Zu alchemistischen Experimenten nach Libavius
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<strong>Zu</strong> <strong>alchemistischen</strong> <strong>Experimenten</strong> <strong>nach</strong> <strong>Libavius</strong><br />
Andreas <strong>Libavius</strong> war nicht der erste Chemiker und Autor eines ersten Lehrbuches der<br />
Chemie, als der er uns in der deutschen Übersetzung seines Werkes >Alchemie< (Weinheim<br />
1964) vorgestellt wird. Er stand mit Sicherheit in der Tradition der Alchemie, einer Tradition,<br />
die noch weitere 200 Jahre die Grundlage für die Erklärungen der stofflichen Umwandlungen<br />
bildete. Eine Unterscheidung zwischen Alchemie und Chemie fand in den Köpfen der<br />
damaligen Forscher kaum statt, auch wenn sich in der historischen Analyse Unterschiede<br />
herausarbeiten lassen. <strong>Libavius</strong> war auch ein Vertreter der »prisca sapientia«, der annahm, das<br />
Wissen sei früher größer gewesen und seine Zeitgenossen könnten nur wiederentdecken, was<br />
die Alten schon wußten. In der >Exercitatio Paracelsica< (Frankfurt 1615) wirft er den<br />
Rosenkreuzern gerade vor:<br />
»Daß die Brüder in alle Länder reisen, um die Wahrheit anderer Völker in Erfahrung zu<br />
bringen, ist an sich lobenswert, aber vergebliche Mühe: Dies haben die Klassiker der Antike<br />
bereits für uns getan ... In der Physik zum Beispiel weiß ich nicht, was noch zu entdecken<br />
wäre. Seit Tubalkains Zeiten sind die Mineralien erforscht worden, und im Inneren der Erde<br />
sind wir beinahe bis zu den Schattengeistern der Toten vorgedrungen und haben uns Metalle,<br />
Edelsteine, Wasser und Gestein in großer Mengen geholt. Aber auch hier haben wir die<br />
Männer der Antike gar nicht erreicht, denn wer von uns vermag es heute, so viele Edelsteine<br />
zu benennen? Wenn die Brüder vom Rosenkreuz irgendwohin geschickt werden, so sollte dies<br />
nicht sein, um ihre eigenen Axiomata zu prüfen, sondern nur um jenes zu erfahren, was die<br />
Alten wußten und was später verlorenging. Das Gleiche gilt für das Pflanzen- und Tierreich,<br />
denn alles was man in der Theorie erkennen könnte, ist schon längst erkannt ...<br />
Bei aller eurer Jagd <strong>nach</strong> Erfahrungen und neuen Naturgesetzen — ihr seid überhaupt keine<br />
Wissenschaftler! Denn die Wissenschaft und die Philosophie bestehen aus Prinzipien, die an<br />
sich wahr sind und auch unverändert bleiben müssen. Ihr hingegen habt diese Prinzipien<br />
verlernt und sucht sie durch die ganze Welt nicht in den Schulen der Weisen, sondern in den<br />
verrufenen Kreisen der Paracelsisten ... Ich behaupte mit vollem Recht, daß ihr nichts wißt<br />
und werde dies so lange behaupten, bis ihr solche unveränderlichen Prinzipien aufzuweisen<br />
vermögt. Wie könnt ihr über die <strong>Zu</strong>kunft sprechen, wenn ihr nicht einmal wißt was zu euren<br />
Füßen liegt?<br />
[...] Beweist nur eines, wenn ihr es könnt: daß eure Axiomata nicht betrügerisch oder des<br />
Teufels sind, sondern vielmehr mit der wahren göttlichen und menschlichen Weisheit in<br />
Übereinstimmung stehen.« (Seite 289)<br />
Daß er die Alchemie als einen Teil dieses großen Wissens betrachtete, zeigt sich auch darin,<br />
daß in der Ausgabe 1606 der >Alchemie< in den Commentarii vier Abbildungen eingefügt<br />
waren, die das Große Werk, die Herstellung des Steins der Weisen, allegorisch darstellen. Am
esten ausgearbeitet ist die Version C, in der das »Große Werk« entlang einer vertikalen<br />
Achse beschrieben ist.<br />
Ich möchte nur einige wenige Hinweise geben, wie solch ein Bild gelesen werden kann. Ganz<br />
unten, der vierköpfige Drache stellt die vier Grade der Hitze dar. Diese Grade können<br />
interpretiert werden als: Mistwärme, ca. 35-40°C, auch Feuer der Erde genannt; Mittagshitze<br />
im Sommer in der Sonne, ca. 50-70°C, Feuer der Luft 1 ; Wärme des Wasserbades, 100°C,<br />
Feuer des Wassers; und Flammenfeuer, ca. 300-1500°C, Feuer des Feuers. Der Prozeß führt<br />
von den vier Elementen, symbolisiert durch die vier Personen, die um den großen Kessel<br />
gruppiert sind, zu den Tria Principia, die durch drei Kugeln veranschaulicht werden. In dem<br />
großen Kessel sind die dualen Prinzipien Sonne und Mond zu sehen, auf der Sonne der Löwe,<br />
auf dem Mond die Jungfrau. In der Mitte drei Engel und ein dreiköpfiger Adler, die dualen<br />
Prinzipien müssen durch das dritte Prinzip ausbalanciert werden. Die dunkle Sonne, die<br />
Sonnenfinsternis weist auf die Konjunktion von Sonne und Mond hin. Durch die<br />
Rabenschwärze muß das Werk gehen. Die aufsteigenden und sich wieder niederlassenden<br />
Vögel bezeichnen eine Zirkulation, die mehrfache Abfolge von Verdampfen und<br />
Kondensieren, die eine Vereinigung der Elemente erzielen soll; diese Vereinigung stellt der<br />
Ouroboros dar. Damit wäre der philosophische Merkur, der nicht das gemeine Quecksilber ist,<br />
erhalten, aus dem die weiße und die rote Tinktur gewonnen werden kann, deren Herstellung<br />
in den Kugeln abläuft. Der König und die Königin bezeichnen die perfekten Tinkturen.<br />
Phönix und Schwan sind ebenfalls Symbole der solaren und lunaren Tinktur, oder der Tinktur
auf Gold, des eigentlichen Steins der Weisen, bzw. der Tinktur auf Silber, des noch nicht<br />
vollendeten Steins der Weisen.<br />
Selbstverständlich hält <strong>Libavius</strong> auch die Transmutation der Metalle zu Gold für möglich. <strong>Zu</strong><br />
seiner Zeit handelt es sich dabei ja um eine »einfache« Stoffumwandlung. Es gab vier<br />
Elemente: Feuer, Luft, Wasser und Erde. Erst im 18. Jahrhundert wird unser heutiger<br />
Elementbegriff wirklich der Chemie zugrunde gelegt und erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
kann endgültig geklärt werden, welche Stoffe tatsächlich Elemente sind. Noch im 19.<br />
Jahrhundert werden ca. 170 Elemente entdeckt, die nicht bestätigt werden können 2 .<br />
<strong>Libavius</strong> gibt also Vorschriften für Transmutationen an: »Vielfältig sind derartige<br />
Transmutationen; denn angesichts der gesamten Natur ist es gänzlich falsch, wenn etliche<br />
behaupten, daß die Species der Stoffe nicht transmutiert würden; sehen doch die Köche<br />
täglich, wie aus Wasser Luft wird, aus luftartigen Fetten Feuer, aus Holz Asche ...« (Seite<br />
179). Das bedeutet, verschiedene stoffliche Umwandlungen wurden als Transmutation oder<br />
Transformation gesehen. Bei den Metallen gilt als Ziel die Transmutation »in das, was am<br />
vorzüglichsten ist, Gold nämlich, dann aber auch [in] Silber ...« (Seite 180). Es ist allerdings<br />
nicht klar, welche der von ihm wiedergegebenen Vorschriften <strong>Libavius</strong> nur übernommen, und<br />
welche er tatsächlich erprobt hat.<br />
Eine — zugegebenermaßen später als Betrügerei benutzte — »Transmutation« kann ich Ihnen<br />
hier demonstrieren. Sie entspricht zunächst der Vorschrift: »Des Eisens Umwandlung in<br />
Cuprum«. Dort führt <strong>Libavius</strong> aus: »Diejenigen, die jegliche Transmutation der Metalle<br />
abstreiten, werden durch folgendes schlagend widerlegt: Alle Welt kennt doch diese<br />
Umwandlung durch vitriolhaltige Wässer ...« (Seite 184).<br />
Aus Eisen wird dem<strong>nach</strong> durch Einlegen in Kupfervitriollösung Kupfer. Das Kupfer kann mit<br />
einer Zinkatlösung in »Silber« verwandelt werden. Eine Zinkatlösung ließ sich durch<br />
trockenes Erhitzen von Pottasche mit gebranntem Kalk und anschließendem Versetzen der<br />
erhaltenen Kalilauge mit Galmei (ZnCO3) und Lösen in Wasser gewinnen. Wird diese<br />
silbrige Münze in das Feuer gehalten, so erhalten wir Messing, das goldfarben ist. Solche<br />
goldfarbenen Legierungen galten als Goldersatz, immerhin haben sie einige technologische<br />
Vorteile, sie sind härter, und Glocken aus Messing klingen besser. Eine Messinglegierung aus<br />
72% Kupfer, 27% Zink und 1% Gold hieß folglich Talmigold oder abessinisches Gold, eine<br />
aus 80% Kupfer, 15% Zink und 5% Zinn Mannheimer Gold (Römpp).<br />
Läßt man die silberfarbene Münze — die Kupfermünze mit Zinküberzug — länger liegen, so<br />
wird sie ebenfalls goldfarben, es hat sich im Laufe der Zeit Messing durch Diffusion von Zink<br />
in das Kupfer gebildet. Ein weiterer Beweis dafür, daß der Alchemist auch nur das tut, was<br />
die Natur macht, nur ist er in der Lage, solche Vorgänge zu beschleunigen. Es war Mircea<br />
Eliade, der diese Veränderung des zeitlichen Verlaufs durch die Alchemisten besonders<br />
untersucht hat 3 .<br />
Darüber, daß mit der Transmutation auf Gold Betrügereien verbunden waren, weiß natürlich<br />
auch <strong>Libavius</strong>, so schreibt er beispielsweise: »... die Gewichtsvermehrung grenzt an Betrug;
ehrliche Künste können jedoch nicht genug vor Mißbrauch geschützt werden. Diese Angaben<br />
sind nicht für Schurken, sondern für rechtschaffene Männer.« (Seite 158)<br />
Für die Medizin wurden, wie <strong>nach</strong>zulesen ist, nicht einfach die Metalle oder deren Salze<br />
benutzt, sondern die Quintessenzen. Schon Paracelsus hatte geschrieben: »Doch können die<br />
Metalle, ohne daß ihr metallisches Wesen zerstört und ihnen genommen würde, ganz und gar<br />
nichts ohne Schaden in der Arznei anrichten, sondern ehe sie ihre Vorzüge in der Arznei<br />
erweisen, müssen sie vom Alchemisten ihres metallischen Wesens entkleidet und in eine<br />
andere Gestalt, in ihre Arkana verwandelt werden, wie in Öl, Balsam, Quintessenzen,<br />
Tinkturen, in Kalk, Salze, Safran und dergleichen ...« 4<br />
In einer Vorschrift >Quintessenz von Merkur' bei <strong>Libavius</strong> lesen wir: »Reinige den Merkur<br />
mit kalziniertem Weinstein. Sublimiere über Vitriol, Nitrumsalz und Alaun, gieße<br />
abgestumpften und korrigierten Weingeist zu, digeriere, bis ein schleimiges Fett übergeht.<br />
Destilliere dieses bei stärkstem Feuer mit der Retorte, bis eine milchige Flüssigkeit übergeht.<br />
Gib diese in die Retorte zurück und führe den Liquor in Gestalt eines ganz weißen, stark<br />
riechenden Öles nochmals über. Zirkuliere dies mit Weinquintessenz bis zur richtigen<br />
Subtilität. Bei der Franzosenseuche gibt man sie in kleiner Dosis innerlich und wendet sie<br />
auch äußerlich an.«<br />
Es ist ersichtlich, daß das Ziel dieses Prozesses ein Öl ist. Tatsächlich lassen sich solche Öle<br />
herstellen. Nach den Vorschriften des Basilius Valentinus im >Triumphwagen des<br />
Antimonii< hat zum Beispiel David Schein solche Öle erhalten, die kein Antimon mehr<br />
enthalten und daher auch nicht giftig seien 5 . Leider hat er keine weitere Analyse der<br />
erhaltenen Substanzen durchgeführt.<br />
Wie sind diese Vorschriften zu verstehen? Lassen sich aus Metallen wirklich Öle gewinnen?<br />
Die Frage zu stellen ist schon problematisch. Lesen wir den Text genau, so sehen wir, daß es<br />
nicht die Metalle sind, aus denen die Öle gewonnen werden, sondern Oxide oder Salze.<br />
Besser sollten wir deshalb wohl von Ölen sprechen, die mit Hilfe der Metalle bzw.<br />
Metallverbindungen hergestellt werden können.<br />
Ich habe einen einfachen Versuch unternommen, nämlich ein Öl aus Aceton p.a. mit Hilfe<br />
von Ca0 p.a. zu erhalten. Dieser Versuch entspricht weitgehend der Herstellung der<br />
Quintessenz oder der Tinktur aus Weinstein, Perlen oder Korallen bei <strong>Libavius</strong> (Seiten 360,<br />
371). Berücksichtigt werden sollte, daß Christian August Becker das Aceton als den geheimen<br />
Weingeist der Adepten bezeichnete 6 . Aceton ist durch die thermische Zersetzung von<br />
Bleiacetat relativ leicht zu erhalten. Es ist zu vermuten, daß dieses Aceton nicht als<br />
eigenständige Verbindung erkannt wurde, denn bei der Pyrolyse von Bleiacetat entstehen<br />
weitere aromatisch riechende Substanzen, nicht nur das reine Aceton.<br />
Wird das Ca0 im Soxhlet mit Aceton extrahiert, so färbt sich das Aceton <strong>nach</strong> einigen Tagen<br />
zitronengelb. Das Ca0 quillt dabei und zerreißt die Soxhlethülse. Das Aceton wird<br />
abdestilliert, es bleibt ein hellgelbes Öl zurück, das noch mit 96%igem Alkohol ausgewaschen
wird. Nach neuerlichem Abdestillieren erhält man ein gelbes Öl, das bei ca. 150°C siedet. Aus<br />
dem Alkohol läßt sich noch eine farblose ölige Substanz abtrennen, die nicht weiter<br />
untersucht wurde, sie enthält, wie eine einfache Gaschromatographie zeigt, polare<br />
Substanzen.<br />
Es ist bekannt, daß unter diesen Bedingungen eine Aldolkondensation 7 stattfinden kann. In<br />
der Literatur wird dafür angegeben: »In Gegenwart verdünnter Alkalien und Säuren gehen<br />
Aldehyde und Ketone, die über mindestens ein a-ständiges Wasserstoffatom verfügen, mit sich<br />
selbst Addition ein. Die Reaktionen können sich wiederholen, und unter bestimmten<br />
Bedingungen bilden sich komplizierte Verbindungen ...<br />
Strukturformel der Aldolkondensation<br />
<strong>Zu</strong>r Darstellung von Diacetonalkohol leitet man Aceton über einen unlöslichen Katalysator,<br />
wie Calciumhydroxyd ... Bei stärkeren Basen können auch cyclische Verbindungen entstehen,<br />
zum Beispiel mit NaNH 2 Isophoron. Auch hierbei wirken Aldolkondensation und<br />
Wasserabspaltung zusammen.« 8<br />
Unter den Bedingungen, die ich angewandt habe, entstehen offensichtlich komplizierte<br />
Verbindungen, wie die Analyse des von mir erhaltenen Öls mittels Gaschromatographie und<br />
Massenspektroskopie 9 ergibt. Das Quellen des CaO spricht dafür, daß bei der Reaktion<br />
Wasser abgespalten wird, es ist daher zu vermuten, daß Kondensationsreaktionen eine<br />
wesentliche Rolle spielen.<br />
Ich gebe nur das Massenspektrum der Hauptkomponente wieder, bei allen anderen<br />
konnten wir in der Bibliothek, die auf dem Computer ist, keine vernünftige <strong>Zu</strong>ordnung<br />
zu einem bekannten Molekül finden. Bei der Hauptkomponente könnte es sich um eine<br />
Verbindung mit der Summenformel C 6 H 10 O handeln, eine genauere Eingrenzung war<br />
auch hier noch nicht möglich. Der Peak 99 wird durch die Anlagerung eines<br />
Wasserstoffions erhalten, unter den gegebenen apparativen Bedingungen scheint eine<br />
Anlagerung eines Wasserstoffions nicht unüblich zu sein.
Gas-Chromatogramm<br />
Massenspektrum für den Peak bei 234<br />
Leider konnten dabei keine Substanzen eindeutig identifiziert werden. Es wäre sicherlich im<br />
Rahmen einer Doktorarbeit möglich, die Substanzen aufzutrennen und weiter zu analysieren.<br />
Interessant wäre dann auch, ob sich die <strong>Zu</strong>sammensetzung der Öle in Abhängigkeit von der<br />
Dauer der Extraktion ändert — und schließlich, ob sie eine physiologische Wirkung haben.<br />
Werden Metalloxide in ähnlicher Weise extrahiert, so entstehen, an der Farbe erkennbar,<br />
andere Produkte, wie unter anderem Schein gezeigt hat (s.o.). Leider habe ich bisher keine<br />
Analysen solcher Öle durchführen können, auch, da ich Probleme beim Nacharbeiten der<br />
Vorschrift hatte. Zwar hatte ich schon einmal »Antimonöl« erhalten, konnte aber den Versuch<br />
nicht reproduzieren, wahrscheinlich weil beim Schmelzen des Antimonglases die Temperatur<br />
nicht ausreichte. Nötig sind ca. 1500°C, durch <strong>Zu</strong>satz von Borax kann zwar der Schmelzpunkt<br />
erniedrigt werden, auf ca. 1000°C, doch scheint es nicht so einfach, das Borax wieder<br />
auszuwaschen. Das Schmelzen des Antimonglases war <strong>Libavius</strong> ebenfalls bekannt, er wußte<br />
auch, daß man dabei Gläser verschiedener Farben erhalten kann (Seite 199).<br />
Desweiteren werden die durch Aussieden extrahierten Öle beschrieben: »Ausgesottene Öle<br />
bereitet man, indem man die Stoffe <strong>nach</strong> dem Zerquetschen oder Zerstoßen in einem Liquor<br />
(in Wasser, Wein, Weingeist, Essig, Lauge, Aquafort usw.) in einem passenden Gefäß am
Feuer aufwallen läßt; während dies geschieht, schwimmt das herausgebrachte Öl im Wasser<br />
und steigt <strong>nach</strong> oben, von wo man es mir einer Feder ... abzieht oder dekantiert.« (Seite 435)<br />
Als Beispiel für die Herstellung eines solchen Öls habe ich gekochtes Eigelb mit 96%<br />
Alkohol im Soxhlet extrahiert. Dieses Verfahren entspricht weitgehend der obigen Vorschrift.<br />
Es wird eine rote Flüssigkeit erhalten, die mit Salzwasser versetzt eine gelbe, ölige Emulsion<br />
ergibt. Diesem Eiöl wird heilende Wirkung zugeschrieben. Auch diese Verbindung konnte<br />
bisher nicht weiter untersucht werden.<br />
Viele der Vorschriften führen zu Stoffen, die niemals untersucht wurden. Ein Teil der<br />
Vorschriften wurde in der Zeit <strong>nach</strong> dem Niedergang der Alchemie sicherlich nicht mehr ernst<br />
genommen, waren es doch Rezepte einer vorwissenschaftlichen Zeit. Ich denke aber, es<br />
könnte interessant sein, solche Vorschriften in alchemistischer Weise <strong>nach</strong>zuarbeiten und zu<br />
untersuchen, welche Ergebnisse dabei erhalten werden.<br />
Helmut Gebelein<br />
1<br />
Mit Hilfe von Spiegeln und Linsen auch höher (vgl. <strong>Libavius</strong>, 1964, Bildteil Seite 65)<br />
2<br />
Vladimir Karpenko: The Discovery of Supposed new Elements: Two Centuries of Errors. In:<br />
Ambix 27, 1980, Seite 77<br />
3<br />
Mircea Eliade, Schmiede und Alchemisten, Stuttgart 1980<br />
4<br />
Paracelsus, Sämtliche Werke, übersetzt von Bernhard Aschner, Jena 1932, Band IV,<br />
Sechstes Buch der Archidoxis magica, Seite 949<br />
5 David A. Schein, Basilius Valentinus und seine Tinkturen aus dem Antimon, München 1977<br />
6 Christian August Becker, Der geheime Weingeist der Adepten, Mühlhausen/Thür. 1862<br />
7<br />
Der Ausdruck »Aldolkondensation« wird von Chemikern für diese Reaktionen benutzt, doch<br />
handelt es sich nicht um eine Kondensation im strengen Sinne, denn bei einer Kondensation<br />
werden kleine Moleküle abgespalten. Korrekter wäre »Aldoladdition«.<br />
8<br />
Carl Robert Noller, Lehrbuch der organischen Chemie, Berlin [u.a.] 1960, Seite 214 ff.<br />
9 Ich danke Herrn Dr. Erwin Röcker vom Institut für Organische Chemie der Justus-Liebig-<br />
Universität Gießen für die Untersuchungen.