Alchemistische Blätter
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<strong>Alchemistische</strong> <strong>Blätter</strong><br />
Vor einigen Jahren konnte ich von einem Antiquariat den gebundenen Jahrgang der<br />
›<strong>Alchemistische</strong>n <strong>Blätter</strong>‹, 1927/1928, erwerben.<br />
Der zweite Jahrgang dieser Zeitschrift erschien unter dem Titel ›Archiv für alchemistische<br />
Forschung‹. Danach stellte die Zeitschrift - soweit mir bekannt - ihr Erscheinen ein. Vom<br />
zweiten Jahrgang liegt mir die Fotokopie des in der damaligen Universitätsbibliothek Berlin<br />
(ehemalige DDR) vorhandenen Exemplares vor.<br />
Ich finde es bemerkenswert, daß es in den zwanziger Jahren eine Zeitschrift für Alchemie<br />
gab. Um über den Inhalt der Zeitschrift zu informieren, werde ich nachfolgend die Beiträge<br />
vorstellen. Es mag Leser anregen, sich mit speziellen Themen vertieft zu beschäftigen.<br />
Die von mir gelegentlich vorgenommenen Bewertungen von Beiträgen sind natürlich<br />
subjektiv und von meinem begrenzten alchemistischen Wissen abhängig.<br />
Soweit sich dies ersehen läßt, werde ich auch Namen und Anschriften mitteilen. Dies könnte<br />
Anlaß sein, daß Mitglieder des Forschungskreises Alchemie in ihrer Heimatregion den Spuren<br />
alchemistischer Aktivitäten nachspüren.<br />
<strong>Alchemistische</strong> <strong>Blätter</strong><br />
Erstes Deutsches Fachblatt für alle Gebiete der Alchemie<br />
Monatsschrift für das Gesamtgebiet der Hermetischen Wissenschaften in alter und neuer Zeit.<br />
Organ verschiedener alchemistischer Gesellschaften, Logen, Schulen.<br />
Für die Redaktion zeichnet verantwortlich O.W. Barth, Berlin Charlottenburg,<br />
Pestalozzistr. 101. Wie sich aus Anzeigen ergibt, war O.W. Barth Inhaber eines Antiquariats.<br />
1. Ausgabe<br />
Die 1. Seite der 1. Ausgabe 1927 gibt die Tabula Smaragdina wieder.<br />
Dann wird im Beitrag ›Unsere Arbeit - unser Ziel‹ angeführt, daß die Experimente der<br />
Neuzeit die Alchemie bestätigen würden und diese zur gründlichen Umgestaltung der<br />
Gesellschaft beitragen könnten.<br />
In folgenden Abteilungen soll das in ständigem Anwachsen befindliche Material<br />
veröffentlicht werden:<br />
1. Exakte wissenschaftliche Alchemie<br />
2. Philosophische Aspekte<br />
3. Mystische Alchemie<br />
Dann weiter folgende Themenbereiche:
alchemistische Symbolik und Allegorie<br />
alchemistische Astrologie<br />
alchemistische Kabbalah<br />
alchemistische Magie<br />
alchemistische Bücherschau<br />
I. Castelot, Präsident der alchemistischen Gesellschaft von Frankreich, beginnt mit einem<br />
Bericht über eigene Transmutationsversuche.<br />
Elias Artista äußert sich dunkel über die Quinta Essentia. Ebenso dunkel ist die nachfolgende<br />
Deutung der Worte Alchemie und Materia nach Kabbalistischer Methode von Alfred Müller.<br />
Dann schließt sich ein Nachdruck eines vor damals 125 Jahren erschienenen Werkes des<br />
Hofrats von Eckhartshausen mit dem Titel ›Chemische Versuche über die Radikal-Auflösung<br />
der Körper, besonders der Metalle‹ an.<br />
Es folgt das erste Buch des Hermes Trismegistos: Pömander, eine alchemistische Genesis.<br />
Auf einer Anzeigenseite wird das Buch von Max Retschlag ›Von der Urmaterie zum Urkraft-<br />
Elixier‹ angekündigt. Es sei soeben in einer einmaligen Ausgabe von 333 Exemplaren<br />
erschienen. Jedes Exemplar sei numeriert und vom Verfasser gezeichnet. Preis = 12,— RM.<br />
2. Ausgabe<br />
In der 2. Ausgabe der <strong>Alchemistische</strong>n <strong>Blätter</strong> setzt Castelot den Bericht über seine<br />
Transmutationsversuche im Labor der <strong>Alchemistische</strong>n Gesellschaft von Frankreich fort. Er<br />
beschreibt detailliert seine Versuche, Gold zu erzeugen. Nach seinen Angaben hat er »je nach<br />
den Umständen, wechselnd von einigen Milligramm bis zu 250 Milligramm und mehr« Gold<br />
gewonnen.<br />
Anschließend schreibt Dr. Ernst Darmstaedter über Vorstufen der Alchemie. Vorstellungen<br />
Platons und Aristoteles über chemische Prozesse werden referiert.<br />
Dann setzt Elias Artista ebenso dunkel wie begonnen seine Betrachtungen über die Quinta<br />
Essentia fort.<br />
Ein Sincerus begann Auszüge aus seinen alchemistischen Tagebüchern zu veröffentlichen,<br />
unter anderem eine Anleitung, aus Silber Gold zu machen.<br />
Das Thema der verborgenen Alchemisten findet dann seinen Platz in den <strong>Alchemistische</strong>n<br />
<strong>Blätter</strong>n. Oskar Weiß berichtet in dem Beitrag ›Eine Transmutation nach Paracelsus‹ , wie er<br />
durch »eine seltsame Verkettung von Umständen in einem Gebirgsdorf des badischen<br />
Schwarzwaldes« einen Praktiker der Alchemie kennenlernte. Dieser führte ihn durch den<br />
Garten in sein Labor. Dort goß er 20 g Quecksilber in einen Schmelztiegel, bedeckte diesen<br />
mit einer weißen körnigen Substanz, goß wieder 20 g Quecksilber hinzu und gab dem Tiegel
Feuer. Nach einer Stunde, als der Schmelzfluß erkaltet war, zerschlug er den Tiegel und –<br />
siehe da: es war Feinsilber.<br />
Der Abdruck des Aufsatzes des Hofrats von Eckhartshausen wird ebenso wie der des Buches<br />
Pömander fortgesetzt.<br />
Auf der Anzeigenseite preist Oskar Weiß, Spagyrisches Laboratorium in Karlsruhe,<br />
Tullastr. 72, seine radikalen Edelmetalllösungen an. Was ist aus dem Labor geworden?<br />
3. Ausgabe<br />
Die Nr. 3 der <strong>Alchemistische</strong>n <strong>Blätter</strong> beginnt mit einem Beitrag von Franz Spunda über die<br />
Porta magica in Rom, die in verschlüsselter Form ein Rezept zur Goldherstellung enthält. Sie<br />
befindet sich auf der Piazza Emanuel am Esquilin. Heute noch?<br />
Für Spunda weist die Porta magica viele Rätsel auf, die in einem anschließenden Leserbrief,<br />
genannt Sendschreiben, von Alfred Müller, für mich spannend, entschlüsselt werden.<br />
Dann wieder die Beschreibung der Quinta Essentia von E. Artista. Ebenso setzt Sincerus den<br />
Auszug aus seinem alchemistischen Tagebuch fort. Die Operation, die er beschreibt, erscheint<br />
mir nachvollziehbar, wenngleich die Ergebnisse mehr als zweifelhaft sind. So verwandelt er<br />
Silber in Gold und beschreibt die Herstellung des Aurum potabile.<br />
Alfred Müller stellt dann die Quint-Essenz nach dem verschollenen und wieder<br />
aufgefundenen alten Manuscript des Alchemisten C.D.v.A. dar.<br />
4.—6. Ausgabe<br />
In der nächsten Ausgabe der <strong>Alchemistische</strong>n <strong>Blätter</strong>, Nr. 4— 6, sind 14 Seiten mit den<br />
›Zwölf Schlüssel Fratris Basilii Valentini‹ gefüllt. Offenbar ein Nachdruck im Stil<br />
alchemistischer Allegorie mit schönen Illustrationen.<br />
Als nächstes schreibt Dr. Ferdinand Maack über biologisches Denken in der Mathematik. Er<br />
stellt in Form eines Gesprächs eine neue Forschungsmethode, die Lehre vom Magischen<br />
Quadrat, die »Magiometrie« vor.<br />
In Fortsetzung berichtet ein dänischer Chemiker und Alchemist (Societas Alchemiste Daniae)<br />
über Studien – bezugnehmend auf die Arbeiten von Castelot –, die die Möglichkeit von<br />
Transmutation untersucht. Er bezeichnet sich als Schüler der alten französischen<br />
Alchemistenschule. Er [sagt] unter anderem, daß Brom und Selen unter bestimmten<br />
Bedingungen Gold zu bilden vermögen. Ja, wenn wir nur die bestimmten Bedingungen<br />
wüßten.<br />
Dr. Ernst Darmstaedter, München, schreibt dann über Paracelsus und das Aurum potabile,<br />
wohl eine Goldlösung, die offenbar Goldchlorid enthielt, die mit alkoholischen<br />
Plfanzenextrakten vermischt und eingedampft wurde.<br />
Nun folgt der Schluß der Darstellung der Quint-Essenz von A. Müller. Er enthält relativ<br />
konkrete Hinweise, wie aus Jod, Metallen, Mineralien, Pflanzen und Tieren die Quintessenz<br />
zu erhalten ist.
Der ›Auszug aus Briefen mitarbeitender Naturforscher‹ stammt von dem »genialen<br />
Esoteriker« Freiherr von Eckhartshausen. Dieser berichtet, wie aus reiner Erde, die nach einer<br />
nicht beschriebenen Vorschrift behandelt wurde, wahrer Wunderweizen wächst. Selbst das<br />
Stroh des Weizens verbrennt nicht.<br />
Auf der letzten Anzeigenseite der Ausgabe werden von Georg Scheel, Berlin-Steglitz,<br />
???stallenweg 12, die vierzehn Lebenselixiere des großen Arztes Paracelsus angepriesen. Sie<br />
sollen aus dem Labor des »bekannten Okkultisten und Alchemisten« F. Buchmann stammen.<br />
Das Prana der Pflanzen berichtigt nach dem Anzeigentext die fehlerhafte Odstrahlung des<br />
Menschen, bekanntlich die alleinige Ursache aller Leiden.<br />
7. Ausgabe<br />
Heft 7 (1928) beginnt mit ›Eine kurze Anleitung über die Bereitung des Universalsteines‹ von<br />
Alfred Müller, Hamburg.<br />
Eine konkrete Anleitung findet sich nicht, eher eine spekulative Betrachtung der Naturreiche.<br />
Danach folgt ein Absatz von Dr. Ing. Carl Friedrich ›Über alchemistische Forschungen‹.<br />
Friedrich kritisiert die in den Heften 1 und 2 der <strong>Alchemistische</strong>n <strong>Blätter</strong> von Castelot<br />
veröffentlichten Berichte über die Umwandlung von unedlen Metallen in edle. Er hält<br />
Umwandlungen für grundsätzlich möglich, aber Nachweise für äußerst schwierig. Dies hält<br />
ihn nicht davon ab, zum Schluß des Beitrages das einfache Rezept zur Goldgewinnung eines<br />
alten Bergmanns aus dem sächsischen Erzgebirge mitzuteilen.<br />
Dieser extrahierte nach der mitgeteilten, genauen Anweisung Gold aus dem Glimmerschiefer<br />
am Wolkenstein. Wie, werde ich nicht verraten.<br />
Oswald Wirth, Paris, schreibt bombastisch ›Über die Hermetische Heilkunde‹ und endet mit<br />
der Aufforderung: Suchet, so werdet ihr finden.<br />
Auf der letzten Seite der Ausgabe wird mitgeteilt, daß die <strong>Alchemistische</strong> Gesellschaft in<br />
Deutschland ins Leben gerufen wurde. Erste Studiengruppen seien in Berlin und Hamburg<br />
entstanden. Zuständig für die Hamburger Gruppe sei Alfred Müller, Hamburg-Barmbek,<br />
Markt 6 a III. Weitere Studiengruppen würden sich in Leipzig und in Stuttgart finden.<br />
Anschrift Stuttgart: Hermann Baumann, Böblinger Str. 81,<br />
und in Frankfurt : Konrad Wiedmann, Fischerfeldstr. 4.<br />
8. Ausgabe<br />
Die Nr. 8/9 (1928) eröffnet in Fortsetzung mit einem Beitrag von G. Scholem, Jerusalem,<br />
über Alchemie und Kabbala.<br />
Dann wendet sich I. Castelot mit einem Aufruf an alle Chemiker der Welt. Sie sollen seine<br />
Versuche zur Goldherstellung wiederholen. Er veröffentlicht ihm zugegangene detaillierte<br />
Protokolle anderer Chemiker, die erfolgreich seine Goldherstellungsverfahren praktizierten.<br />
Castelot beklagt sich, daß keine wissenschaftlich anerkannte Instanz seine Verfahren<br />
überprüft.
Zum Schluß des in Fortsetzung veröffentlichten Beitrags von A. Müller über ›Eine kurze<br />
Anleitung über die Bereitung des Universalsteines‹ wird dieser etwas konkreter. Aber es<br />
bleibt fraglich, ob es ausreicht, den Stein im Labor nachzubereiten.<br />
Albert Herba phantasiert über den Zusammenhang zwischen Krankheit und Zahl. Wie sich<br />
aus dem Untertitel des Beitrags ergibt, meint er »Grundzüge eine alchemistischen<br />
Mathematik« darzustellen.<br />
Ein französischer Arzt berichtet dann über Versuche, Wasser elektrisch aufzuladen, wobei<br />
Gold entstanden sei.<br />
Die letzte Ausgabe der <strong>Alchemistische</strong>n <strong>Blätter</strong> Nr. 10/12 (1928) beginnt mit dem Aufsatz<br />
›Rationale Metamorphose‹ von K. Wiedmann. Die Bereitung des Steins der Weisen wird<br />
außerordentlich zart angedeutet.<br />
Danach Fortsetzung des Aufsatzes des Hofrats v. Eckhartshausen über die Radikal-Auflösung<br />
der Körper.<br />
Alfred Müller führt dann im Beitrag ›Ein Alchymistischer ####‹ [Text unleserlich] wichtige<br />
alchemistische Bücher (die für uns heute noch bedeutsam sind, wie die Aurea catena) auf,<br />
sowie Literatur über gelungene Transmutationen.<br />
Dann meldet sich Albert Herba in ›Werk und Zahl‹ wieder mit mathematischen Spekulationen<br />
zu Wort.<br />
Anschließend wird ein Kapitel aus dem Roman ›Baphomet‹ von Franz Spunda abgedruckt.<br />
Der 16seitige Beitrag von G. Scholem über Alchemie und Kabbalah wird abgeschlossen.<br />
Vor der Bücherschau am Ende des Bandes wird es noch einmal spannend.<br />
Veröffentlicht wird eine detaillierte Herstellungsbeschreibung des Alkahest, ein Mittel, das<br />
alle Metalle auflöst. Verwendet wird im wesentlichen Kalk, Alkohol und Pottasche. Die<br />
Redaktion bat um Zusendung von Berichten über Nachbearbeitungsversuche.<br />
Ende des 1. Jahrganges der ›<strong>Alchemistische</strong>n <strong>Blätter</strong>‹ (1927/1928)<br />
Hermann Speckmann