Herunterladen (Pdf, 4,9 MB) - Neue Deutsche Burschenschaft
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Danziger B! Alemannia zu Aachen<br />
Rheno-Palatia Augsburg<br />
Berliner B! Obotritia<br />
Alemannia Bonn<br />
Frisia Darmstadt<br />
Rheno-Markomannia Darmstadt<br />
Rugia Darmstadt<br />
Bubenreuther Erlangen<br />
Franconia Freiburg<br />
Frankonia Gießen<br />
Brunsviga Göttingen<br />
Alt-Germania Hannover<br />
Hannoversche B! Teutonia<br />
Markomannia Kaiserslautern<br />
Karlsruher B! Arminia<br />
Tulla Karlsruhe<br />
Suevia Köln<br />
Roter Löwe Leipzig<br />
Alemannia Marburg<br />
Arminia Marburg<br />
Arminia Stuttgart<br />
Stuttgarter B! Ulmia<br />
32. AusgAbe | 16. JAhrgAng<br />
SoMMErSEMEStEr 2012<br />
ACADEMICUS<br />
Magazin der neuen deutSchen BurSchenSchaft<br />
Spezial:<br />
Wort und Wirkung<br />
Bewegung braucht Anstoß<br />
ProjEkt:<br />
BUrSChEnSChAftEr SEIn –<br />
EIn LEItBILD<br />
VErBAnDSLEBEn:<br />
jUStItIA VErSUS AStA<br />
GESELLSChAft:<br />
ACtA – SInD UnSErE<br />
GrUnDrEChtE In GEfAhr?
2<br />
Inhalt<br />
3 GRussWoRT<br />
von Bernd Preiß<br />
4 leseRBRIeFe<br />
AKTuell<br />
5 Von den Delegiertentagen<br />
von Tobias Becker<br />
6 Fuxentagung – ein Bericht<br />
von Florian stopinski<br />
und Tobias Becker<br />
8 Burschentag 2012<br />
einladung nach Landau<br />
speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />
9 Design und Wirkung<br />
von Bernd Preiß<br />
und aljoscha Harmsen<br />
12 Mehr miteinander reden<br />
von Tobias Becker<br />
14 einfach nur erzählen<br />
von arnulf Baumann<br />
15 <strong>Burschenschaft</strong>er sein –<br />
ein leitbild<br />
von Norbert seid<br />
16 „Rein juristisch gerechtfertigt“<br />
chronologie eines skandals<br />
17 cDA-Mitgliedschaft ruht<br />
Pressemitteilung der <strong>Neue</strong>ndB<br />
18 Die emser Depesche –<br />
ein gelungenes Missverständnis<br />
von aljoscha Harmsen<br />
20 Netzquellen<br />
Webseiten für Korporierte<br />
hochschule<br />
22 Justitia versus AstA?<br />
von Gerd Wauer<br />
VeRBANDsleBeN<br />
21 entwicklungen in<br />
cDA und VVAB<br />
erfolgsaussichten für Reformen?<br />
academicus 1/2012<br />
24 „Ihr wart ja mal Revolutionäre ...“<br />
von martin Haape<br />
26 Zehn Jahre <strong>Neue</strong>DB-Akademie<br />
von Frank Berndsen<br />
28 Auf dem Weg zur<br />
200-Jahr-Feier<br />
von arnulf Baumann<br />
29 125 Jahre VAB Krefeld<br />
von Hans engelskirchen<br />
30 110 Jahre <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
von eberhard schatz<br />
35 Rugia fördert Talente<br />
ein Beitrag zum „deutschlandstipendium“<br />
37 Meinungsduell: Vaterland<br />
autoren: Werner drewing<br />
und dr. Peter Kaupp<br />
GesellschAFT<br />
42 Rassismus: ein Bericht nach<br />
persönlichen erlebnissen<br />
von Horst Frerking<br />
44 AcTA – Grundrechte in Gefahr?<br />
von christoph Hochstätter<br />
GeschIchTe<br />
48 Aus unseren Reihen:<br />
Fritz Reuter<br />
von arnulf Baumann<br />
INFoRMATIoNeN<br />
52 Rezension:<br />
eine Geschichte der ehre<br />
von arnulf Baumann<br />
54 <strong>Burschenschaft</strong>erfahrt<br />
nach ostpreußen<br />
55 Termine<br />
56 stammtische<br />
59 Anschriften<br />
Impressum<br />
herausgeber<br />
<strong>Neue</strong> deutsche <strong>Burschenschaft</strong> e.V.<br />
redaktion<br />
aljoscha Harmsen<br />
mariaTheresiastr. 13<br />
79102 Freiburg<br />
email: academicus@neuedb.de<br />
Anzeigen<br />
siehe Redaktion<br />
anzeigenpreise auf Nachfrage<br />
Auflage<br />
4.500 exemplare<br />
einzelverkauf<br />
Preis inkl. inlandsversandkosten:<br />
je exemplar 6 €; Jahresabonnement<br />
für Kalenderjahr 12 € (Verlängerung<br />
durch Überweisung bis spätestens<br />
31. dezember des Vorjahres).<br />
Bestellungen: vorzugsweise an<br />
stellv@neuedb.de, ersatzweise an<br />
<strong>Neue</strong>dB, Ringstr. 29, 91080 marloffstein.<br />
Bankverbindung: Kto. 3950060,<br />
BLZ 50090500 (spardaBank Hessen),<br />
Verwendungszweck „academicus“.<br />
beiträge<br />
Wir bitten alle Beiträge wenn möglich<br />
per email an die Redaktion zu senden.<br />
Folgende angaben werden benötigt:<br />
autorenname, Bund, eintrittsjahr (nicht<br />
semester!) sowie auskunft, ob der artikel<br />
im internet veröffentlicht werden darf.<br />
ein anspruch auf abdruck besteht<br />
nicht. die Redaktion behält sich Kürzungen<br />
vor.<br />
gestaltung<br />
sturmtiefdesign münchen<br />
der academicus erscheint halbjährlich<br />
und wird an alle mitglieder der<br />
mitgliedsvereinigungen der <strong>Neue</strong>n<br />
deutschen <strong>Burschenschaft</strong> versandt.<br />
Namentlich gezeichnete autorenbeiträge<br />
stimmen nicht unbedingt mit der<br />
meinung des Herausgebers überein.<br />
Redaktionsschluss der ausgabe für<br />
das Wintersemester 2012/13 ist der<br />
30. september 2012<br />
GRussWoRT<br />
<strong>Burschenschaft</strong><br />
In der schweBe<br />
Liebe Leser,<br />
vieles um uns herum ist in der schwebe. Was wird beispielsweise<br />
am ende jenes Zerfallsprozesses stehen, den<br />
die burschenschaftliche Bewegung seit Jahrzehnten erlebt<br />
und der sich nun offensichtlich exponentiell beschleunigt?<br />
Welchen Weg wird die <strong>Burschenschaft</strong>liche Bewegung zwischen<br />
rechten umtrieben in den eigenen Reihen und linker<br />
Gewaltbereitschaft von außen beschreiten? chronisch<br />
unerfreulich sind die „ganz normalen“ Anfeindungen aus<br />
der studentenschaft. Mir ist nicht bange um die <strong>Burschenschaft</strong><br />
an sich. sie hat Metternich, hitler und ulbricht überlebt,<br />
sie wird auch die selbstgerechtigkeit gewaltbereiter<br />
pazifisten überleben. Dennoch muss etwas getan werden.<br />
ein Ansatz ist im Beitrag „Justitia versus AstA?“ auf seite<br />
22 beschrieben.<br />
Konsequenzenloses säbelrAsseln?<br />
hin- und hergerissen mögen unsere Verbandsbrüder angesichts<br />
der entwicklungen in der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong><br />
sein. Wir alle sind wohl der Abgrenzungen müde, doch die<br />
eskapaden verbieten wohl noch lange Zeit ein schweigsames<br />
Wegsehen. Der jüngste streich: Der schriftleiter der<br />
<strong>Burschenschaft</strong>lichen Blätter bestreitet, dass der in den<br />
letzten Kriegstagen durch das Ns-Regime hingerichtete<br />
Theologe Dietrich Bonhoeffer als burschenschaftliches Vorbild<br />
geeignet sei – er sei schließlich als „landesverräter“<br />
mitverantwortlich für den Tod von deutschen soldaten auf<br />
dem schlachtfeld, seine Verurteilung „rein juristisch“ gerechtfertigt.<br />
Der staatsanwalt ermittelt, die Öffentlichkeitswirkung<br />
ist einmal mehr verheerend. Die <strong>Neue</strong>DB konnte in<br />
einem Interview, das die Danziger <strong>Burschenschaft</strong> Alemannia<br />
zu Aachen der „Welt am sonntag“ gegeben hat, ihren<br />
standpunkt klarstellen.<br />
Darf sich die <strong>Neue</strong>DB angesichts der fortgesetzten un-<br />
von Bernd preiSS<br />
<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther Erlangen (1992)<br />
Stellvertretender vorsitzender neueDB<br />
säglichkeiten auf ein konsequenzenloses säbelrasseln beschränken?<br />
Der Vorstand meint „Nein“ und hat deshalb<br />
die Mitarbeit im cDA, dem auch die DB angehört und der<br />
einen Ausschluss der DB letzthin abgelehnt hat, zumindest<br />
bis zum Burschentag auf eis gelegt (siehe pressemitteilung<br />
auf seite 17).<br />
KritiK oder MiesMAcherei?<br />
In der schwebe ist das eine oder andere in unserem Verband.<br />
Ich möchte einen punkt, der mir besonders am herzen<br />
liegt, herausgreifen: Neben legitimer Kritik findet man<br />
leider auch ein Verhalten, das als Miesmacherei bezeichnet<br />
werden muss. Dass uns andere schlechtreden wollen, ist<br />
klar, aber dass die eigenen leute den unterschied zwischen<br />
sachlicher Kritik, von mir aus auch begründeter Ablehnung,<br />
und argumentefreier stimmungsmache manchmal nicht<br />
mehr zu kennen scheinen, erscheint mir wenig burschenschaftlich.<br />
Darunter leidet auch das Verhältnis der Mitglieder<br />
untereinander. Gegen Miesmacherei – sei es von innen<br />
oder von außen – hilft Rückgrat. In Zeiten wie diesen zeigt<br />
sich, ob Tugenden wie Respekt, Besonnenheit, sachlichkeit<br />
oder ehrenhaftigkeit zu Versatzstücken in burschenschaftlichen<br />
sonntagsreden verkommen sind oder ob sie noch immer<br />
echte prägekraft besitzen.<br />
eine andere negative entwicklung im Verband haben wir<br />
immerhin seit dem letzten Burschentag gestoppt: Die Kommunikationselemente<br />
der <strong>Neue</strong>nDB, aufgrund ihres Alters<br />
sichtlich „ergraut“, wurden überarbeitet und machen dem<br />
Bestandteil „Neu“ in unserem Namen wieder ehre. Wir berichten<br />
ab seite 9.<br />
Zum schluss möchte ich anmerken: Wer schwebezustände<br />
beenden möchte, der muss sein Gewicht in die Waagschale<br />
werfen. Die <strong>Neue</strong>DB hat Gewicht, wenn sie nur will. Mit<br />
knapp zwei Dutzend Bünden und einer struktur, um die uns<br />
andere beneiden, können wir viel erreichen. Daran hindern<br />
können uns nur Miesmacherei und Tatenlosigkeit.<br />
academicus 1/2012<br />
3
4<br />
academicus 1/2012<br />
leseRBRIeFe<br />
der leser hat das wort<br />
(Die Redaktion behält sich Kürzungen vor)<br />
stiMMen zuM neuen layout<br />
Nach dem „Bärendienst“ ist die neue Ausgabe<br />
ein echter „Knaller“, der durchaus beeindruckt.<br />
Nachdem ich vor Jahren selbst schriftleiter unserer<br />
Bubenreuther Zeitung war, konnte ich die Fehlleistung<br />
nur so einordnen, dass da einiges durch-<br />
Mir fällt in der ersten Ausgabe in neuer Gestaltung<br />
auf, dass der academicus bunt mit beliebigen<br />
Fotos und eingeschobenen Textblöcken nicht<br />
moderner, sondern unruhiger wirkt. Mit einer<br />
engen und durch einen größeren Zeilenabstand<br />
klein wirkenden schrift wird eher das Format von<br />
layout und Design finde ich ganz gelungen, auch wenn<br />
schwarz-rot-gold etwas inflationär verwendet wird.<br />
....<br />
Ich muss den Verantwortlichen ein ganz großes<br />
lob aussprechen! Jetzt haben wir eine Verbandszeitung,<br />
die wirklich vorzeigbar ist!<br />
Der schreiber dieser Zeilen hat die 75 überschritten.<br />
Da ist es doch schön, dass die jungen Verbandsbrüder<br />
meiner burschenschaftlichen Verbandszeitschrift<br />
jetzt einmal in die letzte Nummer<br />
einige Demenzprüfungstests eingebaut haben.<br />
Beim lesen des Berichtes vom Burschentag im<br />
academicus Nr. 31 begann ich nämlich erstmals<br />
zu stutzen: „Das kommt dir doch bekannt vor –<br />
hast du das nicht schon einmal gelesen? Bin ich<br />
tatsächlich schon so dement?“ Mit solchen finste-<br />
einandergekommen war. Wahrscheinlich war es<br />
wie so oft in dem Geschäft Zeitdruck! und dann<br />
liegt ein Fehldruck sehr nahe. umso besser ist<br />
der Neudruck. Weiter so und der „Bärendienst“<br />
ist schnell vergessen!<br />
von prof. eM. Manfred reichel<br />
<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther<br />
Kleingedrucktem erreicht, kurz gesagt, der alte<br />
schriftsatz war wesentlich leserfreundlicher. Zu<br />
allem Überfluss dann diese brutale, die Farben<br />
der <strong>Burschenschaft</strong> beinahe verunglimpfende<br />
Bandierung der seitenränder – das sticht tatsächlich<br />
ins Auge, tut aber weh!<br />
von peter harder<br />
Karlsruher <strong>Burschenschaft</strong> Arminia<br />
Viele der Aktiven haben gesagt, dass dieser academicus<br />
viel besser ist als vorher (obwohl sich<br />
am Inhalt nichts geändert hat). Die leserate ging<br />
auch sofort hoch.<br />
VerBandSBrüder Via faceBook<br />
zuM speziAl „KeIn raum für rassIsmus“<br />
Ich freue mich und bin stolz, dass ich in meiner<br />
aktiven <strong>Burschenschaft</strong> als Bundesbrüder auch<br />
ren Gedanken habe ich mich dann weiter durch<br />
das ziemlich dicke heft gekämpft und durfte am<br />
ende mit stolz eine vollbrachte geistige leistung<br />
vermelden: „Demenztest bestanden! Alle Wiederholungspassagen<br />
gefunden.“ Das sind insgesamt<br />
vier Beiträge mit zusammen über drei seiten doppelt<br />
gedrucktem Text! Danke für dieses erfreu liche<br />
erfolgserlebnis für einen von Demenzängsten<br />
bedrängten betagten leser und „Alten herren“!<br />
von dipl. ing. dietMar knorr<br />
Frisia Darmstadt (1956) zum academicus-Fehldruck<br />
auf einen Briten sowie einen chinesen treffe, die<br />
sich zu uns bekennen!<br />
von dr. Wolfgang Von WieSe<br />
Teutonia Hannover<br />
AKTuell<br />
MitgliedschAft iM cdA<br />
Kontroverser verlief die Diskussion über die<br />
weitere Mitgliedschaft der <strong>Neue</strong>nDB im cDA.<br />
Der Vorstand hatte beschlossen, die Mitgliedschaft<br />
wegen der jüngsten Vorkommnisse um<br />
die Bonhoeffer-Äußerungen aus DB-Kreisen bis<br />
auf Weiteres ruhen zu lassen. ein Vorstandsantrag<br />
an den Burschentag sieht drei Varianten vor:<br />
Austritt, weiteres Ruhenlassen oder einsatz für einen<br />
wirkungsvollen Korporationsverband; dieser<br />
kann auch ein stark reformierter cDA sein. Die<br />
letzte Variante fand breite Zustimmung.<br />
Die Ausgestaltung der Fuxentagung war ein weiterer<br />
Agendapunkt. Das hauptaugenmerk soll<br />
in Zukunft auf dem gegenseitigen Kennenlernen<br />
liegen. Kritisiert wurde, dass die bisherigen seminare<br />
doch reichlich schwere Dachverbandskost<br />
für Neulinge bereithalten.<br />
Zuletzt wurde das neue Design für den academicus<br />
sowie für Briefe und den Internet-Auftritt der<br />
<strong>Neue</strong>n <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> vorgestellt. es<br />
wurde sehr positiv aufgenommen.<br />
burschenschAftliches VerhAlten<br />
Da über die beiden vergangenen Delegiertentage<br />
in Gießen noch nicht berichtet werden konnte,<br />
“Zum Zusammenwachsen<br />
des<br />
Verbands beitragen.“<br />
Von den delegIertentagen<br />
von toBiaS Becker<br />
Rheno-Markomannia Darmstadt (2006)<br />
Der dritte Delegiertentag – oder „DT“, wie er mittlerweile abgekürzt wird – stand im Zeichen<br />
der Burschentagsvorbereitung. Der Antrag „Verlegung des Geschäftsjahres der Vorsitzenden<br />
<strong>Burschenschaft</strong>“ fand breite Zustimmung. Das Vorsitzjahr soll am Tag nach dem Burschentag<br />
beginnen, um das zeitliche engagement der Aktiven von drei auf zwei semester ab Zeitpunkt der<br />
Wahl zu verkürzen.<br />
sei dies hier im Telegrammstil nachgeholt. In Gießen<br />
wurden das scheitern des Verhaltenskodex<br />
und der Rücknahme des Antrags bezüglich einer<br />
Disziplinarordnung auf dem BT 2011 kontrovers<br />
diskutiert. Die unterstützer der Initiativen kündigten<br />
an, dass sie auf eine nachhaltige Diskussion<br />
über burschenschaftliches Verhalten im Verband<br />
setzen wollten.<br />
ebenfalls Themen in Gießen waren <strong>Neue</strong>DB-<br />
Veranstaltungen und inhaltliche Initiativen.<br />
Grundsätzlich besteht der Wunsch nach mehr<br />
ungezwungenen Veranstaltungen im Dachverband.<br />
Der Vorschlag, eine Veranstaltung mit<br />
sportlichem charakter zu organisieren, wurde<br />
begrüßt. Die Arbeitsgruppe Zukunft (AGZ) präsentierte<br />
einen Vorschlag für ein burschenschaftliches<br />
leitbild. Dieses soll eng mit Werten und<br />
haltungen verknüpft werden, die für ein starkes<br />
Vaterland im 21. Jahrhundert nötig sind. Die Initiative<br />
wurde sehr positiv von den Delegierten<br />
aufgenommen.<br />
es zeigt sich, dass die Verbandsbrüder sehr konstruktiv<br />
diskutieren und die Delegiertentage zum<br />
Zusammenwachsen des Verbands beitragen<br />
können. Die Delegiertentage stehen und fallen<br />
jedoch mit der Teilnahme der Bünde, deshalb sei<br />
schon jetzt auf den DT am 3. November in Darmstadt<br />
hingewiesen.<br />
academicus 1/2012<br />
5
6<br />
AKTuell<br />
Fuxenkneipe im Eisenacher Hof Auf dem Weg zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
fuxentagung<br />
eIn BerIcht aus sIcht der VorsItzenden<br />
Bei der diesjährigen Fuxentagung<br />
sollte die Förderung des<br />
Verbandsgedankens im Vordergrund<br />
stehen. Wir wollten einen Rahmen<br />
schaffen, in dem es den jungen<br />
Mitgliedern der <strong>Neue</strong>nDB möglich<br />
ist, Kontakte über die Grenzen des eigenen<br />
Bundes hinweg zu knüpfen und<br />
so das Fundament für eine gute Zusammenarbeit<br />
im Verband zu schaffen.<br />
Wann immer es möglich und<br />
sinnvoll war, haben wir versucht, die<br />
“Von einem<br />
diffusen<br />
Gefühl der<br />
Unzufriedenheit<br />
überschattet.“<br />
academicus 1/2012<br />
von florian StopinSki (2009) UnD toBiaS Becker (2006)<br />
Rheno-Markomannia Darmstadt<br />
Teilnehmer in Gruppen aufzuteilen,<br />
die sie von den eigenen Bundesbrüdern<br />
trennen und so den Kontakt mit<br />
den Verbandsbrüdern bewirken sollten.<br />
ob uns dies gelungen ist, muss<br />
allerdings mit einem Fragezeichen<br />
versehen werden.<br />
debüt für die fuxenKneipe<br />
Zum ersten Mal in der Geschichte der<br />
Fuxentagung wurde eine Fuxenkneipe<br />
geschlagen. erfahrungswerte, wie gut<br />
ein solches Angebot angenommen<br />
wird, lagen naturgemäß nicht vor.<br />
Dennoch schien es uns vor dem hintergrund,<br />
den Kontakt zwischen den<br />
Verbandsbrüdern fördern zu wollen,<br />
die beste Variante für die Abendgestaltung<br />
zu sein. Zusammenfassend<br />
“Der Verband<br />
sollte erwägen,<br />
die Fuxentagung<br />
konstruktiv zu<br />
diskutieren und<br />
umzugestalten.“<br />
lässt sich sagen, dass es eine gelungene,<br />
feuchtfröhliche Kneipe war, deren<br />
Wiederholung wir nur empfehlen<br />
können!<br />
Ansonsten haben wir uns stark am<br />
programm der Vorjahre orientiert, allerdings<br />
den Ablauf so komprimiert,<br />
dass wir am sonntag keine Termine<br />
mehr hatten. Bei der organisation war<br />
uns der Wirt des storchenturms eine<br />
große hilfe. er organisiert alle zwei<br />
Jahre das Treffen der Wingolfs in eisenach<br />
und ist daher mit dem Verbindungswesen<br />
bestens vertraut. Neben<br />
der stadtführung, die er selbst durchführte,<br />
gab er uns auch einige hilfreiche<br />
Tipps für die restliche Tagung. Insbesondere<br />
der nächsten Vorsitzenden<br />
möchte ich bereits auf diesem Wege<br />
nahelegen, ihn wieder in die planung<br />
miteinzubeziehen.<br />
es hat uns gefreut, dass der Großteil<br />
der Verbandsbrüder engagiert am<br />
programm der Fuxentagung teilgenommen<br />
und mitgewirkt hat. Wir hoffen,<br />
dass dieses engagement weiter<br />
wächst und sich auch in Zukunft in der<br />
Verbandsarbeit niederschlägt. Wir<br />
hatten einen ausgesprochen straffen<br />
Zeitplan angesetzt und möchten uns<br />
bei den Verbandsbrüdern bedanken,<br />
dass wir ihn auch so durchführen<br />
konnten.<br />
… und dAs Alles Mit bAnd!<br />
es gibt allerdings auch Kritik an der<br />
Fuxentagung anzumerken. Dieses Jahr<br />
haben wir – mit Zustimmung des Vorstands<br />
– explizit angekündigt, dass wir<br />
von den Teilnehmern der Fuxentagung<br />
anständiges Benehmen in der Öffentlichkeit<br />
und respektvolles Verhalten<br />
untereinander verlangen. obwohl<br />
jeder einzelne Teilnehmer die Verhaltensregeln<br />
mit seiner unterschrift zur<br />
Kenntnis nahm, kam es leider zu To-<br />
talausfällen. Am Begrüßungsabend<br />
mussten sich Verbandsbrüder in aller<br />
Öffentlichkeit übergeben, ein Bierglas<br />
segelte hinter die Theke einer Disco,<br />
aus der der störer anschließend verwiesen<br />
wurde – und das alles mit Band!<br />
Nachdem der Fuxmajor des ausfällig<br />
Gewordenen entgegen vorheriger Absprache<br />
nicht per Mobiltelefon erreichbar<br />
war und weiterhin der ganze Bund<br />
bei den Veranstaltungen des nächsten<br />
Vormittages passen musste, wurde<br />
der Bund vom Rest der Veranstaltung<br />
ausgeschlossen. ein weiterer Vorfall<br />
machte sogar ein eingreifen der polizei<br />
nötig, als Böller spätnachts aus einem<br />
hotelzimmer geworfen wurden und<br />
dabei beinahe passanten trafen.<br />
KontAKtförderndes<br />
forMAt?<br />
Beim offiziellen programm der Fuxentagung,<br />
das am samstagmorgen um<br />
9 uhr begann, fehlten 25 von 120 Teilnehmern.<br />
Dies war nicht nur gegenüber<br />
den anderen Teilnehmern unfair,<br />
die sich – mancher unter sichtlichen<br />
Mühen – pünktlich aus den Betten begeben<br />
hatten, sondern auch respektlos<br />
gegenüber den organisatoren und<br />
dem Verband. Von den nicht erschienenen<br />
Verbandsbrüdern forderte die<br />
<strong>Neue</strong>DB deshalb konsequenterweise<br />
den gewährten Fuxentagungszuschuss<br />
von rund 45 euro zurück.<br />
“Leider kam es zu<br />
Totalausfällen.“<br />
Im endeffekt stellt sich die Frage, ob<br />
dieses Format der Fuxentagung wirklich<br />
identitätsstiftend und kontaktfördernd<br />
sein kann. ein Teil der Verbandsbrüder<br />
geht mit dem Gefühl des Ärgers<br />
über diejenigen Verbandsbrüder, die<br />
über die stränge schlagen, nach hause,<br />
während der andere Teil sich wegen<br />
der Regeln eingeschränkt fühlt.<br />
unserer Meinung nach bleibt von dem<br />
seminar, der stadtführung, der Besichtigung<br />
der Wartburg und des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals<br />
weit weniger in<br />
erinnerung als vom Verband gewollt,<br />
wenn die Veranstaltung für die Teilnehmer<br />
von einem diffusen Gefühl der unzufriedenheit<br />
überschattet wird.<br />
Wir denken, dass der Verband erwägen<br />
sollte, diese Fuxentagung, die nun seit<br />
Jahren in der Kritik steht, konstruktiv zu<br />
diskutieren und umzugestalten.<br />
Fuxenstunde einmal anders: Der Wirt des Storchenturms erklärt im<br />
Stadtkerker präburschenschaftliche Erziehungsmethoden.<br />
academicus 1/2012<br />
7
8<br />
AKTuell<br />
Burschentag 2012<br />
AblAuf und orgAnisAtion des 17. burschentAges der neuen deutschen<br />
burschenschAft in lAndAu/pfAlz<br />
pRoGRAMM<br />
freitag, 15.6.2012 20:00 uhr Begrüßungsabend Jugendstilhalle landau<br />
samstag, 16.6.2012 10:00 uhr Mitgliederversammlung<br />
Jugendstilhalle landau<br />
16:30 uhr chargenprobe<br />
18:00 uhr chargenessen<br />
20:00 uhr Festkommers<br />
sonntag, 17.6.2012 10:30 uhr Frühschoppen hambacher schloss<br />
ANFAhRT<br />
Auto: Abfahrt A65 landau-Zentrum<br />
Bahnhof: hauptbahnhof landau<br />
Ice-Anschluss: hauptbahnhof Mannheim, hauptbahnhof Karlsruhe, hauptbahnhof Neustadt an der Weinstraße<br />
Flughafen: Frankfurt am Main 100 km, stuttgart 95 km, straßburg (F) 85 km, Baden-Airpark 60 km<br />
ÜBeRNAchTuNGsMÖGlIchKeITeN<br />
Die hotels sind unter dem stichwort „Burschentag” für sie vorreserviert. Wir empfehlen Ihnen, die Zimmer bereits<br />
Anfang Mai zu reservieren, da die Zimmerkontingente sonst nach und nach verfallen.<br />
park hotel landau<br />
Mahlastraße 1<br />
76829 landau<br />
Tel.: 06341/1450<br />
einzelzimmer 89-105 €<br />
Doppelzimmer 121-140 €<br />
hotel französisches tor<br />
Reiterstraße 11-13<br />
76829 landau<br />
Tel.: 06341/4050<br />
einzelzimmer 31-54 €<br />
Doppelzimmer 51-94 €<br />
Mehrbettzimmer preis auf Anfrage<br />
academicus 1/2012<br />
hotel brenner<br />
linienstraße 16<br />
76829 landau<br />
Tel.: 06341/20039<br />
einzelzimmer 55 €<br />
Doppelzimmer 90 €<br />
Kurpfalzhotel landau<br />
horstschanze 8+10<br />
76829 landau<br />
Tel.: 06341/649690<br />
einzelzimmer 59 €<br />
Doppelzimmer 89 €<br />
ADResseN DeR<br />
VeRANsTAlTuNGsoRTe<br />
Jugendstilhalle landau<br />
Mahlastraße 3<br />
76829 landau in der pfalz<br />
hambacher schloss<br />
67434 Neustadt-hambach<br />
hotel soho<br />
Marie-curie-straße 9<br />
76829 landau<br />
Tel.: 06341/141960<br />
einzelzimmer 68 €<br />
Doppelzimmer 98 €<br />
Weingut Andreashof<br />
Queichheimer hauptstraße 116<br />
76829 landau in der pfalz<br />
Tel.: 06341/52899<br />
einzelzimmer 37 €<br />
Doppelzimmer 59 €<br />
speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />
design und WirKung<br />
academIcus und Internet neu gestaltet<br />
In den vergangenen Jahren ist unsere<br />
<strong>Neue</strong>DB ein wenig grau geworden.<br />
Natürlich ist unser Verband<br />
nicht plötzlich um einige Jahrzehnte<br />
gealtert, es waren vielmehr die Dinge,<br />
die ihn nach innen und außen repräsentiert<br />
haben – also Internetauftritt,<br />
academicus sowie ganz allgemein<br />
die Design-elemente – für die es Zeit<br />
für einen Neuanfang geworden war.<br />
Diesen hat der Burschentag 2011 beschlossen.<br />
Die entsprechenden Maßnahmen<br />
wurden bis zum Frühjahr dieses<br />
Jahres umgesetzt. Wir möchten<br />
den Verband über die Veränderungen<br />
informieren. Mit der Ausführung betraut<br />
war die Agentur sturmtiefdesign<br />
München. sie hat sich mit ihrem Konzept<br />
gegen zwei andere Agenturen<br />
durchgesetzt, die wir ebenfalls um ein<br />
Angebot gebeten hatten.<br />
neue „WortMArKe“<br />
sinn und Zweck des nunmehr vorliegenden<br />
einheitlichen „corporate Designs“<br />
ist es, prägnanz und Aussagekraft des<br />
öffentlichen Auftritts der <strong>Neue</strong>nDB zu<br />
stärken. es soll das profil des Verbandes<br />
als eine in der Tradition verwurzel-<br />
“ Es<br />
te, aber zugleich zukunftsorientierte<br />
Gemeinschaft schär fen. Zugleich soll<br />
es über alle Kommunikationsmittel<br />
hinweg für eine visuelle Konsistenz sorgen,<br />
die Wiedererkennbarkeit erhöhen<br />
und durch professionelle Gestaltung<br />
seriosität und Glaubwürdigkeit ausstrahlen.<br />
Das eigentliche logo der <strong>Neue</strong>nDB ist<br />
praktisch unverändert geblieben: Der<br />
Zirkel hat uns in der Vergangenheit<br />
begleitet und wird es natürlich auch<br />
in Zukunft tun. lediglich der Rotton<br />
wurde leicht angepasst (dazu unten<br />
mehr). Vollständig umgekrempelt wurde<br />
hingegen die sogenannte „Wort-<br />
“Professionelle<br />
Gestaltung soll<br />
Seriosität und<br />
Glaubwürdigkeit<br />
ausstrahlen.“<br />
marke“, also jenes Design-element,<br />
das unseren Namen transportiert.<br />
Bisher war dies das Quadrat mit den<br />
senkrecht gestellten deutschen Far-<br />
ist Zeit für einen<br />
Neuanfang geworden.“<br />
von Bernd preiSS, Bubenreuther Erlangen (1992)<br />
UnD aljoScha harMSen, Franconia Freiburg (2007)<br />
ben und dem weißen <strong>Neue</strong>DB-schriftzug.<br />
Nunmehr besteht die Wortmarke<br />
aus Zirkel, schriftzug und schwarzrot-goldener<br />
Raute (siehe Abb. 1). Die<br />
Raute hebt durch ihre platzierung zum<br />
einen den Begriff „<strong>Neue</strong>“ hervor, unterstreicht<br />
zum anderen jedoch auch<br />
unseren Anspruch, die „<strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong>“<br />
– gemeint ist natürlich<br />
die deutsche <strong>Burschenschaft</strong>liche Bewegung<br />
– als etwas Ganzheitliches zu<br />
betrachten und als deren zukunftsorientierte<br />
Richtung an Weiterentwicklung<br />
und Ausgestaltung mitzuwirken.<br />
Vielfältige<br />
einsAtzMöglichKeiten<br />
Die Wortmarke gibt es noch in einer<br />
erweiterten Variante: Diese verlängert<br />
die schwarz-rot-goldene Raute zu<br />
einem Band nach unten und umfasst<br />
eine Auflistung der <strong>Neue</strong>DB-Bünde,<br />
sortiert nach hochschulorten. Die<br />
Mitglieder des Verbandes werden auf<br />
diese Weise zu einem integralen Bestandteil<br />
der Marke – sicherlich eine<br />
gestalterische Besonderheit, nicht nur<br />
in Korporationskreisen. Die erweiterte<br />
Wortmarke bietet ungemein variable<br />
Abb. 1: Die sogenannte „Wort“marke der <strong>Neue</strong>nDB,<br />
bestehend aus Zirkel, Schriftzug und schwarz-rot-goldener Raute.<br />
academicus 1/2012<br />
9
10<br />
und vielfältige einsatzmöglichkeiten<br />
und gewährleistet dabei einen hohen<br />
Wiedererkennungswert (siehe Abb. 2).<br />
Die Farben der <strong>Neue</strong>nDB wurden<br />
behutsam angepasst: Das Rot geht<br />
gemäß burschen-<br />
schaftlichenTraditionen noch immer<br />
ins Karmesin, hat<br />
jedoch einen geringeren<br />
Blau-Anteil<br />
als bisher und ist<br />
damit näher am<br />
Rot der Deutschlandflagge.<br />
Auch<br />
das Gelb hat einen<br />
deutlich geringeren<br />
Blau-Anteil und ist ein strahlendes,<br />
sattes Goldgelb mit deutlich höherem<br />
Kontrast auf weißem hintergrund. Details<br />
zur Neugestaltung sind in einem<br />
Manual enthalten, das beim Vorstand<br />
elektronisch erhältlich ist.<br />
zuM AcAdeMicus<br />
In „Des Kaisers neue Kleider“ behaupten<br />
die betrügerischen Weber, die stoffe<br />
für seine Majestät könnten nur von<br />
würdigen, klugen personen gesehen<br />
werden – bis ein Kind den schwindel<br />
auffliegen lässt und ruft: „Der Kaiser<br />
ist ja nackt!“ Über die neuen Kleider<br />
Danziger B! Alemannia zu Aachen<br />
Rheno-Palatia Augsburg<br />
Berliner B! Obotritia<br />
Alemannia Bonn<br />
Frisia Darmstadt<br />
Rheno-Markomannia Darmstadt<br />
Rugia Darmstadt<br />
Bubenreuther Erlangen<br />
Franconia Freiburg<br />
Frankovnia Gießen<br />
Brunsviga Göttingen<br />
Alt-Germania Hannover<br />
Hannoversche B! Teutonia<br />
Markomannia Kaiserslautern<br />
Karlsruher B! Arminia<br />
Tulla Karlsruhe<br />
Suevia Köln<br />
Roter Löwe Leipzig<br />
Alemannia Marburg<br />
Arminia Marburg<br />
Arminia Stuttgart<br />
Stuttgarter B! Ulmia<br />
<strong>Neue</strong> deutsche <strong>Burschenschaft</strong> e.V.<br />
Max-Reger-Str. 143 | 90571 Schwaig b. Nbg.<br />
Herrn<br />
Max Mustermann<br />
Musterstraße 1<br />
12345 Musterstadt<br />
Betreff zeile<br />
Sehr geehrter Herr Mustermann,<br />
academicus 1/2012<br />
“Durch den<br />
Farbdruck<br />
können nun<br />
Konzepte und<br />
Ideen umgesetzt<br />
werden, die<br />
vorher nicht<br />
möglich waren.“<br />
München, den 02.05.2012<br />
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Berliner B! Obotritia<br />
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Frisia Darmstadt<br />
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Rugia Darmstadt<br />
ex ea commodo consequat. Bubenreuther Erlangen<br />
Franconia Freiburg sturmtiefdesign<br />
Frankonia Gießen<br />
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Alt-Germania Hannover<br />
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Hannoversche B! Teutonia<br />
et iusto odio dignissim<br />
Markomannia Kaiserslautern<br />
qui blandit praesent luptatum zzril delenit augue duis dolore te feugait nulla facilisi.<br />
Karlsruher B! Arminia<br />
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Suevia Köln<br />
id quod mazim placerat facer Roter Löwe possim Leipzig assum.<br />
Alemannia Marburg<br />
Arminia Marburg<br />
Arminia Stuttgart<br />
Stuttgarter B! Ulmia<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Max Mustermann<br />
des academicus würde dasselbe Kind<br />
wohl rufen: „Wie viel schöner sind sie als<br />
die alten!“ Aber die neuen Kleider sind<br />
nicht nur ein ästhetischer Gewinn, sie<br />
sind auch Funktionskleidung. Durch<br />
den Farbdruck<br />
können nun Konzepte<br />
und Ideen<br />
umgesetzt werden,<br />
die vorher<br />
nicht hätten zur<br />
Geltung kommen<br />
können.<br />
so ist etwa eine<br />
mehrteilige Bildstrecke<br />
geplant,<br />
die in Zusammenarbeit<br />
mit einem fähigen Fotografen<br />
die häuser der Mitgliedsbünde<br />
vorstellt – in Verbindung mit einer textlichen<br />
Kurzpräsentation. Viele unserer<br />
Mitgliedsburschenschafter haben die<br />
häuser anderer Dachverbandsmitglieder<br />
zu selten oder nie besucht. Dazu<br />
soll nun ein Anreiz geboten werden.<br />
Außerdem wird so eine optische plattform<br />
für die Vielfalt der ins beste licht<br />
gerückten Residenzen geschaffen.<br />
Weiterhin bieten wir mit der aktuellen<br />
Ausgabe ein poster an. Darauf werden<br />
unsere standpunkte und (selbst-)Ansprüche<br />
nach und nach prägnant und<br />
grafisch aufbereitet zu sehen sein. es<br />
wird eine Antwort auf die Frage ange-<br />
Danziger B! Alemannia zu Aachen<br />
Rheno-Palatia Augsburg<br />
Berliner B! Obotritia<br />
Alemannia Bonn<br />
Frisia Darmstadt<br />
Rheno-Markomannia Darmstadt<br />
Rugia Darmstadt<br />
Bubenreuther Erlangen<br />
Franconia Freiburg<br />
Frankonia Gießen<br />
Brunsviga Göttingen<br />
Alt-Germania Hannover<br />
Hannoversche B! Teutonia<br />
Markomannia Kaiserslautern<br />
Karlsruher B! Arminia<br />
Tulla Karlsruhe<br />
Suevia Köln<br />
Roter Löwe Leipzig<br />
Alemannia Marburg<br />
Arminia Marburg<br />
Arminia Stuttgart<br />
Stuttgarter B! Ulmia<br />
Abb. 2: Die erweiterte Wortmarke bietet vielfältige Einsatzmöglichkeiten.<br />
31. AUSGABE | 15. JAHRGANG<br />
WINTERSEMESTER 2011|2012<br />
ACADEMICUS<br />
MAGAZIN DER NEUEN DEUTSCHEN BURSCHENSCHAFT<br />
KEIN RAUM<br />
FÜR RASSISMUS!<br />
„Wir wollen ein Deutschland, das alle<br />
Menschen, die hier aufwachsen, gerne<br />
und mit Stolz als ihr Vaterland<br />
betrachten“<br />
„FREIHEIT MUSS TAGTÄGLICH<br />
ERKÄMPFT WERDEN“<br />
DIE ZUKUNFT DER BIOMASSE<br />
ACADEMICUS:<br />
IN EIGENER SACHE<br />
2012_NDB_Academicus_FIN.indd 1 27.02.12 14:44<br />
boten, was es heute heißt, <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
zu sein. Dabei geht es uns<br />
um den zeitbezogenen, aktuellen <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
und nicht um den prinzipiellen.<br />
Wenn diese Idee Zuspruch<br />
findet, wollen wir eine Reihe daraus<br />
machen – das hängt von Ihnen als<br />
leser und Ihrer uns mitgeteilten Meinung<br />
ab. es soll eine progressive Werbung<br />
für unsere sache sein, die sich<br />
nicht im academicus verstecken muss,<br />
sondern an die Wand pinnen lässt.<br />
eine kleine stückzahl von postern liegt<br />
beim stellvertretenden Vorsitzenden<br />
zur Nachbestellung bereit.<br />
Neben der optischen häuservorstellung<br />
wollen wir eine Bilddatenbank<br />
aufbauen. Das dient der Idee, einen<br />
schnappschuss des semesters im<br />
Magazin zu veröffentlichen, der eine<br />
skurrile, spannende, lustige oder einfach<br />
schöne situation zeigt. Bei mehreren<br />
schönen Bildern wollen wir auch<br />
mehrere veröffentlichen. Wie wäre es<br />
etwa mit einer reinen Bilderseite? Die<br />
Tatsache, dass wir als Akademiker darin<br />
geübt sein müssen, Textwüsten mit<br />
einem kamelhöckerartigen Geduldsspeicher<br />
zu durchwandern, sollte nicht<br />
bedeuten, dass wir dies auch müssen.<br />
Inhaltlich wollen wir den academicus<br />
zu einer plattform weiterentwickeln,<br />
auf der Meinungsduelle stattfinden. In<br />
der aktuellen Ausgabe steckt bereits<br />
eines über den Vaterlandsbegriff –<br />
und davon wollen wir mehr! Wie viele<br />
aktuelle Themen gibt es, die uns als<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er betreffen und zu denen<br />
es Kontroversen gibt! ein lebendiger<br />
Dachverband kann davon nur profitieren.<br />
Wir werden in der Redaktion<br />
selbst Vorschläge erarbeiten, freuen<br />
uns aber umso mehr, wenn uns auch<br />
welche geschickt werden: Welches<br />
Thema brennt auf den Nägeln? Wer<br />
streitet mit wem darüber? Natürlich<br />
immer konstruktiv. Darüber hinaus ist<br />
eine Kolumne angedacht, die in jeder<br />
Ausgabe von einem Burschen eines anderen<br />
Dachverbandsbundes geschrieben<br />
wird: eine süffisante, nachdenkliche<br />
Betrachtung der Geschehnisse in<br />
der Gesellschaft, im Verband, an der<br />
hochschule oder auf der straße.<br />
“Dass wir Textwüsten<br />
mit einem kamelhöckerartigen<br />
Geduldsspeicher<br />
durchwandern können,<br />
heißt nicht, dass wir es<br />
auch müssen.“<br />
Mit der Rückseite schlussendlich wollen<br />
wir einer Facette unseres selbstanspruchs<br />
zum Gemeinnützigen Aus -<br />
druck verleihen. Dort bieten wir einrichtungen<br />
an, kostenlos mit einer<br />
Anzeige für sich zu werben. Angesprochen<br />
werden gemeinwohlorientierte,<br />
soziale Initiativen, Bildungs-, Wissenschafts-,<br />
erziehungs- und hilfsstiftungen<br />
sowie alle, die zu unserem burschenschaftlichen<br />
Gedanken passen.<br />
Besonders gerne möchten wir kleinere<br />
organisationen unterstützen, die es<br />
sich sonst nicht leisten könnten, für<br />
sich zu werben. Vorschläge für diese<br />
Rückseite nehmen wir gerne auch von<br />
Ihnen als leser an, wenn Ihnen eine<br />
organisation am herzen liegt, die in<br />
dieses profil passt.<br />
neuedb iM netz<br />
Abb. 3: Zum Gesamtpaket des Internetauftritts gehört auch<br />
eine elektronische Vereinsverwaltung. Die Verantwortlichen<br />
können auf einen gemeinsamen Datenbestand zurück greifen<br />
oder – wie hier im Bild – Newsletter verschicken.<br />
Auch der Internetauftritt der <strong>Neue</strong>nDB<br />
wurde überarbeitet. Bei der<br />
Gestaltung kamen natürlich die neuen<br />
Design-elemente zum einsatz. Wir<br />
hoffen, damit auch im Netz<br />
der visuellen Konsistenz der<br />
Kommunikationselemente<br />
und damit einer hohen Wiedererkennbarkeit<br />
der <strong>Neue</strong>nDB<br />
einen schritt nähergekommen<br />
zu sein.<br />
Inhaltlich liegt der Fokus<br />
auf der selbstbewussten<br />
Darstellung der Fragen<br />
„Wer sind wir?“, „Was wollen<br />
wir?“, „Was tun wir?“.<br />
Dementsprechend lauten die ersten<br />
drei punkte der Navigation „<strong>Neue</strong>DB“,<br />
„standpunkte“ und „Aktivitäten“. Bei<br />
den standpunkten wurden ausschließlich<br />
vom Verband verabschiedete Inhalte<br />
eingestellt. Quellen waren vor<br />
allem satzung und Grundwerte sowie<br />
die auf dem letzten Burschentag beschlossene<br />
Resolution.<br />
Technisch gesehen ist der Internetauftritt<br />
Teil eines Gesamtpakets, das<br />
auch eine elektronische Vereinsverwaltung<br />
umfasst. Dies bedeutet, dass die<br />
Amtsträger und Dachverbandsbeauftragten<br />
auf eine gemeinsame Datenbank<br />
für Adressen der Amtsträger und<br />
Verbandsbeauftragten, Dokumente,<br />
die Aussendung von Nachrichten oder<br />
die Finanzverwaltung zugreifen kön-<br />
nen. Natürlich hat dabei die Datensicherheit<br />
höchste priorität. Der Zugriff<br />
auf die Daten bleibt auf zuständige<br />
personen beschränkt; überdies wird<br />
es selbstverständlich unterschiedliche<br />
Zugriffsrechte geben, sodass beispielsweise<br />
Bundesvertreter nicht auf Daten<br />
anderer Bünde zugreifen können.<br />
Wer dennoch sicherheitsbedenken<br />
hat, der möge darauf hingewiesen<br />
sein, dass oft nicht die elektronische<br />
Datenhaltung an sich, sondern der<br />
Versand per e-Mail die größten Risiken<br />
birgt. so scheint zum Beispiel<br />
die enthüllung von Dokumenten der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> im vergangenen<br />
Jahr auf ein gehacktes e-Mailpostfach<br />
eines Dokumenten-empfängers<br />
zurückzuführen zu sein. Dies sind<br />
oft die wirklichen ursachen, wenn<br />
es zu lecks oder zum Missbrauch<br />
kommt. hier bietet eine elektronische<br />
Datenhaltung meist sogar Vorteile:<br />
Die Datenübertragung erfolgt nicht<br />
per e-Mail und ein illegales Abziehen<br />
von Daten hinterlässt oft spuren.<br />
Wir sollten uns den Gebrauch moderner<br />
Kommunikationsmittel jedenfalls<br />
nicht verleiden lassen. Mit den neuen<br />
Gestaltungselementen haben wir beste<br />
chancen, das in den vergangenen<br />
Jahren entstandene Grau im Auftreten<br />
der <strong>Neue</strong>nDB zu überwinden und<br />
in der korporativen wie allgemeinen<br />
Öffentlichkeit im wahrsten sinne des<br />
Wortes Farbe zu bekennen.<br />
academicus 1/2012<br />
11
12<br />
speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />
„Die Menschheit zur Freiheit bringen,<br />
das heißt, sie zum Miteinander Reden<br />
bringen”, sagte der deutsche Philosoph<br />
Karl Jaspers. Der zweite Teil des<br />
Zitates, dieses „sie zum Miteinander<br />
Reden bringen“ oder umgemünzt „die<br />
Kommunikation herstellen”, müssen<br />
wir in der <strong>Neue</strong>n <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong><br />
verstärken. Kommunikation ist<br />
das wichtigste Mittel, um einen erfolgreicheren<br />
Verband zu ermöglichen.<br />
Die Kommunikation erfordert ein<br />
Netz werk, in dem möglichst alle<br />
Knotenpunkte – in unserem Fall Verbandsbrüder<br />
– über kurze Wege miteinander<br />
verbunden sind.<br />
um dies zu ermöglichen, bedienen wir<br />
uns beispielsweise technischer Möglichkeiten,<br />
selbst wenn diese von einigen<br />
belächelt werden. Jeder hier sei<br />
mit Nachdruck dazu eingeladen und<br />
gebeten, sich an den verbandsinternen<br />
Diskussionen im Internet zu beteiligen.<br />
Wo sonst kann man mit Verbandsbrüdern<br />
aus anderen städten so<br />
einfach die Gedanken austauschen?<br />
Ich rufe alle hier Anwesenden auf, sich<br />
als Multiplikatoren zu betätigen und<br />
die Nachricht von den Internetdiskussionen<br />
bundintern weiterzutragen.<br />
Von Angesicht<br />
zu Angesicht<br />
Diese Diskussionen dienen nicht nur<br />
dem Verband, sondern lehren auch<br />
academicus 1/2012<br />
ein möglichst wasserdichtes Argumentieren.<br />
hundert Verbandsbrüder<br />
finden nämlich sehr schnell löcher in<br />
einer Argumentation oder bringen einen<br />
schnell dazu, andere Aspekte der<br />
besprochenen problemstellung zu erkennen.<br />
Da spreche ich aus erfahrung.<br />
offensichtlich darf sich die Kommunikation<br />
nicht nur auf eine Internetgruppe<br />
beschränken. sie muss dringend<br />
auch von Angesicht zu Angesicht stattfinden.<br />
hierzu ist ein jährliches Treffen<br />
am Burschentag eindeutig zu wenig.<br />
Deshalb sind wir froh, dass der Burschentag<br />
entschieden hat, die Institution<br />
des Delegiertentages einzuführen.<br />
so können sich die Verbandsbrüder,<br />
die sich an der Meinungsbildung der<br />
<strong>Neue</strong>nDB beteiligen möchten, näher<br />
kennenlernen und konzentriert die anstehenden<br />
probleme bearbeiten. Auch<br />
wenn – oder gerade weil – die Diskussionen<br />
schwierig sind, ist es wichtig,<br />
dieses Forum anzubieten.<br />
Neben den bearbeiteten problemen<br />
entstehen bei diesen Diskussionen<br />
Ideen, die den gesamten Verband<br />
weiterbringen können. Dies kann aber<br />
nur Wirkung zeigen, wenn alle Bünde<br />
beteiligt sind, denn nur dann wird das<br />
Besprochene auch in alle Bünde hineingetragen.<br />
In diesem Jahr wird es im April und im<br />
November jeweils einen Delegiertentag<br />
geben. Diese werden mit anderen<br />
Veranstaltungen verbunden sein, um<br />
die teils langen Anreisewege noch lohnenswerter<br />
zu machen. Ich habe an<br />
“ Kommunikation ist das<br />
wichtigste Mittel, um einen<br />
erfolgreicheren Verband zu<br />
ermöglichen.“<br />
mehr mIteInander reden<br />
rede zur übergAbeKneipe der neuendb<br />
von toBiaS Becker<br />
Rheno-Markomannia Darmstadt (2006)<br />
allen Delegiertentagen und deren Vorläufern<br />
teilgenommen und bin sehr zufrieden<br />
mit den Diskussionen gewesen,<br />
selbst dann, wenn sie nicht in meine<br />
Richtung verliefen.<br />
spAss gehört dAzu<br />
Die ernsten Gespräche und Diskussionen<br />
sind wichtig, wir dürfen aber<br />
nicht vergessen, dass auch der spaß<br />
dazugehört. hierfür bieten wir in unserem<br />
Vorsitzjahr zwei Verbandsfahrten<br />
an – eine skifreizeit in Winterberg<br />
im Fe bruar und eine Kanutour auf der<br />
Mecklenburgischen seenplatte im August.<br />
es ist sehr schade, dass das Interesse<br />
an der Winterfahrt sehr mau<br />
ausfiel. Für den August erhoffen wir<br />
uns deutlich mehr Zuspruch. Weiterhin<br />
wurde heute auf dem Delegiertentag<br />
der Wunsch geäußert, dass es<br />
einmal eine sportveranstaltung geben<br />
möge. Diesem Wunsch möchten wir<br />
gerne nachkommen und werden sie<br />
entsprechend informieren.<br />
Den erstkontakt mit dem Verband erlebt<br />
ein junger Verbandsbruder meist<br />
auf der Fuxentagung. Dabei stellt sich<br />
jedoch leider häufig ein „Grüppchenbildungsproblem“<br />
ein. Deshalb haben wir<br />
von der Vorsitzenden <strong>Burschenschaft</strong><br />
versucht, das programm der Fuxentagung<br />
so abzuändern, dass die Betonung<br />
weniger auf den seminaren, sondern<br />
mehr auf dem gegenseitigen Kennenlernen<br />
liegt. Wir erhoffen uns, dass sich in<br />
Zukunft das Konzept der Fuxentagung<br />
weiter in diese Richtung bewegt. Denn<br />
die Bekanntschaften, die dort geschlossen<br />
werden, könnten der Grundstein der<br />
Verbandsarbeit sein. Diese punkte sollen<br />
helfen, die Verbin dungen zwischen<br />
den Netzwerksknotenpunkten – also uns<br />
<strong>Neue</strong>DB-Mitgliedern – herzustellen.<br />
der richtige ton<br />
ein Netzwerk muss aber auch gepflegt<br />
werden. Ansonsten lösen sich die Verbindungen<br />
wieder. Dabei ist der umgang<br />
miteinander von großer Bedeutung.<br />
unserer Meinung nach sollte<br />
man sich im persönlichen umgang,<br />
insbesondere auf Dachverbandsveranstaltungen,<br />
immer mit dem nötigen<br />
Respekt und Anstand begegnen. Nur<br />
so können wir nach außen hin attraktiv<br />
wirken und im Inneren attraktiv bleiben.<br />
Für mich äußert sich der Respekt<br />
im Dachverband zum Beispiel in folgenden<br />
zwei punkten:<br />
Zum einen hat man sich auf Veranstaltungen<br />
den gesellschaftlichen spielregeln<br />
entsprechend zu benehmen. Dies<br />
ist meistens, aber nicht immer der Fall:<br />
es kommt zu Ausrutschern, an denen<br />
wir alle arbeiten müssen.<br />
Meist spielt dabei auch der<br />
Alkohol eine nicht unerhebliche<br />
Rolle. es darf<br />
natürlich feuchtfröhlich<br />
verlaufende Veranstaltungen<br />
geben – wie etwa<br />
diese Kneipe. Aber Kontrollverlust<br />
muss verpönt<br />
sein. Auf das respektvolle und<br />
anständige Verhalten wollen wir in<br />
diesem Jahr besonders achten und einschreiten,<br />
falls etwas aus dem Ruder<br />
läuft. Auch sie, liebe Verbandsbrüder,<br />
sind in der pflicht, einzuschreiten, statt<br />
sich im Nachhinein zu beschweren,<br />
dass sich einzelne Verbandsbrüder danebenbenommen<br />
haben.<br />
Dies geht damit einher, dass man sich<br />
auch von anderen die Meinung sagen<br />
lassen können muss, ohne dies als persönlichen<br />
Angriff zu werten.<br />
Als zweiter punkt sei das pünktliche<br />
Beantworten von Anfragen und einladungen<br />
genannt. es sollte eigentlich<br />
selbstverständlich sein, dass jeder<br />
Brief und jede e-Mail schnellstmöglich,<br />
mindestens aber fristgerecht beantwortet<br />
werden. leider hat die <strong>Neue</strong>DB<br />
hier starke Defizite. um diesem punkt<br />
entgegenzuwirken, werden wir uns in<br />
diesem Jahr von jedem Bund einen<br />
Verantwortlichen benennen lassen,<br />
den wir bei Bedarf persönlich anrufen<br />
und kontaktieren können, um Missverständnisse<br />
und<br />
andere Kommunikationsprobleme<br />
schnell aus dem Weg<br />
zu räumen. Ich selbst bin für jeden<br />
Verbandsbruder auf verschiedensten<br />
Kommunikationswegen jederzeit persönlich<br />
erreichbar.<br />
Wenn wir allein diese beiden punkte<br />
berücksichtigen, wird die Zusammenarbeit<br />
in Zukunft um einiges einfacher<br />
verlaufen.<br />
freiheit, die ich Meine<br />
Wir wissen nun auszugsweise, wie wir<br />
dieses Netzwerk aufbauen und pflegen<br />
wollen. optimierungsmöglichkeiten gibt<br />
es natürlich noch einige, aber sie wissen<br />
nun auch, was mein Bund als Vorsitzende<br />
dabei besonders betonen möchte.<br />
Das Netzwerk soll nicht selbstzweck<br />
sein, sondern der burschenschaftlichen<br />
Idee dienen. Deshalb haben wir das<br />
Jahresmotto „... die Freiheit, die ich<br />
meine” gewählt, um mit den Verbandsbrüdern<br />
eine für uns gültige Definition<br />
von Freiheit zu erarbeiten, die wir auch<br />
in schriftlicher Form festhalten wollen.<br />
um dieses Thema anzugehen, haben<br />
wir verschiedene Ideen:<br />
Zuerst möchten wir eine umfrage<br />
zum Thema starten. hierbei soll<br />
jedem einzelnen Verbandsbruder<br />
die Möglichkeit gegeben werden,<br />
seine Idee der Freiheit zu beschreiben.<br />
Durch die Auswertung erhoffen<br />
wir uns, zu sehen, was Freiheit konkret<br />
für uns bedeutet.<br />
Weiterhin rufen wir alle Bünde dazu<br />
auf, ihre Veranstaltungen an diesem<br />
Jahresmotto auszurichten. Die Dokumentation<br />
der Veranstaltungen würden<br />
wir gerne sammeln und veröffentlichen.<br />
selbstverständlich wird das<br />
Thema „Freiheit“ auch unseren Reden<br />
und seminaren zugrundeliegen. Denn<br />
wie eingangs erwähnt: „Die Menschheit<br />
zur Freiheit bringen, das heißt, sie<br />
zum Miteinander Reden bringen“.<br />
academicus 1/2012<br />
13
14<br />
speZIAl: WoRT uND WIRKuNG speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />
eInfach nur erzählen<br />
aus: Bubenreuther Zeitung 2/2006 (gekürzt)<br />
Damals [1951 – Anm. d. Red.]<br />
lebte in der Mörsbergei in<br />
Bubenreuth der pensionierte<br />
pfarrer und philister hermann Fehr.<br />
er bewohnte mit seiner Frau eine kleine<br />
Wohnung im Dachgeschoss und<br />
widmete einen großen Teil seiner Zeit<br />
den jungen Bubenreuthern. Während<br />
uns andere immer wieder durch Andeutungen<br />
verunsicherten, wir seien<br />
keine echten Bubenreuther, und uns<br />
das Fechten als höchsten Inhalt des<br />
Bubenreuthertums priesen, setzte er<br />
sich einfach zu uns und erzählte.<br />
er sprach über drei Themen: Die konfessionellen<br />
Verhältnisse seiner Jugendzeit,<br />
Weißenstadt in oberfranken<br />
und die Bubenreuther.<br />
frAu Mit pferdefuss<br />
Zum ersten Thema wusste er etwa zu<br />
berichten, wie er als erster evangelischer<br />
„exponierter Vikar“ Anfang der<br />
1890er-Jahre im Gebiet südlich von<br />
München in starnberg tätig war und<br />
heiratete. Da habe es einen großen<br />
Volksauflauf gegeben, weil die katholischen<br />
pfarrer der umgebung von den<br />
Kanzeln herab verkündet hatten, eine<br />
pfarrersfrau müsse vom Teufel sein –<br />
und dass man das bestimmt daran<br />
sehen könne, dass sie einen pferdefuß<br />
habe. Den wollten natürlich alle sehen.<br />
Die junge Frau, die vorher schauspielerin<br />
an einem Münchener Theater<br />
gewesen war, hatte aber keinen! (heute<br />
klingt das wie eine ferne sage, es<br />
war aber einmal Realität.)<br />
Der Gemeinde Weißenstadt hatte der<br />
Mann sein ganzes pfarrersleben hindurch<br />
gedient und hing mit ganzer<br />
academicus 1/2012<br />
von arnulf BauMann<br />
Bubenreuther Erlangen (1951)<br />
liebe an ihr. er wusste ihre Vorzüge<br />
begeistert zu schildern. Besonders angetan<br />
war er von dem „Weißenstadter<br />
Marmor“, dem hauptexportartikel des<br />
ortes. Wo der überall eingesetzt worden<br />
war! In erinnerung geblieben ist<br />
mir das hauptpostamt in caracas, der<br />
hauptstadt von Venezuela. seine erzählungen<br />
aus diesem Bereich endeten<br />
regelmäßig mit den Worten: „und das<br />
ist auch aus Weißenstadter Marmor!“<br />
und dann erst die Bubenreuther! er<br />
wusste von seiner Aktivenzeit ab 1887<br />
ebenso zu erzählen wie von der Zeit<br />
des ersten Weltkriegs und den Verwirrungen<br />
der Ns-Zeit. Am liebsten aber<br />
erzählte er von bedeutenden Bundesbrüdern:<br />
von Walter Flex natürlich, der<br />
damals noch eine allgemein bekannte<br />
Größe war, oder von hans von Aufseß,<br />
dem Begründer des Germanischen<br />
Nationalmuseums; von hans Geiger,<br />
dem erfinder des Geiger-Zählers; von<br />
heinrich Wiegand, Generaldirektor<br />
des Norddeutschen lloyd in Bremen<br />
und stifter des Bilderschmucks im<br />
Festsaal des Bubenreuther hauses<br />
(damals unter spanplatten verborgen);<br />
von hermann Bezzel, Kirchenpräsident<br />
der bayerischen lutheraner;<br />
von Karl heinrich Bauer, dem Krebsforscher<br />
– und von vielen, vielen anderen.<br />
Diese erzählungen schlossen<br />
regelmäßig mit den Worten: „und das<br />
war auch ein Bubenreuther!“<br />
philister Fehr war damals schon alt,<br />
über 80 Jahre. seine erzählungen<br />
haben wir manchmal belächelt, denn<br />
sie wiederholten sich und wir fielen<br />
dann im chor in seinen schlusssatz<br />
ein. Aber wir spürten doch seine liebe<br />
zu uns jungen studenten und seine<br />
ehrliche Begeisterung für die Bubenreuther.<br />
“ Das<br />
hat uns<br />
geprägt,<br />
mehr als<br />
uns bewusst<br />
war.“<br />
„nArrAtiVe theologie“<br />
Das hat uns geprägt, mehr als uns<br />
bewusst war. In den Jahren zuvor war<br />
auf Grund der erfahrungen mit der<br />
Ns-Diktatur „ohne mich!“ ein beliebter<br />
schlachtruf all derer, die sich nicht<br />
noch einmal die Finger verbrennen<br />
wollten. Durch Fehrs erzählungen ging<br />
uns auf, dass man sich nicht auf Dauer<br />
aus allem heraushalten kann, sondern<br />
dass es gilt, die von Gott verliehenen<br />
Gaben zu entwickeln und einzusetzen,<br />
wo immer es möglich und nötig ist.<br />
Nicht zur Durchsetzung eigener Ansprüche<br />
und Ambitionen, nicht karrieregeil,<br />
aber bereit zur Verantwortung<br />
auch über den eigenen Bereich hinaus.<br />
Aus unseren Reihen sind danach keine<br />
absoluten Überflieger hervorgegangen.<br />
einige haben herausragende positionen<br />
erreicht, viele nicht. Ich habe<br />
es aber seither immer als Wirkung<br />
guter Bubenreuther Tradition empfunden,<br />
dass viele von uns sich auf unterschiedlichsten<br />
Gebieten für die Allgemeinheit<br />
engagiert haben.<br />
In der Theologie wurde vor einiger Zeit<br />
der Begriff der „Narrativen Theologie“<br />
entwickelt. er macht auf die prägekraft<br />
schlichter erzählungen aufmerksam,<br />
wie wir sie aus den biblischen<br />
Geschichten, besonders aus den<br />
Gleichnissen Jesu, kennen. philister<br />
Fehr hat damals diese uralte Methode<br />
angewandt – und das mit erfolg,<br />
wie man daran sehen kann, dass viele<br />
seine Geschichten bis heute nacherzählen<br />
können. es war eine erziehung<br />
zur Verantwortung, auf einfache, aber<br />
sehr wirksame Weise.<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er seIn –<br />
eIn leItBIld<br />
Die Arbeitsgruppe Zukunft<br />
(AGZ) plant, ein burschenschaftliches<br />
leitbild herauszugeben.<br />
Die Verbandsbrüder sind<br />
dabei zur Mitarbeit aufgerufen. In<br />
dem leitbild sollen drängende gesellschaftliche<br />
Zukunftsfragen und<br />
das burschenschaftliche Wirken zueinander<br />
in Bezug gesetzt werden.<br />
„Wir setzen auf knappe, eingängige<br />
Texte und einen hohen Bildanteil“, so<br />
Bernd preiß, stellvertretender Vorsitzender<br />
der <strong>Neue</strong>nDB. „Das leitbild<br />
soll nicht nur eine interne Denkschrift<br />
sein, sondern der <strong>Burschenschaft</strong><br />
auch als Image-Broschüre dienen.“<br />
Das leitbild soll 20 bis 30 wichtige<br />
handlungs- und problemfelder<br />
beleuchten, mit denen die<br />
Gesellschaft in Deutschland<br />
und europa im 21. Jahrhundert<br />
konfrontiert sein wird. Die Verbandsbrüder<br />
sind eingeladen,<br />
hierzu beizutragen. Das Themenspektrum<br />
ist breit gefächert:<br />
Bildung, hochschule,<br />
erziehung, Wissenschaft, Demokratie,<br />
Miteinander der<br />
Generationen, umwelt, Migration,<br />
europa, patriotismus,<br />
Traditionspflege und<br />
anderes mehr.<br />
proJeKt der Arbeitsgruppe zuKunft<br />
die zuKunft in unsereM<br />
sinne gestAlten<br />
Die Autoren sind aufgerufen, burschenschaftlichesselbstbewusstsein<br />
an den Tag zu legen. „es darf<br />
nicht ausschließlich darum gehen,<br />
aus der Zukunftsbetrachtung abzuleiten,<br />
wie die <strong>Burschenschaft</strong><br />
zu sein hat“, erläutert AGZ-leiter<br />
Norbert seid. „Wer nur auf diese<br />
Weise vorgeht, der formt die Zukunft<br />
nicht, sondern wird von ihr<br />
geformt. Vielmehr müssen wir auch<br />
einbringen, was uns zeitlos wichtig<br />
ist, was unsere stärken sind, was<br />
uns ausmacht. Wir müssen nicht<br />
zuletzt auch aus diesen Dingen gesellschaftliche<br />
handlungsfelder des<br />
21. Jahrhunderts herleiten. Dieses<br />
Vorgehen unterscheidet wirkungsvolle<br />
gesellschaftliche Kräfte von<br />
unwirksamen.“<br />
ein Zeitplan für die Veröffentlichung<br />
steht noch nicht fest. Wenn möglich<br />
sollen wichtige inhaltliche eckpunkte<br />
auf dem Burschentag besprochen<br />
werden. Deshalb wäre es wichtig,<br />
dass die Beiträge möglichst zeitnah<br />
eingehen.<br />
Kontakt: Norbert Seid, Ringstr. 29,<br />
91080 Marloffstein, E-Mail:<br />
norbert.seid@googlemail.com<br />
academicus 1/2012<br />
15
16<br />
speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />
„rein juristisch<br />
gerechtfertigt“<br />
Der schriftleiter der <strong>Burschenschaft</strong>lichen Blätter (BBl),<br />
Norbert Weidner, Alte Breslauer <strong>Burschenschaft</strong> der<br />
Raczeks Bonn, bezeichnet in einem leserbrief in der<br />
Raczek-Bundeszeitung das in den letzten Kriegstagen durch<br />
das Ns-Regime vollzogene Todesurteil gegen den Theologen<br />
Dietrich Bonhoeffer „rein juristisch“ als gerechtfertigt.<br />
Weidner unterscheidet beim Widerstand gegen Diktatoren<br />
zwischen legitimem hoch- und verwerflichem landesverrat<br />
und kommt zu dem schluss: „Bonhoeffer war zweifelsfrei<br />
ein landesverräter. (…) Wenn ich den Verrat in Kriegszeiten<br />
beurteile, der dazu führt, daß <strong>Deutsche</strong> an der Front<br />
zu Tausenden hingemetzelt werden, ist ein solches urteil<br />
nachvollziehbar.“<br />
Auch wirft er Bonhoeffer vor, dass dieser nicht erkannt habe,<br />
„daß es den Alliierten nicht darum ging, einen Diktator zu<br />
stürzen, sondern um Deutschland nachhaltig zu schwächen,<br />
zu zerschlagen und zu dominieren.“ und er schließt:<br />
Bei „genauem hinschauen eignet sich Dietrich Bonhoeffer<br />
sicherlich nicht als Vorbild für <strong>Burschenschaft</strong>er.“<br />
11. April: spiegel online berichtet<br />
academicus 1/2012<br />
chronologie eines sKAndAls<br />
spIeGel oNlINe berichtet über den leserbrief unter dem Titel<br />
„<strong>Burschenschaft</strong>er hetzt gegen Nazi-Widerstandskämpfer“.<br />
Über Weidner steht zu lesen, er habe Karrieren unter<br />
anderem bei der „Wiking-Jugend“ und der „Freiheitlichen<br />
<strong>Deutsche</strong>n Arbeiterpartei“ (FAp) hinter sich. Als diese 1995<br />
verboten wurde, verließ er die szene, „legt aber in mehreren<br />
Interviews Wert darauf, er sei nicht ausgestiegen, sondern<br />
habe sich lediglich zurückgezogen.“ schließlich erhielt er das<br />
mit 23.000 euro Aufwandsentschädigung vergütete Amt des<br />
schriftleiters der BBl.<br />
13. April: neuedb lässt MitgliedschAft<br />
in cdA ruhen<br />
Der <strong>Neue</strong>DB-Vorstand beschließt einstimmig, die Mitgliedschaft<br />
im convent <strong>Deutsche</strong>r Akademikerverbände (cDA)<br />
bis auf Weiteres ruhen zu lassen (siehe pressemitteilung).<br />
Neben der Distanzierung von der DB, die ebenfalls cDA-<br />
Mitglied ist, geht es darum, Druck aufzubauen – sowohl<br />
gegenüber der DB als auch gegenüber dem cDA, der einen<br />
Ausschluss der DB wegen anderer Vorfälle im herbst abgelehnt<br />
hatte (siehe academicus Wintersemester 2011/12).<br />
13. April: db niMMt stellung<br />
Die DB beteuert in einer pressemitteilung, dass eine juristische<br />
Neubewertung Bonhoeffers nicht auf der Agenda stehe,<br />
und ergeht sich ansonsten in presseschelte und Verschwörungstheorien:<br />
es werde unvollständig zitiert, es handele<br />
sich um die privatmeinung eines einzelnen und schließlich<br />
wäre die Veröffentlichung doch nur der Versuch, eine spaltungsdebatte<br />
anzufachen.<br />
14. April: db-Mitglieder lAufen sturM<br />
Die Reaktion von Weidner-Kritikern fällt ungewöhnlich heftig<br />
aus: In einem elektronisch versandten Rundbrief wird<br />
offen der Rücktritt Weidners als schriftleiter gefordert. Die<br />
„Äußerungen eines hohen Funktionsträgers der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Burschenschaft</strong> sind inakzeptabel und unanständig, sie fügen<br />
der DB einen schweren schaden zu“, heißt es.<br />
17. April: ibz bezieht position<br />
Die „Initiative <strong>Burschenschaft</strong>liche Zukunft“ (IBZ), ein freiheitlicher<br />
Reformflügel der DB, widerspricht Weidners<br />
Auffassung und schließt sich jenen an, die Bonhoeffer „als<br />
Vorbild für heutige <strong>Burschenschaft</strong>er” sehen. ohne presseschelte<br />
kommt jedoch auch die IBZ nicht aus und spricht<br />
von einer „medialen hetzjagd auf der persönlichen ebene“.<br />
19. April: der stAAtsAnWAlt<br />
schAltet sich ein<br />
Die Medien berichten, dass sich die staatsanwaltschaft eingeschaltet<br />
habe. „In ähnlichen Fällen hatten Richter bereits<br />
Geld- oder haftstrafen verhängt“, so spIeGel oNlINe.<br />
„erst vor knapp drei Jahren musste ein cDu-Mitglied zahlen,<br />
weil er Bonhoeffer einen ‚ganz gewöhnlichen landesverräter‘<br />
genannt hatte.“<br />
presseMitteilung Kaiserslautern, 13. April 2012<br />
dIe neue deutsche <strong>Burschenschaft</strong> lässt<br />
mItglIedschaft Im conVent deutscher<br />
aKademIKerVerBände ruhen<br />
Die <strong>Neue</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong> e.V. (<strong>Neue</strong>DB)<br />
lässt ihre Mitgliedschaft im convent <strong>Deutsche</strong>r<br />
Akademikerverbände (cDA) mit sofortiger Wirkung<br />
ruhen. ein entsprechender Beschluss wurde heute<br />
vom Vorstand der <strong>Neue</strong>nDB gefasst. Die <strong>Neue</strong>DB<br />
distanziert sich mit dieser Maßnahme von der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Burschenschaft</strong> (DB), die ebenfalls Mitglied<br />
im cDA ist.<br />
Grund für die Maßnahme sind fortgesetzte Äußerungen<br />
und Maßnahmen der DB, beziehungsweise<br />
einzelner Verbandsmitglieder oder Funktionäre, die<br />
der Vorstand der <strong>Neue</strong>nDB mit dem burschenschaftlichen<br />
Gedanken für unvereinbar und überdies für<br />
rufschädigend hält. Nach Ansicht der <strong>Neue</strong>nDB<br />
fehlen der DB die Fähigkeit und der Wille, diesem<br />
Treiben einhalt zu gebieten.<br />
Auslöser für die beschlossene Maßnahme ist ein le-<br />
23. April: WAMs berichtet über die neuedb<br />
„ein Gespräch über weltoffene patrioten“ führt die WelT am<br />
soNNTAG (Wams) mit der Danziger <strong>Burschenschaft</strong> Alemannia<br />
zu Aachen als Vertreterin der <strong>Neue</strong>nDB (www.welt.de/<br />
106216526). eine Gruppe von Verbandsbrüdern um sprecher<br />
Jonathan schneider nahm die DB vor pauschalverurteilungen<br />
in schutz, sprach aber dennoch Klartext: Dass<br />
„der rechtslastige Bonner Korporierte (…) ein hohes Amt<br />
in der DB übernehmen durfte (…) [,] sagt auch etwas über<br />
den einfluss der Wirrköpfe aus.“ Die Alemannen konnten<br />
auch andere Themen anschneiden: „Deutschsein ist eine<br />
Frage der staatsbürgerschaft, der Kultur und des Willens“,<br />
so schneider. es gehe darum, „die Identifikation mit unserem<br />
land, mit seiner Geschichte und Kultur zu fördern.“ es<br />
blieb auch Raum, auf die allgemein schwierige situation<br />
der Korporierten hinzuweisen: „Bei uns machen sich linke<br />
hochschulgruppen gar nicht die Mühe, genauer hinzugucken.<br />
Wir gelten alle als gefährlich und nationalistisch.“<br />
serbrief des schriftleiters des DB-Verbandsmagazins,<br />
in dem der Theologe Dietrich Bonhoeffer als „landesverräter“<br />
bezeichnet und dessen hinrichtung durch<br />
das Ns-Regime verteidigt wird. Vorausgegangen waren<br />
Bestrebungen des Verbandes, die Aufnahme von<br />
<strong>Burschenschaft</strong>ern von ethnischen Kriterien abhängig<br />
zu machen.<br />
Der <strong>Neue</strong>DB-Vorstand ist der Auffassung, dass die DB<br />
durch solche Aktivitäten nicht nur die <strong>Burschenschaft</strong>liche<br />
Bewegung, sondern auch den Ruf des deutschen<br />
Korporationswesens als Ganzes schädigt. Da der cDA<br />
mit einem Mitglied DB in der Öffentlichkeit dieses Korporationswesen<br />
repräsentiert, sieht der Vorstand keine<br />
Möglichkeit, anders als be schlossen zu reagieren.<br />
Über die weitere Mitgliedschaft der <strong>Neue</strong>nDB im cDA<br />
wird die Mitgliederversammlung der <strong>Neue</strong>nDB im Juni<br />
abschließend entscheiden.<br />
academicus 1/2012<br />
17
18<br />
speZIAl: WoRT uND WIRKuNG<br />
academicus 1/2012<br />
Mit der Emser Depesche gelang es Bismarck, die Franzosen<br />
zum Krieg zu provozieren und letztlich das Preußisch-<strong>Deutsche</strong><br />
Reich zu schaffen. Quelle: Wikimedia.org<br />
die emser depesche –<br />
ein gelungenes missverständnis<br />
Wie folgenschwer sich misslungene<br />
Kommunikation<br />
auf das Befinden auswirken<br />
kann, weiß nicht nur unser ehemaliger<br />
Bundespräsident, der sich<br />
entschieden hat, nun mit einem nur<br />
geringen sechsstelligen Jahreseinkommen<br />
auf die politische Verantwortung<br />
zu verzichten. enge Freunde Wulffs berichten,<br />
er fühle sich infolge der ereignisse<br />
auch nicht besonders gut. Dabei<br />
hat er nur zu lange nichts und dann<br />
nicht all das kommuniziert, was man<br />
gerne von ihm wüsste.<br />
Was man die emser Depesche nennt,<br />
ist auch ein Verzicht auf die ganze<br />
Wahrheit zugunsten ihrer politisch<br />
nützlicheren Teile – allerdings ungleich<br />
geschickter: Als Bismarck bei Tisch<br />
den Generälen Roon und Moltke die<br />
vollständige Depesche vorlas, verging<br />
ihnen der Appetit. ein paar Kürzungen<br />
später las er sie erneut vor und zauberte<br />
ein lächeln auf ihre Gesichter.<br />
“So kann Kommunikation<br />
auch funktionieren:<br />
mit kalkulierten Missverständnissen.“<br />
Bald darauf zog Frankreich in den<br />
Krieg gegen die <strong>Deutsche</strong>n. Was war<br />
nun passiert?<br />
gefAhr einer<br />
uMKlAMMerung<br />
hintergrund der Depesche ist ein<br />
Thronfolgestreit in spanien. Königin<br />
Isabella wurde 1868 gestürzt und<br />
mi grierte in das land mit der stadt<br />
der liebe. Als einer der Nachfolger<br />
kam sogleich der hohenzoller leopold<br />
von hohenzollern-sig ma ringen infrage.<br />
Der war auch bereit dazu und wurde<br />
von Bismarck bei seiner Kandidatur<br />
unterstützt – preußen wurde nämlich<br />
ebenfalls von hohenzollern regiert.<br />
Den Franzosen war diese entwicklung<br />
ein Dorn im Auge, sie befürchteten eine<br />
umklammerung. Diese Reaktion war<br />
zwar nachvollziehbar, preußen hatte<br />
mit der Kandidatur aber nichts zu tun,<br />
sondern der abgedankte<br />
portugiesische König<br />
Ferdinand. leopold war<br />
sein schwiegersohn.<br />
Frankreich machte nun<br />
mit scharfen antipreußischen<br />
erklärungen<br />
von aljoScha harMSen<br />
Franconia Freiburg (2007)<br />
stimmung und stellte indirekt einen<br />
Krieg in Aussicht, falls tatsächlich leopold<br />
König würde. Die Regierung erklärte:<br />
„Frankreich würde nicht dulden,<br />
dass der prinz von hohenzollern oder<br />
sonst irgendein preußischer prinz den<br />
spanischen Thron besteigt. um diesen<br />
möglichen Fall zu verhindern, zählt die<br />
Regierung zugleich auf die Klugheit des<br />
deutschen Volkes und auf die Freundschaft<br />
des spanischen Volkes. sollte es<br />
jedoch anders kommen, so wüssten wir<br />
kraft Ihrer unterstützung (der der Abgeordneten)<br />
und derjenigen der Nation<br />
ohne Zögern und ohne schwäche unsere<br />
pflicht zu tun.“<br />
Der Appell an die Klugheit des deutschen<br />
Volkes hat indes tatsächlich<br />
Frucht getragen, allerdings ganz<br />
anders als es sich die Franzosen gewünscht<br />
hatten. Der französische Außenminister<br />
Gramont beauftragte den<br />
französischen Botschafter Vincent Benedetti,<br />
Kaiser Wilhelm in den Kurort<br />
Bad ems nachzureisen, mit der empfehlung<br />
an den Kaiser, die preußische<br />
unterstützung der Kandidatur zurückzuziehen<br />
und nie wieder eine solche<br />
zu unterstützen. Wilhelm lehnte den<br />
Generalverzicht ab. Die emser Depesche<br />
berichtet nun davon und ist von<br />
Bismarcks Mitarbeiter heinrich Abeken verfasst worden, der<br />
den Kaiser begleitete. Im Wortlaut:<br />
„Seine Majestät der König schreibt mir:<br />
Graf Benedetti fing mich auf der Promenade ab, um auf zuletzt<br />
sehr zudringliche Art von mir zu verlangen, ich sollte ihn autorisiren,<br />
sofort zu telegraphiren, dass ich für alle Zukunft mich<br />
verpflichtete, niemals wieder meine Zustimmung zu geben,<br />
wenn die Hohenzollern auf ihre Candidatur zurückkämen.<br />
Ich wies ihn zuletzt, etwas ernst, zurück, da man à tout jamais<br />
dergleichen Engagements nicht nehmen dürfe noch könne.<br />
Natürlich sagte ich ihm, dass ich noch nichts erhalten hätte<br />
und da er über Paris und Madrid früher benachrichtigt sei<br />
als ich, er wohl einsähe, dass mein Gouvernement wiederum<br />
außer Spiel sei. Seine Majestät hat seitdem ein Schreiben des<br />
Fürsten bekommen. Da Seine Majestät dem Grafen Benedetti<br />
gesagt, dass er Nachricht vom Fürsten erwarte, hat Allerhöchstderselbe,<br />
mit Rücksicht auf die obige Zumuthung, auf<br />
des Grafen Eulenburg und meinen Vortrag, beschlossen, den<br />
Grafen Benedetti nicht mehr zu empfangen, sondern ihm nur<br />
durch einen Adjutanten sagen zu lassen: dass Seine Majestät<br />
jetzt vom Fürsten die Bestätigung der Nachricht erhalten,<br />
die Benedetti aus Paris schon gehabt, und dem Botschafter<br />
nichts weiter zu sagen habe.<br />
Seine Majestät stellt Eurer Excellenz anheim, ob nicht die neue<br />
Forderung Benedettis und ihre Zurückweisung sogleich, sowohl<br />
unsern Gesandten, als in der Presse mitgeteilt werden sollte.“<br />
Als Bismarck dies erreichte, speiste er gerade mit den beiden<br />
besagten Generälen. Dass Wilhelm nur den Generalverzicht<br />
ausschloss, entsprach nicht dem Wunsch Bismarcks. er änderte<br />
die Depesche:<br />
„Nachdem die Nachrichten von der Entsagung des Erbprinzen<br />
von Hohenzollern der Kaiserlich Französischen Regierung<br />
von der Königlich Spanischen amtlich mitgeteilt worden<br />
sind, hat der Französische Botschafter in Ems an S. Maj. den<br />
König noch die Forderung gestellt, ihn zu autorisieren, dass<br />
er nach Paris telegraphiere, dass S. Maj. der König sich für<br />
alle Zukunft verpflichte, niemals wieder seine Zustimmung zu<br />
geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur wieder<br />
zurückkommen sollten.<br />
Seine Maj. der König hat es darauf abgelehnt, den Franz. Botschafter<br />
nochmals zu empfangen, und demselben durch den<br />
Adjutanten vom Dienst sagen lassen, dass S. Majestät dem<br />
Botschafter nichts weiter mitzuteilen habe.“<br />
Nach dieser Version haben sich Wilhelm und der französische<br />
Botschafter gar nicht unterhalten. Als diese Depesche in<br />
Frankreich bekannt wurde, war sie vor dem hintergrund der<br />
ohnehin bestehenden spannungen der Tropfen, der das Fass<br />
zum Überlaufen brachte. sie war nicht Grund, aber Anlass<br />
des Deutsch-Französischen Krieges. In fataler Überschätzung<br />
der eigenen militärischen stärke erklärte Frankreich<br />
den Krieg. Bismarck hatte gewonnen, denn indem Frankreich<br />
und nicht preußen der Aggressor war, konnten auch<br />
die süddeutschen länder von einer Kriegsbeteiligung auf<br />
preußischer seite überzeugt werden. „Überzeugt werden“ im<br />
moralischen sinne, denn es bestanden ohnehin geheime Beistandsvereinbarungen<br />
zwischen den süddeutschen staaten<br />
und preußen für den Kriegsfall – sonst hätte Bismarck der<br />
Krieg wenig gebracht – außer vielleicht das elsass.<br />
KAlKulierte und ungeWollte<br />
MissVerständnisse<br />
Böse Zungen könnten behaupten, die Gründung des<br />
preußisch-<strong>Deutsche</strong>n Reichs gründet auf einer lüge. Nun,<br />
gelogen hat Bismarck nicht. Wäre Bismarck Redakteur gewesen,<br />
hätte er sagen können: Die Redaktion behält sich<br />
Kürzungen vor. Der Depesche wurde nichts hinzugefügt, sie<br />
wurde nur im Mittelteil ‚verschlankt‘. so kann Kommunikation<br />
funktionieren: mit kalkulierten Missverständnissen. Im<br />
unter schied zur Kommunikation unserer ge genwärtigen politiker<br />
war dieses Missverständnis wenigstens geplant. Fällt<br />
heute der satz: „Wir stehen für Wachstum“; was könnte gemeint<br />
sein? haarwachstum? Wer würde dem FDp-Vorsitzenden<br />
unterstellen, seine kommunikativen Missverständnisse<br />
wären kalkuliert. Für<br />
Wachstum müsste<br />
man sich außerdem<br />
bewegen, nicht dafür<br />
‚stehen‘. Aber es<br />
gibt ja auch Negativwachstum,<br />
dafür<br />
muss man gar nichts<br />
tun. Will man das,<br />
hilft es manchmal,<br />
ebensolche sätze zu<br />
“Die Emser<br />
Depesche war<br />
nicht Grund,<br />
aber Anlass<br />
des Deutsch<br />
Französischen<br />
Krieges.“<br />
äußern. Immerhin gibt es einen Vorteil: Wo früher politische<br />
Kommunikation Kriege auslöste, taugt sie heute allenfalls<br />
noch zur satire.<br />
Ende eines gelungenen Missverständnisses: Bismarck<br />
mit dem besiegten Napoleon III. bei Sedan.<br />
academicus 1/2012<br />
19
20<br />
neuedb<br />
Die <strong>Neue</strong>DB-Nachrichten sind der Newsletter der <strong>Neue</strong>nDB.<br />
Anmeldungen an nachrichten@neuedb.de<br />
Die <strong>Neue</strong>DB ist<br />
auch auf Facebookvertreten.<br />
Öffentlich<br />
erreichbar ist<br />
die seite über<br />
www.facebook.com/neuedb. hinweis in eigener sache:<br />
es wäre schön, wenn möglichst viele Facebook-Nutzer den<br />
„Gefällt mir“-Knopf dieser seite betätigen, denn die Zahl ist<br />
öffentlich einsehbar und derzeit noch ausbaufähig.<br />
Nur für registrierte<br />
Nutzer be -<br />
stimmt ist die interne<br />
Facebook-<br />
Gruppe. Zutritt<br />
für Verbandsbrüder<br />
erfolgt auf empfehlung bereits Registrierter oder,<br />
unter Angabe des Bundes, bei Bernd preiß (bestehender<br />
Facebook-Zugang vorausgesetzt).<br />
KorporAtionsWelt<br />
Das bekannte Forum<br />
„Tradi tion mit Zukunft“<br />
(Tramizu) wurde aus technischen<br />
Grün den aus<br />
dem allgemeinen Internet<br />
heraus ins Facebook verlegt.<br />
Dort erfreut es sich wachsender Beliebtheit.<br />
academicus 1/2012<br />
netzquellen<br />
Neben den Internetauftritten der Bünde sowie unserer Verbandshomepage gibt<br />
es allgemeine Quellen im Netz, die für <strong>Neue</strong>DB-Mitglieder und Korporierte<br />
im Allgemeinen von Interesse sind. Wir stellen die wichtigsten vor:<br />
ein Diskussions-<br />
und Information sforum<br />
im Inter -<br />
net ist die recht<br />
junge seite<br />
„Korporiert.com“.<br />
Der Name „Burschireader“ (www.burschireader.de) lässt<br />
Antikorporatives<br />
vermuten, doch<br />
weit gefehlt:<br />
Der sogenannte<br />
„Blog“ wird von<br />
einem Korporierten<br />
betrieben. Die seite informiert über studentenverbindungen<br />
und tritt Vorurteilen entgegen.<br />
Wer eine Datenbank<br />
mit Korporationen<br />
sucht,<br />
wird auf der<br />
seite „couleurstudentische<br />
In -<br />
formationen“, abgekürzt „cousin“ (www.cousin.de), fündig.<br />
Nicht schön, aber praktisch.<br />
AllgeMeine quellen<br />
Der Klassiker<br />
unter den Informationsseiten:<br />
Bei Wikipedia<br />
sind das Thema<strong>Burschenschaft</strong><br />
und<br />
anderes rund<br />
um das Korporationswesen detailliert beschrieben. link:<br />
de.wikipedia.org/wiki/<strong>Burschenschaft</strong><br />
VeRBANDsleBeN<br />
entwicklungen in cdA und VVAb<br />
Im oktober 2011 war ein Antrag im<br />
convent <strong>Deutsche</strong>r Akademikerbände<br />
(cDA), die DB wegen ihrer unsäglichen<br />
Auftritte<br />
im sommer auszuschließen,<br />
gescheitert<br />
(wir berichteten). Die<br />
<strong>Neue</strong>DB hatte für<br />
den Antrag gestimmt,<br />
„weil das Verhalten<br />
der DB fortgesetzt<br />
nicht hinnehmbar ist<br />
und den schriftlichen<br />
Distanzierungen vom<br />
sommer spürbare Konsequenzen folgen<br />
müssen.“<br />
Der coburger convent (Ahcc) ließ<br />
aus protest gegen den Verbleib der<br />
DB im cDA und deren Vertreter im<br />
Verbandsvorstand (schatzmeister und<br />
Referent für hochschulpolitik) seine<br />
Mitgliedschaft ruhen.<br />
Derzeit tritt eine Mehrheit der Mitgliedsverbände<br />
für einen Fortbestand<br />
und eine inhaltliche Reform des cDA<br />
ein. Der DB soll zumindest bis zu ihrem<br />
übernächsten Burschentag im<br />
Juni 2013 Zeit gegeben werden, durch<br />
eine Änderung oder ergänzung der<br />
Regelung zum volkstumsbezogenen<br />
Vaterlandsbegriff in Art. 9 der DB-Verfassung<br />
die Aufnahmevoraussetzungen<br />
neu zu definieren. Bei Vorstand<br />
und cDA-Beauftragtem der <strong>Neue</strong>nDB<br />
stößt die Idee, der DB Zeit einzuräumen,<br />
auf wenig Gegenliebe, weil dies<br />
erfahrungsgemäß nicht fruchtet. Das<br />
Votum des <strong>Neue</strong>DB-Burschentages<br />
bleibt freilich abzuwarten.<br />
VAb-Mitglieder<br />
unMittelbAr betroffen<br />
Die Vereinigungen Alter <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
(VAB) sind ebenfalls von<br />
“Alles in allem<br />
dürften die<br />
Erfolgsaussichten<br />
für<br />
eine Reform<br />
des VVAB<br />
gering sein.“<br />
den allgemeinen Geschehnissen und<br />
Zuständen betroffen, insbesondere,<br />
wenn sie dem Dachverband VVAB<br />
angehören. Zur erin-<br />
nerung: Jede VAB ist<br />
auf die Grundsätze<br />
der DB und auf deren<br />
Auslegung durch den<br />
Rechtsausschuss der<br />
DB verpflichtet. Jeder<br />
Reform ist ein Riegel<br />
vorgeschoben, weil<br />
diese Verpflichtung<br />
„ewigkeitsrang“ hat,<br />
ähnlich den unantastbaren Menschenrechten<br />
im Grundgesetz! (siehe die<br />
Berichte von ulrich Giebeler im academicus<br />
sommersemester 2007 und Gernot<br />
schäfer, sommersemester 2011.)<br />
Zahlreiche Vereinigungen haben<br />
den spagat versucht, nur für die DB-<br />
Mitglieder anteilige Beiträge an den<br />
VVAB abzuführen und die übrigen Beiträge<br />
dem Denkmalerhaltungsverein<br />
(DeV) in eisenach zur Verfügung zu<br />
stellen. Vier dieser Vereinigungen sollten<br />
auf dem Altherrentag 2010 deshalb<br />
exemplarisch aus dem VVAB ausgeschlossen<br />
werden. Da hierfür nicht<br />
die erforderliche Mehrheit zustande<br />
kam, traten der Vorort Marburg und<br />
der von ihm gestellte Vorstand mit sofortiger<br />
Wirkung zurück. Die Neuwahl<br />
eines Vororts blieb erfolglos, die Geschäfte<br />
wurden nur noch kommissarisch<br />
fortgeführt.<br />
erfolglose<br />
reforMVersuche<br />
Daneben hat es mehrfach Versuche<br />
gegeben, durch eine grundlegende Verfassungsreform<br />
den VVAB aus seiner<br />
einseitigen Abhängigkeit von der DB zu<br />
lösen. 2006 scheiterte ein Antrag.<br />
Danach hat vor allem der „Arbeitskreis<br />
der Rhein-Main-VABen“ das Thema<br />
weiterverfolgt und im November 2010<br />
ein eckwertepapier verfasst, das im<br />
gesamten Verband verteilt worden ist.<br />
Gleichzeitig brachte die VAB Bad Nauheim<br />
2011 den Antrag ein, einen Verfassungsausschuss<br />
einzurichten, um<br />
die satzung des VVAB zu verändern.<br />
neuedb-Mitglieder<br />
nicht zugelAssen<br />
Beim Altherrentag 2011 war zunächst<br />
ein neuer Vorort zu wählen. Dies erwies<br />
sich als äußerst schwierig. schließlich<br />
erklärte sich die VAB oberösterreich zu<br />
linz bereit – eine VAB mit deutlichem<br />
BG-profil. Der Antrag auf einsetzung<br />
eines Verfassungsausschusses wurde<br />
mit 26:17 stimmen angenommen. Die<br />
VAB oberhausen zog daraufhin ihre<br />
Reformanträge zurück, um sie vom<br />
Ausschuss behandeln zu lassen.<br />
Der neue Vorort begrenzte den Ausschuss<br />
auf sieben Mitglieder und<br />
wählte fünf Mitglieder selbst aus.<br />
Weiterhin versandte er ein Rundschreiben<br />
an alle Mitgliedsvereinigungen, in<br />
dem er die Verfassungskommission<br />
als „hypothek“ bezeichnete und festlegte,<br />
dass es nur darum gehen könne,<br />
dass sich der VVAB erneut „klar als<br />
Teil der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> positioniert.“<br />
Daneben findet der Vorort<br />
auch noch die Zeit, den oben genannten<br />
Beitrag von Verbandsbruder Giebeler<br />
als „gehässig und hetzerisch“ zu<br />
bezeichnen. Kommentar überflüssig.<br />
Alles in allem dürften die erfolgsaussichten<br />
eine Reform des VVAB gering<br />
sein. sollte es überraschenderweise<br />
ein positives Votum geben, so dürfte<br />
dieses vom DB-Rechtsausschuss kassiert<br />
werden.<br />
academicus 1/2012<br />
21
22<br />
hochschule<br />
JustItIa Versus asta?<br />
rechtlIche handhaBe der KorporatIonen<br />
“Ein Vorgehen<br />
gegen AStA<br />
Polemik hat<br />
erhebliche<br />
Erfolgschancen.“<br />
Im Zusammenhang mit Aktivitäten<br />
des Göttinger AstA und des AstA<br />
der leibniz universität hannover<br />
hat sich der Vorstand der <strong>Neue</strong>nDB<br />
gefragt, ob es möglich und sinnvoll ist,<br />
gegen solche Aktionen juristisch vorzugehen.<br />
Über unseren Verbandsbruder<br />
hans Jürgen peitz hat uns unser<br />
Verbandsbruder univ. prof. Dr. Gunther<br />
schwerdtfeger (beide Brunsviga<br />
Göttingen) nun eine stellungnahme zukommen<br />
lassen, die ich im Folgenden<br />
zusammenfassend erläutere.<br />
academicus 1/2012<br />
von gerd Wauer<br />
Markomannia Kaiserslautern<br />
nach einer Stellungnahme von uniV. prof. dr. gunther SchWerdtfeger<br />
Brunsviga Göttingen<br />
rechtlicher rAhMen<br />
für den AstA<br />
Allgemein anerkannt und gesetzlich<br />
festgeschrieben ist, dass der AstA kein<br />
allgemeines politisches Mandat besitzt.<br />
Aber die hochschulgesetze verleihen<br />
ihm ausdrücklich ein politisches<br />
Mandat für die hochschulpolitischen,<br />
sozialen und kulturellen Belange der<br />
studierenden. es ist allgemein anerkannt,<br />
dass sich der AstA im Rahmen<br />
seiner Kompetenzen auch mit Verbindungen<br />
beschäftigen darf – es kommt<br />
somit nicht auf das „ob“, sondern nur<br />
auf das „Wie“ an.<br />
Als öffentlich-rechtliches organ darf<br />
der AstA nicht in gleicher Weise handeln<br />
wie es private Gruppierungen tun.<br />
Der AstA ist das verfasste organ der<br />
gesamten studentenschaft – und damit<br />
auch der Korporierten – und hat damit<br />
auch die Belange korporierter studenten<br />
zu vertreten.<br />
Der AstA versucht allerdings häufig,<br />
die gesetzliche Aufgabenzuweisung zu<br />
erweitern. Argument ist meist die Meinungsfreiheit<br />
der AstA-Angehörigen.<br />
ein Mitglied des AstA kann jedoch<br />
seine Meinung gegen Verbindungsstudenten<br />
zwar als privatmann vertreten,<br />
nicht aber in seiner amtlichen eigenschaft<br />
als öffentlich-rechtlicher Vertreter<br />
des AstA.<br />
AussAgen der<br />
rechtsprechung<br />
Der hess. VGh hat in einem Beschluss<br />
vom 6.4.1998 dem Antrag von Verbindungsstudenten<br />
gegen Aussagen<br />
des AstA-Vorsitzenden der universität<br />
Marburg stattgegeben. Dieser hatte<br />
behauptet, ein weiterer schwerpunkt<br />
der politischen Arbeit des AstA sei<br />
die Bekämpfung der <strong>Burschenschaft</strong>en,<br />
Korporationen und aller anderer<br />
studentischer Verbindungen. Zwar sei<br />
nicht jede Kritik des AstA gegen Verbindungen<br />
unzulässig, aber die Bestimmungen<br />
des hessischen hochschulgesetzes<br />
ermächtigten den AstA nicht zur<br />
„Bekämpfung“ studentischer Gruppen.<br />
Dem hess. VGh steht ein Beschluss<br />
des oVG Bremen entgegen. Dieses Gericht<br />
ließ folgende Äußerungen gegen<br />
Korporationen durchgehen: „Ferner ist<br />
ihr Weltbild von einem extremen Nationalismus,<br />
einem rassistischen Menschenbild,<br />
elitedenken, Antifeminismus<br />
und der Gegnerschaft zu liberalismus<br />
und bürgerlicher Demokratie geprägt“.<br />
erst weil den Verbindungen keine entsprechende<br />
Möglichkeit zu gleichwertiger<br />
Gegenreaktion geboten worden<br />
war, hat das oVG die zitierte „äußerst<br />
polemische“ und „von geringem Differenzierungsvermögen“<br />
getragene Äußerung<br />
des AstA verboten.<br />
Das VG hannover ist dem oVG Bremen<br />
gefolgt, indem es die einseitige<br />
Dominanz des AstA annahm, wenn<br />
für gleichwertige Gegenreaktionen der<br />
Verbindungen kein rechter Raum blieb,<br />
so etwa beim massiven Aufruf des<br />
AstA gegen einen Festkommers.<br />
„Keine MöglichKeit<br />
zur gegenäusserung“<br />
ein zweiter Beschluss des hessischen<br />
Verwaltungsgerichtshofes vom<br />
19.7.2004 berücksichtigt den Beschluss<br />
des oVG Bremen insoweit, als er in<br />
den zu beurteilenden Materialien „gewichtige<br />
Gesichtspunkte“ sieht, dass<br />
es sich inhaltlich um „diffamierende<br />
Darstellungen“ und gleichzeitig organisatorisch<br />
um eine einseitig dominierte<br />
Meinungsbildung handelt, weil den<br />
Verbindungen „keine Möglichkeit zur<br />
gleichwertigen Gegenäußerung geboten<br />
worden ist“.<br />
Wegen eines „Mäßigungsgebotes“ untersagt<br />
der hess. VGh über das „Diffa-<br />
mierungsverbot“ des oVG Bremen hinaus<br />
aber auch polemische, überzogene<br />
oder sogar ausfällige Kritik.<br />
selbst wenn wir unserer Beurteilung<br />
der rechtlichen situation nur die Ansicht<br />
des oVG Bremen zugrunde legen,<br />
so hätte ein Vorgehen gegen ein polemisches<br />
oder anderweitig überzogenes<br />
Vorgehen eines AstA im ergebnis<br />
erhebliche erfolgschancen. Denn welcher<br />
verbindungsfeindliche AstA wird<br />
uns die Möglichkeit zur gleichwertigen<br />
Gegenäußerung einräumen?<br />
poleMisch, überzogen,<br />
Ausfällig<br />
Noch günstiger für uns ist in jedem Fall<br />
der zweite Beschluss des hess. VGh, da<br />
dieser bereits diffamierende Äußerungen<br />
untersagt. Danach kann ein AstA<br />
Meinungskämpfe in seinem Außenverhältnis<br />
zu anderen öffentlich-rechtlichen<br />
Körperschaften (z.B.<br />
der stadt, den universitäten<br />
oder sozialversicherungsträgern)<br />
führen. Aber<br />
im Innenverhältnis<br />
zu studierenden als<br />
Mitgliedern der Teilkörperschaft<br />
der stu -<br />
dierenden ist keine<br />
gesetzliche ermächtigung<br />
vorhanden,<br />
welche dem AstA einen öffentlichrechtlichen(!)<br />
„Kampf“ gegen einzelne<br />
Mitgliedergruppen und damit gegen<br />
Verbindungen gestattet. eine ermächtigung<br />
fehlt auch für tatsächlich undifferenzierte<br />
sowie für polemische, überzogene<br />
oder gar ausfällige Kritik. eine<br />
solche erlaubnis zu undifferenziertem,<br />
kämpferischem, polemischem, überzogenem<br />
und/oder ausfälligem handeln<br />
würde derart massiv vom allgemein Üblichen<br />
abweichen, dass der Gesetzgeber<br />
diese Befugnis ausdrücklich verleihen<br />
müsste, was nicht der Fall ist.<br />
Außerdem würde eine solche ermächtigung<br />
massiv gegen den Grundsatz der<br />
Verhältnismäßigkeit verstoßen.<br />
tAKtisches Vorgehen<br />
“Es ist keine<br />
gesetzliche<br />
Ermächtigung<br />
vorhanden, die<br />
dem AStA einen<br />
‚Kampf‘ gegen<br />
Verbindungen<br />
gestattet.“<br />
Wir sollten jeden Fall praxisorientiert<br />
angehen, über einen Rechtsanwalt,<br />
der im öffentlichen Recht zu hause ist<br />
und der ausreichend interne Kenntnisse<br />
über Verbindungen und deren Verbände<br />
besitzt. ein Verbandsbruder aus<br />
der <strong>Neue</strong>n <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong><br />
wäre hier von Vorteil. Dieser Rechtsanwalt<br />
hätte die Rechtsprechung des<br />
für den Rechtsstreit einschlägigen Verwaltungsgerichtes<br />
zu ermitteln und<br />
eine geeignete Vorgehensweise zu<br />
prüfen (auch unter Berücksichtigung<br />
der Beschlüsse anderer Gerichte).<br />
prozessual kommt eine Klage im hauptsacheverfahren<br />
oder bei eilbedürftigkeit<br />
eine Antragstellung in einem Verfahren<br />
auf vorläufigen Rechtsschutz in Betracht.<br />
Weil ein hauptsacheverfahren<br />
sehr lange dauert, empfiehlt sich bei<br />
eilbedürftigkeit der einstweilige Rechtsschutz.<br />
Das gilt<br />
vor allem auch,<br />
wenn es ein student<br />
ist, der klagt.<br />
Als Kläger/An trag -<br />
steller kommt ein<br />
Verbindungsstudent<br />
oder die ein -<br />
zelne aktive Verbin -<br />
dung (Burschen)<br />
in Frage. Der Altherrenverband<br />
der jeweiligen Verbindung<br />
oder gar die <strong>Neue</strong>DB scheiden<br />
aus.<br />
Bisher haben offenbar nur einzelne<br />
studenten geklagt und nicht eine aktive<br />
Verbindung als Kollektiv. Am sichersten<br />
wäre eine Klage vor einem<br />
hessischen Verwaltungsgericht, weil<br />
der VGh hessen die höchsten hürden<br />
für einen AstA aufstellt. soweit in<br />
einem anderen Bundesland das oVG<br />
oder der VGh noch nicht entschieden<br />
hat, sollten wir auch dort die sicht<br />
des hess. VGh vertreten.<br />
Von den öffentlich-rechtlichen Grundlagen<br />
her ist alleine die sicht des<br />
hess. VGh richtig.<br />
academicus 1/2012<br />
23
24<br />
VeRBANDsleBeN<br />
academicus 1/2012<br />
Na immerhin bin ich<br />
nicht gleich der Nazi...<br />
so oder so ähnlich waren<br />
meine Gedanken an<br />
dieser stelle. Bestimmt<br />
ein jeder von uns durfte<br />
schon einmal eine<br />
Diskussion dieser Art<br />
führen. eine Diskussion mit einem linken, oder zumindest<br />
pseudo-linken, der einen auf der straße anspricht, weil man<br />
in couleur unterwegs ist. In diesem Fall konnte ich sogar ein<br />
halbwegs vernünftiges Gespräch führen, obwohl das wohl<br />
eher die Ausnahme ist. Andernorts hat man mir auch schon<br />
meine Mütze vom Kopf geschlagen und Verbandsbrüder<br />
neben mir getreten. Aber hier konnte man sich wenigstens<br />
unterhalten – und dann sogar, obwohl wir gerade vom<br />
chargieren eines stiftungsfestes kamen und prunkschläger<br />
dabei hatten, auf offener straße eine Keilstunde abhalten.<br />
und das vor der Goldenen Krone in Darmstadt, einer tendenziell<br />
eher von linken besuchten Diskothek im stadtkern.<br />
Aber dieser erste satz ist mir im Gedächtnis geblieben: „Ihr<br />
wart ja mal Revolutionäre.“ Ja, das waren wir... Da hat er<br />
mich doch glatt zum Nachdenken gebracht. Wir waren<br />
Revolutionäre und was sind wir denn nun eigentlich heute?<br />
Ja, klar, das Bekenntnis zum deutschen Vaterland, das Bekenntnis<br />
zu Freiheit und freiheitlich-demokratischer Grundordnung,<br />
ehrenhaftes Betragen und politisches Interesse.<br />
Aber sonst? Von Revolution wenig zu spüren. ein richtiges<br />
Ziel scheint nicht mehr vorhanden, es scheint alles erreicht,<br />
für das zu kämpfen sich lohnte. „Am Ziel deiner Wünsche<br />
wirst du jedenfalls eines vermissen: dein Wandern ans Ziel.“,<br />
so sagte es Marie von ebner-eschenbach, eine österreichische<br />
schriftstellerin. Die Ziele der urburschenschaftlichen<br />
Bewegung sind alle erreicht. eigentlich sind wir bereits angekommen,<br />
wohin wir Anfang des 19. Jahrhunderts nach<br />
der Befreiung von Napoleon hin aufbrachen. Doch eben<br />
jene Marie von ebner-eschenbach sagte auch: „Der ans Ziel<br />
von Martin haape<br />
Rugia Darmstadt<br />
„Ihr wart Ja mal<br />
reVolutIonäre...“<br />
“Der ans Ziel<br />
getragen<br />
wurde, darf<br />
nicht glauben,<br />
es erreicht zu<br />
haben.“<br />
getragen wurde, darf nicht glauben, es erreicht zu haben.“<br />
Das sagt uns, dass wir möglicherweise noch immer auf dem<br />
Weg sind. Allerdings scheinen wir vergessen zu haben, was<br />
das Ziel ist. Ich will hier nicht mehr von Revolution sprechen.<br />
Revolutionen kosten Menschenleben und bringen leid und<br />
elend. und Revolutionen laufen immer Gefahr, einen Missbrauch<br />
von Macht zu verursachen. Was wir brauchen, ist<br />
evolution. eine friedliche entwicklung hin zu dem, was wir in<br />
der heutigen Zeit fordern, hin zu unseren Zielen. und auch,<br />
wenn diese Ziele möglicherweise nicht für jeden sofort ersichtlich<br />
sind, so kann sie doch ein jeder offen sehen: Freiheit!<br />
ehre! Vaterland!<br />
‚Freiheit! ehre! Vaterland!‘ war und ist unsere losung. Für<br />
mich ist diese losung ein Dreigestirn, eine Dreieinigkeit und<br />
keine Abstufung, aber das mag jeder sehen, wie er mag.<br />
Doch was sollte das nun konkret bedeuten?<br />
ist JedeM zWeiten egAl,<br />
WAs Mit seinen rechten pAssiert?<br />
Freiheit. Ja, wir haben mit dem Grundgesetz eine vollwertige<br />
Verfassung, freie Meinungsäußerung, Freizügigkeit. Wir besitzen<br />
die Freiheitsrechte, die unsere Verfassungsväter uns<br />
ermöglichten. Doch muss das auch jedem klarwerden. carl<br />
Friedrich von Weizsäcker definiert die Freiheit als „ein Gut,<br />
das durch Gebrauch wächst, durch Nichtgebrauch dahinschwindet“.<br />
Nutzen wir unsere Freiheit? Gehen wir alle zur<br />
Wahl? Der arabische Frühling macht uns einmal mehr bewusst,<br />
wie wichtig dieses Recht für die Menschen dort ist. Bei<br />
uns tritt man es allerdings fast schon mit den Füßen. Bei der<br />
vergangenen europawahl lag die Beteiligung bei fast genau<br />
50 prozent. Das bedeutet, dass jedem Zweiten vollkommen<br />
egal ist, was mit seinen Rechten und seiner stimme passiert.<br />
Die legitimation der Gewählten verliert damit strenggenommen<br />
fast die Gültigkeit. eigentlich könnte man dann ja auch<br />
in der DDR leben. Da muss man sich<br />
dann nicht einmal mehr die Mühe machen,<br />
bei der Wahl noch eine entscheidung<br />
zu treffen... unser Auftrag muss<br />
hier lauten: Wahrung der Freiheit<br />
durch Aufklärung und der klare Aufruf<br />
an alle, ihr Wahlrecht, ihre Freiheit<br />
wahrzunehmen. Wenn nicht wir dazu<br />
stehen, dann tut es niemand mehr...<br />
ehre. Zweifelsohne ist ehre schwer zu<br />
fassen. ehre vor sich selbst. ehre vor<br />
anderen. ehre des Vaterlandes vielleicht<br />
auch. Aber was genau ist ehre<br />
jetzt? Im lexikon stehen vorrangig<br />
zwei Definitionen. Die eine beschreibt<br />
ehre als „Wertschätzung und Achtung,<br />
die ein Mensch von anderen<br />
beansprucht“. Die andere Definition<br />
nennt ehre einen „sittlichen Begriff,<br />
wenn sie sich auf die eigene unbescholtenheit<br />
gründet“. Damit umfasst<br />
ehre zwei wichtige Richtungen: das<br />
eigene Verhalten und das Verhalten<br />
anderer betreffend. Das Verhalten der<br />
anderen kann ich wenig beeinflussen,<br />
mein eigenes jedoch umso mehr. ehre<br />
ist in diesem Zusammenhang auch<br />
eine Ausprägung von Toleranz und Akzeptanz<br />
der anderen; in unserer Zeit<br />
noch immer ein wichtiges Thema, be-<br />
“Nur Vielfalt macht<br />
stark! Und gerade wir<br />
als <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
sollten niemals den<br />
Fehler machen, dies<br />
zu vergessen.“<br />
sonders, und auf diesen punkt möchte<br />
ich hier hinaus, wenn es um die Integration<br />
von Zuwanderern geht. Nur<br />
Vielfalt macht stark! und gerade wir<br />
als <strong>Burschenschaft</strong>er sollten niemals<br />
den Fehler machen, dies zu vergessen.<br />
Die Vielfalt, die sich uns auch schon<br />
zu Zeiten der urburschenschaft in den<br />
vielen Dialekten und unterschiedlichen<br />
Kulturen bot. Wichtig waren diese unterschiede<br />
für uns nie. Wichtig war<br />
allein das Bekenntnis zu Deutschland.<br />
und mehr sollte uns heutzutage auch<br />
nicht interessieren!<br />
Wir Müssen ziele Jedes<br />
MAl neu definieren<br />
„Niemand soll an seiner Abstammung<br />
gemessen werden, sondern an seinem<br />
handeln und seinen Idealen“ (Resolution<br />
der <strong>Neue</strong>nDB vom 18. Juni 2011).<br />
Das ist eine Aussage, die zugleich<br />
auch programm sein sollte und nicht<br />
bloß eine leere phrase. Denn das ist<br />
ehre in ihrer Reinform. ehre vor dem<br />
anderen und damit auch ein Zeichen<br />
unserer eigenen. lasst uns alle einen<br />
Beitrag zur Integration von Bürgern in<br />
unsere Gesellschaft leisten. Nicht nur<br />
im Denken, sondern auch im handeln.<br />
ein <strong>Burschenschaft</strong>er hat mit gutem<br />
Vorbild voranzugehen.<br />
Vaterland. hier fällt es bei der Definition<br />
häufig schwer, zwischen patriotismus<br />
und Nationalismus zu unterscheiden.<br />
hier besteht die Gefahr, in<br />
eine Definition zu geraten, die schnell<br />
zu „Blut und Boden“ führt. Aber vielleicht<br />
sehen viele diesen Begriff falsch.<br />
es geht nicht um Vererbung vom Vater,<br />
es geht vielmehr um die liebe zu<br />
seinem land, wie die liebe zu seinem<br />
Vater. Denn dieses Vaterland hat uns<br />
aufgezogen und jetzt haben wir<br />
diesem Vater etwas davon zu-<br />
rückzugeben. Wir haben jetzt<br />
einen Beitrag zur Gesellschaft<br />
zu leisten. Doch das funktioniert<br />
nicht, wenn wir uns in unseren<br />
löchern verkriechen. Der<br />
schweizerische Dichter Gottfried<br />
Am 18. März<br />
1848 jubeln<br />
Befreiungskämpfer<br />
in<br />
Berlin. Auch<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er<br />
haben in der<br />
Märzrevolution<br />
mitgekämpft.<br />
“Wir haben jetzt<br />
einen Beitrag zur<br />
Gesellschaft zu<br />
leisten. Doch das<br />
funktioniert nicht,<br />
wenn wir uns in<br />
unseren Löchern<br />
verkriechen.“<br />
Keller gibt uns hier eine klare Vorgabe:<br />
„Achte jedes Mannes Vaterland,<br />
aber das deinige liebe!“ lasst uns alle<br />
der Gesellschaft, unserem Vaterland,<br />
etwas zurückgeben. sei es direkte politische<br />
partizipation, freiwilliger Dienst<br />
oder eine andere der vielfältigen Möglichkeiten,<br />
die wir dazu haben.<br />
Damit will ich auch wieder auf die<br />
Revolutionäre zurückkommen, die wir<br />
einmal waren. Nein, wir machen keine<br />
Revolution mehr, aber sollten doch<br />
immer noch Visionäre sein. Visionäre,<br />
die etwas bewegen, etwas ändern und<br />
schaffen wollen. Visionäre, deren Ziele<br />
niemals erreicht werden dürfen, weil<br />
wir sonst die Idee der <strong>Burschenschaft</strong><br />
aus den Augen verloren haben. Wir<br />
müssen sie jedes Mal neu definieren,<br />
neu besetzen. Vor allem aber müssen<br />
wir uns unserer Ziele bewusst werden<br />
und gemeinsam in eine Richtung gehen<br />
und uns nicht durch innere streitigkeiten<br />
entzweien. „Geblieben ist<br />
uns doch der Kern. und den lasst fest<br />
uns halten!“ Den lasst uns gemeinsam<br />
halten und leben!<br />
academicus 1/2012<br />
25
26<br />
VeRBANDsleBeN<br />
Die <strong>Neue</strong>DB Akademie blickt auf zehn erfolgreiche Jahre zurück. Hier<br />
berichtet ein Trainer der ersten Stunde von seinen ganz persönlichen<br />
Erfahrungen in der Akademiearbeit.<br />
Als <strong>Burschenschaft</strong>er hat man<br />
es heute nicht ganz leicht: Die<br />
Themen Wertefindung und<br />
Ausrichtung der <strong>Neue</strong>nDB zeugen vom<br />
Ringen um den Weg in die Zukunft. Der<br />
Autor dieser Zeilen hat selbst noch die<br />
fruchtlosen Debatten der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Burschenschaft</strong> erlebt. spätestens mit<br />
der Wiedervereinigung arteten die hier<br />
postulierten positionen in bittere Realsatire<br />
aus. Als abgehobenes Blabla<br />
mit wenig Bezug zur gesellschaftlichen<br />
Realität stellten und stellen die heute<br />
dort vielfach vertretenen Ansichten eine<br />
Beleidigung für Intellekt und politisches<br />
empfinden eines eher „liberal“ geprägten<br />
Burschen dar.<br />
persönlicher einsatz auf Verbandsebene<br />
war dem Autor nach solchen<br />
erfahrungen nicht mehr vermittelbar.<br />
Andererseits bestand immer der<br />
Anspruch des gesellschaftlichen engagements.<br />
hier gibt es von Aktivitäten<br />
in politischen parteien bis hin zu<br />
berufsständischen Vereinigungen ein<br />
breites Angebot. Doch sucht nicht jeder<br />
die Bühne politischer Auseinandersetzung.<br />
und auch das Geklüngel im<br />
Vereins- oder Geschäftsleben ist nicht<br />
jedermanns sache. Mit der <strong>Neue</strong>nDB-<br />
Akademie fand sich dann doch noch<br />
das berühmte Deckelchen für mein<br />
persönliches Töpfchen.<br />
academicus 1/2012<br />
der funKe springt über<br />
Die Gründung der <strong>Neue</strong>nDB Akademie<br />
habe ich aus weiter Ferne erlebt.<br />
Zunächst schien es nur ein weiteres<br />
steckenpferd meines burschenschaftlich<br />
sehr engagierten Bundesbruders<br />
professor liehr zu sein. Doch dann<br />
wurde ich im wahrsten sinne des<br />
Wortes durch liehr für die Akademie<br />
„gekeilt“. Auf einem stiftungsfest in<br />
Freiburg wurde mir das projekt kurz<br />
persönlich vorgestellt und mein engagement<br />
mehr oder weniger verbindlich<br />
erwartet. „King liehr“ hatte gesprochen.<br />
Ausflüchte zwecklos.<br />
Das war auch nicht nötig. Ich fand die<br />
grundlegende Idee der Akademie von<br />
Anfang an überzeugend: eine außeruniversitäre<br />
Förderung von soft skills<br />
und Kenntnissen, die über den gelehrten<br />
Tellerrand hin ausreichen, sind<br />
hochrelevante The men in der umfassenden<br />
Bildung junger erwachsener.<br />
Das zeigte schon die eigene erfahrung.<br />
Im beruflichen Tagesgeschäft<br />
als creative Director einer internationalen<br />
Werbeagentur hatte ich täglich<br />
mit eben solchen lücken bei Mitgliedern<br />
meines Teams zu kämpfen.<br />
Außerdem fand ich es als Werber<br />
spannend, möglicherweise einen direkten<br />
eindruck vom Denken und Fühlen<br />
der Zielgruppe Jungakademiker<br />
zu gewinnen. Fehlte bloß noch mein<br />
persönliches Themen-Angebot für die<br />
Akademie.<br />
von frank BerndSen<br />
Franconia Freiburg (1984) und<br />
Alemannia Marburg (1987)<br />
zehn Jahre neuedB aKademIe<br />
perspeKtiVen für trAiner und teilnehMer<br />
Prof. Dr. med. H. Liehr<br />
“Ich fand die Idee der<br />
Akademie von Anfang<br />
an überzeugend.“<br />
Von der prAxis zur<br />
theorie – und uMgeKehrt<br />
Über den Beruf des Werbeexperten,<br />
hier des Texters und Konzepters, gibt es<br />
viele Klischees: ständig party, hübsche<br />
Mädels bis zum Abwinken, Geld satt –<br />
und all das im Gegenzug für die eine<br />
oder andere verrückte Idee. Die praxis<br />
sieht deutlich weniger glamourös aus:<br />
Das Geld ist hart erarbeitet, die partys<br />
fallen mangels Zeit und sponsoren aus.<br />
es herrscht ein brutaler Verdrängungswettbewerb,<br />
menschlich wie auch beim<br />
täglichen Kampf um die Gunst der Kunden.<br />
Der Trend zur spezialisierung ist<br />
ungebrochen. Wer weiß schon, was ein<br />
planner macht, wie der Traffic funktioniert<br />
oder was ein Innovation Manager<br />
leistet.<br />
Aus dieser Gemengelage ergab sich<br />
mein erstes produkt für die Akademie:<br />
der Workshop „Wie entsteht Werbung“.<br />
Als Ableitung, oder um im Thema zu<br />
bleiben, als „Abformat“, kam schnell die<br />
Kurzversion im Rahmen eines Vortrags<br />
hinzu. Aus der erfahrung des praktikers<br />
rundete die „schreibwerkstatt“, eine Anleitung<br />
zur erfolgreichen Konzeption und<br />
Texterstellung, mein Angebot ab.<br />
Die Inhalte habe ich selbst zusammengestellt<br />
und im laufe der Zeit ergänzt<br />
oder gestrafft. Bei den Tages-seminaren<br />
wechseln sich Frontalunterricht<br />
mit Übungen und spielerischen exkursen<br />
ab. Durch direkte Anwendung und<br />
erprobung soll der vermittelte stoff<br />
schnell für die individuelle Nutzung<br />
erschlossen werden. Mit einer zum seminarende<br />
ausgegebenen Zusammenfassung<br />
besteht für alle Teilnehmer die<br />
Möglichkeit, das Gelernte nachzuarbeiten<br />
oder zu vertiefen.<br />
Diese Konzeptionsarbeiten habe ich<br />
zunächst noch aus dem Bauch heraus<br />
entwickelt. heute bietet die <strong>Neue</strong>DB<br />
Akademie für ihre Trainer ein eigenes<br />
Angebot mit zahlreichen hilfestellungen<br />
bei der seminar-Konzeption an. unter<br />
dem Motto „Train the Trainer“ wird hier<br />
eine entsprechende Qualitätssicherung<br />
gewährleistet.<br />
Mit „offeneM herzen bei<br />
der sAche“<br />
Das leben als Akademie-Referent ist<br />
abwechslungsreich. Mit etwa drei Veranstaltungen<br />
pro Jahr ist der Aufwand<br />
für mich jedoch überschaubar. Durch<br />
meinen zentra len<br />
Wohnort Frankfurt<br />
kann ich einen großen<br />
Teil der Veranstaltungsorte<br />
in<br />
vertretbarer Zeit<br />
mit der Bahn erreichen.<br />
Vor ort ist in der Regel dann alles<br />
gut vorbereitet. Ich treffe auf motivierte<br />
Teilnehmer, bei etwa einem Drittel<br />
der Veranstaltungen sind darunter<br />
auch Frauen. Ich begrüße das sehr, da<br />
die Damen meist eigene, weibliche Akzente<br />
setzen.<br />
Jede Veranstaltung beginnt mit einer<br />
Vorstellungsrunde, so dass ich mir ein<br />
erstes Bild von den Teilnehmern, ihrer<br />
Motivations- und Interessenlage machen<br />
kann. umgekehrt erfahren die<br />
Teilnehmer, was sie von mir erwarten<br />
dürfen. es ist immer wieder erstaunlich,<br />
wie manche im Rahmen eines solchen<br />
gemeinsamen Tages aus sich herauskommen<br />
und die Veranstaltung durch<br />
wirklich originelle Beiträge bereichern.<br />
Bei den schreibübungen fallen für mich<br />
häufig echte Formulierungsperlen ab.<br />
Diese sind dann oft steilvorlagen für einen<br />
knappen, lehrreichen Kommentar.<br />
“Unter dem Motto<br />
„Train the Trainer“<br />
wird Qualitätssicherung<br />
gewährleistet.“<br />
Der Teilnehmer, der zum Beispiel<br />
„mit offenem herzen“ bei<br />
der sache war, musste Gott<br />
sei Dank nicht mit dem Rettungswagen<br />
abgeholt werden.<br />
Auch beim Texten im Bildzeitungsstil<br />
wird nicht mit Wortwitz<br />
gegeizt.<br />
Bei Raucherpausen oder dem<br />
gemeinsamen Mittagessen<br />
erfährt man dann en passant<br />
auch viel über die Nöte heutiger<br />
studenten. Bisweilen trifft<br />
man sehr geistreiche Köpfe<br />
und oft frage ich mich dann, wo<br />
diese wohl in 20 oder 30 Jahren<br />
beruflich stehen werden.<br />
Bei vielen scheint die steile Karriere<br />
durchaus im Rahmen des<br />
Möglichen zu liegen.<br />
Nach einem solchen gemeinsamen<br />
Arbeitstag bietet die Rückfahrt<br />
noch einmal Gelegenheit zu einem<br />
persönlichen Resümee. In der Regel war<br />
es ein anstrengen-<br />
der, aber schöner<br />
Tag, der seinen ursprung<br />
im Wirken<br />
der <strong>Neue</strong>nDB-Akademie<br />
gefunden hat.<br />
MAnche ideen überzeugen<br />
Auf den ersten blicK<br />
Die Referententätigkeit für die <strong>Neue</strong>DB-<br />
Akademie bietet bei überschaubarem<br />
zeitlichem einsatz viel potenzial für interessante,<br />
das heißt persönlich bereichernde<br />
Begegnungen. seminare der<br />
Akademie ermöglichen den Blick über<br />
den eigenen Tellerrand, sie fördern Verständnis<br />
und Toleranz. Aus meiner sicht<br />
ist die <strong>Neue</strong>DB-Akademie ein hervorragendes<br />
Forum für persönliches burschenschaftlich<br />
geprägtes und damit<br />
gesellschaftlich wünschenswertes engagement.<br />
Ich würde mich freuen, wenn<br />
dieser Artikel den einen oder anderen<br />
leser zu einem ähnlichen engagement<br />
motiviert. In diesem sinne: Willkommen<br />
bei der <strong>Neue</strong>nDB-Akademie!<br />
“Die <strong>Neue</strong>DBAkademie<br />
ist ein hervorragendes<br />
Forum für gesellschaftlichwünschenswertes<br />
Engagement.“<br />
Über den Autor: Frank Berndsen ist Mitglied der <strong>Burschenschaft</strong>en Franconia<br />
Freiburg (Ws 1984) und Alemannia Marburg (ss 1987). Nach dem Jurastudium<br />
wählte er den Quereinstieg in die Werbebranche. er arbeitete als Texter<br />
und Konzepter in renommierten Werbeagenturen unter anderem für Kunden<br />
wie Jaguar, Renault, sTADA, p&G sowie zahlreiche Banken und Finanzdienstleister.<br />
seit 2005 ist er als Freier Texter in Frankfurt überwiegend für eigene<br />
Kunden aus dem Finanz- und Beratungssektor tätig. In der <strong>Neue</strong>nDB Akademie<br />
engagiert er sich ehrenamtlich als Referent sowie als Beauftragter für die<br />
Außendarstellung. Kontakt: Frank.Berndsen@GeldundguteWorte.de<br />
academicus 1/2012<br />
27
28<br />
VeRBANDsleBeN<br />
Bubenreuther auf dem weg<br />
zur 200-JAhr-feier<br />
von arnulf BauMann<br />
<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther (1951)<br />
es gibt auch unter den <strong>Burschenschaft</strong>en wenige Vereinigungen<br />
in Deutschland, die auf eine 200-jährige<br />
Geschichte zurückblicken können. Die erlanger<br />
<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther wird in fünf Jahren<br />
dazugehören, denn sie führt sich auf die Rückkehrer vom<br />
Wartburgfest zurück, die im Dezember 1817 eine den<br />
größten Teil der damaligen studentenschaft umfassende<br />
erlanger <strong>Burschenschaft</strong> gründeten.<br />
Vor einem halben Jahrzehnt wurde ein Buben reu ther<br />
Geschichtsausschuss ge grün det, der sich der Vorbereitungen<br />
für dieses große Jubiläum angenommen hat. Neben<br />
kleineren Aktionen (Gedenktafel am Gasthof „Mörsbergei“<br />
in Bubenreuth mit hinweis auf die demokratische Tradition<br />
der <strong>Burschenschaft</strong>, Öffnung des „Bubenreuther hauses“ in<br />
erlangen am „Tag des offenen Denkmals 2010“) haben wir<br />
uns auch größere Aufgaben vorgenommen, wie die Überführung<br />
des bis in die Zeit der urburschenschaft zurückgehenden<br />
Bubenreuther Archivs in die obhut des gerade<br />
neu gebauten erlanger stadtarchivs (die Digitalisierung<br />
der Bestände ist gerade angelaufen) und die Vorbereitung<br />
einer Festschrift, die die gesamten 200 Jahre einer kritischen<br />
Überprüfung unterziehen wird. In diesem Jahr läuft<br />
ein liederwettbewerb, der den Bubenreuthern neue lieder<br />
und Melodien einbringen soll. Der Grundgedanke bei alledem<br />
ist es, eine größere Öffnung zur Öffentlichkeit hin zu<br />
erreichen. Davon zu berichten, mag auch anderen Bünden<br />
Anregungen geben.<br />
in JedeM JAhr ein theMA<br />
Für die kommenden Jahre ist geplant, in jedem Jahr ein bestimmtes<br />
Thema in den Fokus zu nehmen, das die Bedeutung<br />
der Bubenreuther für die Gesamtgesellschaft stärker<br />
ins Bewusstsein rücken soll.<br />
academicus 1/2012<br />
2012 ist (aus Anlass einer Veröffentlichung über straßennamen<br />
in erlangen) eine Busfahrt zu den 13 erlanger straßen<br />
vorgesehen, die nach Bubenreuthern benannt sind, mit einem<br />
Abstecher nach Bubenreuth, wo drei weitere straßen<br />
zu besuchen sind.<br />
2013 denken wir an<br />
eine Wanderung im<br />
oberhessischen Bergland,<br />
im Gebiet des<br />
hohen Meißner. Dort<br />
fand sich 1913 die<br />
deutsche Jugendbewegung,<br />
der „Wandervogel“,<br />
zu einem<br />
am Vorbild des Wartburgfestesausge-<br />
“Eine größere<br />
Öffnung zur<br />
Öffentlichkeit<br />
hin erreichen.“<br />
richteten Jugendtreffen zusammen. Davon gingen weitreichende<br />
Impulse auch auf <strong>Burschenschaft</strong>en aus. Man denke<br />
hier nur an die Gestalt des ernst Wurche in Walter Flex’<br />
„Wanderer zwischen beiden Welten“ und daran, dass die<br />
Jugendburg ludwigstein an der Werra von einem Bubenreuther<br />
gegründet wurde.<br />
2014 soll dann die „Mörsbergei“ in Bubenreuth im Mittelpunkt<br />
des Interesses stehen, ein seit dem 17. Jahrhundert<br />
bestehender fränkischer Gasthof, der seit den Tagen der<br />
urburschenschaft Treffpunkt der Burschen ist und der 1914<br />
von der <strong>Burschenschaft</strong> erworben wurde. In der Zeit der<br />
Demagogenverfolgung nach 1833 war die Mörsbergei ein<br />
Rückzugsort, an dem sich die Bubenreuther – nunmehr unter<br />
diesem damals unverfänglichen Namen – sammeln und<br />
regenerieren konnten. Bis heute findet dort jedes Jahr die<br />
von der Jugend des ortes und der <strong>Burschenschaft</strong> gemeinsam<br />
gefeierte Bubenreuther Kirchweih statt – einzigartig in<br />
ganz Deutschland!<br />
2015 richtet sich das Interesse auf die Gründung der Jenaer<br />
urburschenschaft, für die Bubenreuther auf die traditionell<br />
engen Beziehungen zur Burgkellerburschenschaft in Jena,<br />
die zur Gründung des „Roten Verbands“ geführt haben und<br />
die bis heute nachwirken. Wenn es gelingt, soll nach alter<br />
Burschensitte sogar eine Fußwanderung von erlangen nach<br />
Jena stattfinden.<br />
2016 sollen die vielen bedeutenden Wissenschaftler verschiedener<br />
Fakultäten herausgestellt werden, die im laufe<br />
der beiden Jahrhunderte aus den Bubenreuthern hervorgegangen<br />
sind und die nicht nur in erlangen, sondern weit<br />
darüber hinaus ihren Beitrag zur entwicklung von Wissenschaft<br />
und Forschung geleistet haben.<br />
2017, im Jubiläumsjahr, sollen monatliche Veranstaltungen<br />
schließlich auf verschiedene Aspekte des burschenschaftlichen<br />
lebens eingehen, die für die entwicklung der Demokratie<br />
in Deutschland bedeutsam geworden sind.<br />
1886 wurde die Vereinigung Alter <strong>Burschenschaft</strong>er Krefeld<br />
gegründet. Zur Feier des 125-jährigen Bestehens<br />
begaben sich etwa 30 Damen und herren der VAB nach<br />
Xanten am Niederrhein. Nach dem Besuch des neu eröffneten<br />
Römermuseums gab es ein festliches Abendessen<br />
in der römischen Taverne im Römerpark (Archäologischer<br />
park Xanten). Anschließend besuchten wir die premiere der<br />
oper „carmen“ im Amphitheater des parks, die mit einem<br />
brillanten Feuerwerk beendet wurde. Am nächsten sonntagmorgen<br />
wurde die Jubiläumsveranstaltung mit einem<br />
exbummel nach Rees-Grietherort am Niederrhein und einem<br />
Fischessen abgeschlossen.<br />
dAs bild der burschenschAft<br />
Verbessern<br />
Diese knappen Andeutungen mögen genügen, um eine Vorstellung<br />
davon zu erhalten, was wir planen. Wer nähere Informationen<br />
wünscht, kann diese von der aktiven <strong>Burschenschaft</strong><br />
bekommen. Wir erhoffen uns von diesen projekten und Veranstaltungen,<br />
dass sie dazu beitragen, das in der Öffentlichkeit<br />
verbreitete Bild der <strong>Burschenschaft</strong>en überhaupt und der Bubenreuther<br />
im Besonderen aufzulockern, zu erweitern und zu<br />
vertiefen. es soll nicht länger auf die hitlerzeit, ihre Vorstufen<br />
und Nachwirkungen fixiert bleiben und wir sollen nicht immer<br />
nur nach der Nähe zum Rechtsextremismus befragt werden.<br />
Die <strong>Burschenschaft</strong> hat mit ihren Farben schwarz-rot-gold,<br />
noch mehr aber mit ihrem Ringen um die Freiheit und einheit<br />
Deutschlands ganz wesentlich zur entwicklung der Demokratie<br />
in unserem land und darüber hinaus beigetragen. Das gilt es<br />
wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken. Dazu wollen wir die<br />
mit dem kommenden Jubiläum gebotenen chancen nutzen.<br />
dr. klauS BeuScher<br />
Seit 40 Jahren Vorsitzender<br />
der VAB Krefeld<br />
125 jahre VAB krefeld<br />
40 JAhre Vorsitzender dr. KlAus beuscher<br />
von hanS engelSkirchen<br />
Danziger <strong>Burschenschaft</strong> Alemannia zu Aachen<br />
Bei der Festveranstaltung dankten die Mitglieder auch Dr.-<br />
Ing. Klaus Beuscher (<strong>Burschenschaft</strong> Gothia Berlin), der seit<br />
40 Jahren sehr erfolgreich unsere VAB führt. Jedes Jahr<br />
werden unter seiner leitung und planung etwa 20 Veranstaltungen<br />
durchgeführt. Bei Vorträgen, Ausflügen, Besichtigungen<br />
und sportlichen events (Boule-Turnier, Tennisturnier,<br />
segeltour, Radtour, etc.) treffen sich jedes Mal 20 bis<br />
30 Teilnehmer (Mitglieder und Damen). Die Damen sind zu<br />
allen Veranstaltungen eingeladen.<br />
Wir hoffen sehr, dass sich auch weiter viele jüngere <strong>Burschenschaft</strong>er,<br />
die im umkreis von Krefeld leben, unserer<br />
sehr aktiven VAB anschließen.<br />
academicus 1/2012<br />
29
30<br />
VeRBANDsleBeN<br />
1902<br />
Mit viel engagement pflegt der Denkmalerhaltungsverein (einschließlich<br />
Vorläufer) seit 1902 mit mehr oder weniger großer<br />
unterstützung durch die burschenschaftliche Öffentlichkeit<br />
das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal in eisenach. Warum eigentlich?<br />
Die pflicht zur erhaltung erwächst nicht aus dem Wunsch, ein<br />
altes Gemäuer zu bewahren, um einer alten und vergangenen<br />
Tradition willen. Vielmehr ist es wichtig, die sinngebung<br />
dieses Denkmals zu begreifen, die in der heutigen Zeit noch<br />
höchst aktuell ist und immer wieder unsere burschenschaftlichen<br />
Ideale anmahnt.<br />
Nach langen Jahren der Diskussion um die architektonische<br />
Ausgestaltung und die Widmung des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals<br />
wurde es endlich am 22. Mai 1902 mit einer nie wieder<br />
stattgefundenen burschenschaftlichen stärkedemonstration<br />
und mit hoher Beachtung durch die Medien eingeweiht.<br />
Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal ist dem Geschichtsbild um die<br />
Wende zum 20. Jahrhundert geschuldet. es sollte zur Zeit<br />
der einweihung keine Totenburg mit heldenverehrung mehr<br />
werden, sondern ein symbol für den Aufbruch in die Zukunft<br />
eines freien und geeinten Deutschlands. Über dem eingang<br />
empfängt den Besucher die erste wichtige burschenschaftliche<br />
programmatik:<br />
„Dem geeinten Vaterlande“<br />
Öffnet man die schwere Tür, die bis auf die Türbeschläge<br />
der Beschreibung des Tors von Walhall in der germanischen<br />
sage nachempfunden ist, findet man an der Innenseite die<br />
Widmung des Denkmals, die den Zeitgeist dieser periode widerspiegelt:<br />
„Den <strong>Deutsche</strong>n Jünglingen und Männern, die nach glorreichen<br />
Befreiungskriegen den Gedanken nach nationaler<br />
einheit fassten und ins Volk trugen, die in trüben Zeiten der<br />
Verdächtigung und der Verfolgung an ihm festhielten, ihn<br />
hegten und für ihn stritten, die in heißen Völkerkämpfen ihr<br />
academicus 1/2012<br />
“Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
geht alle<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er an!“<br />
110 Jahre <strong>Burschenschaft</strong>sdenKmal<br />
In eIsenach<br />
von eBerhard Schatz<br />
Teutonia Aachen, ADB Cheruscia und vorsitzender<br />
des Denkmalerhaltungsvereins Eisenach e.v.<br />
teures Blut für seine Verwirklichung vergossen und in großer<br />
Zeit durch Willenskraft, Feldherrenkunst und staatsweisheit<br />
zu schöner That werden liessen, weiht dieses Denkmal in unauslöschlicher<br />
Dankbarkeit die <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong>.“<br />
die stAsi hAt die zerstörung einWAndfrei<br />
doKuMentiert<br />
Diese Widmung greift eine zeitgenössische schilderung<br />
über das Innenensemble auf: „gemäß der Widmung<br />
standen diejenigen, die Deutschland durch Willenskraft<br />
und staatsweisheit einten, im Mittelpunkt.<br />
2,7 Meter hohe statuen Kaiser Wilhelm<br />
I., seines Kanzlers otto von Bismarck, seines<br />
Kriegsministers Albrecht von Roon und seines<br />
Feldmarschalls helmuth von Moltke“. Als<br />
Bezug zum Wartburgfest 1817 wurde auch die<br />
statue von Großherzog carl August von sachsen-Weimar-eisenach<br />
aufgestellt, dem Beschützer<br />
und Mentor der urburschenschaftlichen Bewegung.<br />
Zwischen den statuen waren auf Tafeln<br />
die Namen der 87 <strong>Burschenschaft</strong>er aufgeführt,<br />
die in den Kriegen nach 1815 „in heißen Völkerkämpfen<br />
ihr teures Blut [...] vergossen“. Die ornamentik<br />
unter den Tafeln symbolisierte Trauer und<br />
schmerz, nicht heldenverehrung. Den Fuß der<br />
Gedenktafeln umrahmten opferflammen und<br />
Köpfe sterbender Krieger, teils in schmerzvoller<br />
Bewegung, teils friedlich entschlummernd.<br />
leider fand sich in den Archiven keine Innenaufnahme<br />
des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals. Aber der<br />
stasi der ehemaligen DDR sei Dank, hat sie doch<br />
wenigstens die statuen vor der Zerstörung in<br />
den 1960er-Jahren einwandfrei dokumentiert.<br />
Über den ehemaligen Gedenktafeln<br />
sind heute noch die klangvollen Namen<br />
eingemeißelt zu sehen, die sich als die<br />
wichtigsten Vorläufer, Mitbegründer<br />
und Förderer der burschenschaftlichen<br />
Idee und damit um die akademische<br />
Freiheitsbewegung im 19. Jahrhundert<br />
verdient gemacht haben: Fichte, Arndt,<br />
Jahn, Riemann, horn, scheideler, oken,<br />
Fries und luden. Reinste Jugendstilornamentik<br />
und Jugendstilfenster sind die<br />
Beigaben zur monumentalen Darstel-<br />
“Kein altes Gemäuer<br />
pflegen, sondern die<br />
Sinngebung dessen<br />
begreifen!“<br />
lung einer Götterschlacht von übernatürlicher<br />
Kraft an der Innenkuppel. Die<br />
Götterdämmerung, ein germanischer<br />
urmythos, in einem Rundtempel, dem<br />
der Gedanke des griechischen Tholos<br />
zugrunde liegt – welch ein gegensätzliches<br />
Arrangement. Der Kampf des<br />
Göttergeschlechts der Asen mit den<br />
Mächten der Finsternis, der endgültige<br />
Kampf zwischen Gut und Böse, der mit<br />
dem Weltuntergang endet. Im Bewusstsein<br />
der damaligen Zeitgenossen war<br />
dieser Mythos von<br />
Treuebruch, Verrat<br />
und Weltbrand als<br />
moralische entrüstung<br />
über schlechtigkeit<br />
und habsucht<br />
in dieser Zeit fest<br />
verankert. Aber es<br />
bestand die hoffnung, dass dem untergang<br />
die Reinigung und der sieg<br />
des lichtes folgen werden. Daher<br />
wird das Kuppelbild in der literatur<br />
als Gegenwarts- und Zukunftsprogramm<br />
der studentischen Jugend um<br />
1900 interpretiert. Die jungen <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
verstanden sich als<br />
streiter gegen eine unkultur des<br />
moralischen Verfalls und der<br />
materialistischen Überhöhung,<br />
die nur durch eine idealistische<br />
erneuerung überwunden werden<br />
kann. Mit dieser Deutung<br />
passt das Deckengemälde als<br />
Mahnung prächtig in die heutige<br />
Gegenwart, die durch materielle<br />
Gier und allgegenwärtige Vorteilsnahme<br />
gekennzeichnet ist.<br />
Da das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
also gegensätzliche symbolikelemente<br />
aufweist, stellt sich zu<br />
Recht die Frage, welche sinngebung<br />
es eigentlich besitzt:<br />
Ist es ein wilhelminisches siegesdenkmal<br />
für die vollendete<br />
einheit Deutschlands? oder<br />
eine erinnerungsstätte für<br />
den fortwährenden Kampf<br />
um freiheitliche Bürgerrechte? oder<br />
war es ein Wallfahrtsort für die sehnsüchte<br />
einer frustrierten studentengeneration?<br />
oder eine Ruhmesstätte für<br />
in verschiedenen Kriegen gefallene <strong>Burschenschaft</strong>er?<br />
die einWeihung: ein „siegesfest<br />
ohne gleichen“<br />
Am Tag der Denkmalsweihe, dem 22.<br />
Mai 1902, schrieb die eisenacher Zeitung<br />
auf ihrer Titelseite unter anderem:<br />
„Was jahrzehntelang der Traum des<br />
<strong>Burschenschaft</strong>ers gewesen, an durch<br />
Geschichte geweihter stätte ein Monument<br />
zum himmel ragen zu sehen, welches<br />
das Ringen und streben der Träger<br />
von schwarz-Rot-Gold versinnbildlicht,<br />
heute ist dieses sehnen erfüllt.“ und<br />
weiter unten ist zu lesen: „Den deutschen<br />
<strong>Burschenschaft</strong>en kann und wird<br />
in diesen Tagen niemand mehr das Verdienst<br />
streitig machen, daß sie es gewesen<br />
sind, welche den deutschen Nationalgedanken<br />
hoch gehalten haben zu<br />
einer Zeit, als es ein Wagnis war, von<br />
ihm auch nur zu sprechen, in einer Zeit,<br />
als Verzagtheit all überall die herzen ergriffen<br />
hatte.“ Nach einer Betrachtung<br />
der schlimmen Folgen des Wartburgfests<br />
und der wenig später eintretenden<br />
leiden der <strong>Burschenschaft</strong>er unter der<br />
Demagogenverfolgung fährt der leitartikel<br />
fort: „Mit welchem schweren unrecht!<br />
Denn auch dazumal war es das<br />
erste und einzige Ziel der deutschen<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er, deutschen Männern<br />
wieder ein freies Deutschland, ein geeintes<br />
Deutschland zu schaffen.“ Nach<br />
weiteren positiven Bewertungen des<br />
Wirkens der deutschen <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
in der ersten hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
wird das Recht abgeleitet, ein<br />
solches Denkmal bauen zu dürfen: „...<br />
darum hatten sie auch ein Recht, mehr<br />
als andere Körperschaften in deutschen<br />
landen, ein Denkmal zu erbauen, dem<br />
helden Kaiser Wilhelm I. und seinen<br />
paladinen, ihnen,<br />
31
32<br />
welche zu ende geführt, was der deutsche<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er von Anbeginn<br />
ersehnte und erstrebte. Kraftvoll die<br />
Idee verfolgend, kühn an ihr festhaltend<br />
in allen stürmen der politischen Zielrichtung,<br />
jedem pessimismus trotzend, so<br />
steht der deutsche <strong>Burschenschaft</strong>er in<br />
der historie, so stehen auch die säulen<br />
des Monuments...“ Die einweihungsfeier<br />
wurde in der presse als „siegesfest<br />
ohne gleichen für alle Bekenner von<br />
schwarz-Rot-Gold“ angekündigt.<br />
Vergessen wir einmal die wilhelminische<br />
Begeisterung und die Ausdrucksweise<br />
um 1900, kann man schon feststellen,<br />
dass das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal in<br />
den Medien als Denk- und Mahnmal für<br />
den Kampf der <strong>Burschenschaft</strong>en um<br />
ein freiheitliches und einiges Deutschland<br />
gefeiert wurde. Die symbolik des<br />
Denkmals umfasst die Geschichte der<br />
<strong>Burschenschaft</strong> ab der Gründung 1815<br />
über die beiden Wartburgfeste bis<br />
hin zum Deutsch-Französischen Krieg<br />
mit der Folge der Gründung des einheitsstaats.<br />
Das dem historisierenden<br />
Jugendstil zuzuordnende Bauwerk beschreibt<br />
aber auch den Willen der <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
nach moralischen Veränderungen<br />
in der Zukunft. es ist nicht<br />
nur ein einzigartiges Kunstwerk aus<br />
Architektur und bildender Kunst, sondern<br />
auch in seiner sinngebung äußerst<br />
komplex angelegt: germanisch-griechischer<br />
Mythos, deutsches Geistesleben,<br />
symbolisiert durch die Köpfe von<br />
Goethe, Beethoven und Dürer am helm<br />
des Denkmals, Kampf um einheit und<br />
Freiheit, ehrenmal für gefallene Krieger,<br />
burschenschaftliches Wollen, wilhelminischer<br />
Kaiserkult und Aufbruch in eine<br />
neue Zeit.<br />
iM dritten reich<br />
gerät dAs denKMAl<br />
in Vergessenheit<br />
Im Ausstellungskatalog zu Gussmann,<br />
lange und Dix ist eine prägnante<br />
Deutung des Gesamtkunstwerks „<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal“<br />
zu lesen. hier<br />
schreibt Timo Niegsch von der städti-<br />
academicus 1/2012<br />
schen Galerie Albstadt zur Bedeutung<br />
des Deckengemäldes: „symbolisch wird<br />
hier das hauptthema des Denkmals<br />
vorgetragen, die hart erkämpfte staatliche<br />
einheit Deutschlands“. und ich ergänze:<br />
es steht auch als symbol für das<br />
unermüdliche Ringen um die demokratischen<br />
Rechte in Deutschland im sinne<br />
von schwarz-Rot-Gold. Damit mahnt es<br />
seit 110 Jahren als Denkmal für einheit<br />
und Freiheit von der Göpelskuppe.<br />
Nach der großen einweihungsfeier<br />
begann der große weiße Fleck über<br />
die weitere Geschichte des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals.<br />
In der einschlägigen<br />
literatur, wie etwa in handbüchern der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> oder den<br />
<strong>Burschenschaft</strong>lichen Blättern, wurde<br />
einiges über das Burschenhaus und die<br />
langemarck-Gedenkstätte berichtet.<br />
Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal wurde<br />
jedoch nicht mehr thematisiert und geriet<br />
in der Zeit des Dritten Reichs völlig<br />
in Vergessenheit. erst aus DDR-Quellen<br />
erfährt man etwas über die weitere Bedeutung<br />
des Denkmals.<br />
1945 bis 1989<br />
Nach 1945 blieb das unbeschädigte<br />
<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal noch für einige<br />
Jahre das symbol der studentischen<br />
Bewegung, die ab 1815 nach der<br />
einigung Deutschland gestrebt hatte.<br />
Aus Anlass einer Festwoche zu ehren<br />
von Friedrich ludwig Jahn und zum<br />
135. Jahrestag des Wartburgfests zog<br />
am 19. oktober 1952 ein machtvoller<br />
Demonstrationszug mit an-<br />
nähernd 10.000 Teilnehmern<br />
aus allen Teilen Deutschlands<br />
zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal,<br />
um den Willen zur deutschen<br />
einheit zu bekräftigen. Viele<br />
Anfragen aus der Bevölkerung<br />
veranlassten das Bezirkssekretariat<br />
der Nationalen Front<br />
zu der Verlautbarung, dass<br />
man den inzwischen verfallenden<br />
Bau restaurieren und 1953 zur<br />
Besichtigung freigeben wolle. ebenso<br />
ist zu vermelden, dass das Burschen-<br />
schaftsdenkmal 1954 durch die Denkmalbehörde<br />
der damaligen DDR als ein<br />
Denkmal von besonderem nationalem<br />
und geschichtlichem Wert eingestuft<br />
wurde.<br />
Aber just in diesem Jahr änderte die<br />
seD-Führung die politische einstellung<br />
zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal: hatte<br />
man noch 1952 anlässlich des Wartburgfests<br />
die dem Denkmal anhaftende<br />
fortschrittliche Tendenz, nämlich<br />
ein symbol für einheit und Freiheit zu<br />
sein, betont, klang dies 1954 ganz anders:<br />
Der Rat der stadt war nun der<br />
Auffassung, dass das Denkmal „in keiner<br />
Weise in Beziehung zu dem historischen<br />
Geschehen des 18. oktobers<br />
1817 stehe“. Man verstieg sich sogar zu<br />
dem Gedanken, auf dem Wartenberg,<br />
auf dem sich die <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
1817 zur symbolischen Bücherverbrennung<br />
versammelt hatten, „ein neues<br />
<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal zu errichten,<br />
das in seiner künstlerischen Auffassung<br />
dem freiheitlichen Kampf der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />
von 1817 entspricht“. Aber die<br />
Idee vom Neubau war dann doch zu<br />
gewagt. Man diskutierte in der Folgezeit<br />
sehr intensiv die Art des umgangs<br />
mit dem bereits vorhandenen Denkmal.<br />
Das hauptproblem der DDR-oberen<br />
war das gespaltene Wesen des Denkmals<br />
– einerseits fortschrittliches, deutsches<br />
Geistesleben: Goethe, Beethoven,<br />
Dürer – andererseits junkerlicher,<br />
bourgeoiser Imperialismus: Wilhelm I.,<br />
Moltke, Bismarck: In diesem sozialistischen<br />
Dilemma wurden alternative<br />
handlungsweisen diskutiert. erstens<br />
“Zur 170. Wiederkehr<br />
des Wartburgfests<br />
äußerte Egon Krenz<br />
auf der Wartburg, dass<br />
in der DDR die Ziele<br />
der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />
verwirklicht seien.“<br />
die notdürftige bauliche sanierung und<br />
eine spätere entscheidung über die<br />
umgestaltung, also eine Verdrängung<br />
des gesellschaftspolitischen problems.<br />
Zweitens der umbau zu einer wissenschaftlichen<br />
Institution, etwa zu einer<br />
sternwarte, oder die umgestaltung zu<br />
einer Ruhmeshalle für Träger der humanität<br />
und dem gesellschaftlichen<br />
Fortschritt dienenden <strong>Deutsche</strong>n Wissenschaften,<br />
zuvörderst für die Begründer<br />
des wissenschaftlichen sozialismus,<br />
Karl Marx und Friedrich engels.<br />
bisMArcK-Kopf für eine<br />
flAsche schnAps<br />
Damit war für Diskussionsstoff gesorgt,<br />
mit dem man sich jahrelang auseinandersetzen<br />
konnte. eine entscheidung<br />
darüber ist nie gefallen. sichtbares<br />
ergebnis war hingegen der weitere<br />
Verfall des Denkmals und die zielgerichtete<br />
Zerstörung der noch erhaltenen<br />
Jugendstilfenster und des Innenensembles.<br />
etwa 1963, so die mündliche<br />
Überlieferung, zerstörte man die Gedenktafeln<br />
der für die einheit gefallenen<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er. Die bereits beschädigten<br />
standbilder wurden beseitigt.<br />
Die Köpfe von Bismarck und Roon entdeckte<br />
man nach der Wende in einem<br />
thüringischen Garten. sie sollen damals<br />
aus dem angerichteten Trümmerfeld<br />
für eine Flasche schnaps den Besitzer<br />
gewechselt haben.<br />
eine weitere Zäsur in der sozialistischen<br />
Bewertung des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals<br />
griff im Vorfeld des Wartburgfests<br />
1967 platz: Der Bau auf der Göpelskuppe<br />
sollte als Denkmal der „imperialistischen<br />
herrschaftspolitik“ bei der Feier<br />
keine Rolle mehr spielen. Alleiniges<br />
Denkmal für die <strong>Burschenschaft</strong>en sei<br />
die Wartburg. Die geschichtliche Begründung<br />
der geänderten Bewertung<br />
des Gesellschaftsbilds lieferte eine<br />
Denkschrift mit dem Titel: „Argumentation:<br />
unser standpunkt zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal“.<br />
Die seD-Kreisleitung<br />
eisenach ließ verlautbaren: „Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
wurde als Denkmal<br />
des preußisch-deutschen Kaisertums<br />
erbaut“. Weiter liest man: „In ihm<br />
wurde deutlich, wie reaktionäre Klas-<br />
sen progressive Bewegungen verfälschten...“.<br />
und es folgt: „es ist notwendig<br />
zu klären, dass keine reaktionären und<br />
imperialistischen Traditionen in der Geschichte<br />
des deutschen Volks bei uns<br />
gepflegt werden.“<br />
Dieser standpunkt verfestigte sich zeitweise<br />
derart, dass man sogar an eine<br />
sprengung des Denkmals dachte, auf<br />
neu erschienenen landkarten hatte<br />
man es ohnehin schon gestrichen. Doch<br />
aus dem Bewusstsein der eisenacher<br />
Bevölkerung konnte man das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
nicht verdrängen. Als<br />
eingaben und Anfragen überhandnahmen,<br />
plante die seD-Kreisleitung 1972<br />
eine erklärungstafel mit folgendem Inhalt<br />
aufzustellen: „Dieses Bauwerk wurde<br />
in Verfälschung der geschichtlichen<br />
Tatsachen am 22. Mai 1902 als <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
eingeweiht. seine<br />
Bestimmung war die Verherrlichung<br />
des preußisch-deutschen Kaisertums.<br />
Aus diesem Grund kann eine Renovierung<br />
als Baudenkmal nicht erfolgen.“<br />
Diese Tafel wurde jedoch nie angebracht.<br />
Wahrscheinlich war für die Aufstellung<br />
des schilds auch kein Geld vorhanden<br />
oder aber die seD-Kreisleitung<br />
traute ihren eigenen sprüchen nicht.<br />
Das Gelände um das Denkmal wurde<br />
anschließend zum Kinderspielplatz. Zur<br />
Verringerung der Gefahren, die Kinder<br />
kletterten nämlich in das Denkmal hinein,<br />
ließ man in den 1970er-Jahren die<br />
Fenster zumauern. Die nun fehlende<br />
luftzirkulation gab dem bereits schwerbeschädigten<br />
Deckengemälde vollends<br />
den Rest. In den 1980er-Jahren wurde<br />
erneut der umbau zur sternwarte diskutiert,<br />
um das ideologisch ungeliebte<br />
Denkmal einer „zweckmäßigen Nutzung“<br />
zuzuführen. Wegen fehlender<br />
Gelder waren diese planungen natürlich<br />
von vornherein utopisch.<br />
dAs schWeigen der Medien<br />
WAr gebrochen<br />
erst ab 1986 tat sich wieder etwas. Der<br />
Verfall der Außenanlagen hatte das<br />
Denkmal immer mehr zur Gefahren-<br />
quelle werden lassen. Aber auch das<br />
schweigen der Medien war gebrochen.<br />
Besonders die Thüringische landeszeitung<br />
berichtete immer wieder über<br />
das Denkmal. es wurden Artikel publiziert,<br />
die den schlechten Zustand des<br />
Denkmals beklagten, die das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
aber auch historisch<br />
beleuchteten. eine Baubrigade der<br />
Interessengemeinschaft Denkmalpflege,<br />
also eine private Initiative, begann<br />
ohne größere finanzielle Mittel mit<br />
Aufräumarbeiten im umfeld des Denkmals.<br />
Diese Bewegung von unten hatte<br />
ihre treibende Kraft im späteren leiter<br />
der Wartburg-Bauhütte, dem ehrenmitglied<br />
des DeV, hans-Jürgen lehmann.<br />
Die Baubrigade konnte durch den Wiederaufbau<br />
der stützmauer zwischen<br />
den Freitreppen eine Vollsperrung des<br />
Geländes verhindern. Das Denkmal<br />
wurde von Bergsteigern von inzwischen<br />
üppigem Baumbewuchs befreit und die<br />
gröbsten schäden an der Verfugung<br />
wurden notdürftig repariert. Man konnte<br />
leicht feststellen: Das leben kehrte<br />
zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal zurück.<br />
Auch der politischen Führung passte<br />
die <strong>Burschenschaft</strong>liche Bewegung wieder<br />
vermehrt in ihr politisches Konzept.<br />
Zur 170. Wiederkehr des Wartburgfests<br />
äußerte egon Krenz auf der Wartburg,<br />
dass in der DDR die Ziele der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />
verwirklicht seien. Der eisenacher<br />
stadtchronist egon humberg veröffentlichte<br />
eine Denkschrift, in der er<br />
die bereits 1954 gemachte Feststellung<br />
des Denkmalamts aufgriff: „Der Bau<br />
von Wilhelm Kreis gehört in die Reihe<br />
der deutschen Nationaldenkmäler des<br />
19. und 20. Jahrhunderts“. er forderte<br />
daher: „Das Denkmal in eine Gedenkstätte<br />
der fortschrittlichen deutschen<br />
studentenbewegung umzuwandeln, damit<br />
es endlich seinem Namen zur ehre<br />
gereiche“.<br />
die zeit nAch 1989<br />
Durch eine Wende in der Geschichte<br />
fand das über fünfzig Jahre vernachlässigte<br />
<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal in der<br />
academicus 1/2012<br />
33
34<br />
friedlichen Revolution ab 1989 seinen alten<br />
sinngehalt wieder. Das Denkmal für<br />
einheit und Freiheit war das symbol für<br />
den Willen des Volks nach freiheitlicher<br />
selbstbestimmung (wir sind das Volk!),<br />
das wenig später die Forderung nach<br />
der Wiederherstellung der deutschen<br />
einheit (wir sind ein Volk!) artikulierte.<br />
Die äußere Widmung „Dem geeinten<br />
Vaterlande“, die über der eingangstür<br />
eingemeißelt ist, war aktueller denn je.<br />
Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal prägt<br />
nun seit 110 Jahren das stadtbild von<br />
eisenach. Wenn man sich der stadt von<br />
osten her nähert, sind das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
und die Wartburg,<br />
zusammen mit den Ausläufern des<br />
Thüringer Walds, die Bauwerke, die die<br />
silhouette eisenachs entscheidend bestimmen.<br />
Doch wenn man 1991 vor dem<br />
der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> rückübertragenen<br />
Denkmal stand, konnte<br />
man die schreckliche Zerstörung nach<br />
55 Jahren der Vernachlässigung erst<br />
richtig erkennen. Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
und die Rotunde waren stark<br />
einsturzgefährdet. Die Fenster waren<br />
zugemauert, die steine der Außenkuppel<br />
durch Blitzschlag lose und verschoben,<br />
die Innenkuppel als Träger des<br />
Deckengemäldes völlig durchfeuchtet,<br />
das Deckengemälde nur noch in Fragmenten<br />
zu sehen. Der Innenraum glich<br />
einer Tropfsteinhöhle. Das Gelände war<br />
verwildert und die Außenanlagen in<br />
marodem Zustand. Wir <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
bekamen das Mahnmal für einheit<br />
und Freiheit, unser stolzes symbol der<br />
<strong>Burschenschaft</strong>lichen Bewegung, das<br />
mit seiner weit sichtbaren silhouette<br />
den langen Jahren der Diktatur getrotzt<br />
hatte, als Bauruine zurück.<br />
seit dem Fall der Mauer sind mehr als<br />
20 Jahre vergangen. etwa 1,8 Millionen<br />
euro wurden in diesem Zeitraum an<br />
landesmitteln, spenden, Beiträgen und<br />
Darlehen in die Wiederherstellung des<br />
<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals gesteckt.<br />
Wir <strong>Burschenschaft</strong>er können zufrieden<br />
sein, dass es gelungen ist, den Jugendstilbau<br />
auf der Göpelskuppe zu restaurieren<br />
und der Öffentlichkeit zugänglich<br />
zu machen. Durch die Ausstellung im<br />
academicus 1/2012<br />
Inneren des Denkmals werden immerhin<br />
jährlich mehr als 10.000 Besucher<br />
über die burschenschaftliche Geschichte<br />
aufgeklärt. und es hat auch seine<br />
ursprüngliche sinngebung wieder erhalten:<br />
es steht für schwarz-Rot-Gold,<br />
den oberbegriff für einheit und Freiheit,<br />
für demokratische Grundrechte in<br />
Deutschland.<br />
dAs burschenschAftsdenKMAl<br />
sollte uns<br />
Mut MAchen<br />
Zur Zeit seiner einweihung<br />
1902 war es ein siegestempel<br />
für diese burschenschaftlichen<br />
Ideale und kaum jemand konnte<br />
sich vorstellen, dass danach<br />
einheit und Freiheit in Deutschland<br />
immer wieder neu erkämpft<br />
werden mussten. Was<br />
hindert uns daran, es auch den Vätern<br />
des Grundgesetzes und den Bürgern<br />
der gewaltfreien Revolution in der ehemaligen<br />
DDR zu widmen? Bis zur Wende<br />
sind <strong>Burschenschaft</strong>er unermüdlich<br />
für die Wiedervereinigung eingetreten.<br />
sie mussten sich dafür als Faschisten<br />
und Rechtsradikale beschimpfen lassen.<br />
Viele <strong>Burschenschaft</strong>er verlieren<br />
heutzutage den Mut, für die ewig jun-<br />
gen Ideale der urburschenschaft einzutreten.<br />
sie lassen sich durch die öffentliche<br />
Meinung stark beeindrucken. Wir<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er müssen uns wieder<br />
deutlicher gegen die fortschreitende<br />
einschränkung der Freiheitsrechte in<br />
Deutschland artikulieren. unser wiedererstrahltes<br />
und mächtiges symbol<br />
in eisenach, das den fast 200-jährigen<br />
Kampf um schwarz-Rot-Gold repräsentiert,<br />
sollte uns dabei Mut machen.<br />
Trotz seines hohen Alters von 110 Jahren<br />
verkörpert das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
ewig junge Ideale, die auch für<br />
“Wir <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
bekamen das<br />
Mahnmal für Einheit<br />
und Freiheit als<br />
Bauruine zurück.“<br />
ein demokratisch legitimiertes europa<br />
tauglich sind. Deswegen haben wir die<br />
Verpflichtung, unser burschenschaftliches<br />
Wahrzeichen zu erhalten und in<br />
eine gute Zukunft zu führen. Alle <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
sollten sich dieser Aufgabe<br />
verpflichtet fühlen, nicht nur eine<br />
idealistisch eingestellte Minderheit.<br />
Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal geht<br />
alle <strong>Burschenschaft</strong>er an!<br />
Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal ist dem Geschichtsbild um die Wende zum<br />
20. Jahrhundert geschuldet.<br />
VeRBANDsleBeN<br />
“Langfristiges,<br />
verantwortungsvolles<br />
Denken<br />
und Handeln wird<br />
immer wichtiger.“<br />
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />
hat im Februar 2011 das programm „Deutschlandstipendium“<br />
ins leben gerufen. Damit werden seit dem<br />
sommersemester 2011 studierende, deren Werdegang herausragende<br />
leistungen in studium und Beruf erwarten lässt,<br />
mit 300 euro monatlich gefördert. Der leistungsbegriff, der<br />
dem stipendium zugrunde liegt, ist bewusst weit gefasst:<br />
Gute Noten und studienleistungen gehören ebenso dazu wie<br />
die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, oder das erfolgreiche<br />
Meistern von hindernissen im eigenen lebens- und<br />
Bildungsweg.<br />
„Wir leisten uns tAlente“<br />
Aufgabe der hochschulen, die sich beteiligen wollen, ist es,<br />
für die vom Bund vorgegebene Zahl an stipendien Förderer zu<br />
gewinnen, die die hälfte des Betrages – also pro stipendium<br />
150 euro monatlich für die Dauer von einem Jahr – übernehmen.<br />
Das können Wirtschaftsunternehmen, stiftungen oder<br />
andere Vereinigungen sein, die damit einen wichtigen Beitrag<br />
zur Ausbildung von Topkräften in Wirtschaft, Wissenschaft,<br />
Kultur und anderen Bereichen der Gesellschaft leisten. Der<br />
Bund steuert die andere hälfte des stipendienbetrages bei.<br />
Als erste und bislang einzige <strong>Burschenschaft</strong> hat sich Rugia<br />
Darmstadt bereits im ersten Jahr an dieser Form der Förderung<br />
des akademischen Nachwuchses beteiligt. Als offizieller<br />
Förderer des Deutschlandstipendiums hat die „<strong>Burschenschaft</strong><br />
Rugia – AhB Rugia e. V.“ drei der 91 stipendien, die<br />
an der Tu Darmstadt vergeben wurden, übernommen. Insgesamt<br />
hatten sich fast 1.200 studierende für den unter dem<br />
Motto „Wir leisten uns Talente“ erstmals bereitgestellten unterstützungstopf<br />
im programm der Tu Darmstadt beworben.<br />
Die <strong>Burschenschaft</strong> Rugia, die als Förderer ein Mitspracherecht<br />
bei der Auswahl der stipendiaten hatte, hat sich für die<br />
Am 2. Dezember 2011 wurden die ersten Deutschlandstipendien an der TU<br />
Darmstadt feierlich vergeben. Hier beglückwünschen der Vorsitzende des<br />
AHB Rugia e.V., Eckhard Garrelts (r.), und der Aktivenvertreter der Rugia<br />
Darmstadt, Kai Jin (2. v. r.), eine der Stipendiatinnen. (Foto: TU Darmstadt)<br />
rugIa fördert talente<br />
deutschlandstIpendIum<br />
Förderung von drei studentinnen entschieden, die über ihre<br />
besonderen leistungen hinaus ein hohes gesellschaftliches<br />
und persönliches engagement gezeigt haben.<br />
leistung Kein selbstzWecK<br />
Der Vorsitzende des AhB Rugia, eckhard Garrelts, erklärte<br />
zum engagement seiner <strong>Burschenschaft</strong>: „Wir unterstützen<br />
das Deutschlandstipendium an der Tu Darmstadt, weil wir<br />
mit großer Freude einer Initiative folgen wollen, die studenten<br />
fördert, die sich über die besondere leistung hinaus<br />
durch ein engagement für die Gemeinschaft auszeichnen.<br />
hat doch gerade die entwicklung in den vergangenen Jahren<br />
gezeigt, dass es eben nicht auf pure selbstbezogenheit und<br />
den kurzfristigen erfolg im Job ankommen sollte, sondern<br />
dass vielmehr langfristiges, verantwortungsvolles Denken<br />
und handeln immer wichtiger werden. leistung ist also kein<br />
selbstzweck an sich, sondern gewinnt erst auf gemeinsamer<br />
Wertebasis einen sinn. Andererseits kommt es ja – trotz aller<br />
globalen Normierungswut – auf den charakter jedes einzelnen<br />
Menschen als Individuum an. und all dies entspricht genau<br />
dem selbstverständnis unserer seit 110 Jahren gelebten<br />
Wertegemeinschaft.”<br />
Der präsident der Tu Darmstadt, prof. Dr. hans Jürgen prömel,<br />
sprach der <strong>Burschenschaft</strong> Rugia den Dank der hochschule<br />
für die Förderung der drei besonders leistungsstarken<br />
studierenden aus. Das statement des Ah-Vorsitzenden der<br />
Rugia wurde sogar auf der offiziellen Website der Tu Darmstadt<br />
veröffentlicht.<br />
Zu den stiftern der Deutschlandstipendien an der Tu Darmstadt<br />
gehörten im Jahr 2011 neben der <strong>Burschenschaft</strong> Rugia<br />
auch die unternehmen BAsF, siemens AG, <strong>Deutsche</strong><br />
Bahn, <strong>Deutsche</strong> Telekom AG und zahlreiche weitere Firmen<br />
und stiftungen.<br />
academicus 1/2012<br />
35
36<br />
ANZeIGe<br />
academicus 1/2012<br />
BuBenreuther<br />
lIederwettBewerB<br />
einsendefrist bis 31. August<br />
Bei den Bubenreuthern ist nicht das <strong>Deutsche</strong> Kommersbuch<br />
in Gebrauch, sondern ein eigenes Bubenreuther Liederbuch<br />
sowie ein sogenanntes „Anstichliederbuch“. Diese sollen<br />
nun erweitert werden.<br />
Im Vorfeld ihres 200-jährigen Jubiläums 2017 will die <strong>Burschenschaft</strong><br />
der Bubenreuther nach innen und nach außen<br />
hin alljährlich besondere Akzente setzen. einer davon soll im Jahr 2012 ein<br />
liederwettbewerb (für Text und Melodie) sein, der das traditionelle Gesangsrepertoire der<br />
Bubenreuther modernisieren und erweitern soll. Jeder kann daran teilnehmen.<br />
Die Juroren für den Wettbewerb stammen aus dem öffentlichen leben der Kultur-, Musik- und<br />
chorszene und aus der Region erlangen-Nürnberg. Die entscheidung über die Gewinner soll im<br />
herbst 2012 fallen.<br />
In der Ausschreibung lauten die wichtigsten Punkte:
38<br />
Text zu Pro auf Seite 39:<br />
Die <strong>Neue</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong>,<br />
eine Territorialgemeinschaft?<br />
Kommt der Begriff ‚Vaterland‘<br />
zur Diskussion, wird unisono,<br />
reflexartig behauptet, die <strong>Neue</strong>DB<br />
wäre eine Territorialgemeinschaft,<br />
und es wird dabei auf deren Grundsätze<br />
verwiesen.<br />
Dort steht unter Art. 4, Abs. 2,<br />
Satz 1 zu lesen: „Die politischen<br />
Grenzen des deutschen Vaterlandes<br />
sind die Grenzen der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Das<br />
verantwortliche Streben der <strong>Neue</strong>nDB<br />
schließt jene <strong>Deutsche</strong>n mit<br />
ein, die ihre Heimat außerhalb<br />
dieser Grenzen haben.“<br />
es wird sehr wohl das Gebiet des<br />
Vaterlandes eingegrenzt (wobei<br />
sich auch diese Grenzen möglicherweise<br />
ändern können, was ja doch<br />
gerade das schöne an der Definition<br />
darstellt). Damit ist so quasi der<br />
Kristallisationspunkt der <strong>Deutsche</strong>n<br />
beschrieben. Wenn man so will,<br />
wird hier der Begriff ‚Vaterland‘ im<br />
engeren sinne erfasst. Wo <strong>Deutsche</strong><br />
(oder sich als <strong>Deutsche</strong> Fühlende)<br />
leben, wird zunächst offengelassen.<br />
Diese eingrenzung erfolgt<br />
mit dem zweiten satz. Mit eben<br />
diesem, so ließe sich sagen, wäre<br />
der Begriff ‚Vaterland‘ im weiteren<br />
sinne beschrieben (unterschied ‚im<br />
engeren‘ und ‚im weiteren sinne‘).<br />
Wird ein Gebiet (geografisch) definiert,<br />
ist doch noch lange nicht die<br />
academicus 1/2012<br />
Werner dreWing:<br />
EtAtIStISCh-<br />
tErrItorIALES PrInzIP<br />
Gruppe derjenigen eingegrenzt, die<br />
sich zu diesem Kristallisationspunkt<br />
hingezogen fühlen! Ist deswegen<br />
die <strong>Neue</strong>DB gleich eine Territorialgemeinschaft?<br />
die zeit Vor deM<br />
VAterlAnd<br />
hier möchte ich als Beispiel meine<br />
situation als Deutschbalte schildern:<br />
unsere Familie lebte seit 1704<br />
im Baltikum, speziell in demjenigen<br />
Gebiet, das heute lettland darstellt.<br />
Weshalb haben sie sich dort angesiedelt?<br />
sie waren Glasmacher aus<br />
Mecklenburg. Zu jener Zeit wurde<br />
st. petersburg gegründet. Dort benötigte<br />
der russische Zar für seine<br />
paläste, schlösser und herrenhäuser<br />
viel Glas (und die herstellung<br />
von Glas in entsprechender Qualität<br />
war zumindest zu jener Zeit noch ein<br />
Familiengeheimnis): Glas als scheiben,<br />
Glas vor allem als spiegel. Zur<br />
herstellung von Glas benötigte man<br />
sand in möglichst reiner Qualität<br />
sowie holzkohle. Beides gab es im<br />
Baltikum.<br />
Meine Vorfahren (und nicht nur sie,<br />
etliche Glasmacher aus Mecklenburg,<br />
aber auch aus hessen) versprachen<br />
sich also von einem Verlassen<br />
ihrer heimat und dem leben<br />
im Baltikum eine gute existenz. Ihre<br />
produkte waren gefragt, vor allem<br />
in st. petersburg, Rohstoffe in ge-<br />
eigneter Qualität vorhanden, Quarz<br />
als sand, pottasche als holzkohle.<br />
Zu jener Zeit war das Baltikum, das<br />
aus estland, livland und Kurland<br />
bestand, en vogue. Damals sprach<br />
sicher noch niemand von Vaterland,<br />
denn es gab noch kein Deutschland<br />
im heutigen sinne. Die Menschen<br />
lebten etwa in Mecklenburg, was<br />
ihre heimat war und was zu jener<br />
Zeit zum ‚heiligen Römischen Reich<br />
<strong>Deutsche</strong>r Nation‘ gehörte. sie verließen<br />
ihre heimat und zogen ins<br />
damals zum russischen Zarenreich<br />
gehörende Baltikum. Man höre und<br />
staune: Dieses Gebiet gehörte in<br />
den Jahren 1520 bis 1560 tatsächlich<br />
zum ‚heiligen Römischen Reich<br />
<strong>Deutsche</strong>r Nation‘. so wurde das<br />
Baltikum die heimat der Familie<br />
Drewing.<br />
VAterlAnd gleich<br />
heiMAt?<br />
Über Jahrhunderte hinweg bildeten<br />
sich Nationalstaaten, es fanden<br />
Kriege statt, der Begriff Vaterland<br />
entstand. Dieser Begriff war sicher<br />
besonders wichtig für jene <strong>Deutsche</strong>n,<br />
die ihn früher sicher nicht so<br />
eng gesehenen, mit entstehen der<br />
Nationalstaaten aber für eben jene<br />
in Diaspora lebenden <strong>Deutsche</strong>n<br />
immer wesentlicher werdenden Begriff,<br />
nämlich im Ausland lebten.<br />
Quasi als selbstschutz gab es sätze<br />
wie: „Wenn ein pferd im Kuhstall geboren<br />
wird, ist es doch noch lange<br />
keine Kuh“ oder „im (mittlerweile<br />
existierenden) Deutschland sprechen<br />
sogar die Tiere Deutsch!“<br />
Für meine Familie, für alle Deutschbalten<br />
war und bleibt das Baltikum<br />
unsere heimat, ebenso eindeutig<br />
ist und bleibt Deutschland unser<br />
Vaterland. Interessant in diesem<br />
Zusammenhang ist: Mein Vater<br />
trug, obgleich er sich als <strong>Deutsche</strong>r<br />
fühlte, die lettische uniform, hätte<br />
also gegebenenfalls gegen sein Vaterland<br />
kämpfen müssen und hätte<br />
das wohl auch getan. Wir waren<br />
und sind trotzdem treue <strong>Deutsche</strong>.<br />
eventuell wäre es von essentieller<br />
Bedeutung, den unterschied zwischen<br />
Vaterland und heimat zu definieren.<br />
sprAche stAtt<br />
territoriuM<br />
Was die Definition des Begriffes<br />
„Vaterland“ der urburschenschaft<br />
betrifft: Als seinerzeit der Begriff<br />
Vaterland diskutiert werden sollte,<br />
stand ein J. G. Fichte auf und forderte<br />
in seinen „Reden an die Nation“<br />
ganz offen Widerstand gegen die<br />
existierende Kleinstaaterei; ein vereinter<br />
deutscher staat sollte her,<br />
fort mit dem unpraktischen Flickenteppich<br />
aus dutzenden Fürstentümern<br />
(vgl. stern, Ausgabe 47/2011).<br />
Gesucht wurde die deutsche Identität,<br />
das Bindemittel, das die <strong>Deutsche</strong>n<br />
zusammenhalten würde, und<br />
mit dem sich ein Nationalstaat bauen<br />
ließ. Wo Geografie und Geschichte<br />
kein einheitliches selbstbild schaffen<br />
konnten, verfiel man schließlich<br />
auf die sprache. ernst Moritz Arndt<br />
dichtete:<br />
„Was ist des <strong>Deutsche</strong>n Vaterland?<br />
so weit die deutsche Zunge klingt,<br />
und Gott im himmel lieder singt:<br />
Das soll es sein!<br />
Das wackrer <strong>Deutsche</strong>r,<br />
nenne Dein!“<br />
Diese Deutung des Begriffes „Vaterland“<br />
übernahmen die urburschenschaften,<br />
schufen<br />
sich dadurch ge-<br />
danklich ihr Vaterland<br />
– ein Gebilde,<br />
welches aber auf jeden<br />
Fall auch Grenzen<br />
kannte, eben<br />
soweit die deutsche<br />
Zunge reicht. Diese<br />
Grenzen sahen sicher<br />
anders aus als diejenigen des<br />
heutigen Deutschlands. seinerzeit<br />
existierte noch gar kein Deutschland.<br />
Zu jener Zeit wurde vielleicht<br />
schon über eine ‚großdeutsche‘ und<br />
‚kleindeutsche‘ lösung debattiert.<br />
Mittlerweile sind die <strong>Deutsche</strong>n endlich<br />
von einer Kulturnation zu einer<br />
staatsnation geworden, Deutschland<br />
ist nunmehr an internationale<br />
Verträge gebunden.<br />
es ist eine Tatsache. Österreich gehört<br />
nicht zu Deutschland. Gleichwohl<br />
ist wohl kaum zu bestreiten:<br />
Österreicher stellen einen deutschen<br />
stamm dar (zumindest diejenigen,<br />
die sich entsprechend fühlen),<br />
einschließlich den südtirolern.<br />
Nach meinem Verständnis können<br />
südtiroler durchaus behaupten, sie<br />
fühlten sich als <strong>Deutsche</strong>; gleichwohl<br />
sind sie italienische staats-<br />
“Es ist eine Tatsache:<br />
Die <strong>Deutsche</strong>n sind<br />
von einer Kulturnation<br />
zu einer Staatsnation<br />
geworden.“<br />
bürger, leisten ihren Wehrdienst im<br />
italienischen heer. Diese praxis galt<br />
übrigens bereits zur Gründungszeit<br />
der urburschenschaft (z. B. in Russland<br />
mit seinen baltischen ostseeprovinzen).<br />
academicus 1/2012<br />
39
40<br />
eine die <strong>Deutsche</strong>n zusammenhaltende<br />
Identität gab es längst vor Johann<br />
Gottlieb Fichte, auf die Gemeinsamkeit<br />
der deutschen sprache „verfiel“ keineswegs<br />
erst ernst Moritz Arndt. Das<br />
deutsche Wort „Vaterland“ wurde nicht<br />
von der <strong>Burschenschaft</strong> erfunden. es<br />
war bereits im Mittelhochdeutschen ein<br />
feststehender Begriff und bezeichnete<br />
ursprünglich das dem Vater gehörende<br />
land. erst im laufe der Zeit erweiterte<br />
sich der Begriff, bis er schließlich ein vor<br />
allem auf gemeinsamer sprache und<br />
gemeinsamen Wertvorstellungen beruhendes<br />
Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
beinhaltete. ein derartiges Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
verband und verbindet<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er unabhängig von<br />
staatlichen Grenzen. Der zentrale unterschied<br />
zwischen der DB und der <strong>Neue</strong>nDB<br />
liegt meines erachtens in der Definition<br />
des Vaterlands. Mit der anfangs<br />
zitierten Definition unterscheidet sich<br />
die <strong>Neue</strong>DB von dem volksbezogenen<br />
(nicht völkischen!) Vaterlandsbegriff der<br />
urburschenschaft und der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Burschenschaft</strong>. Art. 9 der Grundsätze<br />
der DB lautet: „Die <strong>Burschenschaft</strong> bekennt<br />
sich zum deutschen Vaterland als<br />
der geistig-kulturellen heimat des deutschen<br />
Volkes. unter dem Volk versteht<br />
sie die Gemeinschaft, die durch gleiches<br />
geschichtliches schicksal, gleiche<br />
Kultur, verwandtes Brauchtum und gleiche<br />
sprache verbunden ist“. Anders als<br />
die <strong>Neue</strong>DB sieht die DB dagegen „das<br />
deutsche Vaterland unabhängig von<br />
staatlichen Grenzen ...“ (handbuch der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> 2005, s. 1).<br />
Danach ist „<strong>Deutsche</strong>r, wer auf Grund<br />
seiner Abstammung, sprache und Kultur<br />
zum deutschen Volk gehört und sich<br />
zu ihm bekennt“ (ebd., s. 244). Was von<br />
seiten der <strong>Neue</strong>nDB dagegen einzu-<br />
academicus 1/2012<br />
dr. peter KAupp:<br />
VoLkStUMSBEzoGEnES<br />
BEkEnntnISPrInzIP<br />
wenden ist, bleibt mir unerfindlich.<br />
Der Vaterlandsbegriff der <strong>Neue</strong>nDB<br />
grenzt beispielsweise pauschal alle<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er in Österreich und<br />
chile aus, die sich als staatsbürger<br />
ihres landes (auch) zum deutschen<br />
Volkstum, zum deutschen Vaterland<br />
bekennen. Nach dieser territorial fixierten<br />
Definition hätte etwa die Jenaische<br />
<strong>Burschenschaft</strong> keine Bundesbrüder<br />
aus Dänemark (etwa lornsen und v.<br />
Binzer), meine <strong>Burschenschaft</strong> später<br />
keine Rätoromanen aus der schweiz<br />
und keine siebenbürger sachsen aus<br />
ungarn aufnehmen können. Wer zum<br />
Beispiel auf dem Territorium von Italien,<br />
Frankreich, Russland, südafrika, chile<br />
oder den usA lebt und dort ein guter<br />
staatsbürger ist, kann sich sehr wohl<br />
(auch) zum deutschen Volkstum, zum<br />
deutschen Vaterland bekennen. Nur<br />
politische Tagträumer (unter ihnen vielleicht<br />
auch manche <strong>Burschenschaft</strong>er)<br />
erheben daraus irgendwelche territorialen<br />
Ansprüche, etwa auf ostpreußen,<br />
das elsass, südtirol oder siebenbürgen.<br />
VAterlAnd Als beKenntnisge-<br />
MeinschAft<br />
es ist meiner Meinung nach ein Missverständnis,<br />
den burschenschaftlichen<br />
Vaterlandsbegriff im territorial-nationalstaatlichen<br />
sinn zu verstehen und<br />
damit vielleicht sogar Forderungen<br />
auf von <strong>Deutsche</strong>n besiedelte Gebiete<br />
jenseits der deutschen Grenzen zu erheben.<br />
Auch wenn es der Begriff ‚Vaterland‘<br />
semantisch nahelegt: Vaterland<br />
war und ist keine Territorial-, sondern<br />
eine Bekenntnisgemeinschaft. Der<br />
Vaterlandsbegriff der <strong>Burschenschaft</strong><br />
bezog sich noch nie auf ein bestimmtes<br />
Territorium, sondern schloss immer<br />
die außerhalb der nationalstaatlichen<br />
“Vaterland war und<br />
ist keine Territorial,<br />
sondern eine Bekenntnisgemeinschaft.“<br />
Grenzen lebenden <strong>Deutsche</strong>n mit ein.<br />
Natürlich gab es zur Zeit der urburschenschaft<br />
noch nicht das ersehnte<br />
politisch geeinte Deutschland. Die <strong>Burschenschaft</strong><br />
propagierte aber ein alle<br />
<strong>Deutsche</strong>n verbindendes gemeinsames<br />
deutsches Vaterland. Auch die <strong>Deutsche</strong>n<br />
in den baltischen ostseeprovinzen<br />
des russischen Reiches (unter ihnen<br />
einige Gründer bzw. Mitglieder der<br />
urburschenschaft) zählen jenseits der<br />
politischen Grenzen zum deutschen Vaterland.<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er bekannten<br />
sich schon zu einem deutschen Vaterland,<br />
als es den von ihnen politisch ersehnten<br />
deutschen Nationalstaat (von<br />
dem sie übrigens noch sehr unklare<br />
Vorstellungen hatten) überhaupt noch<br />
nicht gab. schon immer bekannten sich<br />
auch außerhalb des Territoriums eines<br />
deutschen Nationalstaates lebende<br />
<strong>Deutsche</strong> zu einem alle <strong>Deutsche</strong>n<br />
verbindenden gemeinsamen Volkstum<br />
und Vaterland. Insofern fand ernst<br />
Moritz Arndt auf die Frage „Was ist<br />
des <strong>Deutsche</strong>n Vaterland?“ die richtige<br />
Antwort: „o nein, ... sein Vaterland<br />
muß größer sein“. Dass daraus die<br />
utopische politische Forderung nach<br />
einem großdeutschen Nationalstaat<br />
entstand, der alle deutschsprachigen<br />
länder europas umfassen sollte, steht<br />
auf einem anderen, weniger rühmlichen<br />
Blatt. Das Bekenntnis zum deutschen<br />
Vaterland war und ist unabhängig<br />
von territorialen Grenzen zu sehen.<br />
Viele burschenschaftliche 1848er Demokraten,<br />
die in die usA emigrierten<br />
und die us-staatsangehörigkeit über-<br />
nahmen (carl schurz etwa brachte es<br />
sogar zum Innenminister) blieben zeitlebens<br />
dem deutschen Vaterland eng<br />
verbunden. Die Geschichte der Familie<br />
Drewing bietet dafür ein gutes Beispiel.<br />
Für sie war und ist das Baltikum ihre<br />
heimat, Deutschland ihr Vaterland.<br />
Ähnlich war es in meiner Familie: Für<br />
zwei Generationen war spanien unsere<br />
heimat, Deutschland unser Vaterland.<br />
„Von dem lande oder ländchen, in welchem<br />
wir geboren sind, wollen wir niemals<br />
das Wort Vaterland gebrauchen“,<br />
heißt es in Beschluss 10 der „Grundsätze<br />
und Beschlüsse des Wartburgfestes<br />
von 1817“. „Deutschland ist unser Vaterland;<br />
das land, wo wir geboren sind,<br />
ist unsere heimat.“ heimat wird im allgemeinen<br />
sprachgebrauch als der ort<br />
oder die landschaft verstanden, in die<br />
der Mensch hineingeboren wird und in<br />
der die frühkindliche sozialisation erfolgt,<br />
die weithin Identität, charakter,<br />
Mentalität, einstellung und Weltauffassung<br />
prägt.<br />
stAAt und VAterlAnd gezielt<br />
VerWechselt<br />
Die <strong>Neue</strong>DB verwechselt staat und Vaterland<br />
meiner Meinung nach gezielt<br />
mit der Absicht, die rechtskonservativen<br />
österreichischen <strong>Burschenschaft</strong>en aus<br />
ihrem Verband herauszuhalten (was in<br />
der Verallgemeinerung sicher nicht richtig<br />
ist: es gibt auch, wenn auch zugegeben<br />
wenige, liberale österreichische<br />
<strong>Burschenschaft</strong>en). Dieses Ziel könnte<br />
man aber auch durch eine Zweidrittel-<br />
oder Dreiviertelmehrheit bei Aufnahmeanträgen<br />
erreichen, dazu braucht<br />
man die Grundsätze nicht zu ändern.<br />
Art. 4, Abs. 2, satz 2 ausgenommen,<br />
kann meines erachtens jeder <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
den Grundsätzen der <strong>Neue</strong>nDB<br />
zustimmen: Art. 4 (1): „Das deutsche<br />
Vaterland stellt den heimatlichen<br />
Verantwortungsbereich des deutschen<br />
Volkes dar. Jeder <strong>Burschenschaft</strong>er ist<br />
aufgerufen, für das Wohlergehen des<br />
deutschen Vaterlandes zu wirken, und<br />
es mit seinen Mitteln zu verteidigen“,<br />
(2), satz 2: „Das verantwortliche streben<br />
der <strong>Neue</strong>n <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong><br />
schließt jene <strong>Deutsche</strong>n mit ein,<br />
die ihre heimat außerhalb dieser Grenzen<br />
haben“, (3): „Die ehre und Verantwortung<br />
eines jeden <strong>Burschenschaft</strong>ers<br />
verbieten es, sich den lehren der deutschen<br />
Geschichte zu verschließen. Nur<br />
derjenige kann und soll ohne hochmut<br />
stolz auf die leistungen und errungenschaften<br />
seines Volkes sein, der sich zu<br />
dessen Geschichte bekennt, ohne dabei<br />
ihre dunklen seiten zu verleugnen oder<br />
zu verharmlosen“, und (4): „Die <strong>Neue</strong><br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong> tritt für ein<br />
Vaterland als Teil der Völkergemeinschaft<br />
sowie für das Zusammenwachsen<br />
jeder Nationen europas ein“. Diese<br />
Zielsetzungen unterscheiden sich nicht<br />
substanziell von der Verfassung der DB.<br />
sie sollten nicht nur für Mitglieder der<br />
<strong>Neue</strong>nDB, sondern für jeden <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
selbstverständlich sein.<br />
Dass es leider <strong>Burschenschaft</strong>er gibt,<br />
auch im letzten offiziellen handbuch<br />
der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> von<br />
2005, die sich den lehren der deutschen<br />
Geschichte und der politischen<br />
Realität verschließen, steht auf einem<br />
anderen Blatt.<br />
VorschlAg für eine definition<br />
Dass dem Vernehmen nach auch mehrere<br />
<strong>Burschenschaft</strong>en der <strong>Neue</strong>nDB<br />
sich zum Deutschtum bekennende Ausländer<br />
aufnehmen, zeigt, dass diese<br />
Bestimmung wohl nicht überall ernst<br />
genommen wird. Vielleicht ist das ein<br />
hoffnungsvolles signal für die im Interesse<br />
der gemeinsamen burschenschaftlichen<br />
sache dringend erforderliche<br />
Wiederannäherung der beiden burschenschaftlichen<br />
Verbände. Folgender<br />
Vorschlag einer modifizierten Definition<br />
könnte vielleicht eine Annäherung<br />
der <strong>Neue</strong>nDB und der verbandsfreien<br />
<strong>Burschenschaft</strong>en fördern, ja vielleicht<br />
sogar für alle <strong>Burschenschaft</strong>er akzeptabel<br />
sein:<br />
„Das deutsche Vaterland reicht über<br />
die Grenzen der Bundesrepublik<br />
Deutschland hinaus und umfasst all<br />
diejenigen, die sich unabhängig von der<br />
Abstammung und staatsangehörigkeit<br />
zum deutschen Vaterland als der geistig-kulturellen<br />
heimat des deutschen<br />
Volkes bekennen. unter dem Volk ist die<br />
Gemeinschaft zu verstehen, die durch<br />
gleiches geschichtliches schicksal, gleiche<br />
Kultur, verwandtes Brauchtum und<br />
gleiche sprache verbunden ist. pflicht<br />
der <strong>Burschenschaft</strong>en ist das dauernde<br />
rechtsstaatliche Wirken für die freie entfaltung<br />
deutschen Volkstums in enger<br />
Verbundenheit aller Teile des deutschen<br />
Volkes, unabhängig von staatlichen<br />
Grenzen in einem einigen europa in der<br />
Gemeinschaft freier Völker“.<br />
Diese Definition fasst – Absatz 2, satz<br />
1 ausgenommen – Art. 4 der Grundsätze<br />
der <strong>Neue</strong>nDB zusammen und<br />
erweitert den bekenntnisbezogenen<br />
Vaterlandsbegriff in Art. 9 der Verfassung<br />
der DB („unabhängig von der<br />
Abstammung und staatsangehörigkeit“).<br />
Diese Definition entspricht der<br />
burschenschaftlichen Tradition (statt<br />
‚Bundesrepublik Deutschland‘ hätte<br />
man 1815 ‚Großherzogtum sachsen-<br />
Weimar-eisenach‘, 1848/49, 1871 und<br />
1919 ‚<strong>Deutsche</strong>s Reich‘ sagen können)<br />
und berücksichtigt den gegenwärtigen<br />
stand der Diskussion um die Aufnahme<br />
von Mitgliedern. Von der <strong>Neue</strong>nDB<br />
könnte auch der Verzicht auf einen<br />
allmächtigen Rechtsausschuss und<br />
ein die Dominanz zahlenmäßig kleiner<br />
<strong>Burschenschaft</strong>en verhinderndes,<br />
nach Mitgliederzahl abgestuftes Abstimmungsrecht<br />
übernommen werden.<br />
Vielleicht sind das angesichts der nahenden<br />
200-Jahr-Feier der Gründung<br />
der <strong>Burschenschaft</strong> im Jahr 2015 hoffnungsvolle<br />
Anzeichen einer wie immer<br />
gearteten Wiederannäherung.<br />
academicus 1/2012<br />
41
42<br />
GesellschAFT<br />
zum rassIsmus:<br />
eIn BerIcht nach persönlIchen<br />
erleBnIssen<br />
Durch Vorkommnisse beim Burschentag<br />
der „alten“ <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Burschenschaft</strong> (DB) ist das Thema<br />
„Rassismus“ wieder hochgekocht.<br />
Dort hatte eine Verbindung einen studenten<br />
mit deutschem pass, sohn von<br />
eingewanderten hongkong-chinesen,<br />
aufgenommen. es sollte der Antrag gestellt<br />
werden, diese Verbindung aus der<br />
DB auszuschließen, weil dieser junge<br />
Mann nicht „deutsch war vom Geblüte“.<br />
Alle weiteren einzelheiten sind im academicus<br />
vom Ws<br />
2011/2012 (31. Aus-<br />
gabe) nachzulesen.<br />
Diese Diskussionen<br />
in der Öffentlichkeit,<br />
verbreitet auch<br />
über Medien, Funk<br />
und Fernsehen, haben<br />
allen studentischen<br />
Verbindungen sehr geschadet.<br />
Der Autor ist im Januar 1934 geboren<br />
und war zu Kriegsende elf Jahre alt.<br />
Gerade zu dieser Zeit machte er bezüglich<br />
Rassismus und Rassenwahn die<br />
schlimmsten erfahrungen:<br />
Kurz vor Kriegsende befand sich eine<br />
Gruppe ausgemergelter Menschen, es<br />
sollen 3.000 gewesen sein, auf dem<br />
Marsch nach Norden – bewacht von einigen<br />
alten deutschen soldaten. Diese<br />
Gruppe zog einen Wagen hinter sich,<br />
auf dem einige Tote lagen. Übernachtet<br />
wurde in unserem kleinen Dorf.<br />
academicus 1/2012<br />
“In Deutschland<br />
sollte kein Platz<br />
mehr für<br />
rassistisches<br />
Gedankengut<br />
aller Art sein.“<br />
es wurden strohschütten in scheunen<br />
und leeren ställen aufbereitet, auf denen<br />
die „Wanderer“ schlafen sollten.<br />
Am anderen Morgen hatte meine Mutter<br />
in großen Maurerkesseln Kartoffeln<br />
gekocht, die als Frühstück an diejenigen<br />
verteilt wurden, die auf unserem<br />
hof übernachtet hatten. Dazu gab es<br />
frische Kuhmilch.<br />
einige waren in unserer scheune über<br />
Nacht gestorben. Diese leichen wurden<br />
mehr auf den mitgeführten „Totenwagen“<br />
geworfen als gelegt.<br />
Frage an meinen opa (geboren<br />
1864), mein Vater<br />
war leider 1936 nach einem<br />
landwirtschaftlichen unfall<br />
verstorben: „hast Du so etwas<br />
schon mal gesehen?“<br />
Antwort: „Nein, so etwas<br />
gibt es nur, wenn ein Volk<br />
ein anderes ausrotten will.“<br />
einige lAgen tot, Andere<br />
„zAppelten“ noch ein<br />
Wenig<br />
Rund 60 Jahre später sah ich in indischen<br />
Großstädten, dass früh im halbdunkel<br />
lastzüge durch die straßen fuhren<br />
und die am straßenrand abgelegten<br />
Toten aufluden.<br />
Mein opa mütterlicherseits betrieb im<br />
Westenholzer Bruch eine Wassermühle.<br />
“Frage an meinen Opa:<br />
‘Hast Du so etwas schon<br />
mal gesehen?’ Antwort:<br />
‘Nein, so etwas gibt es<br />
nur, wenn ein Volk ein<br />
anderes ausrotten will.’ “<br />
von prof. dr. horSt frerking<br />
Arminia Marburg, Teutonia Hannover<br />
und Corps normannia Hannover<br />
Dorthin fuhren<br />
die meisten<br />
Bauern<br />
aus unserem Dorf mit dem pferdegespann<br />
voller Korn und ließen es mahlen.<br />
Die Wassermühle lag etwa zwei Kilometer<br />
luftlinie westlich der Westgrenze des<br />
Truppenübungsplatzes Bergen-Belsen,<br />
unser Dorf etwa acht Kilometer. Der<br />
„Anlieferungsbahnhof“ befand sich auf<br />
der ostseite des platzes bei Belsen, ungefähr<br />
15 Kilometer weiter weg. Der<br />
hauptort, ostenholz mit Kirche und<br />
schule, musste im Rahmen des platzbaues<br />
noch vollständig evakuiert werden.<br />
Nach Kriegsende zogen im Frühjahr<br />
und Frühsommer 1945 viele Gruppen,<br />
horden und Banden von ehemaligen<br />
Kriegsgefangenen mehrerer Nationen<br />
aus kleineren lagern in unserer Gegend<br />
die straßen entlang und nahmen mehreren<br />
Bauern die Gespanne weg, um<br />
selbst damit weiterzufahren. es stellte<br />
sich heraus, dass sie Kindern und ganz<br />
alten leuten pferd und Wagen ließen.<br />
Der Vater eines schulfreundes, etwa<br />
50 Jahre alt, wurde erschlagen, weil er<br />
unbedingt sein Gespann wiederhaben<br />
wollte, nachdem er die Gruppe ungefähr<br />
30 Kilometer weit gefahren hatte.<br />
Da ich den Weg zur Mühle gut kannte,<br />
erhielt ich die Aufgabe, diese Fahrt zu<br />
übernehmen. Die landstraße, etwa<br />
zwölf Kilometer lang, war frei, auf dem<br />
letzten Kilometer einer Feldstraße und<br />
dem sandweg bis zur Mühle lagen einige<br />
Menschen in gestreifter Kleidung<br />
ganz still, weil sie schon tot waren. Andere<br />
„zappelten“ noch ein wenig, wie<br />
ich es damals nannte. Im haus meiner<br />
Großeltern waren die übrigen Teilnehmer<br />
dieser Gruppe am plündern, alle<br />
in gestreifter Kleidung (etwa 15 bis 20<br />
Mann). Zuerst wurde immer nach essbarem<br />
gesucht, dann nach ziviler Kleidung.<br />
Ich sah wie die plünderer einen<br />
großen steinguttopf fanden und sie<br />
mit beiden händen tief hineintauchten,<br />
um den Rübensirup begierig von den<br />
Fingern zu lecken. Mit diesen „sirupfingern“<br />
durchsuchten sie anschließend<br />
die schränke nach Kleidung.<br />
Bei der Rückfahrt am späten Nachmittag<br />
mit dem Mehl auf dem Wagen<br />
lagen auch diejenigen ganz still am<br />
Wegesrand, die am Vormittag noch „gezappelt“<br />
hatten. etwas später erfuhr<br />
ich, dass das eine Gruppe von KZ-häftlingen<br />
aus Bergen-Belsen gewesen war.<br />
Ich habe mehrere ehemalige KZ-Anlagen<br />
im In- und Ausland besichtigt,<br />
insbesondere die dort eingerichteten<br />
Museen. Am meisten bewegt hat mich<br />
dabei die Besichtigung eines kleinen<br />
Raums (ca. 4 x 3 m und ca. 2,80 m<br />
hoch), in dem rundherum haken an<br />
den Wänden angebracht waren. Mir<br />
waren solche Räume von früher aus<br />
Metzgereien bekannt, in denen die<br />
hälften geschlachteter schweine und<br />
Kälber für die tierärztliche Fleischuntersuchung<br />
aufgehängt waren. In dem<br />
betreffenden Raum hatten jedoch getötete<br />
Kinder an den haken gehangen.<br />
An ihnen waren vorher medizinische<br />
Versuche durchgeführt worden.<br />
Die Gedanken an dieses horrorszenario<br />
waren das schlimmste, was ich<br />
als Folge des Rassenwahns der sogenannten<br />
braunen Zeit erlebt habe,<br />
und ließen bei mir die Tränen fließen.<br />
soweit die erschütternden Beispiele<br />
nach persönlichen erlebnissen in<br />
Deutschland.<br />
Der Autor war übrigens auch als hochschullehrer<br />
in den semesterferien im<br />
Frühjahr und herbst oft im Ausland tätig,<br />
insgesamt drei volle Jahre.<br />
religiöse und rAssenunterschiede<br />
führten<br />
zu eWigen querelen<br />
In Guatemala, wo nicht lange vorher<br />
der deutsche Botschafter, von spreti,<br />
ermordet worden war, verschwanden<br />
jährlich einige tausend Menschen.<br />
Die einheimischen erzählten hinter<br />
vorgehaltener hand, dass es sich dabei<br />
überwiegend um politische Morde<br />
handelte. In dem von Vulkanen geprägten,<br />
unwegsamen land wurden die opfer<br />
nur selten gefunden. hier führten<br />
wahrscheinlich politische Ansichten zu<br />
den Morden.<br />
In Brasilien (an den unis in porto Alegre,<br />
santa Maria und Belo horizonte)<br />
habe ich keine Aversionen zwischen<br />
den Menschen bemerkt. ebenfalls<br />
nicht in Marokko.<br />
In Ägypten (an den unis Kairo, Assiut<br />
und Zagazig) merkte man, dass zwischen<br />
den studenten mohammedanischen<br />
Glaubens und den Kopten ein<br />
tiefer Graben bestand. Auch hatten die<br />
Kopten kaum eine chance, in gehobene<br />
positionen zu gelangen.<br />
Im Sudan (uni Karthum) erfuhr man<br />
sehr schnell, dass es innerhalb der<br />
studentenschaft große Aversionen gegenüber<br />
den farbigen studenten aus<br />
dem süden gab. In Karthum erhielten<br />
herr prof. Dr. G. von der Food and Agriculture<br />
organization (FAo) in Rom<br />
und ich vom landwirtschaftsminister<br />
der südregion den Auftrag, nach Juba<br />
zu fliegen und zu beurteilen, ob dort<br />
auch eine uni inklusive Veterinärfakultät<br />
angesiedelt werden sollte. Wir<br />
bestätigten dieses Ansinnen. Vierzig<br />
Jahre vor der im vorigen Jahr erfolgten<br />
Bildung eines staates „südsudan“ mit<br />
der hauptstadt Juba. In Karthum fühlten<br />
sich die farbigen, meist christlichen<br />
südsudanesen von den mohammedanischen<br />
Arabern des Nordens stets<br />
unterdrückt. hier führten also religiöse<br />
und Rassenunterschiede zu ewigen<br />
Querelen.<br />
An den unis in Südkorea sind mir solche<br />
probleme nicht aufgefallen.<br />
Die Häftlinge des KZs Bergen-Belsen<br />
tragen Tote aus den Baracken,<br />
nachdem das Lager befreit wurde.<br />
Quelle: Wikimedia.org<br />
tolerAnz und respeKt<br />
sollte die deVise heissen<br />
Der Autor hat in seinem bisherigen leben<br />
durch eigene erlebnisse erfahren,<br />
wohin Rassismus und Rassenwahn führen<br />
können. Auch konnte er erfahren,<br />
zu welchem elend politische, religiöse<br />
und rassenbedingte unterschiede führen<br />
können, wenn sie denn von größeren<br />
Volksgruppen gegenüber kleineren<br />
Gruppen auf Biegen und Brechen durchgesetzt<br />
werden.<br />
Möglicherweise fühlen sich auch junge<br />
Rechtsextremisten in Deutschland,<br />
beziehungsweise deren hintermänner,<br />
in ihrer Ansicht gestärkt, wenn in der<br />
alten DB, also in hohen und höchsten<br />
akademischen Kreisen, heutzutage<br />
noch der Gedanke des Rassismus lebt.<br />
In den Reihen der Rechten befinden<br />
sich sicher auch pfiffige Juristen, welche<br />
die Vorgänge in der DB wahrscheinlich<br />
wohlwollend zur Kenntnis nehmen und<br />
propagandistisch nutzen.<br />
Nach all dem Gesagten sollte in<br />
Deutschland, unter Berücksichtigung<br />
unserer Vergangenheit, kein platz mehr<br />
für rassistisches Gedankengut aller Art<br />
sowie Rassenwahn aller schattierungen<br />
und Aversionen gegen Minderheiten unterschiedlichster<br />
prägung sein. Toleranz<br />
und Respekt vor anderen sollte die Devise<br />
sein.<br />
Der Mensch wird allgemein „homo sapiens“<br />
genannt (lat. homo = Mensch,<br />
Menschenkind; sapiens = klug, weise).<br />
Für einen Teil der Menschheit wäre der<br />
Begriff „homo non sapiens“ wohl angebrachter.<br />
academicus 1/2012<br />
43
44<br />
GesellschAFT<br />
acta:<br />
sind unsere grundrechte in gefAhr?<br />
Wer am 11. Februar um 20 uhr die<br />
Tagesschau eingeschaltet hatte, war<br />
vielleicht überrascht, dass die Aufmachermeldung<br />
von Demonstrationen<br />
mit über 100.000 Menschen in ganz<br />
Deutschland berichtete, die alle trotz<br />
klirrender Kälte bei etwa minus 10<br />
Grad gegen ein internationales handelsabkommen<br />
protestierten, von<br />
dem bisher kaum jemand etwas gehört<br />
hatte. Auch viele Burschenschaf-<br />
academicus 1/2012<br />
ter waren unter den Demonstranten.<br />
AcTA steht für Anti-counterfeiting<br />
Trade Agreement (Anti-produktpiraterie-handelsabkommen).<br />
Dabei geht<br />
es zum einen darum, dass der Import<br />
von gefälschten produkten wie Ray-<br />
Ban-sonnenbrillen und Rolex-uhren<br />
aus ländern wie china gemeinsam<br />
bekämpft werden soll. Das ist durchaus<br />
unterstützenswert.<br />
Zum anderen werden aber auch geis-<br />
“Auch viele <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
waren unter<br />
den Demonstranten.“<br />
Protestorte gegen ACTA am 11.2.2012<br />
“Erst durch Bürgerproteste<br />
wurde Staatsund<br />
Regierungschefs<br />
bewusst, was da<br />
eigentlich beschlossen<br />
werden sollte.“<br />
von chriStoph hochStätter<br />
Alemannia Marburg<br />
tige eigentumsrechte geregelt, etwa<br />
von Büchern und Musikstücken. Das<br />
Abkommen wird allein schon deshalb<br />
kritisiert, weil es ein aus sicht der<br />
Kritiker veraltetes urheberrecht auf<br />
Jahrzehnte zementiert, das im digitalen<br />
Zeitalter keine Berechtigung mehr<br />
habe und durch ein modernes ersetzt<br />
werden müsse, das die Interessen<br />
von Künstlern und Konsumenten im<br />
digitalen Zeitalter gleichermaßen berücksichtigt.<br />
hauptkritikpunkt ist jedoch die Art<br />
und Weise, wie dieses urheberrecht<br />
durchgesetzt werden soll. um die Verbreitung<br />
urheberrechtsgeschützten<br />
Materials im Internet zu unterbinden,<br />
werden die provider zur Mithilfe verpflichtet,<br />
etwa durch die herausgabe<br />
von persönlichen Daten ihrer Kunden<br />
ohne richterlichen Beschluss. so werden<br />
Internetanbieter („provider“) zu<br />
privaten „hilfssheriffs“ ohne behördliche<br />
Kontrolle.<br />
ActA – gefAhr für die<br />
grundrechte<br />
In einer ersten Fassung von AcTA, die<br />
Vertreter der teilnehmenden staaten<br />
und der Musikindustrie geheim ohne<br />
einbindung der parlamente verhandelt<br />
hatten, wurden Internetprovider<br />
in eine störerhaftung für urheberrechtsverletzungen<br />
genommen. Dies<br />
hätte bedeutet, dass sie etwa jede<br />
e-Mail systematisch hätten durchsuchen<br />
müssen, weil in einer privaten e-<br />
Mail theoretisch eine Musikdatei oder<br />
ein Auszug aus einem Buch verschickt<br />
werden kann. offene Diskussionsforen,<br />
bei denen jeder Beitrag sofort<br />
veröffentlicht wird, wären faktisch<br />
verboten, da jede<br />
Art von Inhalt erst<br />
auf mögliche urheberrechtsverletzungen<br />
hin hätte<br />
überprüft werden<br />
müssen. Dienste<br />
wie YouTube oder<br />
Twitter hätten aufgegeben<br />
werden<br />
müssen. Die Teilnehmerstaaten wären<br />
verpflichtet gewesen, ihr nationales<br />
Recht so anzupassen, dass Internetprovider<br />
ausdrücklich zur systema-<br />
“Dienste wie<br />
YouTube oder<br />
Twitter hätten<br />
aufgegeben<br />
werden<br />
müssen.“<br />
tischen Durchsuchung aller Inhalte,<br />
etwa privater e-Mails, ermächtigt werden<br />
– und das ohne jede behördliche<br />
oder gar richterliche Anordnung. Die<br />
provider wären zu diesen Maßnahmen<br />
zwar nicht zwingend verpflichtet gewesen,<br />
hätten aber ansonsten für jede<br />
urheberrechtsverletzung ihrer Kunden<br />
haften müssen.<br />
Diese ursprüngliche<br />
Fassung kam im<br />
März 2010 durch<br />
eine Indiskretion an<br />
die Öffentlichkeit.<br />
Das rief das eu-parlament<br />
auf den plan.<br />
Dieses stellte klar,<br />
dass es kein Abkommen<br />
ratifizieren werde,<br />
bei dem es nicht angemessen an<br />
der Ausarbeitung beteiligt sei. In den<br />
folgenden Monaten wurde daraufhin<br />
eine entschärfte Fassung entwickelt.<br />
“Internetanbieter<br />
werden zu privaten<br />
‚Hilfssheriffs‘<br />
ohne behördliche<br />
Kontrolle.“<br />
Die Kritiker waren aber auch damit<br />
nicht zufrieden: Die Formulierungen<br />
im Abschnitt V des Abkommens<br />
wurden lediglich so schwammig formuliert,<br />
dass die Bestimmungen der<br />
ursprünglichen Fassung nicht mehr<br />
wörtlich postuliert waren. Je nach Interpretation<br />
lassen sich die Forderungen<br />
der Fassung vom März 2010 aber<br />
immer noch herauslesen.<br />
Mit deutscheM recht<br />
unVereinbAr<br />
Beide Fassungen sind mit deutschem<br />
Recht nicht vereinbar. Auch die entschärfte<br />
Fassung verlangt eine Vorratsdatenspeicherung,<br />
die über das<br />
vom Bundesverfassungsgericht gekippte<br />
Gesetz hinausgeht. Jeder Betreiber<br />
einer Web-2.0-site wäre zumindest<br />
verpflichtet, alle Ip-Adressen<br />
zu speichern. Nach Abs. 5 des Bundesverfassungsgerichtsurteils<br />
(Az. 1<br />
BvR 256/08, 1 BvR 263/08 und 1 BvR<br />
586/08) bezüglich der Vorratsdatenspeicherung,<br />
welche für die Überprüfung<br />
durch die Internetdienstanbieter<br />
benötigt würde, ist in Deutschland<br />
eine schwere straftat, etwa hochverrat<br />
oder Gefährdung der demokratischen<br />
Grundordnung, erforderlich, um<br />
rechtmäßig – wenn denn ein verfassungsgemäßes<br />
Gesetz existiert – den<br />
Inhalt einer Kommunikation abzuhören.<br />
urheberrechtsverletzungen gehören<br />
nicht zu diesen straftaten.<br />
Auch die entschärfte Fassung sieht<br />
Zollkontrollen für Notebooks und usBsticks<br />
an den Grenzen vor. Darauf<br />
academicus 1/2012<br />
45
46<br />
könnten sich nämlich nicht lizensierte<br />
Mp3-Dateien und Kinofilme befinden,<br />
heißt es zur Begründung. Das wird besonders<br />
kritisch gesehen. einerseits ist<br />
der physische Transport von raubkopiertenMp3-Datei-<br />
en über Zollgrenzen<br />
nicht besonders effizient,<br />
andererseits<br />
besteht zumindest<br />
der Verdacht, dass<br />
Zollkontrollen in<br />
den usA zur Wirtschaftsspionage<br />
missbraucht werden.<br />
Bei der einreise in die usA berichten<br />
Vertreter von deutschen unternehmen,<br />
etwa Automobilzulieferern, dass ihre<br />
Notebooks auffällig oft aus Gründen<br />
der Terrorismusbekämpfung beschlagnahmt<br />
und durchsucht werden. Als gesetzliche<br />
Grundlage dient der patriot<br />
Act. einige unternehmen lassen ihre<br />
Mitarbeiter sogar nur noch mit neu installierten<br />
Notebooks ohne vertrauliche<br />
Daten einreisen. sie beschaffen sich<br />
ihre benötigten Daten, etwa Konstruktionspläne<br />
für Kundenpräsentationen,<br />
dann im hotel über eine verschlüsselte<br />
Internetverbindung.<br />
Junge deMoKrAtien protestieren<br />
gegen ActA<br />
Anfang des Jahres gingen die proteste<br />
von jungen Demokratien in osteuropa<br />
aus. Vor allem in polen fanden in<br />
academicus 1/2012<br />
“Teilweise kam<br />
es zu Straßenschlachten<br />
und<br />
Festnahmen.“<br />
Krakau, Warschau und zahlreichen<br />
anderen städten Massenproteste<br />
statt, teilweise kam es zu straßenschlachten<br />
und Festnahmen. Den einwohnern<br />
unserer Nachbarstaaten, die<br />
erst vor 20 Jahren<br />
die kommunistische<br />
Diktatur überwunden<br />
haben, sind<br />
die systematische<br />
Überwachung der<br />
Bürger durch Geheimdienstspitzel<br />
und die Verwanzung<br />
ihrer Wohnungen noch allzu gut<br />
in erinnerung.<br />
Trotz der proteste unterzeichnete der<br />
Vertreter polens am 26. Januar in Tokio<br />
das Abkommen, wie auch ein Bevollmächtigter<br />
der eu und Vertreter<br />
von 21 weiteren staaten. Der deutsche<br />
Botschafter in Japan wollte wegen<br />
terminlichen schwierigkeiten erst einige<br />
Tage später unterzeichnen. Doch<br />
dazu kam es nicht mehr. Kurz nach<br />
der unterschriftleistung gab es erste<br />
Distanzierungen von offizieller seite.<br />
Am selben Tag trat der Berichterstatter<br />
des eu-parlaments für das AcTA-<br />
Abkommen, Kader Arif (sozialistische<br />
partei Frankreichs, ps), zurück. er wolle<br />
an dieser „Maskerade“ nicht weiter<br />
mitwirken. Dieses Abkommen könne<br />
schwerwiegende Konsequenzen für<br />
das leben der Bürgerinnen und Bürger<br />
haben und trotzdem werde alles unternommen,<br />
um das Mitspracherecht des<br />
parlaments zu unterwandern.<br />
Demonstration gegen ACTA am 11.2.2012 in München (Quelle: Wikimedia)<br />
Kurz darauf distanzierten sich zahlreiche<br />
osteuropäische Regierungschefs<br />
von AcTA. sie hatten sich bisher mit<br />
dem Thema genauso wenig beschäftigt<br />
wie ihre westeuropäischen Kollegen.<br />
Der liberal-konservative polnische<br />
Ministerpräsident Donald Tusk<br />
räumte ein, das Abkommen zuvor aus<br />
einer perspektive des 20. Jahrhunderts<br />
gesehen zu haben. Der Vertrag sei<br />
auf eis gelegt, solange man nicht alle<br />
Zweifel ausgeräumt habe. Zu prüfen<br />
sei außerdem, ob AcTA überhaupt mit<br />
polnischem Recht zu vereinbaren sei.<br />
VAge forMulierungen<br />
Der tschechische premierminister petr<br />
Nečas von der konservativen oDs<br />
versicherte, dass es in seinem land<br />
niemals zu den vom Volk befürchteten<br />
Folgen kommen könne – etwa Notebook-Überprüfungen<br />
an den Grenzen,<br />
Überwachung der online-Nutzer und<br />
Internetfilter. solche Gefahren habe es<br />
zu keinem einzigen Augenblick gegeben.<br />
Die Regierung werde niemals eine<br />
situation zulassen, in der die bürgerliche<br />
Freiheit und der freie Zugang zu<br />
Informationen bedroht seien.<br />
Für die slowakei äußerte sich Wirtschaftsminister<br />
Juraj Miškov von der<br />
liberalen partei sas: AcTA enthalte<br />
eine Reihe vager Formulierungen und<br />
ermögliche viele Interpretationen mit<br />
potenziell unerwünschten Folgen. er<br />
werde kein Abkommen unterstützen,<br />
das grundlegende Menschenrechte in<br />
irgendeiner Weise einschränkte, insbesondere<br />
das Recht auf Freiheit und privatsphäre,<br />
und das den schutz von urheberrechten<br />
über diese Rechte stelle,<br />
versprach er. Man wolle verhindern,<br />
dass die slowakei und slowakische<br />
Bürger zu Geiseln von Vereinbarungen<br />
werden, die nicht völlig klar seien<br />
sowie grundlegende Menschenrechte<br />
und Freiheiten eines jeden einzelnen<br />
beschränken könnten.<br />
Die slowenische Botschafterin in Japan,<br />
helena Drnovšek Zorko, die das<br />
Abkommen zunächst weisungsgemäß<br />
unterzeichnet hatte, bereute einige<br />
Tage später in einem emotionalen<br />
Blogbeitrag, dass sie sich der Anordnung<br />
nicht aus Gewissensgründen<br />
widersetzt hatte, wozu sie das Recht<br />
gehabt hätte. sie entschuldigte sich<br />
öffentlich bei ihren Kindern, dass sie<br />
ihren offiziellen pflichten und nicht denen<br />
als Bürgerin nachgekommen sei.<br />
Ihrer Auffassung nach beeinträchtige<br />
das Abkommen das größte und bedeutendste<br />
Netzwerk in der Geschichte<br />
der Menschheit und somit insbesondere<br />
die Zukunft unserer Kinder. sie forderte<br />
ihre landsleute zu protesten auf.<br />
In Deutschland und anderen westeuropäischen<br />
ländern waren inzwischen<br />
für den 11. Februar proteste angekün-<br />
“Das Beispiel zeigt,<br />
dass Freiheit<br />
und Demokratie<br />
permanenten<br />
Gefahren<br />
ausgesetzt sind.“<br />
digt. Das veranlasste die zuständige<br />
Bundesjustizministerin sabine leutheusser-schnarrenberger<br />
(FDp), sich<br />
näher mit AcTA zu beschäftigen. Über<br />
das ebenfalls FDp-geführte Außenministerium<br />
wurde die Anweisung an die<br />
deutsche Botschaft zur unterschriftsleistung<br />
wieder zurückgezogen. Das<br />
geschah offensichtlich ohne Abstimmung<br />
mit dem Koalitionspartner cDu.<br />
Das Kanzleramt ließ einen Tag später<br />
Regierungssprecher seibert verkünden,<br />
dass man die unterschrift lediglich<br />
verzögert habe, um eine entscheidung<br />
des europäischen parlaments<br />
abzuwarten.<br />
Inzwischen will die eu-Kommission das<br />
AcTA-Abkommen vom euGh prüfen<br />
lassen. Ähnliche Überlegungen stellte<br />
das europäische parlament an. Am 28.<br />
März entschied sich der Ausschuss für<br />
internationalen handel (INTA) des euparlaments<br />
mit 21 zu fünf stimmen bei<br />
zwei enthaltungen jedoch dagegen.<br />
Über das Abkommen soll planmäßig<br />
am 6. Juni abgestimmt werden. Das<br />
wird als sicheres Zeichen dafür gewertet,<br />
dass die Mehrheitsverhältnisse<br />
gegen AcTA als sicher gelten. sonst<br />
hätten mehr Ausschussmitglieder für<br />
die Anrufung des euGh gestimmt, um<br />
die Abstimmung zu verzögern.<br />
freiheit und grundrechte<br />
Verteidigen<br />
Auch wenn AcTA, wie von den Gegnern<br />
gefordert, aller Voraussicht nach „ad<br />
acta“ gelegt wird, zeigt das Beispiel,<br />
dass Freiheit und Demokratie permanenten<br />
konkreten Gefahren ausgesetzt<br />
sind. hätte es nicht ausgehend von<br />
osteuropa massive proteste gegeben,<br />
wäre das Abkommen von allen staaten<br />
unterschrieben und anschließend<br />
in den parlamenten ratifiziert worden<br />
– und zwar als Formalie. erst durch<br />
Bürgerproteste wurde den staats- und<br />
Regierungschefs bewusst, was da eigentlich<br />
beschlossen werden sollte.<br />
es ist nicht hinnehmbar, dass parlamen-<br />
te etwas ratifizieren, was sie inhaltlich<br />
gar nicht kennen, und es nur deshalb<br />
beschließen, weil sie darauf vertrauen,<br />
dass eine Arbeitsgruppe in Brüssel<br />
wohl schon weiß, was sie da ausgearbeitet<br />
hat. In diesem Fall hat es massive<br />
Beeinflussungen durch lobbyisten<br />
der Musik- und Filmindustrie gegeben.<br />
Wenn sich eine derartige eu-Kommissions-hörigkeit<br />
im europäischen und<br />
in den nationalen parlamenten durchsetzt,<br />
verlieren die Bürger noch mehr<br />
Vertrauen in europa, mit dem es zur Zeit<br />
ohnehin nicht zum Besten bestellt ist.<br />
und das wäre keine gute entwicklung.<br />
hier sind wir als <strong>Burschenschaft</strong>er besonders<br />
gefordert, wachsam zu sein,<br />
wenn Angriffe auf Freiheit und Demokratie<br />
von lobbyisten oder anderen<br />
Kräften erfolgen. Jeder einzelne ist gefragt,<br />
wenn es gilt, die Grundwerte, für<br />
die unsere Gründungsväter gekämpft<br />
haben, in der heutigen digitalen Zeit<br />
angemessen umzusetzen und zu erhalten.<br />
Wirtschaftliche Interessen einzelner<br />
Gruppen dürfen nicht höher als die<br />
Grundrechte angesetzt werden.<br />
unterzeichner<br />
unterzeichner mit zusätzlicher eu-unterzeichnung<br />
Nicht-unterzeichner mit eu-unterzeichnung<br />
In den unterzeichnungsprozess involvierte Nicht-unterzeichner<br />
academicus 1/2012<br />
47
48<br />
Aus uNseReN ReIheN<br />
“Er hatte<br />
offenbar den<br />
Ton gefunden,<br />
der zu den<br />
Herzen der<br />
Menschen<br />
spricht.“<br />
VolKsdichter und<br />
opfer der deMAgogenVerfolgung<br />
frItz reuter (1810 – 1874)<br />
Nur wenigen Menschen ist es<br />
beschieden, dass eine stadt<br />
nach ihnen benannt wird. Fritz<br />
Reuter wurde diese besondere ehrung<br />
zuteil: Dem mecklenburgischen stavenhagen<br />
wurde zu DDR-Zeiten – in<br />
Verkennung der Art seiner sozialkritischen<br />
haltung gegenüber dem Adel<br />
– der Zusatz „Reuterstadt“ verliehen,<br />
Reuters Denkmal steht zudem vor<br />
dem Rathaus und das ihm gewidmete<br />
Museum erinnert auch an seine <strong>Burschenschaft</strong>erzeit.<br />
Mit seinem schicksal<br />
und seinen erzählungen berührte<br />
er die Menschen weit über seine heimat<br />
hinaus. er trug zudem wesentlich<br />
dazu bei, dass sich das plattdeutsche<br />
zu einer schriftsprache entwickelte.<br />
Kindheit und schulzeit<br />
Fritz Reuter wurde am 7. November<br />
1810 in stavenhagen als erster sohn<br />
des Bürgermeisters und stadtrich-<br />
ters Georg Johann Reuter, der dieses<br />
Amt von 1808 bis zu seinem Tode<br />
1845 innehatte, geboren. Die Mutter<br />
Johanna war eine sanfte, literarisch<br />
sehr interessierte Frau, die durch die<br />
Geburt eines zweiten sohnes eine<br />
lähmung erlitt, sich jedoch bis zu ihrem<br />
frühen Tod 1826 weiter um die<br />
haushaltsführung kümmerte. Der<br />
Vater hingegen war ein sehr umtriebiger<br />
Mann, ohne den in der kleinen<br />
stadt nichts funktionierte. Wie überall,<br />
so bestimmte er auch zu hause,<br />
etwa über die erziehung des sohnes:<br />
er hielt privatunterricht für völlig ausreichend.<br />
so kam es, dass Fritz außer<br />
einem Gastspiel in einer Mädchenschule<br />
erst mit 14 Jahren eine reguläre<br />
schule kennenlernte: das Gymnasium<br />
im mecklenburgischen Friedland.<br />
sein Vater wusste auch bereits in frühen<br />
Jahren genau, was aus dem sohn<br />
einmal werden sollte – zunächst sollte<br />
er ein Jurastudium absolvieren,<br />
danach sein Nachfolger als Bürger-<br />
von arnulf BauMann<br />
<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther (1951)<br />
meister werden. An diesem Ziel hielt<br />
er mit bemerkenswerter hartnäckigkeit<br />
fest, obwohl sich die schulkarriere<br />
seines sohnes alles andere als<br />
erfolgreich entwickelte. lediglich im<br />
Turnen und schwimmen – übrigens<br />
unter der leitung des Mitbegründers<br />
der Jenaer urburschenschaft, Karl<br />
horn – sowie im Zeichnen konnte<br />
dieser brillieren. Auch seine Aufsätze<br />
in Deutsch waren noch ordentlich,<br />
ansonsten waren seine leistungen<br />
jedoch allesamt kläglich. Das veranlasste<br />
den Vater, der sich durch<br />
spitzel stets über alles informieren<br />
ließ, seinen sohn gegen dessen Willen<br />
auf das Gymnasium in parchim<br />
zu schicken, wo Reuter bei lehrern<br />
und schülern wegen seiner umgänglichkeit<br />
und seiner Zeichenkunst beliebt<br />
war. Dort erhielt er dann auch<br />
endlich – mit 20 Jahren – sein Abiturzeugnis<br />
und begann unverzüglich<br />
das vom Vater verordnete Jurastudium<br />
in Rostock.<br />
student, burschenschAfter<br />
und „deMAgoge“<br />
sowohl in seinem aufgezwungenen studienfach<br />
als auch in der damals nicht<br />
einmal 150 studenten umfassenden<br />
studentenschaft sowie in der stadt<br />
Rostock fühlte Reuter sich äußerst unwohl.<br />
Den Vorlesungen blieb er fern,<br />
stattdessen zog es ihn mit aller Macht<br />
nach Jena, dem ursprungsort der <strong>Burschenschaft</strong>sbewegung.<br />
schließlich ließ<br />
sich auch sein ater erweichen und Reuter<br />
durfte zum sommersemester 1832 nach<br />
Jena wechseln, mit dem Versprechen,<br />
sein studium nun zügig abzuschließen.<br />
Reuter kam in einer aufregenden Zeit<br />
nach Jena: Die Julirevolution in Frankreich<br />
1830 lag noch nicht lange zurück,<br />
das hambacher Fest, durch das die<br />
schwarz-rot-goldenen<br />
Farben und die Forderungen<br />
der Demokratie<br />
einer breiten Öffentlichkeit<br />
bekannt wurden,<br />
fand nur wenige Tage<br />
nach Reuters studienbeginn statt. Reuter<br />
war kaum in die wiedervereinigte<br />
<strong>Burschenschaft</strong> aufgenommen worden,<br />
als diese sich erneut in gemäßigte<br />
„Arminen“ und politisch radikalere<br />
„Germanen“ spaltete. er schloss sich<br />
– nicht ahnend, welche Folgen das für<br />
ihn haben sollte – den letzteren an, weniger<br />
aus politischer Überzeugung, als<br />
auf Grund persönlicher Freundschaften,<br />
und beteiligte sich lebhaft am<br />
studentischen leben. War das erste semester<br />
noch einigermaßen erfolgreich<br />
zu ende gegangen, so fiel das urteil<br />
eines vom Vater konsultierten professors<br />
über das zweite semester niederschmetternd<br />
aus.<br />
Nach dem „Frankfurter Wachensturm“<br />
vom April 1833, bei dem einige Germanen<br />
den illusionären Versuch gewagt<br />
hatten, durch das Überwältigen der<br />
polizeiwache eine demokratische Revolution<br />
in Deutschland auszulösen, war<br />
das erschrecken bei den Regierenden<br />
groß, insbesondere bei dem österreichischen<br />
Kanzler Metternich und in<br />
preußen. Man sah die Grundfesten des<br />
staatswesens erschüttert. es müssen<br />
Ängste gewesen sein, die mit denen<br />
vor der RAF in der Bundesrepublik der<br />
siebzigerjahre vergleichbar sind. eine<br />
beispiellose Verfolgung der „Demagogen“<br />
war die Folge.<br />
schWere leidenszeit<br />
Nachdem Reuter wegen seiner Beteiligung<br />
an Raufereien der universität<br />
verwiesen worden war, berief ihn sein<br />
Vater kategorisch nach hause. später<br />
schickte er seinen sohn allerdings<br />
zur Immatrikulation nach Berlin, wo<br />
Reuter jedoch abgewiesen wurde und<br />
nach leipzig weiterzog. Dort wurde er<br />
jedoch ebenfalls nicht zum studium zugelassen.<br />
Da er auf keinen Fall in die<br />
“Bei ‘Demagogen’<br />
kannte man in<br />
Preußen kein Pardon.“<br />
unmittelbare obhut des Vaters zurückwollte,<br />
ging Reuter wieder nach Berlin,<br />
wo er am 31. oktober 1833 nach einer<br />
durchzechten Nacht verhaftet wurde<br />
– gegen Gesetz und Recht, denn ein<br />
preußischer untertan war er nicht. Damit<br />
begann eine schwere leidenszeit,<br />
denn bei „Demagogen“ kannte man in<br />
Luise Reuter, geborene<br />
Kuntze, erkannte in<br />
Reuter ihre Lebensaufgabe<br />
und begleitete<br />
ihn durch die Höhen<br />
und Tiefen seines<br />
labilen Lebens.<br />
preußen kein pardon. Die Intervention<br />
des Vaters, der persönlich nach Berlin<br />
reiste, um die Auslieferung seines sohnes<br />
nach Mecklenburg zu erreichen,<br />
fruchtete nichts. er wurde stattdessen<br />
laufend verhört und daraufhin von<br />
der stadtvogtei in das sehr strenge<br />
Regiment der hausvogtei überstellt.<br />
obwohl ihm eine aktive Beteiligung<br />
an umsturzplänen nicht nachgewiesen<br />
werden konnte, blieb Reuter weiter<br />
in untersuchungshaft, ab November<br />
1834 in der Festung silberberg in oberschlesien.<br />
Die häftlinge versuchten<br />
dort, sich das leben mit Branntwein<br />
erträglich zu machen. Im Januar 1837<br />
wurde Reuter das bereits im August<br />
1836 ergangene urteil des Berliner<br />
Kammergerichts verkündet, ihn mit 39<br />
anderen „mit dem Beil zu Tode zu bringen“.<br />
König Friedrich Wilhelm III. hatte<br />
jedoch das unfassbar harte urteil für<br />
den 26-Jährigen in 30 Jahre Festungshaft<br />
umgewandelt.<br />
Reuter wurde mehrfach verlegt, am<br />
schrecklichsten blieb ihm dabei die Festung<br />
Magdeburg in erinnerung – die<br />
Festung Graudenz an der Weichsel war<br />
demgegenüber eine erholung. schließlich<br />
wurde auf Bestreben seines Vaters<br />
dem Wunsch seines landesherrn,<br />
Großherzog paul Friedrich, stattgegeben,<br />
ihn den Rest seiner inzwischen<br />
auf acht Jahre reduzierten strafe in der<br />
mecklenburgischen Festung Dömitz an<br />
academicus 1/2012 academicus 1/2012<br />
49
50<br />
der elbe absitzen zu lassen. Dort sah er<br />
zunächst bessere Zeiten, dann bekam er<br />
aber den Zugang zu den Töchtern des<br />
Kommandanten verwehrt. Am 25. August<br />
1840 wurde Reuter schließlich anlässlich<br />
des Thronwechsels in preußen<br />
begnadigt – nach fast sieben Jahren.<br />
Während der ganzen Zeit hielt sein Vater<br />
zu ihm, rang ihm allerdings einen<br />
erbverzicht ab, durch den die von ihm<br />
erhoffte Zukunft in der landwirtschaft<br />
vereitelt wurde. In „ut mine Festungstid“<br />
berichtet er<br />
über seine erlebnisse,<br />
ohne sie jedoch<br />
in ihrer vollen<br />
härte darzustellen.<br />
Als Fazit seiner<br />
haltung gegenüber der Demokratie<br />
schreibt er dort: „As wi inspunnt würden,<br />
wiren wi´t nich, as wi `rute kamen,<br />
wiren wir`t all.“<br />
Briefmarken der <strong>Deutsche</strong>n Post zu<br />
Ehren Fritz Reuters<br />
academicus 1/2012<br />
“Fortan galt er<br />
für seinen Vater<br />
als Versager.“<br />
Auf der suche nAch<br />
einer lebensAufgAbe<br />
Fritz Reuter war inzwischen fast 30<br />
Jahre alt, besaß aber kein abgeschlossenes<br />
studium oder berufliche Aussichten.<br />
Die Welt hatte sich verändert,<br />
das Bürgertum sich von allem revolutionären<br />
Geist verabschiedet und dem<br />
Biedermeier ergeben; die Industrialisierung<br />
bahnte sich an.<br />
Reuters Vater<br />
wollte immer noch<br />
nicht von seinen<br />
alten plänen ablassen<br />
und veranlasste<br />
seinen sohn<br />
zur Fortsetzung des Jurastudiums in<br />
heidelberg. Das wurde jedoch eine<br />
Katastrophe: Reuter fand bald keinen<br />
Kontakt mehr zu den jungen studenten<br />
und gab sich ganz dem Trinken<br />
hin, bis ihn der Vater nach hause holen<br />
ließ und ihn bei einem Bruder in<br />
einem pfarrhaus unterbrachte. Fortan<br />
galt Reuter für seinen Vater als Versager.<br />
Darum gab er schließlich seine<br />
einwilligung zu einer Ausbildung als<br />
„strom“, d. h. als zukünftiger Gutsverwalter.<br />
Bei der Testamentseröffnung<br />
des Vaters 1845 stellte sich dann heraus,<br />
dass ihm nicht nur das erbe vorenthalten<br />
wurde, sondern die geringen<br />
einkünfte aus Zinsen an Bedingungen<br />
geknüpft waren, die er nicht ein-<br />
halten konnte. periodisch wiederkehrende<br />
Trinkexzesse gehörten<br />
zu dieser Zeit zu seinem leben,<br />
er war alkoholkrank. Nachdem<br />
Reuter es vier Jahre auf dem Gut<br />
einer befreundeten Familie als<br />
strom ausgehalten hatte, floh er<br />
ende 1845 von dort und führte<br />
bis 1851 ein unstetes leben ohne<br />
festen Wohnsitz.<br />
Das war – nach der langen haftzeit<br />
– der zweite Tiefpunkt in Reuters<br />
leben. Doch zugleich bahnte sich eine<br />
Wende an: er lernte das landleben<br />
kennen und schätzen, hatte Freude<br />
an der Begegnung mit einfachen Menschen,<br />
deren sprachgewohnheiten er<br />
intensiv in sich aufnahm. er fand außerdem<br />
Zugang zu den Gutsbesitzer-<br />
und Bürgerfamilien der umgebung, in<br />
denen sich demokratische Gedanken<br />
regten – auch hoffmann von Fallersleben<br />
hatte er dabei kennengelernt.<br />
Während der 1848er Revolution nahm<br />
er am politischen leben teil, wurde<br />
sogar in den landtag von schwerin<br />
gewählt. Da er jedoch kein großer<br />
Redner war, wurde er nicht wiedergewählt.<br />
Man lernte ihn aber als Zeichner,<br />
guten unterhalter und erzähler<br />
schätzen. Über die zeitweiligen Ausfälle<br />
wegen seiner Krankheit sah man<br />
großzügig hinweg. In diesen Jahren<br />
traf Reuter auch seine spätere Frau<br />
luise Kuntze, eine pastorentochter, die<br />
in ihm ihre lebensaufgabe erkannte.<br />
Nach vierjähriger Verlobungszeit heirateten<br />
sie 1851, luise wurde zu seiner<br />
stütze, die ihn durch die höhen und<br />
Tiefen seines labilen lebens hindurch<br />
begleitete.<br />
der VolKsdichter<br />
In den Jahren der suche nach einer<br />
lebensaufgabe hatte Reuter schon<br />
manche seiner erlebnisse zu papier<br />
gebracht. Nachdem er eine bescheidene<br />
lehrerstelle in Treptow an der<br />
“Er sparte nicht<br />
mit Kritik an<br />
den Zuständen,<br />
immer jedoch<br />
begleitet von<br />
einem feinen<br />
Ton der Ironie.“<br />
Tollense übernommen hatte, wozu<br />
er eine Aufenthaltsgenehmigung in<br />
preußen beantragen musste, die ihm<br />
auch anstandslos gewährt wurde,<br />
konnte er damit beginnen, schriftstellerisch<br />
tätig zu werden. er schwankte<br />
zunächst, ob er hochdeutsch oder<br />
plattdeutsch, poesie oder prosa<br />
schrei ben sollte, entschied sich dann<br />
aber für plattdeutsche prosa. sein<br />
erstlingswerk „läuschen und Riemels“<br />
ist allerdings in Gedichtform<br />
gehalten. Da er keinen Verleger fand,<br />
ließ Reuter es im selbstverlag drucken<br />
und versandte es zusammen<br />
mit seiner Frau. Der erfolg gab ihm<br />
recht: Das Büchlein war in kurzer<br />
Zeit vergriffen – er hatte offenbar<br />
den Ton gefunden, der zu den herzen<br />
der Menschen sprach. seine<br />
zeichnerische Begabung half ihm<br />
ebenso wie sein Gedächtnis für die<br />
typischen Ausdrucksweisen der von<br />
ihm charakterisierten Menschen,<br />
sodass diese dem leser ganz lebendig<br />
entgegentreten. um seine Texte<br />
absetzen zu können, gab Reuter<br />
das „unterhaltungsblatt für beide<br />
Mecklenburg und pommern“ heraus,<br />
in dem er unter wechselnden<br />
Autorennamen schrieb. es wurde zu<br />
seinem literarischen Übungsinstrument,<br />
durch das er weiter bekannt<br />
wurde, es allerdings nach einem Jahr<br />
wieder aufgeben musste.<br />
Inzwischen war er zu einem beliebten<br />
Volksdichter geworden, der wesentlich<br />
dazu beitrug, dass plattdeutsch<br />
zu einer literarischen sprache wurde,<br />
indem er es in eine leicht abgeschliffene<br />
Form brachte.<br />
VoM VerbuMMelten<br />
studenten zuM<br />
ehrendoKtor<br />
Dann folgten die Werke, die ihn binnen<br />
weniger Jahre weltberühmt machten:<br />
das tragische Gedicht „Kein hüsung“<br />
(1857), vor allem aber die autobiografischen<br />
Werke „ut de Franzosentid“<br />
(1859), „ut mine Festungstid“ (1862)<br />
“Seine Werke<br />
wurden in<br />
viele Sprachen<br />
übersetzt, nur die<br />
Übersetzung ins<br />
Hochdeutsche<br />
will nicht recht<br />
gelingen.“<br />
und „ut mine stromtid“ (1862 - 64). Darin<br />
schildert Reuter selbsterlebtes und<br />
erdachtes, spart auch nicht mit Kritik an<br />
den Zuständen, immer jedoch begleitet<br />
von einem feinen Ton der Ironie, der die<br />
lektüre erträglich macht. Das Geheimnis<br />
seiner Wirkung ist, dass er genau die<br />
sprache der einfachen Menschen seiner<br />
heimat traf, die sich trotz oft mangelnder<br />
formaler Bildung doch tiefgehende<br />
Gedanken über das leben machten.<br />
fritz reuter<br />
(Selbstbildnis des 23-jährigen Reuters)<br />
Fritz Reuter, geboren am 7. November 1810 in Stavenhagen, gilt als einer<br />
der bedeutendsten deutschen Dichter und Schriftsteller der niederdeutschen<br />
Sprache. In seiner Jugend verbummelter Student, inhaftierter<br />
„Demagoge“, enterbt und schließlich alkoholkrank, gelang ihm in späteren<br />
Jahren der Durchbruch als plattdeutscher Dichter und Schriftsteller.<br />
Werke wie „Kein Hüsung“ (1857), „Ut de Franzosentid“ (1859) oder<br />
„Ut mine Festungstid“ (1862) machten ihn binnen weniger Jahre weltberühmt.<br />
Er starb 1874 in Eisenach.<br />
Dabei ist es besonders die Gestalt des<br />
„unkel Bräsig“ in der „stromtid“, hinter<br />
der der Dichter erkennbar wird.<br />
Inzwischen war Reuter zu einer Berühmtheit<br />
geworden. Die universität Rostock,<br />
die dem verbummelten studenten einst<br />
nur Nichtteilnahme an Vorlesungen<br />
bescheinigen konnte, verlieh ihm 1863<br />
den ehrendoktor. Bald danach zogen<br />
die Reuters nach eisenach um, wo er<br />
sich 1868 ein hochherrschaftliches<br />
haus leisten konnte. seine Werke wurden<br />
in viele sprachen übersetzt, nur die<br />
Übersetzung ins hochdeutsche wollte<br />
nicht recht gelingen. Reuter starb hochverehrt<br />
am 12. Juli 1874 an den Folgen<br />
eines schlaganfalls.<br />
***<br />
Fritz Reuter ist heute weithin vergessen,<br />
er war zu seiner Zeit und<br />
noch lange danach einer der bekanntesten<br />
Dichter Deutschlands.<br />
Mit der „Festungstid“ hat er das<br />
Schicksal der „Demagogen“ der<br />
1830er-Jahre nachfühlbar gemacht.<br />
Er nahm zeitlebens lebhaften Anteil<br />
am politischen Geschehen und hoffte<br />
auf eine demokratische Entwicklung<br />
in Deutschland; seine Versuche<br />
zu aktiver politischer Tätigkeit waren<br />
wenig erfolgreich. In Erinnerung<br />
wird er bei denen bleiben, die Platt<br />
sprechen oder sich Zugang dazu<br />
verschaffen, als einer, der ihnen aus<br />
dem Herzen sprechen konnte.<br />
academicus 1/2012<br />
51
52<br />
ReZeNsIoN<br />
“Ehre ist ein<br />
Chamäleon.<br />
Ständig wechselt<br />
sie den Inhalt<br />
und den Namen.“<br />
academicus 1/2012<br />
rezension zu<br />
„Eine Geschichte der Ehre“<br />
<strong>Burschenschaft</strong>en führen den Begriff<br />
„ehre“ an prominenter stelle<br />
in ihrem Wahlspruch. Da müsste<br />
das Buch von Winfried speitkamp bei<br />
uns auf besonderes Interesse stoßen.<br />
Der professor für <strong>Neue</strong> und <strong>Neue</strong>ste<br />
Geschichte an der universität Kassel,<br />
der sich gern in Grenzbereichen von<br />
Geschichte, soziologie und anderen<br />
Gesellschaftswissenschaften tummelt<br />
und dabei zu sehr anregenden ergebnissen<br />
kommt, hat sich vorgenommen,<br />
eine „Geschichte der ehre“ zu schreiben.<br />
schon das weckt Interesse. Denn<br />
wer denkt bei „ehre“ gleich daran,<br />
dass es dabei auch eine geschichtliche<br />
entwicklung gegeben hat? und<br />
wer vermutet, dass „ehre“ auch heute<br />
noch eine große Rolle spielt? Auf diese<br />
und viele andere Fragen gibt speitkamp<br />
in seinem Buch Antworten:<br />
ehre heute Wichtiger<br />
Als VerMutet<br />
In einem Vorwort, sechs Kapiteln<br />
und einem schlusswort behandelt<br />
speitkamp sein Thema. Im Vorwort<br />
liefert er den Nachweis, dass ehre<br />
auch heute noch eine weit größere<br />
Rolle spielt als viele vermuten, dass<br />
aber die Vorstellungen von ehre einem<br />
ständigen Wandel unterliegen,<br />
also eine Geschichte haben. Das veranschaulicht<br />
speitkamp dann an den<br />
Beispielen der ohrfeige – der symbolhaften<br />
„kleinen“ Gewalt –, des Duells<br />
– der disziplinierten und kodifizierten<br />
Gewalt – und des ehrenmords – der<br />
entfesselten Gewalt.<br />
Im ersten Kapitel „Körper und ehre.<br />
eine kurze Geschichte der ohrfeige“<br />
(s. 25 - 67) geht es um die gesell-<br />
von arnulf BauMann<br />
<strong>Burschenschaft</strong> der Bubenreuther (1951)<br />
schaftliche Bedeutung dieser scheinbar<br />
alltäglichen handlungsweise.<br />
speitkamp geht auf den ort der<br />
ohrfeige in der erziehung ein und<br />
auf ihre vor allem in den vergangenen<br />
Jahrzehnten erfolgte allmähliche<br />
Ausscheidung aus dem Katalog der<br />
bei lehrern und auch eltern vertretbaren<br />
pädagogischen Maßnahmen.<br />
Jedoch spielt die ohrfeige auch unter<br />
erwachsenen eine nicht zu unterschätzende<br />
Rolle, wie speitkamp an<br />
berühmten Beispielen aus Geschichte<br />
und literatur verdeutlicht. ohrfeigen<br />
sind nach wie vor eine gebräuchliche<br />
Form der ehrverletzung, der<br />
Beleidigung.<br />
Das bringt den Verfasser zum nächsten<br />
Kapitel „‘Der heilige Dienst der<br />
ehre’. Kulturen der ehre bis ins 19.<br />
Jahrhundert“ (s. 69 - 127): es setzt<br />
ein bei Beispielen von ehrverletzung<br />
und -wiederherstellung aus der klassischen<br />
Antike, geht über zum Nibelungenlied,<br />
zum mittelalterlichen Fehderecht<br />
der Ritter, zur standesehre der<br />
handwerker und Kaufleute, der Bauern<br />
und der Frauen. Vor allem in der<br />
Zeit von humanismus und Aufklärung<br />
setzten Versuche ein, die ehre durch<br />
ihre Bestimmung als Menschenrecht<br />
auf eine höhere ebene zu heben, die<br />
seit den Napoleonischen Kriegen<br />
durch den Begriff der nationalen ehre<br />
abgelöst wurde. In diesem Zusammenhang<br />
kommt der Autor auf die<br />
Rolle der ehre innerhalb der akademischen<br />
Jugend zu sprechen, wobei er<br />
kurz auf die Grundsätze der „Allgemeinen<br />
deutschen <strong>Burschenschaft</strong>“<br />
von 1818 und die zweite strophe des<br />
Deutschlandliedes eingeht. Dies alles<br />
sieht er als Ausdruck des Ringens um<br />
gesellschaftliche Anerkennung.<br />
„Moloch ehre“<br />
Nach dieser einführung spricht speitkamp<br />
im dritten Kapitel vom „‘Moloch<br />
ehre.’ Die Kultur der ehre im 19. Jahrhundert“<br />
(s. 129 - 172). er beschreibt,<br />
wie das Duell zu einem vor allem bei<br />
Militärs, bei Beamten, wohlhabenden<br />
Bürgern und studenten juristisch zwar<br />
strafbewehrten, in der Gesellschaft<br />
aber anerkannten Mittel der Regelung<br />
von Auseinandersetzungen wurde. Dies<br />
übrigens nicht nur in Deutschland, sondern<br />
in ganz europa und darüber hinaus.<br />
er erwähnt auch den Zusammenhang<br />
des Duellwesens zum allgemeinen<br />
streben nach äu-<br />
ßererAnerkennung, das trotz<br />
immer wieder<br />
auf flammender<br />
Kritik daran eine<br />
Abschaffung verhinderte.<br />
Im vierten Kapitel „eine ‘sache des Blutes’.<br />
Der Kult der ehre im Zeitalter der<br />
Weltkriege“ (s.173 - 213) berichtet der<br />
Verfasser von der „politisierung der<br />
ehre“ durch das „Weltkriegserlebnis“,<br />
das in Deutschland, aber auch in anderen<br />
ländern zur Bildung von Kampfbünden<br />
führte, die sich durch Marschformationen,<br />
uniformen und generell<br />
martialisches Auftreten von „zivilen“<br />
Bürgern abhoben und erhebliche Gewaltbereitschaft<br />
zeigten. Besonders<br />
im Nationalsozialismus kam dabei ein<br />
übersteigerter ehrbegriff zum Tragen,<br />
der persönliche, nationale und parteiehre<br />
zu einer einheit verschmolz. Dem<br />
entsprach eine wachsende Inflation der<br />
ehrungen, die millionenfach verliehen<br />
wurden, wie etwa das sogenannte „Mutterkreuz“.<br />
speitkamp vermutet dahinter<br />
eine massive „Angst vor entehrung und<br />
schande“. „Wer an die ehre appellierte,<br />
wer ehre anbot oder entzog, traf einen<br />
Nerv der Zeit“ (s. 211). Die Kehrseite<br />
davon war die systemimmanente entehrung<br />
einzelner oder ganzer Menschengruppen,<br />
beispielsweise der Juden, die<br />
„so massenhaft praktiziert wurde wie<br />
nie zuvor in der deutschen Geschichte“<br />
(s. 213).<br />
geächtete ehre<br />
“Man möchte fast<br />
wünschen, dass<br />
es Fuchsmajoren<br />
zur Pflichtlektüre<br />
gemacht wird.“<br />
Das nächste Kapitel „‘ehrensenf’. Niedergang<br />
und Renaissance der ehre<br />
nach 1945“ (s. 215 - 265) behandelt<br />
die Folgen der hypertrophie der ehre<br />
im Ns-staat. Während in der DDR die<br />
politik der massenhaften ehrungen –<br />
nun unter sozialistischem Vorzeichen<br />
– unbekümmert fortgesetzt wurde,<br />
verfiel der Begriff „ehre“ in der Bundesrepublik<br />
weitgehend der Ächtung. Das<br />
brachte die dahin-<br />
terstehende sache<br />
jedoch nicht zum<br />
Verschwinden. Anhand<br />
von Beispielen<br />
aus sport und politik<br />
weist speitkamp<br />
nach, dass es durchaus<br />
auch in der Bundesrepublik um<br />
Fragen der ehre geht, nicht zuletzt im<br />
Zusammenhang mit Beleidigungsprozessen<br />
oder mit öffentlichen ehrungen.<br />
Im Grunde gehe es um das streben<br />
nach Anerkennung beziehungsweise<br />
die Angst vor deren Verlust. Das stecke<br />
auch hinter den Bemühungen um<br />
eine „Wiedergutmachung“ der in der<br />
Ns-Zeit begangenen untaten, ein „als<br />
kollektive Reue daherkommender Nationalstolz“<br />
(s. 264).<br />
Im sechsten Kapitel „ehrenmorde?<br />
ehre, schande und Gewalt in transnationalen<br />
Räumen“ (s. 265 -315) geht der<br />
Verfasser auf einen weiteren Aspekt<br />
ein, dessen Zusammenhang mit der<br />
Thematik für manchen überraschend<br />
erscheinen wird: hier behandelt er erscheinungen,<br />
die vielfach als fremdartig<br />
angesehen werden, weil sie häufig<br />
mit einwanderern oder gar mit weit<br />
entfernten ländern wie Japan oder<br />
Afrika zusammenhängen. er vermag<br />
jedoch darzustellen, dass hinter scheinbar<br />
völlig unverständlichen Verhaltensweisen<br />
– etwa gegenüber der AIDs-<br />
Gefahr im süden Afrikas – gleichfalls<br />
das streben nach Anerkennung, beziehungsweise<br />
die Angst vor ihrem Verlust<br />
stehen können.<br />
„deM biederen ehr und<br />
Achtung!“<br />
Der schlussteil „ein schmaler Grat“ (s.<br />
317 - 323) versucht, ein Fazit zu ziehen.<br />
Das ist zunächst die erkenntnis, dass<br />
„ehre“ eine viel größere Rolle spielt,<br />
als viele meinen. Zum anderen geht<br />
es um die einsicht: „ehre ist ein chamäleon<br />
... ständig wechselt sie ... den<br />
Inhalt und den Namen“ (s. 329), vor allem<br />
aber: „Das Feld der ehre ist ... ein<br />
Raum, in dem über den standort des<br />
einzelnen in der Gesellschaft verhandelt<br />
wird“ (s. 322).<br />
Das wird alles in gut lesbarer sprache<br />
und mit vielen einprägsamen Beispielen<br />
vorgetragen und gibt viel Anlass zum<br />
Nachdenken über „ehre“ – man möchte<br />
fast wünschen, dass es Fuchsmajoren<br />
zur pflichtlektüre gemacht wird.<br />
eines habe ich mich allerdings beim<br />
lesen ständig gefragt: Warum wird<br />
fast ausschließlich nach der eigenen<br />
persönlichen oder kollektiven ehre und<br />
nach ihrer möglichen Verletzung durch<br />
andere gefragt? Warum kommt kaum<br />
in den sinn, dass es ein Teil der eigenen<br />
ehre ist, auch anderen ehre zu erweisen?<br />
„Die ehre des anderen“ – das<br />
könnte der Titel eines mindestens ebenso<br />
spannenden Buches sein. Möglicherweise<br />
hängt der von mir empfundene<br />
Mangel damit zusammen, dass speitkamp<br />
mit der ehre Gottes als Grundlegung<br />
menschlicher ehre kaum etwas<br />
anfangen kann (s. 13) – von Gottes ehre<br />
aus kommt die ehre des Mitmenschen<br />
unweigerlich ins Blickfeld. Das wusste<br />
die urburschenschaft: „Dem Biederen<br />
ehr und Achtung!“<br />
Winfried Speitkamp, Ohrfeige, Duell<br />
und Ehrenmord. Eine Geschichte der<br />
Ehre, Verlag Philipp Reclam jun., Stuttgart<br />
2010, 366 S., 24.95 Euro.<br />
academicus 1/2012<br />
53
54<br />
TeRMINe TeRMINe<br />
Danzig, Krantor<br />
(Foto: R. Konkolewski)<br />
18. - 31. august<br />
burschenschAfterfAhrt<br />
nach ostpreussen<br />
Wie schon in den vergangenen Jahren organisiere ich auch in diesem Jahr<br />
vom 18. bis 31. August eine Fahrt nach Ostpreußen. Das ist unser Programm:<br />
pRoGRAMM<br />
18. August:<br />
Rotenburg – hannover – Berlin – posen.<br />
19. August:<br />
posen – Thorn (stadtrundgang) – osterode<br />
(Grillabend bei dem deutschen Verein).<br />
20. August:<br />
schiffsfahrt auf dem oberlandkanal bis zur 1. Geneigten<br />
ebene in Buchwalde. Weiterfahrt per Bus über Mohrungen<br />
nach Allenstein.<br />
21. August:<br />
Allenstein (stadtrundgang, empfang mit Imbiss beim<br />
deutschen Verein im „haus Kopernikus“) – Neudims<br />
(zünftiges essen auf einem deutschen Bauernhof<br />
am ufer des Daddai-sees) – Kruttinnen.<br />
22. August:<br />
schiffsfahrt von Nikolaiken nach Niedersee. Kleinort<br />
(Geburtshaus von ernst Wiechert mit Museum) –<br />
stakfahrt auf der Kruttinna.<br />
23. August:<br />
Kruttinnen – Bartossen (deutscher soldatenfriedhof) –<br />
lyck– Memel – Nidden/Kurische Nehrung.<br />
Das programm ist im Gegensatz zu den sonst üblichen<br />
touristisch ausgerichteten Reisen so gestaltet, dass wir<br />
sowohl die steinernen Zeugen der deutschen Vergangenheit<br />
dieses landes aufspüren und Begegnungen mit den<br />
dort verbliebenen <strong>Deutsche</strong>n haben werden als auch die<br />
wunderbare Natur im „land der dunklen Wälder und kristallenen<br />
seen“ erleben können.<br />
academicus 1/2012<br />
24. August:<br />
Nidden: Dorfrundgang, Wanderung zur hohen Düne.<br />
Baden in der ostsee.<br />
25. August:<br />
Nidden – Rossitten (Führung in der Vogelwarte) – sarkau<br />
(Dünenwanderung) – seebad Rauschen – Königsberg.<br />
26. August:<br />
Tilsit – Gumbinnen (Besuch bei der salzburger Gemeinde).<br />
27. August:<br />
Königsberg: stadtrundfahrt, Besichtigung des Doms<br />
mit Kantmuseum, Besuch der evangelischen Gemeinde,<br />
stadtbummel.<br />
28. August:<br />
Königsberg – Frauenburg – Marienburg – Danzig.<br />
29. August:<br />
Danzig: stadtführung. Nachmittags frei für eigene<br />
Aktivitäten.<br />
30. August:<br />
Danzig – Zoppot – oliva – Krangen/pommern.<br />
31. August:<br />
stettin (kurze stadtrundfahrt) – Berlin – hannover –<br />
Rotenburg.<br />
Der Reisepreis beträgt maximal 1.535 euro (bei bis zu<br />
30 Teilnehmern), 1.485 euro bei mehr als 30 Teilnehmern.<br />
einzelzimmerzuschlag: 269 euro. Im Reisepreis sind enthalten:<br />
Übernachtung in guten hotels mit halbpension,<br />
alle einreisegebühren, Visum für Russland sowie sämtliche<br />
eintrittsgelder, Führungen, Dampferfahrten und die im<br />
programm aufgeführten besonderen Mahlzeiten.<br />
Nähere Informationen und Anmeldung mit Angabe der <strong>Burschenschaft</strong> und gewünschten Zimmerart (einzel-<br />
oder Doppelzimmer) bei: Gerhard Prengel, Teutonia Jena/Gothia Königsberg, Bergstr.15, 14476 Potsdam.<br />
Tel./Fax: 03320/131829. E-Mail: h.g.prengel@web.de<br />
110 jAhrE rUGIA DArMStADt<br />
liebe Verbandsbrüder!<br />
Voller Vorfreude blicken wir dem 17. bis 20. Mai 2012<br />
entgegen, da wir an diesem Wochenende unser 110. stiftungsfest<br />
begehen werden. Aus diesem Anlass möchten<br />
wie sie herzlichst zu unserem stiftungsfestkommers am<br />
18. Mai im Justus-liebig-haus in Darmstadt einladen<br />
und würden uns freuen, Vertreter Ihrer Bünde bei uns<br />
in Darmstadt begrüßen zu dürfen. Bei Interesse an der<br />
Teilnahme auch an den weiteren Veranstaltungen unseres<br />
stiftungsfests – wie zum Beispiel dem stiftungsfestball<br />
am samstag – setzen sie sich bitte mit uns in<br />
Verbindung.<br />
<strong>Burschenschaft</strong> Rugia, Wienerstraße 95,<br />
64287 Darmstadt, Tel.: 06151/47230,<br />
info@burschenschaft-rugia.de<br />
TeRMINe<br />
17. – 20.5.2012<br />
125. Stiftungsfest Arminia Stuttgart<br />
17. – 20.5.2012<br />
135. Stiftungsfest Franconia Freiburg<br />
17. – 20.5.2012<br />
110. Stiftungsfest Rugia Darmstadt<br />
siehe hinweis oben<br />
25. – 28.5.2012<br />
140. Stiftungsfest Frankonia Gießen<br />
15.6. – 17.6.2012<br />
Burschentag in Landau<br />
Freitag, 20:00 uhr: Begrüßungsabend;<br />
samstag, 10:00 uhr: Burschentag, 20:00 uhr:<br />
Festkommers, ort: Jugendstilhalle landau.<br />
sonntag, 10:30 uhr: Frühschoppen hambacher schloss<br />
Ab 1900 trafen sich einige Darmstädter Studenten<br />
und legten schließlich den Grundstein für die <strong>Burschenschaft</strong><br />
Rugia.<br />
19. – 22.7.2012<br />
195. Stiftungsfest Bubenreuther Erlangen<br />
August (terMin folgt)<br />
Verbandskanufahrt Mecklenburgische Seenplatte<br />
Kontakt: Vorsitzende <strong>Burschenschaft</strong><br />
18. – 31.8.2012<br />
<strong>Burschenschaft</strong>erfahrt nach Ostpreußen<br />
Informationen auf s. 54<br />
3.11.2012<br />
Delegiertentag<br />
ort: Darmstadt, Rheno-Markomannia<br />
academicus 1/2012<br />
55
Nazan Eckes<br />
Lassen Sie sich jetzt als Stammzellspender<br />
für einen Leukämiepatienten registrieren:<br />
durch einen Abstrich Ihrer Wangenschleimhaut<br />
mit einem Wattestäbchen, ganz<br />
einfach von zu Hause aus. Fordern Sie unter<br />
www.dkms.de das Registrierungs-Set und<br />
alle wichtigen Informationen an.<br />
DKMS <strong>Deutsche</strong> Knochenmarkspenderdatei<br />
gemeinnützige Gesellschaft mbH