

wollen. optimierungsmöglichkeiten gibt<br />

es natürlich noch einige, aber sie wissen<br />

nun auch, was mein Bund als Vorsitzende<br />

dabei besonders betonen möchte.<br />

Das Netzwerk soll nicht selbstzweck<br />

sein, sondern der burschenschaftlichen<br />

Idee dienen. Deshalb haben wir das<br />

Jahresmotto „... die Freiheit, die ich<br />

meine” gewählt, um mit den Verbandsbrüdern<br />

eine für uns gültige Definition<br />

von Freiheit zu erarbeiten, die wir auch<br />

in schriftlicher Form festhalten wollen.<br />

um dieses Thema anzugehen, haben<br />

wir verschiedene Ideen:<br />

Zuerst möchten wir eine umfrage<br />

zum Thema starten. hierbei soll<br />

jedem einzelnen Verbandsbruder<br />

die Möglichkeit gegeben werden,<br />

seine Idee der Freiheit zu beschreiben.<br />

Durch die Auswertung erhoffen<br />

wir uns, zu sehen, was Freiheit konkret<br />

für uns bedeutet.<br />

Weiterhin rufen wir alle Bünde dazu<br />

auf, ihre Veranstaltungen an diesem<br />

Jahresmotto auszurichten. Die Dokumentation<br />

der Veranstaltungen würden<br />

wir gerne sammeln und veröffentlichen.<br />

selbstverständlich wird das<br />

Thema „Freiheit“ auch unseren Reden<br />

und seminaren zugrundeliegen. Denn<br />

wie eingangs erwähnt: „Die Menschheit<br />

zur Freiheit bringen, das heißt, sie<br />

zum Miteinander Reden bringen“.<br />

academicus 1/2012<br />

13


14<br />

speZIAl: WoRT uND WIRKuNG speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />

eInfach nur erzählen<br />

aus: Bubenreuther Zeitung 2/2006 (gekürzt)<br />

Damals [1951 – Anm. d. Red.]<br />

lebte in der Mörsbergei in<br />

Bubenreuth der pensionierte<br />

pfarrer und philister hermann Fehr.<br />

er bewohnte mit seiner Frau eine kleine<br />

Wohnung im Dachgeschoss und<br />

widmete einen großen Teil seiner Zeit<br />

den jungen Bubenreuthern. Während<br />

uns andere immer wieder durch Andeutungen<br />

verunsicherten, wir seien<br />

keine echten Bubenreuther, und uns<br />

das Fechten als höchsten Inhalt des<br />

Bubenreuthertums priesen, setzte er<br />

sich einfach zu uns und erzählte.<br />

er sprach über drei Themen: Die konfessionellen<br />

Verhältnisse seiner Jugendzeit,<br />

Weißenstadt in oberfranken<br />

und die Bubenreuther.<br />

frAu Mit pferdefuss<br />

Zum ersten Thema wusste er etwa zu<br />

berichten, wie er als erster evangelischer<br />

„exponierter Vikar“ Anfang der<br />

1890er-Jahre im Gebiet südlich von<br />

München in starnberg tätig war und<br />

heiratete. Da habe es einen großen<br />

Volksauflauf gegeben, weil die katholischen<br />

pfarrer der umgebung von den<br />

Kanzeln herab verkündet hatten, eine<br />

pfarrersfrau müsse vom Teufel sein –<br />

und dass man das bestimmt daran<br />

sehen könne, dass sie einen pferdefuß<br />

habe. Den wollten natürlich alle sehen.<br />

Die junge Frau, die vorher schauspielerin<br />

an einem Münchener Theater<br />

gewesen war, hatte aber keinen! (heute<br />

klingt das wie eine ferne sage, es<br />

war aber einmal Realität.)<br />

Der Gemeinde Weißenstadt hatte der<br />

Mann sein ganzes pfarrersleben hindurch<br />

gedient und hing mit ganzer<br />

academicus 1/2012<br />

von arnulf BauMann<br />

Bubenreuther Erlangen (1951)<br />

liebe an ihr. er wusste ihre Vorzüge<br />

begeistert zu schildern. Besonders angetan<br />

war er von dem „Weißenstadter<br />

Marmor“, dem hauptexportartikel des<br />

ortes. Wo der überall eingesetzt worden<br />

war! In erinnerung geblieben ist<br />

mir das hauptpostamt in caracas, der<br />

hauptstadt von Venezuela. seine erzählungen<br />

aus diesem Bereich endeten<br />

regelmäßig mit den Worten: „und das<br />

ist auch aus Weißenstadter Marmor!“<br />

und dann erst die Bubenreuther! er<br />

wusste von seiner Aktivenzeit ab 1887<br />

ebenso zu erzählen wie von der Zeit<br />

des ersten Weltkriegs und den Verwirrungen<br />

der Ns-Zeit. Am liebsten aber<br />

erzählte er von bedeutenden Bundesbrüdern:<br />

von Walter Flex natürlich, der<br />

damals noch eine allgemein bekannte<br />

Größe war, oder von hans von Aufseß,<br />

dem Begründer des Germanischen<br />

Nationalmuseums; von hans Geiger,<br />

dem erfinder des Geiger-Zählers; von<br />

heinrich Wiegand, Generaldirektor<br />

des Norddeutschen lloyd in Bremen<br />

und stifter des Bilderschmucks im<br />

Festsaal des Bubenreuther hauses<br />

(damals unter spanplatten verborgen);<br />

von hermann Bezzel, Kirchenpräsident<br />

der bayerischen lutheraner;<br />

von Karl heinrich Bauer, dem Krebsforscher<br />

– und von vielen, vielen anderen.<br />

Diese erzählungen schlossen<br />

regelmäßig mit den Worten: „und das<br />

war auch ein Bubenreuther!“<br />

philister Fehr war damals schon alt,<br />

über 80 Jahre. seine erzählungen<br />

haben wir manchmal belächelt, denn<br />

sie wiederholten sich und wir fielen<br />

dann im chor in seinen schlusssatz<br />

ein. Aber wir spürten doch seine liebe<br />

zu uns jungen studenten und seine<br />

ehrliche Begeisterung für die Bubenreuther.<br />

“ Das<br />

hat uns<br />

geprägt,<br />

mehr als<br />

uns bewusst<br />

war.“<br />

„nArrAtiVe theologie“<br />

Das hat uns geprägt, mehr als uns<br />

bewusst war. In den Jahren zuvor war<br />

auf Grund der erfahrungen mit der<br />

Ns-Diktatur „ohne mich!“ ein beliebter<br />

schlachtruf all derer, die sich nicht<br />

noch einmal die Finger verbrennen<br />

wollten. Durch Fehrs erzählungen ging<br />

uns auf, dass man sich nicht auf Dauer<br />

aus allem heraushalten kann, sondern<br />

dass es gilt, die von Gott verliehenen<br />

Gaben zu entwickeln und einzusetzen,<br />

wo immer es möglich und nötig ist.<br />

Nicht zur Durchsetzung eigener Ansprüche<br />

und Ambitionen, nicht karrieregeil,<br />

aber bereit zur Verantwortung<br />

auch über den eigenen Bereich hinaus.<br />

Aus unseren Reihen sind danach keine<br />

absoluten Überflieger hervorgegangen.<br />

einige haben herausragende positionen<br />

erreicht, viele nicht. Ich habe<br />

es aber seither immer als Wirkung<br />

guter Bubenreuther Tradition empfunden,<br />

dass viele von uns sich auf unterschiedlichsten<br />

Gebieten für die Allgemeinheit<br />

engagiert haben.<br />

In der Theologie wurde vor einiger Zeit<br />

der Begriff der „Narrativen Theologie“<br />

entwickelt. er macht auf die prägekraft<br />

schlichter erzählungen aufmerksam,<br />

wie wir sie aus den biblischen<br />

Geschichten, besonders aus den<br />

Gleichnissen Jesu, kennen. philister<br />

Fehr hat damals diese uralte Methode<br />

angewandt – und das mit erfolg,<br />

wie man daran sehen kann, dass viele<br />

seine Geschichten bis heute nacherzählen<br />

können. es war eine erziehung<br />

zur Verantwortung, auf einfache, aber<br />

sehr wirksame Weise.<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er seIn –<br />

eIn leItBIld<br />

Die Arbeitsgruppe Zukunft<br />

(AGZ) plant, ein burschenschaftliches<br />

leitbild herauszugeben.<br />

Die Verbandsbrüder sind<br />

dabei zur Mitarbeit aufgerufen. In<br />

dem leitbild sollen drängende gesellschaftliche<br />

Zukunftsfragen und<br />

das burschenschaftliche Wirken zueinander<br />

in Bezug gesetzt werden.<br />

„Wir setzen auf knappe, eingängige<br />

Texte und einen hohen Bildanteil“, so<br />

Bernd preiß, stellvertretender Vorsitzender<br />

der <strong>Neue</strong>nDB. „Das leitbild<br />

soll nicht nur eine interne Denkschrift<br />

sein, sondern der <strong>Burschenschaft</strong><br />

auch als Image-Broschüre dienen.“<br />

Das leitbild soll 20 bis 30 wichtige<br />

handlungs- und problemfelder<br />

beleuchten, mit denen die<br />

Gesellschaft in Deutschland<br />

und europa im 21. Jahrhundert<br />

konfrontiert sein wird. Die Verbandsbrüder<br />

sind eingeladen,<br />

hierzu beizutragen. Das Themenspektrum<br />

ist breit gefächert:<br />

Bildung, hochschule,<br />

erziehung, Wissenschaft, Demokratie,<br />

Miteinander der<br />

Generationen, umwelt, Migration,<br />

europa, patriotismus,<br />

Traditionspflege und<br />

anderes mehr.<br />

proJeKt der Arbeitsgruppe zuKunft<br />

die zuKunft in unsereM<br />

sinne gestAlten<br />

Die Autoren sind aufgerufen, burschenschaftlichesselbstbewusstsein<br />

an den Tag zu legen. „es darf<br />

nicht ausschließlich darum gehen,<br />

aus der Zukunftsbetrachtung abzuleiten,<br />

wie die <strong>Burschenschaft</strong><br />

zu sein hat“, erläutert AGZ-leiter<br />

Norbert seid. „Wer nur auf diese<br />

Weise vorgeht, der formt die Zukunft<br />

nicht, sondern wird von ihr<br />

geformt. Vielmehr müssen wir auch<br />

einbringen, was uns zeitlos wichtig<br />

ist, was unsere stärken sind, was<br />

uns ausmacht. Wir müssen nicht<br />

zuletzt auch aus diesen Dingen gesellschaftliche<br />

handlungsfelder des<br />

21. Jahrhunderts herleiten. Dieses<br />

Vorgehen unterscheidet wirkungsvolle<br />

gesellschaftliche Kräfte von<br />

unwirksamen.“<br />

ein Zeitplan für die Veröffentlichung<br />

steht noch nicht fest. Wenn möglich<br />

sollen wichtige inhaltliche eckpunkte<br />

auf dem Burschentag besprochen<br />

werden. Deshalb wäre es wichtig,<br />

dass die Beiträge möglichst zeitnah<br />

eingehen.<br />

Kontakt: Norbert Seid, Ringstr. 29,<br />

91080 Marloffstein, E-Mail:<br />

norbert.seid@googlemail.com<br />

academicus 1/2012<br />

15


16<br />

speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />

„rein juristisch<br />

gerechtfertigt“<br />

Der schriftleiter der <strong>Burschenschaft</strong>lichen Blätter (BBl),<br />

Norbert Weidner, Alte Breslauer <strong>Burschenschaft</strong> der<br />

Raczeks Bonn, bezeichnet in einem leserbrief in der<br />

Raczek-Bundeszeitung das in den letzten Kriegstagen durch<br />

das Ns-Regime vollzogene Todesurteil gegen den Theologen<br />

Dietrich Bonhoeffer „rein juristisch“ als gerechtfertigt.<br />

Weidner unterscheidet beim Widerstand gegen Diktatoren<br />

zwischen legitimem hoch- und verwerflichem landesverrat<br />

und kommt zu dem schluss: „Bonhoeffer war zweifelsfrei<br />

ein landesverräter. (…) Wenn ich den Verrat in Kriegszeiten<br />

beurteile, der dazu führt, daß <strong>Deutsche</strong> an der Front<br />

zu Tausenden hingemetzelt werden, ist ein solches urteil<br />

nachvollziehbar.“<br />

Auch wirft er Bonhoeffer vor, dass dieser nicht erkannt habe,<br />

„daß es den Alliierten nicht darum ging, einen Diktator zu<br />

stürzen, sondern um Deutschland nachhaltig zu schwächen,<br />

zu zerschlagen und zu dominieren.“ und er schließt:<br />

Bei „genauem hinschauen eignet sich Dietrich Bonhoeffer<br />

sicherlich nicht als Vorbild für <strong>Burschenschaft</strong>er.“<br />

11. April: spiegel online berichtet<br />

academicus 1/2012<br />

chronologie eines sKAndAls<br />

spIeGel oNlINe berichtet über den leserbrief unter dem Titel<br />

„<strong>Burschenschaft</strong>er hetzt gegen Nazi-Widerstandskämpfer“.<br />

Über Weidner steht zu lesen, er habe Karrieren unter<br />

anderem bei der „Wiking-Jugend“ und der „Freiheitlichen<br />

<strong>Deutsche</strong>n Arbeiterpartei“ (FAp) hinter sich. Als diese 1995<br />

verboten wurde, verließ er die szene, „legt aber in mehreren<br />

Interviews Wert darauf, er sei nicht ausgestiegen, sondern<br />

habe sich lediglich zurückgezogen.“ schließlich erhielt er das<br />

mit 23.000 euro Aufwandsentschädigung vergütete Amt des<br />

schriftleiters der BBl.<br />

13. April: neuedb lässt MitgliedschAft<br />

in cdA ruhen<br />

Der <strong>Neue</strong>DB-Vorstand beschließt einstimmig, die Mitgliedschaft<br />

im convent <strong>Deutsche</strong>r Akademikerverbände (cDA)<br />

bis auf Weiteres ruhen zu lassen (siehe pressemitteilung).<br />

Neben der Distanzierung von der DB, die ebenfalls cDA-<br />

Mitglied ist, geht es darum, Druck aufzubauen – sowohl<br />

gegenüber der DB als auch gegenüber dem cDA, der einen<br />

Ausschluss der DB wegen anderer Vorfälle im herbst abgelehnt<br />

hatte (siehe academicus Wintersemester 2011/12).<br />

13. April: db niMMt stellung<br />

Die DB beteuert in einer pressemitteilung, dass eine juristische<br />

Neubewertung Bonhoeffers nicht auf der Agenda stehe,<br />

und ergeht sich ansonsten in presseschelte und Verschwörungstheorien:<br />

es werde unvollständig zitiert, es handele<br />

sich um die privatmeinung eines einzelnen und schließlich<br />

wäre die Veröffentlichung doch nur der Versuch, eine spaltungsdebatte<br />

anzufachen.<br />

14. April: db-Mitglieder lAufen sturM<br />

Die Reaktion von Weidner-Kritikern fällt ungewöhnlich heftig<br />

aus: In einem elektronisch versandten Rundbrief wird<br />

offen der Rücktritt Weidners als schriftleiter gefordert. Die<br />

„Äußerungen eines hohen Funktionsträgers der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Burschenschaft</strong> sind inakzeptabel und unanständig, sie fügen<br />

der DB einen schweren schaden zu“, heißt es.<br />

17. April: ibz bezieht position<br />

Die „Initiative <strong>Burschenschaft</strong>liche Zukunft“ (IBZ), ein freiheitlicher<br />

Reformflügel der DB, widerspricht Weidners<br />

Auffassung und schließt sich jenen an, die Bonhoeffer „als<br />

Vorbild für heutige <strong>Burschenschaft</strong>er” sehen. ohne presseschelte<br />

kommt jedoch auch die IBZ nicht aus und spricht<br />

von einer „medialen hetzjagd auf der persönlichen ebene“.<br />

19. April: der stAAtsAnWAlt<br />

schAltet sich ein<br />

Die Medien berichten, dass sich die staatsanwaltschaft eingeschaltet<br />

habe. „In ähnlichen Fällen hatten Richter bereits<br />

Geld- oder haftstrafen verhängt“, so spIeGel oNlINe.<br />

„erst vor knapp drei Jahren musste ein cDu-Mitglied zahlen,<br />

weil er Bonhoeffer einen ‚ganz gewöhnlichen landesverräter‘<br />

genannt hatte.“<br />

presseMitteilung Kaiserslautern, 13. April 2012<br />

dIe neue deutsche <strong>Burschenschaft</strong> lässt<br />

mItglIedschaft Im conVent deutscher<br />

aKademIKerVerBände ruhen<br />

Die <strong>Neue</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong> e.V. (<strong>Neue</strong>DB)<br />

lässt ihre Mitgliedschaft im convent <strong>Deutsche</strong>r<br />

Akademikerverbände (cDA) mit sofortiger Wirkung<br />

ruhen. ein entsprechender Beschluss wurde heute<br />

vom Vorstand der <strong>Neue</strong>nDB gefasst. Die <strong>Neue</strong>DB<br />

distanziert sich mit dieser Maßnahme von der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Burschenschaft</strong> (DB), die ebenfalls Mitglied<br />

im cDA ist.<br />

Grund für die Maßnahme sind fortgesetzte Äußerungen<br />

und Maßnahmen der DB, beziehungsweise<br />

einzelner Verbandsmitglieder oder Funktionäre, die<br />

der Vorstand der <strong>Neue</strong>nDB mit dem burschenschaftlichen<br />

Gedanken für unvereinbar und überdies für<br />

rufschädigend hält. Nach Ansicht der <strong>Neue</strong>nDB<br />

fehlen der DB die Fähigkeit und der Wille, diesem<br />

Treiben einhalt zu gebieten.<br />

Auslöser für die beschlossene Maßnahme ist ein le-<br />

23. April: WAMs berichtet über die neuedb<br />

„ein Gespräch über weltoffene patrioten“ führt die WelT am<br />

soNNTAG (Wams) mit der Danziger <strong>Burschenschaft</strong> Alemannia<br />

zu Aachen als Vertreterin der <strong>Neue</strong>nDB (www.welt.de/<br />

106216526). eine Gruppe von Verbandsbrüdern um sprecher<br />

Jonathan schneider nahm die DB vor pauschalverurteilungen<br />

in schutz, sprach aber dennoch Klartext: Dass<br />

„der rechtslastige Bonner Korporierte (…) ein hohes Amt<br />

in der DB übernehmen durfte (…) [,] sagt auch etwas über<br />

den einfluss der Wirrköpfe aus.“ Die Alemannen konnten<br />

auch andere Themen anschneiden: „Deutschsein ist eine<br />

Frage der staatsbürgerschaft, der Kultur und des Willens“,<br />

so schneider. es gehe darum, „die Identifikation mit unserem<br />

land, mit seiner Geschichte und Kultur zu fördern.“ es<br />

blieb auch Raum, auf die allgemein schwierige situation<br />

der Korporierten hinzuweisen: „Bei uns machen sich linke<br />

hochschulgruppen gar nicht die Mühe, genauer hinzugucken.<br />

Wir gelten alle als gefährlich und nationalistisch.“<br />

serbrief des schriftleiters des DB-Verbandsmagazins,<br />

in dem der Theologe Dietrich Bonhoeffer als „landesverräter“<br />

bezeichnet und dessen hinrichtung durch<br />

das Ns-Regime verteidigt wird. Vorausgegangen waren<br />

Bestrebungen des Verbandes, die Aufnahme von<br />

<strong>Burschenschaft</strong>ern von ethnischen Kriterien abhängig<br />

zu machen.<br />

Der <strong>Neue</strong>DB-Vorstand ist der Auffassung, dass die DB<br />

durch solche Aktivitäten nicht nur die <strong>Burschenschaft</strong>liche<br />

Bewegung, sondern auch den Ruf des deutschen<br />

Korporationswesens als Ganzes schädigt. Da der cDA<br />

mit einem Mitglied DB in der Öffentlichkeit dieses Korporationswesen<br />

repräsentiert, sieht der Vorstand keine<br />

Möglichkeit, anders als be schlossen zu reagieren.<br />

Über die weitere Mitgliedschaft der <strong>Neue</strong>nDB im cDA<br />

wird die Mitgliederversammlung der <strong>Neue</strong>nDB im Juni<br />

abschließend entscheiden.<br />

academicus 1/2012<br />

17


18<br />

speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />

academicus 1/2012<br />

Mit der Emser Depesche gelang es Bismarck, die Franzosen<br />

zum Krieg zu provozieren und letztlich das Preußisch-<strong>Deutsche</strong><br />

Reich zu schaffen. Quelle: Wikimedia.org<br />

die emser depesche –<br />

ein gelungenes missverständnis<br />

Wie folgenschwer sich misslungene<br />

Kommunikation<br />

auf das Befinden auswirken<br />

kann, weiß nicht nur unser ehemaliger<br />

Bundespräsident, der sich<br />

entschieden hat, nun mit einem nur<br />

geringen sechsstelligen Jahreseinkommen<br />

auf die politische Verantwortung<br />

zu verzichten. enge Freunde Wulffs berichten,<br />

er fühle sich infolge der ereignisse<br />

auch nicht besonders gut. Dabei<br />

hat er nur zu lange nichts und dann<br />

nicht all das kommuniziert, was man<br />

gerne von ihm wüsste.<br />

Was man die emser Depesche nennt,<br />

ist auch ein Verzicht auf die ganze<br />

Wahrheit zugunsten ihrer politisch<br />

nützlicheren Teile – allerdings ungleich<br />

geschickter: Als Bismarck bei Tisch<br />

den Generälen Roon und Moltke die<br />

vollständige Depesche vorlas, verging<br />

ihnen der Appetit. ein paar Kürzungen<br />

später las er sie erneut vor und zauberte<br />

ein lächeln auf ihre Gesichter.<br />

“So kann Kommunikation<br />

auch funktionieren:<br />

mit kalkulierten Missverständnissen.“<br />

Bald darauf zog Frankreich in den<br />

Krieg gegen die <strong>Deutsche</strong>n. Was war<br />

nun passiert?<br />

gefAhr einer<br />

uMKlAMMerung<br />

hintergrund der Depesche ist ein<br />

Thronfolgestreit in spanien. Königin<br />

Isabella wurde 1868 gestürzt und<br />

mi grierte in das land mit der stadt<br />

der liebe. Als einer der Nachfolger<br />

kam sogleich der hohenzoller leopold<br />

von hohenzollern-sig ma ringen infrage.<br />

Der war auch bereit dazu und wurde<br />

von Bismarck bei seiner Kandidatur<br />

unterstützt – preußen wurde nämlich<br />

ebenfalls von hohenzollern regiert.<br />

Den Franzosen war diese entwicklung<br />

ein Dorn im Auge, sie befürchteten eine<br />

umklammerung. Diese Reaktion war<br />

zwar nachvollziehbar, preußen hatte<br />

mit der Kandidatur aber nichts zu tun,<br />

sondern der abgedankte<br />

portugiesische König<br />

Ferdinand. leopold war<br />

sein schwiegersohn.<br />

Frankreich machte nun<br />

mit scharfen antipreußischen<br />

erklärungen<br />

von aljoScha harMSen<br />

Franconia Freiburg (2007)<br />

stimmung und stellte indirekt einen<br />

Krieg in Aussicht, falls tatsächlich leopold<br />

König würde. Die Regierung erklärte:<br />

„Frankreich würde nicht dulden,<br />

dass der prinz von hohenzollern oder<br />

sonst irgendein preußischer prinz den<br />

spanischen Thron besteigt. um diesen<br />

möglichen Fall zu verhindern, zählt die<br />

Regierung zugleich auf die Klugheit des<br />

deutschen Volkes und auf die Freundschaft<br />

des spanischen Volkes. sollte es<br />

jedoch anders kommen, so wüssten wir<br />

kraft Ihrer unterstützung (der der Abgeordneten)<br />

und derjenigen der Nation<br />

ohne Zögern und ohne schwäche unsere<br />

pflicht zu tun.“<br />

Der Appell an die Klugheit des deutschen<br />

Volkes hat indes tatsächlich<br />

Frucht getragen, allerdings ganz<br />

anders als es sich die Franzosen gewünscht<br />

hatten. Der französische Außenminister<br />

Gramont beauftragte den<br />

französischen Botschafter Vincent Benedetti,<br />

Kaiser Wilhelm in den Kurort<br />

Bad ems nachzureisen, mit der empfehlung<br />

an den Kaiser, die preußische<br />

unterstützung der Kandidatur zurückzuziehen<br />

und nie wieder eine solche<br />

zu unterstützen. Wilhelm lehnte den<br />

Generalverzicht ab. Die emser Depesche<br />

berichtet nun davon und ist von<br />

Bismarcks Mitarbeiter heinrich Abeken verfasst worden, der<br />

den Kaiser begleitete. Im Wortlaut:<br />

„Seine Majestät der König schreibt mir:<br />

Graf Benedetti fing mich auf der Promenade ab, um auf zuletzt<br />

sehr zudringliche Art von mir zu verlangen, ich sollte ihn autorisiren,<br />

sofort zu telegraphiren, dass ich für alle Zukunft mich<br />

verpflichtete, niemals wieder meine Zustimmung zu geben,<br />

wenn die Hohenzollern auf ihre Candidatur zurückkämen.<br />

Ich wies ihn zuletzt, etwas ernst, zurück, da man à tout jamais<br />

dergleichen Engagements nicht nehmen dürfe noch könne.<br />

Natürlich sagte ich ihm, dass ich noch nichts erhalten hätte<br />

und da er über Paris und Madrid früher benachrichtigt sei<br />

als ich, er wohl einsähe, dass mein Gouvernement wiederum<br />

außer Spiel sei. Seine Majestät hat seitdem ein Schreiben des<br />

Fürsten bekommen. Da Seine Majestät dem Grafen Benedetti<br />

gesagt, dass er Nachricht vom Fürsten erwarte, hat Allerhöchstderselbe,<br />

mit Rücksicht auf die obige Zumuthung, auf<br />

des Grafen Eulenburg und meinen Vortrag, beschlossen, den<br />

Grafen Benedetti nicht mehr zu empfangen, sondern ihm nur<br />

durch einen Adjutanten sagen zu lassen: dass Seine Majestät<br />

jetzt vom Fürsten die Bestätigung der Nachricht erhalten,<br />

die Benedetti aus Paris schon gehabt, und dem Botschafter<br />

nichts weiter zu sagen habe.<br />

Seine Majestät stellt Eurer Excellenz anheim, ob nicht die neue<br />

Forderung Benedettis und ihre Zurückweisung sogleich, sowohl<br />

unsern Gesandten, als in der Presse mitgeteilt werden sollte.“<br />

Als Bismarck dies erreichte, speiste er gerade mit den beiden<br />

besagten Generälen. Dass Wilhelm nur den Generalverzicht<br />

ausschloss, entsprach nicht dem Wunsch Bismarcks. er änderte<br />

die Depesche:<br />

„Nachdem die Nachrichten von der Entsagung des Erbprinzen<br />

von Hohenzollern der Kaiserlich Französischen Regierung<br />

von der Königlich Spanischen amtlich mitgeteilt worden<br />

sind, hat der Französische Botschafter in Ems an S. Maj. den<br />

König noch die Forderung gestellt, ihn zu autorisieren, dass<br />

er nach Paris telegraphiere, dass S. Maj. der König sich für<br />

alle Zukunft verpflichte, niemals wieder seine Zustimmung zu<br />

geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur wieder<br />

zurückkommen sollten.<br />

Seine Maj. der König hat es darauf abgelehnt, den Franz. Botschafter<br />

nochmals zu empfangen, und demselben durch den<br />

Adjutanten vom Dienst sagen lassen, dass S. Majestät dem<br />

Botschafter nichts weiter mitzuteilen habe.“<br />

Nach dieser Version haben sich Wilhelm und der französische<br />

Botschafter gar nicht unterhalten. Als diese Depesche in<br />

Frankreich bekannt wurde, war sie vor dem hintergrund der<br />

ohnehin bestehenden spannungen der Tropfen, der das Fass<br />

zum Überlaufen brachte. sie war nicht Grund, aber Anlass<br />

des Deutsch-Französischen Krieges. In fataler Überschätzung<br />

der eigenen militärischen stärke erklärte Frankreich<br />

den Krieg. Bismarck hatte gewonnen, denn indem Frankreich<br />

und nicht preußen der Aggressor war, konnten auch<br />

die süddeutschen länder von einer Kriegsbeteiligung auf<br />

preußischer seite überzeugt werden. „Überzeugt werden“ im<br />

moralischen sinne, denn es bestanden ohnehin geheime Beistandsvereinbarungen<br />

zwischen den süddeutschen staaten<br />

und preußen für den Kriegsfall – sonst hätte Bismarck der<br />

Krieg wenig gebracht – außer vielleicht das elsass.<br />

KAlKulierte und ungeWollte<br />

MissVerständnisse<br />

Böse Zungen könnten behaupten, die Gründung des<br />

preußisch-<strong>Deutsche</strong>n Reichs gründet auf einer lüge. Nun,<br />

gelogen hat Bismarck nicht. Wäre Bismarck Redakteur gewesen,<br />

hätte er sagen können: Die Redaktion behält sich<br />

Kürzungen vor. Der Depesche wurde nichts hinzugefügt, sie<br />

wurde nur im Mittelteil ‚verschlankt‘. so kann Kommunikation<br />

funktionieren: mit kalkulierten Missverständnissen. Im<br />

unter schied zur Kommunikation unserer ge genwärtigen politiker<br />

war dieses Missverständnis wenigstens geplant. Fällt<br />

heute der satz: „Wir stehen für Wachstum“; was könnte gemeint<br />

sein? haarwachstum? Wer würde dem FDp-Vorsitzenden<br />

unterstellen, seine kommunikativen Missverständnisse<br />

wären kalkuliert. Für<br />

Wachstum müsste<br />

man sich außerdem<br />

bewegen, nicht dafür<br />

‚stehen‘. Aber es<br />

gibt ja auch Negativwachstum,<br />

dafür<br />

muss man gar nichts<br />

tun. Will man das,<br />

hilft es manchmal,<br />

ebensolche sätze zu<br />

“Die Emser<br />

Depesche war<br />

nicht Grund,<br />

aber Anlass<br />

des Deutsch­<br />

Französischen<br />

Krieges.“<br />

äußern. Immerhin gibt es einen Vorteil: Wo früher politische<br />

Kommunikation Kriege auslöste, taugt sie heute allenfalls<br />

noch zur satire.<br />

Ende eines gelungenen Missverständnisses: Bismarck<br />

mit dem besiegten Napoleon III. bei Sedan.<br />

academicus 1/2012<br />

19


20<br />

neuedb<br />

Die <strong>Neue</strong>DB-Nachrichten sind der Newsletter der <strong>Neue</strong>nDB.<br />

Anmeldungen an nachrichten@neuedb.de<br />

Die <strong>Neue</strong>DB ist<br />

auch auf Facebookvertreten.<br />

Öffentlich<br />

erreichbar ist<br />

die seite über<br />

www.facebook.com/neuedb. hinweis in eigener sache:<br />

es wäre schön, wenn möglichst viele Facebook-Nutzer den<br />

„Gefällt mir“-Knopf dieser seite betätigen, denn die Zahl ist<br />

öffentlich einsehbar und derzeit noch ausbaufähig.<br />

Nur für registrierte<br />

Nutzer be -<br />

stimmt ist die interne<br />

Facebook-<br />

Gruppe. Zutritt<br />

für Verbandsbrüder<br />

erfolgt auf empfehlung bereits Registrierter oder,<br />

unter Angabe des Bundes, bei Bernd preiß (bestehender<br />

Facebook-Zugang vorausgesetzt).<br />

KorporAtionsWelt<br />

Das bekannte Forum<br />

„Tradi tion mit Zukunft“<br />

(Tramizu) wurde aus technischen<br />

Grün den aus<br />

dem allgemeinen Internet<br />

heraus ins Facebook verlegt.<br />

Dort erfreut es sich wachsender Beliebtheit.<br />

academicus 1/2012<br />

netzquellen<br />

Neben den Internetauftritten der Bünde sowie unserer Verbandshomepage gibt<br />

es allgemeine Quellen im Netz, die für <strong>Neue</strong>DB-Mitglieder und Korporierte<br />

im Allgemeinen von Interesse sind. Wir stellen die wichtigsten vor:<br />

ein Diskussions-<br />

und Information sforum<br />

im Inter -<br />

net ist die recht<br />

junge seite<br />

„Korporiert.com“.<br />

Der Name „Burschireader“ (www.burschireader.de) lässt<br />

Antikorporatives<br />

vermuten, doch<br />

weit gefehlt:<br />

Der sogenannte<br />

„Blog“ wird von<br />

einem Korporierten<br />

betrieben. Die seite informiert über studentenverbindungen<br />

und tritt Vorurteilen entgegen.<br />

Wer eine Datenbank<br />

mit Korporationen<br />

sucht,<br />

wird auf der<br />

seite „couleurstudentische<br />

In -<br />

formationen“, abgekürzt „cousin“ (www.cousin.de), fündig.<br />

Nicht schön, aber praktisch.<br />

AllgeMeine quellen<br />

Der Klassiker<br />

unter den Informationsseiten:<br />

Bei Wikipedia<br />

sind das Thema<strong>Burschenschaft</strong><br />

und<br />

anderes rund<br />

um das Korporationswesen detailliert beschrieben. link:<br />

de.wikipedia.org/wiki/<strong>Burschenschaft</strong><br />

VeRBANDsleBeN<br />

entwicklungen in cdA und VVAb<br />

Im oktober 2011 war ein Antrag im<br />

convent <strong>Deutsche</strong>r Akademikerbände<br />

(cDA), die DB wegen ihrer unsäglichen<br />

Auftritte<br />

im sommer auszuschließen,<br />

gescheitert<br />

(wir berichteten). Die<br />

<strong>Neue</strong>DB hatte für<br />

den Antrag gestimmt,<br />

„weil das Verhalten<br />

der DB fortgesetzt<br />

nicht hinnehmbar ist<br />

und den schriftlichen<br />

Distanzierungen vom<br />

sommer spürbare Konsequenzen folgen<br />

müssen.“<br />

Der coburger convent (Ahcc) ließ<br />

aus protest gegen den Verbleib der<br />

DB im cDA und deren Vertreter im<br />

Verbandsvorstand (schatzmeister und<br />

Referent für hochschulpolitik) seine<br />

Mitgliedschaft ruhen.<br />

Derzeit tritt eine Mehrheit der Mitgliedsverbände<br />

für einen Fortbestand<br />

und eine inhaltliche Reform des cDA<br />

ein. Der DB soll zumindest bis zu ihrem<br />

übernächsten Burschentag im<br />

Juni 2013 Zeit gegeben werden, durch<br />

eine Änderung oder ergänzung der<br />

Regelung zum volkstumsbezogenen<br />

Vaterlandsbegriff in Art. 9 der DB-Verfassung<br />

die Aufnahmevoraussetzungen<br />

neu zu definieren. Bei Vorstand<br />

und cDA-Beauftragtem der <strong>Neue</strong>nDB<br />

stößt die Idee, der DB Zeit einzuräumen,<br />

auf wenig Gegenliebe, weil dies<br />

erfahrungsgemäß nicht fruchtet. Das<br />

Votum des <strong>Neue</strong>DB-Burschentages<br />

bleibt freilich abzuwarten.<br />

VAb-Mitglieder<br />

unMittelbAr betroffen<br />

Die Vereinigungen Alter <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

(VAB) sind ebenfalls von<br />

“Alles in allem<br />

dürften die<br />

Erfolgsaussichten<br />

für<br />

eine Reform<br />

des VVAB<br />

gering sein.“<br />

den allgemeinen Geschehnissen und<br />

Zuständen betroffen, insbesondere,<br />

wenn sie dem Dachverband VVAB<br />

angehören. Zur erin-<br />

nerung: Jede VAB ist<br />

auf die Grundsätze<br />

der DB und auf deren<br />

Auslegung durch den<br />

Rechtsausschuss der<br />

DB verpflichtet. Jeder<br />

Reform ist ein Riegel<br />

vorgeschoben, weil<br />

diese Verpflichtung<br />

„ewigkeitsrang“ hat,<br />

ähnlich den unantastbaren Menschenrechten<br />

im Grundgesetz! (siehe die<br />

Berichte von ulrich Giebeler im academicus<br />

sommersemester 2007 und Gernot<br />

schäfer, sommersemester 2011.)<br />

Zahlreiche Vereinigungen haben<br />

den spagat versucht, nur für die DB-<br />

Mitglieder anteilige Beiträge an den<br />

VVAB abzuführen und die übrigen Beiträge<br />

dem Denkmalerhaltungsverein<br />

(DeV) in eisenach zur Verfügung zu<br />

stellen. Vier dieser Vereinigungen sollten<br />

auf dem Altherrentag 2010 deshalb<br />

exemplarisch aus dem VVAB ausgeschlossen<br />

werden. Da hierfür nicht<br />

die erforderliche Mehrheit zustande<br />

kam, traten der Vorort Marburg und<br />

der von ihm gestellte Vorstand mit sofortiger<br />

Wirkung zurück. Die Neuwahl<br />

eines Vororts blieb erfolglos, die Geschäfte<br />

wurden nur noch kommissarisch<br />

fortgeführt.<br />

erfolglose<br />

reforMVersuche<br />

Daneben hat es mehrfach Versuche<br />

gegeben, durch eine grundlegende Verfassungsreform<br />

den VVAB aus seiner<br />

einseitigen Abhängigkeit von der DB zu<br />

lösen. 2006 scheiterte ein Antrag.<br />

Danach hat vor allem der „Arbeitskreis<br />

der Rhein-Main-VABen“ das Thema<br />

weiterverfolgt und im November 2010<br />

ein eckwertepapier verfasst, das im<br />

gesamten Verband verteilt worden ist.<br />

Gleichzeitig brachte die VAB Bad Nauheim<br />

2011 den Antrag ein, einen Verfassungsausschuss<br />

einzurichten, um<br />

die satzung des VVAB zu verändern.<br />

neuedb-Mitglieder<br />

nicht zugelAssen<br />

Beim Altherrentag 2011 war zunächst<br />

ein neuer Vorort zu wählen. Dies erwies<br />

sich als äußerst schwierig. schließlich<br />

erklärte sich die VAB oberösterreich zu<br />

linz bereit – eine VAB mit deutlichem<br />

BG-profil. Der Antrag auf einsetzung<br />

eines Verfassungsausschusses wurde<br />

mit 26:17 stimmen angenommen. Die<br />

VAB oberhausen zog daraufhin ihre<br />

Reformanträge zurück, um sie vom<br />

Ausschuss behandeln zu lassen.<br />

Der neue Vorort begrenzte den Ausschuss<br />

auf sieben Mitglieder und<br />

wählte fünf Mitglieder selbst aus.<br />

Weiterhin versandte er ein Rundschreiben<br />

an alle Mitgliedsvereinigungen, in<br />

dem er die Verfassungskommission<br />

als „hypothek“ bezeichnete und festlegte,<br />

dass es nur darum gehen könne,<br />

dass sich der VVAB erneut „klar als<br />

Teil der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> positioniert.“<br />

Daneben findet der Vorort<br />

auch noch die Zeit, den oben genannten<br />

Beitrag von Verbandsbruder Giebeler<br />

als „gehässig und hetzerisch“ zu<br />

bezeichnen. Kommentar überflüssig.<br />

Alles in allem dürften die erfolgsaussichten<br />

eine Reform des VVAB gering<br />

sein. sollte es überraschenderweise<br />

ein positives Votum geben, so dürfte<br />

dieses vom DB-Rechtsausschuss kassiert<br />

werden.<br />

academicus 1/2012<br />

21


22<br />

hochschule<br />

JustItIa Versus asta?<br />

rechtlIche handhaBe der KorporatIonen<br />

“Ein Vorgehen<br />

gegen AStA­<br />

Polemik hat<br />

erhebliche<br />

Erfolgschancen.“<br />

Im Zusammenhang mit Aktivitäten<br />

des Göttinger AstA und des AstA<br />

der leibniz universität hannover<br />

hat sich der Vorstand der <strong>Neue</strong>nDB<br />

gefragt, ob es möglich und sinnvoll ist,<br />

gegen solche Aktionen juristisch vorzugehen.<br />

Über unseren Verbandsbruder<br />

hans Jürgen peitz hat uns unser<br />

Verbandsbruder univ. prof. Dr. Gunther<br />

schwerdtfeger (beide Brunsviga<br />

Göttingen) nun eine stellungnahme zukommen<br />

lassen, die ich im Folgenden<br />

zusammenfassend erläutere.<br />

academicus 1/2012<br />

von gerd Wauer<br />

Markomannia Kaiserslautern<br />

nach einer Stellungnahme von uniV. prof. dr. gunther SchWerdtfeger<br />

Brunsviga Göttingen<br />

rechtlicher rAhMen<br />

für den AstA<br />

Allgemein anerkannt und gesetzlich<br />

festgeschrieben ist, dass der AstA kein<br />

allgemeines politisches Mandat besitzt.<br />

Aber die hochschulgesetze verleihen<br />

ihm ausdrücklich ein politisches<br />

Mandat für die hochschulpolitischen,<br />

sozialen und kulturellen Belange der<br />

studierenden. es ist allgemein anerkannt,<br />

dass sich der AstA im Rahmen<br />

seiner Kompetenzen auch mit Verbindungen<br />

beschäftigen darf – es kommt<br />

somit nicht auf das „ob“, sondern nur<br />

auf das „Wie“ an.<br />

Als öffentlich-rechtliches organ darf<br />

der AstA nicht in gleicher Weise handeln<br />

wie es private Gruppierungen tun.<br />

Der AstA ist das verfasste organ der<br />

gesamten studentenschaft – und damit<br />

auch der Korporierten – und hat damit<br />

auch die Belange korporierter studenten<br />

zu vertreten.<br />

Der AstA versucht allerdings häufig,<br />

die gesetzliche Aufgabenzuweisung zu<br />

erweitern. Argument ist meist die Meinungsfreiheit<br />

der AstA-Angehörigen.<br />

ein Mitglied des AstA kann jedoch<br />

seine Meinung gegen Verbindungsstudenten<br />

zwar als privatmann vertreten,<br />

nicht aber in seiner amtlichen eigenschaft<br />

als öffentlich-rechtlicher Vertreter<br />

des AstA.<br />

AussAgen der<br />

rechtsprechung<br />

Der hess. VGh hat in einem Beschluss<br />

vom 6.4.1998 dem Antrag von Verbindungsstudenten<br />

gegen Aussagen<br />

des AstA-Vorsitzenden der universität<br />

Marburg stattgegeben. Dieser hatte<br />

behauptet, ein weiterer schwerpunkt<br />

der politischen Arbeit des AstA sei<br />

die Bekämpfung der <strong>Burschenschaft</strong>en,<br />

Korporationen und aller anderer<br />

studentischer Verbindungen. Zwar sei<br />

nicht jede Kritik des AstA gegen Verbindungen<br />

unzulässig, aber die Bestimmungen<br />

des hessischen hochschulgesetzes<br />

ermächtigten den AstA nicht zur<br />

„Bekämpfung“ studentischer Gruppen.<br />

Dem hess. VGh steht ein Beschluss<br />

des oVG Bremen entgegen. Dieses Gericht<br />

ließ folgende Äußerungen gegen<br />

Korporationen durchgehen: „Ferner ist<br />

ihr Weltbild von einem extremen Nationalismus,<br />

einem rassistischen Menschenbild,<br />

elitedenken, Antifeminismus<br />

und der Gegnerschaft zu liberalismus<br />

und bürgerlicher Demokratie geprägt“.<br />

erst weil den Verbindungen keine entsprechende<br />

Möglichkeit zu gleichwertiger<br />

Gegenreaktion geboten worden<br />

war, hat das oVG die zitierte „äußerst<br />

polemische“ und „von geringem Differenzierungsvermögen“<br />

getragene Äußerung<br />

des AstA verboten.<br />

Das VG hannover ist dem oVG Bremen<br />

gefolgt, indem es die einseitige<br />

Dominanz des AstA annahm, wenn<br />

für gleichwertige Gegenreaktionen der<br />

Verbindungen kein rechter Raum blieb,<br />

so etwa beim massiven Aufruf des<br />

AstA gegen einen Festkommers.<br />

„Keine MöglichKeit<br />

zur gegenäusserung“<br />

ein zweiter Beschluss des hessischen<br />

Verwaltungsgerichtshofes vom<br />

19.7.2004 berücksichtigt den Beschluss<br />

des oVG Bremen insoweit, als er in<br />

den zu beurteilenden Materialien „gewichtige<br />

Gesichtspunkte“ sieht, dass<br />

es sich inhaltlich um „diffamierende<br />

Darstellungen“ und gleichzeitig organisatorisch<br />

um eine einseitig dominierte<br />

Meinungsbildung handelt, weil den<br />

Verbindungen „keine Möglichkeit zur<br />

gleichwertigen Gegenäußerung geboten<br />

worden ist“.<br />

Wegen eines „Mäßigungsgebotes“ untersagt<br />

der hess. VGh über das „Diffa-<br />

mierungsverbot“ des oVG Bremen hinaus<br />

aber auch polemische, überzogene<br />

oder sogar ausfällige Kritik.<br />

selbst wenn wir unserer Beurteilung<br />

der rechtlichen situation nur die Ansicht<br />

des oVG Bremen zugrunde legen,<br />

so hätte ein Vorgehen gegen ein polemisches<br />

oder anderweitig überzogenes<br />

Vorgehen eines AstA im ergebnis<br />

erhebliche erfolgschancen. Denn welcher<br />

verbindungsfeindliche AstA wird<br />

uns die Möglichkeit zur gleichwertigen<br />

Gegenäußerung einräumen?<br />

poleMisch, überzogen,<br />

Ausfällig<br />

Noch günstiger für uns ist in jedem Fall<br />

der zweite Beschluss des hess. VGh, da<br />

dieser bereits diffamierende Äußerungen<br />

untersagt. Danach kann ein AstA<br />

Meinungskämpfe in seinem Außenverhältnis<br />

zu anderen öffentlich-rechtlichen<br />

Körperschaften (z.B.<br />

der stadt, den universitäten<br />

oder sozialversicherungsträgern)<br />

führen. Aber<br />

im Innenverhältnis<br />

zu studierenden als<br />

Mitgliedern der Teilkörperschaft<br />

der stu -<br />

dierenden ist keine<br />

gesetzliche ermächtigung<br />

vorhanden,<br />

welche dem AstA einen öffentlichrechtlichen(!)<br />

„Kampf“ gegen einzelne<br />

Mitgliedergruppen und damit gegen<br />

Verbindungen gestattet. eine ermächtigung<br />

fehlt auch für tatsächlich undifferenzierte<br />

sowie für polemische, überzogene<br />

oder gar ausfällige Kritik. eine<br />

solche erlaubnis zu undifferenziertem,<br />

kämpferischem, polemischem, überzogenem<br />

und/oder ausfälligem handeln<br />

würde derart massiv vom allgemein Üblichen<br />

abweichen, dass der Gesetzgeber<br />

diese Befugnis ausdrücklich verleihen<br />

müsste, was nicht der Fall ist.<br />

Außerdem würde eine solche ermächtigung<br />

massiv gegen den Grundsatz der<br />

Verhältnismäßigkeit verstoßen.<br />

tAKtisches Vorgehen<br />

“Es ist keine<br />

gesetzliche<br />

Ermächtigung<br />

vorhanden, die<br />

dem AStA einen<br />

‚Kampf‘ gegen<br />

Verbindungen<br />

gestattet.“<br />

Wir sollten jeden Fall praxisorientiert<br />

angehen, über einen Rechtsanwalt,<br />

der im öffentlichen Recht zu hause ist<br />

und der ausreichend interne Kenntnisse<br />

über Verbindungen und deren Verbände<br />

besitzt. ein Verbandsbruder aus<br />

der <strong>Neue</strong>n <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong><br />

wäre hier von Vorteil. Dieser Rechtsanwalt<br />

hätte die Rechtsprechung des<br />

für den Rechtsstreit einschlägigen Verwaltungsgerichtes<br />

zu ermitteln und<br />

eine geeignete Vorgehensweise zu<br />

prüfen (auch unter Berücksichtigung<br />

der Beschlüsse anderer Gerichte).<br />

prozessual kommt eine Klage im hauptsacheverfahren<br />

oder bei eilbedürftigkeit<br />

eine Antragstellung in einem Verfahren<br />

auf vorläufigen Rechtsschutz in Betracht.<br />

Weil ein hauptsacheverfahren<br />

sehr lange dauert, empfiehlt sich bei<br />

eilbedürftigkeit der einstweilige Rechtsschutz.<br />

Das gilt<br />

vor allem auch,<br />

wenn es ein student<br />

ist, der klagt.<br />

Als Kläger/An trag -<br />

steller kommt ein<br />

Verbindungsstudent<br />

oder die ein -<br />

zelne aktive Verbin -<br />

dung (Burschen)<br />

in Frage. Der Altherrenverband<br />

der jeweiligen Verbindung<br />

oder gar die <strong>Neue</strong>DB scheiden<br />

aus.<br />

Bisher haben offenbar nur einzelne<br />

studenten geklagt und nicht eine aktive<br />

Verbindung als Kollektiv. Am sichersten<br />

wäre eine Klage vor einem<br />

hessischen Verwaltungsgericht, weil<br />

der VGh hessen die höchsten hürden<br />

für einen AstA aufstellt. soweit in<br />

einem anderen Bundesland das oVG<br />

oder der VGh noch nicht entschieden<br />

hat, sollten wir auch dort die sicht<br />

des hess. VGh vertreten.<br />

Von den öffentlich-rechtlichen Grundlagen<br />

her ist alleine die sicht des<br />

hess. VGh richtig.<br />

academicus 1/2012<br />

23


24<br />

VeRBANDsleBeN<br />

academicus 1/2012<br />

Na immerhin bin ich<br />

nicht gleich der Nazi...<br />

so oder so ähnlich waren<br />

meine Gedanken an<br />

dieser stelle. Bestimmt<br />

ein jeder von uns durfte<br />

schon einmal eine<br />

Diskussion dieser Art<br />

führen. eine Diskussion mit einem linken, oder zumindest<br />

pseudo-linken, der einen auf der straße anspricht, weil man<br />

in couleur unterwegs ist. In diesem Fall konnte ich sogar ein<br />

halbwegs vernünftiges Gespräch führen, obwohl das wohl<br />

eher die Ausnahme ist. Andernorts hat man mir auch schon<br />

meine Mütze vom Kopf geschlagen und Verbandsbrüder<br />

neben mir getreten. Aber hier konnte man sich wenigstens<br />

unterhalten – und dann sogar, obwohl wir gerade vom<br />

chargieren eines stiftungsfestes kamen und prunkschläger<br />

dabei hatten, auf offener straße eine Keilstunde abhalten.<br />

und das vor der Goldenen Krone in Darmstadt, einer tendenziell<br />

eher von linken besuchten Diskothek im stadtkern.<br />

Aber dieser erste satz ist mir im Gedächtnis geblieben: „Ihr<br />

wart ja mal Revolutionäre.“ Ja, das waren wir... Da hat er<br />

mich doch glatt zum Nachdenken gebracht. Wir waren<br />

Revolutionäre und was sind wir denn nun eigentlich heute?<br />

Ja, klar, das Bekenntnis zum deutschen Vaterland, das Bekenntnis<br />

zu Freiheit und freiheitlich-demokratischer Grundordnung,<br />

ehrenhaftes Betragen und politisches Interesse.<br />

Aber sonst? Von Revolution wenig zu spüren. ein richtiges<br />

Ziel scheint nicht mehr vorhanden, es scheint alles erreicht,<br />

für das zu kämpfen sich lohnte. „Am Ziel deiner Wünsche<br />

wirst du jedenfalls eines vermissen: dein Wandern ans Ziel.“,<br />

so sagte es Marie von ebner-eschenbach, eine österreichische<br />

schriftstellerin. Die Ziele der urburschenschaftlichen<br />

Bewegung sind alle erreicht. eigentlich sind wir bereits angekommen,<br />

wohin wir Anfang des 19. Jahrhunderts nach<br />

der Befreiung von Napoleon hin aufbrachen. Doch eben<br />

jene Marie von ebner-eschenbach sagte auch: „Der ans Ziel<br />

von Martin haape<br />

Rugia Darmstadt<br />

„Ihr wart Ja mal<br />

reVolutIonäre...“<br />

“Der ans Ziel<br />

getragen<br />

wurde, darf<br />

nicht glauben,<br />

es erreicht zu<br />

haben.“<br />

getragen wurde, darf nicht glauben, es erreicht zu haben.“<br />

Das sagt uns, dass wir möglicherweise noch immer auf dem<br />

Weg sind. Allerdings scheinen wir vergessen zu haben, was<br />

das Ziel ist. Ich will hier nicht mehr von Revolution sprechen.<br />

Revolutionen kosten Menschenleben und bringen leid und<br />

elend. und Revolutionen laufen immer Gefahr, einen Missbrauch<br />

von Macht zu verursachen. Was wir brauchen, ist<br />

evolution. eine friedliche entwicklung hin zu dem, was wir in<br />

der heutigen Zeit fordern, hin zu unseren Zielen. und auch,<br />

wenn diese Ziele möglicherweise nicht für jeden sofort ersichtlich<br />

sind, so kann sie doch ein jeder offen sehen: Freiheit!<br />

ehre! Vaterland!<br />

‚Freiheit! ehre! Vaterland!‘ war und ist unsere losung. Für<br />

mich ist diese losung ein Dreigestirn, eine Dreieinigkeit und<br />

keine Abstufung, aber das mag jeder sehen, wie er mag.<br />

Doch was sollte das nun konkret bedeuten?<br />

ist JedeM zWeiten egAl,<br />

WAs Mit seinen rechten pAssiert?<br />

Freiheit. Ja, wir haben mit dem Grundgesetz eine vollwertige<br />

Verfassung, freie Meinungsäußerung, Freizügigkeit. Wir besitzen<br />

die Freiheitsrechte, die unsere Verfassungsväter uns<br />

ermöglichten. Doch muss das auch jedem klarwerden. carl<br />

Friedrich von Weizsäcker definiert die Freiheit als „ein Gut,<br />

das durch Gebrauch wächst, durch Nichtgebrauch dahinschwindet“.<br />

Nutzen wir unsere Freiheit? Gehen wir alle zur<br />

Wahl? Der arabische Frühling macht uns einmal mehr bewusst,<br />

wie wichtig dieses Recht für die Menschen dort ist. Bei<br />

uns tritt man es allerdings fast schon mit den Füßen. Bei der<br />

vergangenen europawahl lag die Beteiligung bei fast genau<br />

50 prozent. Das bedeutet, dass jedem Zweiten vollkommen<br />

egal ist, was mit seinen Rechten und seiner stimme passiert.<br />

Die legitimation der Gewählten verliert damit strenggenommen<br />

fast die Gültigkeit. eigentlich könnte man dann ja auch<br />

in der DDR leben. Da muss man sich<br />

dann nicht einmal mehr die Mühe machen,<br />

bei der Wahl noch eine entscheidung<br />

zu treffen... unser Auftrag muss<br />

hier lauten: Wahrung der Freiheit<br />

durch Aufklärung und der klare Aufruf<br />

an alle, ihr Wahlrecht, ihre Freiheit<br />

wahrzunehmen. Wenn nicht wir dazu<br />

stehen, dann tut es niemand mehr...<br />

ehre. Zweifelsohne ist ehre schwer zu<br />

fassen. ehre vor sich selbst. ehre vor<br />

anderen. ehre des Vaterlandes vielleicht<br />

auch. Aber was genau ist ehre<br />

jetzt? Im lexikon stehen vorrangig<br />

zwei Definitionen. Die eine beschreibt<br />

ehre als „Wertschätzung und Achtung,<br />

die ein Mensch von anderen<br />

beansprucht“. Die andere Definition<br />

nennt ehre einen „sittlichen Begriff,<br />

wenn sie sich auf die eigene unbescholtenheit<br />

gründet“. Damit umfasst<br />

ehre zwei wichtige Richtungen: das<br />

eigene Verhalten und das Verhalten<br />

anderer betreffend. Das Verhalten der<br />

anderen kann ich wenig beeinflussen,<br />

mein eigenes jedoch umso mehr. ehre<br />

ist in diesem Zusammenhang auch<br />

eine Ausprägung von Toleranz und Akzeptanz<br />

der anderen; in unserer Zeit<br />

noch immer ein wichtiges Thema, be-<br />

“Nur Vielfalt macht<br />

stark! Und gerade wir<br />

als <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

sollten niemals den<br />

Fehler machen, dies<br />

zu vergessen.“<br />

sonders, und auf diesen punkt möchte<br />

ich hier hinaus, wenn es um die Integration<br />

von Zuwanderern geht. Nur<br />

Vielfalt macht stark! und gerade wir<br />

als <strong>Burschenschaft</strong>er sollten niemals<br />

den Fehler machen, dies zu vergessen.<br />

Die Vielfalt, die sich uns auch schon<br />

zu Zeiten der urburschenschaft in den<br />

vielen Dialekten und unterschiedlichen<br />

Kulturen bot. Wichtig waren diese unterschiede<br />

für uns nie. Wichtig war<br />

allein das Bekenntnis zu Deutschland.<br />

und mehr sollte uns heutzutage auch<br />

nicht interessieren!<br />

Wir Müssen ziele Jedes<br />

MAl neu definieren<br />

„Niemand soll an seiner Abstammung<br />

gemessen werden, sondern an seinem<br />

handeln und seinen Idealen“ (Resolution<br />

der <strong>Neue</strong>nDB vom 18. Juni 2011).<br />

Das ist eine Aussage, die zugleich<br />

auch programm sein sollte und nicht<br />

bloß eine leere phrase. Denn das ist<br />

ehre in ihrer Reinform. ehre vor dem<br />

anderen und damit auch ein Zeichen<br />

unserer eigenen. lasst uns alle einen<br />

Beitrag zur Integration von Bürgern in<br />

unsere Gesellschaft leisten. Nicht nur<br />

im Denken, sondern auch im handeln.<br />

ein <strong>Burschenschaft</strong>er hat mit gutem<br />

Vorbild voranzugehen.<br />

Vaterland. hier fällt es bei der Definition<br />

häufig schwer, zwischen patriotismus<br />

und Nationalismus zu unterscheiden.<br />

hier besteht die Gefahr, in<br />

eine Definition zu geraten, die schnell<br />

zu „Blut und Boden“ führt. Aber vielleicht<br />

sehen viele diesen Begriff falsch.<br />

es geht nicht um Vererbung vom Vater,<br />

es geht vielmehr um die liebe zu<br />

seinem land, wie die liebe zu seinem<br />

Vater. Denn dieses Vaterland hat uns<br />

aufgezogen und jetzt haben wir<br />

diesem Vater etwas davon zu-<br />

rückzugeben. Wir haben jetzt<br />

einen Beitrag zur Gesellschaft<br />

zu leisten. Doch das funktioniert<br />

nicht, wenn wir uns in unseren<br />

löchern verkriechen. Der<br />

schweizerische Dichter Gottfried<br />

Am 18. März<br />

1848 jubeln<br />

Befreiungskämpfer<br />

in<br />

Berlin. Auch<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er<br />

haben in der<br />

Märzrevolution<br />

mitgekämpft.<br />

“Wir haben jetzt<br />

einen Beitrag zur<br />

Gesellschaft zu<br />

leisten. Doch das<br />

funktioniert nicht,<br />

wenn wir uns in<br />

unseren Löchern<br />

verkriechen.“<br />

Keller gibt uns hier eine klare Vorgabe:<br />

„Achte jedes Mannes Vaterland,<br />

aber das deinige liebe!“ lasst uns alle<br />

der Gesellschaft, unserem Vaterland,<br />

etwas zurückgeben. sei es direkte politische<br />

partizipation, freiwilliger Dienst<br />

oder eine andere der vielfältigen Möglichkeiten,<br />

die wir dazu haben.<br />

Damit will ich auch wieder auf die<br />

Revolutionäre zurückkommen, die wir<br />

einmal waren. Nein, wir machen keine<br />

Revolution mehr, aber sollten doch<br />

immer noch Visionäre sein. Visionäre,<br />

die etwas bewegen, etwas ändern und<br />

schaffen wollen. Visionäre, deren Ziele<br />

niemals erreicht werden dürfen, weil<br />

wir sonst die Idee der <strong>Burschenschaft</strong><br />

aus den Augen verloren haben. Wir<br />

müssen sie jedes Mal neu definieren,<br />

neu besetzen. Vor allem aber müssen<br />

wir uns unserer Ziele bewusst werden<br />

und gemeinsam in eine Richtung gehen<br />

und uns nicht durch innere streitigkeiten<br />

entzweien. „Geblieben ist<br />

uns doch der Kern. und den lasst fest<br />

uns halten!“ Den lasst uns gemeinsam<br />

halten und leben!<br />

academicus 1/2012<br />

25


26<br />

VeRBANDsleBeN<br />

Die <strong>Neue</strong>DB Akademie blickt auf zehn erfolgreiche Jahre zurück. Hier<br />

berichtet ein Trainer der ersten Stunde von seinen ganz persönlichen<br />

Erfahrungen in der Akademiearbeit.<br />

Als <strong>Burschenschaft</strong>er hat man<br />

es heute nicht ganz leicht: Die<br />

Themen Wertefindung und<br />

Ausrichtung der <strong>Neue</strong>nDB zeugen vom<br />

Ringen um den Weg in die Zukunft. Der<br />

Autor dieser Zeilen hat selbst noch die<br />

fruchtlosen Debatten der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Burschenschaft</strong> erlebt. spätestens mit<br />

der Wiedervereinigung arteten die hier<br />

postulierten positionen in bittere Realsatire<br />

aus. Als abgehobenes Blabla<br />

mit wenig Bezug zur gesellschaftlichen<br />

Realität stellten und stellen die heute<br />

dort vielfach vertretenen Ansichten eine<br />

Beleidigung für Intellekt und politisches<br />

empfinden eines eher „liberal“ geprägten<br />

Burschen dar.<br />

persönlicher einsatz auf Verbandsebene<br />

war dem Autor nach solchen<br />

erfahrungen nicht mehr vermittelbar.<br />

Andererseits bestand immer der<br />

Anspruch des gesellschaftlichen engagements.<br />

hier gibt es von Aktivitäten<br />

in politischen parteien bis hin zu<br />

berufsständischen Vereinigungen ein<br />

breites Angebot. Doch sucht nicht jeder<br />

die Bühne politischer Auseinandersetzung.<br />

und auch das Geklüngel im<br />

Vereins- oder Geschäftsleben ist nicht<br />

jedermanns sache. Mit der <strong>Neue</strong>nDB-<br />

Akademie fand sich dann doch noch<br />

das berühmte Deckelchen für mein<br />

persönliches Töpfchen.<br />

academicus 1/2012<br />

der funKe springt über<br />

Die Gründung der <strong>Neue</strong>nDB Akademie<br />

habe ich aus weiter Ferne erlebt.<br />

Zunächst schien es nur ein weiteres<br />

steckenpferd meines burschenschaftlich<br />

sehr engagierten Bundesbruders<br />

professor liehr zu sein. Doch dann<br />

wurde ich im wahrsten sinne des<br />

Wortes durch liehr für die Akademie<br />

„gekeilt“. Auf einem stiftungsfest in<br />

Freiburg wurde mir das projekt kurz<br />

persönlich vorgestellt und mein engagement<br />

mehr oder weniger verbindlich<br />

erwartet. „King liehr“ hatte gesprochen.<br />

Ausflüchte zwecklos.<br />

Das war auch nicht nötig. Ich fand die<br />

grundlegende Idee der Akademie von<br />

Anfang an überzeugend: eine außeruniversitäre<br />

Förderung von soft skills<br />

und Kenntnissen, die über den gelehrten<br />

Tellerrand hin ausreichen, sind<br />

hochrelevante The men in der umfassenden<br />

Bildung junger erwachsener.<br />

Das zeigte schon die eigene erfahrung.<br />

Im beruflichen Tagesgeschäft<br />

als creative Director einer internationalen<br />

Werbeagentur hatte ich täglich<br />

mit eben solchen lücken bei Mitgliedern<br />

meines Teams zu kämpfen.<br />

Außerdem fand ich es als Werber<br />

spannend, möglicherweise einen direkten<br />

eindruck vom Denken und Fühlen<br />

der Zielgruppe Jungakademiker<br />

zu gewinnen. Fehlte bloß noch mein<br />

persönliches Themen-Angebot für die<br />

Akademie.<br />

von frank BerndSen<br />

Franconia Freiburg (1984) und<br />

Alemannia Marburg (1987)<br />

zehn Jahre neuedB aKademIe<br />

perspeKtiVen für trAiner und teilnehMer<br />

Prof. Dr. med. H. Liehr<br />

“Ich fand die Idee der<br />

Akademie von Anfang<br />

an überzeugend.“<br />

Von der prAxis zur<br />

theorie – und uMgeKehrt<br />

Über den Beruf des Werbeexperten,<br />

hier des Texters und Konzepters, gibt es<br />

viele Klischees: ständig party, hübsche<br />

Mädels bis zum Abwinken, Geld satt –<br />

und all das im Gegenzug für die eine<br />

oder andere verrückte Idee. Die praxis<br />

sieht deutlich weniger glamourös aus:<br />

Das Geld ist hart erarbeitet, die partys<br />

fallen mangels Zeit und sponsoren aus.<br />

es herrscht ein brutaler Verdrängungswettbewerb,<br />

menschlich wie auch beim<br />

täglichen Kampf um die Gunst der Kunden.<br />

Der Trend zur spezialisierung ist<br />

ungebrochen. Wer weiß schon, was ein<br />

planner macht, wie der Traffic funktioniert<br />

oder was ein Innovation Manager<br />

leistet.<br />

Aus dieser Gemengelage ergab sich<br />

mein erstes produkt für die Akademie:<br />

der Workshop „Wie entsteht Werbung“.<br />

Als Ableitung, oder um im Thema zu<br />

bleiben, als „Abformat“, kam schnell die<br />

Kurzversion im Rahmen eines Vortrags<br />

hinzu. Aus der erfahrung des praktikers<br />

rundete die „schreibwerkstatt“, eine Anleitung<br />

zur erfolgreichen Konzeption und<br />

Texterstellung, mein Angebot ab.<br />

Die Inhalte habe ich selbst zusammengestellt<br />

und im laufe der Zeit ergänzt<br />

oder gestrafft. Bei den Tages-seminaren<br />

wechseln sich Frontalunterricht<br />

mit Übungen und spielerischen exkursen<br />

ab. Durch direkte Anwendung und<br />

erprobung soll der vermittelte stoff<br />

schnell für die individuelle Nutzung<br />

erschlossen werden. Mit einer zum seminarende<br />

ausgegebenen Zusammenfassung<br />

besteht für alle Teilnehmer die<br />

Möglichkeit, das Gelernte nachzuarbeiten<br />

oder zu vertiefen.<br />

Diese Konzeptionsarbeiten habe ich<br />

zunächst noch aus dem Bauch heraus<br />

entwickelt. heute bietet die <strong>Neue</strong>DB<br />

Akademie für ihre Trainer ein eigenes<br />

Angebot mit zahlreichen hilfestellungen<br />

bei der seminar-Konzeption an. unter<br />

dem Motto „Train the Trainer“ wird hier<br />

eine entsprechende Qualitätssicherung<br />

gewährleistet.<br />

Mit „offeneM herzen bei<br />

der sAche“<br />

Das leben als Akademie-Referent ist<br />

abwechslungsreich. Mit etwa drei Veranstaltungen<br />

pro Jahr ist der Aufwand<br />

für mich jedoch überschaubar. Durch<br />

meinen zentra len<br />

Wohnort Frankfurt<br />

kann ich einen großen<br />

Teil der Veranstaltungsorte<br />

in<br />

vertretbarer Zeit<br />

mit der Bahn erreichen.<br />

Vor ort ist in der Regel dann alles<br />

gut vorbereitet. Ich treffe auf motivierte<br />

Teilnehmer, bei etwa einem Drittel<br />

der Veranstaltungen sind darunter<br />

auch Frauen. Ich begrüße das sehr, da<br />

die Damen meist eigene, weibliche Akzente<br />

setzen.<br />

Jede Veranstaltung beginnt mit einer<br />

Vorstellungsrunde, so dass ich mir ein<br />

erstes Bild von den Teilnehmern, ihrer<br />

Motivations- und Interessenlage machen<br />

kann. umgekehrt erfahren die<br />

Teilnehmer, was sie von mir erwarten<br />

dürfen. es ist immer wieder erstaunlich,<br />

wie manche im Rahmen eines solchen<br />

gemeinsamen Tages aus sich herauskommen<br />

und die Veranstaltung durch<br />

wirklich originelle Beiträge bereichern.<br />

Bei den schreibübungen fallen für mich<br />

häufig echte Formulierungsperlen ab.<br />

Diese sind dann oft steilvorlagen für einen<br />

knappen, lehrreichen Kommentar.<br />

“Unter dem Motto<br />

„Train the Trainer“<br />

wird Qualitätssicherung<br />

gewährleistet.“<br />

Der Teilnehmer, der zum Beispiel<br />

„mit offenem herzen“ bei<br />

der sache war, musste Gott<br />

sei Dank nicht mit dem Rettungswagen<br />

abgeholt werden.<br />

Auch beim Texten im Bildzeitungsstil<br />

wird nicht mit Wortwitz<br />

gegeizt.<br />

Bei Raucherpausen oder dem<br />

gemeinsamen Mittagessen<br />

erfährt man dann en passant<br />

auch viel über die Nöte heutiger<br />

studenten. Bisweilen trifft<br />

man sehr geistreiche Köpfe<br />

und oft frage ich mich dann, wo<br />

diese wohl in 20 oder 30 Jahren<br />

beruflich stehen werden.<br />

Bei vielen scheint die steile Karriere<br />

durchaus im Rahmen des<br />

Möglichen zu liegen.<br />

Nach einem solchen gemeinsamen<br />

Arbeitstag bietet die Rückfahrt<br />

noch einmal Gelegenheit zu einem<br />

persönlichen Resümee. In der Regel war<br />

es ein anstrengen-<br />

der, aber schöner<br />

Tag, der seinen ursprung<br />

im Wirken<br />

der <strong>Neue</strong>nDB-Akademie<br />

gefunden hat.<br />

MAnche ideen überzeugen<br />

Auf den ersten blicK<br />

Die Referententätigkeit für die <strong>Neue</strong>DB-<br />

Akademie bietet bei überschaubarem<br />

zeitlichem einsatz viel potenzial für interessante,<br />

das heißt persönlich bereichernde<br />

Begegnungen. seminare der<br />

Akademie ermöglichen den Blick über<br />

den eigenen Tellerrand, sie fördern Verständnis<br />

und Toleranz. Aus meiner sicht<br />

ist die <strong>Neue</strong>DB-Akademie ein hervorragendes<br />

Forum für persönliches burschenschaftlich<br />

geprägtes und damit<br />

gesellschaftlich wünschenswertes engagement.<br />

Ich würde mich freuen, wenn<br />

dieser Artikel den einen oder anderen<br />

leser zu einem ähnlichen engagement<br />

motiviert. In diesem sinne: Willkommen<br />

bei der <strong>Neue</strong>nDB-Akademie!<br />

“Die <strong>Neue</strong>DB­Akademie<br />

ist ein hervorragendes<br />

Forum für gesellschaftlichwünschenswertes<br />

Engagement.“<br />

Über den Autor: Frank Berndsen ist Mitglied der <strong>Burschenschaft</strong>en Franconia<br />

Freiburg (Ws 1984) und Alemannia Marburg (ss 1987). Nach dem Jurastudium<br />

wählte er den Quereinstieg in die Werbebranche. er arbeitete als Texter<br />

und Konzepter in renommierten Werbeagenturen unter anderem für Kunden<br />

wie Jaguar, Renault, sTADA, p&G sowie zahlreiche Banken und Finanzdienstleister.<br />

seit 2005 ist er als Freier Texter in Frankfurt überwiegend für eigene<br />

Kunden aus dem Finanz- und Beratungssektor tätig. In der <strong>Neue</strong>nDB Akademie<br />

engagiert er sich ehrenamtlich als Referent sowie als Beauftragter für die<br />

Außendarstellung. Kontakt: Frank.Berndsen@GeldundguteWorte.de<br />

academicus 1/2012<br />

27


28<br />

VeRBANDsleBeN<br />

Bubenreuther auf dem weg<br />

zur 200-JAhr-feier<br />

von arnulf BauMann<br />

<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther (1951)<br />

es gibt auch unter den <strong>Burschenschaft</strong>en wenige Vereinigungen<br />

in Deutschland, die auf eine 200-jährige<br />

Geschichte zurückblicken können. Die erlanger<br />

<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther wird in fünf Jahren<br />

dazugehören, denn sie führt sich auf die Rückkehrer vom<br />

Wartburgfest zurück, die im Dezember 1817 eine den<br />

größten Teil der damaligen studentenschaft umfassende<br />

erlanger <strong>Burschenschaft</strong> gründeten.<br />

Vor einem halben Jahrzehnt wurde ein Buben reu ther<br />

Geschichtsausschuss ge grün det, der sich der Vorbereitungen<br />

für dieses große Jubiläum angenommen hat. Neben<br />

kleineren Aktionen (Gedenktafel am Gasthof „Mörsbergei“<br />

in Bubenreuth mit hinweis auf die demokratische Tradition<br />

der <strong>Burschenschaft</strong>, Öffnung des „Bubenreuther hauses“ in<br />

erlangen am „Tag des offenen Denkmals 2010“) haben wir<br />

uns auch größere Aufgaben vorgenommen, wie die Überführung<br />

des bis in die Zeit der urburschenschaft zurückgehenden<br />

Bubenreuther Archivs in die obhut des gerade<br />

neu gebauten erlanger stadtarchivs (die Digitalisierung<br />

der Bestände ist gerade angelaufen) und die Vorbereitung<br />

einer Festschrift, die die gesamten 200 Jahre einer kritischen<br />

Überprüfung unterziehen wird. In diesem Jahr läuft<br />

ein liederwettbewerb, der den Bubenreuthern neue lieder<br />

und Melodien einbringen soll. Der Grundgedanke bei alledem<br />

ist es, eine größere Öffnung zur Öffentlichkeit hin zu<br />

erreichen. Davon zu berichten, mag auch anderen Bünden<br />

Anregungen geben.<br />

in JedeM JAhr ein theMA<br />

Für die kommenden Jahre ist geplant, in jedem Jahr ein bestimmtes<br />

Thema in den Fokus zu nehmen, das die Bedeutung<br />

der Bubenreuther für die Gesamtgesellschaft stärker<br />

ins Bewusstsein rücken soll.<br />

academicus 1/2012<br />

2012 ist (aus Anlass einer Veröffentlichung über straßennamen<br />

in erlangen) eine Busfahrt zu den 13 erlanger straßen<br />

vorgesehen, die nach Bubenreuthern benannt sind, mit einem<br />

Abstecher nach Bubenreuth, wo drei weitere straßen<br />

zu besuchen sind.<br />

2013 denken wir an<br />

eine Wanderung im<br />

oberhessischen Bergland,<br />

im Gebiet des<br />

hohen Meißner. Dort<br />

fand sich 1913 die<br />

deutsche Jugendbewegung,<br />

der „Wandervogel“,<br />

zu einem<br />

am Vorbild des Wartburgfestesausge-<br />

“Eine größere<br />

Öffnung zur<br />

Öffentlichkeit<br />

hin erreichen.“<br />

richteten Jugendtreffen zusammen. Davon gingen weitreichende<br />

Impulse auch auf <strong>Burschenschaft</strong>en aus. Man denke<br />

hier nur an die Gestalt des ernst Wurche in Walter Flex’<br />

„Wanderer zwischen beiden Welten“ und daran, dass die<br />

Jugendburg ludwigstein an der Werra von einem Bubenreuther<br />

gegründet wurde.<br />

2014 soll dann die „Mörsbergei“ in Bubenreuth im Mittelpunkt<br />

des Interesses stehen, ein seit dem 17. Jahrhundert<br />

bestehender fränkischer Gasthof, der seit den Tagen der<br />

urburschenschaft Treffpunkt der Burschen ist und der 1914<br />

von der <strong>Burschenschaft</strong> erworben wurde. In der Zeit der<br />

Demagogenverfolgung nach 1833 war die Mörsbergei ein<br />

Rückzugsort, an dem sich die Bubenreuther – nunmehr unter<br />

diesem damals unverfänglichen Namen – sammeln und<br />

regenerieren konnten. Bis heute findet dort jedes Jahr die<br />

von der Jugend des ortes und der <strong>Burschenschaft</strong> gemeinsam<br />

gefeierte Bubenreuther Kirchweih statt – einzigartig in<br />

ganz Deutschland!<br />

2015 richtet sich das Interesse auf die Gründung der Jenaer<br />

urburschenschaft, für die Bubenreuther auf die traditionell<br />

engen Beziehungen zur Burgkellerburschenschaft in Jena,<br />

die zur Gründung des „Roten Verbands“ geführt haben und<br />

die bis heute nachwirken. Wenn es gelingt, soll nach alter<br />

Burschensitte sogar eine Fußwanderung von erlangen nach<br />

Jena stattfinden.<br />

2016 sollen die vielen bedeutenden Wissenschaftler verschiedener<br />

Fakultäten herausgestellt werden, die im laufe<br />

der beiden Jahrhunderte aus den Bubenreuthern hervorgegangen<br />

sind und die nicht nur in erlangen, sondern weit<br />

darüber hinaus ihren Beitrag zur entwicklung von Wissenschaft<br />

und Forschung geleistet haben.<br />

2017, im Jubiläumsjahr, sollen monatliche Veranstaltungen<br />

schließlich auf verschiedene Aspekte des burschenschaftlichen<br />

lebens eingehen, die für die entwicklung der Demokratie<br />

in Deutschland bedeutsam geworden sind.<br />

1886 wurde die Vereinigung Alter <strong>Burschenschaft</strong>er Krefeld<br />

gegründet. Zur Feier des 125-jährigen Bestehens<br />

begaben sich etwa 30 Damen und herren der VAB nach<br />

Xanten am Niederrhein. Nach dem Besuch des neu eröffneten<br />

Römermuseums gab es ein festliches Abendessen<br />

in der römischen Taverne im Römerpark (Archäologischer<br />

park Xanten). Anschließend besuchten wir die premiere der<br />

oper „carmen“ im Amphitheater des parks, die mit einem<br />

brillanten Feuerwerk beendet wurde. Am nächsten sonntagmorgen<br />

wurde die Jubiläumsveranstaltung mit einem<br />

exbummel nach Rees-Grietherort am Niederrhein und einem<br />

Fischessen abgeschlossen.<br />

dAs bild der burschenschAft<br />

Verbessern<br />

Diese knappen Andeutungen mögen genügen, um eine Vorstellung<br />

davon zu erhalten, was wir planen. Wer nähere Informationen<br />

wünscht, kann diese von der aktiven <strong>Burschenschaft</strong><br />

bekommen. Wir erhoffen uns von diesen projekten und Veranstaltungen,<br />

dass sie dazu beitragen, das in der Öffentlichkeit<br />

verbreitete Bild der <strong>Burschenschaft</strong>en überhaupt und der Bubenreuther<br />

im Besonderen aufzulockern, zu erweitern und zu<br />

vertiefen. es soll nicht länger auf die hitlerzeit, ihre Vorstufen<br />

und Nachwirkungen fixiert bleiben und wir sollen nicht immer<br />

nur nach der Nähe zum Rechtsextremismus befragt werden.<br />

Die <strong>Burschenschaft</strong> hat mit ihren Farben schwarz-rot-gold,<br />

noch mehr aber mit ihrem Ringen um die Freiheit und einheit<br />

Deutschlands ganz wesentlich zur entwicklung der Demokratie<br />

in unserem land und darüber hinaus beigetragen. Das gilt es<br />

wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken. Dazu wollen wir die<br />

mit dem kommenden Jubiläum gebotenen chancen nutzen.<br />

dr. klauS BeuScher<br />

Seit 40 Jahren Vorsitzender<br />

der VAB Krefeld<br />

125 jahre VAB krefeld<br />

40 JAhre Vorsitzender dr. KlAus beuscher<br />

von hanS engelSkirchen<br />

Danziger <strong>Burschenschaft</strong> Alemannia zu Aachen<br />

Bei der Festveranstaltung dankten die Mitglieder auch Dr.-<br />

Ing. Klaus Beuscher (<strong>Burschenschaft</strong> Gothia Berlin), der seit<br />

40 Jahren sehr erfolgreich unsere VAB führt. Jedes Jahr<br />

werden unter seiner leitung und planung etwa 20 Veranstaltungen<br />

durchgeführt. Bei Vorträgen, Ausflügen, Besichtigungen<br />

und sportlichen events (Boule-Turnier, Tennisturnier,<br />

segeltour, Radtour, etc.) treffen sich jedes Mal 20 bis<br />

30 Teilnehmer (Mitglieder und Damen). Die Damen sind zu<br />

allen Veranstaltungen eingeladen.<br />

Wir hoffen sehr, dass sich auch weiter viele jüngere <strong>Burschenschaft</strong>er,<br />

die im umkreis von Krefeld leben, unserer<br />

sehr aktiven VAB anschließen.<br />

academicus 1/2012<br />

29


30<br />

VeRBANDsleBeN<br />

1902<br />

Mit viel engagement pflegt der Denkmalerhaltungsverein (einschließlich<br />

Vorläufer) seit 1902 mit mehr oder weniger großer<br />

unterstützung durch die burschenschaftliche Öffentlichkeit<br />

das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal in eisenach. Warum eigentlich?<br />

Die pflicht zur erhaltung erwächst nicht aus dem Wunsch, ein<br />

altes Gemäuer zu bewahren, um einer alten und vergangenen<br />

Tradition willen. Vielmehr ist es wichtig, die sinngebung<br />

dieses Denkmals zu begreifen, die in der heutigen Zeit noch<br />

höchst aktuell ist und immer wieder unsere burschenschaftlichen<br />

Ideale anmahnt.<br />

Nach langen Jahren der Diskussion um die architektonische<br />

Ausgestaltung und die Widmung des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals<br />

wurde es endlich am 22. Mai 1902 mit einer nie wieder<br />

stattgefundenen burschenschaftlichen stärkedemonstration<br />

und mit hoher Beachtung durch die Medien eingeweiht.<br />

Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal ist dem Geschichtsbild um die<br />

Wende zum 20. Jahrhundert geschuldet. es sollte zur Zeit<br />

der einweihung keine Totenburg mit heldenverehrung mehr<br />

werden, sondern ein symbol für den Aufbruch in die Zukunft<br />

eines freien und geeinten Deutschlands. Über dem eingang<br />

empfängt den Besucher die erste wichtige burschenschaftliche<br />

programmatik:<br />

„Dem geeinten Vaterlande“<br />

Öffnet man die schwere Tür, die bis auf die Türbeschläge<br />

der Beschreibung des Tors von Walhall in der germanischen<br />

sage nachempfunden ist, findet man an der Innenseite die<br />

Widmung des Denkmals, die den Zeitgeist dieser periode widerspiegelt:<br />

„Den <strong>Deutsche</strong>n Jünglingen und Männern, die nach glorreichen<br />

Befreiungskriegen den Gedanken nach nationaler<br />

einheit fassten und ins Volk trugen, die in trüben Zeiten der<br />

Verdächtigung und der Verfolgung an ihm festhielten, ihn<br />

hegten und für ihn stritten, die in heißen Völkerkämpfen ihr<br />

academicus 1/2012<br />

“Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

geht alle<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er an!“<br />

110 Jahre <strong>Burschenschaft</strong>sdenKmal<br />

In eIsenach<br />

von eBerhard Schatz<br />

Teutonia Aachen, ADB Cheruscia und vorsitzender<br />

des Denkmalerhaltungsvereins Eisenach e.v.<br />

teures Blut für seine Verwirklichung vergossen und in großer<br />

Zeit durch Willenskraft, Feldherrenkunst und staatsweisheit<br />

zu schöner That werden liessen, weiht dieses Denkmal in unauslöschlicher<br />

Dankbarkeit die <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong>.“<br />

die stAsi hAt die zerstörung einWAndfrei<br />

doKuMentiert<br />

Diese Widmung greift eine zeitgenössische schilderung<br />

über das Innenensemble auf: „gemäß der Widmung<br />

standen diejenigen, die Deutschland durch Willenskraft<br />

und staatsweisheit einten, im Mittelpunkt.<br />

2,7 Meter hohe statuen Kaiser Wilhelm<br />

I., seines Kanzlers otto von Bismarck, seines<br />

Kriegsministers Albrecht von Roon und seines<br />

Feldmarschalls helmuth von Moltke“. Als<br />

Bezug zum Wartburgfest 1817 wurde auch die<br />

statue von Großherzog carl August von sachsen-Weimar-eisenach<br />

aufgestellt, dem Beschützer<br />

und Mentor der urburschenschaftlichen Bewegung.<br />

Zwischen den statuen waren auf Tafeln<br />

die Namen der 87 <strong>Burschenschaft</strong>er aufgeführt,<br />

die in den Kriegen nach 1815 „in heißen Völkerkämpfen<br />

ihr teures Blut [...] vergossen“. Die ornamentik<br />

unter den Tafeln symbolisierte Trauer und<br />

schmerz, nicht heldenverehrung. Den Fuß der<br />

Gedenktafeln umrahmten opferflammen und<br />

Köpfe sterbender Krieger, teils in schmerzvoller<br />

Bewegung, teils friedlich entschlummernd.<br />

leider fand sich in den Archiven keine Innenaufnahme<br />

des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals. Aber der<br />

stasi der ehemaligen DDR sei Dank, hat sie doch<br />

wenigstens die statuen vor der Zerstörung in<br />

den 1960er-Jahren einwandfrei dokumentiert.<br />

Über den ehemaligen Gedenktafeln<br />

sind heute noch die klangvollen Namen<br />

eingemeißelt zu sehen, die sich als die<br />

wichtigsten Vorläufer, Mitbegründer<br />

und Förderer der burschenschaftlichen<br />

Idee und damit um die akademische<br />

Freiheitsbewegung im 19. Jahrhundert<br />

verdient gemacht haben: Fichte, Arndt,<br />

Jahn, Riemann, horn, scheideler, oken,<br />

Fries und luden. Reinste Jugendstilornamentik<br />

und Jugendstilfenster sind die<br />

Beigaben zur monumentalen Darstel-<br />

“Kein altes Gemäuer<br />

pflegen, sondern die<br />

Sinngebung dessen<br />

begreifen!“<br />

lung einer Götterschlacht von übernatürlicher<br />

Kraft an der Innenkuppel. Die<br />

Götterdämmerung, ein germanischer<br />

urmythos, in einem Rundtempel, dem<br />

der Gedanke des griechischen Tholos<br />

zugrunde liegt – welch ein gegensätzliches<br />

Arrangement. Der Kampf des<br />

Göttergeschlechts der Asen mit den<br />

Mächten der Finsternis, der endgültige<br />

Kampf zwischen Gut und Böse, der mit<br />

dem Weltuntergang endet. Im Bewusstsein<br />

der damaligen Zeitgenossen war<br />

dieser Mythos von<br />

Treuebruch, Verrat<br />

und Weltbrand als<br />

moralische entrüstung<br />

über schlechtigkeit<br />

und habsucht<br />

in dieser Zeit fest<br />

verankert. Aber es<br />

bestand die hoffnung, dass dem untergang<br />

die Reinigung und der sieg<br />

des lichtes folgen werden. Daher<br />

wird das Kuppelbild in der literatur<br />

als Gegenwarts- und Zukunftsprogramm<br />

der studentischen Jugend um<br />

1900 interpretiert. Die jungen <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

verstanden sich als<br />

streiter gegen eine unkultur des<br />

moralischen Verfalls und der<br />

materialistischen Überhöhung,<br />

die nur durch eine idealistische<br />

erneuerung überwunden werden<br />

kann. Mit dieser Deutung<br />

passt das Deckengemälde als<br />

Mahnung prächtig in die heutige<br />

Gegenwart, die durch materielle<br />

Gier und allgegenwärtige Vorteilsnahme<br />

gekennzeichnet ist.<br />

Da das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

also gegensätzliche symbolikelemente<br />

aufweist, stellt sich zu<br />

Recht die Frage, welche sinngebung<br />

es eigentlich besitzt:<br />

Ist es ein wilhelminisches siegesdenkmal<br />

für die vollendete<br />

einheit Deutschlands? oder<br />

eine erinnerungsstätte für<br />

den fortwährenden Kampf<br />

um freiheitliche Bürgerrechte? oder<br />

war es ein Wallfahrtsort für die sehnsüchte<br />

einer frustrierten studentengeneration?<br />

oder eine Ruhmesstätte für<br />

in verschiedenen Kriegen gefallene <strong>Burschenschaft</strong>er?<br />

die einWeihung: ein „siegesfest<br />

ohne gleichen“<br />

Am Tag der Denkmalsweihe, dem 22.<br />

Mai 1902, schrieb die eisenacher Zeitung<br />

auf ihrer Titelseite unter anderem:<br />

„Was jahrzehntelang der Traum des<br />

<strong>Burschenschaft</strong>ers gewesen, an durch<br />

Geschichte geweihter stätte ein Monument<br />

zum himmel ragen zu sehen, welches<br />

das Ringen und streben der Träger<br />

von schwarz-Rot-Gold versinnbildlicht,<br />

heute ist dieses sehnen erfüllt.“ und<br />

weiter unten ist zu lesen: „Den deutschen<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en kann und wird<br />

in diesen Tagen niemand mehr das Verdienst<br />

streitig machen, daß sie es gewesen<br />

sind, welche den deutschen Nationalgedanken<br />

hoch gehalten haben zu<br />

einer Zeit, als es ein Wagnis war, von<br />

ihm auch nur zu sprechen, in einer Zeit,<br />

als Verzagtheit all überall die herzen ergriffen<br />

hatte.“ Nach einer Betrachtung<br />

der schlimmen Folgen des Wartburgfests<br />

und der wenig später eintretenden<br />

leiden der <strong>Burschenschaft</strong>er unter der<br />

Demagogenverfolgung fährt der leitartikel<br />

fort: „Mit welchem schweren unrecht!<br />

Denn auch dazumal war es das<br />

erste und einzige Ziel der deutschen<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er, deutschen Männern<br />

wieder ein freies Deutschland, ein geeintes<br />

Deutschland zu schaffen.“ Nach<br />

weiteren positiven Bewertungen des<br />

Wirkens der deutschen <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

in der ersten hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

wird das Recht abgeleitet, ein<br />

solches Denkmal bauen zu dürfen: „...<br />

darum hatten sie auch ein Recht, mehr<br />

als andere Körperschaften in deutschen<br />

landen, ein Denkmal zu erbauen, dem<br />

helden Kaiser Wilhelm I. und seinen<br />

paladinen, ihnen,<br />

31


32<br />

welche zu ende geführt, was der deutsche<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er von Anbeginn<br />

ersehnte und erstrebte. Kraftvoll die<br />

Idee verfolgend, kühn an ihr festhaltend<br />

in allen stürmen der politischen Zielrichtung,<br />

jedem pessimismus trotzend, so<br />

steht der deutsche <strong>Burschenschaft</strong>er in<br />

der historie, so stehen auch die säulen<br />

des Monuments...“ Die einweihungsfeier<br />

wurde in der presse als „siegesfest<br />

ohne gleichen für alle Bekenner von<br />

schwarz-Rot-Gold“ angekündigt.<br />

Vergessen wir einmal die wilhelminische<br />

Begeisterung und die Ausdrucksweise<br />

um 1900, kann man schon feststellen,<br />

dass das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal in<br />

den Medien als Denk- und Mahnmal für<br />

den Kampf der <strong>Burschenschaft</strong>en um<br />

ein freiheitliches und einiges Deutschland<br />

gefeiert wurde. Die symbolik des<br />

Denkmals umfasst die Geschichte der<br />

<strong>Burschenschaft</strong> ab der Gründung 1815<br />

über die beiden Wartburgfeste bis<br />

hin zum Deutsch-Französischen Krieg<br />

mit der Folge der Gründung des einheitsstaats.<br />

Das dem historisierenden<br />

Jugendstil zuzuordnende Bauwerk beschreibt<br />

aber auch den Willen der <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

nach moralischen Veränderungen<br />

in der Zukunft. es ist nicht<br />

nur ein einzigartiges Kunstwerk aus<br />

Architektur und bildender Kunst, sondern<br />

auch in seiner sinngebung äußerst<br />

komplex angelegt: germanisch-griechischer<br />

Mythos, deutsches Geistesleben,<br />

symbolisiert durch die Köpfe von<br />

Goethe, Beethoven und Dürer am helm<br />

des Denkmals, Kampf um einheit und<br />

Freiheit, ehrenmal für gefallene Krieger,<br />

burschenschaftliches Wollen, wilhelminischer<br />

Kaiserkult und Aufbruch in eine<br />

neue Zeit.<br />

iM dritten reich<br />

gerät dAs denKMAl<br />

in Vergessenheit<br />

Im Ausstellungskatalog zu Gussmann,<br />

lange und Dix ist eine prägnante<br />

Deutung des Gesamtkunstwerks „<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal“<br />

zu lesen. hier<br />

schreibt Timo Niegsch von der städti-<br />

academicus 1/2012<br />

schen Galerie Albstadt zur Bedeutung<br />

des Deckengemäldes: „symbolisch wird<br />

hier das hauptthema des Denkmals<br />

vorgetragen, die hart erkämpfte staatliche<br />

einheit Deutschlands“. und ich ergänze:<br />

es steht auch als symbol für das<br />

unermüdliche Ringen um die demokratischen<br />

Rechte in Deutschland im sinne<br />

von schwarz-Rot-Gold. Damit mahnt es<br />

seit 110 Jahren als Denkmal für einheit<br />

und Freiheit von der Göpelskuppe.<br />

Nach der großen einweihungsfeier<br />

begann der große weiße Fleck über<br />

die weitere Geschichte des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals.<br />

In der einschlägigen<br />

literatur, wie etwa in handbüchern der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> oder den<br />

<strong>Burschenschaft</strong>lichen Blättern, wurde<br />

einiges über das Burschenhaus und die<br />

langemarck-Gedenkstätte berichtet.<br />

Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal wurde<br />

jedoch nicht mehr thematisiert und geriet<br />

in der Zeit des Dritten Reichs völlig<br />

in Vergessenheit. erst aus DDR-Quellen<br />

erfährt man etwas über die weitere Bedeutung<br />

des Denkmals.<br />

1945 bis 1989<br />

Nach 1945 blieb das unbeschädigte<br />

<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal noch für einige<br />

Jahre das symbol der studentischen<br />

Bewegung, die ab 1815 nach der<br />

einigung Deutschland gestrebt hatte.<br />

Aus Anlass einer Festwoche zu ehren<br />

von Friedrich ludwig Jahn und zum<br />

135. Jahrestag des Wartburgfests zog<br />

am 19. oktober 1952 ein machtvoller<br />

Demonstrationszug mit an-<br />

nähernd 10.000 Teilnehmern<br />

aus allen Teilen Deutschlands<br />

zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal,<br />

um den Willen zur deutschen<br />

einheit zu bekräftigen. Viele<br />

Anfragen aus der Bevölkerung<br />

veranlassten das Bezirkssekretariat<br />

der Nationalen Front<br />

zu der Verlautbarung, dass<br />

man den inzwischen verfallenden<br />

Bau restaurieren und 1953 zur<br />

Besichtigung freigeben wolle. ebenso<br />

ist zu vermelden, dass das Burschen-<br />

schaftsdenkmal 1954 durch die Denkmalbehörde<br />

der damaligen DDR als ein<br />

Denkmal von besonderem nationalem<br />

und geschichtlichem Wert eingestuft<br />

wurde.<br />

Aber just in diesem Jahr änderte die<br />

seD-Führung die politische einstellung<br />

zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal: hatte<br />

man noch 1952 anlässlich des Wartburgfests<br />

die dem Denkmal anhaftende<br />

fortschrittliche Tendenz, nämlich<br />

ein symbol für einheit und Freiheit zu<br />

sein, betont, klang dies 1954 ganz anders:<br />

Der Rat der stadt war nun der<br />

Auffassung, dass das Denkmal „in keiner<br />

Weise in Beziehung zu dem historischen<br />

Geschehen des 18. oktobers<br />

1817 stehe“. Man verstieg sich sogar zu<br />

dem Gedanken, auf dem Wartenberg,<br />

auf dem sich die <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

1817 zur symbolischen Bücherverbrennung<br />

versammelt hatten, „ein neues<br />

<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal zu errichten,<br />

das in seiner künstlerischen Auffassung<br />

dem freiheitlichen Kampf der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

von 1817 entspricht“. Aber die<br />

Idee vom Neubau war dann doch zu<br />

gewagt. Man diskutierte in der Folgezeit<br />

sehr intensiv die Art des umgangs<br />

mit dem bereits vorhandenen Denkmal.<br />

Das hauptproblem der DDR-oberen<br />

war das gespaltene Wesen des Denkmals<br />

– einerseits fortschrittliches, deutsches<br />

Geistesleben: Goethe, Beethoven,<br />

Dürer – andererseits junkerlicher,<br />

bourgeoiser Imperialismus: Wilhelm I.,<br />

Moltke, Bismarck: In diesem sozialistischen<br />

Dilemma wurden alternative<br />

handlungsweisen diskutiert. erstens<br />

“Zur 170. Wiederkehr<br />

des Wartburgfests<br />

äußerte Egon Krenz<br />

auf der Wartburg, dass<br />

in der DDR die Ziele<br />

der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

verwirklicht seien.“<br />

die notdürftige bauliche sanierung und<br />

eine spätere entscheidung über die<br />

umgestaltung, also eine Verdrängung<br />

des gesellschaftspolitischen problems.<br />

Zweitens der umbau zu einer wissenschaftlichen<br />

Institution, etwa zu einer<br />

sternwarte, oder die umgestaltung zu<br />

einer Ruhmeshalle für Träger der humanität<br />

und dem gesellschaftlichen<br />

Fortschritt dienenden <strong>Deutsche</strong>n Wissenschaften,<br />

zuvörderst für die Begründer<br />

des wissenschaftlichen sozialismus,<br />

Karl Marx und Friedrich engels.<br />

bisMArcK-Kopf für eine<br />

flAsche schnAps<br />

Damit war für Diskussionsstoff gesorgt,<br />

mit dem man sich jahrelang auseinandersetzen<br />

konnte. eine entscheidung<br />

darüber ist nie gefallen. sichtbares<br />

ergebnis war hingegen der weitere<br />

Verfall des Denkmals und die zielgerichtete<br />

Zerstörung der noch erhaltenen<br />

Jugendstilfenster und des Innenensembles.<br />

etwa 1963, so die mündliche<br />

Überlieferung, zerstörte man die Gedenktafeln<br />

der für die einheit gefallenen<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er. Die bereits beschädigten<br />

standbilder wurden beseitigt.<br />

Die Köpfe von Bismarck und Roon entdeckte<br />

man nach der Wende in einem<br />

thüringischen Garten. sie sollen damals<br />

aus dem angerichteten Trümmerfeld<br />

für eine Flasche schnaps den Besitzer<br />

gewechselt haben.<br />

eine weitere Zäsur in der sozialistischen<br />

Bewertung des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals<br />

griff im Vorfeld des Wartburgfests<br />

1967 platz: Der Bau auf der Göpelskuppe<br />

sollte als Denkmal der „imperialistischen<br />

herrschaftspolitik“ bei der Feier<br />

keine Rolle mehr spielen. Alleiniges<br />

Denkmal für die <strong>Burschenschaft</strong>en sei<br />

die Wartburg. Die geschichtliche Begründung<br />

der geänderten Bewertung<br />

des Gesellschaftsbilds lieferte eine<br />

Denkschrift mit dem Titel: „Argumentation:<br />

unser standpunkt zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal“.<br />

Die seD-Kreisleitung<br />

eisenach ließ verlautbaren: „Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

wurde als Denkmal<br />

des preußisch-deutschen Kaisertums<br />

erbaut“. Weiter liest man: „In ihm<br />

wurde deutlich, wie reaktionäre Klas-<br />

sen progressive Bewegungen verfälschten...“.<br />

und es folgt: „es ist notwendig<br />

zu klären, dass keine reaktionären und<br />

imperialistischen Traditionen in der Geschichte<br />

des deutschen Volks bei uns<br />

gepflegt werden.“<br />

Dieser standpunkt verfestigte sich zeitweise<br />

derart, dass man sogar an eine<br />

sprengung des Denkmals dachte, auf<br />

neu erschienenen landkarten hatte<br />

man es ohnehin schon gestrichen. Doch<br />

aus dem Bewusstsein der eisenacher<br />

Bevölkerung konnte man das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

nicht verdrängen. Als<br />

eingaben und Anfragen überhandnahmen,<br />

plante die seD-Kreisleitung 1972<br />

eine erklärungstafel mit folgendem Inhalt<br />

aufzustellen: „Dieses Bauwerk wurde<br />

in Verfälschung der geschichtlichen<br />

Tatsachen am 22. Mai 1902 als <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

eingeweiht. seine<br />

Bestimmung war die Verherrlichung<br />

des preußisch-deutschen Kaisertums.<br />

Aus diesem Grund kann eine Renovierung<br />

als Baudenkmal nicht erfolgen.“<br />

Diese Tafel wurde jedoch nie angebracht.<br />

Wahrscheinlich war für die Aufstellung<br />

des schilds auch kein Geld vorhanden<br />

oder aber die seD-Kreisleitung<br />

traute ihren eigenen sprüchen nicht.<br />

Das Gelände um das Denkmal wurde<br />

anschließend zum Kinderspielplatz. Zur<br />

Verringerung der Gefahren, die Kinder<br />

kletterten nämlich in das Denkmal hinein,<br />

ließ man in den 1970er-Jahren die<br />

Fenster zumauern. Die nun fehlende<br />

luftzirkulation gab dem bereits schwerbeschädigten<br />

Deckengemälde vollends<br />

den Rest. In den 1980er-Jahren wurde<br />

erneut der umbau zur sternwarte diskutiert,<br />

um das ideologisch ungeliebte<br />

Denkmal einer „zweckmäßigen Nutzung“<br />

zuzuführen. Wegen fehlender<br />

Gelder waren diese planungen natürlich<br />

von vornherein utopisch.<br />

dAs schWeigen der Medien<br />

WAr gebrochen<br />

erst ab 1986 tat sich wieder etwas. Der<br />

Verfall der Außenanlagen hatte das<br />

Denkmal immer mehr zur Gefahren-<br />

quelle werden lassen. Aber auch das<br />

schweigen der Medien war gebrochen.<br />

Besonders die Thüringische landeszeitung<br />

berichtete immer wieder über<br />

das Denkmal. es wurden Artikel publiziert,<br />

die den schlechten Zustand des<br />

Denkmals beklagten, die das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

aber auch historisch<br />

beleuchteten. eine Baubrigade der<br />

Interessengemeinschaft Denkmalpflege,<br />

also eine private Initiative, begann<br />

ohne größere finanzielle Mittel mit<br />

Aufräumarbeiten im umfeld des Denkmals.<br />

Diese Bewegung von unten hatte<br />

ihre treibende Kraft im späteren leiter<br />

der Wartburg-Bauhütte, dem ehrenmitglied<br />

des DeV, hans-Jürgen lehmann.<br />

Die Baubrigade konnte durch den Wiederaufbau<br />

der stützmauer zwischen<br />

den Freitreppen eine Vollsperrung des<br />

Geländes verhindern. Das Denkmal<br />

wurde von Bergsteigern von inzwischen<br />

üppigem Baumbewuchs befreit und die<br />

gröbsten schäden an der Verfugung<br />

wurden notdürftig repariert. Man konnte<br />

leicht feststellen: Das leben kehrte<br />

zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal zurück.<br />

Auch der politischen Führung passte<br />

die <strong>Burschenschaft</strong>liche Bewegung wieder<br />

vermehrt in ihr politisches Konzept.<br />

Zur 170. Wiederkehr des Wartburgfests<br />

äußerte egon Krenz auf der Wartburg,<br />

dass in der DDR die Ziele der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

verwirklicht seien. Der eisenacher<br />

stadtchronist egon humberg veröffentlichte<br />

eine Denkschrift, in der er<br />

die bereits 1954 gemachte Feststellung<br />

des Denkmalamts aufgriff: „Der Bau<br />

von Wilhelm Kreis gehört in die Reihe<br />

der deutschen Nationaldenkmäler des<br />

19. und 20. Jahrhunderts“. er forderte<br />

daher: „Das Denkmal in eine Gedenkstätte<br />

der fortschrittlichen deutschen<br />

studentenbewegung umzuwandeln, damit<br />

es endlich seinem Namen zur ehre<br />

gereiche“.<br />

die zeit nAch 1989<br />

Durch eine Wende in der Geschichte<br />

fand das über fünfzig Jahre vernachlässigte<br />

<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal in der<br />

academicus 1/2012<br />

33


34<br />

friedlichen Revolution ab 1989 seinen alten<br />

sinngehalt wieder. Das Denkmal für<br />

einheit und Freiheit war das symbol für<br />

den Willen des Volks nach freiheitlicher<br />

selbstbestimmung (wir sind das Volk!),<br />

das wenig später die Forderung nach<br />

der Wiederherstellung der deutschen<br />

einheit (wir sind ein Volk!) artikulierte.<br />

Die äußere Widmung „Dem geeinten<br />

Vaterlande“, die über der eingangstür<br />

eingemeißelt ist, war aktueller denn je.<br />

Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal prägt<br />

nun seit 110 Jahren das stadtbild von<br />

eisenach. Wenn man sich der stadt von<br />

osten her nähert, sind das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

und die Wartburg,<br />

zusammen mit den Ausläufern des<br />

Thüringer Walds, die Bauwerke, die die<br />

silhouette eisenachs entscheidend bestimmen.<br />

Doch wenn man 1991 vor dem<br />

der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> rückübertragenen<br />

Denkmal stand, konnte<br />

man die schreckliche Zerstörung nach<br />

55 Jahren der Vernachlässigung erst<br />

richtig erkennen. Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

und die Rotunde waren stark<br />

einsturzgefährdet. Die Fenster waren<br />

zugemauert, die steine der Außenkuppel<br />

durch Blitzschlag lose und verschoben,<br />

die Innenkuppel als Träger des<br />

Deckengemäldes völlig durchfeuchtet,<br />

das Deckengemälde nur noch in Fragmenten<br />

zu sehen. Der Innenraum glich<br />

einer Tropfsteinhöhle. Das Gelände war<br />

verwildert und die Außenanlagen in<br />

marodem Zustand. Wir <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

bekamen das Mahnmal für einheit<br />

und Freiheit, unser stolzes symbol der<br />

<strong>Burschenschaft</strong>lichen Bewegung, das<br />

mit seiner weit sichtbaren silhouette<br />

den langen Jahren der Diktatur getrotzt<br />

hatte, als Bauruine zurück.<br />

seit dem Fall der Mauer sind mehr als<br />

20 Jahre vergangen. etwa 1,8 Millionen<br />

euro wurden in diesem Zeitraum an<br />

landesmitteln, spenden, Beiträgen und<br />

Darlehen in die Wiederherstellung des<br />

<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals gesteckt.<br />

Wir <strong>Burschenschaft</strong>er können zufrieden<br />

sein, dass es gelungen ist, den Jugendstilbau<br />

auf der Göpelskuppe zu restaurieren<br />

und der Öffentlichkeit zugänglich<br />

zu machen. Durch die Ausstellung im<br />

academicus 1/2012<br />

Inneren des Denkmals werden immerhin<br />

jährlich mehr als 10.000 Besucher<br />

über die burschenschaftliche Geschichte<br />

aufgeklärt. und es hat auch seine<br />

ursprüngliche sinngebung wieder erhalten:<br />

es steht für schwarz-Rot-Gold,<br />

den oberbegriff für einheit und Freiheit,<br />

für demokratische Grundrechte in<br />

Deutschland.<br />

dAs burschenschAftsdenKMAl<br />

sollte uns<br />

Mut MAchen<br />

Zur Zeit seiner einweihung<br />

1902 war es ein siegestempel<br />

für diese burschenschaftlichen<br />

Ideale und kaum jemand konnte<br />

sich vorstellen, dass danach<br />

einheit und Freiheit in Deutschland<br />

immer wieder neu erkämpft<br />

werden mussten. Was<br />

hindert uns daran, es auch den Vätern<br />

des Grundgesetzes und den Bürgern<br />

der gewaltfreien Revolution in der ehemaligen<br />

DDR zu widmen? Bis zur Wende<br />

sind <strong>Burschenschaft</strong>er unermüdlich<br />

für die Wiedervereinigung eingetreten.<br />

sie mussten sich dafür als Faschisten<br />

und Rechtsradikale beschimpfen lassen.<br />

Viele <strong>Burschenschaft</strong>er verlieren<br />

heutzutage den Mut, für die ewig jun-<br />

gen Ideale der urburschenschaft einzutreten.<br />

sie lassen sich durch die öffentliche<br />

Meinung stark beeindrucken. Wir<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er müssen uns wieder<br />

deutlicher gegen die fortschreitende<br />

einschränkung der Freiheitsrechte in<br />

Deutschland artikulieren. unser wiedererstrahltes<br />

und mächtiges symbol<br />

in eisenach, das den fast 200-jährigen<br />

Kampf um schwarz-Rot-Gold repräsentiert,<br />

sollte uns dabei Mut machen.<br />

Trotz seines hohen Alters von 110 Jahren<br />

verkörpert das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

ewig junge Ideale, die auch für<br />

“Wir <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

bekamen das<br />

Mahnmal für Einheit<br />

und Freiheit als<br />

Bauruine zurück.“<br />

ein demokratisch legitimiertes europa<br />

tauglich sind. Deswegen haben wir die<br />

Verpflichtung, unser burschenschaftliches<br />

Wahrzeichen zu erhalten und in<br />

eine gute Zukunft zu führen. Alle <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

sollten sich dieser Aufgabe<br />

verpflichtet fühlen, nicht nur eine<br />

idealistisch eingestellte Minderheit.<br />

Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal geht<br />

alle <strong>Burschenschaft</strong>er an!<br />

Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal ist dem Geschichtsbild um die Wende zum<br />

20. Jahrhundert geschuldet.<br />

VeRBANDsleBeN<br />

“Langfristiges,<br />

verantwortungsvolles<br />

Denken<br />

und Handeln wird<br />

immer wichtiger.“<br />

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

hat im Februar 2011 das programm „Deutschlandstipendium“<br />

ins leben gerufen. Damit werden seit dem<br />

sommersemester 2011 studierende, deren Werdegang herausragende<br />

leistungen in studium und Beruf erwarten lässt,<br />

mit 300 euro monatlich gefördert. Der leistungsbegriff, der<br />

dem stipendium zugrunde liegt, ist bewusst weit gefasst:<br />

Gute Noten und studienleistungen gehören ebenso dazu wie<br />

die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, oder das erfolgreiche<br />

Meistern von hindernissen im eigenen lebens- und<br />

Bildungsweg.<br />

„Wir leisten uns tAlente“<br />

Aufgabe der hochschulen, die sich beteiligen wollen, ist es,<br />

für die vom Bund vorgegebene Zahl an stipendien Förderer zu<br />

gewinnen, die die hälfte des Betrages – also pro stipendium<br />

150 euro monatlich für die Dauer von einem Jahr – übernehmen.<br />

Das können Wirtschaftsunternehmen, stiftungen oder<br />

andere Vereinigungen sein, die damit einen wichtigen Beitrag<br />

zur Ausbildung von Topkräften in Wirtschaft, Wissenschaft,<br />

Kultur und anderen Bereichen der Gesellschaft leisten. Der<br />

Bund steuert die andere hälfte des stipendienbetrages bei.<br />

Als erste und bislang einzige <strong>Burschenschaft</strong> hat sich Rugia<br />

Darmstadt bereits im ersten Jahr an dieser Form der Förderung<br />

des akademischen Nachwuchses beteiligt. Als offizieller<br />

Förderer des Deutschlandstipendiums hat die „<strong>Burschenschaft</strong><br />

Rugia – AhB Rugia e. V.“ drei der 91 stipendien, die<br />

an der Tu Darmstadt vergeben wurden, übernommen. Insgesamt<br />

hatten sich fast 1.200 studierende für den unter dem<br />

Motto „Wir leisten uns Talente“ erstmals bereitgestellten unterstützungstopf<br />

im programm der Tu Darmstadt beworben.<br />

Die <strong>Burschenschaft</strong> Rugia, die als Förderer ein Mitspracherecht<br />

bei der Auswahl der stipendiaten hatte, hat sich für die<br />

Am 2. Dezember 2011 wurden die ersten Deutschlandstipendien an der TU<br />

Darmstadt feierlich vergeben. Hier beglückwünschen der Vorsitzende des<br />

AHB Rugia e.V., Eckhard Garrelts (r.), und der Aktivenvertreter der Rugia<br />

Darmstadt, Kai Jin (2. v. r.), eine der Stipendiatinnen. (Foto: TU Darmstadt)<br />

rugIa fördert talente<br />

deutschlandstIpendIum<br />

Förderung von drei studentinnen entschieden, die über ihre<br />

besonderen leistungen hinaus ein hohes gesellschaftliches<br />

und persönliches engagement gezeigt haben.<br />

leistung Kein selbstzWecK<br />

Der Vorsitzende des AhB Rugia, eckhard Garrelts, erklärte<br />

zum engagement seiner <strong>Burschenschaft</strong>: „Wir unterstützen<br />

das Deutschlandstipendium an der Tu Darmstadt, weil wir<br />

mit großer Freude einer Initiative folgen wollen, die studenten<br />

fördert, die sich über die besondere leistung hinaus<br />

durch ein engagement für die Gemeinschaft auszeichnen.<br />

hat doch gerade die entwicklung in den vergangenen Jahren<br />

gezeigt, dass es eben nicht auf pure selbstbezogenheit und<br />

den kurzfristigen erfolg im Job ankommen sollte, sondern<br />

dass vielmehr langfristiges, verantwortungsvolles Denken<br />

und handeln immer wichtiger werden. leistung ist also kein<br />

selbstzweck an sich, sondern gewinnt erst auf gemeinsamer<br />

Wertebasis einen sinn. Andererseits kommt es ja – trotz aller<br />

globalen Normierungswut – auf den charakter jedes einzelnen<br />

Menschen als Individuum an. und all dies entspricht genau<br />

dem selbstverständnis unserer seit 110 Jahren gelebten<br />

Wertegemeinschaft.”<br />

Der präsident der Tu Darmstadt, prof. Dr. hans Jürgen prömel,<br />

sprach der <strong>Burschenschaft</strong> Rugia den Dank der hochschule<br />

für die Förderung der drei besonders leistungsstarken<br />

studierenden aus. Das statement des Ah-Vorsitzenden der<br />

Rugia wurde sogar auf der offiziellen Website der Tu Darmstadt<br />

veröffentlicht.<br />

Zu den stiftern der Deutschlandstipendien an der Tu Darmstadt<br />

gehörten im Jahr 2011 neben der <strong>Burschenschaft</strong> Rugia<br />

auch die unternehmen BAsF, siemens AG, <strong>Deutsche</strong><br />

Bahn, <strong>Deutsche</strong> Telekom AG und zahlreiche weitere Firmen<br />

und stiftungen.<br />

academicus 1/2012<br />

35


36<br />

ANZeIGe<br />

academicus 1/2012<br />

BuBenreuther<br />

lIederwettBewerB<br />

einsendefrist bis 31. August<br />

Bei den Bubenreuthern ist nicht das <strong>Deutsche</strong> Kommersbuch<br />

in Gebrauch, sondern ein eigenes Bubenreuther Liederbuch<br />

sowie ein sogenanntes „Anstichliederbuch“. Diese sollen<br />

nun erweitert werden.<br />

Im Vorfeld ihres 200-jährigen Jubiläums 2017 will die <strong>Burschenschaft</strong><br />

der Bubenreuther nach innen und nach außen<br />

hin alljährlich besondere Akzente setzen. einer davon soll im Jahr 2012 ein<br />

liederwettbewerb (für Text und Melodie) sein, der das traditionelle Gesangsrepertoire der<br />

Bubenreuther modernisieren und erweitern soll. Jeder kann daran teilnehmen.<br />

Die Juroren für den Wettbewerb stammen aus dem öffentlichen leben der Kultur-, Musik- und<br />

chorszene und aus der Region erlangen-Nürnberg. Die entscheidung über die Gewinner soll im<br />

herbst 2012 fallen.<br />

In der Ausschreibung lauten die wichtigsten Punkte:


38<br />

Text zu Pro auf Seite 39:<br />

Die <strong>Neue</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong>,<br />

eine Territorialgemeinschaft?<br />

Kommt der Begriff ‚Vaterland‘<br />

zur Diskussion, wird unisono,<br />

reflexartig behauptet, die <strong>Neue</strong>DB<br />

wäre eine Territorialgemeinschaft,<br />

und es wird dabei auf deren Grundsätze<br />

verwiesen.<br />

Dort steht unter Art. 4, Abs. 2,<br />

Satz 1 zu lesen: „Die politischen<br />

Grenzen des deutschen Vaterlandes<br />

sind die Grenzen der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Das<br />

verantwortliche Streben der <strong>Neue</strong>nDB<br />

schließt jene <strong>Deutsche</strong>n mit<br />

ein, die ihre Heimat außerhalb<br />

dieser Grenzen haben.“<br />

es wird sehr wohl das Gebiet des<br />

Vaterlandes eingegrenzt (wobei<br />

sich auch diese Grenzen möglicherweise<br />

ändern können, was ja doch<br />

gerade das schöne an der Definition<br />

darstellt). Damit ist so quasi der<br />

Kristallisationspunkt der <strong>Deutsche</strong>n<br />

beschrieben. Wenn man so will,<br />

wird hier der Begriff ‚Vaterland‘ im<br />

engeren sinne erfasst. Wo <strong>Deutsche</strong><br />

(oder sich als <strong>Deutsche</strong> Fühlende)<br />

leben, wird zunächst offengelassen.<br />

Diese eingrenzung erfolgt<br />

mit dem zweiten satz. Mit eben<br />

diesem, so ließe sich sagen, wäre<br />

der Begriff ‚Vaterland‘ im weiteren<br />

sinne beschrieben (unterschied ‚im<br />

engeren‘ und ‚im weiteren sinne‘).<br />

Wird ein Gebiet (geografisch) definiert,<br />

ist doch noch lange nicht die<br />

academicus 1/2012<br />

Werner dreWing:<br />

EtAtIStISCh-<br />

tErrItorIALES PrInzIP<br />

Gruppe derjenigen eingegrenzt, die<br />

sich zu diesem Kristallisationspunkt<br />

hingezogen fühlen! Ist deswegen<br />

die <strong>Neue</strong>DB gleich eine Territorialgemeinschaft?<br />

die zeit Vor deM<br />

VAterlAnd<br />

hier möchte ich als Beispiel meine<br />

situation als Deutschbalte schildern:<br />

unsere Familie lebte seit 1704<br />

im Baltikum, speziell in demjenigen<br />

Gebiet, das heute lettland darstellt.<br />

Weshalb haben sie sich dort angesiedelt?<br />

sie waren Glasmacher aus<br />

Mecklenburg. Zu jener Zeit wurde<br />

st. petersburg gegründet. Dort benötigte<br />

der russische Zar für seine<br />

paläste, schlösser und herrenhäuser<br />

viel Glas (und die herstellung<br />

von Glas in entsprechender Qualität<br />

war zumindest zu jener Zeit noch ein<br />

Familiengeheimnis): Glas als scheiben,<br />

Glas vor allem als spiegel. Zur<br />

herstellung von Glas benötigte man<br />

sand in möglichst reiner Qualität<br />

sowie holzkohle. Beides gab es im<br />

Baltikum.<br />

Meine Vorfahren (und nicht nur sie,<br />

etliche Glasmacher aus Mecklenburg,<br />

aber auch aus hessen) versprachen<br />

sich also von einem Verlassen<br />

ihrer heimat und dem leben<br />

im Baltikum eine gute existenz. Ihre<br />

produkte waren gefragt, vor allem<br />

in st. petersburg, Rohstoffe in ge-<br />

eigneter Qualität vorhanden, Quarz<br />

als sand, pottasche als holzkohle.<br />

Zu jener Zeit war das Baltikum, das<br />

aus estland, livland und Kurland<br />

bestand, en vogue. Damals sprach<br />

sicher noch niemand von Vaterland,<br />

denn es gab noch kein Deutschland<br />

im heutigen sinne. Die Menschen<br />

lebten etwa in Mecklenburg, was<br />

ihre heimat war und was zu jener<br />

Zeit zum ‚heiligen Römischen Reich<br />

<strong>Deutsche</strong>r Nation‘ gehörte. sie verließen<br />

ihre heimat und zogen ins<br />

damals zum russischen Zarenreich<br />

gehörende Baltikum. Man höre und<br />

staune: Dieses Gebiet gehörte in<br />

den Jahren 1520 bis 1560 tatsächlich<br />

zum ‚heiligen Römischen Reich<br />

<strong>Deutsche</strong>r Nation‘. so wurde das<br />

Baltikum die heimat der Familie<br />

Drewing.<br />

VAterlAnd gleich<br />

heiMAt?<br />

Über Jahrhunderte hinweg bildeten<br />

sich Nationalstaaten, es fanden<br />

Kriege statt, der Begriff Vaterland<br />

entstand. Dieser Begriff war sicher<br />

besonders wichtig für jene <strong>Deutsche</strong>n,<br />

die ihn früher sicher nicht so<br />

eng gesehenen, mit entstehen der<br />

Nationalstaaten aber für eben jene<br />

in Diaspora lebenden <strong>Deutsche</strong>n<br />

immer wesentlicher werdenden Begriff,<br />

nämlich im Ausland lebten.<br />

Quasi als selbstschutz gab es sätze<br />

wie: „Wenn ein pferd im Kuhstall geboren<br />

wird, ist es doch noch lange<br />

keine Kuh“ oder „im (mittlerweile<br />

existierenden) Deutschland sprechen<br />

sogar die Tiere Deutsch!“<br />

Für meine Familie, für alle Deutschbalten<br />

war und bleibt das Baltikum<br />

unsere heimat, ebenso eindeutig<br />

ist und bleibt Deutschland unser<br />

Vaterland. Interessant in diesem<br />

Zusammenhang ist: Mein Vater<br />

trug, obgleich er sich als <strong>Deutsche</strong>r<br />

fühlte, die lettische uniform, hätte<br />

also gegebenenfalls gegen sein Vaterland<br />

kämpfen müssen und hätte<br />

das wohl auch getan. Wir waren<br />

und sind trotzdem treue <strong>Deutsche</strong>.<br />

eventuell wäre es von essentieller<br />

Bedeutung, den unterschied zwischen<br />

Vaterland und heimat zu definieren.<br />

sprAche stAtt<br />

territoriuM<br />

Was die Definition des Begriffes<br />

„Vaterland“ der urburschenschaft<br />

betrifft: Als seinerzeit der Begriff<br />

Vaterland diskutiert werden sollte,<br />

stand ein J. G. Fichte auf und forderte<br />

in seinen „Reden an die Nation“<br />

ganz offen Widerstand gegen die<br />

existierende Kleinstaaterei; ein vereinter<br />

deutscher staat sollte her,<br />

fort mit dem unpraktischen Flickenteppich<br />

aus dutzenden Fürstentümern<br />

(vgl. stern, Ausgabe 47/2011).<br />

Gesucht wurde die deutsche Identität,<br />

das Bindemittel, das die <strong>Deutsche</strong>n<br />

zusammenhalten würde, und<br />

mit dem sich ein Nationalstaat bauen<br />

ließ. Wo Geografie und Geschichte<br />

kein einheitliches selbstbild schaffen<br />

konnten, verfiel man schließlich<br />

auf die sprache. ernst Moritz Arndt<br />

dichtete:<br />

„Was ist des <strong>Deutsche</strong>n Vaterland?<br />

so weit die deutsche Zunge klingt,<br />

und Gott im himmel lieder singt:<br />

Das soll es sein!<br />

Das wackrer <strong>Deutsche</strong>r,<br />

nenne Dein!“<br />

Diese Deutung des Begriffes „Vaterland“<br />

übernahmen die urburschenschaften,<br />

schufen<br />

sich dadurch ge-<br />

danklich ihr Vaterland<br />

– ein Gebilde,<br />

welches aber auf jeden<br />

Fall auch Grenzen<br />

kannte, eben<br />

soweit die deutsche<br />

Zunge reicht. Diese<br />

Grenzen sahen sicher<br />

anders aus als diejenigen des<br />

heutigen Deutschlands. seinerzeit<br />

existierte noch gar kein Deutschland.<br />

Zu jener Zeit wurde vielleicht<br />

schon über eine ‚großdeutsche‘ und<br />

‚kleindeutsche‘ lösung debattiert.<br />

Mittlerweile sind die <strong>Deutsche</strong>n endlich<br />

von einer Kulturnation zu einer<br />

staatsnation geworden, Deutschland<br />

ist nunmehr an internationale<br />

Verträge gebunden.<br />

es ist eine Tatsache. Österreich gehört<br />

nicht zu Deutschland. Gleichwohl<br />

ist wohl kaum zu bestreiten:<br />

Österreicher stellen einen deutschen<br />

stamm dar (zumindest diejenigen,<br />

die sich entsprechend fühlen),<br />

einschließlich den südtirolern.<br />

Nach meinem Verständnis können<br />

südtiroler durchaus behaupten, sie<br />

fühlten sich als <strong>Deutsche</strong>; gleichwohl<br />

sind sie italienische staats-<br />

“Es ist eine Tatsache:<br />

Die <strong>Deutsche</strong>n sind<br />

von einer Kulturnation<br />

zu einer Staatsnation<br />

geworden.“<br />

bürger, leisten ihren Wehrdienst im<br />

italienischen heer. Diese praxis galt<br />

übrigens bereits zur Gründungszeit<br />

der urburschenschaft (z. B. in Russland<br />

mit seinen baltischen ostseeprovinzen).<br />

academicus 1/2012<br />

39


40<br />

eine die <strong>Deutsche</strong>n zusammenhaltende<br />

Identität gab es längst vor Johann<br />

Gottlieb Fichte, auf die Gemeinsamkeit<br />

der deutschen sprache „verfiel“ keineswegs<br />

erst ernst Moritz Arndt. Das<br />

deutsche Wort „Vaterland“ wurde nicht<br />

von der <strong>Burschenschaft</strong> erfunden. es<br />

war bereits im Mittelhochdeutschen ein<br />

feststehender Begriff und bezeichnete<br />

ursprünglich das dem Vater gehörende<br />

land. erst im laufe der Zeit erweiterte<br />

sich der Begriff, bis er schließlich ein vor<br />

allem auf gemeinsamer sprache und<br />

gemeinsamen Wertvorstellungen beruhendes<br />

Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

beinhaltete. ein derartiges Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

verband und verbindet<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er unabhängig von<br />

staatlichen Grenzen. Der zentrale unterschied<br />

zwischen der DB und der <strong>Neue</strong>nDB<br />

liegt meines erachtens in der Definition<br />

des Vaterlands. Mit der anfangs<br />

zitierten Definition unterscheidet sich<br />

die <strong>Neue</strong>DB von dem volksbezogenen<br />

(nicht völkischen!) Vaterlandsbegriff der<br />

urburschenschaft und der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Burschenschaft</strong>. Art. 9 der Grundsätze<br />

der DB lautet: „Die <strong>Burschenschaft</strong> bekennt<br />

sich zum deutschen Vaterland als<br />

der geistig-kulturellen heimat des deutschen<br />

Volkes. unter dem Volk versteht<br />

sie die Gemeinschaft, die durch gleiches<br />

geschichtliches schicksal, gleiche<br />

Kultur, verwandtes Brauchtum und gleiche<br />

sprache verbunden ist“. Anders als<br />

die <strong>Neue</strong>DB sieht die DB dagegen „das<br />

deutsche Vaterland unabhängig von<br />

staatlichen Grenzen ...“ (handbuch der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> 2005, s. 1).<br />

Danach ist „<strong>Deutsche</strong>r, wer auf Grund<br />

seiner Abstammung, sprache und Kultur<br />

zum deutschen Volk gehört und sich<br />

zu ihm bekennt“ (ebd., s. 244). Was von<br />

seiten der <strong>Neue</strong>nDB dagegen einzu-<br />

academicus 1/2012<br />

dr. peter KAupp:<br />

VoLkStUMSBEzoGEnES<br />

BEkEnntnISPrInzIP<br />

wenden ist, bleibt mir unerfindlich.<br />

Der Vaterlandsbegriff der <strong>Neue</strong>nDB<br />

grenzt beispielsweise pauschal alle<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er in Österreich und<br />

chile aus, die sich als staatsbürger<br />

ihres landes (auch) zum deutschen<br />

Volkstum, zum deutschen Vaterland<br />

bekennen. Nach dieser territorial fixierten<br />

Definition hätte etwa die Jenaische<br />

<strong>Burschenschaft</strong> keine Bundesbrüder<br />

aus Dänemark (etwa lornsen und v.<br />

Binzer), meine <strong>Burschenschaft</strong> später<br />

keine Rätoromanen aus der schweiz<br />

und keine siebenbürger sachsen aus<br />

ungarn aufnehmen können. Wer zum<br />

Beispiel auf dem Territorium von Italien,<br />

Frankreich, Russland, südafrika, chile<br />

oder den usA lebt und dort ein guter<br />

staatsbürger ist, kann sich sehr wohl<br />

(auch) zum deutschen Volkstum, zum<br />

deutschen Vaterland bekennen. Nur<br />

politische Tagträumer (unter ihnen vielleicht<br />

auch manche <strong>Burschenschaft</strong>er)<br />

erheben daraus irgendwelche territorialen<br />

Ansprüche, etwa auf ostpreußen,<br />

das elsass, südtirol oder siebenbürgen.<br />

VAterlAnd Als beKenntnisge-<br />

MeinschAft<br />

es ist meiner Meinung nach ein Missverständnis,<br />

den burschenschaftlichen<br />

Vaterlandsbegriff im territorial-nationalstaatlichen<br />

sinn zu verstehen und<br />

damit vielleicht sogar Forderungen<br />

auf von <strong>Deutsche</strong>n besiedelte Gebiete<br />

jenseits der deutschen Grenzen zu erheben.<br />

Auch wenn es der Begriff ‚Vaterland‘<br />

semantisch nahelegt: Vaterland<br />

war und ist keine Territorial-, sondern<br />

eine Bekenntnisgemeinschaft. Der<br />

Vaterlandsbegriff der <strong>Burschenschaft</strong><br />

bezog sich noch nie auf ein bestimmtes<br />

Territorium, sondern schloss immer<br />

die außerhalb der nationalstaatlichen<br />

“Vaterland war und<br />

ist keine Territorial­,<br />

sondern eine Bekenntnisgemeinschaft.“<br />

Grenzen lebenden <strong>Deutsche</strong>n mit ein.<br />

Natürlich gab es zur Zeit der urburschenschaft<br />

noch nicht das ersehnte<br />

politisch geeinte Deutschland. Die <strong>Burschenschaft</strong><br />

propagierte aber ein alle<br />

<strong>Deutsche</strong>n verbindendes gemeinsames<br />

deutsches Vaterland. Auch die <strong>Deutsche</strong>n<br />

in den baltischen ostseeprovinzen<br />

des russischen Reiches (unter ihnen<br />

einige Gründer bzw. Mitglieder der<br />

urburschenschaft) zählen jenseits der<br />

politischen Grenzen zum deutschen Vaterland.<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er bekannten<br />

sich schon zu einem deutschen Vaterland,<br />

als es den von ihnen politisch ersehnten<br />

deutschen Nationalstaat (von<br />

dem sie übrigens noch sehr unklare<br />

Vorstellungen hatten) überhaupt noch<br />

nicht gab. schon immer bekannten sich<br />

auch außerhalb des Territoriums eines<br />

deutschen Nationalstaates lebende<br />

<strong>Deutsche</strong> zu einem alle <strong>Deutsche</strong>n<br />

verbindenden gemeinsamen Volkstum<br />

und Vaterland. Insofern fand ernst<br />

Moritz Arndt auf die Frage „Was ist<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Vaterland?“ die richtige<br />

Antwort: „o nein, ... sein Vaterland<br />

muß größer sein“. Dass daraus die<br />

utopische politische Forderung nach<br />

einem großdeutschen Nationalstaat<br />

entstand, der alle deutschsprachigen<br />

länder europas umfassen sollte, steht<br />

auf einem anderen, weniger rühmlichen<br />

Blatt. Das Bekenntnis zum deutschen<br />

Vaterland war und ist unabhängig<br />

von territorialen Grenzen zu sehen.<br />

Viele burschenschaftliche 1848er Demokraten,<br />

die in die usA emigrierten<br />

und die us-staatsangehörigkeit über-<br />

nahmen (carl schurz etwa brachte es<br />

sogar zum Innenminister) blieben zeitlebens<br />

dem deutschen Vaterland eng<br />

verbunden. Die Geschichte der Familie<br />

Drewing bietet dafür ein gutes Beispiel.<br />

Für sie war und ist das Baltikum ihre<br />

heimat, Deutschland ihr Vaterland.<br />

Ähnlich war es in meiner Familie: Für<br />

zwei Generationen war spanien unsere<br />

heimat, Deutschland unser Vaterland.<br />

„Von dem lande oder ländchen, in welchem<br />

wir geboren sind, wollen wir niemals<br />

das Wort Vaterland gebrauchen“,<br />

heißt es in Beschluss 10 der „Grundsätze<br />

und Beschlüsse des Wartburgfestes<br />

von 1817“. „Deutschland ist unser Vaterland;<br />

das land, wo wir geboren sind,<br />

ist unsere heimat.“ heimat wird im allgemeinen<br />

sprachgebrauch als der ort<br />

oder die landschaft verstanden, in die<br />

der Mensch hineingeboren wird und in<br />

der die frühkindliche sozialisation erfolgt,<br />

die weithin Identität, charakter,<br />

Mentalität, einstellung und Weltauffassung<br />

prägt.<br />

stAAt und VAterlAnd gezielt<br />

VerWechselt<br />

Die <strong>Neue</strong>DB verwechselt staat und Vaterland<br />

meiner Meinung nach gezielt<br />

mit der Absicht, die rechtskonservativen<br />

österreichischen <strong>Burschenschaft</strong>en aus<br />

ihrem Verband herauszuhalten (was in<br />

der Verallgemeinerung sicher nicht richtig<br />

ist: es gibt auch, wenn auch zugegeben<br />

wenige, liberale österreichische<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en). Dieses Ziel könnte<br />

man aber auch durch eine Zweidrittel-<br />

oder Dreiviertelmehrheit bei Aufnahmeanträgen<br />

erreichen, dazu braucht<br />

man die Grundsätze nicht zu ändern.<br />

Art. 4, Abs. 2, satz 2 ausgenommen,<br />

kann meines erachtens jeder <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

den Grundsätzen der <strong>Neue</strong>nDB<br />

zustimmen: Art. 4 (1): „Das deutsche<br />

Vaterland stellt den heimatlichen<br />

Verantwortungsbereich des deutschen<br />

Volkes dar. Jeder <strong>Burschenschaft</strong>er ist<br />

aufgerufen, für das Wohlergehen des<br />

deutschen Vaterlandes zu wirken, und<br />

es mit seinen Mitteln zu verteidigen“,<br />

(2), satz 2: „Das verantwortliche streben<br />

der <strong>Neue</strong>n <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong><br />

schließt jene <strong>Deutsche</strong>n mit ein,<br />

die ihre heimat außerhalb dieser Grenzen<br />

haben“, (3): „Die ehre und Verantwortung<br />

eines jeden <strong>Burschenschaft</strong>ers<br />

verbieten es, sich den lehren der deutschen<br />

Geschichte zu verschließen. Nur<br />

derjenige kann und soll ohne hochmut<br />

stolz auf die leistungen und errungenschaften<br />

seines Volkes sein, der sich zu<br />

dessen Geschichte bekennt, ohne dabei<br />

ihre dunklen seiten zu verleugnen oder<br />

zu verharmlosen“, und (4): „Die <strong>Neue</strong><br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong> tritt für ein<br />

Vaterland als Teil der Völkergemeinschaft<br />

sowie für das Zusammenwachsen<br />

jeder Nationen europas ein“. Diese<br />

Zielsetzungen unterscheiden sich nicht<br />

substanziell von der Verfassung der DB.<br />

sie sollten nicht nur für Mitglieder der<br />

<strong>Neue</strong>nDB, sondern für jeden <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

selbstverständlich sein.<br />

Dass es leider <strong>Burschenschaft</strong>er gibt,<br />

auch im letzten offiziellen handbuch<br />

der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> von<br />

2005, die sich den lehren der deutschen<br />

Geschichte und der politischen<br />

Realität verschließen, steht auf einem<br />

anderen Blatt.<br />

VorschlAg für eine definition<br />

Dass dem Vernehmen nach auch mehrere<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en der <strong>Neue</strong>nDB<br />

sich zum Deutschtum bekennende Ausländer<br />

aufnehmen, zeigt, dass diese<br />

Bestimmung wohl nicht überall ernst<br />

genommen wird. Vielleicht ist das ein<br />

hoffnungsvolles signal für die im Interesse<br />

der gemeinsamen burschenschaftlichen<br />

sache dringend erforderliche<br />

Wiederannäherung der beiden burschenschaftlichen<br />

Verbände. Folgender<br />

Vorschlag einer modifizierten Definition<br />

könnte vielleicht eine Annäherung<br />

der <strong>Neue</strong>nDB und der verbandsfreien<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en fördern, ja vielleicht<br />

sogar für alle <strong>Burschenschaft</strong>er akzeptabel<br />

sein:<br />

„Das deutsche Vaterland reicht über<br />

die Grenzen der Bundesrepublik<br />

Deutschland hinaus und umfasst all<br />

diejenigen, die sich unabhängig von der<br />

Abstammung und staatsangehörigkeit<br />

zum deutschen Vaterland als der geistig-kulturellen<br />

heimat des deutschen<br />

Volkes bekennen. unter dem Volk ist die<br />

Gemeinschaft zu verstehen, die durch<br />

gleiches geschichtliches schicksal, gleiche<br />

Kultur, verwandtes Brauchtum und<br />

gleiche sprache verbunden ist. pflicht<br />

der <strong>Burschenschaft</strong>en ist das dauernde<br />

rechtsstaatliche Wirken für die freie entfaltung<br />

deutschen Volkstums in enger<br />

Verbundenheit aller Teile des deutschen<br />

Volkes, unabhängig von staatlichen<br />

Grenzen in einem einigen europa in der<br />

Gemeinschaft freier Völker“.<br />

Diese Definition fasst – Absatz 2, satz<br />

1 ausgenommen – Art. 4 der Grundsätze<br />

der <strong>Neue</strong>nDB zusammen und<br />

erweitert den bekenntnisbezogenen<br />

Vaterlandsbegriff in Art. 9 der Verfassung<br />

der DB („unabhängig von der<br />

Abstammung und staatsangehörigkeit“).<br />

Diese Definition entspricht der<br />

burschenschaftlichen Tradition (statt<br />

‚Bundesrepublik Deutschland‘ hätte<br />

man 1815 ‚Großherzogtum sachsen-<br />

Weimar-eisenach‘, 1848/49, 1871 und<br />

1919 ‚<strong>Deutsche</strong>s Reich‘ sagen können)<br />

und berücksichtigt den gegenwärtigen<br />

stand der Diskussion um die Aufnahme<br />

von Mitgliedern. Von der <strong>Neue</strong>nDB<br />

könnte auch der Verzicht auf einen<br />

allmächtigen Rechtsausschuss und<br />

ein die Dominanz zahlenmäßig kleiner<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en verhinderndes,<br />

nach Mitgliederzahl abgestuftes Abstimmungsrecht<br />

übernommen werden.<br />

Vielleicht sind das angesichts der nahenden<br />

200-Jahr-Feier der Gründung<br />

der <strong>Burschenschaft</strong> im Jahr 2015 hoffnungsvolle<br />

Anzeichen einer wie immer<br />

gearteten Wiederannäherung.<br />

academicus 1/2012<br />

41


42<br />

GesellschAFT<br />

zum rassIsmus:<br />

eIn BerIcht nach persönlIchen<br />

erleBnIssen<br />

Durch Vorkommnisse beim Burschentag<br />

der „alten“ <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Burschenschaft</strong> (DB) ist das Thema<br />

„Rassismus“ wieder hochgekocht.<br />

Dort hatte eine Verbindung einen studenten<br />

mit deutschem pass, sohn von<br />

eingewanderten hongkong-chinesen,<br />

aufgenommen. es sollte der Antrag gestellt<br />

werden, diese Verbindung aus der<br />

DB auszuschließen, weil dieser junge<br />

Mann nicht „deutsch war vom Geblüte“.<br />

Alle weiteren einzelheiten sind im academicus<br />

vom Ws<br />

2011/2012 (31. Aus-<br />

gabe) nachzulesen.<br />

Diese Diskussionen<br />

in der Öffentlichkeit,<br />

verbreitet auch<br />

über Medien, Funk<br />

und Fernsehen, haben<br />

allen studentischen<br />

Verbindungen sehr geschadet.<br />

Der Autor ist im Januar 1934 geboren<br />

und war zu Kriegsende elf Jahre alt.<br />

Gerade zu dieser Zeit machte er bezüglich<br />

Rassismus und Rassenwahn die<br />

schlimmsten erfahrungen:<br />

Kurz vor Kriegsende befand sich eine<br />

Gruppe ausgemergelter Menschen, es<br />

sollen 3.000 gewesen sein, auf dem<br />

Marsch nach Norden – bewacht von einigen<br />

alten deutschen soldaten. Diese<br />

Gruppe zog einen Wagen hinter sich,<br />

auf dem einige Tote lagen. Übernachtet<br />

wurde in unserem kleinen Dorf.<br />

academicus 1/2012<br />

“In Deutschland<br />

sollte kein Platz<br />

mehr für<br />

rassistisches<br />

Gedankengut<br />

aller Art sein.“<br />

es wurden strohschütten in scheunen<br />

und leeren ställen aufbereitet, auf denen<br />

die „Wanderer“ schlafen sollten.<br />

Am anderen Morgen hatte meine Mutter<br />

in großen Maurerkesseln Kartoffeln<br />

gekocht, die als Frühstück an diejenigen<br />

verteilt wurden, die auf unserem<br />

hof übernachtet hatten. Dazu gab es<br />

frische Kuhmilch.<br />

einige waren in unserer scheune über<br />

Nacht gestorben. Diese leichen wurden<br />

mehr auf den mitgeführten „Totenwagen“<br />

geworfen als gelegt.<br />

Frage an meinen opa (geboren<br />

1864), mein Vater<br />

war leider 1936 nach einem<br />

landwirtschaftlichen unfall<br />

verstorben: „hast Du so etwas<br />

schon mal gesehen?“<br />

Antwort: „Nein, so etwas<br />

gibt es nur, wenn ein Volk<br />

ein anderes ausrotten will.“<br />

einige lAgen tot, Andere<br />

„zAppelten“ noch ein<br />

Wenig<br />

Rund 60 Jahre später sah ich in indischen<br />

Großstädten, dass früh im halbdunkel<br />

lastzüge durch die straßen fuhren<br />

und die am straßenrand abgelegten<br />

Toten aufluden.<br />

Mein opa mütterlicherseits betrieb im<br />

Westenholzer Bruch eine Wassermühle.<br />

“Frage an meinen Opa:<br />

‘Hast Du so etwas schon<br />

mal gesehen?’ Antwort:<br />

‘Nein, so etwas gibt es<br />

nur, wenn ein Volk ein<br />

anderes ausrotten will.’ “<br />

von prof. dr. horSt frerking<br />

Arminia Marburg, Teutonia Hannover<br />

und Corps normannia Hannover<br />

Dorthin fuhren<br />

die meisten<br />

Bauern<br />

aus unserem Dorf mit dem pferdegespann<br />

voller Korn und ließen es mahlen.<br />

Die Wassermühle lag etwa zwei Kilometer<br />

luftlinie westlich der Westgrenze des<br />

Truppenübungsplatzes Bergen-Belsen,<br />

unser Dorf etwa acht Kilometer. Der<br />

„Anlieferungsbahnhof“ befand sich auf<br />

der ostseite des platzes bei Belsen, ungefähr<br />

15 Kilometer weiter weg. Der<br />

hauptort, ostenholz mit Kirche und<br />

schule, musste im Rahmen des platzbaues<br />

noch vollständig evakuiert werden.<br />

Nach Kriegsende zogen im Frühjahr<br />

und Frühsommer 1945 viele Gruppen,<br />

horden und Banden von ehemaligen<br />

Kriegsgefangenen mehrerer Nationen<br />

aus kleineren lagern in unserer Gegend<br />

die straßen entlang und nahmen mehreren<br />

Bauern die Gespanne weg, um<br />

selbst damit weiterzufahren. es stellte<br />

sich heraus, dass sie Kindern und ganz<br />

alten leuten pferd und Wagen ließen.<br />

Der Vater eines schulfreundes, etwa<br />

50 Jahre alt, wurde erschlagen, weil er<br />

unbedingt sein Gespann wiederhaben<br />

wollte, nachdem er die Gruppe ungefähr<br />

30 Kilometer weit gefahren hatte.<br />

Da ich den Weg zur Mühle gut kannte,<br />

erhielt ich die Aufgabe, diese Fahrt zu<br />

übernehmen. Die landstraße, etwa<br />

zwölf Kilometer lang, war frei, auf dem<br />

letzten Kilometer einer Feldstraße und<br />

dem sandweg bis zur Mühle lagen einige<br />

Menschen in gestreifter Kleidung<br />

ganz still, weil sie schon tot waren. Andere<br />

„zappelten“ noch ein wenig, wie<br />

ich es damals nannte. Im haus meiner<br />

Großeltern waren die übrigen Teilnehmer<br />

dieser Gruppe am plündern, alle<br />

in gestreifter Kleidung (etwa 15 bis 20<br />

Mann). Zuerst wurde immer nach essbarem<br />

gesucht, dann nach ziviler Kleidung.<br />

Ich sah wie die plünderer einen<br />

großen steinguttopf fanden und sie<br />

mit beiden händen tief hineintauchten,<br />

um den Rübensirup begierig von den<br />

Fingern zu lecken. Mit diesen „sirupfingern“<br />

durchsuchten sie anschließend<br />

die schränke nach Kleidung.<br />

Bei der Rückfahrt am späten Nachmittag<br />

mit dem Mehl auf dem Wagen<br />

lagen auch diejenigen ganz still am<br />

Wegesrand, die am Vormittag noch „gezappelt“<br />

hatten. etwas später erfuhr<br />

ich, dass das eine Gruppe von KZ-häftlingen<br />

aus Bergen-Belsen gewesen war.<br />

Ich habe mehrere ehemalige KZ-Anlagen<br />

im In- und Ausland besichtigt,<br />

insbesondere die dort eingerichteten<br />

Museen. Am meisten bewegt hat mich<br />

dabei die Besichtigung eines kleinen<br />

Raums (ca. 4 x 3 m und ca. 2,80 m<br />

hoch), in dem rundherum haken an<br />

den Wänden angebracht waren. Mir<br />

waren solche Räume von früher aus<br />

Metzgereien bekannt, in denen die<br />

hälften geschlachteter schweine und<br />

Kälber für die tierärztliche Fleischuntersuchung<br />

aufgehängt waren. In dem<br />

betreffenden Raum hatten jedoch getötete<br />

Kinder an den haken gehangen.<br />

An ihnen waren vorher medizinische<br />

Versuche durchgeführt worden.<br />

Die Gedanken an dieses horrorszenario<br />

waren das schlimmste, was ich<br />

als Folge des Rassenwahns der sogenannten<br />

braunen Zeit erlebt habe,<br />

und ließen bei mir die Tränen fließen.<br />

soweit die erschütternden Beispiele<br />

nach persönlichen erlebnissen in<br />

Deutschland.<br />

Der Autor war übrigens auch als hochschullehrer<br />

in den semesterferien im<br />

Frühjahr und herbst oft im Ausland tätig,<br />

insgesamt drei volle Jahre.<br />

religiöse und rAssenunterschiede<br />

führten<br />

zu eWigen querelen<br />

In Guatemala, wo nicht lange vorher<br />

der deutsche Botschafter, von spreti,<br />

ermordet worden war, verschwanden<br />

jährlich einige tausend Menschen.<br />

Die einheimischen erzählten hinter<br />

vorgehaltener hand, dass es sich dabei<br />

überwiegend um politische Morde<br />

handelte. In dem von Vulkanen geprägten,<br />

unwegsamen land wurden die opfer<br />

nur selten gefunden. hier führten<br />

wahrscheinlich politische Ansichten zu<br />

den Morden.<br />

In Brasilien (an den unis in porto Alegre,<br />

santa Maria und Belo horizonte)<br />

habe ich keine Aversionen zwischen<br />

den Menschen bemerkt. ebenfalls<br />

nicht in Marokko.<br />

In Ägypten (an den unis Kairo, Assiut<br />

und Zagazig) merkte man, dass zwischen<br />

den studenten mohammedanischen<br />

Glaubens und den Kopten ein<br />

tiefer Graben bestand. Auch hatten die<br />

Kopten kaum eine chance, in gehobene<br />

positionen zu gelangen.<br />

Im Sudan (uni Karthum) erfuhr man<br />

sehr schnell, dass es innerhalb der<br />

studentenschaft große Aversionen gegenüber<br />

den farbigen studenten aus<br />

dem süden gab. In Karthum erhielten<br />

herr prof. Dr. G. von der Food and Agriculture<br />

organization (FAo) in Rom<br />

und ich vom landwirtschaftsminister<br />

der südregion den Auftrag, nach Juba<br />

zu fliegen und zu beurteilen, ob dort<br />

auch eine uni inklusive Veterinärfakultät<br />

angesiedelt werden sollte. Wir<br />

bestätigten dieses Ansinnen. Vierzig<br />

Jahre vor der im vorigen Jahr erfolgten<br />

Bildung eines staates „südsudan“ mit<br />

der hauptstadt Juba. In Karthum fühlten<br />

sich die farbigen, meist christlichen<br />

südsudanesen von den mohammedanischen<br />

Arabern des Nordens stets<br />

unterdrückt. hier führten also religiöse<br />

und Rassenunterschiede zu ewigen<br />

Querelen.<br />

An den unis in Südkorea sind mir solche<br />

probleme nicht aufgefallen.<br />

Die Häftlinge des KZs Bergen-Belsen<br />

tragen Tote aus den Baracken,<br />

nachdem das Lager befreit wurde.<br />

Quelle: Wikimedia.org<br />

tolerAnz und respeKt<br />

sollte die deVise heissen<br />

Der Autor hat in seinem bisherigen leben<br />

durch eigene erlebnisse erfahren,<br />

wohin Rassismus und Rassenwahn führen<br />

können. Auch konnte er erfahren,<br />

zu welchem elend politische, religiöse<br />

und rassenbedingte unterschiede führen<br />

können, wenn sie denn von größeren<br />

Volksgruppen gegenüber kleineren<br />

Gruppen auf Biegen und Brechen durchgesetzt<br />

werden.<br />

Möglicherweise fühlen sich auch junge<br />

Rechtsextremisten in Deutschland,<br />

beziehungsweise deren hintermänner,<br />

in ihrer Ansicht gestärkt, wenn in der<br />

alten DB, also in hohen und höchsten<br />

akademischen Kreisen, heutzutage<br />

noch der Gedanke des Rassismus lebt.<br />

In den Reihen der Rechten befinden<br />

sich sicher auch pfiffige Juristen, welche<br />

die Vorgänge in der DB wahrscheinlich<br />

wohlwollend zur Kenntnis nehmen und<br />

propagandistisch nutzen.<br />

Nach all dem Gesagten sollte in<br />

Deutschland, unter Berücksichtigung<br />

unserer Vergangenheit, kein platz mehr<br />

für rassistisches Gedankengut aller Art<br />

sowie Rassenwahn aller schattierungen<br />

und Aversionen gegen Minderheiten unterschiedlichster<br />

prägung sein. Toleranz<br />

und Respekt vor anderen sollte die Devise<br />

sein.<br />

Der Mensch wird allgemein „homo sapiens“<br />

genannt (lat. homo = Mensch,<br />

Menschenkind; sapiens = klug, weise).<br />

Für einen Teil der Menschheit wäre der<br />

Begriff „homo non sapiens“ wohl angebrachter.<br />

academicus 1/2012<br />

43


44<br />

GesellschAFT<br />

acta:<br />

sind unsere grundrechte in gefAhr?<br />

Wer am 11. Februar um 20 uhr die<br />

Tagesschau eingeschaltet hatte, war<br />

vielleicht überrascht, dass die Aufmachermeldung<br />

von Demonstrationen<br />

mit über 100.000 Menschen in ganz<br />

Deutschland berichtete, die alle trotz<br />

klirrender Kälte bei etwa minus 10<br />

Grad gegen ein internationales handelsabkommen<br />

protestierten, von<br />

dem bisher kaum jemand etwas gehört<br />

hatte. Auch viele Burschenschaf-<br />

academicus 1/2012<br />

ter waren unter den Demonstranten.<br />

AcTA steht für Anti-counterfeiting<br />

Trade Agreement (Anti-produktpiraterie-handelsabkommen).<br />

Dabei geht<br />

es zum einen darum, dass der Import<br />

von gefälschten produkten wie Ray-<br />

Ban-sonnenbrillen und Rolex-uhren<br />

aus ländern wie china gemeinsam<br />

bekämpft werden soll. Das ist durchaus<br />

unterstützenswert.<br />

Zum anderen werden aber auch geis-<br />

“Auch viele <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

waren unter<br />

den Demonstranten.“<br />

Protestorte gegen ACTA am 11.2.2012<br />

“Erst durch Bürgerproteste<br />

wurde Staatsund<br />

Regierungschefs<br />

bewusst, was da<br />

eigentlich beschlossen<br />

werden sollte.“<br />

von chriStoph hochStätter<br />

Alemannia Marburg<br />

tige eigentumsrechte geregelt, etwa<br />

von Büchern und Musikstücken. Das<br />

Abkommen wird allein schon deshalb<br />

kritisiert, weil es ein aus sicht der<br />

Kritiker veraltetes urheberrecht auf<br />

Jahrzehnte zementiert, das im digitalen<br />

Zeitalter keine Berechtigung mehr<br />

habe und durch ein modernes ersetzt<br />

werden müsse, das die Interessen<br />

von Künstlern und Konsumenten im<br />

digitalen Zeitalter gleichermaßen berücksichtigt.<br />

hauptkritikpunkt ist jedoch die Art<br />

und Weise, wie dieses urheberrecht<br />

durchgesetzt werden soll. um die Verbreitung<br />

urheberrechtsgeschützten<br />

Materials im Internet zu unterbinden,<br />

werden die provider zur Mithilfe verpflichtet,<br />

etwa durch die herausgabe<br />

von persönlichen Daten ihrer Kunden<br />

ohne richterlichen Beschluss. so werden<br />

Internetanbieter („provider“) zu<br />

privaten „hilfssheriffs“ ohne behördliche<br />

Kontrolle.<br />

ActA – gefAhr für die<br />

grundrechte<br />

In einer ersten Fassung von AcTA, die<br />

Vertreter der teilnehmenden staaten<br />

und der Musikindustrie geheim ohne<br />

einbindung der parlamente verhandelt<br />

hatten, wurden Internetprovider<br />

in eine störerhaftung für urheberrechtsverletzungen<br />

genommen. Dies<br />

hätte bedeutet, dass sie etwa jede<br />

e-Mail systematisch hätten durchsuchen<br />

müssen, weil in einer privaten e-<br />

Mail theoretisch eine Musikdatei oder<br />

ein Auszug aus einem Buch verschickt<br />

werden kann. offene Diskussionsforen,<br />

bei denen jeder Beitrag sofort<br />

veröffentlicht wird, wären faktisch<br />

verboten, da jede<br />

Art von Inhalt erst<br />

auf mögliche urheberrechtsverletzungen<br />

hin hätte<br />

überprüft werden<br />

müssen. Dienste<br />

wie YouTube oder<br />

Twitter hätten aufgegeben<br />

werden<br />

müssen. Die Teilnehmerstaaten wären<br />

verpflichtet gewesen, ihr nationales<br />

Recht so anzupassen, dass Internetprovider<br />

ausdrücklich zur systema-<br />

“Dienste wie<br />

YouTube oder<br />

Twitter hätten<br />

aufgegeben<br />

werden<br />

müssen.“<br />

tischen Durchsuchung aller Inhalte,<br />

etwa privater e-Mails, ermächtigt werden<br />

– und das ohne jede behördliche<br />

oder gar richterliche Anordnung. Die<br />

provider wären zu diesen Maßnahmen<br />

zwar nicht zwingend verpflichtet gewesen,<br />

hätten aber ansonsten für jede<br />

urheberrechtsverletzung ihrer Kunden<br />

haften müssen.<br />

Diese ursprüngliche<br />

Fassung kam im<br />

März 2010 durch<br />

eine Indiskretion an<br />

die Öffentlichkeit.<br />

Das rief das eu-parlament<br />

auf den plan.<br />

Dieses stellte klar,<br />

dass es kein Abkommen<br />

ratifizieren werde,<br />

bei dem es nicht angemessen an<br />

der Ausarbeitung beteiligt sei. In den<br />

folgenden Monaten wurde daraufhin<br />

eine entschärfte Fassung entwickelt.<br />

“Internetanbieter<br />

werden zu privaten<br />

‚Hilfssheriffs‘<br />

ohne behördliche<br />

Kontrolle.“<br />

Die Kritiker waren aber auch damit<br />

nicht zufrieden: Die Formulierungen<br />

im Abschnitt V des Abkommens<br />

wurden lediglich so schwammig formuliert,<br />

dass die Bestimmungen der<br />

ursprünglichen Fassung nicht mehr<br />

wörtlich postuliert waren. Je nach Interpretation<br />

lassen sich die Forderungen<br />

der Fassung vom März 2010 aber<br />

immer noch herauslesen.<br />

Mit deutscheM recht<br />

unVereinbAr<br />

Beide Fassungen sind mit deutschem<br />

Recht nicht vereinbar. Auch die entschärfte<br />

Fassung verlangt eine Vorratsdatenspeicherung,<br />

die über das<br />

vom Bundesverfassungsgericht gekippte<br />

Gesetz hinausgeht. Jeder Betreiber<br />

einer Web-2.0-site wäre zumindest<br />

verpflichtet, alle Ip-Adressen<br />

zu speichern. Nach Abs. 5 des Bundesverfassungsgerichtsurteils<br />

(Az. 1<br />

BvR 256/08, 1 BvR 263/08 und 1 BvR<br />

586/08) bezüglich der Vorratsdatenspeicherung,<br />

welche für die Überprüfung<br />

durch die Internetdienstanbieter<br />

benötigt würde, ist in Deutschland<br />

eine schwere straftat, etwa hochverrat<br />

oder Gefährdung der demokratischen<br />

Grundordnung, erforderlich, um<br />

rechtmäßig – wenn denn ein verfassungsgemäßes<br />

Gesetz existiert – den<br />

Inhalt einer Kommunikation abzuhören.<br />

urheberrechtsverletzungen gehören<br />

nicht zu diesen straftaten.<br />

Auch die entschärfte Fassung sieht<br />

Zollkontrollen für Notebooks und usBsticks<br />

an den Grenzen vor. Darauf<br />

academicus 1/2012<br />

45


46<br />

könnten sich nämlich nicht lizensierte<br />

Mp3-Dateien und Kinofilme befinden,<br />

heißt es zur Begründung. Das wird besonders<br />

kritisch gesehen. einerseits ist<br />

der physische Transport von raubkopiertenMp3-Datei-<br />

en über Zollgrenzen<br />

nicht besonders effizient,<br />

andererseits<br />

besteht zumindest<br />

der Verdacht, dass<br />

Zollkontrollen in<br />

den usA zur Wirtschaftsspionage<br />

missbraucht werden.<br />

Bei der einreise in die usA berichten<br />

Vertreter von deutschen unternehmen,<br />

etwa Automobilzulieferern, dass ihre<br />

Notebooks auffällig oft aus Gründen<br />

der Terrorismusbekämpfung beschlagnahmt<br />

und durchsucht werden. Als gesetzliche<br />

Grundlage dient der patriot<br />

Act. einige unternehmen lassen ihre<br />

Mitarbeiter sogar nur noch mit neu installierten<br />

Notebooks ohne vertrauliche<br />

Daten einreisen. sie beschaffen sich<br />

ihre benötigten Daten, etwa Konstruktionspläne<br />

für Kundenpräsentationen,<br />

dann im hotel über eine verschlüsselte<br />

Internetverbindung.<br />

Junge deMoKrAtien protestieren<br />

gegen ActA<br />

Anfang des Jahres gingen die proteste<br />

von jungen Demokratien in osteuropa<br />

aus. Vor allem in polen fanden in<br />

academicus 1/2012<br />

“Teilweise kam<br />

es zu Straßenschlachten<br />

und<br />

Festnahmen.“<br />

Krakau, Warschau und zahlreichen<br />

anderen städten Massenproteste<br />

statt, teilweise kam es zu straßenschlachten<br />

und Festnahmen. Den einwohnern<br />

unserer Nachbarstaaten, die<br />

erst vor 20 Jahren<br />

die kommunistische<br />

Diktatur überwunden<br />

haben, sind<br />

die systematische<br />

Überwachung der<br />

Bürger durch Geheimdienstspitzel<br />

und die Verwanzung<br />

ihrer Wohnungen noch allzu gut<br />

in erinnerung.<br />

Trotz der proteste unterzeichnete der<br />

Vertreter polens am 26. Januar in Tokio<br />

das Abkommen, wie auch ein Bevollmächtigter<br />

der eu und Vertreter<br />

von 21 weiteren staaten. Der deutsche<br />

Botschafter in Japan wollte wegen<br />

terminlichen schwierigkeiten erst einige<br />

Tage später unterzeichnen. Doch<br />

dazu kam es nicht mehr. Kurz nach<br />

der unterschriftleistung gab es erste<br />

Distanzierungen von offizieller seite.<br />

Am selben Tag trat der Berichterstatter<br />

des eu-parlaments für das AcTA-<br />

Abkommen, Kader Arif (sozialistische<br />

partei Frankreichs, ps), zurück. er wolle<br />

an dieser „Maskerade“ nicht weiter<br />

mitwirken. Dieses Abkommen könne<br />

schwerwiegende Konsequenzen für<br />

das leben der Bürgerinnen und Bürger<br />

haben und trotzdem werde alles unternommen,<br />

um das Mitspracherecht des<br />

parlaments zu unterwandern.<br />

Demonstration gegen ACTA am 11.2.2012 in München (Quelle: Wikimedia)<br />

Kurz darauf distanzierten sich zahlreiche<br />

osteuropäische Regierungschefs<br />

von AcTA. sie hatten sich bisher mit<br />

dem Thema genauso wenig beschäftigt<br />

wie ihre westeuropäischen Kollegen.<br />

Der liberal-konservative polnische<br />

Ministerpräsident Donald Tusk<br />

räumte ein, das Abkommen zuvor aus<br />

einer perspektive des 20. Jahrhunderts<br />

gesehen zu haben. Der Vertrag sei<br />

auf eis gelegt, solange man nicht alle<br />

Zweifel ausgeräumt habe. Zu prüfen<br />

sei außerdem, ob AcTA überhaupt mit<br />

polnischem Recht zu vereinbaren sei.<br />

VAge forMulierungen<br />

Der tschechische premierminister petr<br />

Nečas von der konservativen oDs<br />

versicherte, dass es in seinem land<br />

niemals zu den vom Volk befürchteten<br />

Folgen kommen könne – etwa Notebook-Überprüfungen<br />

an den Grenzen,<br />

Überwachung der online-Nutzer und<br />

Internetfilter. solche Gefahren habe es<br />

zu keinem einzigen Augenblick gegeben.<br />

Die Regierung werde niemals eine<br />

situation zulassen, in der die bürgerliche<br />

Freiheit und der freie Zugang zu<br />

Informationen bedroht seien.<br />

Für die slowakei äußerte sich Wirtschaftsminister<br />

Juraj Miškov von der<br />

liberalen partei sas: AcTA enthalte<br />

eine Reihe vager Formulierungen und<br />

ermögliche viele Interpretationen mit<br />

potenziell unerwünschten Folgen. er<br />

werde kein Abkommen unterstützen,<br />

das grundlegende Menschenrechte in<br />

irgendeiner Weise einschränkte, insbesondere<br />

das Recht auf Freiheit und privatsphäre,<br />

und das den schutz von urheberrechten<br />

über diese Rechte stelle,<br />

versprach er. Man wolle verhindern,<br />

dass die slowakei und slowakische<br />

Bürger zu Geiseln von Vereinbarungen<br />

werden, die nicht völlig klar seien<br />

sowie grundlegende Menschenrechte<br />

und Freiheiten eines jeden einzelnen<br />

beschränken könnten.<br />

Die slowenische Botschafterin in Japan,<br />

helena Drnovšek Zorko, die das<br />

Abkommen zunächst weisungsgemäß<br />

unterzeichnet hatte, bereute einige<br />

Tage später in einem emotionalen<br />

Blogbeitrag, dass sie sich der Anordnung<br />

nicht aus Gewissensgründen<br />

widersetzt hatte, wozu sie das Recht<br />

gehabt hätte. sie entschuldigte sich<br />

öffentlich bei ihren Kindern, dass sie<br />

ihren offiziellen pflichten und nicht denen<br />

als Bürgerin nachgekommen sei.<br />

Ihrer Auffassung nach beeinträchtige<br />

das Abkommen das größte und bedeutendste<br />

Netzwerk in der Geschichte<br />

der Menschheit und somit insbesondere<br />

die Zukunft unserer Kinder. sie forderte<br />

ihre landsleute zu protesten auf.<br />

In Deutschland und anderen westeuropäischen<br />

ländern waren inzwischen<br />

für den 11. Februar proteste angekün-<br />

“Das Beispiel zeigt,<br />

dass Freiheit<br />

und Demokratie<br />

permanenten<br />

Gefahren<br />

ausgesetzt sind.“<br />

digt. Das veranlasste die zuständige<br />

Bundesjustizministerin sabine leutheusser-schnarrenberger<br />

(FDp), sich<br />

näher mit AcTA zu beschäftigen. Über<br />

das ebenfalls FDp-geführte Außenministerium<br />

wurde die Anweisung an die<br />

deutsche Botschaft zur unterschriftsleistung<br />

wieder zurückgezogen. Das<br />

geschah offensichtlich ohne Abstimmung<br />

mit dem Koalitionspartner cDu.<br />

Das Kanzleramt ließ einen Tag später<br />

Regierungssprecher seibert verkünden,<br />

dass man die unterschrift lediglich<br />

verzögert habe, um eine entscheidung<br />

des europäischen parlaments<br />

abzuwarten.<br />

Inzwischen will die eu-Kommission das<br />

AcTA-Abkommen vom euGh prüfen<br />

lassen. Ähnliche Überlegungen stellte<br />

das europäische parlament an. Am 28.<br />

März entschied sich der Ausschuss für<br />

internationalen handel (INTA) des euparlaments<br />

mit 21 zu fünf stimmen bei<br />

zwei enthaltungen jedoch dagegen.<br />

Über das Abkommen soll planmäßig<br />

am 6. Juni abgestimmt werden. Das<br />

wird als sicheres Zeichen dafür gewertet,<br />

dass die Mehrheitsverhältnisse<br />

gegen AcTA als sicher gelten. sonst<br />

hätten mehr Ausschussmitglieder für<br />

die Anrufung des euGh gestimmt, um<br />

die Abstimmung zu verzögern.<br />

freiheit und grundrechte<br />

Verteidigen<br />

Auch wenn AcTA, wie von den Gegnern<br />

gefordert, aller Voraussicht nach „ad<br />

acta“ gelegt wird, zeigt das Beispiel,<br />

dass Freiheit und Demokratie permanenten<br />

konkreten Gefahren ausgesetzt<br />

sind. hätte es nicht ausgehend von<br />

osteuropa massive proteste gegeben,<br />

wäre das Abkommen von allen staaten<br />

unterschrieben und anschließend<br />

in den parlamenten ratifiziert worden<br />

– und zwar als Formalie. erst durch<br />

Bürgerproteste wurde den staats- und<br />

Regierungschefs bewusst, was da eigentlich<br />

beschlossen werden sollte.<br />

es ist nicht hinnehmbar, dass parlamen-<br />

te etwas ratifizieren, was sie inhaltlich<br />

gar nicht kennen, und es nur deshalb<br />

beschließen, weil sie darauf vertrauen,<br />

dass eine Arbeitsgruppe in Brüssel<br />

wohl schon weiß, was sie da ausgearbeitet<br />

hat. In diesem Fall hat es massive<br />

Beeinflussungen durch lobbyisten<br />

der Musik- und Filmindustrie gegeben.<br />

Wenn sich eine derartige eu-Kommissions-hörigkeit<br />

im europäischen und<br />

in den nationalen parlamenten durchsetzt,<br />

verlieren die Bürger noch mehr<br />

Vertrauen in europa, mit dem es zur Zeit<br />

ohnehin nicht zum Besten bestellt ist.<br />

und das wäre keine gute entwicklung.<br />

hier sind wir als <strong>Burschenschaft</strong>er besonders<br />

gefordert, wachsam zu sein,<br />

wenn Angriffe auf Freiheit und Demokratie<br />

von lobbyisten oder anderen<br />

Kräften erfolgen. Jeder einzelne ist gefragt,<br />

wenn es gilt, die Grundwerte, für<br />

die unsere Gründungsväter gekämpft<br />

haben, in der heutigen digitalen Zeit<br />

angemessen umzusetzen und zu erhalten.<br />

Wirtschaftliche Interessen einzelner<br />

Gruppen dürfen nicht höher als die<br />

Grundrechte angesetzt werden.<br />

unterzeichner<br />

unterzeichner mit zusätzlicher eu-unterzeichnung<br />

Nicht-unterzeichner mit eu-unterzeichnung<br />

In den unterzeichnungsprozess involvierte Nicht-unterzeichner<br />

academicus 1/2012<br />

47


48<br />

Aus uNseReN ReIheN<br />

“Er hatte<br />

offenbar den<br />

Ton gefunden,<br />

der zu den<br />

Herzen der<br />

Menschen<br />

spricht.“<br />

VolKsdichter und<br />

opfer der deMAgogenVerfolgung<br />

frItz reuter (1810 – 1874)<br />

Nur wenigen Menschen ist es<br />

beschieden, dass eine stadt<br />

nach ihnen benannt wird. Fritz<br />

Reuter wurde diese besondere ehrung<br />

zuteil: Dem mecklenburgischen stavenhagen<br />

wurde zu DDR-Zeiten – in<br />

Verkennung der Art seiner sozialkritischen<br />

haltung gegenüber dem Adel<br />

– der Zusatz „Reuterstadt“ verliehen,<br />

Reuters Denkmal steht zudem vor<br />

dem Rathaus und das ihm gewidmete<br />

Museum erinnert auch an seine <strong>Burschenschaft</strong>erzeit.<br />

Mit seinem schicksal<br />

und seinen erzählungen berührte<br />

er die Menschen weit über seine heimat<br />

hinaus. er trug zudem wesentlich<br />

dazu bei, dass sich das plattdeutsche<br />

zu einer schriftsprache entwickelte.<br />

Kindheit und schulzeit<br />

Fritz Reuter wurde am 7. November<br />

1810 in stavenhagen als erster sohn<br />

des Bürgermeisters und stadtrich-<br />

ters Georg Johann Reuter, der dieses<br />

Amt von 1808 bis zu seinem Tode<br />

1845 innehatte, geboren. Die Mutter<br />

Johanna war eine sanfte, literarisch<br />

sehr interessierte Frau, die durch die<br />

Geburt eines zweiten sohnes eine<br />

lähmung erlitt, sich jedoch bis zu ihrem<br />

frühen Tod 1826 weiter um die<br />

haushaltsführung kümmerte. Der<br />

Vater hingegen war ein sehr umtriebiger<br />

Mann, ohne den in der kleinen<br />

stadt nichts funktionierte. Wie überall,<br />

so bestimmte er auch zu hause,<br />

etwa über die erziehung des sohnes:<br />

er hielt privatunterricht für völlig ausreichend.<br />

so kam es, dass Fritz außer<br />

einem Gastspiel in einer Mädchenschule<br />

erst mit 14 Jahren eine reguläre<br />

schule kennenlernte: das Gymnasium<br />

im mecklenburgischen Friedland.<br />

sein Vater wusste auch bereits in frühen<br />

Jahren genau, was aus dem sohn<br />

einmal werden sollte – zunächst sollte<br />

er ein Jurastudium absolvieren,<br />

danach sein Nachfolger als Bürger-<br />

von arnulf BauMann<br />

<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther (1951)<br />

meister werden. An diesem Ziel hielt<br />

er mit bemerkenswerter hartnäckigkeit<br />

fest, obwohl sich die schulkarriere<br />

seines sohnes alles andere als<br />

erfolgreich entwickelte. lediglich im<br />

Turnen und schwimmen – übrigens<br />

unter der leitung des Mitbegründers<br />

der Jenaer urburschenschaft, Karl<br />

horn – sowie im Zeichnen konnte<br />

dieser brillieren. Auch seine Aufsätze<br />

in Deutsch waren noch ordentlich,<br />

ansonsten waren seine leistungen<br />

jedoch allesamt kläglich. Das veranlasste<br />

den Vater, der sich durch<br />

spitzel stets über alles informieren<br />

ließ, seinen sohn gegen dessen Willen<br />

auf das Gymnasium in parchim<br />

zu schicken, wo Reuter bei lehrern<br />

und schülern wegen seiner umgänglichkeit<br />

und seiner Zeichenkunst beliebt<br />

war. Dort erhielt er dann auch<br />

endlich – mit 20 Jahren – sein Abiturzeugnis<br />

und begann unverzüglich<br />

das vom Vater verordnete Jurastudium<br />

in Rostock.<br />

student, burschenschAfter<br />

und „deMAgoge“<br />

sowohl in seinem aufgezwungenen studienfach<br />

als auch in der damals nicht<br />

einmal 150 studenten umfassenden<br />

studentenschaft sowie in der stadt<br />

Rostock fühlte Reuter sich äußerst unwohl.<br />

Den Vorlesungen blieb er fern,<br />

stattdessen zog es ihn mit aller Macht<br />

nach Jena, dem ursprungsort der <strong>Burschenschaft</strong>sbewegung.<br />

schließlich ließ<br />

sich auch sein ater erweichen und Reuter<br />

durfte zum sommersemester 1832 nach<br />

Jena wechseln, mit dem Versprechen,<br />

sein studium nun zügig abzuschließen.<br />

Reuter kam in einer aufregenden Zeit<br />

nach Jena: Die Julirevolution in Frankreich<br />

1830 lag noch nicht lange zurück,<br />

das hambacher Fest, durch das die<br />

schwarz-rot-goldenen<br />

Farben und die Forderungen<br />

der Demokratie<br />

einer breiten Öffentlichkeit<br />

bekannt wurden,<br />

fand nur wenige Tage<br />

nach Reuters studienbeginn statt. Reuter<br />

war kaum in die wiedervereinigte<br />

<strong>Burschenschaft</strong> aufgenommen worden,<br />

als diese sich erneut in gemäßigte<br />

„Arminen“ und politisch radikalere<br />

„Germanen“ spaltete. er schloss sich<br />

– nicht ahnend, welche Folgen das für<br />

ihn haben sollte – den letzteren an, weniger<br />

aus politischer Überzeugung, als<br />

auf Grund persönlicher Freundschaften,<br />

und beteiligte sich lebhaft am<br />

studentischen leben. War das erste semester<br />

noch einigermaßen erfolgreich<br />

zu ende gegangen, so fiel das urteil<br />

eines vom Vater konsultierten professors<br />

über das zweite semester niederschmetternd<br />

aus.<br />

Nach dem „Frankfurter Wachensturm“<br />

vom April 1833, bei dem einige Germanen<br />

den illusionären Versuch gewagt<br />

hatten, durch das Überwältigen der<br />

polizeiwache eine demokratische Revolution<br />

in Deutschland auszulösen, war<br />

das erschrecken bei den Regierenden<br />

groß, insbesondere bei dem österreichischen<br />

Kanzler Metternich und in<br />

preußen. Man sah die Grundfesten des<br />

staatswesens erschüttert. es müssen<br />

Ängste gewesen sein, die mit denen<br />

vor der RAF in der Bundesrepublik der<br />

siebzigerjahre vergleichbar sind. eine<br />

beispiellose Verfolgung der „Demagogen“<br />

war die Folge.<br />

schWere leidenszeit<br />

Nachdem Reuter wegen seiner Beteiligung<br />

an Raufereien der universität<br />

verwiesen worden war, berief ihn sein<br />

Vater kategorisch nach hause. später<br />

schickte er seinen sohn allerdings<br />

zur Immatrikulation nach Berlin, wo<br />

Reuter jedoch abgewiesen wurde und<br />

nach leipzig weiterzog. Dort wurde er<br />

jedoch ebenfalls nicht zum studium zugelassen.<br />

Da er auf keinen Fall in die<br />

“Bei ‘Demagogen’<br />

kannte man in<br />

Preußen kein Pardon.“<br />

unmittelbare obhut des Vaters zurückwollte,<br />

ging Reuter wieder nach Berlin,<br />

wo er am 31. oktober 1833 nach einer<br />

durchzechten Nacht verhaftet wurde<br />

– gegen Gesetz und Recht, denn ein<br />

preußischer untertan war er nicht. Damit<br />

begann eine schwere leidenszeit,<br />

denn bei „Demagogen“ kannte man in<br />

Luise Reuter, geborene<br />

Kuntze, erkannte in<br />

Reuter ihre Lebensaufgabe<br />

und begleitete<br />

ihn durch die Höhen<br />

und Tiefen seines<br />

labilen Lebens.<br />

preußen kein pardon. Die Intervention<br />

des Vaters, der persönlich nach Berlin<br />

reiste, um die Auslieferung seines sohnes<br />

nach Mecklenburg zu erreichen,<br />

fruchtete nichts. er wurde stattdessen<br />

laufend verhört und daraufhin von<br />

der stadtvogtei in das sehr strenge<br />

Regiment der hausvogtei überstellt.<br />

obwohl ihm eine aktive Beteiligung<br />

an umsturzplänen nicht nachgewiesen<br />

werden konnte, blieb Reuter weiter<br />

in untersuchungshaft, ab November<br />

1834 in der Festung silberberg in oberschlesien.<br />

Die häftlinge versuchten<br />

dort, sich das leben mit Branntwein<br />

erträglich zu machen. Im Januar 1837<br />

wurde Reuter das bereits im August<br />

1836 ergangene urteil des Berliner<br />

Kammergerichts verkündet, ihn mit 39<br />

anderen „mit dem Beil zu Tode zu bringen“.<br />

König Friedrich Wilhelm III. hatte<br />

jedoch das unfassbar harte urteil für<br />

den 26-Jährigen in 30 Jahre Festungshaft<br />

umgewandelt.<br />

Reuter wurde mehrfach verlegt, am<br />

schrecklichsten blieb ihm dabei die Festung<br />

Magdeburg in erinnerung – die<br />

Festung Graudenz an der Weichsel war<br />

demgegenüber eine erholung. schließlich<br />

wurde auf Bestreben seines Vaters<br />

dem Wunsch seines landesherrn,<br />

Großherzog paul Friedrich, stattgegeben,<br />

ihn den Rest seiner inzwischen<br />

auf acht Jahre reduzierten strafe in der<br />

mecklenburgischen Festung Dömitz an<br />

academicus 1/2012 academicus 1/2012<br />

49


50<br />

der elbe absitzen zu lassen. Dort sah er<br />

zunächst bessere Zeiten, dann bekam er<br />

aber den Zugang zu den Töchtern des<br />

Kommandanten verwehrt. Am 25. August<br />

1840 wurde Reuter schließlich anlässlich<br />

des Thronwechsels in preußen<br />

begnadigt – nach fast sieben Jahren.<br />

Während der ganzen Zeit hielt sein Vater<br />

zu ihm, rang ihm allerdings einen<br />

erbverzicht ab, durch den die von ihm<br />

erhoffte Zukunft in der landwirtschaft<br />

vereitelt wurde. In „ut mine Festungstid“<br />

berichtet er<br />

über seine erlebnisse,<br />

ohne sie jedoch<br />

in ihrer vollen<br />

härte darzustellen.<br />

Als Fazit seiner<br />

haltung gegenüber der Demokratie<br />

schreibt er dort: „As wi inspunnt würden,<br />

wiren wi´t nich, as wi `rute kamen,<br />

wiren wir`t all.“<br />

Briefmarken der <strong>Deutsche</strong>n Post zu<br />

Ehren Fritz Reuters<br />

academicus 1/2012<br />

“Fortan galt er<br />

für seinen Vater<br />

als Versager.“<br />

Auf der suche nAch<br />

einer lebensAufgAbe<br />

Fritz Reuter war inzwischen fast 30<br />

Jahre alt, besaß aber kein abgeschlossenes<br />

studium oder berufliche Aussichten.<br />

Die Welt hatte sich verändert,<br />

das Bürgertum sich von allem revolutionären<br />

Geist verabschiedet und dem<br />

Biedermeier ergeben; die Industrialisierung<br />

bahnte sich an.<br />

Reuters Vater<br />

wollte immer noch<br />

nicht von seinen<br />

alten plänen ablassen<br />

und veranlasste<br />

seinen sohn<br />

zur Fortsetzung des Jurastudiums in<br />

heidelberg. Das wurde jedoch eine<br />

Katastrophe: Reuter fand bald keinen<br />

Kontakt mehr zu den jungen studenten<br />

und gab sich ganz dem Trinken<br />

hin, bis ihn der Vater nach hause holen<br />

ließ und ihn bei einem Bruder in<br />

einem pfarrhaus unterbrachte. Fortan<br />

galt Reuter für seinen Vater als Versager.<br />

Darum gab er schließlich seine<br />

einwilligung zu einer Ausbildung als<br />

„strom“, d. h. als zukünftiger Gutsverwalter.<br />

Bei der Testamentseröffnung<br />

des Vaters 1845 stellte sich dann heraus,<br />

dass ihm nicht nur das erbe vorenthalten<br />

wurde, sondern die geringen<br />

einkünfte aus Zinsen an Bedingungen<br />

geknüpft waren, die er nicht ein-<br />

halten konnte. periodisch wiederkehrende<br />

Trinkexzesse gehörten<br />

zu dieser Zeit zu seinem leben,<br />

er war alkoholkrank. Nachdem<br />

Reuter es vier Jahre auf dem Gut<br />

einer befreundeten Familie als<br />

strom ausgehalten hatte, floh er<br />

ende 1845 von dort und führte<br />

bis 1851 ein unstetes leben ohne<br />

festen Wohnsitz.<br />

Das war – nach der langen haftzeit<br />

– der zweite Tiefpunkt in Reuters<br />

leben. Doch zugleich bahnte sich eine<br />

Wende an: er lernte das landleben<br />

kennen und schätzen, hatte Freude<br />

an der Begegnung mit einfachen Menschen,<br />

deren sprachgewohnheiten er<br />

intensiv in sich aufnahm. er fand außerdem<br />

Zugang zu den Gutsbesitzer-<br />

und Bürgerfamilien der umgebung, in<br />

denen sich demokratische Gedanken<br />

regten – auch hoffmann von Fallersleben<br />

hatte er dabei kennengelernt.<br />

Während der 1848er Revolution nahm<br />

er am politischen leben teil, wurde<br />

sogar in den landtag von schwerin<br />

gewählt. Da er jedoch kein großer<br />

Redner war, wurde er nicht wiedergewählt.<br />

Man lernte ihn aber als Zeichner,<br />

guten unterhalter und erzähler<br />

schätzen. Über die zeitweiligen Ausfälle<br />

wegen seiner Krankheit sah man<br />

großzügig hinweg. In diesen Jahren<br />

traf Reuter auch seine spätere Frau<br />

luise Kuntze, eine pastorentochter, die<br />

in ihm ihre lebensaufgabe erkannte.<br />

Nach vierjähriger Verlobungszeit heirateten<br />

sie 1851, luise wurde zu seiner<br />

stütze, die ihn durch die höhen und<br />

Tiefen seines labilen lebens hindurch<br />

begleitete.<br />

der VolKsdichter<br />

In den Jahren der suche nach einer<br />

lebensaufgabe hatte Reuter schon<br />

manche seiner erlebnisse zu papier<br />

gebracht. Nachdem er eine bescheidene<br />

lehrerstelle in Treptow an der<br />

“Er sparte nicht<br />

mit Kritik an<br />

den Zuständen,<br />

immer jedoch<br />

begleitet von<br />

einem feinen<br />

Ton der Ironie.“<br />

Tollense übernommen hatte, wozu<br />

er eine Aufenthaltsgenehmigung in<br />

preußen beantragen musste, die ihm<br />

auch anstandslos gewährt wurde,<br />

konnte er damit beginnen, schriftstellerisch<br />

tätig zu werden. er schwankte<br />

zunächst, ob er hochdeutsch oder<br />

plattdeutsch, poesie oder prosa<br />

schrei ben sollte, entschied sich dann<br />

aber für plattdeutsche prosa. sein<br />

erstlingswerk „läuschen und Riemels“<br />

ist allerdings in Gedichtform<br />

gehalten. Da er keinen Verleger fand,<br />

ließ Reuter es im selbstverlag drucken<br />

und versandte es zusammen<br />

mit seiner Frau. Der erfolg gab ihm<br />

recht: Das Büchlein war in kurzer<br />

Zeit vergriffen – er hatte offenbar<br />

den Ton gefunden, der zu den herzen<br />

der Menschen sprach. seine<br />

zeichnerische Begabung half ihm<br />

ebenso wie sein Gedächtnis für die<br />

typischen Ausdrucksweisen der von<br />

ihm charakterisierten Menschen,<br />

sodass diese dem leser ganz lebendig<br />

entgegentreten. um seine Texte<br />

absetzen zu können, gab Reuter<br />

das „unterhaltungsblatt für beide<br />

Mecklenburg und pommern“ heraus,<br />

in dem er unter wechselnden<br />

Autorennamen schrieb. es wurde zu<br />

seinem literarischen Übungsinstrument,<br />

durch das er weiter bekannt<br />

wurde, es allerdings nach einem Jahr<br />

wieder aufgeben musste.<br />

Inzwischen war er zu einem beliebten<br />

Volksdichter geworden, der wesentlich<br />

dazu beitrug, dass plattdeutsch<br />

zu einer literarischen sprache wurde,<br />

indem er es in eine leicht abgeschliffene<br />

Form brachte.<br />

VoM VerbuMMelten<br />

studenten zuM<br />

ehrendoKtor<br />

Dann folgten die Werke, die ihn binnen<br />

weniger Jahre weltberühmt machten:<br />

das tragische Gedicht „Kein hüsung“<br />

(1857), vor allem aber die autobiografischen<br />

Werke „ut de Franzosentid“<br />

(1859), „ut mine Festungstid“ (1862)<br />

“Seine Werke<br />

wurden in<br />

viele Sprachen<br />

übersetzt, nur die<br />

Übersetzung ins<br />

Hochdeutsche<br />

will nicht recht<br />

gelingen.“<br />

und „ut mine stromtid“ (1862 - 64). Darin<br />

schildert Reuter selbsterlebtes und<br />

erdachtes, spart auch nicht mit Kritik an<br />

den Zuständen, immer jedoch begleitet<br />

von einem feinen Ton der Ironie, der die<br />

lektüre erträglich macht. Das Geheimnis<br />

seiner Wirkung ist, dass er genau die<br />

sprache der einfachen Menschen seiner<br />

heimat traf, die sich trotz oft mangelnder<br />

formaler Bildung doch tiefgehende<br />

Gedanken über das leben machten.<br />

fritz reuter<br />

(Selbstbildnis des 23-jährigen Reuters)<br />

Fritz Reuter, geboren am 7. November 1810 in Stavenhagen, gilt als einer<br />

der bedeutendsten deutschen Dichter und Schriftsteller der niederdeutschen<br />

Sprache. In seiner Jugend verbummelter Student, inhaftierter<br />

„Demagoge“, enterbt und schließlich alkoholkrank, gelang ihm in späteren<br />

Jahren der Durchbruch als plattdeutscher Dichter und Schriftsteller.<br />

Werke wie „Kein Hüsung“ (1857), „Ut de Franzosentid“ (1859) oder<br />

„Ut mine Festungstid“ (1862) machten ihn binnen weniger Jahre weltberühmt.<br />

Er starb 1874 in Eisenach.<br />

Dabei ist es besonders die Gestalt des<br />

„unkel Bräsig“ in der „stromtid“, hinter<br />

der der Dichter erkennbar wird.<br />

Inzwischen war Reuter zu einer Berühmtheit<br />

geworden. Die universität Rostock,<br />

die dem verbummelten studenten einst<br />

nur Nichtteilnahme an Vorlesungen<br />

bescheinigen konnte, verlieh ihm 1863<br />

den ehrendoktor. Bald danach zogen<br />

die Reuters nach eisenach um, wo er<br />

sich 1868 ein hochherrschaftliches<br />

haus leisten konnte. seine Werke wurden<br />

in viele sprachen übersetzt, nur die<br />

Übersetzung ins hochdeutsche wollte<br />

nicht recht gelingen. Reuter starb hochverehrt<br />

am 12. Juli 1874 an den Folgen<br />

eines schlaganfalls.<br />

***<br />

Fritz Reuter ist heute weithin vergessen,<br />

er war zu seiner Zeit und<br />

noch lange danach einer der bekanntesten<br />

Dichter Deutschlands.<br />

Mit der „Festungstid“ hat er das<br />

Schicksal der „Demagogen“ der<br />

1830er-Jahre nachfühlbar gemacht.<br />

Er nahm zeitlebens lebhaften Anteil<br />

am politischen Geschehen und hoffte<br />

auf eine demokratische Entwicklung<br />

in Deutschland; seine Versuche<br />

zu aktiver politischer Tätigkeit waren<br />

wenig erfolgreich. In Erinnerung<br />

wird er bei denen bleiben, die Platt<br />

sprechen oder sich Zugang dazu<br />

verschaffen, als einer, der ihnen aus<br />

dem Herzen sprechen konnte.<br />

academicus 1/2012<br />

51


52<br />

ReZeNsIoN<br />

“Ehre ist ein<br />

Chamäleon.<br />

Ständig wechselt<br />

sie den Inhalt<br />

und den Namen.“<br />

academicus 1/2012<br />

rezension zu<br />

„Eine Geschichte der Ehre“<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en führen den Begriff<br />

„ehre“ an prominenter stelle<br />

in ihrem Wahlspruch. Da müsste<br />

das Buch von Winfried speitkamp bei<br />

uns auf besonderes Interesse stoßen.<br />

Der professor für <strong>Neue</strong> und <strong>Neue</strong>ste<br />

Geschichte an der universität Kassel,<br />

der sich gern in Grenzbereichen von<br />

Geschichte, soziologie und anderen<br />

Gesellschaftswissenschaften tummelt<br />

und dabei zu sehr anregenden ergebnissen<br />

kommt, hat sich vorgenommen,<br />

eine „Geschichte der ehre“ zu schreiben.<br />

schon das weckt Interesse. Denn<br />

wer denkt bei „ehre“ gleich daran,<br />

dass es dabei auch eine geschichtliche<br />

entwicklung gegeben hat? und<br />

wer vermutet, dass „ehre“ auch heute<br />

noch eine große Rolle spielt? Auf diese<br />

und viele andere Fragen gibt speitkamp<br />

in seinem Buch Antworten:<br />

ehre heute Wichtiger<br />

Als VerMutet<br />

In einem Vorwort, sechs Kapiteln<br />

und einem schlusswort behandelt<br />

speitkamp sein Thema. Im Vorwort<br />

liefert er den Nachweis, dass ehre<br />

auch heute noch eine weit größere<br />

Rolle spielt als viele vermuten, dass<br />

aber die Vorstellungen von ehre einem<br />

ständigen Wandel unterliegen,<br />

also eine Geschichte haben. Das veranschaulicht<br />

speitkamp dann an den<br />

Beispielen der ohrfeige – der symbolhaften<br />

„kleinen“ Gewalt –, des Duells<br />

– der disziplinierten und kodifizierten<br />

Gewalt – und des ehrenmords – der<br />

entfesselten Gewalt.<br />

Im ersten Kapitel „Körper und ehre.<br />

eine kurze Geschichte der ohrfeige“<br />

(s. 25 - 67) geht es um die gesell-<br />

von arnulf BauMann<br />

<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther (1951)<br />

schaftliche Bedeutung dieser scheinbar<br />

alltäglichen handlungsweise.<br />

speitkamp geht auf den ort der<br />

ohrfeige in der erziehung ein und<br />

auf ihre vor allem in den vergangenen<br />

Jahrzehnten erfolgte allmähliche<br />

Ausscheidung aus dem Katalog der<br />

bei lehrern und auch eltern vertretbaren<br />

pädagogischen Maßnahmen.<br />

Jedoch spielt die ohrfeige auch unter<br />

erwachsenen eine nicht zu unterschätzende<br />

Rolle, wie speitkamp an<br />

berühmten Beispielen aus Geschichte<br />

und literatur verdeutlicht. ohrfeigen<br />

sind nach wie vor eine gebräuchliche<br />

Form der ehrverletzung, der<br />

Beleidigung.<br />

Das bringt den Verfasser zum nächsten<br />

Kapitel „‘Der heilige Dienst der<br />

ehre’. Kulturen der ehre bis ins 19.<br />

Jahrhundert“ (s. 69 - 127): es setzt<br />

ein bei Beispielen von ehrverletzung<br />

und -wiederherstellung aus der klassischen<br />

Antike, geht über zum Nibelungenlied,<br />

zum mittelalterlichen Fehderecht<br />

der Ritter, zur standesehre der<br />

handwerker und Kaufleute, der Bauern<br />

und der Frauen. Vor allem in der<br />

Zeit von humanismus und Aufklärung<br />

setzten Versuche ein, die ehre durch<br />

ihre Bestimmung als Menschenrecht<br />

auf eine höhere ebene zu heben, die<br />

seit den Napoleonischen Kriegen<br />

durch den Begriff der nationalen ehre<br />

abgelöst wurde. In diesem Zusammenhang<br />

kommt der Autor auf die<br />

Rolle der ehre innerhalb der akademischen<br />

Jugend zu sprechen, wobei er<br />

kurz auf die Grundsätze der „Allgemeinen<br />

deutschen <strong>Burschenschaft</strong>“<br />

von 1818 und die zweite strophe des<br />

Deutschlandliedes eingeht. Dies alles<br />

sieht er als Ausdruck des Ringens um<br />

gesellschaftliche Anerkennung.<br />

„Moloch ehre“<br />

Nach dieser einführung spricht speitkamp<br />

im dritten Kapitel vom „‘Moloch<br />

ehre.’ Die Kultur der ehre im 19. Jahrhundert“<br />

(s. 129 - 172). er beschreibt,<br />

wie das Duell zu einem vor allem bei<br />

Militärs, bei Beamten, wohlhabenden<br />

Bürgern und studenten juristisch zwar<br />

strafbewehrten, in der Gesellschaft<br />

aber anerkannten Mittel der Regelung<br />

von Auseinandersetzungen wurde. Dies<br />

übrigens nicht nur in Deutschland, sondern<br />

in ganz europa und darüber hinaus.<br />

er erwähnt auch den Zusammenhang<br />

des Duellwesens zum allgemeinen<br />

streben nach äu-<br />

ßererAnerkennung, das trotz<br />

immer wieder<br />

auf flammender<br />

Kritik daran eine<br />

Abschaffung verhinderte.<br />

Im vierten Kapitel „eine ‘sache des Blutes’.<br />

Der Kult der ehre im Zeitalter der<br />

Weltkriege“ (s.173 - 213) berichtet der<br />

Verfasser von der „politisierung der<br />

ehre“ durch das „Weltkriegserlebnis“,<br />

das in Deutschland, aber auch in anderen<br />

ländern zur Bildung von Kampfbünden<br />

führte, die sich durch Marschformationen,<br />

uniformen und generell<br />

martialisches Auftreten von „zivilen“<br />

Bürgern abhoben und erhebliche Gewaltbereitschaft<br />

zeigten. Besonders<br />

im Nationalsozialismus kam dabei ein<br />

übersteigerter ehrbegriff zum Tragen,<br />

der persönliche, nationale und parteiehre<br />

zu einer einheit verschmolz. Dem<br />

entsprach eine wachsende Inflation der<br />

ehrungen, die millionenfach verliehen<br />

wurden, wie etwa das sogenannte „Mutterkreuz“.<br />

speitkamp vermutet dahinter<br />

eine massive „Angst vor entehrung und<br />

schande“. „Wer an die ehre appellierte,<br />

wer ehre anbot oder entzog, traf einen<br />

Nerv der Zeit“ (s. 211). Die Kehrseite<br />

davon war die systemimmanente entehrung<br />

einzelner oder ganzer Menschengruppen,<br />

beispielsweise der Juden, die<br />

„so massenhaft praktiziert wurde wie<br />

nie zuvor in der deutschen Geschichte“<br />

(s. 213).<br />

geächtete ehre<br />

“Man möchte fast<br />

wünschen, dass<br />

es Fuchsmajoren<br />

zur Pflichtlektüre<br />

gemacht wird.“<br />

Das nächste Kapitel „‘ehrensenf’. Niedergang<br />

und Renaissance der ehre<br />

nach 1945“ (s. 215 - 265) behandelt<br />

die Folgen der hypertrophie der ehre<br />

im Ns-staat. Während in der DDR die<br />

politik der massenhaften ehrungen –<br />

nun unter sozialistischem Vorzeichen<br />

– unbekümmert fortgesetzt wurde,<br />

verfiel der Begriff „ehre“ in der Bundesrepublik<br />

weitgehend der Ächtung. Das<br />

brachte die dahin-<br />

terstehende sache<br />

jedoch nicht zum<br />

Verschwinden. Anhand<br />

von Beispielen<br />

aus sport und politik<br />

weist speitkamp<br />

nach, dass es durchaus<br />

auch in der Bundesrepublik um<br />

Fragen der ehre geht, nicht zuletzt im<br />

Zusammenhang mit Beleidigungsprozessen<br />

oder mit öffentlichen ehrungen.<br />

Im Grunde gehe es um das streben<br />

nach Anerkennung beziehungsweise<br />

die Angst vor deren Verlust. Das stecke<br />

auch hinter den Bemühungen um<br />

eine „Wiedergutmachung“ der in der<br />

Ns-Zeit begangenen untaten, ein „als<br />

kollektive Reue daherkommender Nationalstolz“<br />

(s. 264).<br />

Im sechsten Kapitel „ehrenmorde?<br />

ehre, schande und Gewalt in transnationalen<br />

Räumen“ (s. 265 -315) geht der<br />

Verfasser auf einen weiteren Aspekt<br />

ein, dessen Zusammenhang mit der<br />

Thematik für manchen überraschend<br />

erscheinen wird: hier behandelt er erscheinungen,<br />

die vielfach als fremdartig<br />

angesehen werden, weil sie häufig<br />

mit einwanderern oder gar mit weit<br />

entfernten ländern wie Japan oder<br />

Afrika zusammenhängen. er vermag<br />

jedoch darzustellen, dass hinter scheinbar<br />

völlig unverständlichen Verhaltensweisen<br />

– etwa gegenüber der AIDs-<br />

Gefahr im süden Afrikas – gleichfalls<br />

das streben nach Anerkennung, beziehungsweise<br />

die Angst vor ihrem Verlust<br />

stehen können.<br />

„deM biederen ehr und<br />

Achtung!“<br />

Der schlussteil „ein schmaler Grat“ (s.<br />

317 - 323) versucht, ein Fazit zu ziehen.<br />

Das ist zunächst die erkenntnis, dass<br />

„ehre“ eine viel größere Rolle spielt,<br />

als viele meinen. Zum anderen geht<br />

es um die einsicht: „ehre ist ein chamäleon<br />

... ständig wechselt sie ... den<br />

Inhalt und den Namen“ (s. 329), vor allem<br />

aber: „Das Feld der ehre ist ... ein<br />

Raum, in dem über den standort des<br />

einzelnen in der Gesellschaft verhandelt<br />

wird“ (s. 322).<br />

Das wird alles in gut lesbarer sprache<br />

und mit vielen einprägsamen Beispielen<br />

vorgetragen und gibt viel Anlass zum<br />

Nachdenken über „ehre“ – man möchte<br />

fast wünschen, dass es Fuchsmajoren<br />

zur pflichtlektüre gemacht wird.<br />

eines habe ich mich allerdings beim<br />

lesen ständig gefragt: Warum wird<br />

fast ausschließlich nach der eigenen<br />

persönlichen oder kollektiven ehre und<br />

nach ihrer möglichen Verletzung durch<br />

andere gefragt? Warum kommt kaum<br />

in den sinn, dass es ein Teil der eigenen<br />

ehre ist, auch anderen ehre zu erweisen?<br />

„Die ehre des anderen“ – das<br />

könnte der Titel eines mindestens ebenso<br />

spannenden Buches sein. Möglicherweise<br />

hängt der von mir empfundene<br />

Mangel damit zusammen, dass speitkamp<br />

mit der ehre Gottes als Grundlegung<br />

menschlicher ehre kaum etwas<br />

anfangen kann (s. 13) – von Gottes ehre<br />

aus kommt die ehre des Mitmenschen<br />

unweigerlich ins Blickfeld. Das wusste<br />

die urburschenschaft: „Dem Biederen<br />

ehr und Achtung!“<br />

Winfried Speitkamp, Ohrfeige, Duell<br />

und Ehrenmord. Eine Geschichte der<br />

Ehre, Verlag Philipp Reclam jun., Stuttgart<br />

2010, 366 S., 24.95 Euro.<br />

academicus 1/2012<br />

53


54<br />

TeRMINe TeRMINe<br />

Danzig, Krantor<br />

(Foto: R. Konkolewski)<br />

18. - 31. august<br />

burschenschAfterfAhrt<br />

nach ostpreussen<br />

Wie schon in den vergangenen Jahren organisiere ich auch in diesem Jahr<br />

vom 18. bis 31. August eine Fahrt nach Ostpreußen. Das ist unser Programm:<br />

pRoGRAMM<br />

18. August:<br />

Rotenburg – hannover – Berlin – posen.<br />

19. August:<br />

posen – Thorn (stadtrundgang) – osterode<br />

(Grillabend bei dem deutschen Verein).<br />

20. August:<br />

schiffsfahrt auf dem oberlandkanal bis zur 1. Geneigten<br />

ebene in Buchwalde. Weiterfahrt per Bus über Mohrungen<br />

nach Allenstein.<br />

21. August:<br />

Allenstein (stadtrundgang, empfang mit Imbiss beim<br />

deutschen Verein im „haus Kopernikus“) – Neudims<br />

(zünftiges essen auf einem deutschen Bauernhof<br />

am ufer des Daddai-sees) – Kruttinnen.<br />

22. August:<br />

schiffsfahrt von Nikolaiken nach Niedersee. Kleinort<br />

(Geburtshaus von ernst Wiechert mit Museum) –<br />

stakfahrt auf der Kruttinna.<br />

23. August:<br />

Kruttinnen – Bartossen (deutscher soldatenfriedhof) –<br />

lyck– Memel – Nidden/Kurische Nehrung.<br />

Das programm ist im Gegensatz zu den sonst üblichen<br />

touristisch ausgerichteten Reisen so gestaltet, dass wir<br />

sowohl die steinernen Zeugen der deutschen Vergangenheit<br />

dieses landes aufspüren und Begegnungen mit den<br />

dort verbliebenen <strong>Deutsche</strong>n haben werden als auch die<br />

wunderbare Natur im „land der dunklen Wälder und kristallenen<br />

seen“ erleben können.<br />

academicus 1/2012<br />

24. August:<br />

Nidden: Dorfrundgang, Wanderung zur hohen Düne.<br />

Baden in der ostsee.<br />

25. August:<br />

Nidden – Rossitten (Führung in der Vogelwarte) – sarkau<br />

(Dünenwanderung) – seebad Rauschen – Königsberg.<br />

26. August:<br />

Tilsit – Gumbinnen (Besuch bei der salzburger Gemeinde).<br />

27. August:<br />

Königsberg: stadtrundfahrt, Besichtigung des Doms<br />

mit Kantmuseum, Besuch der evangelischen Gemeinde,<br />

stadtbummel.<br />

28. August:<br />

Königsberg – Frauenburg – Marienburg – Danzig.<br />

29. August:<br />

Danzig: stadtführung. Nachmittags frei für eigene<br />

Aktivitäten.<br />

30. August:<br />

Danzig – Zoppot – oliva – Krangen/pommern.<br />

31. August:<br />

stettin (kurze stadtrundfahrt) – Berlin – hannover –<br />

Rotenburg.<br />

Der Reisepreis beträgt maximal 1.535 euro (bei bis zu<br />

30 Teilnehmern), 1.485 euro bei mehr als 30 Teilnehmern.<br />

einzelzimmerzuschlag: 269 euro. Im Reisepreis sind enthalten:<br />

Übernachtung in guten hotels mit halbpension,<br />

alle einreisegebühren, Visum für Russland sowie sämtliche<br />

eintrittsgelder, Führungen, Dampferfahrten und die im<br />

programm aufgeführten besonderen Mahlzeiten.<br />

Nähere Informationen und Anmeldung mit Angabe der <strong>Burschenschaft</strong> und gewünschten Zimmerart (einzel-<br />

oder Doppelzimmer) bei: Gerhard Prengel, Teutonia Jena/Gothia Königsberg, Bergstr.15, 14476 Potsdam.<br />

Tel./Fax: 03320/131829. E-Mail: h.g.prengel@web.de<br />

110 jAhrE rUGIA DArMStADt<br />

liebe Verbandsbrüder!<br />

Voller Vorfreude blicken wir dem 17. bis 20. Mai 2012<br />

entgegen, da wir an diesem Wochenende unser 110. stiftungsfest<br />

begehen werden. Aus diesem Anlass möchten<br />

wie sie herzlichst zu unserem stiftungsfestkommers am<br />

18. Mai im Justus-liebig-haus in Darmstadt einladen<br />

und würden uns freuen, Vertreter Ihrer Bünde bei uns<br />

in Darmstadt begrüßen zu dürfen. Bei Interesse an der<br />

Teilnahme auch an den weiteren Veranstaltungen unseres<br />

stiftungsfests – wie zum Beispiel dem stiftungsfestball<br />

am samstag – setzen sie sich bitte mit uns in<br />

Verbindung.<br />

<strong>Burschenschaft</strong> Rugia, Wienerstraße 95,<br />

64287 Darmstadt, Tel.: 06151/47230,<br />

info@burschenschaft-rugia.de<br />

TeRMINe<br />

17. – 20.5.2012<br />

125. Stiftungsfest Arminia Stuttgart<br />

17. – 20.5.2012<br />

135. Stiftungsfest Franconia Freiburg<br />

17. – 20.5.2012<br />

110. Stiftungsfest Rugia Darmstadt<br />

siehe hinweis oben<br />

25. – 28.5.2012<br />

140. Stiftungsfest Frankonia Gießen<br />

15.6. – 17.6.2012<br />

Burschentag in Landau<br />

Freitag, 20:00 uhr: Begrüßungsabend;<br />

samstag, 10:00 uhr: Burschentag, 20:00 uhr:<br />

Festkommers, ort: Jugendstilhalle landau.<br />

sonntag, 10:30 uhr: Frühschoppen hambacher schloss<br />

Ab 1900 trafen sich einige Darmstädter Studenten<br />

und legten schließlich den Grundstein für die <strong>Burschenschaft</strong><br />

Rugia.<br />

19. – 22.7.2012<br />

195. Stiftungsfest Bubenreuther Erlangen<br />

August (terMin folgt)<br />

Verbandskanufahrt Mecklenburgische Seenplatte<br />

Kontakt: Vorsitzende <strong>Burschenschaft</strong><br />

18. – 31.8.2012<br />

<strong>Burschenschaft</strong>erfahrt nach Ostpreußen<br />

Informationen auf s. 54<br />

3.11.2012<br />

Delegiertentag<br />

ort: Darmstadt, Rheno-Markomannia<br />

academicus 1/2012<br />

55


Nazan Eckes<br />

Lassen Sie sich jetzt als Stammzellspender<br />

für einen Leukämiepatienten registrieren:<br />

durch einen Abstrich Ihrer Wangenschleimhaut<br />

mit einem Wattestäbchen, ganz<br />

einfach von zu Hause aus. Fordern Sie unter<br />

www.dkms.de das Registrierungs-Set und<br />

alle wichtigen Informationen an.<br />

DKMS <strong>Deutsche</strong> Knochenmarkspenderdatei<br />

gemeinnützige Gesellschaft mbH

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