Informationsblatt Sittichzuchtgenehmigung - Kreis Wesel
Informationsblatt Sittichzuchtgenehmigung - Kreis Wesel
Informationsblatt Sittichzuchtgenehmigung - Kreis Wesel
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Kreis</strong> <strong>Wesel</strong><br />
Der Landrat<br />
Fachdienst Veterinär- und<br />
Lebensmittelüberwachung<br />
Jülicher Str. 4<br />
46483 <strong>Wesel</strong><br />
INFORMATIONSBLATT<br />
zur Erlangung einer Zucht- bzw. Handelserlaubnis mit<br />
Papageien und Sittichen<br />
Da von Papageien und Sittichen die Gefahr einer Übertragung der hochansteckenden<br />
und gefährlichen "Papageienkrankheit" (Psittakose) auf den Menschen besteht, unterliegen<br />
Zucht und Handel mit solchen Vögeln der amtlichen Erlaubnis und Überwachung.<br />
Die dafür notwendigen gesetzlichen Grundlagen bilden die zur Zeit geltenden Fassungen<br />
des Tierseuchengesetzes und der Verordnung zum Schutz gegen die Psittakose<br />
und Ornithose (Psittakose-Verordnung). Berührt werden aber auch Bestimmungen<br />
des Bundes-Seuchen- und des Tierschutzgesetzes.<br />
Für Zucht oder Handel mit Papageien und Sittichen sind 1. Zuverlässigkeit und Sachkunde<br />
und 2. räumliche Voraussetzungen erforderlich.<br />
1. Zuverlässigkeit und Sachkunde:<br />
Von der Zuverlässigkeit eines Züchters oder Händlers ist auszugehen, wenn der<br />
Behörde keine Tatsachen (z.B. Vorstrafen, Trunksucht, Geisteskrankheit usw.) bekannt<br />
sind, die zu Zweifeln an der künftigen ordnungsgemäßen Ausübung der Zucht<br />
von oder des Handels mit Papageien und Sittichen Anlaß geben.<br />
Der Nachweis der Sachkunde wird in der Regel im Zusammenhang mit der Überprüfung<br />
der Räumlichkeiten vor dem Amtstierarzt erbracht. Dabei müssen ausreichende<br />
Kenntnisse vorliegen über:<br />
1. Biologie der Papageien und Sittiche<br />
2. Benennung und Unterscheidung der wichtigsten gehandelten Psittaciden-Arten<br />
3. Aufzucht, Haltung (einschließlich Käfigung), Fütterung und allgemeine Hygiene<br />
der Papageien und Sittiche<br />
V396_0022 Stand:23.06.2008
2<br />
4. a) Psittakose: Ansteckung, Symptome, Krankheitsverlauf bei Sittichen und Papageien<br />
sowie beim Menschen; Schutzmaßnahmen, Desinfektion<br />
b) andere wichtige Krankheiten der Papageien und Sittiche<br />
5. gesetzliche Bestimmungen zur Bekämpfung der Psittakose beim Menschen und<br />
bei Papageien und Sittichen<br />
a) einschlägige Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes<br />
b) einschlägige tierseuchenrechtliche Vorschriften (Tierseuchengesetz,<br />
Bekämpfungs- und Einfuhrvorschriften)<br />
6. die wichtigsten Bestimmungen des Tierschutzgesetzes.<br />
Es wird empfohlen, die nötigen Sachkenntnisse durch Studium von Fachliteratur (z.B.<br />
in Zoofachgeschäften erhältlich) und/oder Gesprächen mit erfahrenen Züchtern zu<br />
erwerben.<br />
Die gesetzlichen Bestimmungen können nach Voranmeldung im Fachdienst Veterinär-<br />
und Lebensmittelüberwachung eingesehen werden.<br />
2. Räumlichkeiten:<br />
Die Unterbringung der Vögel muss den Anforderungen des § 2 des Tierschutzgesetzes<br />
entsprechen, d.h., die Tiere müssen ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen<br />
ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden. Neben ausreichender<br />
Größe für eine artgemäße Bewegungsmöglichkeit müssen Volieren oder Stallungen<br />
den Vögeln Schutz vor widrigen Witterungen - vor allem in Form von Wind und<br />
Nässe - bieten können. Daneben sollte der Boden einer Zuchtanlage durch z.B. Beton<br />
oder Steinplatten befestigt und somit leicht zu reinigen sein. Wohnräume sind aus seuchenhygienischer<br />
Sicht für eine Zucht mit Sittichen und Papageien ungeeignet.<br />
Die Erteilung einer Zucht- bzw. Handelserlaubnis mit Krummschnäbeln ist außerdem an<br />
das Vorhandensein eines Raumes für die Absonderung erkrankter Vögel gebunden. Dieser<br />
Raum muß bei Auftreten der Psittakose die Durchführung einer ordnungsgemäßen<br />
Seuchenbekämpfung ermöglichen, d.h., er muß dicht und verschließbar sein, um ein<br />
Weiterverbreiten der Seuchenerreger zu verhindern. Garagen sind wegen ihrer Luft- und<br />
damit auch Erreger-durchlässigen Tore als Behandlungsräume in der Regel nicht geeignet.<br />
Außerdem müssen Boden, Wände und Decke aus Materialien bestehen, die nach<br />
abgeschlossener Behandlung der Vögel leicht zu reinigen und zu desinfizieren sind.<br />
Ungeeignet sind Holz und andere Baustoffe mit grober Oberflächenstruktur, in der sich<br />
Krankheitskeime festsetzen können. Aus demselben Grund gehören auch keine Geräte<br />
wie Heizanlagen, Kühlschränke, Waschmaschinen u.ä. in einen Behandlungsraum. Auf<br />
der anderen Seite kann der Absonderungsraum durchaus zwischenzeitlich anderweitig<br />
V396_0022 Stand: Juni 2011
3<br />
(z.B. als Lagerraum) genutzt werden, muß aber im Bedarfsfalle kurzfristig (innerhalb weniger<br />
Stunden) in einen Zustand versetzt werden können, der den soeben geschilderten<br />
Bedingungen entspricht.<br />
Für die Zeit der Behandlung sollen die Tiere in Metallkäfigen (z.B. aus Maschendraht) mit<br />
Drahtzwischenböden und Kotauffangblechen untergebracht werden.<br />
Obwohl der Züchter oder Händler im Falle des Auftretens der Psittakose neben einer Behandlung<br />
auch die Möglichkeit der Tötung seiner Vögel unter behördlicher Aufsicht hat,<br />
müssen nach den zur Zeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen Räumlichkeiten, in denen<br />
eine ordnungsgemäße Seuchenbekämpfung durchgeführt werden kann, nach Erteilung<br />
der Genehmigung stets vorhanden sein.<br />
Psittakose:<br />
Begriffe:<br />
Der Erreger der "Papageienkrankheit" gehört zu den zwischen Bakterien und Viren einzuordnenden<br />
Chlamydien (Chlamydia psittaci). Die durch sie hervorgerufene Infektionskrankheit<br />
bei Papageien und Sittichen (= Psittaciden) heißt Psittakose. Ruft derselbe<br />
Erreger bei anderen Vogelarten (Zier-, Wildvögel, Nutzgeflügel) die Erkrankung hervor,<br />
wird sie als Ornithose (ornis = Vogel) bezeichnet.<br />
Die Psittakose ist eine anzeigepflichtige, die Ornithose eine meldepflichtige Tierseuche.<br />
Nach dem Bundes-Seuchengesetz besteht ebenfalls Meldepflicht für die Ornithose<br />
des Menschen.<br />
Verbreitung:<br />
Der Erreger der Psittakose wird in erster Linie auf dem Luftweg weiterverbreitet. Die Infektion<br />
von Mensch und Tier erfolgt vorwiegend durch Einatmen aufgewirbelter erregerhaltiger<br />
Kotpartikel. Jedoch kommt die Erkrankung nicht bei jedem Vogel, der sich mit<br />
den Keimen infiziert hat, auch zum Ausbruch. Solche sogenannten latent (= verborgen)<br />
infizierten Tiere können aber ihr Leben lang die Gefahr der Erregerausscheidung in sich<br />
bergen. Unter Streßbelastungen (Transport, mangelhafte Hygiene, Mangelernährung) ist<br />
ein Ausbruch der Krankheit bei diesen Tieren jederzeit möglich.<br />
Viele Importvögel, mittlerweile aber auch zahlreiche einheimische Zuchten, sind mit dem<br />
Psittakoseerreger verseucht. Dabei ist der Wellensittich als Infektionsquelle für den Menschen<br />
nach wie vor nicht zu vernachlässigen.<br />
Krankheitserscheinungen:<br />
Die Psittakose verläuft bei den Papageienvögeln unter unspezifischen Symptomen,<br />
wie sie auch bei anderen Erkrankungen vorkommen können. Häufig sind jedoch nach<br />
anfänglicher Futterverweigerung, Aufplustern und ruhigem apathischen Verhalten Störungen<br />
der Atemwegsorgane wie Atemgeräusche, Atemnot und Nasenschleimhautentzündungen<br />
zu beobachten. Daneben kommen aber auch Augenbindehaut-, Darm- und<br />
Kropfentzündungen vor. Im Endstadium können die Tiere unter Krämpfen eingehen.<br />
Beim Menschen sind vor allem ältere und kranke Personen sowie Kleinkinder gefährdet.<br />
Wird die Erkrankung nicht oder nicht rechtzeitig erkannt oder behandelt, kann sie auch<br />
heute noch zum Tode führen oder bleibende Organschäden hinterlassen. Die häufigsten<br />
V396_0022 Stand: Juni 2011
V396_0022 Stand: Juni 2011<br />
4<br />
Erscheinungen sind auch hier Störungen in den Atemwegsorganen wie grippeartige Erkrankungen<br />
mit hohem Fieber, Bronchitis, Lungenentzündung. Es sollte jedoch bei jeder<br />
Erkrankung eines Familienmitglieds, die sich nach ärztlicher Behandlung nicht ausreichend<br />
bessert, der Hausarzt auf das Vorhandensein von Papageienvögeln und Sittichen<br />
aufmerksam gemacht werden. Blutuntersuchungen ergeben schnell Klarheit und in den<br />
allermeisten Fällen heilt die Ornithose / Psittakose des Menschen bei entsprechender<br />
Behandlung vollständig aus.<br />
Behandlung und Bekämpfung:<br />
Zur Behandlung aber auch zur Vorbeuge (bei importierten Papageien und Sittichen) der<br />
Psittakose werden heute Breitspektrum-Antibiotika - in der Regel Tetracycline - eingesetzt.<br />
Die staatlichen Bekämpfungsmaßnahmen werden in der auf Grund des Tierseuchengesetzes<br />
erlassenen Verordnung zum Schutz gegen die Psittakose und Ornithose<br />
(Psittakose-Verordnung) sowie in einem Erlaß des Landes Nordrhein-Westfalen (Bekämpfung<br />
der Psittakose und Ornithose) geregelt. Unter anderem wird hier die Anzeigepflicht<br />
des Besitzers bei Ausbruch oder Verdacht des Ausbruchs der Seuche betont. Des<br />
weiteren werden die amtlich anzuordnenden Maßnahmen wie Sperre des Bestandes,<br />
Absonderung erkrankter Vögel, Behandlung der Tiere sowie Reinigung und Desinfektion<br />
von Gegenständen, Kleidung und Räumlichkeiten beschrieben. Die Behandlung erfolgt<br />
in der Regel über das Futter und dauert je nach Art der Vögel 30 bzw. 45 Tage.<br />
Um eine Infektionsquelle zu ermitteln oder zur Benachrichtigung ansteckungsgefährdeter<br />
Personen kann es erforderlich sein, den Verbleib oder die Herkunft eines abgegebenen<br />
(verkauften) bzw. erworbenen Vogels nachzuvollziehen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber<br />
für die Zucht von und den Handel mit Papageien und Sittichen eine Kennzeichnungs-<br />
und Buchführungspflicht eingeführt. Die Kennzeichnung erfolgt mit Fußringen,<br />
die nur nach Vorlage einer Zucht- bzw. Handelserlaubnis vom Zentralverband<br />
Zoologischer Fachgeschäfte Deutschlands e.V. oder bestimmten Zuchtverbänden<br />
erhältlich sind. Zur Buchführung eignen sich am besten in Zoofachgeschäften oder von<br />
Zuchtverbänden erhältliche Nachweisbücher. Besonders wichtig bei der Buchführung ist<br />
aus den o.a. Gründen neben der Eintragung der Ringnummern die Aufzeichnung vollständiger<br />
Adressen der Besitzer aufgenommener oder abgegebener Vögel. Einzelheiten<br />
regelt auch hier die Psittakose-Verordnung.<br />
Überwachung:<br />
Händler von Papageien und Sittichen müssen zweimal jährlich mit einer amtstierärztlichen<br />
Überprüfung ihrer Bestände rechnen. Die Überprüfungsintervalle in den Zuchtbeständen<br />
richten sich nach der Größenordnung der Zucht und ggf. sonstiger Besonderheiten.<br />
Zum Schluß sei noch angemerkt, daß gewerbsmäßiger Handel mit Heimtieren oder<br />
gewerbsmäßige Zucht mit Wirbeltieren außer landwirtschaftlichen Nutztieren der Erlaubnis<br />
der zuständigen Behörde nach dem Tierschutzgesetz bedarf. Beide Tätigkeiten<br />
umfassen also auch Papageien und Sittiche.<br />
Zahlreiche Papageien- und Sitticharten sind auf Grund des Washingtoner Artenschutzübereinkommens<br />
unter besonderen Schutz gestellt worden. Für Fragen des Artenschutzes<br />
ist die Untere Landschaftsbehörde (Fachdienst Naturschutz, Landwirtschaft,<br />
Jagd und Fischerei) zuständig.