Test

Geschäften und Ständen warten im Großen Basar von montags
bis samstags auf etwa 3,5 Millionen Besucher pro Woche. Mit
31.000 Quadratmetern ist er zweimal so groß wie der Petersdom
in Rom. Kaufen kann man hier so ziemlich alles: Teppiche,
Lampen, Gold- und Silberwaren, Textilien, Porzellan, Lederwaren,
Antiquitäten.
Wer im Großen Basar die Atmosphäre aus 1001 Nacht erfahren
möchte, muss lange suchen. Doch zwischen all dem Nippes
und Fake gibt es immer noch das eine oder andere Geschäft,
das einem das Gefühl gibt, man sei Ali Baba in der Schatzhöhle
der 40 Räuber. Aber auch hier gilt es, sich der Geschicklichkeit
des schlitzohrigen Händlers zu erwehren, der die Höhle bewacht.
Treibt man es mit den eigenen Preisvorstellungen nicht
zu doll, dann sind nach einigem Handeln, gegenseitigem Jammern
und einem Glas Tee, beide Seiten mit dem Preis zufrieden.
Der liegt etwa bei der Hälfte des anfänglich Verlangten.
Abends, wenn der Schleudergang der Waschmaschine Istanbul
mit etwas geringerer Umdrehungszahl läuft, füllen sich die
Shisha-Bars der Stadt. Längst entspannen nicht nur Männer beim
Rauchen der Wasserpfeife, wenngleich sie in den Bars doch immer
noch dominieren. Das Shisharauchen wird zelebriert: mit
Tee, kleinen Süßigkeiten und Keksen. Allein oder in Gruppen.
In solchen Augenblicken, wenn jemand gedankenverloren am
Mundstück seiner Nargile saugt, dann glaubt man manchmal
den Hüzün zu spüren, die Istanbuler Version von Melancholie.
Der Schriftsteller und Nobelpreisträger Orhan Pamuk schreibt
in seinem Buch »Istanbul. Erinnerungen an eine Stadt« viel über
Hüzün. Demnach ist Hüzün nicht die von einer Einzelperson
empfundene Melancholie, sondern das von Millionen Menschen
gleichermaßen wahrgenommene schwarze Gefühl, der Hüzün
einer ganzen Stadt, der Hüzün von Istanbul.
18 Auf der Dachterrasse des »Marmara Pera Hotels« in Beyoğlu
13