Was das Leben mit der Liebe macht
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40 magda und alexan<strong>der</strong> magda und alexan<strong>der</strong> 41<br />
sie sich bei den kommenden Wahlen als Spitzenkandidatin zur Verfügung<br />
stellen, so die Partei dies wünsche.<br />
Der Mann stellt seinen Chrysler Voyager, in den er bereits einen Kin<strong>der</strong>sitz<br />
gezurrt hat, in die Tiefgarage des Linzer Möbelhauses Leiner,<br />
steigt auf ein Moped. Kurz vor 16 Uhr tritt er an <strong>der</strong> Kefergutstraße in<br />
die Raiffeisenkasse Untergaumberg, <strong>der</strong> Mann trägt eine alte Jeanshose,<br />
eine Jacke, auf dem Kopf eine Schirmkappe, vor dem Gesicht ein<br />
weißes Tuch. Er packt die Kassiererin, drückt Metall an ihre Schläfe,<br />
kratzt Geld aus den Laden, steckt es in einen Baumwollsack, 37.000<br />
Schil ling, 2313 Dollar, 10.000 slowenische Tolar und 80.000 unga rische<br />
Florint. Dann rennt er weg, flieht aufs Moped, <strong>der</strong> Filialleiter ruft<br />
die Polizei, er folgt dem Räuber in seinem Wagen, verliert ihn. Eine<br />
Funkstreife entdeckt den Mann, bringt ihn zu Fall, <strong>der</strong> Mann rennt in<br />
einen Hauseingang, zielt auf die Beamten. Die schießen sofort. Zweimal<br />
richtet <strong>der</strong> Mann sich auf, tut so, als wolle er zurückschießen, <strong>das</strong><br />
Ding, <strong>das</strong> die Polizisten für eine Waffe halten, ist ein großes Feuerzeug,<br />
es sieht aus wie eine Pistole. So lange zielt <strong>der</strong> Mann, bis er<br />
sechs Kugeln im Leib hat.<br />
Unter Jeans und Jacke trägt er <strong>das</strong> Tuch <strong>der</strong> Großen, einen Anzug aus<br />
Zwirn, ein weißes Hemd, Seidenkrawatte, unter den weißen Socken<br />
schwarze.<br />
Alexan<strong>der</strong> Jost, Gemahl von Landesrätin Bleckmann, FPÖ, stirbt um<br />
20.29 Uhr im Allgemeinen Krankenhaus, niemand weiß, wer <strong>der</strong> Räuber<br />
ist.<br />
Noch am nächsten Morgen gibt sich Magda Bleckmann, Witwe ohne<br />
Ahnung, den Fragen eines Journalisten hin, die Suche nach einem<br />
Heim für sich und ihren Mann, sagt sie, stehe kurz vor dem glücklichen<br />
Abschluss.<br />
Am Nach<strong>mit</strong>tag <strong>der</strong> Anruf <strong>der</strong> Polizei.<br />
Fotos von Alexan<strong>der</strong>s Leiche.<br />
16.37 Uhr, erste Agenturmeldung. 18.30 Uhr, Verkehrsminister Schmid,<br />
zugleich Parteichef <strong>der</strong> steirischen Freiheitlichen, bittet aus Wien,<br />
aufgrund <strong>der</strong> Tatsache, <strong>das</strong>s sich Magda Jost-Bleckmann in an<strong>der</strong>en<br />
Umständen befinde, in <strong>der</strong> Berichterstattung sowie <strong>der</strong> Beurteilung<br />
des Vorgefallenen Menschlichkeit walten zu lassen. Der Klubobmann<br />
tröstet: Wir sind <strong>mit</strong> unseren Gedanken bei Frau Bleckmann, und die<br />
Generalsekretärin gelobt: Die Partei wird ihr beistehen.<br />
Reporter strömen aus, füllen Seiten. Die Partei will Ruhe, im Oktober<br />
sind Wahlen, zum ersten Mal, seit die Freiheitlichen in Wien und<br />
Europa <strong>mit</strong>mischen. Schicksalswahlen schon wie<strong>der</strong>.<br />
Doch Magda redet. Gegen den Willen <strong>der</strong> Oberen. Eine Woche nach<br />
dem Tod ihres Mannes lädt die Landesrätin, ganz in schwarz, zur<br />
Medienkonferenz in die Grazer Burggasse, Bild- und Tonaufnahmen<br />
verboten. Noch neun Tage bis zur Parteivorstandssitzung. Wo <strong>der</strong><br />
Spitzenkandidat bestimmt wird.<br />
Magda liest vom Blatt: Als Mutter werde ich diese Prüfung des Schicksals<br />
mutvoll annehmen, denn ich bin mir meiner Verantwortung bewusst,<br />
und als Politikerin weiß ich, <strong>das</strong>s ich jetzt erst recht den Menschen,<br />
die mir zur Seite gestanden sind, zur Seite stehen werde. Als<br />
Frau wird mir aber die Frage: <strong>Was</strong> hat ihn zu dieser Tat bewogen?<br />
wohl nie beantwortet werden.<br />
Tränenausbruch.<br />
Der Parteivorstand nominiert am 15. Juni. Im Saal Parteichef Schmid,<br />
<strong>der</strong> Klubobmann aus Wien, auch Jörg Hai<strong>der</strong>, er sei zufällig in <strong>der</strong><br />
Nähe gewesen, sagt er. Zwei Stunden Gerede. Dann Einstimmigkeit.<br />
Jetzt ruft man, als Spitzenkandidatin, nicht Magda in den Saal, die<br />
Räuberwitwe. Son<strong>der</strong>n die Parteigeneralsekretärin aus Wien. Blon<strong>der</strong><br />
noch als Bleckmann, bekannt aus Fernsehen und Rundfunk. Auf<br />
einem Motorrad rauscht sie in den Raum, orangefarbenes Le<strong>der</strong> am<br />
Leib, Born to be wild ab Band.<br />
Im Moment höre ich viel Mozart, spricht Magister Magda Bleckmann,<br />
schwanger und Witwe, einem Reporter ins Gerät.