21.01.2022 Aufrufe

4_2021 Leseprobe

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

www.biogas.org Fachverband Biogas e.V. | ZKZ 50073 | 24. Jahrgang<br />

4_<strong>2021</strong><br />

BI<br />

GAS Journal<br />

Das Fachmagazin der Biogas-Branche<br />

Biokraftstoffe: THG-Quote<br />

steigt an S. 32<br />

G<br />

Ä<br />

R<br />

D<br />

Ü<br />

N<br />

G<br />

E<br />

R<br />

-<br />

ab<br />

Seite<br />

54<br />

A<br />

U<br />

F<br />

B<br />

E<br />

R<br />

E<br />

I<br />

T<br />

U<br />

N<br />

G<br />

Rohbiogas in der<br />

Metallurgie S. 102<br />

Philippinen: Biogas aus<br />

Ananasabfällen S. 120


INHALT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Alles aus einer Hand -<br />

Ihren Anforderungen entsprechend!<br />

Adsorber<br />

Produktion<br />

Flachbett- &<br />

Schüttbettadsorber<br />

auf Basis<br />

nachwachsender<br />

Rohstoffe<br />

Kunststoff &<br />

Edelstahl<br />

Aktivkohle-Wechsel<br />

kurze<br />

Reaktionszeit<br />

Entsorgung<br />

inkl. Nachweis<br />

kurze Lieferzeiten<br />

flexible<br />

Liefermengen<br />

Logistik<br />

Auslegung inkl.<br />

Standzeitberechnung<br />

Optimierungsberatung<br />

Qualitätskontrolle<br />

Service<br />

Labor<br />

Beladungsuntersuchung<br />

Natürlich besser!<br />

• Dotierte Aktivkohle<br />

zur Entschwefelung &<br />

Reinigung von technischen<br />

Gasen<br />

• entfernt zusätzlich in<br />

einem Schritt Siloxane,<br />

VOC´s und Mercaptane<br />

• hergestellt in Deutschland<br />

• lange Standzeiten, weniger<br />

Wechsel<br />

Sparen Sie Kohle und sichern Sie sich ihr Angebot!<br />

AdFiS products GmbH<br />

Am Kellerholz 14<br />

2<br />

D-17166 Teterow<br />

Telefon: +49 (0) 3996 15 97-0<br />

Fax: +49 (0) 3996 15 97-99<br />

E-Mail: sales@adfis.de<br />

web: www.adfis.de


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

EDITORIAL<br />

Positive Signale<br />

kurz vor der Wahl<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

die aktuelle Legislaturperiode der Großen Koalition neigt<br />

sich dem Ende entgegen. Ende Juni findet die letzte Sitzungswoche<br />

im Bundestag statt. Danach folgt ein intensiver<br />

Wahlkampf, bevor wir Bürger*innen zur Urne<br />

gebeten werden und über die politische Ausrichtung unseres<br />

Landes entscheiden dürfen. Auch die Biogasbranche<br />

fragt sich, welche Partei die Weichen im Sinne einer<br />

positiven Weiterentwicklung der Branche stellt.<br />

Eine Entscheidungshilfe beinhaltet diese Ausgabe des<br />

Biogas Journals ab Seite 34. Dort lesen Sie die Antworten<br />

von Politiker*innen zu Fragen zur Bundestagswahl.<br />

Leider haben nicht alle Parteien bis Redaktionsschluss<br />

geantwortet.<br />

Die Besonderheit unserer Branche ist, dass wir uns<br />

nicht nur auf Energiepolitik fokussieren können. Gleichermaßen<br />

haben die Umwelt- und Landwirtschaftspolitik<br />

Einfluss auf den Betrieb der Anlagen, unabhängig<br />

davon, ob die Anlagen Abfälle, Reststoffe wie Gülle und<br />

Mist oder nachwachsende Rohstoffe einsetzen. Umso<br />

spannender wird es nach der Wahl zu beobachten sein,<br />

welche Koalitionspartner sich finden werden und was<br />

im Koalitionsvertrag zur Entwicklung der Erneuerbaren<br />

Energien im Allgemeinen und zu Biogas im Besonderen<br />

enthalten sein wird.<br />

Aber noch wird nicht gewählt, und die bestehende Koalition<br />

hat im Bereich Energie- und Klimapolitik zum<br />

Ende hin nochmal Aktivität entfaltet – mit durchaus positiven<br />

Signalen für unsere Branche: So zeichnet sich<br />

beim EEG-Reparaturgesetz (siehe Artikel auf Seite 30)<br />

ab, dass die Bundesregierung die fehlerhafte Umsetzung<br />

des Flexzuschlags im EEG <strong>2021</strong> korrigiert. Betreiber<br />

von Biogasanlagen haben damit auch wieder in<br />

der Anschlussförderung einen Anspruch auf den Flexzuschlag,<br />

wie es im EEG 2017 bereits vorgesehen war<br />

und was Fortführungsperspektiven eröffnet. Das ist auf<br />

der einen Seite gut, aber auf der anderen Seite hat die<br />

Politik durch das Hin und Her Vertrauen in der Branche<br />

verspielt – mal wieder.<br />

Positive Signale gibt es zudem im Mobilitätssektor. Die<br />

Umsetzung der RED II im Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />

(BImSchG) eröffnet unserer Branche neue Optionen.<br />

Es wurden ambitionierte Treibhausgasquotenziele<br />

für 2030 verabschiedet, zu denen Biomethan einen wesentlichen<br />

Beitrag leisten kann und das mit Rahmenbedingungen,<br />

die wirtschaftliche Neu- und Umstellungskonzepte<br />

ermöglichen.<br />

Es ist also nicht alles negativ, was die aktuelle Bundesregierung<br />

auf den Weg gebracht hat. Eine klare Strategie<br />

zu Biogas sieht jedoch sicher anders aus, zumal<br />

neben der „wechselhaften“ Ausgestaltung der Förderbedingungen<br />

die neuen zusätzlichen Anforderungen an<br />

die Anlagen den Betrieb zunehmend erschweren. Auch<br />

deswegen ist der Schwerpunkt dieses Heftes Optionen<br />

zur Aufbereitung von Gärprodukten gewidmet. Auf der<br />

einen Seite, um Auflagen aus dem Dünge- und Genehmigungsrecht<br />

gerecht zu werden, und auf der anderen<br />

Seite, um neue Erlösoptionen zu erschließen.<br />

Was unsere Branche von der neuen Bundesregierung –<br />

unabhängig von der resultierenden Koalition – benötigt,<br />

sind konsistente Rahmenbedingungen, so dass die<br />

beispielsweise im EEG festgelegten Ziele auch in der<br />

Praxis umgesetzt werden können. Wir haben die Wahl,<br />

wem wir dies am ehesten zutrauen.<br />

Herzlichst Ihr<br />

Dr. Stefan Rauh,<br />

Geschäftsführer des Fachverbandes Biogas e.V.<br />

3


INHALT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

G<br />

Ä<br />

R<br />

D<br />

Ü<br />

N<br />

G<br />

E<br />

Ṟ<br />

A<br />

U<br />

F<br />

B<br />

E<br />

R<br />

E<br />

I<br />

T<br />

U<br />

N<br />

G<br />

19<br />

EDITORIAL<br />

3 Positive Signale kurz vor der Wahl<br />

Von Dr. Stefan Rauh, Geschäftsführer<br />

des Fachverbandes Biogas e.V.<br />

AKTUELLES<br />

6 Meldungen<br />

8 Bücher<br />

10 Termine<br />

12 Biogas-Kids<br />

14 Abfallvergärungstag, Teil II<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

19 5. Bayerische Biogasfachtagung, Teil 2<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

26 BIOGAS Convention & Trade Fair <strong>2021</strong><br />

POLITIK<br />

30 Reparatur des EEG <strong>2021</strong> abgeschlossen:<br />

Flexzuschlag gesichert!<br />

Von Jörg Schäfer<br />

32 Neue Chancen für Biogas und<br />

Biomethan im Kraftstoffsektor<br />

Von Sandra Rostek und Dr. Guido Ehrhardt<br />

34 Interviews zur Bundestagswahl<br />

CDU /CSU, SPD und Die Grünen<br />

Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />

Martin Bensmann<br />

42 Biogas mit doppelter Wertschöpfung<br />

Von Bernward Janzing<br />

44 dena-Leitstudie „Aufbruch in<br />

die Klimaneutralität“: Angriff auf<br />

Planungshoheiten (?)<br />

Von Heinz Wraneschitz<br />

50 Wasserstoff ersetzt Steinkohle<br />

Von Dierk Jensen<br />

TITELTHEMA<br />

54 Stickstoff eliminieren, Phosphor<br />

mit Feststoff exportieren<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />

Martin Bensmann<br />

62 Technologie-Kaskade zerlegt<br />

Wirtschaftsdünger<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />

Martin Bensmann<br />

68 „Dampfveredelung“ des Gärrests<br />

Von Christian Dany<br />

PRAXIS<br />

72 Aufbereitung von Gärresten und<br />

KWK-Bonusfähigkeit<br />

Von Dipl.-Ing. Univ. Arnold Multerer<br />

76 Redispatch 2.0 – Ein nächster Schritt zur<br />

Systemintegration Erneuerbarer Energien<br />

Von M.Sc. Florian Strippel<br />

80 Optimierter Betrieb im<br />

Regelleistungsmarkt<br />

Von Thomas Gaul<br />

4


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

INHALT<br />

TITELFOTO: MARTIN BENSMANN I FOTOS: MARTIN BENSMANN, WERKBILD, ADOBE STOCK_YURII ZUSHCHYK UND FACHVERBAND BIOGAS E.V.<br />

90 132<br />

84 Mit VisuFlex Flexibilität sichtbar machen<br />

Von Thomas Gaul<br />

86 Biomethan<br />

Wie weiter ohne vermiedene<br />

Netzentgelte?<br />

Von EUR ING Marie-Luise Schaller<br />

90 Mit intensiver Wärmenutzung sinkende<br />

Stromerlöse kompensieren<br />

Von Rainer Casaretto und Dr. Petra Rabe<br />

94 Wärme aus Biogas, Holz und Wind<br />

Von Christian Dany<br />

100 Anlagen des Monats<br />

WISSENSCHAFT<br />

102 Untersuchungen zum Direkteinsatz von<br />

Biogas in Metallurgiebetrieben<br />

Von Elisabeth Grube, Patrick Heinrich,<br />

Marcus Röder und Nico Steyer<br />

106 Bakterien auf der Spur – neues Verfahren<br />

zur Kontrolle der Prozessbiologie<br />

Von Dr. Sabine Peters, Ulrich Krause und Dr.<br />

Stefan Dröge<br />

114 „Gazelle“ weist nach: Modellgestütztes<br />

Fütterungsmanagement ermöglicht<br />

flexible Prozessführung<br />

Von Eric Mauky, Manuel Winkler,<br />

Christian Krebs, Ulf Müller, Dirk Rabe,<br />

Sören Weinrich und Jörg Kretzschmar<br />

INTERNATIONAL<br />

Philippinen<br />

120 Umwandlung von Ananasabfällen<br />

in Biogas<br />

Von Medina Berbic<br />

Südkorea<br />

123 Mandarinensaftproduktion – aus<br />

Reststoffen wird Biogas gewonnen<br />

Von Achim Kaiser<br />

VERBAND<br />

Aus der Geschäftsstelle<br />

124 Aktionismus zum Ende der<br />

Legislaturperiode<br />

Von Dr. Stefan Rauh und<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />

128 Regionales<br />

130 Jetzt sozial gerechte CO 2<br />

-Bepreisung<br />

auf den Weg bringen<br />

Von Dr. Simone Peter, BEE<br />

132 Dreharbeiten für die Aktionswoche<br />

Artenvielfalt<br />

RECHT<br />

134 Stellungnahme zum KWK-Bonus bei<br />

Holztrocknung und Handlungsempfehlung<br />

zum Flexibilitätszuschlag für Biogasbestandsanlagen<br />

Von Birthe Kaps und Martin Teichmann<br />

PRODUKTNEWS<br />

136 Produktnews<br />

138 Impressum<br />

Beilagenhinweis:<br />

Das Biogas Journal enthält Beilagen<br />

der Firmen Emission Partner<br />

und ONERGYS .<br />

5


AKTUELLES<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Zuckerhirse: Süßes versprechen<br />

für die Umwelt<br />

Die von Forschenden<br />

des KIT entwickelte<br />

Hirsesorte KIT1 akkumuliert<br />

sehr viel Zucker<br />

und gedeiht besonders<br />

gut unter gemäßigten<br />

Klimabedingungen.<br />

Karlsruhe – Zuckerhirse lässt sich zur Herstellung von<br />

Biogas, Biokraftstoffen und neuen Polymeren nutzen.<br />

Zudem kann sie dazu beitragen, Phosphatdünger zu<br />

ersetzen. Eine am Karlsruher Institut für Technologie<br />

(KIT) entwickelte neue Zuckerhirsesorte akkumuliert<br />

besonders viel Zucker und gedeiht unter heimischen<br />

Bedingungen.<br />

Wie die Forschenden in der Zeitschrift Industrial Crops<br />

& Products berichten, hängen der Zuckertransport und<br />

die Zuckerakkumulation mit dem Bau der Leitungsbahnen<br />

der Pflanzen zusammen. Dies ergab ein Vergleich<br />

zwischen Zucker- und Körnerhirse. Eine Strategie, den<br />

Treibhausgasausstoß zu verringern, besteht darin, sogenannte<br />

C4-Pflanzen anzubauen. Diese betreiben besonders<br />

effizient Photosynthese, binden daher Kohlendioxid<br />

(CO 2<br />

) besser und bauen mehr Biomasse auf als<br />

andere Pflanzen. Gewöhnlich sind sie an sonnige und<br />

warme Standorte gebunden.<br />

Zu den C4-Pflanzen gehört die Sorghumhirse, auch<br />

Mohrenhirse genannt, eine Hirseart aus der Gattung<br />

Sorghum in der Familie der Süßgräser. Die besonders<br />

zuckerhaltigen Sorten heißen Zuckerhirse. Zu den weiteren<br />

Sorten gehört die als Futtermittel eingesetzte<br />

Körnerhirse. Sorghumhirse lässt sich auf schwer zu bewirtschaftenden<br />

sogenannten Grenzertragsflächen anbauen,<br />

sodass sie nicht mit sonstigen Nahrungs- oder<br />

Futterpflanzen in Konkurrenz tritt.<br />

Eine neue Zuckerhirsesorte namens KIT1 hat Dr. Adnan<br />

Kanbar in der Arbeitsgruppe Molekulare Zellbiologie<br />

unter Leitung von Professor Peter Nick am Botanischen<br />

Institut des KIT entwickelt. KIT1 akkumuliert<br />

besonders viel Zucker und gedeiht besonders gut unter<br />

gemäßigten Klimabedingungen. Sie lässt sich sowohl<br />

energetisch zur Herstellung von Biogas und Biokraftstoffen<br />

als auch stofflich zur Produktion neuer Polymere<br />

nutzen. Der geschätzte Zuckerertrag je Hektar<br />

liegt bei über 4,4 Tonnen, was knapp 3.000 Litern Bioethanol<br />

entspräche. Darüber hinaus lassen sich die bei<br />

der Biogasherstellung anfallenden Gärreste als Dünger<br />

nutzen, der den knapp werdenden Phosphatdünger ersetzen<br />

kann.<br />

Auf die Anatomie des Pflanzenstängels<br />

kommt es an<br />

Forschende im Nick-Labor am Institut für Angewandte<br />

Biowissenschaften und am Institut für Technische Chemie<br />

des KIT sowie bei der ARCUS Greencycling Technology<br />

in Ludwigsburg haben nun die Zuckerhirsesorte<br />

KIT1 und die Körnerhirsesorte Razinieh miteinander<br />

verglichen, um die unterschiedliche Zuckerakkumulation<br />

im Pflanzenstängel zu untersuchen.<br />

Dazu zählen die verdickten Bereiche oder Knoten (Nodien)<br />

und die schmalen Bereiche oder Abstände zwischen<br />

den Knoten (Internodien), aber auch Transkripte<br />

wichtiger Saccharose-Transporter-Gene sowie Stressreaktionen<br />

der Pflanzen bei hoher Salzkonzentration im<br />

Boden. Sowohl bei KIT1 als auch bei Razinieh war die<br />

Zuckerakkumulation in den mittleren Internodien am<br />

höchsten.<br />

Allerdings zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der<br />

Zuckerakkumulation und dem Bau der Leitungsbahnen,<br />

die dem Transport von Wasser, gelösten Stoffen<br />

und organischen Substanzen dienen. Die Leitungsbahnen<br />

sind zu Leitbündeln gruppiert. Diese bestehen aus<br />

dem Phloem (Bastteil) und dem Xylem (Holzteil). Im<br />

Phloem werden vor allem Zucker und Aminosäuren, im<br />

Xylem vor allem Wasser und anorganische Salze transportiert;<br />

zudem übernimmt das Xylem eine stützende<br />

Funktion.<br />

Die Untersuchung ergab, dass bei KIT1 und fünf<br />

weiteren Zuckerhirsesorten im Stängel die Phloem-<br />

Querschnittsfläche wesentlich größer als die Xylem-<br />

Querschnittsfläche ist – der Unterschied ist viel ausgeprägter<br />

als bei der Körnerhirsesorte Razinieh. „Unsere<br />

Studie ist die erste, die sich mit dem Zusammenhang<br />

zwischen dem Bau der Leitbündel und der Zuckerakkumulation<br />

im Stängel befasst“, sagt Nick.<br />

Wie die Studie weiter ergab, führte Salzstress zu höherer<br />

Zuckerakkumulation in KIT1 als in Razinieh. Die<br />

Expression von Saccharose-Transporter-Genen ist in<br />

den Blättern von KIT1 unter normalen Bedingungen<br />

höher und steigt unter Salzstress deutlich an. „Neben<br />

den anatomischen Faktoren könnten auch molekulare<br />

Faktoren die Zuckerakkumulation im Stängel regulieren“,<br />

erläutert Kanbar. „Auf jeden Fall kommt KIT1 mit<br />

Salzstress besser zurecht.“<br />

FOTO: BOTANISCHES INSTITUT, KIT<br />

6


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

AKTUELLES<br />

Wiegand-Glas produziert mit<br />

Biomethan von bmp greengas<br />

FOTO: WIEGAND-GLAS<br />

München / Steinbach am Wald – Die bmp greengas<br />

GmbH, einer der führenden Biomethan-<br />

Vermarkter Europas, und die Wiegand-Glas<br />

Unternehmensgruppe, Spezialist für hochwertige<br />

Verpackungskonzepte, haben eine<br />

Zusammenarbeit im Bereich der Glasproduktion<br />

beschlossen. Nachdem die soulproducts<br />

GmbH den Wunsch geäußert hat, ihre<br />

Glastrinkflaschen künftig mit Biomethan zu<br />

produzieren, wird Wiegand-Glas seit Februar<br />

<strong>2021</strong> von bmp greengas beliefert. Die<br />

soulbottles werden nun ausschließlich mit<br />

dem grünen Gas produziert und die CO 2<br />

-<br />

Emissionen damit deutlich gesenkt.<br />

Das Angebot der klimaneutralen Glasflaschen<br />

ist Teil des „Eco2Bottle“-Konzeptes,<br />

einer Initiative von Wiegand-Glas für noch<br />

umweltverträglichere Verpackungslösungen.<br />

Was im Jahr 2020 als Maßnahmenpaket<br />

mit zusätzlichem Kompensationsangebot<br />

für Weinflaschen begann, ist nun<br />

um die Flaschenproduktion unter anderem<br />

für die soulproducts GmbH mit Biomethan<br />

erweitert worden.<br />

„Unsere Kundin soulproducts GmbH steht<br />

mit ihren soulbottles für nachhaltige, plastikfreie<br />

und stylische Trinkflaschen. Ihre<br />

Anfrage nach einer Umstellung der Produktion<br />

auf Biomethan war der Anlass für<br />

uns, unser Konzept ‚Eco2Bottle‘ nochmals<br />

zu überarbeiten und eine durch und durch<br />

grüne und regionale Flaschenproduktion<br />

anzubieten“, berichtet Lukas Neubauer,<br />

Leiter Controlling & Unternehmensentwicklung<br />

bei Wiegand-Glas. „Wir setzen<br />

nun für alle soulbottles neben recyceltem<br />

Glas außerdem Biomethan im Produktionsprozess<br />

ein. So haben wir den CO 2<br />

-Fußabdruck<br />

des Endprodukts nochmal signifikant<br />

reduziert.“<br />

Das lässt sich im Falle der soulbottles auch<br />

in Zahlen ausdrücken: Durch den Einsatz<br />

von Biomethan werden – zusammen mit<br />

erhöhtem Altglaseinsatz, einer optimierten<br />

Transportverpackung und der Nutzung von<br />

Ökostrom – die Emissionen im Vergleich<br />

zur ursprünglichen 1,0-Liter-soulbottle um<br />

mehr als 75 Prozent reduziert.<br />

„Wir optimieren unsere Produktion seit<br />

Jahren kontinuierlich, um unsere Emissionen<br />

zu senken. Der Umstieg auf Biomethan<br />

bei der Glasherstellung ist ein<br />

absoluter Meilenstein für uns“, sagt Julian<br />

Offermann, Einkäufer bei der soulproducts<br />

GmbH. „Wir freuen uns, dass wir unseren<br />

langjährigen Partner Wiegand-Glas so<br />

schnell von der Idee überzeugen konnten<br />

und sie das Eco2Bottle-Konzept um unser<br />

Produkt erweitert haben.“ Um die Beschaffung<br />

und Vermarktung des Biomethans<br />

kümmert sich die bmp greengas GmbH.<br />

Dabei werden sämtliche Anforderungen<br />

von Wiegand-Glas und soulproducts erfüllt:<br />

Das grüne Gas entsteht aus Siedlungsabfällen<br />

und ist damit ein perfektes Beispiel für<br />

funktionierende Kreislaufwirtschaft. Zudem<br />

stammt das Biomethan aus Deutschland<br />

und schafft damit bereits bei der Herstellung<br />

und beim Transport eine CO 2<br />

-arme<br />

Wertschöpfungskette.<br />

„Das Schmelzen von Glas und die Herstellung<br />

von Glasverpackungen sind enorm<br />

energieaufwändig“, sagt Regina Hafner,<br />

bei bmp greengas für Industriekunden verantwortlich.<br />

„Glashütten wie Wiegand-Glas<br />

unterliegen der gesetzlich verpflichtenden<br />

CO 2<br />

-Abgabe im Rahmen des Brennstoffemissionshandelsgesetzes<br />

(BEHG) und des<br />

europäischen Emissionshandels (EU-ETS).<br />

Die Umstellung einzelner Produktionslinien<br />

von fossilen Rohstoffen auf Biomethan<br />

befreit teilweise von den genannten CO 2<br />

-<br />

Abgaben und leistet einen wesentlichen<br />

Beitrag zum Schutz des Klimas. Das Handeln<br />

von Wiegand-Glas und soulproducts<br />

zeigt, dass Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz<br />

keine Gegensätze sein müssen.“<br />

7


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

BÜCHER<br />

Was hat die Mücke je für uns getan?<br />

Sobald es im Frühjahr warm wird, schwirren sie durch<br />

die Luft – manchmal schon bei warmem Wetter im Februar.<br />

Und sie verschwinden erst wieder für ein paar Monate,<br />

wenn es im Herbst kalt wird. An Sommerabenden<br />

tanzen sie in Schwärmen im Abendrot und kündigen<br />

gutes Wetter für den nächsten Tag<br />

an. Wenn sie uns aber an schönen<br />

Abenden im Garten oder auf der<br />

Terrasse stechen und uns den<br />

Nachtschlaf rauben, dann verwünschen<br />

wir sie sicherlich jedes<br />

Mal: Die Rede ist von Mücken.<br />

Schon oft habe ich mich gefragt,<br />

welchen biologischen Sinn diese<br />

Quälgeister haben.<br />

Die Autorinnen Frauke Fischer<br />

und Hilke Oberhansberg haben<br />

ein Buch darüber geschrieben<br />

mit dem schönen Titel: „Was hat<br />

die Mücke je für uns getan?“. Sie<br />

erklären darin, was biologische<br />

Vielfalt für unser Leben bedeutet.<br />

Der Naturfilmer und Buchautor<br />

Dirk Steffens schreibt im Vorwort,<br />

dass von allen lebenden Säugetieren<br />

nur 4 Prozent Wildtiere sind.<br />

Die anderen 96 Prozent seien Menschen und Haustiere.<br />

Seit 1970 habe der Mensch die Zahl der Wirbeltiere<br />

auf der Erde um 60 Prozent reduziert. Die Vielfalt an<br />

Arten sei die Voraussetzung für das Funktionieren von<br />

Ökosystemen, von deren Leistungen unser aller Leben<br />

abhänge.<br />

Das Buch ist in drei Hauptteile mit insgesamt 12 Kapiteln<br />

gegliedert. Im ersten Teil werden Fragen erörtert<br />

wie zum Beispiel, was Biodiversität ist, wie Arten<br />

entstehen beziehungsweise warum sie verschwinden.<br />

Die Autorinnen führen aus, was Ökosysteme sind und<br />

warum sie für die Menschen so wichtig sind. In Kapitel<br />

2 vergleichen sie unter anderem verschiedene Regionen<br />

anhand der vorkommenden Arten. Anhand von fünf<br />

Punkten erklären sie aufschlussreich die Ursachen für<br />

die Veränderung von Ökosystemen.<br />

Im zweiten Teil des Buches, der sieben Kapitel enthält,<br />

werden vor allem die Zusammenhänge zwischen Biodiversität<br />

und Essen, Gesundheit, Sicherheit, Stadt,<br />

Reisen, Energie und Technik thematisiert. Und dort,<br />

auf Seite 65, wird dann endlich auch die Frage des<br />

Buchtitels beantwortet: Sie spielen „eine wichtige Rolle<br />

im Word Wide Web of Life. Tausende von Mückenarten<br />

und Abermillionen von Individuen sind wichtige<br />

Nahrung für Vögel, Fledermäuse, Fische, Reptilien<br />

und Amphibien. Ohne Mücken hätten die es schwer.<br />

[…] Aber nicht nur als Nahrung für andere Tiere erfüllen<br />

Mücken wichtige ökologische Aufgaben. Sie<br />

sind auch Bestäuber vieler Nutzpflanzen. Weil jede<br />

Blüte anders aussieht, brauchen<br />

Blüten ein möglichst vielfältiges<br />

Set verschiedener Bestäuber –<br />

Bienen allein reichen da nicht.“<br />

Aber das war dann auch schon<br />

die Erläuterung im Wesentlichen.<br />

Im Mittelpunkt des zweiten Teils<br />

steht nicht die Mücke als singuläres<br />

Lebewesen, sondern Hauptthema<br />

sind Ökosysteme und deren<br />

Erhaltung und Schutz, aber auch<br />

die Auswirkungen menschlichen<br />

Handelns auf diese. Es ist also das<br />

Credo der Biodiversität.<br />

Teil III mit drei Kapiteln beendet<br />

die Ausführungen. Zu Beginn des<br />

10. Kapitels stellen die Autorinnen<br />

die Frage nach der Moral von<br />

der Geschichte. Das heißt, wenn<br />

also Biodiversität und Ökosysteme<br />

für die Menschheit so wichtig<br />

sind, sind dann nur die schützenswert, die dem Wohl<br />

der Menschen dienen? Darf dann, was den Menschen<br />

nicht nützt, den Bach runtergehen? Und eine weitere<br />

wichtige Frage stellen die Autorinnen: Muss denn alles<br />

in der Natur zu unserem Nutzen existieren und daraus<br />

erst seine Existenzberechtigung erhalten?<br />

Das Buch macht deutlich, dass der Mensch mit seinem<br />

Ökosystem Erde kooperieren muss und es eben nicht<br />

gnadenlos ausbeuten kann. Und: dass auch „Plagegeisterarten“<br />

wie die Mücke einen Wert haben. Dass<br />

vom Menschen ungenutzte Naturräume geschützt werden<br />

müssen. Dass in Anspruch genommene Naturräume<br />

weniger intensiv genutzt werden und gegebenenfalls<br />

revitalisiert werden müssen. Der Menschheit wird<br />

es in Zukunft nur gutgehen und sie wird langfristig nur<br />

überleben, wenn sie ihre Art der kriegerischen Ausbeutung<br />

der Ökosysteme aufgibt.<br />

Rezension: Martin Bensmann<br />

Oekom Verlag, München. Frauke Fischer und<br />

Hilke Oberhansberg, 2. Auflage, 2020, 219 Seiten,<br />

Klebebindung, zahlreiche farbige Bilder und Grafiken.<br />

D: 20,00 Euro. A: 20,60 Euro.<br />

ISBN: 978-3-96238-209-4<br />

8


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

clean air is our engine<br />

AKTUELLES<br />

KATALYSATOREN<br />

Katalysatormontage an<br />

Jenbacher 312-BHKW leicht gemacht<br />

M A D E<br />

I N<br />

G E R M A N Y<br />

Ab Lager verfügbar!<br />

Art.-Nr. 1496<br />

EP-AL 514-75-2-2.1-AWT<br />

Standardkatalysator für Jenbacher 312,<br />

Einsatz von zwei Katalysatoren und<br />

einer Leerhülse<br />

1.925,00 € pro Stück zzgl. USt.<br />

Montageset bestehend aus:<br />

Passenden Dichtungen,<br />

Schrauben, Plombenset,<br />

Handschuhen, Drahtbürste<br />

und Kupferpaste<br />

Art.-Nr. 2952<br />

EP-AL 496-120-3-2.1-ME387-<br />

FL519-S inkl. Montageset<br />

passend für EnviTec Jenbacher<br />

mit 525 kW Vorkammer<br />

3.095,00 € zzgl. USt.<br />

ANGEBOT<br />

Weitere Informationen sowie das Montagevideo<br />

für die Abgaswärmetauscher finden Sie in<br />

unserem Onlineshop www.bhkwteile.de.<br />

Sie sind interessiert<br />

an einem Angebot?<br />

Dann melden Sie sich unter<br />

info@emission-partner.de<br />

oder +49 4498 92 326 - 26<br />

Möchten Sie es doch lieber<br />

professionell montieren lassen?<br />

Dann melden Sie sich<br />

bei unserem Service unter<br />

service@emission-partner.de<br />

oder +49 4498 92 326 - 111<br />

oder MONTAGE?<br />

Emission Partner GmbH & Co. KG<br />

Industriestraße 5<br />

D-26683 Saterland-Ramsloh<br />

Telefon: +49 4498 92 326 - 26<br />

E-Mail: info@emission-partner.de<br />

Web: www.emission-partner.de9


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

TERMINE<br />

21. Juli<br />

12. Biogastagung: Biogas – da geht noch was!<br />

Online<br />

https://www.lwk-niedersachsen.de<br />

16. September<br />

3. Bayerischer Biogas-Branchentreff<br />

Straubing<br />

www.biogas-branchentreff.de<br />

16. September<br />

Web-Seminar: „Biogene Rest- und Abfallstoffe<br />

in Australien – Marktentwicklung und Geschäftschancen<br />

für deutsche Unternehmen“<br />

Online<br />

www.german-energy-solutions.de<br />

22. und 23. September<br />

Handelsblatt Jahrestagung<br />

Gas <strong>2021</strong><br />

Online<br />

www.handelsblatt-gas.de<br />

22. bis 24. September<br />

International Online Conference<br />

“Progress in Biogas V”<br />

Kirchberg<br />

ibbk-biogas.com<br />

23. September<br />

5. Norddeutscher Biogas-Branchentreff<br />

Rendsburg<br />

www.biogas-branchentreff.de<br />

7. Oktober<br />

TRwS 793-1 – Biogasanlagen (Regelwerk<br />

aktuell) Web-Seminar<br />

Online<br />

eva.dwa.de<br />

27. und 28. Oktober<br />

The Future of Renewable Energy<br />

www.acieu.net<br />

Diese und weitere Termine rund um die<br />

Biogasnutzung in Deutschland und der Welt<br />

finden Sie auf der Seite www.biogas.org<br />

unter „Termine“.<br />

Digital<br />

22. – 26. November <strong>2021</strong><br />

Im 31. Jahr geht die BIOGAS Convention<br />

& Trade Fair erneut neue Wege!<br />

Wir wollen den Wünschen unserer<br />

Besucher und Teilnehmer, Mitglieder<br />

und Aussteller entsprechen: Die<br />

Messe soll live stattfinden, die Tagung<br />

digital. Daher sind wir dieses Jahr auf<br />

beiden Wegen für Sie da:<br />

www.biogas-convention.com<br />

29. Juli<br />

Web-Seminar: Vorbereitung EEG-<br />

Ausschreibungen September <strong>2021</strong><br />

5. August<br />

Web-Seminar: Vorbereitung EEG-<br />

Ausschreibungen September <strong>2021</strong><br />

21. Oktober<br />

Web-Seminar: Prüf- und Dokument a-<br />

tionspflichten – Ein Überblick<br />

22./<br />

23.<br />

Sep<br />

DIGITAL<br />

EDITION<br />

Handelsblatt Jahrestagung<br />

Gas <strong>2021</strong><br />

Jetzt anmelden:<br />

www.handelsblatt-gas.de<br />

Brückentechnologie oder<br />

klimaneutrale Zukunft<br />

• Politische und strategische<br />

Positionierung<br />

• Supply & Demand im Gasmarkt –<br />

globale Aspekte<br />

• Gas als Energieträger im<br />

Strommarkt<br />

• Wasserstoff: Game Changer der<br />

Energiewende?<br />

10


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

AKTUELLES<br />

11


BIOGAS-KIDS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Bio + Bio = doppelt gut<br />

Familie Kückmann mit den Kindern Lotta und Mats, Foto: Andrea Schneider<br />

Mein Experiment<br />

An den Feldrändern blühen jetzt<br />

wieder rot leuchtende Mohnblüten.<br />

Aus deren Blütenblättern lässt<br />

sich ganz einfach Wasserfarbe<br />

herstellen. Die Farbstoffe in der<br />

Mohnblüte sind wasserlöslich<br />

und werden durch Zerreiben der<br />

Blütenblätter freigesetzt.<br />

Du benötigst: eine Handvoll roter<br />

Mohnblüten-Blätter, einen Mörser, etwas feinen Sand, ein paar<br />

Tropfen Wasser, ein Glas und ein Teesieb.<br />

Du reißt die Blütenblätter mit der Hand in kleine Stücke und gibst<br />

sie zusammen mit dem Sand und etwas Wasser in den Mörser. Mit<br />

dem Stein oder Stößel werden die Blütenblätter zerrieben, bis ein<br />

roter Saft entsteht. Je mehr Tropfen Wasser du hinzugibst, desto<br />

mehr Farbe erhältst du. Nimmst du weniger Wasser, wird die<br />

Farbe kräftiger. Hänge das Teesieb in ein hohes Glas und gib den<br />

Blütensaft hinein. Im Glas befindet sich nun die reine dunkelrote<br />

Farbe. Nimm einen Pinsel und Papier und probiere die Farbe aus.<br />

Das Rot dunkelt sehr schnell nach, deshalb ist die Farbe auf dem<br />

Papier nicht mehr so leuchtend rot, sondern lila!<br />

Bei den landwirtschaftlichen Betrieben gibt es ja durchaus<br />

Unterschiede. Gemeint sind nicht Milchvieh- oder Ackerbaubetriebe.<br />

Vielmehr redet man auf der einen Seite von<br />

den konventionellen Betrieben, die auf ihren Feldern<br />

chemische Pflanzenschutzmittel oder Mineraldünger einsetzen.<br />

Auf der anderen Seite sind es die Bio-Betriebe, die<br />

das nicht dürfen und auch sonst strenge Regeln beachten<br />

müssen, damit sie ihre Produkte mit einem Bio-Siegel<br />

verkaufen können. Dürfen die denn auch Biogas erzeugen?<br />

Die Antwort ist ein klares Ja – schließlich passen<br />

ökologische Bewirtschaftung und umweltfreundliche<br />

Energieerzeugung hervorragend zusammen. Bestes Beispiel<br />

dafür ist der Sandsteinhof von Familie Kückmann in<br />

Havixbeck im Münsterland. Der Biolandbetrieb (Bioland<br />

ist einer der wichtigen ökologischen Anbauverbände) betreibt<br />

seine Biogasanlage seit 2010. Von der ökologischen<br />

Bewirtschaftung profitieren auch die Biogas-Bakterien.<br />

Sie werden vielseitig mit Silomais und Kleegras sowie<br />

mit Rinder-, Schweine- und Pferdemist gefüttert. Dazu<br />

kommt Jauche von anderen Bio-Betrieben. In zwei Blockheizkraftwerken<br />

(BHKW) wird aus dem Biogas Energie<br />

erzeugt. Eines arbeitet direkt am Hof und produziert<br />

Strom. Das Zweite steht in der Nachbarschaft. Eine soziale<br />

Einrichtung für Behinderte nutzt die im BHKW erzeugte<br />

Wärme. Das Heim kann so seinen Wärmebedarf zu einem<br />

Drittel – ebenfalls ökologisch – aus Biogas decken. Insgesamt<br />

erzeugen die Kückmanns<br />

mit ihrer Anlage pro Jahr 3,5 Millionen<br />

Kilowatt-Stunden (kWh)<br />

Strom und 1,5 Millionen kWh<br />

Wärme. In der Summe vermeidet<br />

die Biogasanlage damit pro Jahr<br />

3.850 Tonnen klimaschädliches<br />

CO 2 . Und weil der Sandsteinhof<br />

auch ein Ferienhof ist, zeigen<br />

die Kückmanns ihren Gästen immer gerne, wie gut die<br />

Bio-Landwirtschaft in Verbindung mit der Biogas-Erzeugung<br />

für den Betrieb und für uns alle ist. Schau dir am<br />

besten mal das Video mit Herrn Kückmann an.<br />

Spiel die Energiewende!<br />

Der richtige Weg für die Energiewende<br />

und mehr Erneuerbare Energien?<br />

Das kannst du auch spielerisch<br />

mit Freunden oder in der<br />

Schule erleben – mit dem<br />

„Energie wende-Kompass“.<br />

Das Spiel gibt es kostenlos als<br />

Download. Einfach ausdrucken,<br />

Vorlagen ausschneiden<br />

und richtig zusammenkleben.<br />

Fertig ist der Kompass und<br />

du kannst loslegen, in welche<br />

Richtung du die Energiewende haben<br />

willst. Dabei geht es auch um Stromnetze,<br />

Wärme kraftwerke und Energieeffizienz.<br />

Das wäre doch ein super Tipp<br />

für deine Schulklasse! Den Download<br />

für den Energiewende-Kompass und<br />

andere Spiele findest du auf der Seite<br />

www.energie-macht-schule.de. Oder<br />

nutze gleich den QR-Code.<br />

www.agrarkids.de<br />

Landwirtschaft entdecken und verstehen –<br />

Die Fachzeitschrift für Kinder<br />

12


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Motortausch<br />

auf dc13 ETA<br />

AKTUELLES<br />

Jetzt<br />

schlägt´s 13!<br />

SParen Sie Bis<br />

zu 15.000 EUR<br />

pro Jahr !<br />

Aus Alt wird Effizient! Jetzt auf den<br />

neuen SCANIA DC13 ETA umbauen<br />

und bis zu 43 % Wirkungsgrad<br />

realisieren!<br />

Wirkungsgrad<br />

bis zu 43 %<br />

Erneuern Sie Ihr BHKW mit SCANIA DC12 oder Doosan V8 Motor mit unseren<br />

cleveren Upgrade-Varianten auf den neuen SCANIA DC13 ETA. Sagenhafte 43 %<br />

Wirkungsgrad bei 265 kW el<br />

Leistung verbessern die Rentabilität Ihrer Biogasanlage<br />

deutlich.<br />

„ETA“ steht für einen von agriKomp weiterentwickelten SCANIA DC13 Motor, der<br />

in Sachen Wirkungsgrad keine Kompromisse macht. In Zusammenarbeit mit uns<br />

wurden etliche Pakete auf SCANIA DC13 ETA entwickelt, die exklusiv nur bei uns<br />

erhältlich sind. Neben Komplettumbausets sowie Tauschmotoren für die oben<br />

genannten Aggregate bieten wir Ihnen auch individuelle Performance-Sets an,<br />

um den höheren Wirkungsgrad auch bei den Kunden realisieren zu können, die<br />

bereits erfolgreich mit uns auf einen DC13-Gasmotor umgebaut haben.<br />

Mehr Informationen finden Sie unter DC13eta.serviceunion.de.<br />

Rendsburg<br />

Pritzwalk<br />

Verschiedene Gründe sprechen für eine Optimierung:<br />

Ahaus<br />

Neustadt a. r.<br />

Höherer Wirkungsgrad<br />

Erhöhte Verfügbarkeit durch<br />

geringere Standzeiten<br />

Wechsel auf moderne emissionsoptimierte<br />

Mehr<br />

Infos?<br />

Bannberscheid<br />

Merkendorf<br />

Sangershausen<br />

Gas-Otto Technologie<br />

BODNEGG<br />

Wartungs- und Substratkosten senken<br />

Verbrennungsoptimiert durch<br />

verbesserte Kolben<br />

Geringere Abgastemperatur<br />

Ihr Regionaler Partner. Rund um Biogas. Bundesweit.<br />

Bundesweit!<br />

HOTLINE:<br />

09826 65959 - 911<br />

13


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

ABFALLVERGÄRUNGSTAG, TEIL II<br />

Wechsel in neue<br />

Vergütungsperiode<br />

genau planen<br />

Im neuen EEG <strong>2021</strong><br />

hatte der Gesetzgeber<br />

die Inanspruchnahme<br />

des Flexzuschlags<br />

gestrichen, wenn in der<br />

ersten Vergütungsperiode<br />

die Flexprämie<br />

schon beansprucht<br />

worden ist. Mittlerweile<br />

hat die Politik<br />

aufgrund von starken<br />

Argumenten aus der<br />

Biogasbranche diese<br />

Regelung korrigiert.<br />

In dieser Ausgabe des Biogas Journals setzen wir die Berichterstattung über den Abfallvergärungstag<br />

fort. An dieser Stelle werden die Ausführungen bezüglich der Auswirkungen des<br />

EEG <strong>2021</strong> für Abfallvergärungsanlagen thematisiert.<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Rechtsanwalt Dr. Helmut Loibl referierte<br />

zum Thema „Welche Chancen und Risiken<br />

bringt das EEG <strong>2021</strong> für Abfallvergärungsanlagen?“.<br />

Er eröffnete seinen Vortrag mit<br />

dem wichtigen Hinweis, dass es sowohl für<br />

Bestandsanlagen, die am Ende ihrer ersten Vergütungsperiode<br />

angelangt sind, als auch für Neuanlagen zwei<br />

Ausschreibungstermine pro Jahr gibt: Der erste Termin<br />

ist der 1. März und der zweite Termin ist der 1. September.<br />

Außerdem sei das Ausschreibungsvolumen erhöht worden.<br />

Jetzt würden insgesamt 600 Megawatt (MW) an<br />

Leistung pro Jahr ausgeschrieben – 300 MW zur Frühjahrs-<br />

und 300 MW zur Herbstausschreibung. Zudem<br />

sei die Vergütung angehoben worden, für Bestandsanlagen<br />

auf 18,4 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) und<br />

für Neuanlagen auf 16,4 ct/kWh. Ab 2022 unterliege<br />

die Vergütung einer Degression von 1 Prozent pro Jahr.<br />

Einen Zuschlag gebe es für Kleinanlagen, die es im<br />

Abfallbereich sicher so nicht gibt. „Wenn Anlagen bis<br />

500 kW installierte Leistung in den nächsten Jahren<br />

in die Ausschreibung gehen, dann erhalten sie 0,5 ct/<br />

kWh zusätzlich. Allerdings müssen die Anlagen ihre<br />

installierte Leistung mehr als doppelt überbauen. Das<br />

heißt, über 100 kW installierte Leistung bekomme ich<br />

nur für maximal 45 Prozent der installierten Leistung<br />

Geld. Dann kann eine 500-kW-Anlage maximal 225 kW<br />

produzieren. Man kommt dann mit Flexzuschlag auf<br />

über 20 ct/kWh. Egal, ob Abfall- oder NawaRo-Anlage“,<br />

führte Dr. Loibl aus.<br />

Höherer Flexzuschlag und strengere<br />

Anforderungen für den Erhalt<br />

Wer in die neue Vergütungsperiode wechselt, der bekomme<br />

grundsätzlich den Flexzuschlag. Das waren<br />

bislang 40 Euro pro kW und Jahr ohne irgendeine weitere<br />

Anforderung. Mit dem neuen EEG <strong>2021</strong> wurde<br />

der Flexzuschlag auf 65 Euro pro kW und Jahr erhöht.<br />

Anlagenbetreiber erhalten den Flexzuschlag nach EEG<br />

<strong>2021</strong> aber nur noch, wenn sie sehr strenge Anforderungen<br />

erfüllen. Dr. Loibl sagte zum Beispiel, dass Betreiber<br />

in jedem Kalenderjahr mindestens 85 Prozent<br />

der gesamten installierten Leistung erzeugen müssen,<br />

und zwar an mindestens 4.000 Viertelstunden im Jahr.<br />

„Wenn ich das nicht schaffe, dann bekomme ich in<br />

dem betreffenden Jahr keinen Flexzuschlag. Nur wer<br />

die Leistung so fährt, der bekommt ihn“, betonte der<br />

Jurist. Es gebe keine Vorgaben, wann diese Viertelstunden<br />

produziert werden müssen. Man könne Sommer-<br />

Winter-Betrieb machen oder jeden Tag im Jahr für nur<br />

vier Stunden Volllast fahren. Und dann seien auch die<br />

betroffen, die flexibilisiert haben. Die hätten das nicht<br />

FOTO: LANDPIXEL.EU<br />

14


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

INNOVATIVE<br />

EINBRINGTECHNIK<br />

FÜR BIOGAS- UND<br />

RECYCLINGANLAGEN<br />

AKTUELLES<br />

allein wegen des Erhalts der Flexprämie gemacht,<br />

sondern weil in der nächsten Förderperiode<br />

die installierte Leistung mindestens<br />

doppelt überbaut sein muss und<br />

der Flexzuschlag bislang in Aussicht war.<br />

Im neuen EEG hatte der Gesetzgeber die<br />

Inanspruchnahme des Flexzuschlags gestrichen,<br />

wenn in der ersten Vergütungsperiode<br />

die Flexprämie schon beansprucht<br />

worden war. Mittlerweile hat die Politik<br />

aufgrund von starken Argumenten aus der<br />

Biogasbranche diese Regelung korrigiert.<br />

Das heißt, wer die Flexprämie in der ersten<br />

Vergütungsperiode bereits erhalten hat,<br />

der bekommt in der Anschlussförderung einen<br />

Flexzuschlag in Höhe von 50 Euro pro<br />

Kilowatt installierte Leistung – also für die<br />

Leistung, die auch schon die Flexprämie<br />

bekommen hat. Der Betreiber erhält die 65<br />

Euro pro kW nur, wenn er nochmal mehr<br />

Leistung zubaut – also für den überschießenden<br />

Teil, für den noch keine Flexprämie<br />

gezahlt wurde. Hinweis: Die EU-Kommission<br />

muss dazu noch ihr OK geben.<br />

Flexzuschlag-Regelung –<br />

Verfassungsbeschwerde nötig?<br />

Wer also die Flexprämie bekommen hat in<br />

der ersten Förderperiode, der habe einen<br />

deutlichen Nachteil in der Anschlussförderung.<br />

Und das gelte auch für die Betreiber,<br />

die schon im letzten Jahr einen Zuschlag in<br />

der Ausschreibung erhalten haben, obwohl<br />

das EEG <strong>2021</strong> noch gar nicht gegolten<br />

habe. Dr. Loibl hält das für rechtswidrig.<br />

Allein schon, weil die Inanspruchnahme<br />

der Flexprämie freiwillig war, die mindestens<br />

doppelte Überbauung aber eine<br />

Zwangsmaßnahme darstelle. Er möchte<br />

dagegen juristisch vorgehen und eine Verfassungsbeschwerde<br />

beim Bundesverfassungsgericht<br />

einlegen, um diese Regelung<br />

zu kippen.<br />

Allerdings könnte das jetzt evtl. hinfällig<br />

werden: Der Bundestag hat aktuell ein<br />

Änderungsgesetz auf den Weg gebracht,<br />

wonach all diejenigen, die vor <strong>2021</strong> einen<br />

Zuschlag erhalten haben, weiterhin wie früher<br />

die 40 Euro Flexzuschlag bekommen<br />

sollen. Diejenigen, die erst zukünftig in die<br />

Ausschreibung gehen, sollen für den Anteil,<br />

für den sie Flexprämie bekommen haben,<br />

künftig einen Flexzuschlag mit „nur“ 50<br />

Euro pro kW und Jahr und für den restlichen<br />

Anteil einen Flexzuschlag mit 65 Euro/kW<br />

und Jahr erhalten. Das große Problem besteht<br />

darin, dass die EU dem zustimmen<br />

muss und die Frist für die Verfassungsbeschwerde<br />

zum Ende <strong>2021</strong> abläuft. Wenn<br />

also die Regelung bis dahin nicht in Kraft<br />

ist, wird man vorsorglich eine Verfassungsbeschwerde<br />

erheben müssen.<br />

Welche Chancen bieten sich aber nun für<br />

bestehende Abfallvergärungsanlagen?<br />

Dazu führte Dr. Loibl aus: „Wenn Sie die<br />

ersten 20 Jahre EEG-Förderung ausgeschöpft<br />

haben, dann können Sie an der<br />

Ausschreibungssystematik des EEG <strong>2021</strong><br />

teilnehmen und versuchen, sich für weitere<br />

zehn Jahre eine Vergütung zu sichern. Das<br />

theoretische Höchstgebot wäre, wenn Sie<br />

in <strong>2021</strong> bieten wollen, 18,40 ct/kWh. Die<br />

bekommen Sie aber niemals. Grund: Anders<br />

als bei NawaRo-Anlagen würde Ihre Vergütung<br />

ansteigen. Das heißt, Sie dürfen die<br />

18,40 ct/kWh bieten, bekommen auch den<br />

Zuschlag dafür, aber Sie bekommen nur den<br />

Durchschnitt der letzten drei Kalenderjahre<br />

vor der Ausschreibung ausgezahlt.“<br />

So kommt es laut Dr. Loibl also darauf an,<br />

was die Anlagen durchschnittlich noch an<br />

alter EEG-Vergütung erhalten hat. Zur Erläuterung<br />

führte er folgendes Beispiel an:<br />

Eine Abfallvergärungsanlage mit 800 kW<br />

installierter elektrischer Leistung hat in<br />

2020 im Schnitt 13,2 ct/kWh, in 2019<br />

13,0 ct/kWh und in 2018 im Schnitt 12,8<br />

ct/kWh erhalten. Der Durchschnitt liege bei<br />

13 ct/kWh. Die Anlage könne somit mit 13<br />

ct/kWh ins Gebot gehen und beim Erhalt<br />

des Zuschlages diese Vergütung für weitere<br />

zehn Jahre beanspruchen. Wenn die<br />

800-kW-Anlage keine Flexprämie erhalten<br />

habe, dann bekomme sie den Flexzuschlag<br />

in Höhe von 65 Euro pro kW beim Einhalten<br />

der entsprechenden Fahrweise.<br />

Taktieren und kalkulieren<br />

Die Ausschreibungsvergütung steige mit<br />

dem Flexzuschlag im Beispielsfall sogar<br />

während der Folgejahre von 13 auf 14,67<br />

ct/kWh. Das heißt, die Abfallanlagen würden<br />

in der Folgeausschreibung mindestens<br />

die bisherige Vergütung erhalten. Dazu ein<br />

Fall aus seiner Beratungspraxis: Ein Betreiber<br />

hat seine Anlage flexibilisiert. 500 kW<br />

waren vorhanden, ein 500-kW-Aggregat<br />

ist hinzugekommen. Die Anlage hat 14 ct/<br />

kWh Durchschnittsvergütung. Der Betreiber<br />

habe sich gefragt: Soll ich das neue<br />

BHKW in <strong>2021</strong> anschließen und die Flexprämie<br />

geltend machen oder lasse ich es<br />

ein paar Jahre stehen und nehme später<br />

nur den Flexzuschlag?<br />

15<br />

NEU!<br />

Jetzt auch als BIG-Mix Globe!<br />

Der BIG-Mix im ISO Seecontainer<br />

für den weltweiten Einsatz.<br />

BIG-Mix 35 bis 313m³<br />

effektiver Vorschub bei niedrigem<br />

Eigenstromverbrauch<br />

für 100% Mist und Grassilage<br />

mit Misch- und Aufbereitungsbereich<br />

komplett aus Edelstahl<br />

Biomischer 12 bis 80m³<br />

für 100% Mist und Grassilage<br />

massive Edelstahlkonstruktion<br />

mit Misch- und Aufbereitungsbereich<br />

auf Wunsch komplett aus Edelstahl<br />

KOMBI-Mix 8 und 12m³<br />

speziell für Kleinbiogasanlagen<br />

optional mit Vertikalmischschnecke<br />

für unterschiedlichste Substrate<br />

komplett aus Edelstahl<br />

Konrad Pumpe GmbH<br />

Fon +49 2526 93290<br />

Mail info@pumpegmbh.de<br />

www.pumpegmbh.de


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Die Anlage hat Förderperiode 1 bis Ende 2025. Er könnte<br />

für die Restlaufzeit, so Dr. Loibl, noch Flexprämie<br />

erhalten, also für die restlichen fünf Jahre. Die Flexprämie<br />

würde dann 325.000 Euro betragen. Wenn er<br />

warte und das neue BHKW erst in 2026 anmeldet und<br />

die Flexprämie jetzt nicht in Anspruch nehme, dann<br />

bekomme er für volle zehn Jahre den Flexzuschlag und<br />

der betrage dann gut 650.000 Euro, was die doppelte<br />

Summe ist. Und so liege es auf der Hand: Man warte<br />

mit dem Anschluss des neuen BHKW – „und ich würde<br />

Ihnen Recht geben, hätten Sie eine NawaRo-Anlage.<br />

Im Abfallbereich schaut es aber in vielerlei Hinsicht<br />

ganz anders aus“.<br />

Die Abfallanlage im Beispiel habe aktuell 14 ct/kWh<br />

Durchschnittsvergütung. Würde der Betreiber jetzt die<br />

Flexprämie anmelden – und das BHKW steht ja schon –,<br />

erhöhe sich die Durchschnittsvergütung von 14 ct/kWh<br />

auf 15,65 ct/kWh. Loibl folgerte: „Wenn ich in 2024<br />

erst in die Folgeausschreibung gehe, kann ich in der<br />

Folgeausschreibung diese 1,65 ct/kWh höher bieten.<br />

Das macht über die zehn Jahre der Vergütungsperiode<br />

II allein schon 650.000 Euro aus. Auch wenn der<br />

Flexzuschlag gar nicht mehr kommt. Und ich kann jetzt<br />

in der Vergütungsperiode I mit der Flexprämie zusätzlich<br />

noch 325.000 Euro geltend machen. Das ist also<br />

deutlich besser, als auf den Flexzuschlag zu warten.“<br />

Bei Abfallvergärungsanlagen lohne es sich quasi, erst<br />

zu flexibilisieren, um die Durchschnittsvergütung hoch<br />

zu bekommen.<br />

Einschränkungen für Anlagen, die<br />

Bioabfälle vergären<br />

Neben der Begrenzung auf die durchschnittliche Vergütung<br />

der letzten drei Jahre seien Bioabfallvergärungsanlagen<br />

auch beschränkt, und zwar von Gesetzes<br />

wegen. Bei den Bioabfallanlagen handele es sich<br />

um diejenigen, die Biomasse nach drei bestimmten<br />

Schlüsselnummern einsetzen, wie zum Beispiel Grüngut,<br />

Biotonneninhalt oder Marktabfälle. Also die klassischen<br />

Bioabfallanlagen, die um 16 ct/kWh bekommen<br />

hätten. Die erhielten in der Ausschreibung oder auch<br />

als Neuanlage unabhängig vom Zuschlagswert maximal<br />

14,30 ct/kWh für die ersten 500 kW und maximal<br />

12,54 ct/kWh für die darüber hinausgehende Leistung.<br />

Positiv zu bewerten sei, dass die Degression für diese<br />

Bioabfallanlagen nur 0,5 Prozent betrage, die immer<br />

ab Mitte des Jahres greife. Im EEG <strong>2021</strong> „gilt die geringere<br />

Vergütung nur noch für den Anteil des Stroms, der<br />

aus diesen Schlüsselnummern erzeugt wird. Im EEG<br />

2017 galt dies noch für den Gesamtstrom der Anlage.<br />

Wie sollen Betreiber aber ermitteln, welcher Bioabfall<br />

oder welcher Abfall in der Anlage welche Kilowattstunde<br />

erzeugt hat? Hier ist zu empfehlen, das von einem<br />

Umweltgutachter berechnen zu lassen“, riet der Fachanwalt.<br />

Wer sonstige Stoffe einsetze, der sei nicht beschränkt<br />

auf diesen Wert, sondern auf den Zuschlagswert beziehungsweise<br />

den Durchschnittswert der letzten drei<br />

Jahre. Jetzt könne man auf die Idee kommen, dass die<br />

Bioabfallanlage 18,4 ct/kWh bietet und setzt künftig<br />

nur noch 50 Prozent Bioabfall ein. Dann bekomme<br />

sie für 50 Prozent den geringeren Wert und für den<br />

Rest den Zuschlagswert. „Diese Regelung geht aber<br />

trotzdem meistens nicht auf. Grund: Die meisten Bioabfallvergärungsanlagen<br />

haben keine 150 Tage hydraulische<br />

Verweilzeit. Und die müssen sie auch nicht<br />

haben, weil die Bioabfallanlagen davon ausgenommen<br />

sind, wenn mindestens 90 Prozent des Inputmaterials<br />

aus den drei Schlüsselnummern stammt. Wenn man<br />

aber die 90 Masseprozent unterschreitet und ist in der<br />

Über - Unterdrucksicherung ÜU-TT<br />

Volle Kontrolle auf einen Blick<br />

Mich gibt es in<br />

verschiedenen Größen<br />

Bei Über- oder Unterdruck<br />

kann ich ein elektronisches<br />

Warnsignal geben<br />

Ich kann einen breiten<br />

Druckbereich abdecken<br />

Für den Frostschutz<br />

bin ich isoliert<br />

Ich bin DLG geprüft<br />

Wenn es mir zu kalt wird,<br />

kann eine elektrische<br />

Heizung angebaut werden<br />

16<br />

biogaskontor.de


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

AKTUELLES<br />

Ausschreibung und muss die 150 Tage eigentlich einhalten,<br />

dann bekomme ich gar keine Vergütung mehr“,<br />

machte Loibl aufmerksam.<br />

Neue Anlagen erhalten mehr Vergütung<br />

Alternative zur Folgeausschreibung, in der man zehn<br />

Jahre das bekommt, was man bisher an Vergütung hatte,<br />

ist der Neubau einer Anlage. Grund: weil man in der<br />

Ausschreibung 16,4 ct/kWh für volle 20 Jahre bekommen<br />

kann. Da erhalte man regelmäßig mehr Vergütung<br />

als man bisher bekomme habe. Und den Flexzuschlag<br />

erhielten die Neuanlagen zudem. Man bekomme also<br />

als Neuanlage einen Zuschlag und dürfe alle Substrate<br />

einsetzen, die Biomasse im Sinne der Biomasseverordnung<br />

sind.<br />

Die 2005er Anlage mit 14 ct Durchschnittsvergütung,<br />

die gehe nicht in die Folgeausschreibung, sondern die<br />

errichte ein neues Satelliten-BHKW in 1 Kilometer Entfernung<br />

mit einer Wärmesenke vor Ort. Am Satellitenstandort<br />

werde ein 1.000-kW-BHKW aufgestellt, um<br />

damit 45 Prozent der installierten Leistung abzufahren.<br />

Die entsprechenden Vorgaben für Satellitenstandorte<br />

seien einzuhalten.<br />

„Man kann natürlich auch eine Neugenehmigung für<br />

eine Gesamtanlage einholen. Aber wenn man sich die<br />

heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen anschaut,<br />

dann wissen Sie, dass heute so eine Anlage im hohen<br />

zweistelligen Millionenbereich kostet. Daher wäre es<br />

viel interessanter, ein Satelliten-BHKW zu versetzen –<br />

dorthin, wo nur ein BHKW benötigt wird und auch die<br />

Genehmigung einfacher ist“, führte Loibl weiter aus.<br />

Wer seine Genehmigung habe, der müsse sich drei Wochen<br />

vor dem Ausschreibungstermin im Marktstammdatenregister<br />

eintragen. Wer beispielsweise an der<br />

Ausschreibung im September dieses Jahres teilnehmen<br />

will, der biete 16,40 ct/kWh. Nach dem Erhalt des<br />

Zuschlags dürfe der Betreiber nicht Strom mit 1.000<br />

kW produzieren, sondern nur mit 450 kW. Die Anlage<br />

bekomme rund 650.000 Euro an Stromvergütung ausgezahlt.<br />

Hinzu komme noch der Flexzuschlag. „Dann<br />

kommt die Anlage im Durchschnitt auf über 18 ct/kWh,<br />

was für eine Abfallanlage ein ordentlicher Wert ist“,<br />

schlussfolgerte Loibl. Und das nur aus dem Satelliten-<br />

BHKW für volle 20 Jahre.<br />

Wärmesenken erschließen<br />

„Wer auch nur ansatzweise eine interessante Wärmesenke<br />

in der Nähe habe, der sollte sich intensiv über<br />

diese Möglichkeit Gedanken machen. Aber: Diese<br />

Chance haben nur Anlagen, die 150 Tage hydraulische<br />

Verweilzeit einhalten. Kann eine Anlage das nicht,<br />

kann sie in der Folgeausschreibung auch kein Satelliten-BHKW<br />

aufstellen“, wiederholte Loibl. In dem<br />

konkreten Beispielfall würde der Betreiber die Anlage<br />

bis Ende <strong>2021</strong> ganz normal weiterbetreiben. Also 450<br />

kW mit Flexprämie, und die Vergütung würde 15,56 ct/<br />

kWh betragen.<br />

Parallel sollte nach dem Zuschlag das Satelliten-<br />

BHKW errichtet werden. Ab Anfang 2023 empfehle es<br />

sich, das Satelliten-BHKW in Betrieb zu nehmen – es<br />

solle aber noch nicht durchgängig in Volllast betrieben<br />

werden. Es müsse vielmehr so betrieben werden, dass<br />

der Betreiber den Flexzuschlag bekommt. „Das heißt,<br />

im Betrieb mit 18,04 ct/kWh, die Biogasanlage müsste<br />

nur mit Teillast laufen, um die Flexprämie zu bekommen“,<br />

führte Loibl aus. Insgesamt käme man in diesem<br />

Zeitraum auf knapp 17 ct/kWh.<br />

In 2024 solle die Biogasanlage an der Folgeausschreibung<br />

teilnehmen. Ab 2026 würde der Satellit mit seinen<br />

rund 18 Cent die volle Leistung bringen.<br />

17


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Abfallvergärungsanlagen<br />

bekommen laut<br />

Dr. Loibl beim Wechsel<br />

in das EEG <strong>2021</strong> nur<br />

den Durchschnitt der<br />

letzten drei Kalenderjahre<br />

vor der Ausschreibung<br />

als Vergütung<br />

ausgezahlt.<br />

Die Biogasanlage hätte eventuell einen Zuschlag und<br />

würde nur noch insoweit betrieben, als dass man sie<br />

für die Fermenterheizung und Hygienisierung benötigt.<br />

Das EEG <strong>2021</strong> sei aber leider in sich nicht konsistent.<br />

Grund: Wer eine Ausschreibungsvergütung am Satellitenstandort<br />

bekomme, der sei nicht mehr verpflichtet,<br />

die Fermenterbeheizung über Erneuerbare Energien zu<br />

gewährleisten, sondern das sei auch mit fossilen Energieträgern<br />

möglich.<br />

150 Tage Verweilzeit einhalten<br />

„Je nachdem wie sehr die Anlage am Standort weiterläuft,<br />

liege ich zwischen 17 und 18 ct/kWh für die<br />

restliche Laufzeit – also für volle 20 Jahre. Dann wäre<br />

es auch sinnvoll, mehr Abfälle in die Anlage zu geben,<br />

um mehr Gas zu produzieren. Sie müssen aber darauf<br />

achten, dass Sie die 150 Tage hydraulische Verweilzeit<br />

nicht unterschreiten. Das heißt, Neuanlagen können –<br />

insbesondere Satelliten-BHKW, die kostengünstiger<br />

zu errichten sind – meist deutlich mehr Vergütung<br />

erhalten als Bestandsanlagen“, betonte Loibl. Die<br />

Verwerter von Speiseresten müssten künftig 150 Tage<br />

Verweilzeit nachweisen – sonst drohe der Vergütungsausfall<br />

für ein ganzes Kalenderjahr. Wer die 150 Tage<br />

nur knapp schaffe, der müsse eventuell die Einsatzstoffmenge<br />

reduzieren. Das müsse aber ökonomisch<br />

bewertet werden.<br />

Eine ganz wichtige Neuerung im EEG <strong>2021</strong> ist, dass<br />

in der Ausschreibung beim Unterschreiten der ausgeschriebenen<br />

Leistung künftig nur noch 80 Prozent der<br />

abgegebenen Gebote einen Zuschlag erhalten. Neuanlagen<br />

und Bestandsanlagen werden dabei gesondert<br />

gewertet. 80 Prozent werden bezuschlagt, 20 Prozent<br />

fallen raus. „Das hat Auswirkungen auf die Gebotshöhe.<br />

Es fallen die raus, die die höchsten Gebote abgegeben<br />

haben. Wer also 18,40 ct/kWh bietet, der ist eher<br />

raus als der, der 18,30 ct/kWh bietet. Wenn aber alle<br />

dasselbe Gebot abgeben, dann fliegt der raus mit der<br />

größten gebotenen Leistung. Das heißt, je höher die<br />

Leistung, umso mehr sollte man gehalten sein, ein geringeres<br />

Gebot abzugeben“, gab Loibl zu bedenken.<br />

Nun sei es aber bei Abfallvergärungsanlagen sowieso<br />

so, dass sie regelmäßig deutlich drunter sind, denn<br />

sie würden mit den Bestandsanlagen nicht 18,40 ct/<br />

kWh bieten, weil der Wert im Dreijahresdurchschnitt<br />

nicht erreicht werde. Wenn eine Anlage im Dreijahresdurchschnitt<br />

15,50 ct/kWh habe, dann sei es sehr<br />

wahrscheinlich, dass sie einen Zuschlag bekommt.<br />

Bestandsanlagen hätten früher erst nach einem Jahr<br />

ins nächste EEG-System wechseln können. Das habe<br />

sich geändert. Jetzt gehe das schon nach drei Monaten.<br />

Spätestens nach drei Jahren muss die Anlagen ins<br />

nächste EEG gewechselt haben.<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Redakteur Biogas Journal<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

0 54 09/90 69 426<br />

martin.bensmann@biogas.org<br />

FOTO: JÖRG BÖTHLING<br />

18


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

AKTUELLES<br />

5. BAYERISCHE BIOGASFACHTAGUNG, TEIL 2<br />

Gärdünger reproduzieren<br />

mehr Humus als Stroh<br />

Die Substrataufbereitung<br />

wird in<br />

Zukunft an Bedeutung<br />

gewinnen, da immer<br />

mehr Reststoffe in<br />

Biogasanlagen vergoren<br />

werden.<br />

Am 2. und 3. März fand die Dingolfinger Biogasfachtagung digital mit rund 130<br />

Teilnehmer*innen statt. Am zweiten Veranstaltungstag ging es unter anderem um die<br />

technische Umsetzung der Strohvergärung mit Substrataufbereitung sowie um das<br />

Thema Strohabfuhr versus Humusaufbau.<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

FOTO: LANDPIXEL.EU<br />

Rainer Kissel von der Bayerischen Landesanstalt<br />

für Landwirtschaft (LfL) in Freising<br />

stellte zu Beginn seines Vortrages die Frage:<br />

„Warum spielt die Substrataufbereitung in<br />

Zukunft eine größere Rolle?“ Er gab selbst<br />

die Antwort: „Weil der Anteil landwirtschaftlicher Koppelprodukte<br />

in den landwirtschaftlichen Biogasanlagen<br />

voraussichtlich zunehmen wird. Dabei geht es vor allem<br />

um die Vergärung von jeglicher Art von Stroh, aber auch<br />

von Festmist.“<br />

Die Hauptursache für den zunehmenden Einsatz von<br />

Koppelprodukten liege darin, weil das EEG <strong>2021</strong> vor allem<br />

die Verwendung von Silomais begrenzt auf maximal<br />

40 Prozent der Frischmasse. Das habe zur Folge, dass<br />

in Biobetrieben und in Grünlandregionen künftig mehr<br />

Grasaufwüchse und Kleegras vergoren werden würden.<br />

Bei diesen Inputstoffen spiele die Aufbereitung eine<br />

große Rolle.<br />

Bei der Substrataufbereitung gibt es laut Kissel zwei<br />

entscheidende Punkte:<br />

a. Biomasse und Prozessenergie sollen eingespart<br />

werden.<br />

b. Der Rühraufwand soll gering sein, die Bildung von<br />

Schwimmdecken soll verhindert werden.<br />

Aufschluss: Mikroben sollen leichter<br />

an Kohlenhydrate kommen<br />

„Beim technischen Aufschluss geht es darum, die Cellulose-<br />

und Hemicellulosefasern aufzuspalten und vom<br />

Lignin zu trennen. So soll den Archaeen und Bakterien<br />

eine Biomasse zur Verfügung gestellt werden, die<br />

leichter zugänglich ist. Außerdem geht es darum, die<br />

Oberfläche des Substrates zu vergrößern, sodass die<br />

Mikroorganismen das Substrat intensiver besiedeln<br />

können“, führte Kissel aus.<br />

Die Substrataufbereitung solle schlussendlich die Methanausbeute<br />

steigern, den Substratabbau beschleunigen,<br />

die Viskosität des Substrates im Fermenter<br />

verbessern, Rühr- und Pumpenergie einsparen, die<br />

technischen Komponenten weniger verschleißen sowie<br />

Schwimmschicht- und Schaumbildung verhindern. Als<br />

Folgen der Substrataufbereitung nannte der Referent:<br />

ffzusätzlicher Energieaufwand,<br />

ffzusätzlicher Investitionsbedarf,<br />

ffbei bestimmten Verfahren können sich Hemm -<br />

stoffe bilden,<br />

ffbei externer Aufbereitung besteht immer das<br />

Risiko, dass es außerhalb des Fermenters zu<br />

Verlusten kommt.<br />

19


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Die Gärrestrückführung<br />

vom Silomais<br />

hat einen doppelt<br />

so hohen Effekt auf<br />

die Veränderung der<br />

Humusgehalte als der<br />

Verbleib des Strohs<br />

auf den Flächen.<br />

Die Aufbereitungsverfahren teilte Kissel ein in chemische,<br />

biologische und physikalische Verfahren. Biologische<br />

Verfahren hätten den Vorteil, dass sie keinen<br />

zusätzlichen Energieaufwand benötigen. Bei den biologischen<br />

Verfahren erfolge der Aufschluss der Cellulose<br />

und Hemicellulose durch Enzyme. Es gebe auch<br />

die Möglichkeit, Substrate mit Pilzen aufzuschließen.<br />

Pilze würden einerseits lignocellolytische Enzyme produzieren<br />

und darüber hinaus mit ihren Hyphen einen<br />

mechanischen Aufschluss bewirken.<br />

In der Forschung sei im Labor festgestellt worden, dass<br />

Pilze bis zu 50 Prozent Gasertragssteigerung realisieren<br />

lassen. Die Risiken bei Pilzen seien allerdings, dass es<br />

durch den Verbrauch von Kohlenhydraten zu Energieverlusten<br />

kommen kann und dass sie eine Phenolhemmung<br />

verursachen können. In der Praxis würden Pilze nicht<br />

in großem Maßstab eingesetzt. Eine weitere biologische<br />

Aufschlussmöglichkeit sei, die Enzymkonzentration im<br />

Fermenter durch Zugabe von außen zu erhöhen. Es sei<br />

jedoch darauf zu achten, dass der finanzielle Mehraufwand<br />

nicht die Ertragssteigerung überlagert.<br />

Physikalische Verfahren erwärmen<br />

das Substrat<br />

Im Weiteren ging er auf physikalische Aufschlussverfahren<br />

ein. In Versuchen sei Biomasse<br />

vor dem Fermenter mittels einer Fräswalze<br />

aufgefasert worden. „Bei der Behandlung von<br />

Mist konnten wir eine Temperaturerhöhung auf<br />

37 Grad Celsius feststellen, was zu Energieverlusten<br />

führen kann. In Batch-Gärversuchen<br />

sind die Gasausbeuten von behandeltem und<br />

unbehandeltem Material verglichen worden.<br />

Es konnte kein signifikanter Gasmehrertrag<br />

durch die Behandlung festgestellt werden“,<br />

berichtete Kissel. Als zweites ging er auf ein<br />

sogenanntes internes Verfahren ein. Dazu wird<br />

das Substrat erst dem Fermenter und dann<br />

über eine Pumpleitung verschiedenen Geräten<br />

zugeführt. Bis zu 80 Kubikmeter Durchsatz pro<br />

Stunde waren möglich. Getestet worden sind<br />

Mais, Szavasigras, Festmist und Grassilage.<br />

Die Substrate hätten sich stärker erwärmt als<br />

in dem Fräswalzen-Verfahren. Das Szavasigras<br />

habe sich zum Beispiel von 20 Grad Celsius<br />

auf 56 Grad Celsius erwärmt. Eine Steigerung<br />

des Gasertrages sei kaum feststellbar gewesen.<br />

Als drittes physikalisches Verfahren stellte Kissel<br />

die Hammermühle vor. Die Geräte hätten<br />

eine elektrische Anschlussleistung von 20 bis<br />

100 Kilowatt. Es handele sich um ein externes<br />

Verfahren, das aber in die Substratleitung integriert<br />

werden könnte. In der Hammermühle<br />

befänden sich kleine Schlegel, die das Material<br />

zerkleinern. Die Substratausgangstemperatur<br />

habe 4 Grad Celsius betragen. Nach der Hammermühle<br />

habe das Substrat eine Temperatur<br />

von 26 Grad Celsius aufgewiesen. Eine Gasertragssteigerung<br />

habe man nicht festgestellt. Die Durchsatzleistung<br />

sei abhängig vom Halmgut und von der<br />

Siebgröße. Das Verfahren sei relativ verschleißträchtig.<br />

Eine vierte Behandlungsmethode stellt der Einsatz des<br />

Extruders dar. Die elektrische Anschlussleistung der<br />

Maschinen liegt zwischen 26 und 110 Kilowatt. Der<br />

Zerkleinerungsgrad liegt bei einem Millimeter. Nach<br />

Kissels Darstellung erreichen die Extruder Durchsätze<br />

von 2 bis 4 Tonnen pro Stunde. Beim Einsatz von<br />

Grassilage und Szavasigras konnte eine deutliche Erwärmung<br />

auf 56 Grad Celsius gemessen werden. „Wir<br />

haben festgestellt, dass sich die Gasausbeute durch<br />

diese Technologie steigern lässt. Bei Mais und Mist ist<br />

die Steigerung tendenziell um 5 Prozent nachweisbar.<br />

Andere Forschungseinrichtungen haben nach dem<br />

Extrudieren von Maissilage eine Steigerung der Gaserträge<br />

von 7 bis 14 Prozent erreicht nach zweimaliger<br />

Behandlung. Bei Grassilage sollen es sogar 19 bis 26<br />

Prozent gewesen sein“, informierte Kissel. Der Energieaufwand<br />

sei mit 10 bis 25 Kilowattstunden pro Tonne<br />

Material relativ hoch.<br />

FOTO: MARTIN BENSMANN<br />

20


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

AKTUELLES<br />

Arnold Eindampfer für flüssige Gärreste<br />

= +<br />

Flüssige Gärreste<br />

100 % Nährstoffe<br />

Eindampfer<br />

Klares Wasser<br />

0 % Nährstoffe<br />

Konzentrat<br />

99,99 % Nährstoffe<br />

• Volumenreduktion bis 90% Endlagerausbau wird unnötig<br />

• Einleitfähiges Kondensat<br />

• Abwärme nutzen KWK Bonus<br />

• Reduktion der Transportkosten<br />

• Aufkonzentrierung der Nährstoffe<br />

• Absolut geruchsfrei durch Vakuum-Betrieb<br />

• Durch anschließende Trocknung Verkauf von hochwertigen Düngerpellets<br />

• Kein zusätzlicher Personalaufwand durch autonome Steuerung<br />

Arnold Eindampfer statt Endlagerausbau<br />

Energieverbrauch pro<br />

1000l Wasserverdampfung:<br />

• 250 kWh thermisch<br />

• 15 kWh elektrisch<br />

Bild:<br />

Anlage Niedersachsen<br />

Reservieren Sie einen Besuchstermin oder verlangen Sie ein unverbindliches Preisangebot<br />

Arnold & Partner AG<br />

Industrie Nord 12 CH-6105 Schachen +41 (0) 41 499 60 00 www.arnoldbiogastechnik.ch info@arnoldbiogastechnik.ch<br />

21


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Die physikalischen Aufschlussverfahren würden gegenüber<br />

den Kontrollvarianten zu Beginn der Vergärung eine<br />

sehr hohe Abbaukinetik bewirken. Mit zunehmender<br />

Fermentationsdauer gehe der Effekt jedoch zurück. Das<br />

sei bei allen vier Substraten so gewesen. Sehr deutlich<br />

sei der Abbau bei strohhaltigem Mist gewesen. Bei strohreichem<br />

Mist hätten die physikalischen Verfahren positive<br />

Effekte. Bei ligninarmen Substraten konnten die physikalischen<br />

Aufschlussverfahren keine Effekte zeigen.<br />

Boden organische Substanz geben<br />

Sebastian Parzefall vom Technologie- und Förderzentrum<br />

(TFZ) in Straubing stellte in seinem Vortrag<br />

Ergebnisse aus Gärdüngerversuchen in Bayern dar,<br />

in denen der Humusaufbau beziehungsweise -abbau<br />

untersucht wurde. Welche Auswirkungen die Strohabfuhr<br />

auf die Bodenfruchtbarkeit hat, war die zentrale<br />

Frage in den Versuchen. „Das Problem bei der energetischen<br />

Nutzung landwirtschaftlicher Biomasse<br />

ist, dass in der Regel ein Großteil der oberirdischen<br />

Biomasse abgefahren wird. Nach dem Biogasprozess<br />

wird zwar ein Teil der organischen Substanz aufs Feld<br />

zurückgebracht, aber zumindest zu Versuchsbeginn<br />

2009 und auch jetzt ist die Humusreproduktionsleistung<br />

von Gärresten noch nicht endgültig geklärt“,<br />

führte Parzefall aus.<br />

Zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit müsse der Boden<br />

mit ausreichend organischer Substanz versorgt werden.<br />

Die organische Substanz sei wichtig für den Erhalt des<br />

Humus, des Bodenlebens und der Bodenstruktur. Die<br />

Versuche seien von 2009 bis 2018 gelaufen, an vier<br />

Standorten in Bayern. Die Fruchtfolge war Silomais-Winterweizen,<br />

ohne Zwischenfruchtanbau. Einmal pro Jahr<br />

wurde der Boden gepflügt. Zwei der Versuchsstandorte<br />

befanden sich in Niederbayern (Aulfing und Straubing).<br />

In Aulfing ist der Boden eher sandig mit 14 Prozent Tongehalt.<br />

In Straubing ist die Versuchsfläche überwiegend<br />

Lößboden mit hohem Schluff- und mittlerem Tongehalt.<br />

Ein weiterer Versuchsstandort war Röckingen in Mittelfranken,<br />

wo der Boden den höchsten Tongehalt aufweist.<br />

In Reuth in Mittelfranken ist der Boden eher leichter mit<br />

hohem Schluffgehalt. Die Niederschläge waren laut Parzefall<br />

im Versuchszeitraum an allen Standorten ähnlich,<br />

bei ungefähr 700 Millimeter, und entsprachen ungefähr –<br />

bis auf Straubing – dem langjährigen Mittel.<br />

Sechs Versuchsvarianten<br />

Die Versuchsvarianten unterschieden sich in den Biomasseabfuhren<br />

und -rückführungen (sechs Varianten).<br />

Stroh blieb entweder auf dem Feld oder es wurde abgefahren.<br />

Auch die Rückführung der Gärreste sei variiert<br />

worden. Die Varianten:<br />

Biogas Journal 210x140<br />

Runderneuerung von Gummikolben für Kolbenpumpen!<br />

Alter beschädigter Kolben Altes Gummi ist entfernt Der erneut vulkanisierte Kolben<br />

22<br />

Technische Handelsonderneming<br />

Ersatzteile für die meisten üblichen Kolbenpumpen<br />

Registrieren und sofort kaufen in unserem Webshop!<br />

Tel.: 0031-(0)545-482157<br />

eMail.: info@benedict-tho.nl<br />

WWW.BENEDICT-THO.NL


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

AKTUELLES<br />

V1: mineralische Düngung, Strohabfuhr ohne<br />

Rückfuhr.<br />

V2: mineralische Düngung, Stroh blieb auf der Fläche.<br />

V3 + V4: hier erfolgte eine Gärrestrückführung proportional<br />

zur Maisabfuhr. Einmal mit Strohverbleib<br />

und einmal ohne plus mineralischer Düngung.<br />

V5: extreme Gärrestrückführung. Gärrest proportional<br />

zur Mais- und Weizenabfuhr gedüngt plus<br />

Aufschlag von 20 Prozent. Damit habe man eine<br />

mögliche überproportionale Gärrestdüngung auf<br />

hofnahen Flächen simulieren wollen. Minimale<br />

mineralische Düngung. Diese Variante ist aber<br />

aufgrund der Bestimmungen der aktuellen Düngeverordnung<br />

so nicht mehr praktikabel und wegen<br />

der Stickstoffverluste nicht zu empfehlen.<br />

V6: mit Rindergülle gedüngt. Rindergülle wurde<br />

hier entsprechend dem Gärrest in der V3 und V4<br />

gedüngt.<br />

Die Gärreste hatten typischerweise 5 Prozent Trockensubstanzgehalt<br />

(TS) mit 3,9 Kilogramm Gesamt-<br />

Stickstoff und einem pH-Wert von 7,7. Die Rindergülle<br />

hatte einen TS-Gehalt von 8 Prozent und etwas geringere<br />

Stickstoffgehalte. Die Gärreste der verschiedenen<br />

Biogasanlagen schwankten je nach Inputstoffen sehr<br />

stark hinsichtlich ihrer Inhaltsstoffe. In den Versuchen<br />

war keine Biogasanlage dabei, die Stroh vergoren hatte.<br />

Die organische Düngung sei im Frühjahr zu den jeweiligen<br />

Kulturen ausgebracht worden. Beim Mais vor der<br />

Saat und beim Winterweizen in der Regel zu Vegetationsbeginn.<br />

Dazu wurden spezielle Parzellengülletankwagen<br />

verwendet, um möglichst exakt den Dung<br />

applizieren zu können. Die Höhe der Stickstoffdüngung<br />

allgemein sei so bemessen worden, dass kein Einfluss<br />

aufgrund der Zufuhr von organischer Substanz eintritt.<br />

„Das heißt, man sollte möglichst identische Einträge<br />

an organischer Substanz in Form von Ernte- und Wurzelresten<br />

in allen Varianten haben, damit die Unterschiede<br />

in den Varianten nur in der Rückführung der organischen<br />

Dünger oder dem Strohverbleib bestehen“,<br />

erklärte Parzefall. Die Stroherträge seien in allen Varianten<br />

gleich gewesen – bis auf den Standort Straubing.<br />

45 Dezitonnen Stroh wurden im Durchschnitt geerntet.<br />

Die meiste organische Substanz sei in der Variante<br />

mit der Rindergülle über den gesamten Versuchszeitraum<br />

zugeführt worden. Allgemein sei durch Stroh im<br />

Vergleich zu V3 und V4 in etwa die eineinhalbfache<br />

Menge an organischer Substanz zugeführt worden im<br />

Vergleich zu Gärresten. Das sei wichtig im Hinblick<br />

auf die spätere Betrachtung der Entwicklung der Humusgehalte.<br />

DEIN<br />

KL55.8T<br />

DEINE<br />

AUFGABE<br />

Einzigartig mit Allradlenkung<br />

DEINE<br />

ZEIT<br />

Eindrucksvolle Leistungsdaten, technische Innovation und<br />

hochwertige Qualität machen den KL55.8T zu etwas Einzigartigem.<br />

Überzeugen Sie sich selbst von dem Kramer Teleskopradlader.<br />

Mehr erfahren unter: www.kramer.de/KL55.8T<br />

23


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Strohabfuhr oder -verbleib – keine<br />

Beeinflussung der Aggregatstabilität<br />

„Die Aggregatstabilität beschreibt die Widerstandsfähigkeit<br />

der Bodenaggregate gegenüber Niederschlägen.<br />

Sie ist entscheidend, damit bei Starkregenereignissen<br />

der Boden nicht verschlämmt und möglichst<br />

nicht erodiert. Die Strohabfuhr oder dessen Verbleib<br />

hat im Grunde keine Auswirkungen auf die Aggregatstabilität“,<br />

machte Parzefall deutlich. Nach zehn<br />

Jahren Versuchslaufzeit sei festzustellen, dass die<br />

organische Düngung einen leicht positiven Effekt hinsichtlich<br />

der Vermeidung von Verschlämmungen und<br />

der Erosion der Böden hat.<br />

Auch seien keine entscheidenden Auswirkungen der<br />

unterschiedlichen organischen Düngung auf die Lagerungsdichte<br />

und auf das Gesamtporenvolumen sichtbar<br />

gewesen. Die Gärrestdüngung habe keine negativen<br />

Auswirkungen auf die Aggregatstabilität gehabt.<br />

In den Rindergüllevarianten sei die Infiltrationsrate<br />

des organischen Düngers in den Boden am höchsten<br />

gewesen. „Das hat damit zu tun, dass in diesen Parzellen<br />

die höchste Regenwurmdichte gezählt werden<br />

konnte“, klärte Parzefall auf.<br />

Insgesamt seien die Humusgehalte während der Versuchslaufzeit<br />

an drei von vier Standorten zurückgegangen.<br />

Nur am Standort Aulfing hätten die Gehalte in der<br />

dritten Variante zugenommen. V1 habe den stärksten<br />

Humusrückgang gezeigt. „Man sieht zwar an den Ergebnissen,<br />

dass der Strohverbleib keine signifikanten<br />

Effekte auf die Humusgehalte hatte, aber trotzdem war<br />

es sichtbar, wenn das Stroh auf den Flächen blieb,<br />

dass der Humusabbau geringer war. Wenn wir V1 und<br />

V2 sowie V3 und V4 miteinander vergleichen, dann<br />

ergibt sich ein signifikanter Einfluss des Strohs auf die<br />

Veränderung der Humusgehalte. Gleiches gilt auch für<br />

die Gärreste, also im Vergleich der V1 mit V3 und V2<br />

mit V4“, sagte Parzefall.<br />

Die Gärrestrückführung vom Silomais habe einen doppelt<br />

so hohen Effekt auf die Veränderung der Humusgehalte<br />

als der Verbleib des Strohs auf den Flächen.<br />

Die Gärreste hätten eine dreimal so hohe Humusreproduktionsleistung<br />

als das Stroh. Das deute darauf hin,<br />

dass die organische Substanz in Gärresten eine höhere<br />

Stabilität habe und somit eine höhere Humusreproduktionsleistung.<br />

Wenn Gärdünger vollständig zurückgeführt<br />

würden, dann sei davon auszugehen, dass dies<br />

einen ähnlichen Effekt auf die Humusgehalte hat, als<br />

wenn die organische Substanz, die vergoren wird, auf<br />

dem Feld bleibt.<br />

Die letzte Untersuchung der Humusgehalte stammte<br />

aus dem Frühjahr 2018, sodass das vom Weizen anfallende<br />

Stroh in der Humusbilanz noch nicht enthalten<br />

war. Die mikrobielle Biomasse wurde indirekt über die<br />

substratinduzierte Respiration ermittelt. Dabei zeigten<br />

sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Varianten.<br />

Nach Parzefalls Informationen war aber deutlich<br />

feststellbar, dass mit zunehmender organischer<br />

Düngung die mikrobielle Aktivität im Boden zunimmt<br />

und die höchste Aktivität in den Varianten mit Rindergülle<br />

ermittelt werden konnte. Grund: Mit der Rindergülle<br />

sei auch die größte Menge an leicht umsetzbarer<br />

organischer Substanz zugeführt worden.<br />

Strohverbleib – tiefgrabende Regenwürmer<br />

profitieren<br />

Ein gleiches Bild habe sich auch bei der Besiedlungsdichte<br />

der Regenwürmer gezeigt, die im gesamten<br />

Versuch unterdurchschnittlich war im Vergleich zum<br />

bayernweiten Durchschnitt. Dieser liegt ungefähr bei<br />

145 Regenwürmern pro Quadratmeter. Dieser Wert sei<br />

nur in der Rindergüllevariante erreicht worden. Der<br />

Einfluss des Strohs auf die Regenwurmdichte sei zwar<br />

nicht signifikant gewesen, aber dennoch nachweisbar.<br />

Parzefall meinte, dass die Regenwurmdichte auch wegen<br />

des jährlichen Pflügens nicht so hoch gewesen ist.<br />

Vor allem die tiefgrabenden Regenwürmer profitierten<br />

davon, wenn das Stroh auf der Bodenoberfläche liegen<br />

bleibt. Wohingegen die Mineralbodenarten vom Pflügen<br />

profitiert hätten.<br />

„Wichtig ist, dass zur Ernährung des Bodenlebens<br />

leicht abbaubare Kohlenstoff-Verbindungen zur Verfügung<br />

stehen, wie es zum Beispiel bei den Rindergüllevarianten<br />

der Fall ist. Von den Gärdüngern ist keine<br />

schädliche Wirkung auf das Bodenleben ausgegangen.<br />

Die Gärdüngeranwendung im Rahmen der guten fachlichen<br />

Praxis lässt keine Verschlechterung der Bodenstruktur<br />

sowie negative Auswirkungen auf die Bodenlebewesen<br />

erwarten“, resümierte Parzefall.<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Redakteur Biogas Journal<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

0 54 09/90 69 426<br />

martin.bensmann@biogas.org<br />

24


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

AKTUELLES Anzeige<br />

ANZEIGE<br />

Kompetenzzentrum für Biogasanalytik<br />

und -forschung wächst weiter<br />

Die ISF GmbH ist das Zentrallabor der Union Agricole Holding AG und befasst sich<br />

seit 2007 intensiv mit Biogasanalytik und -forschung. Sie gilt als Biogas-Keimzelle der<br />

Unternehmensgruppe. Jetzt werden unter ihrem Dach alle Bereiche der Biogasanalytik<br />

am Standort Wahlstedt zusammengefasst. Was das für die ISF GmbH und die Biogasanlagen-Betreiber<br />

bedeutet, erklärt uns Geschäftsführer Dietmar Ramhold.<br />

Die ISF GmbH leistet wissenschaftliche<br />

Basisarbeit, angewandte Forschung und<br />

Analytik für die Unternehmensgruppe.<br />

Was bedeutet die Erweiterung der Labordienstleistung?<br />

Die ISF GmbH stellt das zentrale Labor- und<br />

Untersuchungszentrum der Unternehmensgruppe<br />

dar. Seit 2007 arbeiten wir intensiv im<br />

Bereich der Biogasforschung und -analytik<br />

und verfügen mittlerweile über die größten<br />

Forschungskapazitäten im Biogasbereich der<br />

freien Wirtschaft.<br />

Laboranalysen zu den unterschiedlichen<br />

Abschnitten im Biogasprozess haben bisher<br />

die ISF GmbH (Wahlstedt) und die Bonalytic<br />

GmbH (Troisdorf) in höchster, nachvollziehbarer<br />

Qualität erstellt. Hierzu gehören: Untersuchungen<br />

des Energiepotenzials von Substraten,<br />

Analysen von Fermenterinhalten zur<br />

Überwachung der Prozessbiologie, Untersuchungen<br />

der Gärreste auf deren Düngewert<br />

sowie Leckage-Messungen an Biogasanlagen.<br />

Um auch in Zukunft Maßstäbe im Bereich<br />

der Biogasforschung und -analytik setzen zu<br />

können, sind ab 01.07.<strong>2021</strong> alle Labordienstleistungen<br />

für Biogasanlagen in der Unternehmensabteilung<br />

ISF analytics in dem Zentrallabor<br />

am Standort Wahlstedt gebündelt.<br />

Warum wird die Analytik zukünftig nur<br />

noch an einem Standort betrieben?<br />

Mit der Verschmelzung aller Laborleistungen<br />

entsteht ein Kompetenzzentrum für Biogasanalytik<br />

und -forschung, in dem alle Synergien<br />

voll ausgeschöpft werden können. Auf<br />

dieser Basis kann die Unternehmensgruppe<br />

auch zukünftig als richtungsweisender Impulsgeber<br />

für die Biogasbranche agieren.<br />

Argumente, die bei der Entscheidung für<br />

den Standort Wahlstedt sprachen, waren<br />

die vorhandenen Räumlichkeiten des dort<br />

2013 neu gebauten Labor- und Technikum-<br />

Komplexes. Sie erfüllen alle Anforderungen<br />

an Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz und<br />

bieten Raum für eine starke Mannschaft aus<br />

Chemikern, Biologen, Umwelttechnikern und<br />

vor allem sachkundigen Laborkräften.<br />

Welche Herausforderungen bringt die Verschmelzung<br />

der ISF GmbH und der Bonalytic<br />

GmbH mit sich?<br />

Der etablierte Bereich der Biogasanalytik in<br />

der ISF GmbH erfährt eine organisatorische<br />

Neugestaltung.<br />

Zukünftig werden wir neben den 25.000 Futtermittelproben<br />

und 5.000 Biogas-Fermenterproben<br />

weitere 10.000 Biogasproben in<br />

Wahlstedt bearbeiten. Die Aufstockung der<br />

Analysetechnik schafft erforderliche Kapazitäten.<br />

Zudem erhöhen wir durch den Aufbau<br />

redundanter Systeme unsere Zuverlässigkeit,<br />

Ergebnisse zeitnah zu liefern. Durch<br />

verbesserte Methoden verkürzt sich z. B.<br />

bei der Spurenelementanalyse die Bearbeitungszeit<br />

um bis zu 25 %.<br />

Die ISF GmbH hat einen Mitarbeiter-Zuwachs<br />

von knapp 30 % erfahren – glücklicherweise<br />

mit einem Teil der vorhandenen Expertise<br />

der Kollegen der Bonalytic GmbH.<br />

Nach welchen Qualitätsstandards arbeitet<br />

die ISF GmbH?<br />

Für Anlagenbetreiber ist die Aussagekraft der<br />

Analysenergebnisse ein ausschlaggebendes<br />

Qualitätskriterium. Sie hängt ab von der<br />

höchstmöglichen Genauigkeit mit der das<br />

Labor in seiner täglichen Routine arbeitet.<br />

Vielfältige Versuchsreihen, langjährige Erfahrungen<br />

und modernste Laboreinrichtungen<br />

ermöglichen uns ein außerordentliches<br />

Niveau an Exaktheit der Analytik.<br />

Die konstant hohe Qualität unserer Analysen<br />

ist uns sehr wichtig, an ihr lassen wir uns<br />

messen: Zur unabhängigen Labor-Qualitätskontrolle<br />

nutzen wir seit Jahren erfolgreich<br />

die Teilnahme an den Labor-Ringversuchen<br />

der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.<br />

Dietmar Ramhold, Geschäftsführer der ISF GmbH<br />

Welche Veränderungen ergeben sich für<br />

den Kunden durch die Neuorganisation?<br />

Die kontinuierliche Überwachung der biologischen<br />

Prozesse ist für den Betrieb einer Biogasanalage<br />

von entscheidender Bedeutung.<br />

Für unsere Kunden ändert sich am Ablauf von<br />

Probenahme und Versand kaum etwas. Neu<br />

sind lediglich der Standort und die gebündelte<br />

Kompetenz.<br />

Nach wie vor können Betreiber von Biogasanlagen<br />

flexible Analysen-Pakete über<br />

die Vertriebsunternehmen buchen und bedarfsorientiert<br />

einsetzen. Die Mitarbeiter<br />

der Schaumann BioEnergy GmbH und der<br />

Schaumann BioEnergy Consult GmbH stehen<br />

allen Kunden und Interessierten beratend<br />

zur Seite.<br />

Unser Leistungsspektrum<br />

Analytik<br />

- Substratanalytik<br />

- Überwachung der Prozessbiologie<br />

(Fermenteranalytik)<br />

- Bestimmung des Biogaspotenzials<br />

(Gärtests)<br />

- Detektion von Biogas-Leckagen<br />

Forschung<br />

Produktentwicklung<br />

www.is-forschung.de<br />

25


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

BIOGAS Convention & Trade Fair <strong>2021</strong><br />

<strong>2021</strong> ist noch nicht „wie immer“, aber die 31. Jahrestagung des Fachverbandes Biogas e. V. will das<br />

Beste aus den Umständen machen: Vom 22. bis 26. November wird das Hauptprogramm auf der<br />

BIOGAS Convention Digital präsentiert und zwei Wochen später, vom 7. bis 9. Dezember, folgt die<br />

BIOGAS Trade Fair als Livemesse!<br />

Der Fachverband hat es sich<br />

nicht leicht gemacht mit der<br />

Entscheidung zur Durchführung<br />

der BIOGAS Convention<br />

& Trade Fair <strong>2021</strong>. Dank zahlreicher<br />

Rückmeldungen aus der Mitgliedschaft,<br />

vom Firmenbeirat und von unseren<br />

Ausstellern ist die Entscheidung für eine<br />

Live-Fachmesse und eine Digital-Tagung<br />

gefallen:<br />

BIOGAS Convention Digital:<br />

22. bis 26. November <strong>2021</strong><br />

BIOGAS Trade Fair Live:<br />

7. bis 9. Dezember <strong>2021</strong> in Nürnberg<br />

22. – 26. November <strong>2021</strong><br />

Digital<br />

Auf der BIOGAS Convention Digital <strong>2021</strong><br />

wird es viel zu diskutieren geben: Die aktuellen<br />

politischen Entwicklungen rund<br />

um Energie- und Klimapolitik nach der<br />

Bundestagswahl, neue Gesetze und Regelungen,<br />

die Position der Biogasbranche<br />

und deren Selbstverständnis. Kraftstoffe<br />

und Grüne Gase, von Wasserstoff bis Gashandel,<br />

sind die Themen der Zukunft. Es<br />

wird gezeigt, dass Gesetze und technische<br />

Regelwerke meisterbar<br />

sind, wenn sie nicht als<br />

„Feind“ betrachtet, sondern<br />

als unverzichtbarer<br />

Teil für sichere und nachhaltige<br />

Anlagen begriffen<br />

werden.<br />

Sichere Anlagen wiederum<br />

verbessern auch das<br />

Image der Branche. Aktuelle<br />

Rechtsfragen und<br />

Urteile stehen ebenso<br />

auf dem Programm wie<br />

die dynamischen Entwicklungen<br />

im Düngerecht und bei der<br />

Abfallvergärung. Auch die Dauerbrenner<br />

Emissionen, das Störfallrecht und die<br />

Auswirkungen der RED II und Nachhaltigkeitsverordnungen<br />

werden ausführlich<br />

diskutiert.<br />

Die Herausforderungen für die Biogasbranche<br />

werden also nicht weniger! Biogasanlagenbetreiber<br />

und Biogasfirmen müssen<br />

sich darauf einstellen und aktiv nach Lösungen<br />

suchen. Wer sich jetzt engagiert<br />

und neue Wege geht, wer bereit ist für Veränderungen,<br />

wer auf geänderte Rahmenbedingungen<br />

reagieren oder sogar über diese<br />

hinausgehen kann, der hat gute Chancen,<br />

auch in Zukunft erfolgreich zu arbeiten.<br />

Die digitale Plattform wird daher <strong>2021</strong><br />

allen Besucher:innen viel Gelegenheit zur<br />

Interaktion bieten, angefangen von der Diskussion<br />

mit den Experten über den virtuellen<br />

Biogas-Treff mit anderen Teilnehmern<br />

bis hin zu Umfragen oder Feedbackrunden.<br />

Für unsere internationalen Teilnehmer, die<br />

nicht anreisen können, bietet die digitale<br />

Plattform die Chance, sich mit Experten<br />

und anderen Teilnehmern auszutauschen<br />

und Einblicke in die deutsche Biogasbranche<br />

oder internationale Projekte zu erhalten.<br />

Gemeinsam mit den ausstellenden Firmen<br />

ist ein englischsprachiges Programm<br />

in Planung, das von internationalen Gästen<br />

kostenfrei wahrgenommen werden kann.<br />

Auf der BIOGAS Trade Fair Live vom 7. bis<br />

9. Dezember <strong>2021</strong> in Nürnberg können<br />

dann die Gespräche der Tagung fortgesetzt<br />

werden. Und nicht nur das: Es besteht auf<br />

der Messe die Möglichkeit, neue Techniken,<br />

Geräte, Software wieder live zu sehen<br />

und zu fühlen. So können Investitionen für<br />

neue Perspektivfelder vorbereitet oder sogar<br />

schon getätigt werden. Für Besucher bietet<br />

sich damit im Dezember die Chance, auf einer<br />

der ersten wieder in Präsenz stattfindenden<br />

Messen Geschäftspartner persönlich zu<br />

treffen und sich über wichtige Themen zu<br />

informieren und auszutauschen.<br />

Das Team vom Fachverband freut sich darauf,<br />

Mitglieder und Branchenvertreter nach<br />

zwei Jahren persönlich auf der Messe, im<br />

BIOGAS Treff und im BIOGAS Fachforum<br />

zu begrüßen. Das BIOGAS Fachforum kann<br />

von jedem Messebesucher kostenfrei besucht<br />

werden.<br />

Bleiben Sie auf dem Laufenden: In wenigen<br />

Wochen werden wir auf www.biogasconvention.com<br />

das Programm der BIO-<br />

GAS Convention <strong>2021</strong> veröffentlichen.<br />

BIOGAS Convention & Trade Fair <strong>2021</strong> in Kürze:<br />

ffBIOGAS Convention Digital vom 22. bis 26.11.<strong>2021</strong><br />

ffBIOGAS Trade Fair Live in Nürnberg vom 7. bis 9.12.<strong>2021</strong><br />

ffObligatorische Online-Vorabregistrierung für Teilnehmer und Messebesucher, auch für Mitglieder.<br />

ffKostenfreies Grundangebot der digitalen Plattform (Firmenübersicht und -kontakte, BIOGAS Fachforum digital,<br />

Chat-Optionen, Diskussionsräume etc.). Das Hauptvortragsprogramm bleibt kostenpflichtig.<br />

ffAlle Live-Messebesucher erhalten automatisch einen kostenfreien Zugang zum Grundangebot der digitalen Plattform.<br />

Weitere Informationen: www.biogas-convention.com<br />

07. – 09. Dezember <strong>2021</strong><br />

Messe Nürnberg<br />

26


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

AKTUELLES<br />

ERFAHRUNG<br />

IST DIE BASIS<br />

JEDER INNOVATION<br />

Bei allem, was wir tun, verlieren wir nie aus den Augen, worum es für Sie geht:<br />

effiziente Technik und eine einfache Handhabe.<br />

Als Erfinder der elastomerbeschichteten Drehkolbenpumpe und Innovationstreiber für<br />

Einbring- und Aufbereitungstechnik sehen wir uns bei Vogelsang dem guten Ruf der deutschen<br />

Maschinenbauindustrie und ihrem Beitrag zur Energiewende verpflichtet. Seit der Gründung<br />

des Unternehmens 1929 liefern wir technische Lösungen, deren Funktionalität, Qualität<br />

und Zuverlässigkeit von unseren Kunden weltweit hoch geschätzt werden und unseren Wettbewerbern<br />

als Vorbild dienen.<br />

Unser umfassendes Know-how und die langjährige Erfahrung im Bereich Biogas nutzen<br />

wir, um unseren Kunden als kompetenter Partner zur Seite zu stehen. Mit schlagkräftiger<br />

Pump-, Zerkleinerungs-, Desintegrations- und Feststoffdosiertechnik ebenso wie mit unseren<br />

individuellen Beratungsleistungen.<br />

VOGELSANG – LEADING IN TECHNOLOGY<br />

vogelsang.info<br />

27


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

ANZEIGE<br />

MECHANISCHE AUFBEREITUNG VON FASERIGEN<br />

ABFALL- UND RESTSTOFFEN FÜR BIOGASANLAGEN<br />

MIT DER KAHL KOLLERMÜHLE<br />

Kollermühle von AMANDUS KAHL Stroh bietet ein hohes Biogaspotenzial<br />

Energiemais ist nach wie vor das am häufigsten<br />

verwendete Gärsubstrat für Biogasanlagen. Allerdings<br />

wurde in den vergangenen Jahren verstärkt<br />

nach Alternativen gesucht, Mais für die Biogaserzeugung<br />

anteilig zu ersetzen. Landwirtschaftliche<br />

Abfall- und Reststoffe wie Festmist, Stroh und<br />

andere Ernterückstände, aber auch Landschaftspflegematerial<br />

und Grünschnitt von öffentlichen<br />

Flächen sowie forstwirtschaftliche Reststoffe<br />

bieten hier ein enormes Biogaspotential.<br />

Im Zusammenhang mit der Nutzung der beschriebenen<br />

Abfall- und Reststoffe rückt verstärkt<br />

die Substrataufbereitung für die Biogasanlagen<br />

in den Fokus. Durch eine gezielte Substrataufbereitung<br />

soll zum einen die Methanausbeute<br />

gesteigert und der Abbau der Biomasse beschleunigt,<br />

zum anderen die Förderfähigkeit<br />

des Substrates gesteigert und die Schaum- und<br />

Schwimmschichtneigung reduziert werden. Hierfür<br />

können unterschiedliche chemische, biologische<br />

und physikalische Verfahren zum Einsatz<br />

kommen.<br />

AMANDUS KAHL ist ein international bekanntes<br />

Maschinenbauunternehmen aus Reinbek bei<br />

Hamburg mit mehr als 140 Jahren Erfahrung<br />

im Maschinen und Anlagenbau. Eine der Kernmaschinen<br />

des Unternehmens ist die Flachmatrizenpresse,<br />

welche weltweit für die Pelletierung<br />

unterschiedlicher Produkte aus verschiedenen<br />

Industrien genutzt wird. Basierend auf den Prinzipien<br />

dieser Flachmatrizenpresse hat AMANDUS<br />

KAHL die Kollermühle für die Zerfaserung nasser<br />

Holzhackschnitzel zur Herstellung von Brennstoffpellets<br />

entwickelt. Die Vermahlungseigenschaften<br />

der Kollermühle für die Holzhackschnitzel können<br />

optimal für die Substrataufbereitung rohfaserhaltiger<br />

Reststoffe zum Einsatz in Biogasanlagen<br />

genutzt werden. Des Weiteren ist die Kollermühle<br />

gegenüber Schneid- und Hammermühlen im<br />

Betrieb wesentlich energiesparender und kostengünstiger.<br />

Für die Substrataufbereitung wird das Eingangsmaterial<br />

aus einem Dosierbunker (bspw. Futtermischwagen)<br />

gleichmäßig in die KAHL Kollermühle<br />

dosiert.<br />

Das Produkt fällt mittels Schwerkraft auf die<br />

Flachmatrize und wird durch die Überrollung der<br />

Kollerrollen zerfasert. Durch die Zerfaserung wer-<br />

28


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

AKTUELLES<br />

AMANDUS<br />

KAHL<br />

ANZEIGE<br />

den die Zellen im Stroh geöffnet, sodass die Luft<br />

besser entweichen kann. Dies minimiert das Risiko<br />

zur Bildung von Schaum- und Schwimmschichten<br />

im Fermenter.<br />

Eine erste Pilotanlage zur Zerfaserung von Stroh,<br />

Gras und Festmist mit einer Kollermühle von<br />

AMANDUS KAHL läuft in Dänemark. Hier kommt<br />

vorwiegend nasses, als Einstreu für Tiere ungeeignetes<br />

Stroh zum Einsatz. Die Feuchtigkeit<br />

des Eingangsprodukts kann zwischen 15% und<br />

70% variieren, allerdings ist die Verarbeitung im<br />

Feuchtigkeitsbereich von 40–50% am effektivsten.<br />

Um den Feuchtigkeitsgehalt sehr nassen<br />

Strohs zu reduzieren, werden in der Anlage in<br />

Dänemark Haferschalen beigemischt, sodass das<br />

Eingangsmaterial der Kollermühle durchgehend<br />

eine Feuchtigkeit von 40–50% aufweist. Bei der<br />

hier eingesetzten Kollermühle handelt es sich um<br />

den Maschinentyp 45–1250. Die Zahl 1250 steht<br />

für den Matrizendurchmesser von 1.250mm. Die<br />

Matrize hat eine Lochung von 16mm, kann je nach<br />

gewünschtem Mahlgrad dahingehend jedoch angepasst<br />

werden. Die Kapazität dieser Kollermühle<br />

beträgt 15 t/h. Nach Überrollung des Stroh-Hafer-<br />

Gemischs wird die zerfaserte Biomasse in einem<br />

Rührwerksbehälter mit Gülle vermischt und in den<br />

Fermenter der Biogasanlage gepumpt.<br />

Das auf der Kollermühle zerfaserte Stroh wurde<br />

von der Aarhus Universität in Bezug auf die Gasausbeute<br />

mit lediglich geschnittenem Stroh verglichen.<br />

Die Gasproduktion von gekollertem Stroh<br />

ist um mehr als 30% größer als bei normal geschnittenem<br />

Stroh. Mit dem zerfaserten Produkt<br />

ist es möglich, die gleiche Gasausbeute, welche<br />

man mit geschnittenem Stroh nach 30 Tagen erhält,<br />

bereits nach 17 Tagen zu erreichen, was eine<br />

deutliche Effizientssteigerung der Anlage bedeutet<br />

(siehe Abb. 1).<br />

Auch bei der Zerfaserung von Gräsern ist ein<br />

deutlicher Mehrwert zu erkennen. Nach kurzer<br />

Verweilzeit beträgt die Gasausbeute des zerfaserten<br />

Grases >100% – die Gasausbeute von<br />

unbehandelten Gräsern nach 30 Tagen, kann mit<br />

den zerfaserten bereits nach 20 Tagen realisiert<br />

werden (siehe Abb. 2).<br />

Die zerfaserte Biomasse ist besser dosierfähig<br />

und kann in Verbindung mit Gülle gut in die<br />

Fermenter gepumpt werden, ohne Schaum- und<br />

Schwimmstoffe zu bilden. Dies ermöglicht den<br />

Einsatz unterschiedlicher Rest- und Abfallstoffe<br />

in den Biogasanlagen und führt dazu, dass<br />

bestehende Biogasanlagen ihre Gasproduktion<br />

steigern können, ohne das Fermentervolumen<br />

dabei zu vergrößern. Zusätzlich können Betreiber<br />

bestehender Anlagen durch den Einsatz der beschriebenen<br />

Biomassen im Vergleich zu Silomais<br />

oder Nebenprodukten der Lebensmittelproduktion<br />

Geld sparen, ohne die totale Gasausbeute zu<br />

verringern. Zu guter Letzt können diese Gärreste<br />

problemlos pelletiert werden und den Feldern als<br />

hochwertiger Dünger zu Gute kommen. Für die<br />

Zerfaserung mittels Kollermühle und eine anschließende<br />

Pelletierung der Gärreste ist AMANDUS KAHL<br />

Ihr zuverlässiger Partner.<br />

Gas (L CH4/kg VS)<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 0 10 20 30 40 50 60 70<br />

Dage<br />

Dage<br />

Gas (L CH4/kg VS)<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

Hvedehalm snittet<br />

Hvedehalm snittet og grinded<br />

Frøgræs<br />

Grinded frøgræs<br />

Abb. 1: Møller, Aarhus Universität, November 2017 Abb. 2: Møller, Aarhus Universität, November 2017<br />

QR-Code scannen und mehr erfahren<br />

AMANDUS KAHL GmbH & Co. KG · Germany<br />

info@akahl.de · shop.akahl.de · akahl.com<br />

29


POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Reparatur des EEG <strong>2021</strong> abgeschlossen:<br />

Flexzuschlag gesichert!<br />

Kurz vor der politischen Sommerpause hat die Biogasbranche noch einen wichtigen Erfolg erzielt: Bestandsanlagen,<br />

die die Flexprämie in der ersten Vergütungsperiode erhalten haben, können in der Anschlussförderung<br />

für bereits geförderte Leistung den Flexzuschlag bekommen.<br />

Von Jörg Schäfer<br />

Die vergangenen Monate glichen<br />

einer Achterbahnfahrt. Nach<br />

Jahren der Stagnation, in denen<br />

die Entscheidungen aus<br />

Berlin den Anschein erweckten,<br />

Biogas spiele keine Rolle in den energiepolitischen<br />

Plänen der Bundesregierung,<br />

kamen mit der Debatte um das EEG <strong>2021</strong><br />

erstmals wieder hoffnungsvolle Signale<br />

aus der Bundeshauptstadt: Die Ausschreibungsvolumina<br />

für Strom aus Bioenergie<br />

wurden von 150 auf 600 Megawatt pro Jahr<br />

angehoben, ebenso die Gebotshöchstwerte<br />

für Neu- und Bestandsanlagen; der Flexdeckel<br />

wurde gestrichen und der Flexzuschlag<br />

erhöht, sogar die Sondervergütungsklasse<br />

für Güllekleinanlagen wurde ausgeweitet.<br />

Doch dann kam nach anfänglicher Euphorie<br />

kurz vor Weihnachten, quasi durch die<br />

Hintertür, die Streichung des Flexzuschlags<br />

für Bestandsanlagen. Angeblicher Grund:<br />

beihilferechtliche Bedenken aus dem Bundeswirtschaftsministerium.<br />

Ein wirtschaftlicher<br />

Weiterbetrieb tausender Anlagen war<br />

so wieder infrage gestellt. Fachverbands-<br />

Präsident Horst Seide verglich die einst<br />

zukunftsweisende EEG-Novelle zu Recht<br />

mit einer angezogenen Handbremse in voller<br />

Fahrt.<br />

Nachdem das EEG <strong>2021</strong> dann im neuen<br />

Jahr in Kraft trat, begannen in Berlin die<br />

ersten Versuche, die gröbsten Schwachstellen<br />

auszubessern. Allen voran die unsägliche<br />

Neuregelung des Flexzuschlags. Unter<br />

Zuhilfenahme juristischer Fachexpertise<br />

konnte durch die Anwaltskanzlei von Bredow<br />

Valentin Herz klargestellt werden, dass<br />

die neuen Anforderungen an die Flexibilisierung<br />

von Biogas sowie die laufenden<br />

Kosten die Notwendigkeit des Investitionszuschusses<br />

auch im zweiten Vergütungszeitraum<br />

dringend erforderlich machen.<br />

Dies ließe sich auch jederzeit gegenüber<br />

der EU rechtfertigen, so die Anwälte.<br />

Erst zögern, dann positive Signale<br />

aus Abgeordnetenbüros<br />

Und man merkte, so langsam schien sich<br />

etwas zu bewegen im politischen Berlin.<br />

Nach vorerst ausweichenden Antworten<br />

aus Ministerien und Abgeordnetenbüros<br />

kam zunehmend häufiger das Signal, dass<br />

man das EEG womöglich doch noch im<br />

Omnibus-Verfahren, also im Kielwasser<br />

eines noch zu verhandelnden Gesetzes,<br />

erneut aufschnüren könnte. Das war das<br />

Aufbruchs-Signal für die Branche! Zahlreiche<br />

Positionspapiere wurden geschrieben,<br />

zahllose Gespräche geführt. Alles kam auf<br />

den Tisch: die endogene Mengensteuerung,<br />

die Südquote, die Anschlussregelung<br />

für kleine Gülleanlagen und natürlich auch<br />

das Herzensanliegen der Biogasbranche:<br />

der Flexzuschlag.<br />

Auch die Clearingstelle EEG/KWKG brachte<br />

sich ein und unterbreitete ihre Änderungsempfehlungen.<br />

Teil des Expertengremiums<br />

waren neben wissenschaftlichen Institutionen<br />

und Juristen auch Branchenvertreter<br />

wie der Fachverband Biogas. Nach Aufrufen<br />

aus der Mitgliedschaft, die eigenen<br />

Wahlkreis-Abgeordneten anzusprechen,<br />

brannte in Berlin förmlich die Luft. Zahlreiche<br />

Abgeordnete verständigten sich darauf,<br />

den Flexzuschlag noch einmal anzugehen.<br />

Und das letztlich mit Erfolg!<br />

Am 25. Juni beschloss der Bundestag endlich<br />

ein Reparatur-EEG und damit einhergehend<br />

eine echte Anschluss-Perspektive<br />

für tausende Biogasanlagenbetreiber. Die<br />

Streichung des Flexzuschlags für Biogasanlagen<br />

im zweiten EEG-Vergütungszeitraum<br />

wurde zurückgenommen. Somit konnte die<br />

für die Branche so wichtige Regelung aus<br />

dem EEG 2017 wieder hergestellt werden.<br />

Laut des Beschlusses können Biogasanlagenbetreiber<br />

zukünftig wieder einen<br />

Flexzuschlag in Höhe von 50 Euro je installiertem<br />

Kilowatt geltend machen, sofern<br />

sie bereits im ersten Vergütungszeitraum<br />

für flexibilisierte Leistung die Flexprämie<br />

erhalten haben. Zusätzliche installierte<br />

Flex-Leistung kann 65 Euro je Kilowatt in<br />

Anspruch nehmen.<br />

Gleichwohl steht die Regelung unter dem<br />

Zustimmungsvorbehalt seitens der EU.<br />

Doch wir bleiben zuversichtlich, dass auch<br />

die Europäische Kommission die Notwendigkeit<br />

des Flexibilitätszuschlages anerkennen<br />

wird. Und was die anderen verbleibenden<br />

Baustellen anbelangt – die nächste<br />

EEG-Novelle nach der Bundestagswahl ist<br />

quasi vorprogrammiert.<br />

Autor<br />

Jörg Schäfer<br />

Referent im Referat Politik<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

EUREF Campus 16 · 10829 Berlin<br />

030/2 75 81 79-0<br />

berlin@biogas.org<br />

www.biogas.org<br />

FOTO: ADOBE STOCK/THEEVENING<br />

30


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

HOLEN SIE MEHR<br />

RAUS AUS IHRER<br />

BIOGASANLAGE<br />

WANGEN<br />

Das modulare System zum<br />

zuverlässigen Schutz von Anlagen.<br />

MAX.<br />

DURCHFLUSSMENGE<br />

m 3 /h<br />

MAX.<br />

DIFFERENZDRUCK<br />

bar 6<br />

POLITIK<br />

1.250 *<br />

MAX.<br />

DREHZAHL<br />

DER SCHNEIDEMESSER<br />

min -1 3.000<br />

* Angaben gelten bei Wasser als Medium<br />

Geringe Verschleißkosten<br />

und niedriger Energieeinsatz<br />

optimieren die Effizienz<br />

Ihrer Anlage.<br />

Das modulare System besteht aus dem X-TRACT<br />

(Fremdkörperabscheider) und dem X-CUT (Zerkleinerer),<br />

läuft wie geschmiert, scheidet extrem gut ab und bietet<br />

mehr Schutz vor schädigenden Störstoffen wie z.B.<br />

Steine. Die hochbelastbare Heavy-Duty-Dichtung,<br />

der Hochleistungs-Zerkleinerer und der großvolumige<br />

Absetzbehälter garantieren den optimalen Einsatz und die<br />

maximale Servicefreundlichkeit.<br />

Substrat vorher:<br />

Grobes, mit Störstoffen<br />

durchsetztes Medium<br />

Substrat nachher:<br />

Fein gehäckseltes,<br />

breiartiges Medium<br />

ohne Störstoffe.<br />

Qualität entsteht im Detail. Und in WANGEN.<br />

WWW.WANGEN.COM 31


POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Neue Chancen für Biogas und<br />

Biomethan im Kraftstoffsektor<br />

Aus dem frisch novellierten Bundes-Immissionsschutzgesetz („BImSchG“) ergeben sich<br />

neue zukunftsweisende Möglichkeiten für den Einsatz von Biogas und Biomethan. Die<br />

Treibhausgasminderungsquote („THG-Quote“), mit dem die Emissionsminderung im Verkehr<br />

geregelt wird, steigt bis 2030 stark an. Dies kommt insbesondere abfallstämmigem<br />

Biomethan zugute. Aber auch für Wasserstoff aus Biomasse gibt es neue Impulse.<br />

Von Sandra Rostek und Dr. Guido Ehrhardt<br />

Seit Jahren blicken wir mit Spannung der<br />

Umsetzung der EU-Richtlinie für Erneuerbare<br />

Energien im Verkehr entgegen, denn<br />

die EU hatte schon lange erkannt, dass<br />

auch Biomethan und Co. neben der Elektromobilität<br />

wichtige Optionen für den Klimaschutz im<br />

Verkehr sind. Als Ende September letzten Jahres dann<br />

der lang ersehnte Referentenentwurf aus dem Bundesumweltministerium<br />

(BMU) kam, waren wir geschockt:<br />

Statt einer Weiterentwicklung der THG-Quote schlug<br />

das BMU absolute Stagnation vor.<br />

Bis etwa 2025, so der ursprüngliche Vorschlag, sollte<br />

die THG-Quote mehr oder weniger auf dem Niveau von<br />

heute verharren, eine weitere Anpassung für die Jahre<br />

danach wurde erst gar nicht vorgenommen. Die unbestreitbar<br />

vorhandenen Potenziale der Elektromobilität,<br />

fortschrittlicher Biokraftstoffe sowie der bereits voll im<br />

Markt integrierten Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse<br />

wurden komplett negiert. Neue „Erfüllungsoptionen“<br />

zur Verbesserung der THG-Bilanz des Kraftstoffmixes,<br />

wie etwa Wasserstoff, wurden ignoriert, erst recht, wenn<br />

dieser aus biogenen Quellen stammt. Klimaschutz im<br />

Verkehr? – Fehlanzeige, zumindest wenn es nach dem<br />

BMU ging.<br />

Umso erleichterter sind wir nun, ein knappes Dreivierteljahr<br />

später, über das letztlich dann doch sehr zuversichtlich<br />

stimmende Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens.<br />

Brachte schon die Ressortabstimmung<br />

eindeutige Lichtblicke und Verbesserungen mit sich,<br />

so war es insbesondere das parlamentarische Verfahren,<br />

in dem eine offene und breite Diskussion stattfand,<br />

in der wir auch als Hauptstadtbüro Bioenergie Akzente<br />

setzen konnten, unter anderem durch die Benennung<br />

als Sachverständige für die Öffentliche Anhörung. Die<br />

Berichterstatter der Union und SPD zeigten sich ebenso<br />

einig und beherzt in der Sache und auch erfreulich<br />

kampfeslustig gegenüber dem bis zuletzt leider sehr<br />

rückwärtsgewandten BMU.<br />

Nun zu den Inhalten: Die THG-Quote im Verkehrssektor<br />

soll von 6 Prozent im Jahr <strong>2021</strong> auf insgesamt 25<br />

Prozent in 2030 ansteigen. Das ist ein beachtliches<br />

Ambitionsniveau, das allen Erfüllungsoptionen genügend<br />

Raum lässt: Bewährte Optionen wie Biokraftstoffe<br />

aus Anbaubiomasse sind gedeckelt und werden deshalb<br />

voraussichtlich nur stabil bleiben, während neue<br />

Optionen wie fortschrittliche Biokraftstoffe und grüner<br />

Wasserstoff neue Impulse erfahren und die Chance erhalten,<br />

in den kommenden Jahren aufzuwachsen.<br />

Wer Biomethan einsetzt, erreicht schneller<br />

vorgeschriebene THG-Minderung<br />

Die heutige „Nische“ Biomethan, die in der derzeitigen<br />

Quote noch eine untergeordnete Rolle spielt,<br />

dürfte dabei künftig stark an Bedeutung gewinnen.<br />

Dies zum einen durch die sogenannte „Unterquote“<br />

für fortschrittliche Biokraftstoffe, die besagt, dass ein<br />

bestimmter Prozentsatz der Quote mindestens und<br />

ausschließlich durch die in diesem Segment von der<br />

EU vorgegebenen Optionen zu decken sind, unter anderem<br />

Biomethan aus Gülle. Dies aber zum anderen<br />

auch durch die besonders hohen THG-Einsparungen<br />

gerade beim Einsatz von Gülle in Biogasanlagen, die<br />

Biomethan zu einer besonders attraktiven Erfüllungsoption<br />

für die quotenverpflichteten Mineralölkonzerne<br />

machen. Wer Biomethan einsetzt, erreicht schneller<br />

die vorgeschriebene THG-Minderung als mit einigen<br />

anderen Möglichkeiten, die teilweise eine geringere<br />

THG-Einsparung aufweisen.<br />

Auch wir können heute nur den Blick in die Glaskugel<br />

wagen und Prognosen aufstellen, wie groß dieser Markt<br />

letztlich für Biomethan ausfallen wird. Diese Szenarien<br />

hängen von vielen Faktoren ab, insbesondere von<br />

der insgesamt Markt bestimmenden Entwicklung der<br />

Elektromobilität und dem Energieverbrauch im Verkehr.<br />

Wir schätzen jedoch, dass der Bedarf an fortschrittlichen<br />

Biokraftstoffen, der aus der Neuregelung<br />

erwachsen könnte, etwa 30 Terawattstunden (TWh)<br />

umfassen dürfte.<br />

Wenn auch nur die Hälfte davon aus Biomethan zum<br />

Beispiel in Form von Bio-CNG oder Bio-LNG gedeckt<br />

32


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

POLITIK<br />

FOTO: JÖRG BÖTHLING<br />

wird, dann entspricht dies mehr als einer Verdoppelung<br />

des gesamten heutigen Biomethanmarkts in Deutschland<br />

mit gut 200 größeren Produktionsanlagen. Hier<br />

entstehen folglich ein realer neuer Markt und eine echte<br />

Alternative zur Strom- und Wärmeerzeugung für viele<br />

neue und bestehende Biogasanlagen. Hier entsteht<br />

eine neue Zukunftsperspektive!<br />

2025 erreicht Gesamtquote 10,5 %<br />

Zudem ist es uns auch gelungen, deutlich zu machen,<br />

dass der Klimaschutz im Verkehr nicht auf die lange<br />

Bank geschoben werden darf und dass dies auch überhaupt<br />

nicht erforderlich ist. Auch kurz- bis mittelfristig<br />

stehen, entgegen der Auffassung des BMU, genügend<br />

Optionen zur Verfügung, die einen Anstieg der Quote<br />

auch zwischen 2022 und 2025 nicht nur rechtfertigen,<br />

sondern im Sinne einer ambitionierten Klimapolitik<br />

auch erfordern. Schon 2022 soll die Quote nun um<br />

1 Prozentpunkt ansteigen auf 7 Prozent (%), 2023 auf<br />

8 %, 2024 auf 9,25 % und schließlich soll sie 2025 bei<br />

10,5 % liegen. Dies bedeutet: Wer mit dem Gedanken<br />

spielt, in den Kraftstoffmarkt einzusteigen, hat jetzt<br />

eine klare Perspektive!<br />

Auch wichtig: Die Förderung weniger nachhaltiger Optionen,<br />

die umweltschädliche Nebeneffekte mit sich<br />

bringen, allen voran Palmöl, wird zurückgefahren.<br />

Palmöl soll in wenigen Jahren gar nicht mehr anrechenbar<br />

sein; die Förderung von Abwässern aus der<br />

Palmölindustrie, die aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt<br />

ebenfalls als fortschrittlicher Kraftstoff gelten,<br />

wird eingeschränkt.<br />

Ein weiteres zentrales Thema der Verhandlungen war<br />

der biogene Wasserstoff, wie er beispielsweise aus der<br />

Dampfreformation von Biogas gewonnen wird. Gemäß<br />

BMU-Entwurf sollte Wasserstoff nur auf die Quote<br />

anrechenbar sein, wenn er aus Elektrolyse gewonnen<br />

wird, nicht aber, wenn er aus Biomasse gewonnen<br />

wird. Die – aus unserer Sicht absurde – Begründung<br />

war, der biogene Wasserstoff würde in Konkurrenz zum<br />

Hochlauf der Elektrolyse stehen, denn – hört, hört – der<br />

biogene Wasserstoff sei kurzfristig verfügbar und sogar<br />

kostengünstiger. Das BMU selbst hatte also die besten<br />

Gründe geliefert, warum biogener Wasserstoff absolut<br />

Sinn macht.<br />

Wasserstoff aus Abfallbiomasse ab<br />

Juli 2023 auf Quote anrechenbar<br />

Nach zähen Diskussionen ist es uns gelungen, dass zumindest<br />

der pauschale Ausschluss des biogenen Wasserstoffs<br />

zurückgenommen wurde. Nach Festlegung<br />

bestimmter Kriterien soll Wasserstoff aus abfallstämmiger<br />

Biomasse ab 1. Juli 2023 dann auf die Quote<br />

anrechenbar sein, wenn dieser Wasserstoff als Kraftstoff<br />

im Straßenverkehr eingesetzt wird. Auch wenn<br />

dies heute noch wie Zukunftsmusik klingt – wir sind<br />

überzeugt, dass sich auch hier ein neues Marktfenster<br />

für die Bioenergie öffnet.<br />

Von Konkurrenz kann keine Rede sein: Elektrolyse und<br />

Biogas-Dampfreformation ergänzen und verstärken sich<br />

gegenseitig und sorgen dafür, dass der Einstieg in die<br />

Wasserstoffwirtschaft kurzfristig gelingt. Ein typisches<br />

Anwendungsbeispiel wäre die Brennstoffzellen-Busflotte<br />

einer kleineren Stadt, die nicht über größere Windund<br />

PV-Kapazitäten verfügt, dafür aber über Biomasse,<br />

und die so versorgt werden könnte. Denn bereits eine<br />

400-kW-Biogasanlage kann den Wasserstoffbedarf von<br />

12 bis 16 Bussen mit Brennstoffzellenantrieb versorgen.<br />

Darüber hinaus enthält das Gesetz<br />

den Auftrag an das BMU, zu prüfen,<br />

inwieweit auch der Einsatz von<br />

biogenem Wasserstoff als<br />

Grundstoff in Raffinerien<br />

eine sinnvolle Ergänzung<br />

des Straußes an Erfüllungsoptionen<br />

sein<br />

könnte.<br />

Die zentrale Botschaft<br />

des BIm-<br />

SchG lautet: ALLE<br />

Erfüllungsoptionen<br />

werden benötigt,<br />

um die Mammutaufgabe<br />

Klimaschutz<br />

im Verkehrssektor zu<br />

bewältigen. Biomethan<br />

und Biogas werden zunehmend<br />

wichtiger werden,<br />

was sich erstmals in konkreten<br />

Aufwuchspfaden wiederfindet.<br />

Mit dem biogenen Wasserstoff haben<br />

wir ein innovatives neues Anwendungsfeld<br />

für unsere Technologie, das gerade in Zeiten, in denen<br />

alle Welt ausschließlich über Wasserstoff zu sprechen<br />

scheint, auch uns Teil dieses Gesprächs werden lässt.<br />

Die nächste Novelle des BImSchG fällt übrigens in die<br />

nächste Legislaturperiode. Man darf gespannt sein, wie<br />

das Instrument der THG-Quote weiterentwickelt wird –<br />

denn eines darf man nicht vergessen: 25 Prozent THG-<br />

Minderung im Verkehr sind sicher gut; aber sie reichen<br />

natürlich nicht für die beschlossene Klimaneutralität<br />

bis 2045!<br />

Autoren<br />

Sandra Rostek<br />

Leiterin des Berliner Büros<br />

im Fachverband Biogas e.V.<br />

Dr. Guido Ehrhardt<br />

Leiter des Referats Politik<br />

im Fachverband Biogas e.V.<br />

030/2 75 81 79-0<br />

berlin@biogas.org<br />

www.biogas.org<br />

33


POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

INTERVIEW ZUR BUNDESTAGSWAHL<br />

CDU/CSU<br />

„Die CSU war es, die Pläne verhindert hat,<br />

die Biomasse insgesamt abzuwracken“<br />

Im Gespräch mit Dr. Andreas Lenz, Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und<br />

Energie der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie Berichterstatter des Ausschusses<br />

für seine Bundestagsfraktion.<br />

Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Dr. Andreas Lenz<br />

Biogas Journal: Herr Dr. Lenz, zum Redaktionsschluss<br />

dieser Ausgabe des Biogas Journals lag noch kein Wahlprogramm<br />

der Unionsfraktion vor. Wir hätten dennoch<br />

gern folgende Fragen beantwortet: In der vergangenen<br />

Legislaturperiode hat vor allem die<br />

CDU die Energiewende in allen Sektoren<br />

ausgebremst. Während einerseits ambitionierte<br />

Klimaziele gesteckt wurden,<br />

mangelt es andererseits an rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen, die die<br />

Ziele erreichbar werden lassen. Wie<br />

wollen Sie bei den Themen Klimaschutz<br />

und Energiewende sowohl<br />

Vertrauen als auch Wähler*innen<br />

zurückgewinnen?<br />

Dr. Andreas Lenz: Fakt ist doch, dass<br />

wir die letzten vier Jahre Rekordzahlen<br />

beim Zubau der Erneuerbaren gesehen<br />

haben. Wir stehen jetzt bei 50 Prozent Anteil<br />

Erneuerbare am Bruttostromverbrauch.<br />

Das ist auch jetzt schon eine systemische Herausforderung.<br />

Stichwort Netzausbau. Klar ist aber<br />

auch: Wir brauchen angesichts der Klimaziele noch<br />

wesentlich höhere Ausbauziele. Wir als CSU haben<br />

uns als einzige Kraft für Biogas in diesem Kontext<br />

eingesetzt und sehen die entsprechenden Stärken<br />

dieses Energieträgers. Um es mal ganz offen zu sagen:<br />

Die CSU war es, die Pläne verhindert hat, die Biomasse<br />

insgesamt „abzuwracken“.<br />

Biogas Journal: Welche Rolle spielt die Bioenergieerzeugung<br />

für CDU/CSU im künftigen Erneuerbare-Energien-Mix?<br />

Dr. Lenz: Wir wollen den Bestand am Markt halten. Wir<br />

sehen zudem Potenzial für die Bioenergie, gerade was<br />

den Mobilitätssektor, aber auch den Wärmebereich anbelangt.<br />

Zudem gibt es aus unserer Sicht auch für größere<br />

Anlagen Potenzial, gerade was die Umrüstung auf<br />

Biomasse betrifft, etwa auch bei alten Kohlestandorten.<br />

Biogas Journal: Das neue EEG <strong>2021</strong> sichert weder<br />

den Anlagenbestand noch löst es Investitionen in<br />

Neuanlagen aus. Die Märzausschreibung hat gezeigt,<br />

dass die ausgeschriebene Leistung bei weitem nicht<br />

ausgeschöpft worden ist. Werden CDU/CSU bei einer<br />

Regierungsbeteiligung das aktuelle EEG frühzeitig<br />

überarbeiten und die Mängel beseitigen? Sprich endogene<br />

Mengensteuerung abschaffen sowie die Nord-<br />

Süd-Ausschreibung – weil verzerrender Wettbewerb –<br />

rückgängig machen?<br />

Dr. Lenz: Es gab im EEG <strong>2021</strong> schon auch Verbesserungen<br />

für die Bioenergie. Die erhöhten Ausschreibungsmengen<br />

sind ein Beitrag dazu, dass die im Klimaschutzplan<br />

2030 angelegten Ziele erreicht werden<br />

können. Natürlich muss man gewährleisten, dass die<br />

Ausschreibungen auch dazu führen, dass die entsprechenden<br />

Mengen am Markt bleiben – darum geht es.<br />

Und klar ist auch, dass es, wie bisher schon, immer<br />

wieder Nachjustierungen beim EEG braucht. Der um<br />

0,5 Cent pro Kilowattstunde erhöhte Zuschlagswert für<br />

kleine Anlagen mit einer installierten Leistung bis 500<br />

Kilowatt in der Ausschreibung (Neu- und Bestandsanlagen)<br />

soll die wettbewerblichen Nachteile und höheren<br />

Kosten kleinerer Anlagen gegenüber größeren Anlagen<br />

ausgleichen.<br />

Den Flexzuschlag und die Flexprämie haben wir unter<br />

hohem Einsatz ja bereits gesetzlich wieder verankert.<br />

Die Nord-Süd-Ausschreibung wurde vom Ministerium<br />

mit dem Ziel einer besseren Abstimmung zwischen<br />

Erneuerbaren-Ausbau und Netzausbau eingeführt.<br />

Biogas Journal: Laut aktuellem, überarbeitetem Klimaschutzpaket<br />

der Bundesregierung wurden auf Druck<br />

des Bundesverfassungsgerichts ehrgeizigere Klimaschutzziele<br />

in einzelnen Sektoren beschlossen. Für die<br />

Landwirtschaft bedeutet dies: zusätzlich 4 Millionen<br />

Tonnen CO 2<br />

-Äquivalent an Treibhausgasen bis 2030<br />

einzusparen – nun also insgesamt 16 statt 12 Millionen<br />

Tonnen. Wie soll die Landwirtschaft das ohne vernünftige<br />

Perspektiven für die Biogasproduktion schaffen?<br />

Dr. Lenz: Die Herausforderungen durch die Klimaschutzziele<br />

sind für die Landwirtschaft auch mit Einbeziehung<br />

von Biogas schon sehr hoch. Aus meiner<br />

Sicht müssen CO 2<br />

-Senken auch der Landwirtschaft<br />

FOTO: CDU/ANDRÉ WAHBA<br />

34


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

POLITIK<br />

entsprechend gutgeschrieben werden. Zudem<br />

brauchen wir aus meiner Sicht stärkere<br />

Anreize, was die Güllevergärung betrifft.<br />

Biogas Journal: Wenn Biogasanlagen nicht<br />

weiterbetrieben werden, dann droht in vielen<br />

Dörfern die Wärmeversorgung durch<br />

Abschalten der Biogas-Blockheizkraftwerke<br />

zu enden. Die Wärmewende scheint<br />

zu scheitern und der Rückschritt in die<br />

klimabelastende Erdgaswärmeversorgung<br />

scheint somit unaufhaltsam. Preiswerte<br />

Wärmeversorgung wird so zur Geschichte –<br />

insbesondere, da die fossilen Energieträger<br />

durch das BEHG in den nächsten<br />

Jahren aufgrund der CO 2<br />

-Abgabe teurer<br />

werden. Was wollen CDU/CSU gegen diese<br />

sich abzeichnende Entwicklung unternehmen?<br />

Dr. Lenz: Klar – die Wärmenetze betrieben<br />

durch Biogas sollen erhalten bleiben!<br />

Dafür muss gesorgt werden. Das ist durch<br />

eine Ausschreibung, so unliebsam diese<br />

auch mir persönlich ist, auch möglich. Es<br />

muss aber auch von den Verbrauchern und<br />

Beziehern der Wärme ein fairer Preis dafür<br />

bezahlt werden. Wärme kann nicht nur als<br />

„Abfallprodukt“ der Stromerzeugung gesehen<br />

werden.<br />

Biogas Journal: Thema Mobilität: Gerade<br />

die Union macht sich für Elektromobilität<br />

stark. Und auch Wasserstoff erfreut sich<br />

in Ihrer Partei großer Beliebtheit. Aber ist<br />

die technologische Einengung im Bereich<br />

des Individualverkehrs nicht falsch? Selbst<br />

wenn in 2030 rund 10 Millionen Elektro-<br />

Pkw und ein paar Wasserstoffautos auf den<br />

Straßen unterwegs sind, dann fahren da<br />

immer noch etwa 35 Millionen Verbrenner<br />

herum. Müssten nicht CO 2<br />

-arme Kraftstoffe<br />

wie Biomethan – produziert auf Basis von<br />

landwirtschaftlichen Reststoffen und ökologisch<br />

wertvoller Anbaubiomasse (Blüh-/<br />

Wildpflanzen und Co.) – gleichermaßen<br />

gefördert und Gasfahrzeuge in den Markt<br />

gebracht werden? Oder wie sollen in 2030<br />

rund zwei Drittel des deutschen Fahrzeugbestands<br />

klimaneutral gestellt werden? Haben<br />

die Christdemokraten gar nicht im Blick,<br />

dass Rohstoffe (seltene Erden) für die Elektromobilität<br />

nicht nachhaltig, sondern unter<br />

prekären Umwelt- und Arbeitsbedingungen<br />

aus der Erde geholt werden und auch die<br />

Verlagerung der Wasserstoffproduktion nach<br />

Afrika nicht per se nachhaltig ist?<br />

Dr. Lenz: Biomethan soll eine wichtige Rolle<br />

in der Mobilität der Zukunft spielen. Gerade<br />

weil Biomethan gegenüber beispielsweise<br />

Power-to-X Technologien durchaus<br />

auch preislich wettbewerbsfähig ist. Die<br />

EU-Vorgaben machen das nicht gerade einfach,<br />

trotzdem sollten hier weitere Anstrengungen<br />

unternommen werden. Es sollte<br />

insgesamt ein technologieoffener Ansatz<br />

verfolgt werden. Als ideologische Treiber<br />

der Elektromobilität fallen mir auch eher<br />

andere auf.<br />

Biogas Journal: Herr Dr. Lenz, vielen Dank<br />

für das Gespräch!<br />

Interviewer<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Redakteur Biogas Journal<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

0 54 09/90 69 426<br />

martin.bensmann@biogas.org<br />

PlurryMaxx, der Nasszerkleinerer<br />

Ihre Vorteile<br />

Wenig störungsanfällig<br />

• keine Gegenschneide<br />

• der Gärprozess läuft besser ab<br />

• der PlurryMaxx kann keine Unterbrechung der<br />

Anlagenfunktion verursachen<br />

• sehr variable Einsatzmöglichkeit<br />

• äußerst robust gegen Störstoffe<br />

40%<br />

Zuschuss vom<br />

Staat!<br />

PlurryMaxx:<br />

Vergleichsweise<br />

das allerbeste<br />

Gerät!<br />

Mehrertrag durch Kavitation<br />

• Oberflächenvergrößerung des organischen Material<br />

• weniger Eigenstromverbrauch der gesamte Biogasanlage<br />

Erhöhte Substrateffizienz<br />

• ein größerer Einsatz von Reststoffen aus der<br />

Landwirtschaft wird möglich<br />

• ermöglicht den verstärkten Einsatz von Mist, Stroh<br />

und Ganzpflanzensilage (GPS) als Faulsubstrate<br />

Erhöhter Ertrag, niedrigere Kosten.<br />

Doetinchem (NL) | +31 (0)314 368 238 | energy@wopereis.nl | www.wopereis.nl<br />

35


POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

INTERVIEW ZUR BUNDESTAGSWAHL<br />

SPD<br />

„Ich stehe der Mengensteuerung<br />

kritisch gegenüber“<br />

Im Gespräch mit Johann Saathoff, energiepolitischer Koordinator der SPD-Bundestagsfraktion,<br />

über die Bedeutung der Biogasnutzung, Energiewende und Klimaschutz in der<br />

Landwirtschaft.<br />

Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Johann Saathoff<br />

Biogas Journal: Herr Saathoff, im „Zukunftsprogramm“<br />

(Programm zur diesjährigen Bundestagswahl) Ihrer<br />

Partei ist unter Punkt 2.1 Zukunftsmission Deutschland<br />

dargestellt, wie sich die SPD ein klimaneutrales<br />

Deutschland vorstellt beziehungsweise<br />

wie sie das erreichen will. Leider ist dort<br />

nicht aufgeführt, wie sich die SPD zur<br />

Bioenergie-/Biogasproduktion positioniert.<br />

Spielt die Bioenergieerzeugung<br />

für die SPD im künftigen Erneuerbare-Energien-Mix<br />

keine Rolle mehr?<br />

Wenn doch, welche?<br />

Johann Saathoff: Die Bioenergie<br />

spielt für die SPD im erneuerbaren<br />

Energiemix selbstverständlich eine<br />

Rolle. Wir haben in den vergangenen<br />

Jahren immer deutlich gemacht, dass<br />

eine flexible Stromerzeugung aus Biogas<br />

ein wichtiger Faktor auf dem Weg hin<br />

zu einer Welt aus 100 Prozent Erneuerbaren<br />

ist, denn sie kann ihre Stromerzeugung in die Zeiten<br />

schieben, in denen zu wenig Wind weht oder die<br />

Sonne nicht scheint. Das war für uns Richtschnur bei<br />

allen EEG-Novellen der letzten Jahre.<br />

Biogas Journal: Das neue EEG <strong>2021</strong> sichert weder<br />

den Anlagenbestand noch löst es Investitionen in<br />

Neuanlagen aus. Die Märzausschreibung hat gezeigt,<br />

dass die ausgeschriebene Leistung bei weitem nicht<br />

ausgeschöpft worden ist. Wird die SPD bei einer Regierungsbeteiligung<br />

das aktuelle EEG frühzeitig überarbeiten<br />

und die Mängel beseitigen? Sprich endogene<br />

Mengensteuerung abschaffen sowie die Nord-Süd-<br />

Ausschreibung – weil verzerrender Wettbewerb – rückgängig<br />

machen?<br />

Saathoff: Wir haben den Flexzuschlag ja in diesem Jahr<br />

nochmal verändert, nachdem beim EEG <strong>2021</strong> das Ergebnis<br />

an dieser Stelle nicht zufriedenstellend war. Das<br />

Thema Mengensteuerung hat uns nicht nur beim Biogas<br />

ereilt. Auch beim Wind und bei PV gibt es so etwas<br />

schon. Ich stehe dem insgesamt sehr kritisch gegenüber,<br />

denn mit dem Green Deal und dem erhöhten Klimaschutzziel<br />

der EU brauchen wir natürlich viel mehr<br />

erneuerbaren Strom. Meine Kollegen und ich stehen<br />

dazu im Austausch mit Kommissionspräsident Frans<br />

Timmermans. Wir werden das Instrument Mengensteuerung<br />

wie auch die anderen Instrumente im Bereich<br />

Biogas genau beleuchten und bei Bedarf anpassen.<br />

Biogas Journal: Laut aktuellem, überarbeitetem Klimaschutzpaket<br />

der Bundesregierung – SPD ist beteiligt –<br />

wurden auf Druck des Bundesverfassungsgerichts<br />

ambitionierte Klimaschutzziele in einzelnen Sektoren<br />

beschlossen. Für die Landwirtschaft bedeutet dies: zusätzlich<br />

4 Millionen Tonnen CO 2<br />

-Äquivalent an Treibhausgasen<br />

bis 2030 einzusparen –nun also insgesamt<br />

16 statt 12 Millionen Tonnen. Wie soll die Landwirtschaft<br />

das ohne vernünftige Perspektiven für die Biogasproduktion<br />

schaffen?<br />

Saathoff: Es gibt in der Landwirtschaft eine Reihe von<br />

Maßnahmen und Instrumenten, die zur Einsparung<br />

von Treibhausgasen beitragen können. Die Biogasproduktion<br />

ist eines davon, vor allem wenn möglichst viel<br />

Gülle zum Einsatz kommt. Gerade beim Thema Güllevergärung<br />

setzen wir uns für eine Ausweitung ein. Es<br />

ist allerdings auch eine Finanzierungsfrage. Wenn die<br />

Allgemeinheit die zusätzlichen Einsparungen in der<br />

Landwirtschaft neben anderen Leistungen wie den Direktzahlungen<br />

finanziert, kann ich diese Einsparungen<br />

nur bedingt der Landwirtschaft zurechnen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium<br />

sollte Geld aus seinem<br />

Anteil am EKF in die Hand nehmen, die EEG-Umlage<br />

will ich aber nicht weiter strapazieren. Zumal die ohnehin<br />

gedeckelt ist und Mehrkosten direkt aus Steuern<br />

gegenfinanziert werden müssen.<br />

Biogas Journal: Wenn Biogasanlagen nicht weiterbetrieben<br />

werden, dann droht in vielen Dörfern die Wärmeversorgung<br />

durch Abschalten der Biogas-Blockheizkraftwerke<br />

zu enden. Die Wärmewende scheint zu<br />

scheitern und der Rückschritt in die klimabelastende<br />

Erdgaswärmeversorgung scheint somit unaufhaltsam.<br />

Preiswerte Wärmeversorgung wird so zur Geschichte –<br />

insbesondere, da die fossilen Energieträger durch das<br />

FOTO: SPD<br />

36


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

POLITIK<br />

BEHG in den nächsten Jahren aufgrund<br />

der CO 2<br />

-Abgabe teurer werden. Was will die<br />

SPD gegen diese sich abzeichnende Entwicklung<br />

unternehmen?<br />

Saathoff: Eine aus dem EEG subventionierte<br />

Wärmeversorgung ist ja eigentlich<br />

nur für die Nutzer preiswert. Es gab eine<br />

Förderung aus dem EEG über 20 Jahre und<br />

für einige Anlagen über weitere 10 Jahre.<br />

Schon mit der zehnjährigen Anschlussvergütung<br />

haben wir mit einem Grundsatz<br />

des EEG gebrochen, nämlich dass man nur<br />

für 20 Jahre Förderung bekommt. Da die<br />

fossilen Energieträger in den kommenden<br />

Jahren schrittweise teurer werden, wird<br />

die Wirtschaftlichkeitslücke aber immer<br />

kleiner werden. Wir haben uns beim EEG<br />

<strong>2021</strong> sehr für die Wiedereinführung eines<br />

Biomethan-Segments eingesetzt. Die Einspeisung<br />

des Biomethans ins Gasnetz ist<br />

in meinen Augen eigentlich viel besser als<br />

der Zwischenschritt über die Verstromung.<br />

Biogas Journal: Thema Mobilität: Auch die<br />

SPD macht sich für die Elektromobilität<br />

stark. Und Wasserstoff erfreut sich ebenfalls<br />

in Ihrer Partei großer Beliebtheit. Aber<br />

ist die technologische Einengung im Bereich<br />

des Individualverkehrs nicht falsch?<br />

Selbst wenn in 2030 rund 10 Millionen<br />

Elektro-Pkw und ein paar Wasserstoffautos<br />

auf den Straßen unterwegs sind, dann fahren<br />

da immer noch etwa 35 Millionen Verbrenner<br />

herum. Müssten nicht CO 2<br />

-arme<br />

Kraftstoffe wie Biomethan – produziert auf<br />

Basis von landwirtschaftlichen Reststoffen<br />

und ökologisch wertvoller Anbaubiomasse<br />

(Blüh-/Wildpflanzen und Co.) – gleichermaßen<br />

gefördert und Gasfahrzeuge in den<br />

Markt gebracht werden? Oder wie sollen<br />

in 2030 rund zwei Drittel des deutschen<br />

Fahrzeugbestands klimaneutral gestellt<br />

werden? Haben die Sozialdemokraten gar<br />

nicht im Blick, dass Rohstoffe (seltene Erden)<br />

für die Elektromobilität nicht nachhaltig,<br />

sondern unter prekären Umwelt- und<br />

Arbeitsbedingungen aus der Erde geholt<br />

werden und auch die Verlagerung der Wasserstoffproduktion<br />

nach Afrika nicht per se<br />

nachhaltig ist?<br />

Saathoff: Im Verkehrsbereich haben wir<br />

in den vergangenen Jahren unsere Klimaschutzziele<br />

stets verfehlt. Das wollen wir<br />

ändern. Deshalb haben wir einen langsam<br />

ansteigenden CO 2<br />

-Preis eingeführt. Allerdings<br />

haben die unterschiedlichen Parteien<br />

auch unterschiedliche Vorstellungen<br />

davon, wie sich der CO 2<br />

-Preis vor allem<br />

nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />

entwickeln soll. Mit der SPD werden<br />

Benzin und Heizöl zunächst nicht weiter<br />

als bislang schon beschlossen verteuert.<br />

CNG-betriebene Fahrzeuge sind heute eine<br />

günstige Alternative vor allem im Vergleich<br />

zu Elektroautos. Bio-CNG wird dabei auch<br />

in Zukunft seinen Platz haben, auch wenn<br />

aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit das<br />

Volumen sicher nicht stark wachsen wird.<br />

Biogas Journal: Herr Saathoff, vielen Dank<br />

für das Gespräch!<br />

Interviewer<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Redakteur Biogas Journal<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

0 54 09/90 69 426<br />

martin.bensmann@biogas.org<br />

Wir machen Ihre Biogasanlage fit für die Zukunft.<br />

Die Schmack Service-Kompetenz:<br />

Lassen Sie sich beraten –<br />

kompetent und unverbindlich!<br />

Betriebsführung<br />

Modernisierung<br />

Technischer<br />

Service<br />

Biogasanlage<br />

Biologischer<br />

Service<br />

Profitieren Sie jetzt von mehr als 20 Jahren<br />

Biogas-Know-how.<br />

Schmack ist der kompetente Service-Partner rund<br />

um Ihre Biogasanlage. Von der Beratung über<br />

Optimierung bis hin zur Betriebsführung sind wir<br />

gerne für Sie da. www.schmack-biogas.de<br />

Schmack Biogas Service GmbH · 24-Stunden-Service-Hotline: Tel. +49 (0) 9431 751-277<br />

info@schmack-biogas.com<br />

37


POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

INTERVIEW ZUR BUNDESTAGSWAHL<br />

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

„Wir wollen die Energieerzeugung aus<br />

Biomasseanlagen erhalten“<br />

Im Gespräch mit Dr. Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion<br />

Bündnis 90/Die Grünen, über die Relevanz von Biogasanlagen, Klimaschutz in der Landwirtschaft<br />

sowie die Wärme- und Mobilitätswende.<br />

Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Dr. Julia Verlinden<br />

Biogas Journal: Frau Dr. Verlinden, im Programmentwurf<br />

zur diesjährigen Bundestagswahl „Deutschland.<br />

Alles ist drin.“ Ihrer Partei wird in Kapitel 1 dargestellt,<br />

wie sich die Grünen ein klimaneutrales Deutschland<br />

vorstellen beziehungsweise wie sie das<br />

erreichen wollen. Leider finden sich in dem<br />

Programmentwurf keine Positionen zur<br />

Bioenergie-/Biogasproduktion. Spielt<br />

die Bioenergieerzeugung für die Grünen<br />

im künftigen Erneuerbare-Energien-Mix<br />

keine Rolle mehr? Wenn<br />

doch, welche?<br />

Dr. Julia Verlinden: Bioenergie ist<br />

wertvoll und wird auch im künftigen<br />

Energiemix eine Rolle spielen. Wir<br />

wollen dafür sorgen, dass Bioenergieanlagen<br />

weiterhin zur Verfügung<br />

stehen und vor allem dann und dort zum<br />

Einsatz kommen, wo keine ausreichende<br />

Versorgung mit erneuerbarem Strom aus<br />

Wind- und Solarkraftwerken möglich ist. Bei der<br />

Erzeugung von Bioenergie soll die Verwertung von<br />

Rest- und Abfallstoffen oberste Priorität haben.<br />

Biogas Journal: Das neue EEG <strong>2021</strong> sichert weder<br />

den Anlagenbestand im Biogassektor noch<br />

löst es Investitionen in Neuanlagen aus. Die Märzausschreibung<br />

dieses Jahr hat gezeigt, dass die ausgeschriebene<br />

Leistung bei weitem nicht ausgeschöpft<br />

worden ist. Werden die Grünen bei einer Regierungsbeteiligung<br />

das aktuelle EEG frühzeitig überarbeiten und<br />

die Mängel beseitigen? Sprich endogene Mengensteuerung<br />

abschaffen sowie die Nord-Süd-Ausschreibung<br />

– weil verzerrender Wettbewerb – rückgängig machen?<br />

Dr. Verlinden: Biogasanlagen leisten einen wichtigen<br />

Beitrag zur Systemstabilität. In diesem Sinne wollen<br />

wir die Energieerzeugung aus Biomasseanlagen erhalten<br />

und zum Beispiel die Flexibilisierung der Anlagen<br />

weiter unterstützen. Welche Rahmenbedingungen darüber<br />

hinaus konkret angepasst werden müssen, zum<br />

Beispiel angepasste Gebotshöchstwerte von Neu- und<br />

Altanlagen, muss im Rahmen der unbedingt notwendigen<br />

Überarbeitung des EEG evaluiert und konkretisiert<br />

werden. Im Moment verhindern die Vorgaben der<br />

schwarz-roten Bundesregierung einen schnellen und<br />

flächendeckenden Ausbau der Erneuerbaren Energien.<br />

Biogas Journal: Laut aktuellem, überarbeitetem Klimaschutzpaket<br />

der Bundesregierung wurden auf Druck<br />

des Bundesverfassungsgerichts ambitionierte Klimaschutzziele<br />

in einzelnen Sektoren beschlossen. Für die<br />

Landwirtschaft bedeutet dies: zusätzlich 4 Millionen<br />

Tonnen CO 2<br />

-Äquivalent an Treibhausgasen bis 2030<br />

einzusparen –nun also insgesamt 16 statt 12 Millionen<br />

Tonnen. Wie soll die Landwirtschaft das ohne vernünftige<br />

Perspektiven für die Biogasproduktion schaffen?<br />

Dr. Verlinden: Für die Landwirtschaft gilt wie für alle<br />

Bereiche: Es ist ein Maßnahmenmix, der uns erfolgreich<br />

auf den Weg von Klimaschutz und Nachhaltigkeit<br />

bringt. Neben der Bioenergieerzeugung sind hier aus<br />

grüner Sicht vor allem folgende Stichworte zu nennen:<br />

Tierzahlen in der Landwirtschaft reduzieren, auf heimische<br />

Futtermittel setzen, landwirtschaftliche Böden<br />

als Kohlenstoffsenke konsequent nutzen und schützen,<br />

Grünlandumbruch stoppen, Ökolandbau stärker<br />

fördern.<br />

Biogas Journal: Wenn Biogasanlagen nicht weiterbetrieben<br />

werden, dann droht in vielen Dörfern die Wärmeversorgung<br />

durch Abschalten der Biogas-Blockheizkraftwerke<br />

zu enden. Die Wärmewende scheint zu<br />

scheitern und der Rückschritt in die klimabelastende<br />

Erdgaswärmeversorgung scheint somit unaufhaltsam.<br />

Preiswerte Wärmeversorgung wird so zur Geschichte –<br />

insbesondere, da die fossilen Energieträger durch das<br />

BEHG in den nächsten Jahren aufgrund der CO 2<br />

-Abgabe<br />

teurer werden. Was wollen die Grünen gegen diese<br />

sich abzeichnende Entwicklung unternehmen?<br />

Dr. Verlinden: Dezentrale Biogas-Kraft-Wärme-Kopplung<br />

leistet in regionalen Wärmenetzen einen wichtigen<br />

Beitrag zur Wärmeerzeugung. Die Umstellung auf Erdgas<br />

ist aus Klimasicht keine Alternative. Daher treten<br />

wir für eine auskömmliche Anschlussfinanzierung für<br />

bestehende Biogasanlagen ein. Diese sollte einen flexi-<br />

FOTO: RAINER KURZEDER<br />

38


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

POLITIK<br />

blen, systemdienlichen Betrieb der Anlagen unterstützen<br />

und die sinnvolle und wichtige Wärmeauskopplung<br />

erhalten. Durch eine Förderung von Wärmespeichern<br />

wollen wir das zusätzlich unterstützen. Die wirtschaftliche<br />

Konkurrenzfähigkeit von Biogasanlagen wird sich<br />

mit steigendem CO 2<br />

-Preis auf fossile Brennstoffe gegenüber<br />

fossilen Anlagen ohnehin verbessern. Dies ist<br />

ein wichtiger Lenkungseffekt der CO 2<br />

-Bepreisung.<br />

Biogas Journal: Ihre Partei widmet sich im Wahlprogramm<br />

auch dem Thema Mobilität. In dem Zusammenhang<br />

ist von Elektromobilität und Wasserstoff die Rede.<br />

Aber: Selbst wenn in 2030 rund 10 Millionen Elektro-<br />

Pkw und ein paar Wasserstoffautos auf den Straßen<br />

unterwegs sind, dann fahren da immer noch etwa 35<br />

Millionen Verbrenner herum. Müssten nicht CO 2<br />

-arme<br />

Kraftstoffe wie Biomethan – produziert auf Basis von<br />

landwirtschaftlichen Reststoffen und ökologisch wertvoller<br />

Anbaubiomasse (Blüh-/Wildpflanzen und Co.) –<br />

gleichermaßen gefördert und Gasfahrzeuge in den Markt<br />

gebracht werden? Oder wie sollen in 2030 rund zwei<br />

Drittel des deutschen Fahrzeugbestands klimaneutral<br />

gestellt werden? Haben die Grünen gar nicht im Blick,<br />

dass Rohstoffe (seltene Erden) für die Elektromobilität<br />

nicht nachhaltig, sondern unter prekären Umwelt- und<br />

Arbeitsbedingungen aus der Erde geholt werden?<br />

Dr. Verlinden: Bioenergie ist zu wertvoll, um sie in ineffizienten<br />

Pkw-Motoren zu verbrennen. Sie sollte spezifischen<br />

Anwendungen in Industrie, Wärmeerzeugung<br />

und im Stromsystem vorbehalten bleiben. Im Pkw-<br />

Sektor gibt es mit der Elektromobilität eine sinnvolle<br />

und energieeffiziente Alternative zum Verbrenner. Wir<br />

setzen aber nicht nur auf Klimaschutz, sondern zugleich<br />

auf verantwortungsvolle Rohstoffgewinnung –<br />

Stichwort Lieferkettengesetz – und hohe Anforderungen<br />

beim Recycling von allen wertvollen Rohstoffen.<br />

Diese Anforderungen erfüllen übrigens herkömmliche<br />

Verbrennungsmotoren bis heute nicht.<br />

Biogas Journal: Frau Dr. Verlinden, vielen Dank für<br />

das Gespräch!<br />

Interviewer<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Redakteur Biogas Journal<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

0 54 09/90 69 426<br />

martin.bensmann@biogas.org<br />

„Ein Produktionsprozess mit<br />

unzähligen Stellschrauben –<br />

Wir haben die passenden<br />

Spurenelemente und Enzyme!“<br />

Eike Henning Lammers,<br />

Einer der Macher.<br />

TerraVis GmbH<br />

Industrieweg 110<br />

48155 Münster<br />

Tel.: 0251.682 - 2055<br />

info@terravis-biogas.de<br />

www.terravis-biogas.de<br />

FELD<br />

SILO<br />

FERMENTER<br />

ENERGIE<br />

39


27,5 %<br />

21,7 %<br />

– 1 –<br />

1<br />

1<br />

POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Materialien für Ihre<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Sie planen ein Hoffest, bekommen eine Schulklasse<br />

zu Besuch oder werden zum Wärmelieferanten?!<br />

Der Fachverband bietet Ihnen für (fast) jede Gelegenheit<br />

die passenden Materialien.<br />

Shop<br />

Bierdeckel<br />

10 cm 0<br />

DVD<br />

Unterrichtsfilm<br />

Erneuerbare Energien<br />

Bestellnr.: WV-021<br />

5 Stück für Mitglieder<br />

kostenlos, bei größeren<br />

Mengen bitte nachfragen<br />

Auch auf Youtube (FVBiogas)<br />

und zum Download auf Vimeo<br />

eine DVD für Schulen kostenlos<br />

Bestellungen an:<br />

andrea.horbelt@biogas.org<br />

Broschüre<br />

Biogas-Wissen<br />

Grundlegende Informationen rund um<br />

die Biogasnutzung in Deutschland<br />

Biogas<br />

Regional. Verlässlich. Klimafreundlich.<br />

Broschüren<br />

Die Biogas Know-how-Serie –<br />

auch online verfügbar<br />

DIN A5-Format, 28 Seiten<br />

Bestellnr.: BVK-23 (deutsch)<br />

bis zu 20 Ex. kostenlos<br />

darüber 50 Cent / Broschüre<br />

BIOGAS Wissen_Kompakt<br />

BIOGAS<br />

Safety first!<br />

Guidelines for the safe use<br />

of biogas technology<br />

Biogas to<br />

Biomethane<br />

Düngen mit<br />

Gärprodukten<br />

Biogas aus<br />

Bioabfall<br />

Wärmeflyer – für Anbieter<br />

von Biogaswärme<br />

Weitere Informationen<br />

www.biogas.org<br />

Informieren Sie Ihre Kunden über<br />

die Vorteile von Biogaswärme<br />

DIN A6 Format, 4-seitig<br />

Bestellnr.: WV-022<br />

Für Mitglieder kostenlos<br />

Jetzt<br />

neu<br />

Biogaswärme<br />

sicher, günstig, klimafreundlich<br />

In Biogasanlagen entsteht bei der Stromproduktion immer auch Wärme.<br />

Diese kann in der Umgebung der Biogasanlage genutzt werden - z.B. in<br />

benachbarten Häusern, Schulen, Schwimmbädern oder Turnhallen.<br />

Heizen mit Biogaswärme bietet viele Vorteile – für den Wärmeabnehmer,<br />

für die Region und für unsere Umwelt.<br />

BIOGAS Know-how_2<br />

DIN A4-Format,<br />

68 Seiten<br />

Best.Nr.: KL-024<br />

(englisch)<br />

BIOGAS Know-how_3<br />

DIN A4-Format,<br />

68 Seiten<br />

Best.Nr.: KL-018<br />

(englisch)<br />

BIOGAS Wissen_2<br />

DIN A4-Format,<br />

68 Seiten<br />

Best.Nr.: KL-025<br />

(deutsch)<br />

ein Heft kostenlos<br />

bei mehreren Heften berechnen wir Versand und Verpackung<br />

BIOGAS Wissen_3<br />

DIN A4-Format,<br />

64 Seiten<br />

Best.Nr.: KL-022<br />

(deutsch)<br />

kann immer<br />

n gespeichert und je nach Bedarf in Energie umgewandelt<br />

uch wenn mal kein Wind weht und keine Sonne scheint.<br />

iert unsere Stromnetze und ist für die technische Umsetnergiewende<br />

von entscheidender Bedeutung.<br />

Energiedörfer mit Biogas<br />

Biogas eignet sich hervorragend für die<br />

lokale Energieversorgung – und für neue<br />

Energiekonzepte in Kommunen und<br />

Regionen. Zahlreiche Wärmenetze, die<br />

teilweise genossenschaftlich betrieben<br />

werden, unterstreichen dieses Potenzial.<br />

Regionale Wertschöpfung<br />

Biogasanlagen produzieren dort Energie,<br />

wo sie gebraucht wird: In den Regionen.<br />

Das Geld für den Bau, den Betrieb und<br />

die Instandhaltung der Anlagen bleibt<br />

vor Ort – und fließt nicht in die Taschen<br />

der Ölmultis. Das sichert die regionale<br />

Energieversorgung und ist ein aktiver<br />

Beitrag zur Friedenspolitik.<br />

... und artenreich<br />

Faltblätter<br />

Viele Landwirte verzichten freiwi lig auf einen Teil ihres Gasertrages und setzen<br />

Pflanzen ein, die einen ökologischen Mehrwert für Mensch und Natur haben.<br />

„Die Biogasnutzung bietet die Möglichkeit,<br />

unterschiedlichste Pflanzen sinnvo l anzubauen<br />

und damit einerseits den Boden und das<br />

Grundwasser zu schützen und andererseits die<br />

Artenvielfalt auf den Feldern zu erhöhen.<br />

Das sieht nicht nur schön aus – es ist auch<br />

ein wichtiger Beitrag für den dringend<br />

notwendigen Schutz unserer Insekten.“<br />

Der Fachverband Biogas e.V. ist mit über<br />

4.700 Mitgliedern die größte deutsche<br />

und europä ische Interessenvertretung der<br />

Biogas-Branche.<br />

Ziel der Verbandsarbeit ist es, die to Biogas-<br />

go<br />

erzeugung und -nutzung für die bundes weite<br />

Strom-, Wärme- und Kraftstoff versorgung zu<br />

erhalten und auszubauen.<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Handliche Fakten zur<br />

Angerbrunnenstr. 12<br />

85356 Freising<br />

A +49 (0)8161 984 660<br />

Biogasnutzung<br />

m info@biogas.org<br />

Peter Maske, Präsident Deutscher Imkerbund e.V.<br />

www.biogas.org<br />

11,8 x 11 cm<br />

Über gezielte Agrar-Fördermaßnahmen könnte<br />

Biogas einen wichtigen Beitrag für die Artenvielfalt<br />

leisten.<br />

Eine Übersicht über die zur Verfügung stehenden<br />

Alternativen Energiepflanzen bietet die Seite<br />

www.farbe-ins-feld.de<br />

Der Fachverband Biogas e.V. ist mit über<br />

4.700 Mitgliedern die größte deutsche und<br />

europäische Interessenvertretung der<br />

Biogas-Branche.<br />

Ziel der Verbandsarbeit ist es, die Biogaserzeugung<br />

und -nutzung für die bundesweite<br />

Strom-, Wärme- und Kraftstoffversorgung zu<br />

erhalten und auszubauen<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Angerbrunnenstr. 12<br />

85356 Freising<br />

A +49 (0)8161 984 660<br />

m info@biogas.org<br />

www.biogas.org<br />

1_Bestellnr.: BVK-37<br />

2_Bestellnr.: BVK-44<br />

3_Bestellnr.: BVK-45<br />

4_Bestellnr.: BVK-46<br />

5_Bestellnr.: BVK-48<br />

bis zu 20 Ex. kostenlos<br />

darüber 50 Cent / Heft<br />

Wissen_to go_1<br />

BIOGAS<br />

Biogas to go<br />

Artenvielfalt<br />

mit Biogas<br />

Handliche Fakten<br />

zur Biogasnutzung<br />

Biogas kann alles<br />

< - - - - - - - - - - - 116 mm - - - - - - - - - - - > < - - - - - - - - - - - 118 mm - - - - - - - - - - - >< - - - - - - - - - - - 118 mm - - - - - - - - - - - > < - - - - - - - - - - - 116 mm - - - - - - - - - - - ><br />

Das Recycling von Bioabfä len in Biogasanlagen findet über die Vergärung und Kompostierung<br />

statt. Durch biologische Abbauprozesse entsteht in den Fermentern aus<br />

den Kartoffelschalen, dem Pizzarest und dem abgelaufenen Joghurt der Energieträger<br />

Biogas. Übrig bleibt ein hochwertiger Dünger, das sogenannte Gärprodukt.<br />

Dieses liefert a le wichtigen Nähr- und Humusstoffe für das erneute Pflanzenwachstum.<br />

Damit schließt sich der Nährstoffkreislauf. Die Vergärung in Biogasanlagen<br />

steht damit ganz klar vor der Verbrennung oder Deponierung.<br />

tuFige<br />

ierAchie<br />

ndung<br />

eislauf)<br />

rgetische) Verwertung<br />

Potenzial und Perspektive<br />

Die erste Biomethananlage Deutschlands ging 2006 im bayerischen Pliening in<br />

Betrieb. Im Jahr 2018 waren es bereits über 200. So viele wie in keinem anderen<br />

europäischen Land. Zusammen speisen diese Anlagen rund zehn Terawattstunden<br />

Biomethan ins deutsche Gasnetz ein – das entspricht etwa zwölf Prozent der<br />

hierzulande geförderten Erdgasmenge bzw. etwa einem Prozent des nationalen<br />

Erdgasbedarfs. Biomethan verdrängt fossile Energieträger aus dem Markt und<br />

trägt damit zur Versorgungssicherheit bei.<br />

Die Einspeisung von Biomethan ins Gasnetz<br />

ermöglicht es, den Energieträger Biogas<br />

über mehrere Monate zu speichern.<br />

Damit ist Biogas eine hervorragende Ergänzung<br />

zu den fluktuierenden Erneuerbaren<br />

Energien Wind und Sonne und ein<br />

wichtiges Bindeglied der Energiewende.<br />

Auch für kleinere Biogasanlagen kann sich<br />

die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan<br />

rechnen. Für den Anlagenbetreiber eröffnen<br />

sich damit vielversprechende Perspektiven<br />

– und auch die Wertschöpfung in<br />

der Region bekommt neue Impulse.<br />

„Wenn unsere Nahrung<br />

schon in der Tonne statt<br />

auf dem Teller landet, dann<br />

sollte sie wenigstens noch<br />

sinnvoll genutzt werden“<br />

... mit großer Bedeutung<br />

Über die Hälfte unseres Endenergieverbrauchs wird für die Wärmeerzeugung eingesetzt.<br />

Um die Energiewende zu schaffen müssen wir auch und gerade bei der<br />

Wärmebereitste lung konsequent auf regenerative Energien setzen. Bioenergie ist<br />

dabei die Nr. 1 unter den Erneuerbaren. Mit der Abwärme der Biogasanlagen können<br />

schon heute über eine Mi lion Haushalte mit klimafreundlicher Heizenergie versorgt<br />

werden. Oder auch viele andere Wärmeabnehmer, wie die Beispiele in diesem<br />

Booklet zeigen.<br />

Georg Hackl, Rode legende<br />

Der Fachverband Biogas e.V. ist mit über<br />

4.700 Mitgliedern die größte deutsche und<br />

europäische Interessenvertretung der<br />

Biogas-Branche.<br />

Ziel der Verbandsarbeit ist es, die Biogaserzeugung<br />

und –nutzung für die bundesweite<br />

Strom-, Wärme- und Kraftstoffversorgung zu<br />

erhalten und auszubauen.<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Angerbrunnenstr. 12<br />

85356 Freising<br />

A +49 (0)8161 984 660<br />

m info@biogas.org<br />

www.biogas.org<br />

Wissen_to go_2<br />

Der Fachverband Biogas e.V. ist mit über<br />

4.700 Mitgliedern die größte deutsche<br />

und europä ische Interessenvertretung der<br />

Biogas-Branche.<br />

Ziel der Verbandsarbeit ist es, die Biogaserzeugung<br />

und -nutzung für die bundes weite<br />

Strom-, Wärme- und Kraftstoff versorgung zu<br />

erhalten und auszubauen.<br />

BIOGAS<br />

Handliche Fakten<br />

zur Biogasnutzung<br />

Biogas ist der vielseitigste erneuerbare Energieträger. Das umweltfreundliche<br />

Gas kann sowohl zur Strom- und Wärmegewinnung wie<br />

auch als Kraftstoff eingesetzt werden. Damit ist Biogas eine wichtige<br />

Säule für die bürgernahe und bezahlbare Energiewende!<br />

Strom aus Biogas<br />

v<br />

Biogas versorgt schon heute Millionen Haushalte in<br />

Deutschland mit klimafreundlichem Strom. Bei der<br />

Stromgewinnung im Blockheizkraftwerk entsteht automatisch<br />

auch Wärme.<br />

Wärme aus Biogas<br />

Mit Biogaswärme können zum Beispiel private Haushalte,<br />

kommunale Einrichtungen wie Schulen, Schwimmbäder<br />

und Turnhallen, Gewerbebetriebe oder Gewächshäuser<br />

beheizt werden.<br />

<br />

Kraftstoff aus Biogas<br />

Zu Biomethan aufbereitetes Biogas kann als klimafreundlicher<br />

und effizienter Kraftstoff von jedem CNG<br />

(compressed natural gas)-Fahrzeug getankt werden. Mit<br />

dem Biomethanertrag von einem Hektar Wildpflanzen<br />

kann ein Pkw einmal um die Erde fahren.<br />

Biogas aus<br />

Bioabfällen<br />

Handliche Fakten<br />

zur Biogasnutzung<br />

Biogas ist bunt ...<br />

Biogas entsteht durch die Vergärung biogener Stoffe in einem luftdicht abgeschlossenen<br />

Behälter, dem sogenannten Fermenter. Vergoren werden kann fast a les,<br />

was biologischen Ursprungs ist: Gü le und Mist, Bioabfä le - oder Energiepflanzen.<br />

Letztere werden von den Landwirten extra angebaut. Ende 2018 wuchsen auf gut<br />

1,4 Millionen Hektar Energiepflanzen für den Einsatz<br />

in Biogasanlagen. Das sind rund acht Prozent<br />

der landwirtschaftlichen Nutzfläche.<br />

Fast jede Pflanze eignet sich für die Vergärung:<br />

bunte Wildblumen, weiß blühender Buchweizen<br />

oder die gelb blühende Durchwachsene Silphie.<br />

Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Gas- und<br />

damit Stromertrag. Aus einem Hektar Mais können<br />

ca. 21.000 Kilowattstunden Strom erzeugt<br />

werden. Bei der bunten Alternative Wildpflanzen<br />

liegt der Energieertrag etwa bei der Hälfte.<br />

Zahlreiche Institute und Hochschulen, aber auch<br />

viele Landwirte testen die verschiedensten Pflanzen<br />

auf ihre Biogastauglichkeit. In den letzten<br />

Jahren konnten dabei große Fortschritte erzielt<br />

werden und die Palette der potenziellen Energiepflanzen<br />

wächst kontinuierlich.<br />

Booklet-Artenvielfalt 2018.indd 1 11.07.19 13:48<br />

Endenergieverbrauch in Deutschland im Jahr 2019 nach Strom,<br />

Wärme und Verkehr<br />

in Mi liarden Kilowa tstunden<br />

Wärme und Kälte<br />

(ohne Strom):<br />

1.216,7 Mrd. kWh<br />

50,9 %<br />

*der Stromverbrauch für Wärme und<br />

©2020 Agentur für Erneuerbare Energien e.V.<br />

gesamt<br />

2.391 Mrd. kWh<br />

Verkehr ist im Endenergieverbrauch Strom enthalten.<br />

Que le: eigene Darste lung auf Basis von AGEB/AGEE-Stat<br />

Stand: 3/2020<br />

Ne tostromverbrauch*:<br />

517,8 Mrd. kWh<br />

Verkehr (ohne Strom<br />

und int. Luftverkehr):<br />

656,8 Mrd. kWh<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Angerbrunnenstr. 12<br />

85356 Freising<br />

A +49 (0)8161 984 660<br />

m info@biogas.org<br />

www.biogas.org<br />

Der Fachverband Biogas e.V. ist mit über<br />

4.700 Mitgliedern die größte deutsche<br />

und europä ische Interessenvertretung der<br />

Biogas-Branche.<br />

Ziel der Verbandsarbeit ist es, die Biogaserzeugung<br />

und -nutzung für die bundes weite<br />

Strom-, Wärme- und Kraftstoff versorgung zu<br />

erhalten und auszubauen.<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Angerbrunnenstr. 12<br />

85356 Freising<br />

A +49 (0)8161 984 660<br />

m info@biogas.org<br />

www.biogas.org<br />

Wissen_to go_3<br />

BIOGAS<br />

Wissen_to go_4<br />

BIOGAS<br />

Biomethan<br />

Handliche Fakten<br />

zur Biogasnutzung<br />

Wissen_to go_5<br />

BIOGAS<br />

u<br />

Biogas-Wärme<br />

Handliche Fakten<br />

zur Biogasnutzung<br />

Gelebte Kreislaufwirtschaft<br />

Wo Lebensmittel erzeugt und verbraucht werden, entsteht immer auch Abfa l. Das<br />

wird sich nie ganz vermeiden lassen. Seien es die Kartoffelschalen bei der Chips-<br />

Herstellung, die nicht ganz aufgegessene Pizza im Restaurant oder der abgelaufene<br />

Joghurt im Kühlregal.<br />

In der 5-stufigen Abfa lhierarchie des Kreislaufwirtschaftgesetzes hat die<br />

Vermeidung von Abfä len höchste Priorität. Gefolgt von der Wiederverwendung<br />

von Lebensmitteln – beispielsweise durch die Tafeln.<br />

An dritter Ste le kommt das Recycling, um (Nährstoff)Kreisläufe zu<br />

schließen und das Abfa laufkommen zu reduzieren. Dann erst folgt<br />

die energetische Verwertung (z.B. in Mü lverbrennungsanlagen)<br />

und ganz am Ende steht die Beseitigung, sprich die Ablagerung<br />

oder Deponierung, die zu vermeiden ist. FÜNFs<br />

<br />

Was ist Biomethan?<br />

Biogas besteht zu 50 – 60 Prozent aus dem brennbaren Gas<br />

Methan (CH 4 ); der Rest ist überwiegend Kohlendioxid (CO 2 ).<br />

ABFALLh<br />

Bei der Auf bereitung von Biogas zu Biomethan werden die nichtbrennbaren<br />

Gase abgetrennt, so dass möglichst reines Methan übrig bleibt. Dies kann über<br />

verschiedene Verfahren geschehen (siehe Innenteil). Das so erzeugte Biomethan<br />

hat die gleichen chemisch-physikalischen Eigenschaften wie Erdgas<br />

und kann problemlos ins Gasnetz eingespeist werden.<br />

Mit der Einspeisung von Biomethan ins<br />

Gasnetz kann der Ort der Erzeugung vom<br />

Ort der Nutzung entkoppelt werden. Das<br />

eingespeiste Biomethan kann an beliebiger<br />

Ste le aus dem Netz entnommen und<br />

entweder in einem Blockheizkraftwerk<br />

(BHKW) zu Strom und Wärme umgewandelt<br />

werden, in der Gasheizung eingesetzt<br />

oder an einer Gastankste le von<br />

jedem handelsüblichen CNG-Fahrzeug<br />

getankt werden.<br />

<br />

Ein Nebenprodukt ...<br />

Comic<br />

Die kleine Geschichte von<br />

Julius & seinen Freunden<br />

… oder wie man ganz einfach<br />

Biogas gewinnen kann.<br />

1. Vermeidung<br />

2. Wiederverwe<br />

3. Recycling (Kr<br />

4. Sonstige (ene<br />

5. Beseitigung<br />

A5 quer, Bestellnr.: BVK-21<br />

In der Regel werden Biogasanlagen gebaut, um klimafreundlichen Strom zu produzieren.<br />

Dafür wird das durch Vergärung organischer Masse erzeugte Biogas über<br />

eine Gasleitung zum Blockheizkraftwerk (BHKW) geleitet. Das BHKW ist eine Kombination<br />

aus Motor und Generator. Durch die Verbrennung des Gases im Motor wird<br />

Strom erzeugt – und dabei entsteht automatisch auch Wärme.<br />

Der Strom wird in das Stromnetz eingespeist und kann als Ökostrom vom Endverbraucher<br />

genutzt werden. Für das „Nebenprodukt“ Wärme gibt es viele verschiedene<br />

Einsatzmöglichkeiten ...<br />

Regional.<br />

Verlässlich.<br />

Klimafreundlich.<br />

bis 20 Hefte kostenlos,<br />

darüber 50 Cent / Heft<br />

40


Um die Erderhitzung zu stoppen müssen wir auf Erneuerbare Energien umsteigen.<br />

Sonne und Wind stehen uns unbegrenzt und kostenlos zur<br />

Verfügung. Aber nicht immer. Deshalb brauchen wir zusätzliche regenerative<br />

Quellen, die verlässlich zur Verfügung stehen. So wie Biogas.<br />

Das in den Fermentern bei der Vergärung von Gülle, Bioabfall und<br />

Energiepflanzen entstehende Gas kann gespeichert und je nach Bedarf<br />

kurzfristig in Strom und Wärme umgewandelt werden. So wird der<br />

Wind- und Solarstrom genutzt, wenn er entsteht - und Biogas springt ein,<br />

sobald Sonne und Wind eine Pause machen.<br />

Die Biogasanlage Biogas GmbH hat zwei Blockheizkraftwerke (BHKW) mit<br />

einer Leistung von je 250 kW. Darin wird aus Biogas Strom und Wärme<br />

erzeugt.<br />

Die Kraftwerke werden von den Stadtwerken XY ferngesteuert. Je nach<br />

Strombedarf können sie an- oder abgeschaltet werden. Wenn das<br />

Stromnetz voll ist, wird das Biogas in der Kuppel des Fermenters<br />

gespeichert. Und wenn Strombedarf besteht, können die BHKWs<br />

innerhalb weniger Sekunden ihre maximale Leistung von 500 kW abrufen.<br />

Biogasanlage Biogas GmbH<br />

Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Biomasse,<br />

z.B. biologische Abfälle, nachwachsende Rohstoffe und Gülle,<br />

zu Biogas und Gärprodukten um.<br />

Das erzeugte Biogas wird in der Gashaube aufgefangen<br />

und von hier über Gasleitungen zum<br />

Blockheizkraftwerk (BHKW) transportiert.<br />

Im BHKW wird aus dem Biogas<br />

Strom und Wärme erzeugt.<br />

1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />

(Silo, Annahmestelle, Güllegrube)<br />

2 ggf. Aufbereitung, Sortierungs- oder<br />

Reinigungssysteme für die zu vergärende<br />

Biomasse oder Reststoffe<br />

3 Einbring- / Pumptechnik transportiert<br />

die Biomasse in die Fermenter bzw.<br />

aus diesen heraus<br />

4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />

im Fermenter mit der frischen Biomasse<br />

5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />

liegt bei 40 °C<br />

6 Gasspeicher zur kurz- und mittelfristigen<br />

Speicherung des Biogases<br />

7 Gasreinigungssysteme zur Entschwefelung<br />

und Entwässerung<br />

8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />

und Biogasleitungen<br />

9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />

Sicherheitsventile<br />

10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />

Strom- und Wärmeproduktion<br />

11 ggf. Aufbereitungs technik für die<br />

Um wandlung von Biogas zu Biomethan<br />

12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />

Gärprodukte (ggf. mit entsprechender<br />

Technik zur Weiterverarbeitung<br />

(Fest-/Flüssigtrennung, Trocknung,<br />

Pelletierung etc.)<br />

FV Schild - so funktioniert eine Anlage A0 quer.indd 1 16.06.16 11:00<br />

Planeten.<br />

Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Biomasse, z.B. biologische Abfälle,<br />

nachwachsende Rohstoffe und Gülle, zu Biogas und Gärprodukten um. Das erzeugte Biogas<br />

wird in der Gashaube aufgefangen und von hier über Gasleitungen zum Blockheizkraftwerk<br />

(BHKW) transportiert. Im BHKW wird aus dem Biogas Strom und Wärme erzeugt.<br />

Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme,<br />

Techniken und Funktionsweisen. Der übliche Aufbau umfasst folgende Komponenten:<br />

1<br />

2<br />

6<br />

9<br />

3<br />

5 4<br />

3<br />

12<br />

8<br />

1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />

(Silo, Annahmestelle, Güllegrube)<br />

2 ggf. Aufbereitung, Sortierungs­ oder<br />

Reinigungssysteme für die zu vergärende<br />

Biomasse oder Reststoffe<br />

3 Einbring­ / Pumptechnik transportiert<br />

die Biomasse in die Fermenter bzw.<br />

aus diesen heraus<br />

4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />

im Fermenter mit der frischen Biomasse<br />

5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />

liegt bei 40 °C<br />

6 Gasspeicher zur kurz­ und mittelfristigen<br />

Speicherung des Biogases<br />

7 Gasreinigungssysteme zur<br />

Entschwefelung und Entwässerung<br />

8<br />

7<br />

5<br />

8<br />

11<br />

Erdgasnetz<br />

10<br />

Strom<br />

Wärme<br />

8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />

und Biogasleitungen<br />

9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />

Sicherheitsventile<br />

10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />

Strom­ und Wärmeproduktion<br />

11 ggf. Aufbereitungstechnik für die<br />

Umwandlung von Biogas zu Biomethan<br />

12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />

Gärprodukte (ggf. mit entsprechender<br />

Technik zur Weiterverarbeitung<br />

(Fest­/Flüssigtrennung, Trocknung,<br />

Pelletierung etc.)<br />

1<br />

2<br />

9<br />

3<br />

5 4<br />

3<br />

12<br />

8<br />

1 Lager für die zu vergärende Bioma se<br />

(Silo, Annahmestelle, Gü legrube)<br />

2 gf. Aufbereitung, Sortierungs­ oder<br />

Reinigung systeme für die zu ver­<br />

3 Einbring­ / Pumptechnik transportiert<br />

die Bioma se in die Fermenter bzw.<br />

4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />

im Fermenter mit der frischen Bio­<br />

5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />

liegt bei 40 °C<br />

6 Ga speicher zur kurz­ und mi telfristigen<br />

Speicherung des Biogases<br />

7 Gasreinigung systeme zur<br />

Entschwefelung und Entwä serung<br />

gärende Bioma se oder Reststo fe<br />

aus diesen heraus<br />

ma se<br />

6<br />

Wärme<br />

8<br />

7<br />

5<br />

8<br />

8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />

und Biogasleitungen<br />

9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />

Sicherheitsventile<br />

10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />

Strom­ und Wärmeproduktion<br />

11 gf. Aufbereitungstechnik für die<br />

Umwandlung von Biogas zu Bio­<br />

12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />

Gärprodukte (ggf. mit entsprechen­<br />

methan<br />

der Technik zur Weiterverarbeitung<br />

(Fest­/Flü sigtrennung, Trocknung,<br />

Pelletierung etc.)<br />

1<br />

Strom<br />

10<br />

Erdgasnetz<br />

1<br />

2<br />

9<br />

3<br />

5 4<br />

3<br />

12<br />

8<br />

1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />

(Silo, Annahmeste le, Gü legrube)<br />

2 gf. Aufbereitung, Sortierungs­ oder<br />

Reinigung systeme für die zu vergärende<br />

Bioma se oder Reststo fe<br />

3 Einbring­ / Pumptechnik transportiert<br />

die Bioma se in die Fermenter bzw.<br />

aus diesen heraus<br />

4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />

im Fermenter mit der frischen Bioma<br />

se<br />

5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />

liegt bei 40 °C<br />

6 Ga speicher zur kurz­ und mi telfristigen<br />

Speicherung des Biogases<br />

7 Gasreinigung systeme zur<br />

Entschwefelung und Entwä serung<br />

6<br />

8<br />

7<br />

5<br />

8<br />

Wärme<br />

Strom<br />

8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />

und Biogasleitungen<br />

9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />

Sicherheitsventile<br />

10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />

Strom­ und Wärmeproduktion<br />

11 ggf. Aufbereitungstechnik für die<br />

Umwandlung von Biogas zu Biomethan<br />

12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />

Gärprodukte ( gf. mit entsprechender<br />

Technik zur Weiterverarbeitung<br />

(Fest­/Flü sigtrennung, Trocknung,<br />

Pe letierung etc.)<br />

1<br />

10<br />

Erdgasnetz<br />

Fast jede Pflanze kann in Biogasanlagen vergoren und zu Strom<br />

und Wärme umgewandelt werden – auch jene, die in der Lebensund<br />

Futtermittelproduktion keine Verwendung finden.<br />

Das bei der Energieerzeugung freigesetzte CO 2 entspricht in etwa<br />

der Menge, die die Pflanzen während Ihres Wachstums gebunden<br />

haben.<br />

Durchwachsene Silphie<br />

Franken-Therme Bad Windsheim<br />

Biogasanlage Bad Windsheim<br />

Regionale Biogasanlage<br />

Biogas trägt dazu bei, dass unsere Felder bunter und artenreicher<br />

werden. Blühende Pflanzen sehen nicht nur schön aus, sie bieten<br />

vor allem Lebensraum für Insekten und Wildtiere und verbessern<br />

die Bodengesundheit.<br />

Die Pflanzen benötigen in der Regel keine Pflanzenschutzmittel,<br />

schonen die Umwelt und schützen den Boden vor Auswaschung.<br />

Wildpflanzenmischung<br />

Wärmeabnehmer Freibad<br />

Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Biomasse, z.B. biologische Abfälle,<br />

nachwachsende Rohstoffe und Gülle, zu Biogas und Gärprodukten um. Das erzeugte Biogas<br />

wird in der Gashaube aufgefangen und von hier über Gasleitungen zum Blockheizkraftwerk<br />

(BHKW) transportiert. Im BHKW wird aus dem Biogas Strom und Wärme erzeugt.<br />

Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme,<br />

Techniken und Funktionsweisen. Der übliche Aufbau umfasst folgende Komponenten:<br />

1<br />

2<br />

9<br />

3<br />

5 4<br />

3<br />

12<br />

8<br />

1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />

(Silo, Annahmestelle, Güllegrube)<br />

2 ggf. Aufbereitung, Sortierungs­ oder<br />

Reinigungssysteme für die zu vergärende<br />

Biomasse oder Reststoffe<br />

3 Einbring­ / Pumptechnik transportiert<br />

die Biomasse in die Fermenter bzw.<br />

aus diesen heraus<br />

4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />

im Fermenter mit der frischen Biomasse<br />

5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />

liegt bei 40 °C<br />

6 Gasspeicher zur kurz­ und mittelfristigen<br />

Speicherung des Biogases<br />

7 Gasreinigungssysteme zur<br />

Entschwefelung und Entwässerung<br />

Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Biomasse, z.B. biologische Abfälle,<br />

nachwachsende Rohstoffe und Gülle, zu Biogas und Gärprodukten um. Das erzeugte Biogas<br />

wird in der Gashaube aufgefangen und von hier über Gasleitungen zum Blockheizkraftwerk<br />

(BHKW) transportiert. Im BHKW wird aus dem Biogas Strom und Wärme erzeugt.<br />

Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme,<br />

Techniken und Funktionsweisen. Der übliche Aufbau umfasst folgende Komponenten:<br />

1<br />

2<br />

9<br />

3<br />

5 4<br />

3<br />

12<br />

8<br />

1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />

(Silo, Annahmestelle, Güllegrube)<br />

2 ggf. Aufbereitung, Sortierungs- oder<br />

Reinigungssysteme für die zu vergärende<br />

Biomasse oder Reststoffe<br />

3 Einbring- / Pumptechnik transportiert<br />

die Biomasse in die Fermenter bzw.<br />

aus diesen heraus<br />

4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />

im Fermenter mit der frischen Biomasse<br />

5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />

liegt bei 40 °C<br />

6 Gasspeicher zur kurz- und mittelfristigen<br />

Speicherung des Biogases<br />

7 Gasreinigungssysteme zur<br />

Entschwefelung und Entwässerung<br />

Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Biomasse, z.B. biologische Abfälle,<br />

nachwachsende Rohstoffe und Gülle, zu Biogas und Gärprodukten um. Das erzeugte Biogas<br />

wird in der Gashaube aufgefangen und von hier über Gasleitungen zum Blockheizkraftwerk<br />

(BHKW) transportiert. Im BHKW wird aus dem Biogas Strom und Wärme erzeugt.<br />

Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme,<br />

Techniken und Funktionsweisen. Der übliche Aufbau umfasst folgende Komponenten:<br />

1<br />

2<br />

9<br />

3<br />

5 4<br />

3<br />

12<br />

8<br />

1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />

(Silo, Annahmestelle, Güllegrube)<br />

2 ggf. Aufbereitung, Sortierungs­ oder<br />

Reinigungssysteme für die zu vergärende<br />

Biomasse oder Reststoffe<br />

3 Einbring­ / Pumptechnik transportiert<br />

die Biomasse in die Fermenter bzw.<br />

aus diesen heraus<br />

4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />

im Fermenter mit der frischen Biomasse<br />

5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />

liegt bei 40 °C<br />

6 Gasspeicher zur kurz­ und mittelfristigen<br />

Speicherung des Biogases<br />

7 Gasreinigungssysteme zur<br />

Entschwefelung und Entwässerung<br />

6<br />

6<br />

8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />

und Biogasleitungen<br />

9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />

Sicherheitsventile<br />

10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />

Strom­ und Wärmeproduktion<br />

11 ggf. Aufbereitungstechnik für die<br />

Umwandlung von Biogas zu Biomethan<br />

12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />

Gärprodukte (ggf. mit entsprechender<br />

Technik zur Weiterverarbeitung<br />

(Fest­/Flüssigtrennung, Trocknung,<br />

Pelletierung etc.)<br />

8<br />

7<br />

5<br />

8<br />

Wärme<br />

8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />

und Biogasleitungen<br />

9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />

Sicherheitsventile<br />

10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />

Strom- und Wärmeproduktion<br />

11 ggf. Aufbereitungstechnik für die<br />

Umwandlung von Biogas zu Biomethan<br />

12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />

Gärprodukte (ggf. mit entsprechender<br />

Technik zur Weiterverarbeitung<br />

(Fest-/Flüssigtrennung, Trocknung,<br />

Pelletierung etc.)<br />

FV Anlagenschild A0 quer.indd 1 11.02.16 16:10<br />

6<br />

8<br />

7<br />

5<br />

8<br />

Wärme<br />

8<br />

7<br />

5<br />

8<br />

Wärme<br />

11<br />

Strom<br />

11<br />

11<br />

Erdgasnetz<br />

10<br />

Strom<br />

Strom<br />

Erdgasnetz<br />

8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />

und Biogasleitungen<br />

9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />

Sicherheitsventile<br />

10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />

Strom­ und Wärmeproduktion<br />

11 ggf. Aufbereitungstechnik für die<br />

Umwandlung von Biogas zu Biomethan<br />

12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />

Gärprodukte (ggf. mit entsprechender<br />

Technik zur Weiterverarbeitung<br />

(Fest­/Flüssigtrennung, Trocknung,<br />

Pelletierung etc.)<br />

10<br />

10<br />

Erdgasnetz<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

SHOP<br />

Variable Schilder<br />

Feldschilder<br />

zu einem von Ihnen gewählten Thema mit<br />

unterschiedlichem Layout und unterschiedlicher<br />

Farbgebung.<br />

DIN A0-Format<br />

Bestellnr.: FA-007<br />

Bitte kontaktieren Sie uns!<br />

80 Euro (inkl. Versand)<br />

Diese Biogasanlage<br />

schützt unser Klima<br />

Regional. Verlässlich. Klimafreundlich.<br />

Klimaschutz .<br />

Die Erderhitzung ist die größte Bedrohung für den Fortbestand unseres<br />

Wir müssen unser Klima schützen und den Ausstoß von CO 2<br />

drastisch reduzieren. Jetzt.<br />

Mit den Erneuerbaren Energien haben wir die Chance, dies zu scha fen.<br />

Biogasanlagen leisten einen wichtigen Beitrag auf unserem Weg in eine<br />

klimafreundliche Zukunft.<br />

.durch Biogas<br />

Die Biogasanlage Biogas GmbH erzeugt im Jahr 300.000 Kilowattstunden<br />

Strom. Das entspricht dem Verbrauch von 100 durchschni tlichen<br />

Haushalten.<br />

Die bei der Stromerzeugung anfa lende Wärme wird im Sta l und im<br />

Wohnhaus eingesetzt und außerdem zur Holztrocknung genutzt. In der<br />

Summe spart diese Biogasanlage 450 Tonnen CO 2 ein, die beim Einsatz<br />

fossiler Energieträger wie Kohle und Öl freigesetzt worden wären.<br />

So funktioniert eine Biogasanlage<br />

Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Bioma se, z.B. biologische Abfä le,<br />

nachwachsende Rohstoffe und Gü le, zu Biogas und Gärprodukten um. Das erzeugte Biogas<br />

wird in der Gashaube aufgefangen und von hier über Gasleitungen zum Blockheizkraftwerk<br />

(BHKW) transportiert. Im BHKW wird aus dem Biogas Strom und Wärme erzeugt.<br />

Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme,<br />

Techniken und Funktionsweisen. Der übliche Aufbau umfa st folgende Komponenten:<br />

Alternative Energiepflanzen<br />

DIN A0-Format<br />

Bestellnr.: FA-003<br />

80 Euro (inkl. Versand)<br />

Dieses Feld liefert Energie<br />

und schützt das Klima<br />

Regional. Verlässlich. Klimafreundlich.<br />

Maisfeld<br />

DIN A0-Format<br />

Bestellnr. FA-002<br />

So funktioniert eine Biogasanlage<br />

Das entspricht 380 Flügen von München nach New York und zurück.<br />

Diese Biogasanlage erzeugt Strom<br />

wenn er gebraucht wird<br />

Regional. Verlässlich. Klimafreundlich.<br />

Biogas ist flexibel!<br />

Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />

Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter. www.biogas.org<br />

So funktioniert eine Biogasanlage<br />

Energie pflanzen ...<br />

Energiepflanzen<br />

... Vielfalt ernten<br />

Diese Biogasanlage schafft<br />

regionale Wertschöpfung<br />

Regional. Verlässlich. Klimafreundlich.<br />

So funktioniert eine Biogasanlage<br />

Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Bioma se, z.B. biologische Abfä le,<br />

nachwachsende Rohsto fe und Gü le, zu Biogas und Gärprodukten um. Das erzeugte Biogas<br />

wird in der Gashaube aufgefangen und von hier über Gasleitungen zum Blockheizkraftwerk<br />

(BHKW) transportiert. Im BHKW wird aus dem Biogas Strom und Wärme erzeugt.<br />

Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme,<br />

Techniken und Funktionsweisen. Der übliche Aufbau umfa st folgende Komponenten:<br />

Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />

Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter.<br />

www.farbe-ins-feld.de<br />

www.biogas.org<br />

Energie für die Region…<br />

Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />

Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter.<br />

Schild<br />

„So funktioniert eine Biogasanlage“<br />

Zeigen Sie Wanderern und Gästen die Funktionsweise Franken-Therme Bad Winsheim<br />

einer Biogasanlage<br />

Biogas Wärme<br />

Vorteile<br />

Die Franken-Therme ist an das Fernwärmenetz der Stadtwerke Bad<br />

DIN A0-Format<br />

Windsheim angeschlossen. 30 Prozent des Wärmeangebotes der Stadtwerke<br />

werden von der Biogasanlage der Bio-Energie Bad Windsheim<br />

erzeugt.<br />

Bestellnr.: FA-008<br />

80 Euro<br />

(inkl. Versand)<br />

Seit dem Jahr 2009 erzeugt die Biogasanlage Biogas GmbH Strom für 700<br />

Haushalte und versorgt außerdem 26 Privathaushalte, die Schule, das<br />

Altenheim und das Rathaus mit umweltfreundlicher Wärme. Die Substrate<br />

für die Energieerzeugung bezieht die Biogasanlage vo lständig von<br />

Landwirten aus der Umgebung. Das nach der Vergärung entstehende<br />

Gärprodukt geht als hochwertiger Dünger zurück auf die Felder.<br />

www.biogas.org<br />

Die Kilowa tstunde Biogaswärme kostet die Haushalte im Schni t zwei Cent weniger<br />

als die Wärme aus Heizöl.<br />

Durch das bei den Heizkosten gesparte Geld konnte Neustadt neue Sportgeräte für<br />

die Schule kaufen und den Gemeinschaftsraum im Altenheim renovieren.<br />

Der Bau der Anlagenteile, die Wartung und Erweiterung der Biogasanlage generiert<br />

weitere Jobs bei Handwerksbetrieben in der Umgebung.<br />

Vom Anbau vielfältiger Energiepflanzen profitieren die Bienen und mit ihnen die<br />

Imker in der Region.<br />

Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />

Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter. www.biogas.org<br />

Als Kunde der Stadtwerke profitiert die Franken-Therme direkt von der<br />

umwelt- und klimafreundlichen Wärmegewinnung aus Biogas. So<br />

werden die Thermal-Badelandschaft, das Dampferlebnisbad und die<br />

Sauna zu rund einem Drittel mit Biogaswärme beheizt.<br />

– Die Biogaswärme wird in einer Biogasanlage in Bad Windsheim erzeugt:<br />

Dies stärkt die Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten und fördert<br />

die Wirtschaftskraft in der Region.<br />

– Durch die umweltfreundliche Biogaswärme werden pro Jahr rund<br />

300.000 Liter Heizöl eingespart und damit knapp 800 Tonnen<br />

Kohlendioxid (CO 2 ) weniger ausgestoßen.<br />

– Neben der Wärme erzeugt die Biogasanlage der Bio-Energie<br />

Bad Windsheim jährlich Strom für mehr als 1.200 Haushalte.<br />

Anlagenschild (individuell)<br />

Informieren Sie Wanderer und Gäste über Ihre Biogasanlage<br />

DIN A0-Format<br />

Bestellnr.: FA-001<br />

80 Euro (inkl. Versand)<br />

Diese Biogasanlage erzeugt<br />

Strom und Wärme<br />

Regional. Verlässlich. Klimafreundlich.<br />

Biogasanlage Bad Windsheim<br />

Die Fakten …<br />

Leistung der Anlage<br />

400 kW el<br />

Mit Strom versorgte Haushalte 800<br />

Wärmebereitstellung<br />

Schwimmbad und Wärmenetz<br />

Eingesetzte Substrate Gülle, Mist,<br />

Landschaftspflegematerial,<br />

Maissilage, Grassilage<br />

Besonderheit an der Anlage<br />

Gärpoduktaufbereitung (Herstellung eines hochwertigen Düngers)<br />

… sprechen für sich!<br />

Logo<br />

Die deutschen Biogasanlagen erzeugen schon heute<br />

Strom für Millionen Haushalte<br />

Biogasanlagen reduzieren den CO 2 -Ausstoß<br />

und produzieren nahezu klimaneutral Strom und Wärme<br />

Biogas-Strom stabilisiert das Stromnetz<br />

und sichert eine gleichmäßige Versorgung<br />

Biogasanlagen<br />

sichern vielen Landwirten die Existenz<br />

In Biogasanlagen vergorene Gülle stinkt nicht und ist<br />

ein hervorragender Dünger<br />

Biogasanlagen bringen<br />

Arbeitsplätze und Wertschöpfung<br />

in die ländliche Region<br />

So funktioniert eine Biogasanlage<br />

Jetzt<br />

alle Schilder<br />

80 Euro<br />

inkl. Versand<br />

So funktioniert eine Biogasanlage<br />

Regional. Verlässlich. Klimafreundlich.<br />

Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen<br />

gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher<br />

Systeme, Techniken und<br />

Funktionsweisen. Der übliche Aufbau<br />

umfasst folgende Komponenten:<br />

Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />

Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter.<br />

www.biogas.org<br />

1<br />

11<br />

2<br />

6<br />

8<br />

9<br />

7<br />

3<br />

Erdgasnetz<br />

5 4<br />

5<br />

10<br />

8<br />

3<br />

12<br />

8<br />

Strom<br />

Wärme<br />

Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern: Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter.<br />

www.biogas.org<br />

Wärmeschild groß<br />

(allgemein)<br />

mit allgemeinen Informationen<br />

zum Einsatz von Biogaswärme<br />

DIN A0-Format<br />

Bestellnr.: FA-006<br />

80 Euro (inkl. Versand)<br />

(individuell)<br />

mit Ihren individuellen Angaben<br />

zum Wärmenutzungskonzept<br />

DIN A0-Format<br />

Bestellnr.: FA-005<br />

Fermenter<br />

Banner<br />

2x3 m wetterfeste Folie<br />

Wahlweise mit Ihrem Logo<br />

und Ihrer Homepage<br />

Bestellnr.: WV-019<br />

90 Euro<br />

(inkl. Versand)<br />

Diese Biogasanlage<br />

liefert Energie<br />

und schützt das Klima!<br />

Diese Biogasanlage<br />

liefert Energie<br />

und schützt das Klima!<br />

www.biogas.org<br />

www.biogas.org<br />

BIOGAS Wärme<br />

Regional. Verlässlich. Klimafreundlich.<br />

Umweltfreundliche Wärme – vom Land, für’s Land<br />

Biogas Wärme …<br />

In Deutschland gibt es viele tausend Biogasanlagen, die umweltfreundliches<br />

Biogas erzeugen. Dieser Energieträger wird mittels eines Motors<br />

im Blockheizkraftwerk in Strom umgewandelt. Die dabei frei werdende<br />

Wärme sichert die lokale Versorgung und dient als Heizenergie in:<br />

• öffentlichen Einrichtungen, z.B. Schwimmbädern, Schulen, Turnhallen<br />

• Wohngebieten und Bioenergie-Dörfern<br />

• Ställen und Gewächshäusern<br />

• Unternehmen, z.B. Gärtnereien, Gastronomie, Industrie<br />

… aus der Region<br />

Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />

Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter.<br />

Biogaswärme wird in einer nahe gelegenen Biogasanlage erzeugt. Dies stärkt die<br />

Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten und fördert die Wirtschaftskraft in<br />

der Region.<br />

Viele Dörfer und Kommunen setzen auf Biogas, um eine autarke Energieversorgung<br />

vor Ort anzubieten.<br />

Mit Biogaswärme können die jährlichen Kosten für Wärmeenergie deutlich gesenkt<br />

und langfristig stabil gehalten werden.<br />

Durch die umweltfreundliche Biogaswärme wird Heizöl bzw. Erdgas eingespart und<br />

damit weniger Kohlendioxid (CO 2 ) ausgestoßen.<br />

So funktioniert eine Biogasanlage<br />

www.biogas.org<br />

Bestellungen bitte per E-Mail an info@biogas.org<br />

www.biogas.org<br />

41


POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Biogas mit<br />

doppelter<br />

Wertschöpfung<br />

Mais ist für die<br />

Milchsäuregewinnung<br />

geeignet. Die pflanzlichen<br />

Reste könnten<br />

anschließend vergoren<br />

werden.<br />

Baden-Württemberg hat eine bundesweit bislang einmalige Strategie zur Förderung<br />

der Bioökonomie gestartet – unter anderem sollen Biogasanlagen mit der Gewinnung<br />

von Fasern oder sogenannten Plattformchemikalien gekoppelt werden.<br />

Von Bernward Janzing<br />

Im ersten Moment klingt das Projekt noch sehr<br />

allgemein: Man werde „eine Konzeption für eine<br />

zukunftsorientierte, wirtschaftlich und ökologisch<br />

tragfähige Weiterentwicklung des Biogasanlagenbestandes<br />

in Baden-Württemberg nach Auslaufen<br />

der garantierten EEG-Vergütung erarbeiten“. So nüchtern<br />

steht es geschrieben in der südwestdeutschen<br />

„Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie“.<br />

Und doch hat Baden-Württemberg Großes vor mit seinen<br />

Biogasanlagen – zumindest mit einem Teil davon.<br />

Denn das Land will Bestandsanlagen dabei unterstützen,<br />

dass sie „beispielsweise durch Diversifizierung der<br />

Einsatzstoffe und der Produktpalette“ ein „wichtiges<br />

Element für bioökonomisch geprägte Wertschöpfungsketten<br />

in der Fläche“ werden können. Biogasanlagen<br />

sollen also eingebunden werden in ein umfassendes<br />

Konzept zur stofflichen Nutzung von Pflanzen – mit<br />

dem Ziel, dass von der gesamten Pflanzenmasse am<br />

Ende nur noch jene Stoffe im Fermenter landen, die<br />

nicht anderweitig nutzbar sind.<br />

Bioökonomie: für etwa 30 Prozent der<br />

Anlagen im Ländle eine Chance<br />

Das werde zwar nicht allen bestehenden Anlagen ein<br />

Überleben sichern, räumt Alexander Möndel vom Referat<br />

Bioökonomie im Ministerium für Ernährung,<br />

Ländlicher Raum und Verbraucherschutz (MLR) in<br />

Stuttgart ein. Aber für rund 30 Prozent der 950 Biogasanlagen<br />

im Land könnten sich dadurch Perspektiven<br />

ergeben in der absehbar anstehenden Post-EEG-Ära.<br />

In Baden-Württemberg habe man, was das Gros der<br />

Biogasanlagen betrifft, noch rund ein Jahrzehnt Zeit,<br />

um Nachfolgelösungen zu erarbeiten. Diese Zeit gelte<br />

es nun zu nutzen. Baden-Württemberg sei mit seiner<br />

Bioökonomiestrategie in Deutschland „absolut vorne“,<br />

ist Möndel überzeugt.<br />

Die Optionen sind vielfältig. Man kann aus den Pflanzen<br />

zum Beispiel vorab die Fasern gewinnen. Die<br />

höchste Wertschöpfung erziele man dann beim Einsatz<br />

als Verpackungsmaterial, sagt Jörg Messner, staatlicher<br />

Biogasberater beim Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg<br />

(LAZ BW) in Aulendorf. Denkbar sei<br />

aber auch die Fertigung von Dämmstoffen oder Hartfaserplatten.<br />

Darüber hinaus könnten sogenannte Plattformchemikalien<br />

attraktiv sein. Das sind Grundchemikalien, die<br />

aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden<br />

und sich als Synthesebausteine für zahlreiche weitere<br />

Chemikalien eignen. Speziell Milchsäure, ein vielfältiger<br />

Rohstoff der chemischen Industrie, gehört dazu.<br />

Oder man gewinnt Proteine, die wahlweise als Futtermittel<br />

oder auch in der chemischen Industrie einge-<br />

FOTO: ADOBE STOCK_COUNTRYPIXEL<br />

42


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

POLITIK<br />

FOTO: ADOBE STOCK_INGO BARTUSSEK<br />

setzt werden können. Egal, was man aus<br />

dem Stoffstrom vorab herauszieht – der jeweils<br />

verbleibende Rest wird in jedem Fall<br />

in einer Biogasanlage energetisch genutzt.<br />

Biomasse zu Chemikalien und<br />

Energie veredeln<br />

Forscher der Universität Hohenheim untersuchen<br />

zusammen mit dem Karlsruher<br />

Institut für Technologie (KIT) in der Biogas-<br />

Forschungsanlage „Unterer Lindenhof“<br />

bereits die Einbindung einer kleineen<br />

Bioraffinerie in einen bäuerlichen Betrieb.<br />

„Wenn man verschiedene Prozesse effizient<br />

hintereinander schaltet, wird Biomasse<br />

entlang der ganzen Wertschöpfungskette<br />

zu Lebensmitteln, Futtermitteln, Werkstoffen,<br />

Materialien, Chemikalien und Energie<br />

veredelt“, sagt Professor Nicolaus Dahmen<br />

vom Institut für Katalyseforschung und<br />

-technologie am KIT.<br />

Und Professorin Andrea Kruse vom Fachgebiet<br />

Konversionstechnologien nachwachsender<br />

Rohstoffe an der Universität Hohenheim<br />

sagt: „Unser Hauptanliegen ist,<br />

Kreisläufe zu schließen“. Diese seien im<br />

Laufe der Zeit verlorengegangen. Das Spektrum<br />

der Wertschöpfung rund um das Biogas<br />

ist damit noch längst nicht erschöpft.<br />

Es lassen sich alternativ auch schlicht neue<br />

Absatzmärkte für Biogas schaffen, etwa im<br />

Sektor der Mobilität. Wichtig ist hier eine<br />

lokale Nutzung oder Vermarktung, zum<br />

Beispiel durch eigene Traktoren oder eine<br />

eigene Tankstelle. Entsprechend forscht<br />

die Universität Hohenheim am „Unteren<br />

Lindenhof“ auch am Thema Bio-LNG, also<br />

Bioökonomiestrategie:<br />

Biogasanlagen sollen<br />

ein wichtiges Element<br />

für bioökonomisch<br />

geprägte Wertschöpfungsketten<br />

in der<br />

Fläche werden – so will<br />

es die Landespolitik.<br />

der Gewinnung und Verflüssigung von Biomethan<br />

auf kleinskaliger Ebene.<br />

Und schließlich steht auch das Thema<br />

„CO 2<br />

-farming“ auf der Agenda: Konzepte,<br />

die Humus aufbauen und somit CO 2<br />

im Boden<br />

binden, könnten im Zuge steigender<br />

Preise von CO 2<br />

im Emissionshandel als negative<br />

Emissionen auch Einnahmen erzielen.<br />

Die Suche nach einer stofflichen Nutzung<br />

von Teilen der Anbaubiomasse ist im<br />

Segment der Fasergewinnung schon<br />

Bis zu 40% Energie-Förderung<br />

beim Tausch für den neuen Dosierer erhalten<br />

Wir beraten Sie gerne<br />

Biogas Höre GmbH<br />

78359 Orsingen<br />

Tel. : 07774 - 6910<br />

www.hoere-biogas.de<br />

info@hoere-biogas.de<br />

• Individuelle Projektierung<br />

• Dosiersysteme von 8-150m³<br />

• Flächendeckendes Servicenetz<br />

• Hervorragende<br />

Ersatzteilversorgung<br />

• Geringe Energiekosten<br />

• Minimaler Verschleiß<br />

durch Edelstahlauskleidung 43


POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Luzerne (Bild rechts)<br />

und Kleegras (Bild<br />

links) könnten in Zukunft<br />

als Proteinquellen<br />

infrage kommen.<br />

Bei der Kaskadennutzung<br />

ließen sich auch<br />

hier die Reststoffe<br />

vergären.<br />

am weitesten fortgeschritten. Hier ist vor allem ein Projekt<br />

hervorzuheben, das auf der Durchwachsenen Silphie<br />

basiert. Es wird von den Landwirtschaftsbetrieben<br />

des Energieparks Hahnennest in der Gemeinde Ostrach<br />

maßgeblich vorangetrieben.<br />

Verpackungen aus Silphie-Fasern<br />

Das Konzept: Nach der Silierung der Pflanzen werden<br />

die Fasern vom restlichen Stoffstrom getrennt. Während<br />

der Rest in die Biogasanlage geht, werden die<br />

Silphie-Fasern in einer Papierfabrik zur<br />

Herstellung von Verpackungsmaterial<br />

genutzt. „Das ist<br />

wie beim Metzger“, sagt<br />

Möndel, „jedes Teil<br />

des Ganzen wird dort<br />

eingesetzt, wo es die<br />

bestmögliche Wertschöpfung<br />

erzielt“.<br />

Einen ersten Abnehmer<br />

für das Papier<br />

gibt es auch schon:<br />

die Schwarz Gruppe in<br />

Neckarsulm, zu der die<br />

Handelsketten Kaufland<br />

und Lidl gehören. Sie setzt<br />

vor allem auf Verpackungsanwendungen<br />

mit direktem Lebensmittelkontakt.<br />

„Nach einer erfolgreichen Pilotphase werden<br />

die Verpackungen auf Basis der Silphie-Pflanze nun<br />

erstmals im Bereich Obst und Gemüse bei Kaufland<br />

in den Handel gebracht“, sagt eine Sprecherin der<br />

Schwarz Gruppe. Neben dem Ersatz von konventionellen<br />

Papier- und Kartonageverpackungen sollen die<br />

Silphie-Produkte in Zukunft zudem als Alternative für<br />

Kunststoffverpackungen getestet werden. Der Markenauftritt<br />

des Silphie-Papiers erfolgt unter dem Namen<br />

OutNature.<br />

Theoretisch kann bei diesem Konzept nicht nur die<br />

Faser als attraktiver Wertstoff abfallen, es könnte sogar<br />

der Biogasprozess profitieren. Denn ohne Fasern<br />

wird das Substrat besser pumpfähig, was auch den<br />

Gärprozess verbessern könnte. Außerdem wird weniger<br />

Energie zum Rühren benötigt und auch der Bedarf an<br />

Gärbehältervolumen reduziert sich. „So könnten wir<br />

zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“, sagt Hans<br />

Oechsner von der Universität Hohenheim: „Wir gewinnen<br />

neben der Energie ein zweites Produkt, und die<br />

Biogaserzeugung wird effizienter.“<br />

Die große Herausforderung der neuen Biogaswelt liegt<br />

in ihrer Vielfältigkeit. „Jede Anlage hat ihren eigenen<br />

Charakter“, sagt MLR-Experte Möndel. Je nach Größe<br />

der Anlage, je nach eingesetztem Substrat und Abnehmerstruktur<br />

können die Konzepte stark variieren. Denn<br />

zwingend nötig sind regionale Vermarktungskonzepte.<br />

Die Zeiten der Biogasprojekte von der Stange sind damit<br />

vorbei.<br />

Langfristig steht das Ziel im Blick, die zusätzlich entstehenden<br />

Wertstoffe so gut zu vermarkten, dass die<br />

anschließende Biogaserzeugung aus den Reststoffen<br />

kostendeckend realisierbar ist; dass Betreiber von Biogasanlagen<br />

also langfristig mit den Preisen am Strommarkt<br />

auskommen können, ergänzt durch eine mögliche<br />

Eigenversorgung mit Strom und auch Wärme.<br />

Milchsäure aus Mais, Proteine aus<br />

Kleegras und Luzerne<br />

Abhängig davon, welche Stoffe aus dem Substrat extrahiert<br />

werden sollen, muss man die Rohstoffpflanzen<br />

auswählen. Bei Fasern steht die Silphie ganz oben auf<br />

der Liste, der Mais hingegen ist hier außen vor. Er wiederum<br />

ist wegen seines hohen Stärkegehalts für die<br />

Milchsäuregewinnung geeignet. Will man hingegen<br />

Proteine nutzen, bieten sich Gras, Kleegras und die<br />

Luzerne an. Bei Kraftstoffen unterdessen müssen aufgrund<br />

der europäischen „Renewable Energy Directive<br />

II“ (RED II) mehr Reststoffe, wie etwa Gülle, eingesetzt<br />

werden. Zumindest für den Anfang bieten sich eher die<br />

größeren Biogasanlagen für solche Konzepte an. Die<br />

Landwirte in Hahnennest sind in der Megawattklasse<br />

unterwegs, doch auch schon darunter, etwa ab 500<br />

Kilowatt (elektrische Leistung) gelten derzeit Projekte<br />

als denkbar. Dabei müsse aber nicht zwingend eine<br />

einzelne Anlage diese Größe erreichen: „Die Zusammenarbeit<br />

von mehreren kleineren Höfen kann auch<br />

eine Option sein“, sagt Biogasberater Messner vom LAZ<br />

BW. Der Blick richte sich hier vor allem auf den Anlagenbestand,<br />

denn es gehe darum, die Infrastruktur zu<br />

erhalten. Neuanlagen, welche vor allem Kleinanlagen<br />

zur Nutzung von Gülle und anderen Reststoffen sind,<br />

stehen hier nicht im Fokus.<br />

Beim MLR verweist Möndel unterdessen darauf, dass<br />

die Weiterentwicklung des Biogasanlagenbestandes<br />

schon alleine deswegen dringend notwendig sei, weil<br />

das Land Baden-Württemberg gemäß dem Biodiversitätsstärkungsgesetz<br />

den Ökolandbau bis zum Jahr<br />

2030 auf 30 bis 40 Prozent ausweiten wolle. Denn<br />

in der Fruchtfolge des Ökolandbaus werde zwingend<br />

Kleegras benötigt. Um dieses zu verwerten, brauche es<br />

entweder Rinder – doch deren Bestand soll auch sinken<br />

– oder eben eine „Betonkuh“, also einen Fermenter.<br />

Damit dürfte der Biogasbranche auch ein Imagewandel<br />

bevorstehen. Bislang durch die Vermaisung angekratzt,<br />

dürfte das Renommee sich wieder verbessern, sobald<br />

deutlich wird, dass ökologischer Landbau mitunter auf<br />

die Erzeugung von Biogas sogar angewiesen ist.<br />

Autor<br />

Bernward Janzing<br />

Freier Journalist<br />

Wilhelmstr. 24a · 79098 Freiburg<br />

07 61/202 23 53<br />

bernward.janzing@t-online.de<br />

FOTOS: LANDPIXEL.EU<br />

44


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

POLITIK<br />

Stück für Stück –<br />

Gemeinsam Grün<br />

Ihre Biogas-Anlage als Teil des grünen Kraftwerks<br />

Mit der Direktvermarktung von EWE schaffen wir:<br />

Flexibilität: Steuern Sie mit uns Ihre Stromproduktion und profitieren von Mehrerlösen<br />

durch optimalen Fahrplanbetrieb.<br />

Sicherheit: verlässliche Einnahmen durch Stromdirektvermarktung und sicherer Zugang zu den<br />

Energiemärkten der Zukunft mit einem starken Partner an ihrer Seite.<br />

Transparenz: Kostenloses Stromcockpit für 360° Sicht auf Erzeugung, Märkte, Verträge und Abrechnungen.<br />

Jetzt individuell beraten lassen:<br />

ewe.de/grueneskraftwerk<br />

0441 803-2299<br />

virtuelleskraftwerk@ewe.de<br />

EWE VERTRIEB GmbH, Cloppenburger Straße 310, 26133 Oldenburg, info@ewe.de<br />

45


POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

dena-Leitstudie „Aufbruch in<br />

die Klimaneutralität“: Angriff<br />

auf Planungshoheiten(?)<br />

Einen „Systementwicklungsplan“ für die gesamte hiesige Energie-Infrastruktur: Diese<br />

Forderung, über alle Sektoren hinweg zu denken, hat die Deutsche Energie-Agentur (dena)<br />

im Dezember 2020 als Zwischenbericht für die „Netzstudie III“ veröffentlicht. Reaktionen:<br />

kaum feststellbar. Das muss verwundern.<br />

Von Heinz Wraneschitz<br />

Die existierenden Planungsprozesse zeigen,<br />

dass sie in ihrer aktuellen Form nur eingeschränkt<br />

dafür geeignet sind, grundsätzliche<br />

Fragen zu beantworten, die für eine<br />

integrierte Infrastrukturplanung von großer<br />

Bedeutung sind.“ Das ist heftige dena-Kritik an alle<br />

Beteiligten, die rund um die deutsche Energiewende-<br />

Politik tätig sind. Und sie ist für jedermensch wörtlich<br />

nachzulesen auf Seite 15 der 26-seitigen Druckschrift<br />

„dena-Zwischenbericht - Der Systementwicklungsplan:<br />

Umsetzungsvorschlag für eine integrierte Infrastrukturplanung<br />

in Deutschland.“<br />

Eigentlich wäre zu erwarten gewesen, dass alle von<br />

der dena auf die Füße Getretenen lauthals und schnell<br />

„Protest“ oder „Zeter und Mordio“ rufen würden. Doch<br />

tatsächlich passiert ist bis Redaktionsschluss vonseiten<br />

der „konventionellen“ Energiewirtschaft, der Bundesregierung<br />

und der Bundesnetzagentur praktisch<br />

nichts.<br />

Koordinierter Ansatz statt Stückwerk<br />

gefordert<br />

Schon die ersten Sätze der Zusammenfassung sind eine<br />

schallende Ohrfeige für alle Verantwortlichen: „Eine erfolgreiche<br />

Energiewende muss integriert und sektorübergreifend<br />

gedacht werden. Denn Treibhausgasneutralität<br />

kann nur erreicht werden, wenn die Sektoren weiter<br />

zusammenwachsen. Die aktuelle Energieinfrastrukturplanung<br />

[…] findet für die verschiedenen Netzebenen<br />

und Sektoren in separaten Planungsprozessen mit teils<br />

abweichenden Ausgangspunkten statt.“ Die dena und<br />

der von ihr mit der Studie beauftragte Planer BET kritisieren:<br />

„Für die Energieinfrastrukturen Strom, Gas,<br />

Wasserstoff und Wärme werden die Planungen in unabhängigen<br />

Prozessen vorangetrieben“, es finde „keine<br />

Optimierung über alle Infrastrukturen hinweg statt“.<br />

„Verschiedene Methoden, unterschiedliche Zeitpunkte<br />

der Erstellung und Planungshorizonte sowie teils inkonsistente<br />

Zielvorgaben stehen einer gemeinsamen<br />

FOTO: HEINZ WRANESCHITZ<br />

46


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

POLITIK<br />

Planungsgrundlage im Weg“, heißt es weiter. Und gerade<br />

der Netzentwicklungsplan (NEP) Strom zeige: Es<br />

gebe „einen großen gesellschaftlichen und politischen<br />

Beratungsbedarf zum Energiesystem der Zukunft“.<br />

Die „Entwicklungsoptionen des Energiesystems insgesamt“<br />

würden nicht beachtet: Es fehlen schlichtweg<br />

die „Entscheidungen in vorgelagerten politischen Prozessen“.<br />

SEP soll Ordnung bringen<br />

Deshalb schlägt die dena als Weg aus dem Planungs-<br />

Tohuwabohu einen Systementwicklungsplan (SEP) vor.<br />

Der sei „eine konsistente Grundlage für die weiteren<br />

Planungsprozesse“, mache „Optimierungspotenziale<br />

der integrierten Energiewelt nutzbar und unterstützt<br />

politische Entscheidungen“. Doch dafür „muss der<br />

SEP in einen periodischen, transparenten, partizipativen<br />

und schließlich politisch legitimierten Prozess eingebunden<br />

werden“. Damit bekomme „die weitere Infrastrukturplanung<br />

die nötige Verbindlichkeit. Und alle<br />

Stakeholder können den Prozess als legitime Grundlage<br />

dafür akzeptieren“, sind sich dena und BET sicher.<br />

Aber warum wird solch fundierte Kritik an der bundesdeutschen<br />

Energienetzplanung von besagten<br />

„Stakeholdern“ totgeschwiegen? Das erinnert an die<br />

Studie „Der zellulare Ansatz“ der Energietechnischen<br />

Gesellschaft VDE-ETG vor genau sechs Jahren. Die<br />

hat gezeigt, „wie Stromnetzausbau durch den Zusammenschluss<br />

von austarierten ‚Energiezellen‘ auf<br />

lokaler Ebene reduziert werden kann“. Doch die darin<br />

berechneten 40 Prozent reduzierten notwendigen<br />

Stromnetzausbau-Kapazitäten sind bis heute nicht in<br />

das Bundesbedarfsplangesetz eingeflossen. Auch wenn<br />

das Gesetz offiziell immer wieder den echten (Strom-)<br />

Netzausbaubedarfen angepasst wird.<br />

Doch die dena-Forderung nach einem SEP geht wesentlich<br />

weiter als der (2019 fortgeschriebene) „Zellulare<br />

Ansatz“ der VDE-ETG. Denn der SEP berücksichtigt<br />

alle Energie-Bereiche – Wärme, Strom, Gas und<br />

Wasserstoff – sowie die notwendige Kopplung all dieser<br />

Sektoren. Doch wie bereits erwähnt: Noch nicht einmal<br />

den Stromnetz-Plänen der VDE-ETG öffnen sich Übertragungsnetzbetreiber<br />

(ÜNB), die Bundesnetzagentur<br />

(BNetzA) und deren Dienstherr, das Bundesministerium<br />

für Wirtschaft und Energie (BMWi) bisher.<br />

EU-Kommission verklagt Deutschland –<br />

BMWi und BNetzA sind sich zu nah<br />

Für viele Kritiker aus Umweltverbänden steht fest: Zwischen<br />

politischem Auftraggeber BMWi, den zu überwachenden<br />

ÜNB und dem offiziell als unabhängig zu<br />

geltenden Kontrolleur BNetzA passt kein Blatt<br />

Gut zu wissen!<br />

Die Fachverband Biogas service GmbH kümmert sich um die Organisation<br />

und Durchführung von Schulungen und Fachveranstaltungen. Wir bieten<br />

Beratungsangebote im Bereich der Energieerzeugung durch Biogasanlagen<br />

für Hersteller, Dienstleister und Betreiber an.<br />

Unser aktuelles Veranstaltungsangebot finden Sie unter:<br />

www.service-gmbh.biogas.org<br />

Aktuelle<br />

Branchenthemen:<br />

eeG, Ausschreibungen,<br />

zukunftsoptionen, sicherheit,<br />

Düngerecht u.v.m.<br />

sPReCHen sie<br />

uns An!<br />

© Fotolia_Countrypixel<br />

Fachverband Biogas Service GmbH<br />

Angerbrunnenstr. 12<br />

85356 Freising<br />

0049 8161 / 984660<br />

service-gmbH@biogas.org<br />

47


POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Planer wie BET<br />

kritisieren: „Für die<br />

Energieinfrastrukturen<br />

Strom, Gas, Wasserstoff<br />

und Wärme<br />

werden die Planungen<br />

in unabhängigen<br />

Prozessen vorangetrieben“,<br />

es finde „keine<br />

Optimierung über alle<br />

Infrastrukturen hinweg<br />

statt“.<br />

Papier. Das sieht offensichtlich die EU-Kommission<br />

ähnlich: Die hat die Bundesrepublik Deutschland Ende<br />

2018 vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Denn<br />

die BNetzA – sie soll den monopolisierten Markt der<br />

ÜNB kontrollieren – ist dem BMWi nachgeordnet. Das<br />

war für die EU-Kommission Grund genug, die Unabhängigkeit<br />

der BNetzA anzuzweifeln. Neben jenen besagten<br />

Akteuren Bundesregierung, BNetzA und Strom-<br />

ÜNB geht nun also die dena mit ihrer SEP-Forderung<br />

auch Planer für Wärme-, Gas- und Wasserstoff-Netze<br />

wegen deren unkoordiniertem Vorgehen an.<br />

Doch die Energie-Agentur selbst ist auch nicht unumstritten.<br />

Zum Beispiel beim gemeinnützigen Verein<br />

LobbyControl. Der hat die dena anlässlich des drei Monate<br />

nach dem SEP-Papier im März <strong>2021</strong> veröffentlichten<br />

Zwischenberichts der „dena-Leitstudie Aufbruch<br />

Klimaneutralität“ wegen des „intransparenten<br />

und einseitigen Sponsoringmodells scharf kritisiert“.<br />

Aus Sicht der Nichtregierungsorganisation ist „die<br />

Studie nicht wissenschaftlich neutral, da sie weitestgehend<br />

von Unternehmen finanziert wird. Diese sogenannten<br />

‚Partner‘, darunter Fossil-Konzerne wie RWE<br />

und Thyssengas, bestimmen auch die Inhalte mit. Sie<br />

haben sich ihren Einfluss mit jeweils bis zu 35.000<br />

Euro erkauft.“ Laut LobbyControl räumt die dena dem<br />

Beirat kein Stimmrecht bei der entstehenden dena-<br />

Netzstudie III ein, „die Sponsoring-Unternehmen haben<br />

aber privilegierten Einfluss“.<br />

Fell kritisiert dena<br />

Während LobbyControl sich bei den dena-Studien „für<br />

Transparenz, eine demokratische Kontrolle und klare<br />

Schranken der Einflussnahme auf Politik und Öffentlichkeit“<br />

einsetzt, hat die Kritik von Hans-Josef Fell<br />

eine andere Zielrichtung: Dem Ex-Grünen-Bundestagsabgeordneten<br />

und heutigen Präsidenten der Energy<br />

Watch Group sind vor allem die Zeiträume zu lang,<br />

in denen die dena Klimaneutralität erreichen will; das<br />

erklärt er auf Nachfrage unserer Redaktion.<br />

In einer ersten Stellungnahme auf den Leitstudien-Zwischenbericht<br />

hatte Fell angeprangert: „Die dena ignoriert<br />

vollkommen die Dramatik der Erdüberhitzung und<br />

zudem umfangreiche weltweite Forschungsergebnisse,<br />

nach denen 100 Prozent Erneuerbare Energien bei entsprechendem<br />

politischen Willen bis 2030 technisch<br />

und ökonomisch umsetzbar sind.“ Außerdem sah er<br />

„die Leitstudie wie von der fossilen Wirtschaft diktiert:<br />

Klimaneutralität müsse es erst bis 2050 geben, um<br />

dem Klimaschutz gerecht zu werden. Kein Wort davon,<br />

dass die Atmosphäre heute schon zu voll mit Treibhausgasen<br />

ist und sie deshalb keine Neuemissionen mehr<br />

verträgt.“<br />

SEP-Ideen kontra GroKo-Pläne<br />

Doch zurück zum dena-Vorschlag für einen Systementwicklungsplan<br />

SEP. „Der SEP-Prozess gliedert sich in<br />

drei Phasen: Grundlagen schaffen, Handlungsoptionen<br />

bewerten und Entscheidungen herbeiführen.“ Das liest<br />

sich wie Hänschen und Lieschen Müller beim gemeinsamen<br />

Einkaufen. Und im Detail laufen die SEP-Ideen<br />

sogar den aktuellen Plänen der Regierung entgegen:<br />

Immer wieder ist von GroKo-Seite zu hören, man wolle<br />

„Planungshemmnisse beseitigen“ – also Bürgerrechte<br />

einschränken.<br />

Die dena dagegen will beim Netzausbau sogar „Beteiligungsmöglichkeiten<br />

und Akzeptanz verbessern. Die<br />

Planungsprozesse sehen an vielen Stellen öffentliche<br />

Beteiligungsmöglichkeiten vor“, ist zu lesen, und dass<br />

„es mehrfach die Möglichkeit zur Einflussnahme“ gebe.<br />

Nicht zu vergessen die Angebote von „Netzbetreibern<br />

und Bürgerdialog Stromnetz für informelle Informationen<br />

und Gespräche direkt vor Ort“. Dennoch aber „fehlt<br />

in betroffenen Regionen oft die Akzeptanz für den Bau<br />

insbesondere von Stromleitungen. Eine Ursache dafür<br />

ist das sogenannte Beteiligungsparadoxon“: Das Interesse<br />

an Maßnahmen mit fortschreitendem Planungsund<br />

Umsetzungsstand steige, während gleichzeitig die<br />

Einflussmöglichkeiten abnähmen.<br />

„Das kann zu Frustration der Beteiligten führen, da<br />

zum Zeitpunkt der tatsächlichen Beteiligung grundsätzliche<br />

Entscheidungen bereits getroffen sind. Dadurch<br />

kann bei Betroffenen der Eindruck entstehen,<br />

mit ihren Anliegen immer einen Schritt zu spät zu<br />

kommen.“ Damit beschreibt die dena genau das, was<br />

beispielsweise zurzeit in Bayern bei Tennet-Plänen zu<br />

Höchstspannungsleitungen von Nord nach Süd wie Ost<br />

nach West zu erleben ist. Doch eine Lösung für dieses<br />

„Beteiligungsparadoxon“ bietet auch die dena zumindest<br />

im Zwischenbericht nicht an.<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. Heinz Wraneschitz<br />

Feld-am-See-Ring 15a<br />

91452 Wilhermsdorf<br />

0 91 02/31 81 62<br />

heinz.wraneschitz@t-online.de<br />

www.bildtext.de · www.wran.de<br />

FOTO: LANDPIXEL.EU<br />

48


ê<br />

ê<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

POLITIK<br />

Schreiber<br />

Anlagenbau<br />

Industrie | Biogas | Sondermaschinen | Klärtechnik<br />

DOSIER-MISCHERSCHNECKE 2.0<br />

mit einer Windung komplett V2A<br />

Unsere bewährte Mischerschnecke durch viel Erfahrung<br />

verbessert und weiterentwickelt<br />

durch verbesserte Geometrie der Windung,<br />

Reduzierung des Stromverbrauchs<br />

hergestellt aus V2A – 10 mm<br />

zwei Räumschwerter aus 15 mm V2A<br />

6 Messerhalter<br />

mit großer Serviceöffnung inkl. Abdeckung<br />

optional Ausräumer (rot) erhältlich<br />

für alle gängigen Hersteller<br />

lieferbar<br />

SEPARATORSCHNECKEN<br />

INDSTANDSETZUNG<br />

Wir warten und erhalten Separatorschnecken<br />

sämtlicher Hersteller!<br />

Aufarbeitung von abgenutzten Schnecken<br />

speziell entwickeltes Hartauftrag-Verfahren<br />

Rundschleifen auf Siebkorb-Maß<br />

mehr Pressleistung durch optimierte Geometrie<br />

hoher Verschleißschutz<br />

EGAL<br />

WELCHER<br />

HER-<br />

STELLER!<br />

FERMENTER ZU DICK?<br />

GASERTRAG ZU NIEDRIG?<br />

RÜHRWERKE AM ANSCHLAG?<br />

AS COMPACT CRUSHER<br />

einfacher Einbau vor/nach einer Pumpe<br />

einfache Steuerung<br />

integrierter Fremdkörperabscheider<br />

einfacher Messeraustausch<br />

geringe Unterhaltskosten<br />

Messersatz für nur 24 € erhältlich<br />

bis zu 120 m³/h Durchsatz<br />

mehr Gasertrag aus Problemstoffen/Verkürzung der Verweilzeit<br />

IE3 oder wahlweise IE4 Elektromotor<br />

mechanische verschleißfreie Dichtung<br />

extrem starke langlebige Lagerung<br />

Fermenter wird homogener und fließfähiger –<br />

bessere Ausnutzung<br />

problemloses vergasen von großen Mengen:<br />

Mist, Stroh, GPS oder andere Problemsubstrate<br />

zerkleinert/zerfasert<br />

- mechanisch durch extrem<br />

schnell drehende Messer<br />

- durch Kavitation, die bei der<br />

hohen Drehzahl entsteht<br />

verhindert Schwimmschichten<br />

dünnere Gülle beim Ausbringen<br />

verkürzt die Rührzeiten<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

BIS ZU<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

40 %<br />

ZUSCHUSS<br />

KFW 295<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

ê<br />

Gasaufbereitung | Substrataufbereitung | Separation | Trocknungsanlagen | Instandsetzungen | Sonderanfertigung49<br />

Tel.: 07305 95 61 501 | info@schreiber-anlagenbau.de | www.schreiber-anlagenbau.de


POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Wasserstoff ersetzt Steinkohle<br />

Die Bauphase des Kohlekraftwerks Moorburg dauerte länger als seine Betriebszeit. Kaum<br />

ist es im Zuge des Kohleausstiegs nun endgültig stillgelegt, soll es zum Standort eines der<br />

größten Wasserstoff-Projekte Deutschlands werden. Damit verkörpert Moorburg auf einzigartige<br />

Weise die Energiepolitik der letzten beiden Jahrzehnte.<br />

Von Dierk Jensen<br />

Besoffene Gleichzeitigkeit: Als in Berlin Ende<br />

der Neunzigerjahre die rot-grüne Koalition<br />

unter SPD-Kanzler Schröder am ersten Erneuerbaren-Energien-Gesetz<br />

(EEG) feilte,<br />

wurde unter sozialdemokratischer Mehrheit<br />

in Hamburg noch eifrig an einem neuen großen Kohlekraftwerk<br />

geplant. Es sollte dort errichtet werden, wo<br />

an gleicher Stelle früher ein Gaskraftwerk stand, das in<br />

den Achtzigerjahren abgerissen wurde.<br />

Dann kam CDU-Mann Ole von Beust. Er übernahm nach<br />

jahrzehntelanger sozialdemokratischer Vorherrschaft<br />

im reichen Hamburg das Amt des Ersten Bürgermeisters<br />

und proklamierte fortan die Losung einer „wachsenden<br />

Stadt“. En passant wurde die stadteigene HEW<br />

an den schwedischen Staatskonzern Vattenfall – ganz<br />

im Sinne der christdemokratischen Marktgläubigkeit<br />

– veräußert. Die Schweden vollendeten dann schließlich<br />

das, was heute, nach nur ein paar Jahren Betrieb,<br />

eine gigantische Industrieruine ist: das Kohlekraftwerk<br />

Moorburg. Ein atemberaubend teurer Tempel der energiepolitischen<br />

Kurzsichtigkeit, der klimapolitischen<br />

Ignoranz und eines städtischen Unvermögens, das die<br />

Zeichen der Zeit nicht rechtzeitig zu erkennen wusste.<br />

Wer über den alten Elbtunnel, der von Harburg zur<br />

größten Flussinsel Europas über die Süderelbe führt,<br />

spazieren geht, der sieht das nur ungefähr eineinhalb<br />

Kilometer entfernt liegende Betonmonstrum im Westen.<br />

Davor befindet sich das weitläufige Öllager von<br />

Shell, dahinter liegt der Ort Moorburg, der zwischen<br />

Kraftwerk und dem sich stetig ausweitenden Hafen um<br />

seine Zukunft ringt. Und etwas weiter in nordwestliche<br />

Richtung ragt die backsteinerne Kirche des schon<br />

längst vom Hafen verdrängten früheren Fischerdorfes<br />

Altenwerder wacker in den Abendhimmel.<br />

Zeugnis der „alten“ Wirtschaft<br />

Es besteht kein Zweifel: Moorburg, das stillgelegte<br />

Kohlekraftwerk, das seit Jahreswechsel keinen Dampf<br />

in den Himmel abgibt, das untergegangene Altenwerder<br />

und der gesamte Hamburger Hafen verkörpern die<br />

klassische, fossil geprägte Wachstumswirtschaft. Einzig<br />

zwei 5-Megawatt-Windenergieanlagen vom Hersteller<br />

Enercon signalisieren einen Aufbruch in eine neue,<br />

noch vage Ära.<br />

Das Moorburger Kraftwerk sei, damit rühmte sich der<br />

Betreiber Vattenfall immer wieder, eines der modernsten<br />

Kohlekraftwerke der Welt. Es soll durch hohe Effizienz<br />

geglänzt haben. Alles Attribute, die auch im<br />

FOTOS: JÖRG BÖTHLING<br />

50


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

POLITIK<br />

Anlagenbau<br />

Steinkohlekraftwerk Moorburg: Ein atemberaubend teurer Tempel<br />

der energiepolitischen Kurzsichtigkeit, der klimapolitischen<br />

Ignoranz und eines städtischen Unvermögens, das die Zeichen<br />

der Zeit nicht rechtzeitig zu erkennen wusste.<br />

Informationszentrum, das in den wenigen<br />

Jahren des Betriebes auf dem Kraftwerksgelände<br />

etabliert war, den Gästen aus aller<br />

Welt vermittelt wurden. „Das Interesse an<br />

der Kraftwerkstechnologie war riesengroß“,<br />

bestätigt Gudrun Bode vom einstigen I-<br />

Zentrum, das bis zur Betriebsstilllegung<br />

über 30.000 Besucher empfing. Ob Besuchern<br />

aus Indien oder China auch verraten<br />

wurde, dass die Effizienz potenziell zwar<br />

hochgeschätzt wurde, aber die Wärmeauskoppelung<br />

für die Fernwärme von Hamburg<br />

nie zustande kam, bleibt jedoch fraglich.<br />

Weshalb kam es eigentlich nie zur Nutzung<br />

der Wärme? Die Antwort spiegelt den energiepolitischen<br />

Eiertanz in Deutschland<br />

während der Merkel-Ära wider. Während<br />

der bis 2010 amtierende schwarz-grüne<br />

Senat unter Ole von Beust den Bau von<br />

Moorburg juristisch nicht mehr verhindern<br />

wollte und nach gebetsmühlenartiger Aussage<br />

der Grünen auch nicht mehr konnte,<br />

hielt eine darauffolgende SPD-Landesregierung<br />

unter Olaf Scholz an Moorburg<br />

in alter sozialdemokratischer Affinität zur<br />

Steinkohle fest. Jedoch konnte Scholz<br />

während seiner Amtszeit nicht verhindern,<br />

dass sich die Hamburger, initiiert vom<br />

Umweltverband BUND, in einem Volksentscheid<br />

für den Rückkauf der Gas- und<br />

Stromnetze entschieden.<br />

Kein Brennstoff mehr<br />

aus Übersee<br />

Wie auch immer: Zum Bau einer<br />

Fernwärmeleitung in die<br />

Stadt kam es nie. Allerdings war<br />

die Volksabstimmung schon zu<br />

spät, um die Inbetriebnahme<br />

von Moorburg noch verhindern<br />

zu können. Nach acht Jahren<br />

Bauzeit, von der Dauer nur<br />

noch von der Elbphilharmonie<br />

übertroffen, ging das 1.600<br />

Megawatt große Kraftwerk ans<br />

Netz. Fortan brachten Schiffe<br />

die Steinkohle aus Übersee die<br />

Elbe hinauf. Aus Kolumbien,<br />

aus Australien oder sonst wo<br />

her. Die Hamburger Öffentlichkeit<br />

hat sich darüber nicht<br />

sonderlich geschert. Tatsächlich<br />

waren es nur wenige, die<br />

sich auch nach Betriebsstart<br />

weiter mit der drei Milliarden<br />

teuren CO 2<br />

-Schleuder beschäftigt<br />

haben. Neben Robin Wood,<br />

Greenpeace, manchen Protagonisten<br />

der Erneuerbaren Energien und<br />

einigen wenigen Medien, wie zum Beispiel<br />

der Regionalausgabe der taz, hat sich vor<br />

allem der BUND in den letzten Jahren als<br />

unbeugsamer Widersacher des Moorburger<br />

Kohletempels profiliert.<br />

Allen voran Manfred Braasch, der von<br />

1996 bis vor einigen Wochen Geschäftsführer<br />

des Hamburger Landesverbandes<br />

BUND war. Er wetterte unverdrossen<br />

gegen Moorburg, weil es die CO 2<br />

-Bilanz<br />

Hamburgs gänzlich verhagelte und die<br />

Wärmeversorgung beim Bau einer Wärmeleitung<br />

vom Kraftwerk unter die Elbe in die<br />

Stadtmitte langfristig strategisch in eine<br />

falsche Richtung lenken würde. Zudem<br />

würde durch die Kühlung der Kraftwerksblöcke<br />

die Fauna in der Elbe in große Mitleidenschaft<br />

gezogen werden. Darüber hinaus<br />

engagierte sich Braasch auch für die<br />

Rekommunalisierung der Energienetze,<br />

um die Energiewende wieder in städtische<br />

Verantwortung zu legen. Wie alle wissen: Er<br />

tat es mit großem Erfolg.<br />

So galt Braasch im Hamburger Umfeld als<br />

größter Opponent des rot-grünen Senats,<br />

der in den vergangenen Jahren wenig überzeugende<br />

klima- und umweltpolitische<br />

Kompromisse einging. Denn der Senat hat<br />

zum Beispiel die Elbvertiefung befürwortet<br />

oder dass der belastete Hafenschlick<br />

51<br />

Jetzt Energiefresser<br />

tauschen, CO 2 einsparen<br />

und bis zu 40 % BAFA<br />

Förderung sichern!<br />

Huning Feststoffdosierer –<br />

wir informieren Sie gern:<br />

Süd: Georg Mittermeier, 0163-6080418<br />

g.mittermeier@huning-anlagenbau.de<br />

Nord: Martin Esch, 0163-6080420<br />

m.esch@huning-anlagenbau.de<br />

EIN UNTERNEHMEN<br />

DER HUNING GRUPPE<br />

HUNING Anlagenbau GmbH & Co. KG<br />

Wellingholzhausener Str. 6, D-49324 Melle<br />

Tel. +49 (0) 54 22/6 08-2 60<br />

www.huning-anlagenbau.de


POLITIK<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Investoren planen Milliardeninvestitionen,<br />

um<br />

am Kraftwerksstandort<br />

Moorburg in großem<br />

Stil in die Wasserstoffproduktion<br />

einsteigen<br />

zu können.<br />

weiterhin im schleswig-holsteinischen Wattenmeer verklappt<br />

wird. Auch die voranschreitende Versiegelung<br />

des Stadtgebiets im Zuge der ambitionierten Wohnbaupolitik<br />

wird billigend in Kauf genommen.<br />

Ex-BUND-Mann wechselt in<br />

Umweltbehörde<br />

Dabei hat der Verlust an Grün mittlerweile atemberaubende<br />

Ausmaße angenommen: Viele Grünflächen sind<br />

verschwunden und auch im Hafengebiet sollen in Folge<br />

einer ungebremsten Industriepolitik die letzten Waldbeziehungsweise<br />

Forstflächen geopfert werden. Von<br />

daher differieren grüne Ansprüche nicht selten mit der<br />

realpolitischen Wirklichkeit. Und nun wechselt der rotgrüne<br />

Widersacher Braasch im Juli <strong>2021</strong> ausgerechnet<br />

in die Umweltbehörde, dem der grüne Umweltsenator<br />

Jens Kerstan vorsteht. Dort soll der Ökotrophologe<br />

die Geschäftsstelle eines neu gebildeten<br />

Klimabeirates leiten. Dass dies den amtierenden<br />

SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher<br />

nicht so richtig ins Konzept passt, wurde direkt<br />

nach der Bekanntgabe der Personalie deutlich.<br />

Tschentscher betonte, Braasch habe in<br />

seiner neuen Rolle „neue Loyalitätspflichten“.<br />

Umso interessanter wird es werden, inwieweit<br />

Braasch sich seiner konsequenten Haltung für<br />

Klima- und Umweltschutz in den Reihen der<br />

Umweltbehörde noch treu bleiben kann.<br />

Doch hat Braasch mit dem endgültigen Aus<br />

von Moorburg am 7. Juli <strong>2021</strong> vielleicht genau<br />

den richtigen Zeitpunkt erwischt. „Ich begrüße<br />

die angedachte Nachnutzung“, unterstrich<br />

er in seinen letzten Tagen als Geschäftsführer<br />

des BUND. Soll doch mit dem teuren Ende von<br />

Moorburg, für das Vattenfall rund 300 Millionen<br />

Euro im Zuge des Kohleausstiegs erhält,<br />

von heute auf morgen mit aller Macht eine neue, klimafreundliche<br />

Ära beginnen.<br />

Nun soll Wasserstoffwirtschaft den<br />

Wandel bringen<br />

Und zwar mithilfe von Fördermitteln im Rahmen der<br />

nationalen Wasserstoffstrategie und zugleich auch mit<br />

Rückendeckung aus Europa. Brüssel hat den Standort<br />

im Hafen, direkt an Hochspannungsleitungen und<br />

in unmittelbarer Nähe zu Industrien wie Kupfer- und<br />

Stahlproduktion, zu europaweiter Bedeutung erkoren,<br />

um den Weg in ein bereits im Jahr 2045 dekarbonisiertes<br />

Europa überhaupt gehen zu können. Sehr zur<br />

Freude vom parteilosen Hamburger Wirtschaftssenator<br />

Michael Westhagemann, der sich gerne als Vordenker<br />

eines Hamburger Wasserstoff-Hub positioniert.<br />

52


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

POLITIK<br />

Als früherer Manager bei Siemens ist er mit vielen<br />

großen Industrieunternehmen gut vernetzt, die er im<br />

selbsterklärten Hamburger Wasserstoffverbund begeistern<br />

möchte. Tatsächlich beteiligen sich an Bau und<br />

Betrieb des Elektrolyseurs mit einer Leistung von 100<br />

Megawatt Leistung sowohl Vattenfall, Shell, Mitsubishi<br />

Heavy Industries (MHI) als auch die städtische Wärme<br />

Hamburg, die die Abwärme des Elektrolyseurs in ihr<br />

Netz einspeisen will. Dabei soll die Anlage so aufgebaut<br />

sein, dass sie jederzeit erweitert werden kann. „Denn<br />

wenn wir ehrlich sind, reichen die 100 Megawatt Leistung<br />

dazu, nur einen Bruchteil der Industrie mit Wasserstoff<br />

zu versorgen“, weiß Michael Westhagemann.<br />

„Wir benötigen das Zehnfache.“<br />

Ziel sei es deshalb, bis 2030 die Leistung der Anlage<br />

zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen. Arne Langner,<br />

Sprecher des benachbarten Stahlherstellers Arcelor<br />

Mittal spricht von einem Standortvorteil, weil sowohl<br />

Strom- als auch Gasnetze bereits vorhanden seien. Die<br />

Beteiligten wollen insgesamt 1,6 Milliarden Euro investieren,<br />

rund 520 Millionen Euro fließen aus dem<br />

Bundeshaushalt. „Ich begrüße die Folgevorhaben am<br />

Standort Moorburg sehr“, bekräftigt indessen auch Jan<br />

Rispens, der als Geschäftsführer des Hamburger Erneuerbaren<br />

Energieclusters seit vielen Jahren versucht,<br />

die unterschiedlichen Akteure an Elbe und Alster miteinander<br />

zu vernetzen.<br />

Weitere Wasserstoffakteure kündigen<br />

sich an<br />

Bemerkenswert deshalb auch für Rispens, dass am<br />

Standort Moorburg Ende Februar neben Vattenfall & Co.<br />

plötzlich ein weiteres Konsortium mit neuen Projektideen<br />

sich an die Öffentlichkeit wandte. Das Trio von der<br />

HH2E AG mit Alexander Voigt als Vorstandsvorsitzender,<br />

Uniper SE und Siemens Energy AG plant auf dem<br />

Gelände vom stillgelegten Kohlekraftwerk ein, wie sie es<br />

bezeichnen, „ikonografisches Zukunftskraftwerk“.<br />

Die drei Player beabsichtigen dort einen 200 Megawatt<br />

leistenden Elektrolyseur, eine moderne Gasturbine<br />

in einer Größenordnung von 60 bis 100 Megawatt<br />

sowie einen Hochtemperaturspeicher zu installieren.<br />

So überschlagen sich derzeit die hehren Absichtserklärungen,<br />

denn auch Eon Hanse will auf der Basis von<br />

erneuerbarem Strom – zwar nicht auf der Betonplatte<br />

des Kohlekraftwerks, aber im Hamburger Hafen – einen<br />

Elektrolyseur zur Wasserstoffproduktion schon in naher<br />

Zukunft realisieren.<br />

Bis aber die neue, grüne Ära in Moorburg wirklich starten<br />

kann, wird es noch einige Zeit brauchen, vielleicht<br />

sogar bis 2024, bis die Konstruktion des Kohlekraftwerks<br />

endgültig demontiert ist und alle Öle und sonstigen<br />

problembelasteten Reststoffe fachgerecht entsorgt<br />

sind. Gudrun Bode von Vattenfall beziffert die Kosten<br />

dafür auf rund 50 Millionen Euro.<br />

Ernüchterndes Fazit: Viele Moorburgs wird sich eine<br />

Wohlstandsgesellschaft wohl nicht mehr erlauben können<br />

– es fehlen die Ressourcen und es wird unbezahlbar.<br />

Umso erstaunlicher daher, wie schnell die große<br />

Industrie doch in der Lage zu sein scheint, den Hebel<br />

umzulegen. Mit dem Blick zurück ist das bitter, mit<br />

dem Blick nach vorne macht es Hoffnung. Ade Moorburg,<br />

ahoi Moorburg!<br />

Autor<br />

Dierk Jensen<br />

Freier Journalist<br />

Bundesstr. 76 · 20144 Hamburg<br />

040/40 18 68 89<br />

dierk.jensen@gmx.de<br />

www.dierkjensen.de<br />

HEAVY-DUTY<br />

RÜHRWERKE<br />

Sichern Sie sich durch die<br />

effizientesten Rührwerke<br />

am Markt bis zu<br />

40% Förderung<br />

der Investitionskosten<br />

durch die BAFA


G<br />

Ä<br />

R<br />

D<br />

Ü<br />

N<br />

G<br />

E<br />

Ṟ<br />

PRAXIS / TITEL BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

A<br />

U<br />

F<br />

B<br />

E<br />

R<br />

E<br />

I<br />

T<br />

U<br />

N<br />

G<br />

Stickstoff<br />

eliminieren,<br />

Phosphor<br />

mit Feststoff<br />

exportieren<br />

54<br />

Biatex-Green-Anlage. Von links: Gabi Bloomfield (Vertrieb<br />

und Marekting), Daniel Kollmann (Projektleiter) und<br />

Geschäftsführer Stefan Sziwek. In dem grünen Container, der<br />

innen geteilt ist, befinden sich ein kleines Labor in der einen<br />

Hälfte und in der anderen die Kompressoren, die die Luft für<br />

die Belüftung des Belebungs- und des Anamoxbeckens (Betonbehälter<br />

rechts) bereitstellen. Oben auf dem Container ist<br />

der Grobseparator zu sehen. In dem Raum dahinter befindet<br />

sich die Feinseparation.


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS / TITEL<br />

Die düngerechtlichen Vorgaben schränken die ausbringbaren Nährstoffmengen ein. In<br />

Regionen mit hohem Nährstoffanfall und knapp verfügbaren Flächen sowie relativ hohen<br />

Kosten für Nährstoffexporte kann die gezielte Wirtschaftsdüngerbehandlung zur Nährstoffreduktion<br />

und -fraktionierung eine Option sein.<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

In Lamstedt (Niedersachsen), nördlich von Bremervörde,<br />

ist seit Ende 2020 eine Gärdünger-<br />

Behandlungsanlage in Betrieb, die die im Gärrest<br />

enthaltene Stickstoffmenge durch biologischen<br />

Abbau des Ammoniumanteils deutlich reduziert<br />

und den Nährstoff Phosphor zu einem Großteil in den<br />

separierten Feststoff überführt. Geplant und gebaut hat<br />

die Anlage die Firma Biatex GmbH aus Rheine (NRW).<br />

Nach nur fünf Monaten Bau- und Testzeit konnte die<br />

Anlage im vergangenen November den Regelbetrieb<br />

aufnehmen.<br />

Die Funktionsweise der Biatex Green-Anlage stellt sich<br />

wie folgt dar: Am Anfang werden mit einer projektspezifischen<br />

Feststoffabtrennung, die auf die Einsatzstoffe<br />

angepasst wird, die Feststoffe so weit wie technisch<br />

möglich ohne Chemikalien und Flockungshilfsmittel<br />

abgetrennt. Anschließend werden sie in einer biologischen,<br />

zweistufigen Behandlung mit natürlichen Anamoxmikroganismen<br />

abgebaut.<br />

In Lamstedt wird das ausgegorene, flüssige Gärsubstrat<br />

mit einem Trockensubstanzgehalt (TS) von<br />

durchschnittlich 10 bis 12 Prozent mit einer Exzenterschneckenpumpe<br />

vom Gärdüngerlager in einen runden<br />

Betonbehälter gepumpt, der im Fall der Pilotanlage<br />

ebenerdig in den Boden eingebaut worden ist. Die Vorgrube,<br />

in der sich kein Rührwerk befindet, hat ein Fassungsvermögen<br />

von 6 Kubikmeter (m³) und wird immer<br />

anlagenindividuell dimensioniert. Die Vorgrube ist das<br />

Vorlagebehältnis, das den Press-Schneckenseparator<br />

mit Material versorgt. Er ist so eingestellt, dass er einen<br />

Feststoffanteil mit durchschnittlich 25 Prozent TS-<br />

Gehalt abtrennt.<br />

Grob- und Feinseparation der Feststoffe<br />

„Der ‚Grob-Separator‘ stellt das erste Technikglied in<br />

der Feststoffabtrennung dar. Bei der zweiten Technikkomponente<br />

handelt es sich um eine Feinseparation.<br />

Genauer gesagt ist es ein Vakuumseparator von<br />

Im Bild hinten die<br />

Biogasanlage und die<br />

Blockheizkraftwerke<br />

davor. Vorne knapp zu<br />

erkennen der mittlere<br />

Vorlagebehälter für<br />

das Belebungsbecken,<br />

dahinter das rötlichbraun<br />

eingefärbte<br />

Anamoxbecken.<br />

FOTOS: MARTIN BENSMANN<br />

55


PRAXIS / TITEL BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

G<br />

Ä<br />

R<br />

D<br />

Ü<br />

N<br />

G<br />

E<br />

Ṟ<br />

A<br />

U<br />

F<br />

B<br />

E<br />

R<br />

E<br />

I<br />

T<br />

U<br />

N<br />

G<br />

Blick von oben vom Steg, der mittig<br />

über den Betonbehälter führt, in das<br />

Belebungsbecken. Sehr gut zu erkennen<br />

sind die schwimmenden Füllkörper,<br />

die das Schäumen des Substrates<br />

verhindern sollen. Oben links der<br />

kleine runde, mittig im großen Betonbehälter<br />

angeordnete Behälter, der die<br />

fertig separierte Flüssigkeit aufnimmt<br />

und bevorratet. Unten im Bild ist<br />

ein Edelstahlkasten zu sehen. Der<br />

befindet sich im Belebungsbecken und<br />

dient als erster freier Überlauf vom<br />

Belebungs- zum Anamoxbecken. Der<br />

zweite freie Überlauf ist im Anamoxbecken<br />

eingebaut, über den der fertig<br />

aufbereitete Gärdünger – in diesem<br />

Fall das Kaliwasser – zur Lagerung<br />

abgeleitet wird. In den freien Überlauf<br />

drückt sich das Substrat immer von<br />

unten hinein.<br />

FOTOS: MARTIN BENSMANN<br />

Links oben im Bild befindet sich der Grobseparator. Links<br />

unten sind die Schurren zu sehen, die den Feststoff aus der<br />

Feinseparation ausleiten. Die Feinseparatoren befinden sich<br />

links hinter der Wand. Unten sammelt sich der abgetrennte<br />

Feststoff, der hinten zu einem Haufen aufgestapelt wird.<br />

Acht Feinseparatoren trennen nach dem<br />

Grobseparator weitere Feststoffanteile aus<br />

dem Gärdünger ab.<br />

56


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS / TITEL<br />

Blick von oben in den Vorlagebehälter mit der fertig<br />

separierten Flüssigkeit. Aus diesem Behältnis<br />

wird das Belebungsbecken gespeist.<br />

Replace<br />

your agitator<br />

and cut your<br />

costs !<br />

Improve the efficiency of your<br />

biogas plant and reduce your<br />

energy costs. Simply replace your<br />

old 18.5 kW submersible agitator<br />

with one of Stallkamp’s extremely<br />

efficient 11 kW models and save<br />

up to 4000 Euro p.a.* without<br />

losing any performance. In the<br />

majority of cases the exchange<br />

will pay off within the first year.<br />

Don’t hesitate and contact our<br />

specialists!<br />

Daniel Kollmann am Bogensieb, das vor dem Ablauf der fertig<br />

behandelten Flüssigkeit die enthaltenen Anamoxbakterien zu einem<br />

Großteil zurückhalten soll. Das vom Bogensieb abgetrennte<br />

Material fließt zurück ins Anamoxbecken, der größere Rest wird<br />

ins Gärdüngerlager gepumpt.<br />

Probenmaterial aus dem Anamoxbecken. Die rötliche<br />

Färbung stammt von den Anamoxbakterien.<br />

| pump<br />

| store<br />

| agitate<br />

| separate<br />

* The total amount of savings depends on run-time and<br />

effectiveness of the existent agitator, cost of electricity,<br />

dry matter content and fermenter configuration.<br />

57<br />

Tel. +49 4443 9666-0<br />

www.stallkamp.de<br />

MADE IN DINKLAGE


PRAXIS / TITEL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Blick in den leeren Betonbehälter, in dem der Stickstoffabbau stattfindet. Oben auf dem Steg befindet sich im Edel -<br />

stahlkasten das Bogensieb. In dem mittleren Rundbehälter wird das Filtrat, das vom Feinseparator kommt, zwischengespeichert.<br />

Aus diesem Behälter wird das Belebungsbecken (oben im Bild) versorgt. Links und rechts sind die<br />

betonierten Trennwände erkennbar, die den äußeren Ring unterbrechen und Belebungsbecken und Anamoxbecken<br />

voneinander trennen. Links an die Trennwand geschraubt befindet sich der freie Überlauf des Anamoxbeckens.<br />

der Firma BETEBE in Vreden (NRW), der dank seiner<br />

mikroperforierten Lochungen weitere Feststoffanteile<br />

und somit bereits einen großen Anteil Phosphor und<br />

organischen Stickstoff in die feste Fraktion überführt“,<br />

erläuterte Biatex-Geschäftsführer Stefan Sziwek. Die<br />

abgeschiedene flüssige Phase der ersten Separationsstufe<br />

wird in eine offene Wanne geleitet, aus der die<br />

acht Feinseparatoren die Flüssigkeit ziehen.<br />

Die mikroperforierte Lochung des Feinseparators hat<br />

eine Größe von 80 Mikrometer (µm). Die Lochungen<br />

werden von einem umlaufenden Wendel gereinigt, was<br />

deren Verstopfung verhindert.<br />

Der TS-Gehalt im Feststoff, der<br />

die Feinseparation verlässt, ist<br />

auf etwa 18 Prozent eingestellt.<br />

Während der erste Separator<br />

etwa 70 bis 90 Prozent der Gesamtfeststofffracht<br />

entfernt,<br />

schleust der Feinseparator weitere<br />

5 bis 15 Prozent des Gesamtfeststoffanteils<br />

heraus. Mit<br />

der Separationsstufe werden 70<br />

bis 90 Prozent des Phosphors,<br />

der im unbehandelten Gärdünger<br />

enthalten ist, in die Feststofffraktion<br />

überführt. Das erste<br />

Technikglied wird laut Sziwek<br />

immer projektspezifisch ausgelegt<br />

und im Fall Lamstdet demnächst<br />

weiter optimiert.<br />

Im Fugat, also in der fertig separierten<br />

flüssigen Phase, liegt<br />

der TS-Gehalt im Durchschnitt<br />

zwischen 2 und 4 Prozent, was<br />

im Wesentlichen an der hohen<br />

Salzfracht vom Hühnertrockenkot<br />

liegt. Biatex versucht derzeit, mit weiteren Abtrennverfahren<br />

diesen TS-Gehalt weiter zu reduzieren.<br />

Vor der weiteren biologischen Behandlung wird das<br />

Fugat in ein sogenanntes Absetzbecken gepumpt, in<br />

dem restliche Feststoffpartikel sedimentieren können.<br />

Dieses Absetzbecken ist ein runder, offener Betonbehälter,<br />

der mittig in einem größeren Betonrundbehälter<br />

platziert ist. So entsteht ein Ringbehältnis um das<br />

Absetzbecken herum. Zwei Betonwände, die zwischen<br />

Außenwand und Absetzbecken eingebaut worden sind,<br />

trennen den Ring in zwei Hälften.<br />

FOTO: BIATEX GMBH<br />

Weniger Aufwand, mehr Ertrag!<br />

Dank flexibler Vermarktung Ihrer Biogasanlage.<br />

+ Direktvermarktung<br />

+ Fahrplanoptimierung<br />

+ Regelenergie-Vermarktung<br />

Mehr erfahren unter www.trianel.com/biogas<br />

Trianel GmbH | Krefelder Straße 203 | 52070 Aachen<br />

Offizieller Vertriebs partner<br />

+49 241 413 20-340<br />

vertrieb-vermarktung@trianel.com<br />

013.0121012_Trianel_Biogas_AZ_175x77_BiogasJournal_RZ.indd 1 29.03.21 11:19<br />

58


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS / TITEL<br />

FOTO: MARTIN BENSMANN<br />

Belebungs- und Anamoxbecken<br />

„Die eine Ringhälfte dient als sogenanntes Belebungsbecken,<br />

die andere Ringhälfte wird als Anamoxbecken<br />

bezeichnet. Das Belebungsbecken wird aus dem Absetzbecken<br />

gespeist. Im Belebungsbecken wird von<br />

unten intensiv Luft eingeblasen, die von einem Kompressor<br />

bereitgestellt wird. Auch das Anamoxbecken<br />

wird belüftet, jedoch deutlich weniger intensiv als das<br />

Belebungsbecken. Das Belebungsbecken ist die erste<br />

Stickstoffreduktionsstufe. Durch das Lufteinblasen<br />

entsteht Schaum auf dem Flüssigkeitsspiegel. Um<br />

dem vorzubeugen, schwimmen Kunststoffkörper auf<br />

der Oberfläche“, beschreibt Sziwek diesen Prozessschritt.<br />

Immer wenn das Belebungsbecken mit Fugat gespeist<br />

wird, strömt über einen freien Überlauf Flüssigkeit in<br />

das Anamoxbecken. Das hat seinen Namen von den<br />

sogenannten Anamoxbakterien, die dort in der Inbetriebnahmephase<br />

eindosiert werden. Diese Bakterien<br />

ernähren sich von Stickstoff und bauen ihn somit ab.<br />

Die Bakterien werden von Biatex bei der Inbetriebnahme<br />

einmalig eingeimpft. Es werden bewusst keine<br />

Chemikalien oder Polymere eingesetzt, um keine<br />

schwer abbaubaren Stoffe in den Düngekreislauf einzubringen.<br />

Da diese Anamoxbakterien sehr langsam wachsen,<br />

sind sie im Markt nur begrenzt verfügbar. Im Gesamtverfahren<br />

wird der Stoffwechselprozess der Deammonifikation<br />

genutzt. Dabei wird Ammonium mit Nitrit<br />

direkt zu molekularem Stickstoff umgesetzt – also zu<br />

N 2<br />

. Gleichzeitig erfolgt ein Abbau von Kohlenstoff.<br />

Das Ammonium darf also in der vierstufigen Reaktionsfolge<br />

nicht zu Nitrat reduziert werden. Mit dem<br />

Biatex-Green-Verfahren lässt sich der Ammoniumgehalt<br />

des unbehandelten Gärdüngers um über 90 Prozent<br />

reduzieren.<br />

Gärdünger in der 6 Kubikmeter fassenden Vorgrube,<br />

aus der die Separatoren gespeist werden.<br />

Bogensieb hält Anamoxbakterien zurück<br />

„Die Anamoxbakterien sind sehr klein. Sie würden über<br />

den Ablauf des Anamoxbeckens entweichen. Um das<br />

zu verhindern, ist ein patentiertes Bogensieb verbaut<br />

worden. Hierdurch müssen die Anamoxmikroorganismen<br />

nicht mehr nachgeimpft werden. Damit sind wir<br />

in der Lage, die Bakterien zurückzuhalten. Das Sieb<br />

selektiert die Bakterien vom Feinschlammanteil ab“,<br />

erklärt Sziwek.<br />

Die Verweilzeit des Gärdüngers in der Behandlungsanlage<br />

beträgt je nach Ausgangsmaterial zwischen<br />

8 und 16 Tage. In beiden Becken hat der zu behandelnde<br />

Gärdünger eine Temperatur von etwa 30 Grad<br />

Celsius. Nach einer anfänglichen Aufheizphase kommt<br />

es im Prozess zu einer exothermen Reaktion, sodass<br />

im Normalbetrieb keine externe Wärmezufuhr notwendig<br />

ist. Auf der Pilotanlage hat der unbehandelte<br />

Gärdünger einen pH-Wert von 8,3 bis 8,7. Im<br />

PUMPENTECHNIK<br />

OBERSCHWABEN<br />

Hardtstraße 24 a<br />

D-88090 Immenstaad<br />

Phone +49 (0) 7545 / 911 747<br />

Mobil +49 (0) 152 / 22 16 46 94<br />

info@pt-ob.de | www.pt-ob.de<br />

... aus einem Guss gefertigt<br />

... hohe Verschleißfestigkeit 60 HRC<br />

Spezialbeschichtung 1.350 HV<br />

... geringes Gewicht<br />

... wirtschaftlicher Pumpenbetrieb<br />

HOHLROTOREN<br />

FÜR EXZENTERSCHNECKENPUMPEN<br />

…der Fabrikate: Allweiler, Armatec, BSA, Bauer, Fliegl,<br />

Joskin, Netzsch, Seepex, Streumix, Wangen, Vogelsang, 59 uvm.


PRAXIS / TITEL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Mit Wasser gefülltes<br />

Belebungsbecken<br />

(rechts) mit auf dem<br />

Boden montierten<br />

Belüftungsdüsen.<br />

Das wollten wir in Lamstedt aber nicht, weil dann für<br />

die Schlammabtrennung Polymere eingesetzt werden<br />

müssen. Wir wollen auch kein klares Wasser produzieren,<br />

das wir in Gräben oder Vorfluter einleiten könnten.<br />

Wir wollen vielmehr die Kulturpflanzen unter trockener<br />

werdenden Klimabedingungen mit Flüssigkeit versorgen.<br />

An Nährstoffen sind im Endprodukt im Wesentlichen<br />

Kalium und Magnesium sowie etwas mineralischer<br />

Stickstoff enthalten“, informiert Sziwek.<br />

Messwerte bezogen auf die Pilotanlage in Lamstedt<br />

Zulauf<br />

vor Separation<br />

Ablauf<br />

nach Biatex Green<br />

von bis von bis<br />

TS-Gehalt 9,5 13 1,6 5<br />

ph-Wert 8,2 8,7 7,4 7,7<br />

Gesamt-N kg/t 9 10,5 0,8 2,1<br />

NH 4<br />

-N kg/t 4,8 6,1 0,28 1,2<br />

Gesamt-P kg/t 8,5 9,8 0,08 1,7<br />

Biokohle aus Feststoffen gewinnen<br />

Demnächst soll an dem Standort noch eine HTC-Anlage<br />

errichtet werden. Dann wird mittels Hydrothermaler<br />

Carbonisierung sogenannte Biokohle aus den<br />

abgetrennten Feststoffen produziert. Die Diversifizierung<br />

der Einnahmen einer Biogasanlage sei wichtig<br />

für deren heutigen und künftigen Erfolg. Nur Strom zu<br />

produzieren sei insbesondere unter den neuen EEG-<br />

Bedingungen künftig kaum mehr möglich.<br />

Die Biogasanlage vor Ort nahm 2011 ihren Betrieb<br />

auf. Sie besteht aus einem Fermenter (1.470 m³), einem<br />

Nachgärer (1.470 m³) und einem Gärdüngerlager<br />

(4.394 m³). Ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit 400<br />

Kilowatt elektrischer Leistung verwertet das Biogas.<br />

Der Motor ist nicht flexibilisiert und läuft sozusagen im<br />

24/7-Betrieb. Mit einem Teil der BHKW-Abwärme wird<br />

ein in der Nähe befindlicher Hühnerstall versorgt. Dort<br />

werden medizinische Eier produziert für die Medikamentenherstellung.<br />

Vergoren werden in der Biogasanlage Silomais, Hühnertrockenkot<br />

und Rindergülle. Die Verweilzeit beträgt<br />

in Fermenter und Nachgärer 120 Tage, die Gärtemperatur<br />

liegt bei 39 bis 40 Grad Celsius. Laut Sziwek ist<br />

die Rinderhaltung in der Region stark verbreitet. Somit<br />

sei ein großes Potenzial zur Biogasproduktion vorhanden.<br />

Er wolle künftig auch den Anteil an Rindergülle/-<br />

mist erhöhen und den teuren Silomaisanteil senken.<br />

Die Rindergülle werde aus der Region geliefert. Eventuell<br />

steigt er demnächst ganz aus der Biogasverstromung<br />

aus und produziert Biomethan für den Kraftstoffmarkt.<br />

Eins steht aber jetzt schon fest: Ein Nährstoffüberschuss-Problem<br />

hat er nicht mehr.<br />

Hinweis: Eine Besichtigung der Anlage ist<br />

nach Terminvereinbarung unter der<br />

Mobil-Nr. 01 51/59 46 14 56 möglich.<br />

fertig behandelten Gärdünger liegt der pH-Wert bei zirka<br />

7,5. Sziwek geht es mit diesem Verfahren darum,<br />

die Nährstoffüberschussprobleme zu lösen und einen<br />

transportwürdigen flüssigen Wirtschaftsdünger zu produzieren,<br />

ohne Chemikalien einzusetzen. „Möglich ist<br />

die Nachschaltung einer Nachreinigung mit Ultrafiltration,<br />

um die Salzfracht im Gärrest weiter zu reduzieren.<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Redakteur Biogas Journal<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

0 54 09/90 69 426<br />

martin.bensmann@biogas.org<br />

FOTO: BIATEX GMBH<br />

60


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS / TITEL<br />

Rund, schnell und flexibel<br />

Marktführer in der Herstellung und Montage von Stahlbeton-<br />

Fertigteilbehältern für die Biogas Industie.<br />

Hohe Qualität - Vorgefertigte Elemente<br />

in kontrollierter Umgebung<br />

Robuste Stahlbetonelemente - Auch ins<br />

Erdreich eingebundene Varianten möglich<br />

Flexible Produktpalette - Durchmesser<br />

bis 70 m und Wandhöhen bis 14 m<br />

Optimierte Baumethode - Sichere und<br />

schnelle Vor-Ort-Montage<br />

Kurze Bauzeiten - Kalkulierbare und<br />

schnelle Realisierung<br />

Kostengünstig - Ausgelegt für eine<br />

Lebensdauer von 50 Jahren<br />

Biogaskongress <strong>2021</strong><br />

29./30. September <strong>2021</strong> (Online)<br />

Termin bitte<br />

vormerken<br />

Weitere Infos unter: https://veranstaltungen.fnr.de/biogaskongress<br />

A-CONSULT GmbH<br />

Werner-Von-Siemens-Str. 8 • D-24837 Schleswig<br />

Tel. 04621 855094 0 • Fax: 04621 855094 20<br />

info@aconsult.de • www.aconsult.de<br />

Medienpartner<br />

BI<br />

GAS Journal<br />

KOMPONENTEN FÜR BIOGASANLAGEN<br />

QUALITÄT<br />

AUS<br />

VERANTWORTUNG<br />

■ Fermenterrührwerke für Wand- und<br />

Deckeneinbau Robuste und leistungsstarke Bauweise energieeinsparend<br />

+ hocheffizient.<br />

■ Separatoren für Biogasanlagen<br />

stationär / als mobile Einheit<br />

BIS ZU<br />

40%<br />

ZUSCHUSS<br />

DURCH KFW<br />

MÖGLICH<br />

■ Rührwerke für Nachgärbehälter<br />

und Endlager<br />

■ Pumptechnik für Biogasanlagen<br />

■ Panoramaschaugläser Nachrüstung möglich<br />

PAULMICHL GmbH<br />

Kisslegger Straße 13<br />

88299 Leutkirch<br />

Tel. 0 75 63/84 71<br />

Fax 0 75 63/80 12<br />

www.paulmichl-gmbh.de<br />

MAPRO International LOGO.pdf 1 12.11.13 10:21<br />

MAPRO ® GASvERdIchTER<br />

volumenströme bis zu 3600 m³/h<br />

und drücke bis zu 3,2 bar g<br />

A Company of<br />

MAPRO ® INTERNATIONAL S.p.A.<br />

www.maproint.com<br />

WARTUNG ZUM FESTPREIS<br />

MAPRO ® Deutschland GmbH<br />

Tiefenbroicher Weg 35/B2 · D-40472 Düsseldorf<br />

Tel.: +49 211 98485400 · Fax: +49 211 98485420<br />

www.maprodeutschland.com · deutschland@maproint.com<br />

61


PRAXIS / TITEL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Technologie-<br />

Kaskade zerlegt<br />

Wirtschaftsdünger<br />

Die kluge Verknüpfung verschiedener Technologien<br />

miteinander lässt neue Düngerprodukte und Wertstoffe<br />

entstehen. Eine kreislauforientierte Lösungskaskade<br />

für landwirtschaftliche Betriebe und Biogasanlagen<br />

in Regionen mit Nährstoffüberschüssen aus<br />

anfallenden Wirtschaftsdüngern.<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Von links: André<br />

Schillingmann, die<br />

Geschäftsführer Dieter<br />

und Hartmut Schillingmann.<br />

G<br />

Ä<br />

R<br />

D<br />

Ü<br />

N<br />

G<br />

E<br />

Ṟ<br />

A<br />

U<br />

F<br />

B<br />

E<br />

R<br />

E<br />

I<br />

T<br />

U<br />

N<br />

G<br />

Es ist nun schon mittlerweile sieben Jahre her,<br />

dass ich die Firma REW Regenis - Regenerative<br />

Energie Wirtschaftssysteme GmbH<br />

in Quakenbrück (Niedersachsen) besucht<br />

habe. Damals wurde die Separations- und<br />

Trocknungstechnik sowohl in der Fertigung als auch<br />

im Praxisbetrieb angeschaut – siehe Bericht im Biogas<br />

Journal 6_2014, Seite 48 bis 51. Schon damals hatte<br />

das Unternehmen zahlreiche Ideen im Köcher. Nun war<br />

es mal wieder an der Zeit zu schauen, was es an neuen<br />

Entwicklungen gibt.<br />

Beim Grundprinzip der Separationstechnik hat sich<br />

einiges verändert. Die Pressschnecke zieht – im Gegensatz<br />

zu vielen anderen Modellen im Markt – den<br />

Gärdünger oder die Gülle durch den Separator, wodurch<br />

ein voll geschlossenes Verfahren mit einem vom<br />

Siebkorb getrennten, durchbruchsicheren Ringspaltstopfen<br />

ermöglicht wird. Dieser Stopfen wird nicht<br />

durch Verschleiß erzeugende und Energie zehrende<br />

Gegenklappen aufgebaut und gesichert, sondern ist<br />

von der Form und vom Aufbau als solcher durchbruchsicher.<br />

„Neu ist, dass die Welle vorne und hinten gelagert ist,<br />

wodurch immer Siebkorb und Welle voll zentriert sind.<br />

Dadurch reduzieren wir den Verschleiß und erhöhen<br />

außerdem die Betriebssicherheit der Separatoren“,<br />

erläuterte Geschäftsführer Dr.-Ing. Dieter Schillingmann.<br />

Regenis legt neuerdings das Gesamtsystem<br />

Welle, Siebkorb und Ringspaltstopfen kundenspezifisch<br />

so aus, dass der Düngerschlamm entweder mehr<br />

in den Feststoff (zum Beispiel mit dem Modell „GE<br />

Super“ als MaisEinsparer) oder gezielt in das Filtrat<br />

gelangt (GE Super dry zur Produktion von zum Beispiel<br />

Einstreu mit hohem Trockensubstanzgehalt).<br />

Stationäre und mobile Separatoren<br />

Von den Separatoren gibt es zwei Größen, die zu vier<br />

verschiedenen Typen mit unterschiedlichen Durchsatzmengen<br />

von 1 m³ bis 100 m³ pro Stunde aufgebaut<br />

werden können. Die Separatoren können an der<br />

Biogasanlage und/oder mobil zur Gülleseparation eingesetzt<br />

werden. Die Separatoren sind in der Lage –<br />

je nach Zielstellung, Aufbau und Inputmaterial –,<br />

Feststoffe mit bis zu 45 Prozent Trockensubstanz-(TS)<br />

gehalt zu produzieren. Allerdings: je höher der TS-<br />

Gehalt, desto geringer wird der Durchsatz pro Stunde.<br />

„Im Feststoff befindet sich vor allem der Nährstoff<br />

Phosphor, aber auch organischer Stickstoff ist in großen<br />

Mengen enthalten. „Die abseparierte Flüssigkeit,<br />

das Filtrat, kann im Falle der Separation – im Bereich<br />

der Tierproduktion ohne Biogasanlage – entsprechend<br />

düngertechnisch an die Hoftorbilanz angepasst werden.<br />

Dies ist zum Beispiel mit einfachen Verfahren wie<br />

Sedimentation, Fällung, Flotation, MAP-Gewinnung<br />

usw. möglich oder es kann in Synergie mit einer Biogasanlage<br />

und unserem ‚GT Trockner/Verdampfer‘ weiter<br />

aufbereitet werden“, erklärte Dieter Schillingmann<br />

weitere Optionen.<br />

Nur Gülleinhaltsstoffe vergären<br />

Die mobilen Separatoren heißen bei Regenis „Maiseinsparer“.<br />

Dieter Schillingmann erklärt die Idee dahinter:<br />

„Wir sind davon überzeugt, dass die Gülle – so wie<br />

sie im Stall anfällt – nicht vergoren werden sollte, da<br />

zum einen der Flüssigkeitsanteil zu hoch und der energiehaltige<br />

Feststoffanteil zu gering ist und zum anderen<br />

durch die Frischgülleseparation Emissionen reduziert<br />

werden können. Gerade im Winter muss man sich<br />

manchmal die Frage stellen, ob mehr Energie aus der<br />

FOTO: MARTIN BENSMANN<br />

62


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS / TITEL<br />

Im 40-Fuß-Container: Hier an der einen Stirnseite befindet<br />

sich oben der Separator, der aus dem darunter stehenden<br />

runden Behälter mit Gärsubstrat versorgt wird. Die<br />

abgepresste feste Fraktion wird vom Separator an den<br />

dahinterliegenden Trockner übergeben.<br />

Blick auf den Verdampfungstrockner. Hier erkennt man die hochwertige Isolierung.<br />

50 % der „reingesteckten“ Rauchgaswärme kann zurückgewonnen werden.<br />

FOTOS: WERKBILDER<br />

Pyrolyseanlage: Sie befindet sich ebenfalls in einem 40-Fuß-Container. Vorne links befindet sich der<br />

Brenner, der zum Start der Anlage mit Biogas befeuert werden kann. In dem Container befindet sich<br />

auch ein Trocknermodul, das über dem Pyrolysereaktor angeordnet ist.<br />

Gülle herauskommt, als durch Transporte,<br />

Aufheizen, Pumpen und Rühren reingesteckt<br />

werden muss. Wir plädieren dafür,<br />

die Rinder- beziehungsweise Schweinegülle<br />

stallnah zu separieren und anschließend<br />

insbesondere den abgetrennten Feststoff<br />

möglichst frisch zu vergären“, betonte<br />

Schillingmann. Versuche hätten gezeigt,<br />

dass man aus 10.000 Tonnen frischer<br />

Rindergülle im Jahr etwa 2.000 Tonnen<br />

Feststoffe abseparieren kann. Damit lassen<br />

sich über 1.000 Tonnen Mais pro Jahr<br />

einsparen, daher der Name „Regenis ME“,<br />

wobei „ME“ für „MaisEinsparer“ steht.<br />

In der Technologiekette kann optional nach<br />

dem Separator die Trockner/Verdampfereinheit<br />

zur Hygienisierung der abgetrennten<br />

Feststoffe und zur Produktion von<br />

Flüssigdünger angeschlossen werden.<br />

Beide Prozessstufen, also Separation und<br />

Trocknung/Verdampfung, arbeiten „Hand<br />

in Hand“ und können in einem 40-Fuß-<br />

Container Platz finden. Das grundsätzliche<br />

Trocknungs-/Verdampfungskonzept mit<br />

dem rauchgasbeheizten Doppelmantelrohr<br />

hat sich nicht verändert.<br />

Neu bei dem GT-Trockner/Verdampfer sind<br />

aber die sogenannten FLEX-Tools. Das<br />

heißt, dass<br />

a. zwischen Separator und Trockner ein<br />

Zusatzaustragsförderer installiert werden<br />

kann, dass<br />

b. in den Verdampfungsraum des indirekt<br />

beheizten Trockners zusätzlich Filtrat<br />

eingedüst werden kann, dass<br />

c. statt Einwellentrockner optional auch<br />

ein Doppelwellentrockner/Verdampfer<br />

geliefert werden kann. So kann je nach<br />

Input und Verfügbarkeit von Wärme<br />

pro Containeranlage ein Durch-<br />

63


PRAXIS / TITEL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Pyrolyseanlage: Oben der Trockner und darunter der Pyrolysereaktor. Oben rechts über dem<br />

schrägen Kasten werden die heißen Dämpfe aus dem Trockner abgeführt.<br />

Pyrolyseanlage mit Feststoffeintrag ganz links im Bild.<br />

Pyrolyseanlage von der anderen Stirnseite des Containers<br />

betrachtet: Der Elektromotor treibt die Förderschnecke<br />

im Trockner an. Links im Bild als Nr. 1 gekennzeichnet<br />

verlässt der getrocknete Feststoff den Trockner. Darunter<br />

mit Nr. 2 markiert ist eine Schnecke verbaut, die den<br />

ausgetragenen Feststoff in den Pyrolysereaktor einträgt.<br />

Über den Kanal (Nr. 3) werden die heißen Dämpfe zum<br />

Auskondensieren abgeführt.<br />

satz von 5.000 bis zu 50.000 Tonnen pro Jahr an<br />

Gärrest verarbeitet werden. Hinter dem Separator<br />

können dann von 60 Kilogramm pro Stunde (kg/h)<br />

bis zu 600 kg/h separierter Feststoff mit einem<br />

TS-Gehalt von 15 bis 30 Prozent und hinter dem<br />

Trockner ein TS-Gehalt je nach Zielstellung von 30<br />

bis 90 Prozent erreicht werden. Um für den Kunden<br />

die richtige Anlage konzipieren zu können, wird von<br />

Regenis unter Einbindung der Biogasanlage jeweils<br />

eine Massen- und Düngerbilanz erstellt.<br />

Das Trockenprodukt kann – neben Düngerverwendung –<br />

auch dank eines Feuchtesensors zielgenau getrocknet<br />

werden, um es dann<br />

a. als Einstreu mit zum Beispiel 40<br />

bis 60 Prozent TS zu nutzen,<br />

b. als Eingangsprodukt für die Kompostierung oder<br />

als Torfersatzprodukt mit 50 bis 70 Prozent TS<br />

zu verwenden,<br />

c. mit 75 bis 90 Prozent TS zu Energiepellets und/<br />

oder Energiebriketts zu verarbeiten oder<br />

d. als Faserersatzstoff für kompostierbare Blumentöpfe<br />

bzw. als Papierersatzstoff für Isolier- und<br />

Verpackungsprozesse usw. mit 80 bis 90 Prozent<br />

TS zu nutzen.<br />

Der eingetragene Feststoff verbleibt etwa eine Stunde<br />

bei 90 bis 100 Grad Celsius im Trockner, bis er am Ende<br />

mit rund 30 Grad Celsius im einfachen Feststoffgärrestlager<br />

ankommt. In der Austragschnecke kann die<br />

Temperatur des Trockengutes sowie die Feuchtigkeit<br />

online gemessen werden. Außerdem sind dort Sprüh-<br />

FOTOS: MARTIN BENSMANN (2), WERKBILD (1)<br />

64


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

düsen verbaut, über die Wasser eingesprüht<br />

werden kann, falls das Material zu trocken<br />

geworden ist. Die heißen BHKW-Abgase<br />

strömen mit bis zu 500 Grad Celsius – zur<br />

indirekten Beheizung über Strahlung und<br />

Kontakt – durch das Doppelmantelrohr. Neu<br />

ist ebenfalls, dass im selben Container zwei<br />

Trocknerrohreinheiten nebeneinander installiert<br />

und betrieben werden können, was<br />

den Durchsatz verdoppelt.<br />

Verdampfungstrockner erzeugt<br />

Feststoff- und Flüssigdünger<br />

80 Prozent des im Gärrest enthaltenen<br />

Ammoniumstickstoffs sind im Filtrat und<br />

etwa 20 Prozent sind im abgetrennten,<br />

zu trocknenden Feststoff enthalten, die<br />

beim Trocknen entgast werden. „Unter<br />

der Wäscher- und Kühlkolonne wird das<br />

sogenannte Ammoniumwasser in einer<br />

geschlossenen Wanne aufgefangen. Unten<br />

in der Wanne ist eine Förderschnecke<br />

verbaut. Die sich absetzenden Staub-<br />

Sedimente werden zusammen mit dem<br />

erzeugten Ammoniumwasser und dem im<br />

Separator separierten Filtrat als ammoniumreicher<br />

Dünger – ohne größere Faserstoffe<br />

– ins Düngerlager gepumpt.<br />

Dieser durch die Kombination des Separators<br />

mit dem Trockner/Verdampfer<br />

erzeugte Flüssigdünger ist ein hochwertiger,<br />

pH-Wert neutraler, wenig organischen<br />

Stickstoff, aber viel Ammoniumstickstoff<br />

enthaltender Flüssigdünger, der sich im<br />

Pflanzenbau gut verwenden lässt. „Der<br />

Flüssigdünger ist leicht pumpbar, geht<br />

schnell ohne große N-Verluste in den Boden<br />

an die Pflanzenwurzel heran, vermeidet<br />

Verätzungen auf den Pflanzenblättern und<br />

ist gerade zur Hauptwachstumszeit schnell<br />

pflanzenverfügbar“, erklärte M.Sc. André<br />

Schillingmann, der der Sohn von Dieter<br />

Schillingmann ist und seit drei Jahren im<br />

Unternehmen mitarbeitet.<br />

„Der Clou ist“, ergänzt Schillingmann-Junior,<br />

„dass so der relativ träge organische<br />

Stickstoff zusammen mit dem hohen Kohlenstoffanteil<br />

und rund der Hälfte des Phosphors<br />

überwiegend im Feststoff ist. Dieser<br />

hygienisierte Feststoff kann dann ideal als<br />

Humusbildner im Rahmen der Fruchtfolgen<br />

verwertet werden, während der im GT<br />

erzeugte Flüssigdünger mit den Hauptnährstoffen<br />

Ammonium-N, Phosphor und<br />

Kalium direkt im Pflanzenbestand verwertet<br />

wird und so zu bestem Wachstum führt.“<br />

PRAXIS / TITEL<br />

Mischen – Fördern –<br />

Zerkleinern<br />

Ihr Partner für die Energie<br />

der Zukunft<br />

Als Weltmarktführer von Exzenterschneckenpumpen<br />

und Spezialist in der<br />

Biogastechnologie bieten wir für die<br />

Biogasproduktion angepasste Misch- und<br />

Fördersysteme. Die Einsatzmöglichkeiten<br />

unserer NEMO® Exzenterschneckenpumpen,<br />

TORNADO® Drehkolbenpumpen<br />

sowie NETZSCH Zerkleinerungssysteme<br />

reichen vom Mischen über Fördern bis hin<br />

zum Zerkleinern.<br />

NEMO® B.Max®<br />

Mischpumpe<br />

FOTO: WERKBILD<br />

Rechts im Bild ist die Desorptions-Verdampferkolonne zu sehen. Das Filtrat (flüssige Phase), das den<br />

Separator verlässt, wird in die Desorptions-Verdampferkolonne gepumpt. Der Desorptionsanlage werden<br />

zudem die heißen Rauchgasabgase aus dem Doppelmantelrohr des Trockners sowie die heißen Dämpfe<br />

aus dem zu trocknenden Feststoff zugeführt. Hier wird dann der Ammoniumstickstoff aus dem Filtrat<br />

und aus den zugeführten Gasen als Ammoniak ausgetrieben. Das Ammoniak strömt dann zur Adsorptionskolonne<br />

(links im Bild).<br />

65<br />

NETZSCH Pumpen & Systeme GmbH<br />

Geschäftsfeld Umwelt & Energie<br />

Tel.: +49 8638 63-1010<br />

info.nps@netzsch.com<br />

www.netzsch.com


PRAXIS / TITEL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Adsorptionsanlage, in der das Ammoniak mit Schwefelsäure<br />

im Gegenstromverfahren ausgewaschen wird<br />

und als Ammonium-Sulfat-Lösung anfällt. Ein Regenis-<br />

Mitarbeiter bei der Vormontage der Anlage in der<br />

Werkhalle in Quakenbrück. Alle Komponenten werden<br />

immer in den Werkhallen zunächst einmal probeweise<br />

zusammengebaut.<br />

André Schillingmann zeigt an der einen<br />

Stirnseite der Desorptionsanlage die<br />

Umwälzpumpen (rot) für das Filtrat und<br />

die Verdrängerpumpe (blau) zum<br />

Abpumpen des ausgegasten Filtrats.<br />

Pyrolyse erweitert<br />

Wertschöpfungsoptionen<br />

Der sehr trockene und fast stickstofffreie<br />

Feststoff lässt sich zu weiteren Produkten,<br />

wie zum Beispiel Biokohle, veredeln. Regenis<br />

bietet dazu eine selbst entwickelte<br />

Pyrolyseanlage an. Schillingmann betonte,<br />

dass die Pyrolyse für den einwandfreien<br />

Betrieb einen nahezu stickstofffreien getrockneten<br />

Feststoff benötigt. Die Pyrolyseeinheit<br />

bringen die Entwickler ebenfalls<br />

in einem 40-Fuß-Container unter. Sie wird<br />

waagerecht auf dem Containerboden verschraubt.<br />

Über dem Pyrolysekessel wird<br />

der Standard GT-Trockner/Verdampfer<br />

waagerecht eingebaut. Der Feststoff wird<br />

von außen über einen Vorlagebunker in den<br />

Trockner gegeben.<br />

Am anderen Ende des Trockners verlässt<br />

der getrocknete Feststoff diesen über eine<br />

Austragschnecke. Sie ist verbunden<br />

mit einer Eintragsschnecke,<br />

die den trockenen Feststoff in<br />

den Pyrolysekessel fördert. Darin<br />

findet laut André Schillingmann<br />

die Verkohlung statt bei einer<br />

Temperatur von rund 400 Grad<br />

Celsius. Feststoff aus Gülle oder<br />

besser Gärdünger ist nach rund 20<br />

Minuten fertig verkohlt und kann<br />

am anderen Ende des Pyrolysereaktors<br />

ausgetragen werden, wobei<br />

die Mineraldüngerbestandteile<br />

nicht verbrannt oder verglast sind,<br />

sondern als pflanzenverfügbarer<br />

Feststoffdünger zusammen mit der<br />

Biokohle aus dem Reaktor herauskommen.<br />

Im Container befindet sich zur<br />

Beheizung des Pyrolyserohres ein<br />

speziell entwickelter Brenner, der<br />

in der Aufheizphase Rohbiogas<br />

verbrennt. „Wenn die Pyrolyse eine<br />

Temperatur von etwa 350 Grad<br />

Celsius erreicht hat, entstehen<br />

Pyrolysegase, die in der Dauerheizphase<br />

ausschließlich den Brenner versorgen und<br />

so die notwendige Prozessenergie bereitstellen“,<br />

skizziert André Schillingmann<br />

den Ablauf.<br />

Der Pyrolysekessel ist auch ein Doppelmantelrohr<br />

mit innen beheizbarer Prozessschnecke<br />

genauso wie der Trockner/Verdampfer,<br />

nur mit dem Unterschied, dass<br />

ein anderes Temperaturniveau gefahren<br />

FOTOS: MARTIN BENSMANN<br />

Referenznummer suchen.<br />

Passendes Ersatzteil finden.<br />

32090-00028 Ölfilter<br />

Finden<br />

ÜBER 15.000 FILTER ONLINE VERFÜGBAR<br />

66


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS / TITEL<br />

wird. Ein Drittel bis 50 Prozent der Input-<br />

Trockensubstanz kann nach der Pyrolyse<br />

als Biokohle abgeschöpft werden. Der andere<br />

Anteil ist in die Gasphase übergegangen<br />

und wird als Prozessenergie verwertet.<br />

Desorption und Ammoniak-<br />

Strippung<br />

Nun noch einmal zurück zum Separator<br />

und dem dort anfallenden Filtrat, also der<br />

abgetrennten flüssigen Phase. Für deren<br />

Weiterbehandlung hat das Regenisteam<br />

ein sogenanntes Düngerwerk entwickelt,<br />

das aus einer Desorptions- und Verdampferkolonne<br />

sowie einer Absorbtionskolonne<br />

besteht. Bei der Desorptions-Verdampferkolonne<br />

handelt es sich um einen hochwertigen,<br />

voll isolierten V4A-Edelstahltank,<br />

der in einem Tank-Containerrahmen verbaut<br />

ist.<br />

Diese Kolonne wird direkt neben dem<br />

Trocknungscontainer aufgestellt und hat<br />

ein Volumen von etwa 24 Kubikmeter.<br />

Das Filtrat verlässt den Separator in Richtung<br />

Desorptions-Verdampferkolonne. Die<br />

Kolonne ist immer zu rund einem Drittel<br />

mit Filtrat gefüllt. Das Filtrat wird aus<br />

dem Tank entnommen und über mehrere<br />

Düsen, die sich direkt über dem Tank befinden,<br />

in den Gasraum der Desorptions-<br />

Verdampferkolonne gesprüht.<br />

Der überhitzte Dampf, der im Trockner<br />

„umsonst“ anfällt, wird in dieser Variante<br />

nicht zur Ammoniakwassergewinnung<br />

partiell kondensiert, sondern wird synergetisch<br />

zur Desorbtion (Abtrennung des<br />

Ammoniums aus dem Filtrat zu Ammoniak<br />

in die Luft) des Filtrats genutzt.<br />

Auf der Stirnseite des Tank-Containergestells<br />

befinden sich zwei Umwälzpumpen<br />

(redundantes System) für das Filtrat<br />

und eine Schneckenverdrängerpumpe<br />

zum Abpumpen des ausgegasten Filtrats<br />

(Dünnwasser). Die durchschnittliche Verweildauer<br />

des Filtrats in der Desorbtions-/<br />

Verdampferkolonne beträgt rund sechs<br />

Stunden. Der Prozess läuft kontinuierlich<br />

und vollautomatisch.<br />

Absorbtionskolonne erzeugt ASL<br />

Das stickstoffreiche, mit Feuchtigkeit<br />

gesättige Gas, das in der Desorptionsstufe<br />

anfällt, wird mittels Brüdenverdichter<br />

angesogen und in die Absorbtionskolonne<br />

gedrückt. Die zirka 10 Meter hohe Absorbtionskolonne<br />

ist einstufig konzipiert und<br />

wird von unten nach oben durchströmt.<br />

In der Absorbtionskolonne befinden sich<br />

Kunststofffüllkörper, über die von oben im<br />

Gegenstrom 78-prozentige Schwefelsäure<br />

verrieselt wird. Unten in der Waschkolonne<br />

fällt dann Ammoniumsulfat-Lösung (ASL)<br />

an, die in einem darunter befindlichen<br />

doppelwandigen Behälter zwischengespeichert<br />

wird. Der Behälter ist immer etwa zur<br />

Hälfte bis zwei Drittel des Volumens gefüllt.<br />

In regelmäßigen Abständen wird ein<br />

Teil der ASL beim Erreichen der eingestellten<br />

Konzentration abgepumpt, so dass sie<br />

zu Düngezwecken verwendet werden kann.<br />

Den Schornstein der Absorbtionskolonne<br />

verlassen am Schluss inerte Gase aus den<br />

BHKW und dem Trockner/Verdampfer zusammen<br />

als Träger für die Feuchtluft.<br />

Die dargestellte Technologie-Kaskade<br />

zeigt, dass lokale Kreislaufwirtschaft möglich<br />

ist, die sich auch mit Kläranlagen<br />

sowie Kompostierungsanlagen hervorragend<br />

kombinieren ließe. Aus organischen<br />

Reststoffen wie Wirtschaftsdüngern, Klärschlamm,<br />

Gärrest oder Bioabfällen können<br />

Energie und Nährstoffe gezielt und effizient<br />

gewonnen und kann der Dünger dem<br />

Pflanzenbau zurückgegeben werden.<br />

Auf die sehr energieintensiv hergestellten<br />

Mineraldünger könnte bei konsequenter<br />

Ausführung – insbesondere auch seitens<br />

der Kläranlagen – in Landwirtschaft und<br />

Gartenbau zunehmend mehr und mehr verzichtet<br />

werden. Lokale Energiewende mit<br />

Kombikraftwerken der Erneuerbaren-Energieerzeugungsarten<br />

– wobei Biogasanlagen<br />

eine besondere Bedeutung zukommt –<br />

können so zum Grundstein der agrarischen<br />

und gartenbaulichen Nährstoffwende werden.<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Redakteur Biogas Journal<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

0 54 09/90 69 426<br />

martin.bensmann@biogas.org<br />

EEG – WEITERGEDACHT.<br />

Jetzt mit Satelliten-BHKW flexibilisieren und Ihre Biogasanlage<br />

weiterhin hochprofitabel betreiben. Wir beraten Sie!<br />

Sprechen Sie<br />

uns an:<br />

T 02568 9347-0<br />

© PointImages | fotolia.de<br />

67<br />

2G Energy AG | www.2-g.de


G<br />

Ä<br />

R<br />

D<br />

Ü<br />

N<br />

G<br />

E<br />

Ṟ<br />

A<br />

U<br />

F<br />

B<br />

E<br />

R<br />

E<br />

I<br />

T<br />

U<br />

N<br />

G<br />

PRAXIS / TITEL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

„Dampfveredelung“<br />

des Gärrests<br />

Die dreistufige Gärrest-<br />

Verdampfungsanlage<br />

auf dem Hof von<br />

Michael Pellmeyer – im<br />

Vordergrund ein IBC-<br />

Container mit Rapsöl –,<br />

das zur Unterdrückung<br />

der Schaumbildung<br />

des Gärrests eingesetzt<br />

wird.<br />

Zur Behandlung des Gärrests seiner Abfall-Biogasanlage hat Michael Pellmeyer in eine<br />

Vakuumverdampfungs-Anlage investiert. Damit lässt sich die zu lagernde und auszubringende<br />

Dungmenge drastisch reduzieren und stattdessen ein handelbarer Mineraldünger<br />

gewinnen.<br />

Von Christian Dany<br />

Ich rufe die Bürger auf, in die Biergärten zu gehen.“<br />

Michael Pellmeyers scherzhaft klingender Appell<br />

von Anfang Mai hat einen ernsten Hintergrund:<br />

„Wegen der Coronamaßnahmen läuft die Biogasanlage<br />

zurzeit nur mit einer Auslastung von 30<br />

Prozent.“ Gefüttert wird die Anlage nämlich nicht nur<br />

mit Gülle, Mist und Futterabraum aus der Milchviehhaltung<br />

am Hof, sondern auch mit Speiseresten aus<br />

der Gastronomie, Fettabscheiderinhalten und Milchschlämmen.<br />

Pellmeyers Vater Josef, Biogaspionier und lange Jahre<br />

Präsident des Fachverbandes Biogas e.V., hat die Abfallanlage<br />

im Jahr 1996 gebaut. Mittlerweile sind vier<br />

Blockheizkraftwerke (BHKW) mit einer installierten<br />

elektrischen Leistung von insgesamt 1.140 Kilowatt<br />

(kW el<br />

) angeschlossen.<br />

Die Pellmeyers sind auf dem Eggertshof daheim; einem<br />

600 Jahre alten Anwesen, das 3 Kilometer von<br />

der Dom- und Universitätsstadt Freising in Oberbayern<br />

entfernt liegt. 2018 hat Michael den Landwirtschaftsund<br />

Biogasbetrieb übernommen und im gleichen Jahr<br />

ist die Gärdüngerveredelungs-Anlage gebaut worden.<br />

Genau auf diese Anlage wirkt sich der schwache Teillastbetrieb<br />

der Biogasanlage aus, denn es fehlt der nötige<br />

Wärme-Input. Doch zum Glück hat Pellmeyer eine<br />

zweite Biogasanlage, die er etwa 400 Meter entfernt<br />

betreibt. In dieser Anlage setzt er nachwachsende Rohstoffe<br />

ein und erzeugt Biomethan. Von dort bekommt<br />

die Gärrestveredelung die nötige Wärme.<br />

„Lagervolumen einzusparen war für mich die Hauptmotivation,<br />

die Gärrestverdampfungs-Anlage zu bauen“,<br />

sagt Michael Pellmeyer. Das sollte gelingen durch eine<br />

Aufkonzentration und Vermarktung der Nährstoffe, vor<br />

allem des ASL-Düngers (Ammoniumsulfatlösung). Der<br />

34-Jährige prognostiziert mittelfristig einen Verkaufspreis<br />

von 40 Euro pro Tonne ASL.<br />

„Das Geschäft läuft erst langsam an“, räumt er allerdings<br />

ein. Vor kurzem habe er einen ganzen Lastzug<br />

an einen Großhändler verkaufen können. „Die ASL aus<br />

dem Gärrest-Verdampfungsprozess enthält 7 Prozent<br />

Ammonium-Stickstoff und 7 Prozent Schwefel. Sie<br />

ist ein klassisches Substitut für Mineraldünger. Wich-<br />

FOTOS: CHRISTIAN DANY<br />

68


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS / TITEL<br />

„Lagervolumen einzusparen<br />

war für mich die Hauptmotivation,<br />

die Gärrestverdampfungs-Anlage<br />

zu bauen“<br />

Michael Pellmeyer<br />

Der schwarze Tank bevorratet die im Prozess eingesetzte<br />

Schwefelsäure.<br />

Vom Industrie- zum<br />

Gärrestverdampfer<br />

Die MKR Metzger GmbH ist ein zwar relativ kleines,<br />

aber international tätiges Unternehmen, das auf<br />

die Trennung von Flüssigkeiten spezialisiert ist<br />

und vor allem Industrieverdampfer fertigt. MKR<br />

steht für „Metzger Kühlschmierstoff-Recycling“.<br />

In dieser Technik hat das 1990 von Anderl Metzger<br />

gegründete Unternehmen seinen Ursprung. Heute<br />

führt Anderls Sohn Thomas Metzger zusammen<br />

mit dem langjährigen Technischen Leiter Ralf<br />

Xalter die Geschäfte der Firma, die in Monheim im<br />

Kreis Donau-Ries rund 50 Mitarbeiter beschäftigt.<br />

Im Jahr 2009 begann die Entwicklung von Gärrestverdampfern.<br />

Mittlerweile ist eine Biogas-Sparte<br />

aufgebaut worden mit eigenem Personal in den<br />

Bereichen Service, Projektierung, Konstruktion<br />

und Vertrieb. Das erste einstufige Verfahren wurde<br />

2013 auf den Markt gebracht. Seit 2016 werden<br />

mehrstufige Gärrestverdampfungs-Verfahren<br />

angeboten. Inzwischen stellt MKR Metzger bis zu<br />

vierstufige Verfahren in zwei Größenstufen her.<br />

Zuletzt hat die Firma ein Verfahren zur Verdampfung<br />

von Schweinegülle entwickelt: Bei diesem<br />

wird ein elektrisch betriebener Verdampfer eingesetzt.<br />

Hier gibt das Unternehmen eine mögliche<br />

Reduktion der Schweinegülle von 90 Prozent an.<br />

www.mkr-cleanwater.de<br />

tig ist für mich, dass Schwefel dabei ist.<br />

Das spielt eine immer größere Rolle“, beschreibt<br />

er die wichtigsten Vermarktungs-<br />

Parameter.<br />

Michael Köhnlechner vom Anlagenhersteller<br />

MKR Metzger GmbH aus Bayerisch-<br />

Schwaben (siehe Kasten) erläutert die<br />

Technologie der dreistufigen Vakuumverdampfungsanlage<br />

auf Pellmeyers Hof. Sie<br />

arbeite mit einem Wärme-Input von 500<br />

bis 600 kW. „Für die Verdampfung wird<br />

die separierte Flüssigphase des Gärrests<br />

eingesetzt“, erklärt der Biotechnologe<br />

den Verfahrensablauf, „die Partikelgröße<br />

muss unter 0,25 Millimeter sein. Deshalb<br />

verwenden wir eine Pressschnecke mit<br />

nachgeschaltetem Mikroseparator.“ Die<br />

Wärme vom BHKW werde der ersten Stufe<br />

zugeführt, der Flüssig-Gärrest und die<br />

Schwefelsäure jeder der drei Stufen direkt.<br />

Jede Stufe bestehe aus Verdampfer, Brüdenwäscher<br />

und Kondensator.<br />

Niedrige Verdampfungstemperatur<br />

dank Unterdruck<br />

„Im Verdampfer wird ein Unterdruck von<br />

150 bis 250 Millibar erzeugt. Dadurch<br />

kocht das Wasser bei 50 bis 60 Grad Celsius“,<br />

erklärt Köhnlechner die Funktionsweise,<br />

„Gase werden aus der Flüssigphase<br />

ausgetrieben und es entsteht ein Dampf-<br />

Gas-Gemisch. Weil wir auf diesem Temperaturniveau<br />

arbeiten, kann die BHKW-Abwärme<br />

genutzt werden. Der Verdampfer passt<br />

sich automatisch der verfügbaren Wärme<br />

an und arbeitet von 65 Grad Celsius bis zur<br />

Volllast bei 85 Grad Celsius hoch flexibel.“<br />

Dann zeigt er auf die etwas schmaleren<br />

Kunststoffzylinder: „Das sind die Brüdenwäscher.<br />

Hier wird der Stickstoff vom<br />

Wasserdampf abgeschieden.“ Durch die<br />

Reaktion mit Schwefelsäure werde das<br />

Ammoniakgas in gelöstes Ammoniumsulfat<br />

umgewandelt. Über den Kondensator<br />

beheize der Wasserdampf dann die nächste<br />

Verdampferstufe. Im Kondensator werde<br />

jeweils das aus dem Dampf entstehende<br />

Destillat abgeschieden.<br />

69<br />

wir bringen<br />

alles wieder<br />

ins reine.<br />

wir übernehmen für sie<br />

die lieferung und den tausch<br />

der aktivkohle.<br />

die notwendigen ressourcen<br />

wie geeignete maschinentechnik<br />

und fachpersonal<br />

stellen wir ihnen gerne<br />

zur verfügung.<br />

unsere auf die speziellen<br />

anforderungen optimierte<br />

maschinentechnik<br />

ermöglicht es<br />

die aktivkohle nahezu staubund<br />

schmutzfrei<br />

aus- und einzubauen.<br />

Siemensstr. 32, 35638 Leun<br />

06473 411596<br />

info@aks-heimann.de


PRAXIS / TITEL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Zur Verdampfungsanlage gehört der<br />

Schaltschrank mit Steuerungsdisplay.<br />

Edelstahltanks zur Lagerung des<br />

ASL-Düngers. <br />

„Von Stufe zu Stufe ergibt sich ein leichter Temperaturverlust,<br />

was zu weniger Vakuum und weniger Verdampfungsleistung<br />

führt“, erklärt der Vertriebsmitarbeiter.<br />

Je Stufe befände sich nur etwa 1 Kubikmeter Gärrest<br />

im System, das dadurch beweglicher sei. „Durch einen<br />

verfahrenstechnischen Kniff und ohne Chemie schafft<br />

die Anlage eine pH-Wert-Anhebung“, lächelt Köhnlechner.<br />

Näheres lässt er sich nicht entlocken. Mit einem<br />

pH-Wert zwischen 5,5 und 6,5 sei die ASL somit pflanzenverträglich<br />

und könne direkt ausgebracht werden.<br />

Spezielle Kunststoffe statt Edelstahl<br />

Die Jahre der Entwicklung hätten auch für das Unternehmen<br />

aus der Industrie-Verfahrenstechnik eine<br />

Lernkurve bedeutet: „Deshalb verwenden wir heute für<br />

alle Komponenten, die mit ASL und Schwefelsäure in<br />

Berührung kommen, spezielle Kunststoffe. Die sind beständiger<br />

als Edelstahl und 100 Prozent korrosionsfrei.<br />

Außerdem legen wir Wert auf eine übersichtliche Verrohrung<br />

und gute Zugänglichkeit. Deswegen bieten wir<br />

keine Containerlösungen an“, schildert Köhnlechner<br />

die wichtigsten Vorteile der MKR-Technik.<br />

Die Anlagen seien so aufgebaut, dass Schwefelsäure<br />

und Gärrest nicht vermischt werden könnten: „Dadurch<br />

vermeiden wir Schäden am Beton von Lagerbehältern<br />

durch angesäuerten Gärrest. Darüber hinaus setzen wir<br />

zur Reinigung keine Bürstensysteme im Gärrest ein,<br />

wodurch wir einen deutlich geringeren Wartungsaufwand<br />

haben.“ Köhnlechner: „Alles, was sich bewegt,<br />

kann kaputtgehen. Stattdessen werden regelmäßig<br />

automatische Spülungen durchgeführt: Nacheinander<br />

saure und alkalische Spülungen entfernen selbst feinste<br />

organische und mineralische Ablagerungen, die mit<br />

Bürsten nicht erfasst werden würden.“<br />

Die Effizienz der Anlage werde als Destillatleistung<br />

gemessen: „Dank mehrstufigem System und gutem<br />

Wärmeübergang durch die zweite Fest/Flüssig-Separationsstufe<br />

erreichen wir Spitzenwerte bei der Energieeffizienz“,<br />

versichert Köhnlechner. Mit einer Kilowattstunde<br />

Wärme erzeuge die dreistufige Anlage 3,5 Liter<br />

Wasser. Die vierstufige Anlage schaffe bis zu 4,3 Liter.<br />

Schließlich bilanziert er die Stoffströme: „Die Anlage<br />

auf Pellmeyers Betrieb ist auf eine Jahresmenge von<br />

20.000 bis 30.000 Kubikmeter Flüssig-Gärrest ausgelegt.<br />

Aus dem Verdampfungsprozess entstehen 3 Prozent<br />

ASL, rund 57 Prozent als Destillat abgeschiedenes<br />

Wasser und etwa 40 Prozent Konzentrat. Die genauen<br />

Anteile sind vom Stickstoff- und Trockensubstanz-Gehalt<br />

im Gärrest abhängig.“ „Das Wasser wird zum Teil<br />

durch einen Verdunstungskühler verdampft. Bei dem<br />

dreistufigen Aufbau schafft es der Verdunstungskühler,<br />

mit der Restwärme aus dem Verdampfungsprozess<br />

rund ein Drittel des Wassers zu verdampfen“, erläutert<br />

Köhnlechner. Einstufige Anlagen könnten zwar theore-<br />

70


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS / TITEL<br />

tisch das gesamte Wasser verdampfen, seien aber mit<br />

einer Destillatleistung von nur rund 1,5 Liter pro Kilowattstunde<br />

(l/kWh th<br />

) bei weitem nicht so effizient. Der<br />

Rest des Wassers stehe für andere Verwendungen zur<br />

Verfügung, wie Beregnung oder Reinigung, und könne<br />

unter günstigen Bedingungen auch für die Einleitung<br />

in Vorfluter oder kommunale Abwasserkanalisationen<br />

geeignet sein. „Bei der Einleitung in Oberflächengewässer<br />

verlangen die Behörden in der Regel eine Sicherheitsstufe<br />

durch eine biologische Nachklärung“,<br />

so Köhnlechner, „soll in die Kanalisation eingeleitet<br />

werden, geht es hauptsächlich um die Abstimmung<br />

des Volumenstroms mit der Kapazität der angeschlossenen<br />

Kläranlage.“ Das Konzentrat, also der „eingedickte“<br />

Gärrest mit Trockensubstanz-Gehalten von<br />

meist zwischen 4 und 8 Prozent, werde ins Gärrestlager<br />

gepumpt. Für die Lagerung und Ausbringung des<br />

Gärrestes sei also eine Mengenreduktion von rund 60<br />

Prozent zu erreichen.<br />

Für eine dreistufige Verdampfungsanlage in der Größe<br />

von der auf Pellmeyers Betrieb müsse Köhnlechner<br />

zufolge eine Investition von rund 800.000 Euro veranschlagt<br />

werden. Hinzu käme die Peripherie: Fest/Flüssig-Separation,<br />

ein 15 Kubikmeter großer Lagertank für<br />

die Schwefelsäure, fünf ASL-Tanks á 55 Kubikmeter,<br />

der Verdunstungskühler und das Betriebsgebäude. Da<br />

in manchen Fällen der Gärrest zum Schäumen neige,<br />

werde Rapsöl eingesetzt, was bei den Betriebskosten<br />

einzukalkulieren sei.<br />

„Die Wirtschaftlichkeit einer Gärrest-Verdampfungsanlage<br />

hängt von der Nährstoffproblematik und den<br />

Ausbringkosten ab. Beim Verdampfungsprozess ist<br />

mit Aufbereitungskosten von 10 bis 15 Euro pro Kubikmeter<br />

reduzierter Menge zu rechnen“, umreißt er<br />

die entscheidenden Parameter, „deshalb ist bei Abfallanlagen<br />

ohne eigene Ausbringflächen, die ein Gärrest-<br />

Verbringungskonzept brauchen, sehr oft die Rentabilität<br />

gegeben.“<br />

Links: Michael<br />

Pellmeyer sagt, dass<br />

der ASL-Verkauf erst<br />

langsam anläuft.<br />

Rechts: Michael<br />

Köhnlechner: „Im<br />

Verdampfer wird ein<br />

Unterdruck von 150 bis<br />

250 Millibar erzeugt.<br />

Dadurch kocht das<br />

Wasser bei 50 bis 60<br />

Grad Celsius.“<br />

Unscheinbar, aber nicht unwichtig: der Verdunstungskühler im<br />

Hintergrund; im Vordergrund ein Container mit einem Biofilter für<br />

die Abluftvakuumstation und die Hallenentlüftung.<br />

Autor<br />

Christian Dany<br />

Freier Journalist<br />

Gablonzer Str. 21 · 86807 Buchloe<br />

0 82 41/911 403<br />

01 60/97 900 831<br />

christian.dany@web.de<br />

71


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Aufbereitung von Gärresten und<br />

KWK-Bonusfähigkeit<br />

Biogasanlagen, die sich im EEG 2009 befinden, können beim Betrieb einer Aufbereitungsanlage zur<br />

Düngemittelherstellung den Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus (KWK-Bonus) erhalten. Lesen Sie, welche<br />

Voraussetzungen erfüllt sein müssen.<br />

Von Dipl.-Ing. Univ. Arnold Multerer<br />

Die verschärfte Düngeverordnung<br />

und der wachsende Kostendruck<br />

im Bereich der Biogaserzeugung<br />

steigern zunehmend<br />

die Anforderungen an die Ausbringung<br />

von Gärresten/Gärprodukten.<br />

Das Aufbereiten von Gärprodukten bietet<br />

Biogasanlagenbetreibern eine Möglichkeit,<br />

Transportkosten zu reduzieren und trägt<br />

zur Entschärfung regionaler Nährstoffüberschüsse<br />

bei. Durch die damit einhergehende<br />

Aufkonzentration von Nährstoffen<br />

können transportwürdigere Düngemittel<br />

hergestellt werden als die in der landwirtschaftlichen<br />

Tierhaltung anfallenden organischen<br />

Reststoffe wie Gülle und Mist.<br />

Eine überregionale landwirtschaftliche<br />

Nährstoffverlagerung in Deutschland mit<br />

allen Vor- und Nachteilen wird durch entsprechende<br />

Aufbereitungsanlagen von<br />

Gärprodukten praktikabler. Viele Biogasanlagenbetreiber<br />

versprechen sich hiervon<br />

eine Steigerung der Erlössituation und eine<br />

damit einhergehende Zukunftsfähigkeit<br />

ihrer Anlage nach Ablauf des 20-jährigen<br />

Vergütungszeitraumes des EEG. Mit der<br />

Nutzung noch ungenutzter Prozesswärme<br />

der an Biogasanlagen vorhandenen Blockheizkraftwerke<br />

(BHKW) kann im Geltungsbereich<br />

des EEG 2009 unter bestimmten<br />

Voraussetzungen eine erhöhte Vergütung<br />

für den erzeugten elektrischen Strom beansprucht<br />

werden. Hierzu kann der KWK-<br />

Bonus für „die Nutzung als Prozesswärme<br />

zur Aufbereitung von Gärresten zum Zweck<br />

der Düngemittelherstellung“ [§ 27 (4) Nr. 3<br />

in Verbindung mit Anlage 3 der Positivliste<br />

III Nr. 7. EEG 2009] beantragt werden.<br />

Anspruchsvoraussetzungen bei<br />

der Düngemittelherstellung<br />

Für die Begründung des Anspruchs muss<br />

grundsätzlich ein BHKW in Betrieb sein,<br />

das gleichzeitig Strom und Prozesswärme<br />

aus regenerativen Energieträgern erzeugt.<br />

Als Nachweis für die Produktion des KWK-<br />

Stromes nach den anerkannten Regeln der<br />

Technik sollen dem Umweltgutachter geeignete<br />

Unterlagen des BHKW-Herstellers<br />

zur Verfügung gestellt werden. In der Regel<br />

ist ein Datenblatt über ein serienmäßig<br />

hergestelltes BHKW zu den wesentlichen<br />

Daten wie thermischer und elektrischer<br />

Leistung sowie ausgewiesener Stromkennzahl<br />

ausreichend. Falls dieses Datenblatt<br />

nicht vorhanden ist, kann alternativ die Ermittlung<br />

der Daten über die Anforderungen<br />

des von der Arbeitsgemeinschaft für Wärme<br />

und Heizkraftwirtschaft (AGFW) herausgegebenen<br />

Arbeitsblattes FW 308 erfolgen<br />

(Anlage 3 II) 1. EEG 2009).<br />

Die Prozesswärme, die zum Zweck der Düngemittelherstellung<br />

genutzt wird, kann sowohl<br />

über den Wärmetauscher des BHKW<br />

als auch über die Abgaswärme erzeugt<br />

werden. Grundsätzlich ist die im Aufbereitungsprozess<br />

verwendete Wärmemenge<br />

messtechnisch zu erfassen. Dies wird in<br />

der Regel über einen geeichten Wärmemengenzähler<br />

(WMZ) gewährleistet. Der<br />

Anspruch auf den KWK-Bonus muss mindestens<br />

einmal jährlich durch einen Umweltgutachter<br />

mit einer Zulassung für den<br />

Bereich Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren<br />

Energien bestätigt werden. Dazu<br />

sollen dem Umweltgutachter einschlägige<br />

Aufzeichnungen und Dokumente zur Verfügung<br />

gestellt werden.<br />

Bei einem Vor-Ort-Termin nimmt er die<br />

Anlage in Augenschein und prüft die Voraussetzungen<br />

der KWK-Bonusfähigkeit bei<br />

einem gemeinsamen Rundgang mit dem<br />

Anlagenbetreiber. Da der Gesetzgeber keine<br />

Konkretisierung des Sachverhaltes der<br />

<br />

<br />

FOTOS: ARNOLD MULTERER<br />

72


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

<br />

Düngemittelherstellung im EEG und einschlägigen<br />

Gesetzestexten vornimmt, werden<br />

im Folgenden die fünf Spezifizierungen<br />

aus der Leitlinie des Umweltgutachterausschusses<br />

(Aufgabenleitlinie EEG, Stand<br />

2013) erläutert, die der Betreiber beachten<br />

sollte.<br />

1. Darstellung der Technik des Gärresttrockners:<br />

Die technische Weiterentwicklung<br />

der Trocknungsanlagen in den vergangenen<br />

zehn Jahren und Professionalisierung<br />

des Marktes stellt in der Regel sicher, dass<br />

ausreichende technische Unterlagen des<br />

Herstellers (zum Beispiel Datenblätter, Anlagenfließbild,<br />

R+I-Schema) vorliegen. Ergänzend<br />

nimmt der Umweltgutachter mit<br />

dem Betreiber auch entsprechende Auslesungen<br />

aus der Systemsteuerung (siehe<br />

Bild 1) beim Vor-Ort-Termin vor.<br />

2. Darlegung der Trocknungseffizienz: Die<br />

Leitlinie des Umweltgutachterausschusses<br />

gibt einen Richtwert mit 1,5 Kilowattstunden<br />

thermischer Energie<br />

pro Kilogramm (kWh th<br />

./kg)<br />

verdampften Wassers an.<br />

Zur vollständigen Dokumentation<br />

sollte der Anlagenbetreiber<br />

ein Trocknungsbuch<br />

führen. Hierzu sollen Trockensubstanz-(TS)-Bestimmungen<br />

durchgeführt und<br />

die Menge des Input- und<br />

Outputmaterials sowie die<br />

verbrauchte Wärmemenge<br />

pro Charge erfasst werden.<br />

Diese Angaben werden<br />

durch den Umweltgutachter<br />

überprüft und rechnerisch<br />

plausibilisiert. Insbesondere<br />

neu in Betrieb genommene<br />

Aufbereitungsanlagen<br />

verfügen bereits über dazugehörige Sensorik<br />

(siehe Bild 2), um dauerhaft den Wassergehalt<br />

des Materials zu bestimmen.<br />

3. Einhaltung der Anforderungen der Düngemittelverordnung:<br />

Hierbei ist insbesondere<br />

auf die sachgerechte Lagerung zur<br />

Vermeidung von stofflichen Veränderungen<br />

des hergestellten Düngemittels und auf<br />

mögliche Umweltschäden zu verweisen.<br />

Das Bild 3 zeigt ein Positivbeispiel für angepasste<br />

Lagerung des Düngemittels. Witterungsschutz<br />

und angemessene Bodenbeschichtung<br />

verhindern eine Auswaschung<br />

von Nährstoffen in das Grundwasser.<br />

Seit einigen Jahren werden immer häufiger<br />

Eindampfungsanlagen, die nach dem<br />

Vakuumprinzip funktionieren, am Markt<br />

angeboten. Bei dieser Aufbereitungstechnik<br />

wird in der Regel Flüssigdünger als<br />

Ammoniumsulfat-Lösung (ASL) extrahiert.<br />

Laut Düngemittelverordnung, Anlage 1,<br />

1.1, müssen „Düngemittel (...) sich in einem<br />

festen Aggregatzustand befinden, es<br />

sei denn, die Typenbeschreibung lässt einen<br />

anderen Aggregatzustand zu.“ Die Anwendung<br />

von Flüssigdünger ist sowohl in<br />

der Landwirtschaft als auch im Garten- und<br />

Landschaftsbau gängige Praxis. Hierüber<br />

sollte sich der Betreiber eine entsprechende<br />

Bestätigung der Herstellerfirma bezüglich<br />

des hergestellten Düngemittels aushändigen<br />

lassen.<br />

4. Nachweis der Qualitätssicherung: Der<br />

hergestellte Dünger soll durch einen Träger<br />

regelmäßiger Güteüberwachung im Sinne<br />

der Bioabfallverordnung (zum Beispiel<br />

Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V.)<br />

qualifiziert werden. Das Bild 4 zeigt zwei<br />

hergestellte Düngemittel: gepresste Düngemittelpellets<br />

(links) und getrocknetes<br />

loses Düngemittel (rechts).<br />

5. Detaillierte Darstellung der Vertriebswege<br />

zur Vermarktung des Düngemittels:<br />

Dabei ist zu beachten, dass das hergestellte<br />

Düngemittel keiner anderweitigen Nutzung,<br />

wie zum Beispiel als Einstreu oder<br />

der thermischen Verwertung, zugeführt<br />

werden darf. Wird der hergestellte Dünger<br />

im Wesentlichen an Landwirte oder Biomasse-Lieferanten<br />

abgegeben, können die<br />

Vertriebswege zum Beispiel über Rechnungen<br />

oder Aufzeichnungen nach § 3 der Verordnung<br />

über das Inverkehrbringen und Befördern<br />

von Wirtschaftsdünger (WDüngV)<br />

nachgewiesen werden. Eine Nutzung des<br />

Düngemittels in „der zugehörigen Landwirtschaft“<br />

widerspricht dem Sachverhalt<br />

grundsätzlich nicht.<br />

Eine „Aufbereitung von Gärresten zum<br />

Zwecke der Düngemittelherstellung“ impliziert,<br />

dass es sich um ein sepa-<br />

<br />

73


KWK-Bonus: Positivliste III<br />

PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

KWK-Bonus: ✓ Wärmeeinspeisung Positivliste in IIIein Netz<br />

Prozessschema der Wärmenutzung aus der Biogasanlage im Wärmenetz<br />

KWK-Bonus: Positivliste III<br />

✓ Wärmeeinspeisung in ein Netz<br />

KWK-Bonus: Positivliste III<br />

➡<br />

Dipl.-Ing. (FH) Thorsten Grantner (Umweltgutachter DE-V-0284)<br />

OmniCert GmbH - Kreuzstr. 5, 93077 Bad Abbach<br />

www.omnicert.de / Tel 09405 956-224<br />

Dipl.-Ing. (FH) Thorsten Grantner (Umweltgutachter DE-V-0284)<br />

OmniCert GmbH - Kreuzstr. 5, 93077 Bad Abbach<br />

www.omnicert.de / Tel 09405 956-224<br />

rates Aufbereitungsverfahren handelt und<br />

dies außerhalb der Anlage stattfindet, da<br />

im Biogaskreislauf das Material als Gärprodukt<br />

www.omnicert.de vorliegt. / Tel 09405 956-224 Beim flüssigen beziehungs-<br />

Dipl.-Ing. (FH) Thorsten Grantner (Umweltgutachter DE-V-0284)<br />

OmniCert GmbH - Kreuzstr. 5, 93077 Bad Abbach<br />

weise festen Gärprodukt, das üblicherweise<br />

durch Separation entsteht, handelt es<br />

sich bereits um Material, das zur Düngung<br />

ohne weitere Aufbereitung eingesetzt werden<br />

kann und in der gängigen Praxis auch<br />

✓<br />

✓<br />

Netz > 400 m<br />

✓ Wärmeeinspeisung in ein Netz<br />

✓ Verluste < 25 %<br />

✓ Wärmeeinspeisung in ein Netz<br />

➡<br />

Dipl.-Ing. (FH) Thorsten Grantner (Umweltgutachter DE-V-0284)<br />

OmniCert GmbH - Kreuzstr. 5, 93077 Bad Abbach<br />

www.omnicert.de / Tel 09405 956-224<br />

➡<br />

➡<br />

✓<br />

Netz > 400 m<br />

✓ Verluste < 25 %<br />

Netz > 400 m<br />

✓ Verluste < 25 %<br />

✓ Netz > 400 m<br />

abgegebene Nutzwärme voll anrechenbar auf den Stromanteil<br />

✓ Verluste < 25 %<br />

abgegebene Nutzwärme voll anrechenbar auf den Stromanteil<br />

abgegebene Nutzwärme voll anrechenbar auf den Stromanteil<br />

ERT eV<br />

abgegebene Nutzwärme voll anrechenbar auf den Stromanteil Quelle: OmniCert Umweltgutachter GmbH<br />

ERT eV<br />

wird. Um dem Zweck der Düngemittelherstellung<br />

zu entsprechen, soll der ERT durch eV die<br />

Aufbereitung erzeugte Dünger nicht in den<br />

Biogasanlagenkreislauf zurückgespeist,<br />

ERT eV<br />

sondern separat gelagert werden. Ansonsten<br />

handelt es sich um eine Rückführung in<br />

den Biogasanlagenprozess (Eindickung der<br />

Anlage) und entspricht nicht dem eigentlichen<br />

Zweck der Düngemittelherstellung.<br />

Gärresttrocknung im Wärmenetz<br />

Wird der Gärresttrockner in einem Wärmenetz<br />

betrieben, ist die Anspruchsvoraussetzung<br />

nach § 27 (4) Nr. 3 in Verbindung<br />

mit Anlage 3 der Positivliste III Nr. 2. EEG<br />

2009 ausschlaggebend. Folgende Kriterien<br />

sind generell zu prüfen: Das Wärmenetz<br />

muss eine Trassenlänge von mehr als 400<br />

Meter aufweisen. Die Netzverluste von weniger<br />

als 25 Prozent des jährlich abgenommenen<br />

Nutzwärmebedarfes der Wärmekunden<br />

werden eingehalten.<br />

Als Nachweis muss die Wärme an allen<br />

Einspeisepunkten in das Netz und an allen<br />

Abnehmern messtechnisch erfasst werden.<br />

Diese abgenommene Nutzwärme ist zu<br />

summieren und als Bezugsgröße (= 100<br />

Prozent) zur Berechnung der Netzverluste<br />

zu verwenden. Dem gegenüberzustellen<br />

ist die Summe der Einspeisung der KWK-<br />

Anlage(n) sowie weiterer gegebenenfalls<br />

in das Wärmenetz einspeisender Wärmequellen<br />

im Betrachtungszeitraum. Die<br />

Abbildung zeigt das Prozessschema der<br />

Wärmenutzung aus der Biogasanlage im<br />

Wärmenetz. Eine weitergehende Prüfung<br />

Grünes Licht für die<br />

Zukunft von Biomethan!<br />

Mit einem Handelsvolumen von über 3 TWh sind wir Deutschlands führender Vermarkter für Biomethan.<br />

Wir wissen, wie Ihre Biomethananlage langfristig wirtschaftlich bleibt und haben Antworten auf die Fragen:<br />

€<br />

Lohnt sich ein Umstieg auf<br />

die Erzeugung aus Mist und Gülle?<br />

Wie kann ich mich für Neu- und<br />

Nachinvestitionen absichern?<br />

?<br />

Welche Lösungen gibt es nach<br />

Ablauf der EEG-Förderung?<br />

Gemeinsam handeln<br />

für eine grüne Zukunft.<br />

74<br />

Machen Sie mit!<br />

Wir beraten Sie gerne.<br />

+49 (0) 89 309 05 87 - 290<br />

purchase@bmp-greengas.de<br />

www.bmp-greengas.de


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

des Trocknungsprozesses im Wärmenetz ist<br />

im EEG nicht explizit definiert. Angesichts<br />

der zu erwartenden Investitionssumme<br />

einer professionellen Anlagentrocknungstechnik<br />

im mittleren sechsstelligen Bereich<br />

wird dem Anlagenbetreiber empfohlen,<br />

sich am eben beschriebenen Ablauf<br />

der Konkretisierung des Sachverhaltes der<br />

Düngemittelherstellung zu orientieren.<br />

Potenzialabschätzung für<br />

nutzbare KWK-Wärme<br />

Im Folgenden wird das theoretische Potenzial<br />

berechnet, um einen Anhaltspunkt<br />

zu geben, wieviel ungenutzte Prozesswärme<br />

auch für Gärresteaufbereitungen zur<br />

Verfügung stehen könnte. Zur Konkretisierung<br />

des Potenzials von ungenutzter<br />

Prozesswärme werden 547 Biogasanlagen<br />

mit Direktverstromung vor Ort, die nach<br />

dem EEG 2009 den KWK-Bonus in Anspruch<br />

nehmen könnten, herangezogen.<br />

Die folgende Auswertung stützt sich auf<br />

den Datensatz der Firma OmniCert Umweltgutachter<br />

GmbH, der von Annika Engelbrecht<br />

und Yvonne Münich anhand der<br />

Jahresendgutachten des Berichtszeitraumes<br />

2019 ausgearbeitet wurde.<br />

Der überwiegende Anteil der 547 Biogasanlagen<br />

befindet sich im süddeutschen Raum.<br />

21 Anlagen nehmen den KWK-Bonus nach<br />

EEG 2009 für die Gärresteaufbereitung<br />

bereits in Anspruch, was 3,8 Prozent der<br />

bewerteten Anlagen entspricht. Dazu wurden<br />

46 Gigawattstunden (GWh) thermische<br />

Trocknungsenergie aufgewendet. Die<br />

durchschnittliche Bemessungsleistung der<br />

547 Anlagen liegt bei 342 Kilowatt elektrischer<br />

Leistung (kW el.<br />

). Hiervon wurde den<br />

Betreibern durchschnittlich ein Anteil von<br />

190 kW el<br />

. als KWK-Strom nach EEG 2009<br />

vergütungsfähig bescheinigt. Somit könnte<br />

rein rechnerisch noch ein Anteil von 152<br />

kW el<br />

. als vergütungsfähiger KWK-Strom pro<br />

Anlage zur Verfügung stehen. Das würde<br />

einem gegenwärtigen Potenzial von 163<br />

Kilowatt thermischer Leistung (kWth.) pro<br />

Anlage entsprechen.<br />

Im Rahmen des EEG 2009 sind auf Grundlage<br />

der Branchenzahlen des Fachverbandes<br />

Biogas e.V. grundsätzlich 6.088 Biogasanlagen<br />

KWK-Bonus anspruchsberechtigt.<br />

Hochgerechnet auf diesen Anlagenbestand<br />

würde das der Summe von 8.106 Gigawattstunden<br />

thermischer Energie entsprechen.<br />

Zum Vergleich könnte das im Jahr 2020<br />

in Betrieb genommene umstrittene Steinkohlekraftwerk<br />

Datteln 4, das von Uniper<br />

als „eines der modernsten Steinkohlekraftwerke<br />

der Welt“ betitelt wird, maximal 40<br />

Prozent davon als thermische Fernwärmeleistung<br />

jährlich auskoppeln. In der Praxis<br />

kommt natürlich eine Gärresteaufbereitung<br />

nur für einen Bruchteil der Anlagen in Frage,<br />

wo dieses Potenzial auch wirtschaftlich<br />

genutzt werden kann.<br />

Autor<br />

Arnold Multerer<br />

Dipl.-Ing. Univ. für Umweltplanung<br />

Umweltgutachter (DE-V-0392)<br />

OmniCert Umweltgutachter GmbH<br />

Kaiser-Heinrich-II.-Straße 4 · 93077 Bad Abbach<br />

0 94 05/94 985-42<br />

arnold.multerer@omnicert.de<br />

www.umweltgutachter.de<br />

MASSENBILANZ<br />

Abb. Gärrestverdampfung<br />

75


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Der Redispatch 2.0<br />

ist ein Planprozess, in<br />

dem der Netzbetreiber<br />

versucht, Engpässe<br />

schon vor dem<br />

eigentlichen Entstehen<br />

zu prognostizieren und<br />

Maßnahmenkombinationen<br />

zu wählen, mit<br />

denen der Engpass<br />

möglichst effizient und<br />

kostengünstig aufgelöst<br />

werden kann.<br />

Redispatch 2.0 – Ein nächster Schritt zur<br />

Systemintegration Erneuerbarer Energien<br />

Der 1. Oktober <strong>2021</strong> wird für viele Betreiber von Biogasanlagen, insbesondere in Norddeutschland,<br />

einer der wichtigsten Tage dieses Jahres. Ab diesem Datum tritt der sogenannte<br />

„Redispatch 2.0“ in Kraft, der das bestehende Einspeisemanagement ablösen wird.<br />

Von M.Sc. Florian Strippel<br />

Das Inkrafttreten des „Redispatch 2.0“ ist<br />

ein notwendiger Schritt in eine Zukunft, in<br />

der das deutsche Stromversorgungssystem<br />

vorrangig von Erneuerbaren Energien geprägt<br />

sein wird. Der zunehmende Anteil von<br />

Wind- und Photovoltaikanlagen setzt die Netze durch<br />

die Volatilität stärker unter Druck. Während die Netze<br />

in der Nacht und ohne Wind ausreichende Kapazitäten<br />

zur Durchleitung von Strom haben, kann es an stürmischen<br />

oder sehr sonnigen Tagen zu regionalen Engpässen<br />

kommen.<br />

Grundsätzlich ist ein hoher regenerativer Anteil an der<br />

Stromerzeugung das erklärte Ziel der Energiewende.<br />

Ein stürmischer Tag an der Nordsee ist daher zunächst<br />

erstrebenswert, da mit einer hohen Stromproduktion<br />

der Offshore-Windenergieanlagen gerechnet werden<br />

kann. Dafür können konventionelle Kraftwerke ausgeschaltet<br />

und aus gesamtdeutscher Sicht kann dafür<br />

gesorgt werden, dass Erzeugung und Verbrauch ausgeglichen<br />

sind.<br />

Ein Problem in diesen Zeiträumen ist allerdings, dass<br />

der an der Küste Niedersachsens produzierte Strom<br />

auch an die Alpen geliefert werden muss. Obwohl ein<br />

Bedarf besteht, kann es in diesem Fall zu Überlastungen<br />

der Leitungen kommen, weshalb Anlagen vereinzelt<br />

abgeschaltet werden müssen.<br />

Diese engpassbedingten Abschaltungen stehen im<br />

Zentrum des Redispatch 2.0. Betroffene Anlagenbetreiber<br />

könnten sich nun fragen, was die Neuerung<br />

dieses Prozesses ist, da mit dem bekannten Einspeisemanagement<br />

ebenfalls Netzengpässe bewirtschaftet<br />

wurden. Die Antwort auf diese Frage ist, dass der Redispatch<br />

2.0 ein Planprozess ist, in dem der Netzbetreiber<br />

versucht, Engpässe schon vor dem eigentlichen Entstehen<br />

zu prognostizieren und Maßnahmenkombinationen<br />

zu wählen, mit denen der Engpass möglichst effizient<br />

und kostengünstig aufgelöst werden kann. Dies ist ein<br />

entscheidender Unterschied zum Einspeisemanagement,<br />

das eher als Notfallmaßnahme bezeichnet werden<br />

kann.<br />

FOTO: ADOBE STOCK_ML1413<br />

76


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

Anlagen ab einer installierten<br />

Leistung von 100 kW betroffen<br />

Damit dieser Prozess gelingen kann, ist<br />

der Netzbetreiber auf verschiedene Daten<br />

der Anlagen angewiesen. Mithilfe<br />

der gesammelten Daten aller Anlagen<br />

kann dann genau bestimmt werden, an<br />

welchen Stellen im Netz ein Engpass auftreten<br />

könnte. Da die Datenmeldungen<br />

zum Teil jedoch sehr umfangreich sind,<br />

sind vorerst Anlagen ab einer installierten<br />

Leistung von 100 Kilowatt (kW) vom<br />

Redispatch 2.0 betroffen. Dabei gilt der<br />

Redispatch 2.0 nicht nur für Biogasanlagen,<br />

sondern gleichermaßen für Windund<br />

Photovoltaikanlagen, KWK-Anlagen,<br />

aber auch konventionelle Anlagen. Das<br />

System ist damit für die meisten Stromerzeugungsanlagen<br />

identisch und unterscheidet<br />

sich nur hinsichtlich der Daten,<br />

die geliefert werden müssen.<br />

Ein wichtiger Aspekt für Anlagen, die<br />

dem Regelungsbereich des EEG unterliegen,<br />

ist jedoch der Einspeisevorrang<br />

des erzeugten Stroms. Dieses zentrale<br />

Element wurde durch sogenannte „Mindestfaktoren“<br />

im Redispatch 2.0 berücksichtigt. Der<br />

Mindestfaktor besagt, dass eine Anlage auf der Basis<br />

von Erneuerbaren Energien nur dann geregelt werden<br />

darf, wenn mehr als die zehnfache konventionelle Leistung<br />

abgeregelt werden müsste, um den gleichen Entlastungseffekt<br />

des Netzes zu erzielen.<br />

Die Abrufentscheidung des Netzbetreibers, welche Anlage<br />

zum Redispatch herangezogen wird, ist allerdings<br />

kostenbasiert. Dies bedeutet, dass die Maßnahmenkombination<br />

zur Engpassbehebung gewählt wird, die<br />

am kostengünstigsten ist. Aus diesem Grund wird es ab<br />

dem 1. Oktober einen einheitlichen „Kalkulatorischen<br />

Preis“ für alle Erneuerbare-Energien-Anlagen geben.<br />

Dieser fiktive Preis soll aus bundesdeutscher Sicht das<br />

Verhältnis 1:10 des Mindestfaktors widerspiegeln. Für<br />

Anlagenbetreiber ist es wichtig zu wissen, dass dieser<br />

„Kalkulatorische Preis“ nicht mit der potenziellen Entschädigung<br />

der Anlage zusammenhängt, sondern lediglich<br />

der Auswahlentscheidung des Netzbetreibers dient.<br />

Datenlieferverpflichtungen für<br />

Anlagenbetreiber<br />

Damit der Prozess funktionieren kann, müssen Anlagenbetreiber<br />

verschiedene Daten an die Netzbetreiber<br />

übermitteln. Diese können im Wesentlichen in die vier<br />

Kategorien „Stammdaten“, „Echtzeitdaten“,<br />

Immer. Sicher. Dicht.<br />

Individuelle Ringraumdichtung HRD LAU<br />

DICHTEN SIE IHREN LAGERBEHÄLTER SICHER AB<br />

www.hauff-technik.de<br />

Anzeige_Biogasjournal_175x1188mm.indd 1 07.05.<strong>2021</strong> 09:36:04<br />

77


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

„Planungsdaten“ und „Nichtbeanspruchbarkeiten“<br />

untergliedert werden. Welche der Daten übermittelt<br />

werden müssen, hängt mit dem sogenannten Bilanzierungsmodell<br />

zusammen, bei dem aus zwei verschiedenen<br />

Optionen gewählt werden kann.<br />

Die erste Option stellt das sogenannte „Prognosemodell“<br />

dar. In diesem Modell prognostiziert der Netzbetreiber<br />

selbst, wie die Stromerzeugung der Anlage<br />

in der Zukunft aussehen wird. Eine Übermittlung von<br />

Planungsdaten ist daher nicht notwendig. Dies ist<br />

natürlich bei fluktuierenden Erzeugungsanlagen aufgrund<br />

von genauen Wetterprognosen besser möglich<br />

als bei frei steuerbaren Anlagen, wie zum Beispiel<br />

Biogasanlagen. Aus diesem Grund kann eine zweite<br />

Option gewählt werden, bei der es sich um das „Planwertmodell“<br />

handelt. In diesem Modell werden Daten<br />

des Fahrplans an den Netzbetreiber übermittelt, sodass<br />

dieser genau weiß, welche Leistung die Anlage in<br />

der Zukunft bereitstellen wird.<br />

Neu: „Einsatzverantwortliche“<br />

Die unterschiedlichen Datenkategorien verdeutlichen,<br />

dass der Prozess komplex ist und viele unterschiedliche<br />

Meldungen zu machen sind, die Anlagenbetreiber<br />

zum Teil überfordern können. Aus diesem Grund<br />

wurden verschiedene Marktrollen definiert. Im Zentrum<br />

steht dabei der sogenannte „Einsatzverantwortliche“,<br />

der für einen großen Teil der Datenlieferungen<br />

verantwortlicht ist. Diese Marktrolle muss nicht vom<br />

Anlagenbetreiber selbst wahrgenommen werden, sondern<br />

kann an einen externen Dienstleister abgegeben<br />

werden.<br />

Da die Direktvermarktungsunternehmen in vielen<br />

Fällen ohnehin über eine Vielzahl der geforderten Daten<br />

verfügen, um den Strom über Handelsgeschäfte<br />

vermarkten zu können, werden diese in den meisten<br />

Fällen die Rolle als Einsatzverantwortlicher übernehmen<br />

können. Dabei muss jedoch beachtet werden,<br />

dass dies kein Automatismus oder eine Pflicht ist. Der<br />

Direktvermarkter kann anbieten, dass er für einen Anlagenbetreiber<br />

die Rolle des Einsatzverantwortlichen<br />

übernimmt, muss dieses jedoch nicht tun.<br />

In der Praxis werden viele Direktvermarkter die Rolle<br />

des Einsatzverantwortlichen übernehmen. Insbesondere<br />

die Umsetzung des Planwertmodells wird für<br />

Biogasanlagenbetreiber nur in Kooperation mit dem<br />

Direktvermarkter möglich sein. Dieses Modell wird<br />

insbesondere für Anlagen in der Regelenergie wichtig<br />

werden, denn natürlich muss ein Netzbetreiber wissen,<br />

ob beispielsweise positive Regelenergie angeboten<br />

wird, um die Anlage nicht zufälligerweise zeitgleich<br />

zum negativen Redispatch und damit zur Abregelung<br />

heranzuziehen.<br />

Da die Systemumstellung zum 1. Oktober sehr viele<br />

Anlagen betreffen wird, sind umfangreiche vorbereitende<br />

Maßnahmen notwendig. Der Redispatch 2.0<br />

wird damit nicht erst im Herbst, sondern bereits jetzt<br />

für viele Betreiber relevant. Zahlreiche Betreiber wurden<br />

bereits von den Netzbetreibern mit der Bitte angeschrieben,<br />

verschiedene Stammdaten zu liefern. An<br />

dieser Stelle ist es wichtig, frühzeitig mit dem jeweiligen<br />

Direktvermarkter in Kontakt zu treten und die<br />

Frage zu klären, ob dieser perspektivisch die Rolle des<br />

Einsatzverantwortlichen übernimmt. Weiterhin sind<br />

Details zur Datenlieferung und den Bilanzierungsmodellen<br />

abzustimmen.<br />

Kommt es dann ab Oktober zu Schaltungen, sollen die<br />

betroffenen Anlagen laut Aussage der Bundesnetzagentur<br />

„weder besser noch schlechter als ohne die<br />

Maßnahme gestellt werden“. Der Betreiber wird also,<br />

wie bereits im Einspeisemanagement auch, finanziell<br />

entschädigt. Kosten können beispielsweise durch das<br />

Abfackeln des Gases während einer Abschaltung oder<br />

auch durch die Bereitstellung einer Ersatzwärmeversorgung<br />

in einem Wärmenetz entstehen. Der Anlagenbetreiber<br />

hat in diesen Fällen das Recht, dass der<br />

durch den Netzbetreiber entstandene Schaden ausgeglichen<br />

wird.<br />

Leider sind die Vorgaben des Systems äußerst komplex<br />

und der Fachverband Biogas e.V. steht über die<br />

verschiedenen Gremien im ständigen Austausch mit<br />

den beteiligten Akteuren, um Regelungen zu erwirken,<br />

die für die Branche umsetzbar und praxisnah sind. Zur<br />

Information der Mitglieder wurden bereits zahlreiche<br />

kostenfreie Webinfo-Seminare angeboten, an denen<br />

über 600 der Mitglieder teilgenommen haben. Weiterhin<br />

wird eine Arbeitshilfe zur Thematik veröffentlicht<br />

werden.<br />

Auch wenn die Neuerungen, die auf die Branche zukommen,<br />

komplex sind, so können sie auch eine Chance für<br />

die Bioenergie sein, den Stellenwert für das Stromversorgungssystem<br />

zu verdeutlichen. Flexibel steuerbare<br />

Biogasanlagen können ein entscheidender Baustein zur<br />

sicheren und verlässlichen Stromproduktion sein. Diese<br />

Rolle wird in Zukunft wichtiger denn je.<br />

Autor<br />

M.Sc. Florian Strippel<br />

Leiter des Referats Stromnetze<br />

und Systemdienstleistungen<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Angerbrunnenstraße 12 · 85356 Freising<br />

0 81 61/98 46 60<br />

info@biogas.org<br />

78


Installationsbeispiel<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PROBLEME MIT DER<br />

GASSPEICHERNUTZUNG?<br />

Keine optimale Gasspeichervolumen Nutzung<br />

Mangelnder Niveauausgleich<br />

Falsche Flussrichtung des Gases<br />

PRAXIS<br />

DIE LÖSUNG<br />

Das “BioBG Gasfördergebläse”<br />

Sorgt für optimalen Gasdruck-Ausgleich.<br />

Effizient und kostengünstig.<br />

OHNE BioBG Gasfördergebläse.<br />

Gasmembrane nicht gleichmäßig gespannt.<br />

MIT BioBG<br />

Gasfördergebläse<br />

keine Verluste.<br />

Einfachste Einbindung in alle<br />

Rohrleitungen/Rohrleitungsarten.<br />

Installation über<br />

Flansch Verbindung.<br />

! Kein Gasverlust<br />

! Keine Fahrplanuntreue<br />

! Flexible Fahrweise<br />

! Keine wirtschaftlichen<br />

Verluste<br />

EINFACH UND SCHNELL INSTALLIERT!<br />

Infos unter www.biobg.de oder<br />

rufen Sie uns einfach an!<br />

Tel.: 0 44 09 - 66 67 20<br />

MIT BioBG Gasfördergebläse.<br />

In der Praxis bewährt<br />

Das BioBG Gasfördergebläse arbeitet<br />

erfolgreich auf unserer anliegenden<br />

Biogasanlage.<br />

Die Vorteile für Sie:<br />

- Keine Auslösung des Unterdruckschalters<br />

bei der Substratentnahme<br />

- Niveauausgleich der Gasblasenfüllstände<br />

- Kein Abblasen bei hoher Gasproduktion<br />

- Optimale Nutzung aller Gasspeicher<br />

- Geringe Wartungskosten<br />

- Keine Verdichtereigenschaften<br />

- Verschleißarm<br />

BioBG GmbH<br />

Webers Flach 1 – 26655 Westerstede-Ocholt<br />

Tel.: +49 (0) 4409 - 666 720<br />

Fax: +49 (0) 4409 - 666 722<br />

E-Mail: info@biobg.de – Internet: www.biobg.de 79


PRAXIS<br />

Die Biogasanlage der<br />

Klostergas GbR verarbeitet<br />

BIOGAS JOURNAL pro Jahr | rund 4_<strong>2021</strong> 10.000<br />

Tonnen Rindermist.<br />

Optimierter Betrieb im<br />

Regelleistungsmarkt<br />

Wenn Biogasanlagen konsequent flexibilisiert werden, können sie auch die anspruchsvolle<br />

Primärregelleistung (PRL) erbringen. Doch mit dem Wechsel auf die Vier-Stunden-Zeitscheibenregelung<br />

wird es komplizierter, den Fahrplan für den optimalen BHKW-Betrieb<br />

selbst zu erstellen. Lars Grünewald, der im Süden Niedersachsens eine flexible Biogasanlage<br />

betreibt, hat sich daher entschieden, diese Tätigkeit in die Hände seines Direktvermarkters<br />

zu legen.<br />

Von Thomas Gaul<br />

In der landschaftlich reizvollen Lage des Weserberglands<br />

befindet sich das Klostergut Hilwartshausen.<br />

Das traditionsreiche Kloster in der Nähe von Hannoversch<br />

Münden hat eine lange Geschichte hinter<br />

sich. Gegründet wurde das Kloster bereits im Jahr<br />

960. Nur durch eine Bundesstraße getrennt, steht die<br />

Biogasanlage von Lars Grünewald. Sie wurde 2011<br />

neben den Wirtschaftsgebäuden des eigenständigen<br />

landwirtschaftlichen Betriebes errichtet.<br />

Dabei handelt es sich um einen Ackerbaubetrieb mit<br />

Rinderhaltung, der zusammen mit einem weiteren Gesellschafter<br />

als Klostergas GbR betrieben wird. Grünewald<br />

mästet 600 Bullen. Sie liefern auch einen Großteil<br />

des Substrates für die Biogasanlage, berichtet Lars<br />

Grünewald: „Wir setzen jährlich rund 10.000 Tonnen<br />

Rindermist in der Biogasanlage ein.“<br />

Daneben werden noch 3.500 Tonnen Hühnertrockenkot<br />

und 1.800 Tonnen Körnermaisstroh eingesetzt. Das<br />

wurde im Herbst mit Feldhäcksler und Ladewagen geerntet<br />

und einsiliert. Der Substratmix wird durch Kleegras-Silage<br />

ergänzt. „Wir versuchen, einen Großteil des<br />

Substratbedarfs mit Reststoffen zu bestreiten“, betont<br />

Grünewald. „Wir haben einen Bedarf von 600 Tonnen<br />

Mais, den wir für die Anlage benötigen. Den Rest decken<br />

wir auch mit Zwischenfrüchten.“<br />

Für die Versorgung einer elektrischen Leistung von 500<br />

Kilowatt (kW) reichen inzwischen 15 Hektar Mais aus.<br />

Beim Anbau der nachwachsenden Rohstoffe ist er inzwischen<br />

nicht mehr nur auf eigene Flächen angewiesen.<br />

„Viele Landwirte in der Nachbarschaft möchten<br />

für uns Mais anbauen.“ Ein Grund dafür ist, dass im<br />

Ackerbau die Probleme mit Ackerfuchsschwanz zunehmen<br />

und Mais die Fruchtfolge so sinnvoll ergänzt.<br />

Die Biogasanlage wurde im Lauf der Jahre optimiert<br />

und erweitert. Nach und nach wurden drei Blockheizkraftwerke<br />

(BHKW) mit einer Leistung von insgesamt<br />

1,15 Megawatt installiert. Mit einem Mitsubishi-Motor<br />

startete Grünewald 2016 die Flexibilisierung. Der Motor<br />

läuft wärmegeführt, da die Wärme auf dem Klostergut<br />

zur Getreidetrocknung und zum Beheizen der<br />

Gebäude genutzt wird. Da es sich dort um historische<br />

Gebäude handelt, ist der Wärmebedarf entsprechend<br />

hoch.<br />

Der Strom wird bereits seit 2012 direkt vermarktet.<br />

Über die Direktvermarktung gelang der Einstieg in die<br />

Märkte für Regelenergie. Bei dem zuständigen Über-<br />

FOTOS: THOMAS GAUL<br />

80


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

NEU:<br />

PRAXIS<br />

UltraPract® PG<br />

Der Beschleuniger für<br />

schwer vergärbare<br />

Substratmischungen!<br />

Hochwirksam, mit<br />

patentiertem Enzymprofil<br />

Klaus Anduschus (links) von e2m und Betreiber Lars Grünewald prüfen die Silage aus Körnermaisstroh.<br />

stock.adobe.com / © JonathanSchöps<br />

Steigern Sie die<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

Ihrer Biogasanlage.<br />

» Stabilisiert den Anlagenbetrieb<br />

beim Einsatz von<br />

„Problem-Substraten”<br />

(Mist + GPS, Grassilage).<br />

Lars Grünewald setzt beim Substratmix auch auf Zwischenfrüchte.<br />

» Maximiert die Geschwindigkeit<br />

der Biogasbildung.<br />

tragungsnetzbetreiber TenneT wurden die<br />

BHKW zunächst für die Sekundär- und<br />

die Minutenreserve (MRL) präqualifiziert.<br />

Durch die Flexibilisierung kann Lars Grünewald<br />

auch Primärregelleistung (PRL)<br />

bereitstellen.<br />

Fahrplanbetrieb selbst entwickelt<br />

Zunächst wurden die drei BHKW-Motoren<br />

mit 250 kW, 265 kW und 500 kW nach<br />

einem Fahrplan betrieben, den Lars Grünewald<br />

selbst entwickelt hatte. „Dazu habe<br />

ich mich im Internet über die Preisentwicklung<br />

an der Leipziger Strombörse EEX informiert“,<br />

blickt er zurück. Doch als sein<br />

Direktvermarkter e2m mit dem Produkt<br />

OptimusFlex auf den Markt kam, schwenkte<br />

Grünewald um. Denn der Aufwand für<br />

das Erstellen individueller Fahrpläne hat<br />

sich noch einmal erhöht.<br />

Ein Grund dafür ist die tägliche Regelleistungsauktion<br />

für PRL, die am 1. Juli 2020<br />

eingeführt wurde. Damit fand ein Wechsel<br />

auf Zeitscheiben von jeweils vier Stunden<br />

statt – analog zu den bereits bestehenden<br />

Zeitscheiben für Sekundärregelleistung<br />

(SRL) und MRL. Für bereits flexibilisierte<br />

Biogasanlagen wie die von Lars Grü-<br />

» Optimiert die Substratverwertung<br />

und damit die<br />

Wirtschaftlichkeit der Biogasanlage.<br />

81<br />

+49 (0)30 6670 - 2056 » www.biopract-abt.de


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

„Die Regelenergie<br />

hat wieder einen<br />

Wert“<br />

Lars Grünewald<br />

Nach und nach wurden<br />

drei Blockheizkraftwerke<br />

(BHKW) mit<br />

einer Leistung von insgesamt<br />

1,15 Megawatt<br />

installiert.<br />

Die Anlage fügt sich<br />

harmonisch in die<br />

Landschaft des Weserberglandes<br />

ein.<br />

newald boten sich damit neue Chancen. Zusammen mit<br />

Klaus Anduschus, e2m-Teamleiter Vertrieb Landwirtschaft,<br />

wurden die wesentlichen Parameter der Biogasanlage<br />

erfasst und zum Erstellen eines Fahrplans in das<br />

System eingegeben. Dabei wurden die Besonderheiten<br />

der Anlagenkonstellation wie des Gasspeichers mit einem<br />

Volumen von 3.386 Kubikmetern ebenso erfasst<br />

wie die von den Motorenherstellern vorgegebenen Restriktionen<br />

wie Anzahl der Starts / Stopps und Wartungsintervalle.<br />

Aber auch der Wärmebedarf wurde berücksichtigt,<br />

wobei sich Grünewald und Anduschus hier an<br />

einem durchschnittlich kalten Wintertag orientierten.<br />

Für den Spitzenbedarf steht auch noch ein zusätzlicher<br />

Heizkessel bereit, der mit Holz-Hackschnitzeln betrieben<br />

wird.<br />

2. Quartal <strong>2021</strong> – Regelenergievermarktung<br />

interessanter<br />

Der Fahrplan berücksichtigt auch die Preisentwicklung<br />

an den Strom- und Regelleistungsmärkten. Der Markt<br />

für Regelenergie ist nun wieder interessant geworden.<br />

Das gilt insbesondere für das zweite Quartal <strong>2021</strong>. Die<br />

deutschen Übertragungsnetzbetreiber gaben im ersten<br />

Quartal etwa 7,1 Millionen (Mio.) Euro für die Primärregelleistung<br />

(PRL) aus. Im gleichen Zeitraum kostete<br />

die Sekundärregelleistung (SRL) positiv 24,1 Mio.<br />

Euro und negativ 10,1 Mio. Euro.<br />

Nach Einschätzung von e2m wird das zweite Quartal<br />

<strong>2021</strong> diese Werte und alle Ergebnisse der Quartale<br />

2020 weit übertreffen. Seit Mitte April sehen die Experten<br />

der e2m eine Hochpreisphase, die insbesondere<br />

Anfang Mai einen Höhepunkt erreicht hat. Grund hierfür<br />

ist insbesondere die ausgeprägte Wartungssaison<br />

konventioneller Marktteilnehmer. Vor einem Jahr, zum<br />

ersten Lockdown, wurden Wartungsarbeiten teilweise<br />

verschoben, die nun nachgeholt würden.<br />

Außerdem treiben das wechselhafte Wetter sowie eine<br />

gewisse Marktdynamik die Preise weiter. So setzen sich<br />

die schon im vorangegangenen Jahr gestiegenen Erlöschancen<br />

für positive SRL auch in diesem Jahr weiter<br />

fort. Dieser Trend wird fundamental durch gestiegene<br />

Brennstoffkosten und CO 2<br />

-Preise gestützt, die insbesondere<br />

für konventionelle Marktteilnehmer die Kosten<br />

nach oben treiben.<br />

Die Leistung von negativer SRL ist insbesondere<br />

während verbrauchsschwacher Perioden mit hoher<br />

Wind- oder Solareinspeisung lukrativ. Dies trifft beispielsweise<br />

auf den Monat Mai mit seinen zahlreichen<br />

Feiertagen zu. Für positive und negative SRL gilt gleichermaßen,<br />

dass der Regelarbeitsmarkt den kompetitiven<br />

Druck auf Leistungspreisauktionen senkt, was wie-<br />

82


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

derum zu messbar höheren Preisen für die<br />

Bereitstellung von Flexibilität führt. „Die<br />

Regelenergie hat wieder einen Wert“, freut<br />

sich Lars Grünewald. In den vergangenen<br />

Monaten konnte ein Zusatzerlös von etwa<br />

2.000 Euro monatlich erzielt werden.<br />

Beim Betrachten des Fahrplans fällt auf,<br />

dass die Motorenbetriebszeit die Vier-<br />

Stunden-Zeitscheibe schneidet. „Das ist<br />

jedoch nicht weiter schlimm“, sagt Klaus<br />

Anduschus von e2m. Die Motoren sollen<br />

mindestens zwei Stunden laufen. So wurde<br />

es vorher vereinbart. Um den Verschleiß zu<br />

minimieren, wird die Betriebstemperatur<br />

bei 60 Grad Celsius gehalten.<br />

Bei unvorhergesehenen Maßnahmen kann<br />

der Fahrplan jedoch noch kurzfristig geändert<br />

werden: „Bis morgens 8.00 Uhr kann<br />

ich für den Folgetag noch Veränderungen<br />

vornehmen“, sagt Grünewald. Entsprechend<br />

den vorliegenden Daten werden<br />

die BHKW dann durch e2m automatisch<br />

gesteuert. Zur Optimierung gehört, die<br />

Stromproduktion in die Wochenzeiten zu<br />

verlegen, in denen die erwartete Stromnachfrage<br />

am höchsten ist.<br />

Grünewald könnte darauf reagieren, indem<br />

er die Fütterung vor dem Wochenende reduziert.<br />

Doch angesichts der von ihm eingesetzten<br />

Substrate hält er diese Möglichkeit<br />

für wenig realistisch. Die Biologie seiner<br />

Anlage ist auf die Reststoffe eingestellt<br />

und reagiert eher träge. Eine Anpassung<br />

der Fütterung wäre für ihn leichter möglich,<br />

wenn er Substrate wie Getreideschrot<br />

oder Zuckerrüben einsetzen würde, die ein<br />

schnelles Hochfahren der Gasproduktion<br />

ermöglichen.<br />

Optimierter Wärmepuffer würde<br />

Flexibilität erhöhen<br />

Die Fahrweise nach OptimusFlex bringt Lars<br />

Grünewald einen jährlichen Mehrerlös von<br />

20.000 Euro. Mit der Direktvermarktung<br />

hatte er zuvor bereits einen Mehrerlös von<br />

5.000 Euro realisiert. Derzeit ist es die Gasspeicherkapazität,<br />

die die Flexibilität der<br />

Anlage gemäß dem Fahrplan vorgibt. Weiter<br />

erhöhen ließe sich die Flexibilität mit einem<br />

Pufferspeicher. Denn derzeit muss die<br />

Wärmeverteilung in den Fahrplan integriert<br />

werden.<br />

Die BHKW-Motoren müssen jetzt mitunter<br />

laufen, obwohl die Signale vom Strommarkt<br />

dies gar nicht erfordern. Da jedoch der Wärmebedarf<br />

von insgesamt 360 kW des Klostergutes<br />

gedeckt werden muss, laufen die<br />

Motoren. Für den Wärmespeicher wäre ein<br />

Der Bullenstall befindet sich neben der Biogasanlage.<br />

Volumen von 105 m 3 ausreichend, haben<br />

Klaus Anduschus und Lars Grünewald ermittelt.<br />

Die Umstellung des Fahrplans zahlt sich für<br />

Lars Grünewald aus. „SRL und Fahrplan ist<br />

wertvoller als der reine Fahrplanbetrieb,<br />

selbst wenn die Vier-Stunden-Zeitscheiben<br />

in die Regelenergie verschoben werden.“<br />

Über den Fahrplanbetrieb hinaus ergeben<br />

sich weitere Vorteile für den Anlagenbetreiber:<br />

Als Teilnehmer am Regelenergie-Markt<br />

ist er vom Redispatch befreit.<br />

Autor<br />

Thomas Gaul<br />

Freier Journalist<br />

Im Wehrfeld 19a · 30989 Gehrden<br />

01 72/512 71 71<br />

gaul-gehrden@t-online.de<br />

83


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Mit VisuFlex Flexibilität<br />

sichtbar machen<br />

Der flexible Betrieb von Biogasanlagen ist ein großer Vorteil. Dieses starke Argument für<br />

den Energieträger Biogas kann bislang nicht richtig ausgespielt werden. Denn in vielen<br />

Veröffentlichungen und Diskussionen wird das nicht berücksichtigt. Mit einer Darstellung<br />

in Echtzeit will das Projekt VisuFlex das ändern.<br />

Von Thomas Gaul<br />

Biogas hat einen erheblichen Vorteil gegenüber<br />

anderen Erneuerbaren Energien: Es<br />

kann nicht nur bedarfsgerecht erzeugt,<br />

sondern auch flexibel verstromt werden.<br />

Bei hoher Netzbelastung lassen sich die<br />

Biogas-Blockheizkraftwerke (BHKW) herunterfahren<br />

und das Netz so freimachen für Wind- und Solarstrom.<br />

Bei Strombedarf hingegen eignen sich Biogas und Biomethan<br />

als Reservekapazität: Sie werden so zu „Batterien“<br />

für die Stromversorgung in Engpasszeiten.<br />

Doch in der Politik und in der Öffentlichkeit kommt diese<br />

Botschaft häufig gar nicht an: In Veröffentlichungen<br />

erscheint die Stromeinspeisung häufig nur als grünes<br />

Band der Grundlast. Die Effekte der Flexibilisierung<br />

bleiben bislang unsichtbar. Der Wert real existierender<br />

Biogas-Speicherkraftwerke für den Strommarkt wird<br />

nicht wahrgenommen.<br />

Dabei dürfte die Bedeutung von Stromlieferanten,<br />

die auf Strompreisschwankungen flexibel reagieren,<br />

insbesondere vor dem Hintergrund der fluktuierenden<br />

Einspeisung aus Photovoltaik und Windkraft, in den<br />

nächsten Jahren weiter zunehmen. Flexible Speicherkraftwerke<br />

werden gebraucht. Das wird sich auch in den<br />

künftig zu erzielenden Strompreisen widerspiegeln.<br />

Mit der Direktvermarktung und der Flexibilitätsprämie<br />

des EEG fördert die Bundesregierung die Anpassung<br />

von Biogasanlagen an das Stromnetz der Zukunft. Laut<br />

einer Studie des Deutschen Biomasseforschungszentrums<br />

(DBFZ) erhalten aktuell etwa 3.300 Biogas- und<br />

Biomethan-BHKW mit einer installierten elektrischen<br />

Leistung von rund 2,2 Gigawatt die sogenannte Flexprämie.<br />

Obwohl die Stromeinspeisung zu Hochpreisphasen<br />

Mehrerlöse verspricht, fahren die meisten<br />

dieser Anlagen trotzdem bislang nicht marktpreisorientiert.<br />

Die Preissteuerung funktioniert<br />

Mit dem Projekt „Visualisierung der Netz-/Systemdienlichkeit<br />

flexibilisierter Biogasanlagen – VisuFlex“ soll<br />

gezeigt werden, dass die Strompreise sehr genau der<br />

Residuallast folgen und somit eine geeignete Steuerungsgröße<br />

darstellen. Unter Einbindung von Direktvermarktern<br />

und den „Flexperten“ wurden anhand<br />

definierter Kriterien zukunftsweisend flexibilisierte<br />

Anlagen identifiziert und wurde deren aufsummierte<br />

Stromeinspeisung den Strompreisen sowie der Residuallast<br />

gegenübergestellt.<br />

Die Auswertung erfolgte rückwirkend für den Zeitraum<br />

1. Januar 2019 bis 30. Juni 2020. Das Ergebnis der<br />

ersten Projektphase zeigt, dass die ausgewählten Biogasanlagen<br />

sehr zuverlässig zu Zeiten von Last- und<br />

Preisspitzen einspeisen und somit optimal markt- und<br />

systemdienlich betrieben werden. Ergebnis: Die ausgewählten<br />

Biogasanlagen speisen sehr zuverlässig zu Zeiten<br />

von Last- und Preisspitzen ein, werden also optimal<br />

markt- und systemdienlich betrieben. Das Vorhaben<br />

wurde durch die Agrarservice Lass GmbH mithilfe des<br />

Flexperten-Netzwerkes bearbeitet.<br />

Um die Effekte der Flexibilisierung für die Öffentlichkeit,<br />

die Politik, aber auch als Vorbild für andere Biogasanlagenbetreiber<br />

deutlich sichtbar zu machen, wird<br />

in einer nun an den Start gehenden zweiten Projektphase<br />

die Visualisierung der Stromeinspeisung flexibilisierter<br />

Biogasanlagen auf einer separaten Plattform<br />

in Echtzeit angestrebt. Daraus ließe sich über die Zeit<br />

auch der Zuwachs fahrplanoptimierter Biogasanlagen<br />

ableiten.<br />

In einem vom Bundesministerium für Ernährung und<br />

Landwirtschaft durch die Fachagentur Nachwachsende<br />

Rohstoffe e. V. (FNR) geförderten Projekt wird gezeigt,<br />

dass die Strompreise sehr genau der Residuallast<br />

folgen und somit eine geeignete Steuerungsgröße für<br />

die Betriebsweise von Biogasanlagen darstellen. Unter<br />

Einbindung verschiedener Direktvermarkter wurden<br />

anhand definierter Kriterien die Biogasanlagen<br />

identifiziert, die tatsächlich bedarfsgerecht betrieben<br />

werden. Deren aufsummierte Stromeinspeisung wurde<br />

den Strompreisen sowie der Residuallast gegenübergestellt.<br />

Die neue Plattform soll über die Website der FNR zu erreichen<br />

sein, wie FNR-Mitarbeiterin Jessica Hudde auf<br />

Anfrage mitteilte. Ein Startdatum konnte sie allerdings<br />

84


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

noch nicht nennen. Die bisherigen Daten<br />

für den zurückliegenden Zeitraum sind<br />

über die Websites von SMARD und Agora<br />

Energiewende abzurufen.<br />

Anlagenbetrieb für die Zeit nach<br />

dem EEG<br />

Einen anderen Ansatz wählt das Vorhaben<br />

„Optimierung des Betriebs und Designs<br />

von Biogasanlagen für eine bedarfsgerechte,<br />

flexibilisierte und effiziente Biogasproduktion<br />

unter Berücksichtigung der<br />

Prozessstabilität als Post-EEG Strategie<br />

(OptiFlex)“. Ein Forscherteam um die Universität<br />

Hohenheim will diesen Ansatz weiterentwickeln.<br />

Den Grundstein dafür legte das Deutsche<br />

Biomasseforschungszentrum (DBFZ) mit<br />

seinem Prozessmodell für die sogenannte<br />

prädiktive (vorhersagbare) Fütterung. Bei<br />

diesem Modell geben Netzfahrpläne den<br />

zu erwartenden Stromverbrauch vor. Ein<br />

Optimierungsalgorithmus findet dann die<br />

optimale Fütterungsmenge und das bestmögliche<br />

Mischungsverhältnis der verfügbaren<br />

Substrate.<br />

Dieser Ansatz hat 2015 den Biogas-Innovationspreis<br />

gewonnen. Mit ihm lassen sich<br />

Einsparungen bei Investitionen für zusätzliche<br />

Gasspeicher von bis zu 50 Prozent<br />

realisieren. Anpassungsbedarf gibt es noch<br />

bei der Eintrags- und Rührtechnik, die große<br />

Substratmengen in kurzen Zeiträumen<br />

optimal bewegen muss. Hier setzt OptiFlex<br />

an: Die Forscher wollen weitere Regelalgorithmen<br />

für alle zentralen und peripheren<br />

Anlagenkomponenten entwickeln.<br />

Neben den Rührwerken betrifft dies auch<br />

Einrichtungen zum Substrataufschluss,<br />

die definierte Substrateigenschaften bereitstellen<br />

müssen. Auch hier wird an<br />

Vorläuferprojekte angeknüpft, etwa an die<br />

Arbeiten des Fraunhofer-Instituts für Keramische<br />

Technologien und Systeme IKTS<br />

über die Zusammenhänge zwischen Substrateigenschaften,<br />

Prozessbedingungen,<br />

Strömungsprofil im Reaktor und Biogasausbeute.<br />

Praktisch erprobt wird die neue Systemlösung<br />

in der Forschungsbiogasanlage<br />

„Unterer Lindenhof“ der Uni Hohenheim.<br />

Das OptiFlex-Konzept soll sich nicht nur<br />

zur Ausrüstung neuer, sondern auch zur<br />

Nachrüstung bestehender Anlagen eignen.<br />

Es kann als „Post-EEG-Strategie“ einen<br />

Beitrag dazu leisten, Biogasanlagen effizienter<br />

und zukunftsfähiger zu machen. Im<br />

Idealfall erzeugen flexible Biogasanlagen<br />

bedarfsgerechten Strom so wirtschaftlich,<br />

dass sich ihr Betrieb auch ohne die gesicherte<br />

Vergütung des EEG erzeugen lässt.<br />

Autor<br />

Thomas Gaul<br />

Freier Journalist<br />

Im Wehrfeld 19a · 30989 Gehrden<br />

01 72/512 71 71<br />

gaul-gehrden@t-online.de<br />

Sichern Sie sich Ihren kostenfreien und<br />

individuellen Musterfahrplan!<br />

Anfragen gerne per E-Mail: kundencenter@e2m.energy<br />

DIE BESTEN FAHRPLÄNE VOM MARKTFÜHRER<br />

85<br />

www.e2m.energy


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

BIOMETHAN<br />

Wie weiter ohne vermiedene<br />

Netzentgelte?<br />

Seit 2010 gilt, dass bei Biomethananlagen nach 10 Jahren die Vergütung der vermiedenen<br />

Netzentgelte entfällt. Bereits 2017 hat die Deutsche Energie-Agentur (dena) bei einer<br />

Analyse von 18 Anlagen die negativen Folgen für die Wirtschaftlichkeit aufgezeigt. Zudem<br />

enden oft nach 10 Jahren auch die Abnahmeverträge für das Biomethan. Neue Lieferpreise<br />

und Konditionen müssen ausgehandelt werden, weitere Einnahmeverluste für den Produzenten<br />

sind möglich. Viele Anlagen können daran scheitern, gleichwohl sind grüne Gase<br />

für die Energiewende wichtig. Wie sehen einzelne Akteure diese Herausforderung und wie<br />

nehmen sie Kurs in Richtung Zukunft?<br />

Von EUR ING Marie-Luise Schaller<br />

Daniel Königs betreibt mit seinem Vater und<br />

dessen Partner Nellen die Biogas- und<br />

Biomethananlage auf dem Schelmrather<br />

Hof in Neuss. Da die Einspeiseanlage seit<br />

2010 läuft, ist auch hier die Vergütung der<br />

vermiedenen Netzentgelte entfallen. Nach einer insgesamt<br />

recht positiven Zusammenarbeit mit den lokalen<br />

Stadtwerken wurden gleichzeitig neue Abnahmeverträge<br />

mit Preisen auf niedrigerem Niveau als bisher ausgehandelt.<br />

Erschwerend kommt hinzu, dass die Stadtwerke im<br />

Sommer von L- auf H-Gas umstellen und die Anlage von<br />

Königs + Nellen am Ende des Verteilnetzes als<br />

erste an der Reihe ist. Konsequenzen sind,<br />

dass die Konditionierung in der Übergangszeit<br />

etwas schwieriger einzustellen ist und dass<br />

im Sommer auch nicht mehr die volle Produktionskapazität<br />

abgenommen werden kann. Ein Anschluss an<br />

das naheliegende Transportleitungsnetz ist derzeit aus<br />

Kostengründen ausgeschlossen.<br />

Angesichts auslaufender Biomethanlieferverträge haben<br />

die Betreiber schon im Vorfeld beschlossen, auf<br />

die neuen Chancen in Richtung Biomethankraftstoff zu<br />

setzen, und sich dabei bereits 2019 nach REDcert zertifizieren<br />

lassen. Sie fokussieren ihren Substratmix nun<br />

auf Reststoffe wie Pferdemist und haben die Anlage<br />

durch neue Fütterungs- und Zerkleinerungstechnik<br />

sowie die Behälter auf die Vergärung<br />

anspruchsvoller Stoffe entsprechend<br />

erweitert und ertüchtigt.<br />

Konsequent:<br />

Biogasaufbereitung<br />

Schelmrather Hof und<br />

CNG-betriebener Pkw<br />

des Betreibers.<br />

86


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

FOTOS: SCHALLER<br />

Flottenbetreiber sollten auch an<br />

Biomethan denken<br />

„Viele haben nur Elektro- und Wasserstoffmobilität<br />

als einzige Alternativen zum Diesel im Blick. Das erschwert<br />

innovative regionale Projekte mit Biomethan<br />

enorm. Außer, die Beteiligten werden durch Richtlinien,<br />

gezwungen etwas zu ändern, erst dann bekommt<br />

Bio-CNG durch den großen Kostenvorteil Aufmerksamkeit“,<br />

berichtet Daniel Königs.<br />

Er verfolgt aber den eigenen Weg weiterhin mit Konsequenz.<br />

„Leider haben die Stadtwerke unser Angebot<br />

nicht angenommen, unser Biomethan an ihren CNG-<br />

Tankstellen einzusetzen. Jetzt planen wir, eine eigene<br />

Tankstelle zu errichten, um selbst die Verkehrswende<br />

mitzugestalten.“<br />

Auch im Rahmen seiner Masterarbeit arbeitet er sich<br />

in die unübersichtlichen Zertifizierungs- und Vermarktungsregeln<br />

ein. Er wird am Ball bleiben, um das Beste<br />

für den Betrieb und das gemeinsame Ziel Umweltschutz<br />

herauszuholen, denn er sieht trotz der lokalen<br />

Hindernisse große Absatzchancen für Biomethan auf<br />

dem Kraftstoffmarkt. „Allerdings frage ich mich auch,<br />

woher die jetzt schon immer größer werdenden Mengen<br />

an Ökostrom und Biomethan als Kraftstoff kommen<br />

können“, so Königs weiter.<br />

Betrieb immer wieder neu erfunden<br />

Dipl.-Ing. agr. Bernd-Josef Wenning und sein Vater<br />

sind in Rhede im westlichen Münsterland Biogasproduzenten<br />

der ersten Stunde und betreiben zudem seit<br />

10 Jahren eine Biogasaufbereitung. Auf die Frage, wie<br />

er mit dem Verlust der entfallenden Netzentgelte umgehe,<br />

antwortet er sogleich, dass es ihren Betrieb eigentlich<br />

schon längst nicht mehr geben dürfte, hätten<br />

sie sich nicht immer neu erfunden.<br />

Sein Vater hat 1980 nach der zweiten Ölkrise mit sehr<br />

viel Mut und Pioniergeist die erste deutsche Biogasanlage<br />

in Betrieb genommen, um für seinen landwirtschaftlichen<br />

Betrieb inklusive einer Brennerei eine<br />

weitestgehende Energieautarkie bei der Dampferzeugung<br />

zu erzielen. Als vor 15 Jahren der wirtschaftliche<br />

Betrieb ihres Blockheizkraftwerks (BHKW) nicht mehr<br />

gegeben war, haben sich Vater und Sohn bereits damals<br />

bei RWE darum bemüht, ins Erdgasnetz einspeisen<br />

zu können – zunächst erfolglos.<br />

2007 entwickelte Fraunhofer eine der ersten ORC-Anlagen<br />

auf dem landwirtschaftlichen Betrieb Wenning,<br />

die dort mit dem größten der drei BHKW gekoppelt war<br />

und zusätzlichen Strom aus der Abgaswärme erzeugte.<br />

Dadurch ergab sich der Kontakt zur Abteilung für regenerative<br />

Energien bei Eon. Mit Inkrafttreten der neuen<br />

Netzzugangsverordnung und mit Eon als Partner konnte<br />

die Biogaseinspeisung ins RWE-Netz schließlich<br />

realisiert werden.<br />

Nun versorgt die Anlage Abnehmer in den nahegelegenen<br />

Orten Rhede und Bocholt. Neben der Bedienung<br />

des Wärmemarktes kann Bernd-Josef Wenning dank<br />

Zertifizierung seines Betriebes<br />

über Eon auch Mineralölkonzerne<br />

mit Kraftstoff beliefern.<br />

Damit und wegen der höheren<br />

Anrechnung der Gülle könne<br />

er den Wegfall der Vergütung<br />

der entfallenen Netzentgelte<br />

ausgleichen.<br />

Nach mehr als vierzigjähriger<br />

Biogaserfahrung ist er weiterhin<br />

zuversichtlich, auf das<br />

richtige Pferd zu setzen. „Um<br />

uns in der Energie breit aufzustellen,<br />

brauchen wir neben<br />

Strom und Wasserstoff auch<br />

Biomethan und Biodiesel im<br />

Portfolio unseres Energiesystems.<br />

Wir sind auch weiterhin<br />

bestrebt, innovative Wege zu<br />

gehen, zum Beispiel durch<br />

die Nutzung von CO 2<br />

aus der<br />

Aminwäsche und grünen Wasserstoff“,<br />

lässt Wenning einblicken.<br />

bmp greengas handelt mit<br />

grünen Gasen und stellt sein<br />

Lieferantenportfolio in Orientierung an die aktuellen<br />

und künftigen Märkte zusammen. Stefan Schneider,<br />

Head of Sales und Purchasing, sieht, dass neben dem<br />

sogenannten EEG-Markt als Basis zunehmend die Industrieversorgung<br />

mit grünen Gasen und die Belieferung<br />

mit Kraftstoff im Transportsektor von Bedeutung<br />

sind. Aber es ginge nicht nur um vertriebliche Unterstützung,<br />

auch zur Minimierung des Absatzrisikos böten<br />

Händler wie bmp greengas Vorteile.<br />

„Nicht jeder Produzent kann seine Gasmengen kontinuierlich<br />

absetzen. Wir übernehmen das Gas der<br />

Lieferanten und kümmern<br />

uns um die Vermarktung –<br />

bundesweit, aber auch international.<br />

Der Produzent<br />

wiederum kann sich auf sein<br />

Kerngeschäft konzentrieren.<br />

Jeder macht so, was er am<br />

besten kann“, sagt Schneider.<br />

Die Höhe des Lieferpreises<br />

sei dadurch auch abhängig<br />

vom übernommenen Risiko,<br />

man arbeite sowohl mit<br />

Einmallieferungen als auch mit Langzeitverträgen<br />

mit Zeiträumen von bis zu 15 Jahren. Dabei sei Ende<br />

letzten Jahres ein absolutes Preistief zu verzeichnen<br />

gewesen, doch mittlerweile verbessere sich die Situation.<br />

Schließlich setze man sich als Unternehmen<br />

gemeinsam mit Lieferanten und Abnehmern dafür ein,<br />

die Klimaziele durch grüne Gase zu erreichen.<br />

Aufwändig: die Anpassung<br />

der vorhandenen<br />

Anlagentechnik an<br />

neue Substrate, wie<br />

zum Beispiel Pferdemist.<br />

„Wir übernehmen das<br />

Gas der Lieferanten<br />

und kümmern uns um<br />

die Vermarktung“<br />

Stefan Schneider<br />

87


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Fortschrittlich: Dipl.-Agr. Ing.<br />

Bernd-Josef Wenning.<br />

„Wir sind schnell, wir<br />

können liefern!“<br />

Horst Seide, Betreiber<br />

einer Biogasanlage und<br />

mehrerer Biomethantankstellen<br />

sowie Präsident des<br />

Fachverbandes Biogas,<br />

zeichnet auch ein insgesamt<br />

positives Bild: „Nach<br />

längerer Durststrecke für<br />

Betreiber von Biomethananlagen<br />

tun sich bei der<br />

Marktentwicklung nun in<br />

zweifacher Hinsicht Lichtblicke<br />

auf: Erstens bietet<br />

das EEG jetzt größere<br />

Ausschreibevolumina, die<br />

auch wirtschaftlich zu erfüllen sein müssten.<br />

Biogas bzw. Biomethan bietet ja dem<br />

Stromsektor große Vorteile mit einer derzeitigen<br />

Speicherreserve von einem Jahr und<br />

der punktgenau möglichen Lieferkapazität.<br />

Zweitens entwickelt sich der Kraftstoffsektor<br />

vielversprechend, weil die Quoten für<br />

die Verwertung von Gülle, Mist, Stroh und<br />

anderen Abfällen bei der Treibhausgas-Bilanzierung<br />

besonders vorteilhaft<br />

gewertet werden.“<br />

Seiner Meinung nach<br />

dürfte sich ein erheblich<br />

größerer Markt im<br />

Kraftstoffsektor als im<br />

Stromsektor auftun und<br />

wirtschaftlich umsetzbare<br />

Geschäftsmodelle für<br />

Betreiber bieten. Schon<br />

im vergangenen Jahr<br />

habe sich der Absatz von<br />

beispielsweise verflüssigtem<br />

Gas in Form von LNG<br />

verdreifacht. Natürlich<br />

seien gewisse Schwierigkeiten<br />

zu bewältigen, angefangen<br />

von der Umstellung auf andere<br />

Substrate über die Zertifizierung sowie bei<br />

genehmigungsrechtlichen Verfahren zur<br />

Anpassung an die Veränderungen. Die entfallenen<br />

Netzentgelte wieder zu vergüten,<br />

wird zwar weiterhin seitens des Fachverbandes<br />

gefordert, jedoch sieht Seide hier<br />

keine positiven Signale seitens der Politik.<br />

Dennoch dürfe sich der Aufwand wiederum<br />

lohnen, denn die Chancen zur Ausschöpfung<br />

der Biomethanpotenziale seien groß.<br />

„Alle bestehenden Biogasanlagen zusammengenommen<br />

haben eine Biomethankapazität<br />

von 11,6 Terawattstunden pro Jahr<br />

(TWh/a), mit dem bisher nicht genutzten<br />

Aufkommen an Gülle und Mist ergäben<br />

sich theoretisch nochmals 20 TWh/a, aus<br />

Stroh kann auch eine ähnliche Größenordnung<br />

erzeugt werden“, prognostiziert<br />

Seide.<br />

Aufgrund der Nachfrage ließe sich die Biomethanproduktion<br />

verdoppeln bis verdreifachen.<br />

Ähnlich hohe Effekte seien auch<br />

von der Weiterentwicklung im Bereich<br />

Power-to-Gas zu erwarten. Nun bliebe erst<br />

einmal abzuwarten, welche Weichen die<br />

neue Bundesregierung stellen wird, dann<br />

könne man im Herbst neue Aktivitäten abstimmen<br />

und anstoßen. Seide betont: „Wir<br />

sind schnell, wir können dann liefern!“<br />

Grüne pro Biogas und neuem<br />

Strommarktdesign<br />

Von politischer Seite erklärt Julia Verlinden<br />

von den Grünen, dass sie sich weiter-<br />

Geisberger BGJ 4_<strong>2021</strong>.pdf 1 07.06.21 12:58<br />

Geisberger BGJ 4_<strong>2021</strong>.pdf 1 07.06.21 12:58<br />

Hassenham Hassenham 4 4<br />

84419<br />

84419<br />

Schwindegg<br />

Schwindegg<br />

Tel.: +49(0)8082-27190-0<br />

Tel.: 88 +49(0)8082-27190-0<br />

www.geisberger-gmbh.de<br />

www.geisberger-gmbh.de<br />

BHKW-Power-Systeme<br />

WELT-<br />

NEUHEIT<br />

schwarzstartfähig<br />

notstromfähig<br />

Inselbetrieb<br />

Inselbetrieb<br />

mit<br />

mit<br />

Biogas<br />

Biogas<br />

50-550<br />

50-550<br />

kW<br />

kW


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

FOTO: PRIVAT<br />

hin für Biomethan einsetzen werden. „Als<br />

Grüne Bundestagsfraktion setzen wir uns<br />

dafür ein, dass die Energieerzeugung aus<br />

Biogas- und Biomethananlagen erhalten<br />

bleibt. Die Anlagen sollen dabei möglichst<br />

weitgehend auf Rest- und Abfallstoffe sowie<br />

ökologisch sinnvolle Substrate umgestellt<br />

werden. Biomethan und damit die<br />

Einspeisung von grünem Gas in die Netze<br />

leistet einen wichtigen Beitrag zur Systemstabilität“,<br />

ist Verlinden überzeugt.<br />

Und sie ergänzt: „Ein zukunftsweisender<br />

Baustein ist es daher, Vor-Ort-Verstromungsanlagen<br />

– wo möglich – auf die<br />

Biogasaufbereitung und -einspeisung umzurüsten<br />

und kleine Anlagen zusammenzuschließen.<br />

Die Rahmenbedingungen, wie<br />

etwa die Gebotshöchstwerte von Neu- und<br />

Altanlagen, sollten entsprechend angepasst<br />

werden.“<br />

Insgesamt sei es notwendig, das Strommarktdesign<br />

auf neue Füße zu stellen und<br />

Abgaben und Umlagen neu auszurichten,<br />

um einer sicheren und kostengünstigen<br />

Stromversorgung mit 100 Prozent Erneuerbaren<br />

Energien den Weg zu ebnen. Hierfür<br />

hätten die Grünen als Bundestagsfraktion<br />

erst kürzlich einen Vorschlag für ein neues<br />

Strommarktdesign veröffentlicht.<br />

Shell will grüner werden<br />

Wenn auch jeweils individuelle Bedingungen<br />

bestehen, so äußern sich alle Akteure<br />

zuversichtlich. Ein gutes Signal ist auch das<br />

Urteil aus Den Haag, das Shell verpflichten<br />

soll, den CO 2<br />

-Ausstoß bis 2030 deutlich zu<br />

verringern. Nicht erst seit diesem Richterspruch<br />

bemühen sich die Mineralölkonzerne<br />

aktiv um Nachhaltigkeit. „Die Weichen<br />

für eine nachhaltigere Zukunft als Netto-<br />

Null-Emissionen-Unternehmen haben wir<br />

schon gestellt, wie unter anderem der Bau<br />

einer Anlage für Grünen Wasserstoff und<br />

unsere geplante Bio-LNG-Anlage für den<br />

Schwerlastverkehr belegen,“ erklären Vertreter<br />

der Shell Rheinland Raffinerie am<br />

20. Mai <strong>2021</strong> anlässlich der Gründung des<br />

„Energy Campus“.<br />

Dieser soll als Synergie-Plattform die Zusammenarbeit<br />

von Shell mit führenden Vertreterinnen<br />

und Vertretern aus Forschung<br />

und Lehre, Unternehmenspartnern sowie<br />

innovativen Start-ups fördern, um gemeinsam<br />

neue Lösungen für die Energiewende<br />

speziell im Rheinischen Revier zu entwickeln<br />

und auf diese Weise aktiv zum Erreichen<br />

der deutschen Nachhaltigkeits- und<br />

Klimaziele beizutragen.<br />

Es geht allen um gemeinsame Ziele, allerdings<br />

bleibt abzuwarten, wie die Wertschöpfungskette<br />

– vom Familienbetrieb<br />

am einen Ende bis zum Großkonzern am<br />

anderen – ein für alle auskömmliches Einkommen<br />

bietet. Letztendlich ist das die<br />

Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung<br />

politischer Zielsetzungen zum Klimaschutz.<br />

Autorin<br />

EUR ING Marie-Luise Schaller<br />

ML Schaller Consulting<br />

mls@mlschaller.com<br />

www.mlschaller.com<br />

Fachfirma der Bauwerksabdichtung<br />

DR. KERNER<br />

Denken und Handeln für die Zukunft<br />

Ich bin Erfinder der Auffangwanne aus Kunststoffbahnen und habe über 60 Jahre Berufserfahrung als Selbstständiger.<br />

Die Auskleidung mit HDPE ist nachhaltig, weil sie keine Nachbehandlung oder Pflege benötigt. Sie hat eine<br />

Haltbarkeit von mindestens 100 Jahren.<br />

Wir kleiden nach meinem System Behälter jeglicher Größen und Formen aus und versehen sie mit einem<br />

Leckage-Erkennungs-System (LES). Einwandige Behälter können zu doppelwandigen umgerüstet werden. Das<br />

Verfahren ist geeignet für Fermenter, Nachgärer und Endlager.<br />

Die Auskleidung ist gegen aggressive Medien beständig.<br />

Unsere Leistungen:<br />

• Bodenabdichtungen (Tiefbau)<br />

• Behälterabdichtungen, Leckschutzauskleidung<br />

• Schwimmbad- und Teichabdichtungen<br />

Kontakt:<br />

Dipl.-Ing.-Agr. Franz Kerner<br />

Hohewartstr. 131<br />

70469 Stuttgart<br />

Tel.: 0711 – 81 44 59 I Fax: 0711 – 85 34 19 I E-Mail: info@dr-ing-kerner.de I Website: www.dr-ing-kerner.de<br />

89


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Mit intensiver<br />

Wärmenutzung<br />

sinkende<br />

Stromerlöse<br />

kompensieren<br />

Die Fischmast ist<br />

eine Möglichkeit,<br />

die erzeugte Energie<br />

einer Biogasanlage zu<br />

verwerten.<br />

In nächster Zeit endet für immer mehr Biogasanlagen der erste Vergütungszeitraum im<br />

EEG. Für Betreiber der Anlagen stellen sich damit Zukunftsfragen. Die Kernfrage ist: Wie<br />

die Anlage weiterbetreiben bei sinkenden Stromerlösen in der EEG-Anschlussförderung?<br />

Klar ist, dass die Substratkosten sinken und zusätzliche Einnahmequellen erschlossen<br />

werden müssen. Nachfolgend ein Modell-Beispiel mit einer Lohn-Fischmast, in dem die<br />

Wärmenutzung eine größere Bedeutung gewinnt.<br />

Von Rainer Casaretto und Dr. Petra Rabe<br />

Die fiktive bestehende Biogasanlage fällt 2024<br />

aus der Festvergütung des 2004er EEG. Der<br />

Betreiber sieht in der Stromerzeugung aus<br />

Biogas keine vernünftige Perspektive für die<br />

Zukunft. Die erzeugte thermische Energie kann derzeit<br />

nicht verwertet werden und muss in den Sommermonaten<br />

weggekühlt werden. Die Altanlage ist ausgelegt<br />

für 1,6 Megawatt (MW) elektrische Leistung und setzt<br />

bisher 21.000 Tonnen (t) Maissilage, 5.800 t Zuckerrüben,<br />

2.500 t Hühnertrockenkot (HTK) und 1.600 t<br />

Rindermist ein.<br />

Das Behältervolumen beträgt 7.300 Kubikmeter (m³)<br />

in der Fermentation und 15.000 m³ zur Lagerung. Eine<br />

bestehende Aquakultur benötigt eine Ausweitung ihrer<br />

Produktion um weitere 400 Tonnen Schlachtgewicht<br />

pro Jahr. Sie hat den Marktzugang, übernimmt eine<br />

Abnahmegarantie für diese 400 Tonnen und garantiert<br />

einen Mindestpreis pro Kilogramm Schlachtgewicht.<br />

Die Aufgabe für die bestehende Biogasanlage besteht<br />

darin, die für die Fischmast benötigte Wärme und<br />

Elektrizität zu liefern und die Setzlinge, die ihr von der<br />

Aquakultur geliefert werden, bis zum Schlachtgewicht<br />

zu mästen (Lohnmästerei). Gleichzeitig sollen die<br />

Kosten für die eingesetzten Substrate gesenkt werden,<br />

indem vorwiegend landwirtschaftliche Reststoffe in<br />

der Biogasanlage eingesetzt werden. Um diese in der<br />

Biogasanlage verwerten zu können, ist das Vorschalten<br />

einer semi-aeroben Hydrolyse vor den Fermenter<br />

vorgesehen.<br />

Die notwendige Investition in eine Anlage zur Fischmast<br />

und ihr Betrieb erfolgen innerhalb der Biogas-<br />

Gesellschaft, die Abgabe von Strom und Wärme ist<br />

damit ein betriebsinterner Verbrauch. Zwischen Biogasabteilung<br />

und Fischmastabteilung wird verrechnet,<br />

Unternehmensziel ist nicht mehr die Erzeugung<br />

von elektrischer Energie, sondern die Erzeugung von<br />

ökologisch besonders wertvollem Fischfleisch, das frei<br />

von Antibiotika und Mikroplastik ist und zudem eine<br />

negative CO 2<br />

-Bilanz aufweist.<br />

Im Folgenden simulieren wir eine Musteranlage auf<br />

Basis der bestehenden Anlage. Die Anlage sei per<br />

2024 vollständig abgeschrieben und schuldenfrei.<br />

FOTO: ADOBE STOCK_YURII ZUSHCHYK<br />

90


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

Tabelle 1: Technische Parameter<br />

Tabelle 2: Rezeptur<br />

Stromerzeugung<br />

4.459.599 kWh<br />

Geflügelmist<br />

2.350 t<br />

Wärmeerzeugung<br />

5.224.200 kWh<br />

Stroh<br />

3.716 t<br />

Eigenstromverbrauch Gärstrecke<br />

334.852 kWh<br />

Summe Rohstoffe<br />

6.066 t<br />

Wärmeverbrauch Gärstecke 28,00 %<br />

Rohgasmenge aus dieser Rezeptur<br />

1.840.100 Nm³<br />

Wärmeverbrauch Gärstecke<br />

1.462.776 kWh<br />

Mittlere Rohgasmenge je Tonne der Rezeptur<br />

303,35 Nm³<br />

Stromverbrauch Fischmast<br />

275.700 kWh<br />

Methangehalt im Rohgas der Rezeptur 59,30 %<br />

Wärmeverbrauch Fischmast<br />

3.650.000 kWh<br />

Methanmenge<br />

1.091.179 Nm³<br />

Gesamtwärmeverbrauch<br />

5.112.776 kWh<br />

Mittlere Methanmenge je Tonne aus der Rezeptur<br />

179,88 Nm³<br />

Stromverkauf nach Eigenverbrauch<br />

3.849.047 kWh<br />

Gesamte gewonnene Bioenergie<br />

10.876.875 kWh<br />

Ausschreibungserlös<br />

12,79 ct/kWh el<br />

Mittlere Energiedichte pro Tonne Rohstoff<br />

1.793 kWh<br />

Ausschreibungserlös 492.293 €<br />

Quelle: Dr. Rabe und eigene Berechnungen<br />

Abseparierte Gärrestmasse<br />

Quelle: Dr. Rabe und eigene Berechnungen<br />

8.541 t<br />

Tabelle 3: Herleitung der Kosten für elektrische und<br />

thermische Energie<br />

Tabelle 4: Investition in eine Fischmastanlage für<br />

400 Tonnen Schlachtgewicht pro Jahr<br />

Zugeführte Bioenergie<br />

Erzeugte BHKW-Energie<br />

Verlust<br />

10.876.875 kWh<br />

9.683.799 kWh<br />

1.193.076 kWh<br />

Gebäude und maschinelle Anlagen 2.000.000 €<br />

Bodenwert 250.000 €<br />

Investitionssumme 2.250.000 €<br />

Produktionskosten 547.991 € 5,66 ct/kWh<br />

Produktionskosten el. 252.362 € 2,61 ct/kWh el<br />

Produktionskosten th. 295.629 € 3,05 ct/kWh th<br />

Förderfähige Summe 2.000.000 €<br />

Verlorener Zuschuss 47 %<br />

Verlorener Zuschuss 940.000 €<br />

Eigenkapital 250.000 €<br />

Fremdkapital 1.060.000 €<br />

Es werden also keine Buchungen für Abschreibungen<br />

oder Fremdkapitalzinsen aus der Altanlage stattfinden.<br />

Die folgenden Berechnungen erfolgen ohne jeglichen<br />

Aufschlag von Steuern oder Gebühren. Die sich so ergebenden<br />

Werte können die Leser somit um ihre individuellen<br />

Abschreibungen und Fremdkapitalzinsen<br />

ergänzen.<br />

Ausgangsdaten für die neue Simulationsrechnung gemäß<br />

Fischmastbedarf: Der Betreiber geht von einem<br />

Ausschreibungserlös von 12,79 Cent (ct) je Kilowattstunde<br />

(kWh) elektrisch aus, da er sich in der Nordregion<br />

befindet (siehe hierzu Seite 46 im Biogas-Journal-<br />

Sonderheft vom Februar <strong>2021</strong>). Der nebenstehenden<br />

Tabelle 2 kann man entnehmen, dass der Massestrom<br />

auf 6.066 t signifikant reduziert wurde. Die abseparierte<br />

Gärrestmasse beträgt mit 8.541 t mehr als die<br />

zugeführte Rohstoffmasse, weil die zur Verdünnung<br />

benötigte Fischgülle in der festen Phase der Gärrestmasse<br />

enthalten ist.<br />

Hier wurde auf der Basis der rheologischen Anforderungen<br />

genau berechnet, welche Menge Fischgülle<br />

zugeführt werden muss, um die Durchmischbarkeit<br />

zu gewährleisten. Der Methangehalt wurde durch die<br />

semi-aerobe Hydrolyse auf 59,30 Prozent angehoben,<br />

die mittlere Energiedichte aus Stroh und Geflügelmist<br />

beträgt 1.793 kWh, die NH 4<br />

-N-Fracht liegt bei 5,0<br />

Gramm pro Liter.<br />

Tabelle 3 zeigt die dem Blockheizkraftwerk (BHKW)<br />

zugeführte Bioenergie aus den fermentierten Rohstoffen,<br />

die vom BHKW daraus erzeugte Energie in elektrischer<br />

und thermischer Form sowie den Energieverlust,<br />

der produktionsimmanent ist. Würde man, wie branchenüblich,<br />

nur die Kosten in ct pro kWh elektrisch<br />

ausdrücken, ergäben sich: 5,66 ÷ 0,41 = 13,80 ct/<br />

kWh ohne AfA, Gebühren und Zinsen aus Altschulden.<br />

Tabelle 4 ermöglicht uns eine genaue Zuordnung der<br />

jeweiligen Kosten in der Fischmast.<br />

Tabelle 4 zeigt die Summe, für die der Betreiber/Investor<br />

haftet. Das sind die 250.000 Euro Eigenkapital<br />

durch einen möglichen Verlust des eingebrachten Geländes<br />

und die Haftung für das geliehene Fremdkapital<br />

von 1.060.000 Euro. Sein Unternehmerlohn<br />

91


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Tabelle 5: Kostenkalkulation Fischmast für 400 t<br />

Schlachtgewicht pro Jahr<br />

Futtermenge<br />

360,00 t<br />

Futterkosten pro kg 0,97 €<br />

Summe Futterkosten 349.200 €<br />

Setzlinge 290.000<br />

Kosten pro Setzling 0,17 €<br />

Summe Kosten der Setzlinge 49.300 €<br />

Personalkosten 40.000 €<br />

Verwurf 1,00 %<br />

Verwurf<br />

4,00 t<br />

Transportkosten pro kg 0,13 €<br />

Transportkosten Schlachtmenge 51.480 €<br />

Jahresstrombedarf<br />

Preis je kWh Strom von der betriebseigenen BGA<br />

275.716 kWh<br />

0,00 ct/kWh<br />

Stromkosten 0 €<br />

Jahreswärmebedarf<br />

Preis je kWh Wärme von der betriebseigenen BGA<br />

3.650.000 kWh<br />

0,00 ct/kWh<br />

Wärmekosten 0 €<br />

Wasserbedarf 30.000 m³<br />

Preis je m³ 0,80 €<br />

Wasserkosten 24.000 €<br />

Gesamtkosten Fischmast 513.980 €<br />

Tabelle 6: Kalkulation aller Erlöse<br />

Erlöskalkulation für verkaufte Fischmenge<br />

Tabelle 7: Investorensicht ohne mögliche Erlöse<br />

aus dem Verkauf von Gewürzen (Aquaponik) oder<br />

CO 2<br />

-Erlösen<br />

396,00 t<br />

Preis pro kg Schlachtgewicht Wels 2,02 €<br />

Umsatzerlös aus der Fischmast 798.092 €<br />

Stromerlös in der Ausschreibung 492.293 €<br />

Umsatzerlös gesamt 1.290.385 €<br />

Erlössumme Fischmast 798.092 €<br />

Erlössumme Stromverkauf 492.293 €<br />

Kostensumme BGA und Fischmast ohne Investitions-<br />

und Risikokosten der Fischmast und der<br />

Altschulden<br />

1.061.971 €<br />

Risikozinssatz 7,46 %<br />

Risikokosten = Unternehmerlohn für mögliche<br />

Fremdkapitalhaftung und Eigenkapitalverlust<br />

97.726 €<br />

Fremdkapitalzinsen 4,00 %<br />

Betrachtungszeit in Jahren 10<br />

Annuität aus Altschulden 0 €<br />

Annuität aus der Investition in die Fischmast 130.688 €<br />

Delta 0 €<br />

max-F 1.060.000 €<br />

muss also mindestens die Risikokosten für diese Summe<br />

von 1.310.000 Euro decken und rechtfertigen.<br />

Tabelle 5 zeigt die reinen Betriebskosten aus der Lohnmast<br />

ohne die Annuität für das Fremdkapital und ohne<br />

Risikokosten. In Tabelle 7 ist die Kostensumme der<br />

BGA (Betriebskosten, Rohstoffkosten und Annuität<br />

aus der nötigen Zusatzinvestition in die semi-aerobe-<br />

Hydrolyse) enthalten. Diese Kostensumme erhöht sich<br />

nun um die Kosten für das getragene Unternehmerrisiko<br />

mit einem Zinssatz von 7,46 Prozent auf 1.310.000<br />

Euro und der Annuität für 1.060.000 Euro. Das Delta<br />

zwischen Kosten und Erlösen beträgt bei einem Erlös<br />

von 2,02 Euro pro kg Schlachtgewicht null.<br />

Betrüge es weniger als null, wäre das aufgenommene<br />

Fremdkapital nur zu bedienen, wenn sich die Risikokosten<br />

reduzieren würden. Kämen hingegen Zusatzerlöse<br />

aus dem Verkauf von CO 2<br />

-Zertifikaten oder dem Verkauf<br />

von Gewürzen aus Aquaponik zum Tragen, könnte<br />

bei einem unveränderten Preis pro kg Schlachtgewicht<br />

auch der Preis je kWh Stromerlös in der Ausschreibung<br />

abgesenkt werden.<br />

Dieser Fachartikel zeigt auf, wie sehr der benötigte<br />

Strompreis einer konventionellen Biogasanlage durch<br />

Wärmeerlöse bestimmt wird. Schon in der Vergangenheit<br />

hätte die mögliche Wärmeleistung eines BHKW<br />

deutlich höher liegen können, wenn nicht Fehlanreize<br />

im Sinne der Stromkennzahl dies verhindert hätten. Die<br />

intensivere Wärmenutzung ist also eine Möglichkeit,<br />

sinkende Stromerlöse auszugleichen. Nun können und<br />

sollen nicht alle Biogasanlagen künftig Fische mästen.<br />

Es geht vielmehr darum, kreative Ideen zu finden, um<br />

den Weiterbetrieb von Biogasanlagen bei überschaubarem<br />

Risiko zu erreichen.<br />

Autoren<br />

Dipl. Des. (FH) Rainer Casaretto<br />

Konzeption und Rentabilitätsrechnung<br />

BIOGAS-AKADEMIE ®<br />

info@biogas-akademie.de<br />

Dr. Petra Rabe<br />

Verfahrenstechnische Auslegungsplanung<br />

Bionova Biogas GmbH<br />

rabe@bionova-biogas.de<br />

92


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

Biogas, was sonst.<br />

Wir planen und bauen Biogas-Anlagen für alle Einsatzstoffe<br />

• Herstellerunabhängige Anlagenerweiterung und -umbau<br />

• Wir beraten und unterstützen bei der Teilnahme an der Ausschreibung<br />

• Neues zur EEG Reform <strong>2021</strong>, fragen sie einfach nach!<br />

• 25 Jahre Erfahrung<br />

Rechtsanwälte und Notare<br />

Seit vielen Jahren beraten und vertreten wir vornehmlich<br />

Betreiber und Planer kompetent und umfassend im<br />

- Recht der Erneuerbaren<br />

- Energien<br />

- Vertragsrecht<br />

- Gewährleistungsrecht<br />

- Energiewirtschaftsrecht<br />

- Umweltrecht<br />

- Immissionsschutzrecht<br />

- öffentlichen Baurecht<br />

- Planungsrecht<br />

Kastanienweg 9, D-59555 Lippstadt<br />

Tel.: 02941/97000 Fax: 02941/970050<br />

Ihre Ansprechpartner:<br />

RAuN Franz-Josef Tigges*<br />

RAuN Andreas Schäfermeier**<br />

RA W. Andreas Lahme*<br />

RA Dr. Oliver Frank*<br />

RA Martina Beese<br />

RA Daniel Birkhölzer*<br />

RAuN Katharina Vieweg-Puschmann LL.M.<br />

Maîtrise en droit<br />

* Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />

** Fachanwalt für Insolvenzrecht<br />

kanzlei@engemann-und-partner.de<br />

www.engemann-und-partner.de<br />

Biogas-Aufbereitungsanlagen<br />

• Biogas zur Tankstelle oder in das Erdgasnetz<br />

Monovergärung von Geflügelmist<br />

• Verfahren (patentiert)<br />

www.aev-energy.de<br />

AEV Energy GmbH®<br />

Hohendölzschener Str. 1a<br />

01187 Dresden<br />

+49 (0) 351 / 467 1301<br />

info@aev-energy.de<br />

AEV Energy GmbH ® – Büro Regensburg<br />

Gutweinstraße 5<br />

93059 Regensburg<br />

+49 (0) 941 / 897 9670<br />

info@aev-energy.de<br />

Die Gutachtergemeinschaft Biogas ist ein<br />

Team selbstständiger Experten verschiedenster<br />

Fachrichtungen, das Sie umfassend<br />

und kompetent zu allen Fragen rund<br />

um Biogasanlagen beraten und unterstützen<br />

kann.<br />

Gutachter<br />

Gemeinschaft<br />

Biogas<br />

Gutachtergemeinschaft Biogas GmbH<br />

Lantbertstr. 50 . 85356 Freising<br />

Tel +49 / 8161/ 88 49 546<br />

E-Mail info@gg-biogas.de<br />

www.gg-biogas.de<br />

Zweigniederlassung Lübeck:<br />

Ovendorferstr. 35 . 23570 Lübeck<br />

Tel +49 / 4502 / 7779 05<br />

Sachverständigenbüros<br />

auch in Krefeld, Burscheid (Köln) und Lüneburg<br />

Wertgutachten (Ertrags-, Zeit- und Verkehrswert)<br />

Erneuerungsgutachten zur EEG-Laufzeitverlängerung<br />

Schadensgutachten (Technik, Bau, Biologie)<br />

Bescheinigungen von Umweltgutachtern<br />

Gutachten zu Investitionsentscheidungen<br />

Wir machen Ihr Biogas CLEAN und COOL!<br />

Individuelle Anlagen von Züblin Umwelttechnik<br />

zur Reinigung und Kühlung von Biogas<br />

• CarbonEx Aktivkohlefilter zur<br />

Feinentschwefelung von Biogas<br />

• GasCon Gaskühlmodul zur<br />

Kühlung von Biogas<br />

• BioSulfidEx zur biologischen<br />

Entschwefelung von Biogas<br />

• BioBF Kostengünstiges System zur<br />

biologischen Vorentschwefelung<br />

NEU!<br />

Züblin Umwelttechnik GmbH, Maulbronner Weg 32, 71706 Markgröningen<br />

Tel. +49 7145 9324-209 • umwelttechnik@zueblin.de • zueblin-umwelttechnik.com<br />

93


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Wärme aus Biogas,<br />

Holz und Wind<br />

Lucy Gronitz vom Ingenieurbüro<br />

Sing zeigt<br />

auf die Power-to-Heat-<br />

Anlage. Sie besteht aus<br />

drei gleichen Modulen<br />

und leistet insgesamt<br />

4,7 MW el<br />

.<br />

Mit einem für den ländlichen Raum neuartigen Sektorenkopplungs-Projekt baut die<br />

oberbayerische Gemeinde Fuchstal derzeit ihre Wärmeversorgung aus: Überschüssiger<br />

Windstrom soll mit einer Power-to-Heat-Anlage in Wärme umgewandelt und in einem<br />

5.000 Kubikmeter großen „Wärmetopf“ gespeichert werden. Parallel dazu wurde die<br />

Wärmeerzeugung einer Biogasanlage um ein komplettes Holzheizwerk erweitert.<br />

Von Christian Dany<br />

In der Gemeinde Fuchstal beginnt die Energiezukunft.<br />

Was so unbestimmt bedeutungsschwanger<br />

klingt, gilt in der im Voralpengebiet direkt am Lech<br />

gelegenen Gemeinde ganz konkret: „Energiezukunft<br />

Fuchstal“ heißt das neue Großprojekt, das<br />

dort zurzeit umgesetzt wird. Zentral gelegen zwischen<br />

den Hauptorten Asch und Leeder baut die Gemeinde<br />

eine Heizzentrale, in der aus überschüssigem Windstrom<br />

Wärme produziert und einem 5.000 Kubikmeter<br />

(m³) großen Speicher zugeführt wird.<br />

Bei den vier Fuchstaler Windrädern mit 12 Megawatt<br />

(MW) Gesamtleistung sind rund 600.000 Kilowattstunden<br />

(kWh) Strom im Jahr von der Abregelung<br />

bei negativen Börsenstrom-Preisen gemäß Paragraf<br />

51 EEG betroffen. Weil gleichzeitig das Nahwärmenetz<br />

step-by-step wächst, hat die 4.000-Einwohner-<br />

Gemeinde zusammen mit einem Ingenieurbüro das<br />

Sektorenkopplungs-Projekt entwickelt, zu dem auch<br />

noch ein Batteriespeicher gehört. Die Investitionssumme<br />

des Projektes von 5,2 Millionen (Mio.) Euro wird<br />

vom Bundesumweltministerium (BMU) im Rahmen<br />

der Nationalen Klimaschutzinitiative mit 3,9 Mio. Euro<br />

gefördert.<br />

Regionalstrom und Wärmenetz<br />

Fuchstal ist weit über seine Grenzen hinaus als Vorreiterkommune<br />

für Erneuerbare Energien bekannt. Mehr<br />

als das Anderthalbfache des Stromverbrauchs in der<br />

gesamten Gemeinde wird hier aus Windkraft, Photovoltaik,<br />

Biogas und Kleinwasserkraft vor Ort erzeugt. Seit<br />

letztem Jahr können die Bürger „Fuxstrom“ beziehen;<br />

eine eigene, von einem Regionalstrom-Kooperationspartner<br />

angebotene Strommarke. Das Wärmenetz mit 4<br />

Kilometern Trassenlänge und 150 Anschlussnehmern<br />

betreibt die Gemeinde selbst, während die Wärme von<br />

einem Biogas-Unternehmen geliefert wird.<br />

Die im Außenbereich von Leeder gelegene Biogasanlage<br />

von Roland Gröber und Werner Ruf trägt mittlerweile<br />

verstärkt zur „Energiezukunft“ bei: Sie ist schon<br />

über eine 1,2 Kilometer lange Leitung mit der neuen<br />

Heizzentrale verbunden. Weil die Anlage mit ihrer Wärmeauskopplung<br />

von rund 600 Kilowatt (kW) zu klein<br />

für das wachsende Netz geworden war, hat die Gemeinde<br />

nach einer weiteren Wärmequelle gesucht. „Wir haben<br />

angeboten, auch die Spitzenlast mit CO 2<br />

-neutraler<br />

Wärme aus Waldhackschnitzeln zu decken und die<br />

Wärme aus einer Hand zu liefern. Im Wärmelieferver-<br />

FOTOS: CHRISTIAN DANY<br />

94


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

„Energiezukunft“ im Bau: Die Gemeinde Fuchstal baut zurzeit ihre neue Heizzentrale. Hier<br />

wird eigentlich keine Energie erzeugt, sondern Energie umgewandelt und gespeichert.<br />

Mit Power-to-Heat wird aus überschüssigem Windstrom Wärme zur Zwischenlagerung in<br />

einem 5.000 m³ großen Speicher.<br />

Der 5.000-m³-Wärmespeicher: Das Heizwasser ist<br />

bereits eingefüllt. Als nächstes wird eine Dämmschicht<br />

angebracht und der Speicher dann mit<br />

einer grün-grauen Trapezblech-Haut verkleidet.<br />

trag ist festgehalten, dass wir bevorzugt Hackschnitzel<br />

aus dem Gemeindewald beziehen“, verrät Ruf. So bauten<br />

Gröber und er letztes Jahr am Biogas-Standort ein<br />

komplettes Holzheizwerk mit 1 MW Feuerungswärmeleistung<br />

und investierten dafür 1,5 Mio. Euro.<br />

Gegen neue Gärstrecke entschieden<br />

Das sei Ruf zufolge eine wohlüberlegte unternehmerische<br />

Entscheidung gewesen. Wesentlicher Vorteil sei,<br />

dass Teile der erforderlichen Logistik an dem Standort<br />

schon da seien: eine Fahrzeugwaage etwa, das Bürogebäude<br />

und natürlich der Anschluss ans Wärmenetz.<br />

Zwar hätten auch Spitzenlastdeckung im Wärmenetz<br />

und Flexibilisierung der Biogasanlage miteinander<br />

verbunden werden können, aber: „Mit dem Zubau von<br />

BHKW-Leistung wäre es nicht getan gewesen. Ich krieg<br />

im Winter nicht mehr Gas aus dem System raus. Das<br />

heißt, wir hätten eine komplett neue Gärstrecke und<br />

einen Gasspeicher dazubauen müssen.“<br />

„In der Ausbildung hab ich viel über Hydraulik und<br />

Pumpenergie gelernt“, sagt Ruf. Der Fischwirtschaftsmeister<br />

betreibt eine eigene Fischzucht und wenige<br />

Kilometer entfernt eine weitere Biogasanlage, die ein<br />

Seniorenheim mit Wärme versorgt. Ruf denkt in Effizienzkategorien:<br />

Solarstrom vom eigenen Betriebsgebäude<br />

im Verbund mit einem Batteriespeicher deckt<br />

den Eigenstrom-Verbrauch der Biogasanlage in Leeder.<br />

Diese ging 2005 ans Netz. 2012 wurde die An-<br />

Heizkreisverteiler mit<br />

den zwei Platten-<br />

Wärmetauschern im<br />

Betriebsgebäude.<br />

Power-to-Heat-Anlage.<br />

95


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

„Die Energiewende bei<br />

uns daheim“ ist eine<br />

Karte an der Tür von<br />

Bürgermeister Erwin<br />

Karg betitelt.<br />

schlussleistung von 750 auf 1.000 kW erhöht. Das<br />

Biogas wird seitdem in vier gleichen Blockheizkraftwerken<br />

(BHKW) verwertet, jedes leistet 250 kW el<br />

und<br />

200 kWth. Der hohe elektrische Wirkungsgrad ist dem<br />

sogenannten „Compounder“ zu verdanken, mit dem<br />

die Motoren ausgestattet sind. „Das ist eine dem Turbolader<br />

nachgeschaltete Turbine zur Nutzung des Abgasdrucks“,<br />

erklärt der Energiewirt.<br />

Jahreszeitliche Verschiebung<br />

Ruf glaubt an die Zukunft von Biogas hier am Standort:<br />

„In zwei oder drei Jahren gehen wir in die Ausschreibung.“<br />

Ihm ist bewusst, dass er mit der bestehenden<br />

Ausstattung aufgrund der Flexibilisierungsanforderungen<br />

dann auf 450 kW Bemessungsleistung reduzieren<br />

muss. Das möchte er durch jahreszeitliche Verschiebung<br />

– Ruf: „der größte Vorteil der Biogaserzeugung“ –<br />

erfüllen. Ein oder zwei BHKW könnten dann im Sommer<br />

zeitweise stillstehen. Dank des großen Wärmespeichers<br />

der Gemeinde reiche die Biogaswärme dennoch<br />

für die sommerliche Grundlast.<br />

Für die neue Hackschnitzel-Trocknung wird in Leeder<br />

Restwärme eingesetzt: zum einen von den Ladeluftkühlern<br />

der vier BHKW gewonnene, noch 50 bis 60<br />

Grad Celsius warme Luft. Zum anderen lässt sich das<br />

rücklaufende Heizwasser des Wärmenetzes, das im<br />

Sommer wegen der geringen Abnahme noch 60 Grad<br />

Celsius hat, zur Erwärmung der Trocknungsluft nutzen.<br />

Das senkt die Rücklauftemperatur auf 50 Grad Celsius,<br />

verbessert die Temperaturspreizung und damit die Effizienz<br />

im Netz. Ruf hat bislang auch den Netzbetrieb<br />

betreut. Rechtzeitig zum Bau der Heizzentrale hat die<br />

Gemeinde nun hierfür einen Techniker eingestellt. Um<br />

die Heizzentrale und ihre Bestandteile zu erklären, ist<br />

Lucy Gronitz vom planenden Ingenieurbüro Sing in<br />

Landsberg aus der nahen Kreisstadt auf die Baustelle<br />

gekommen: In einer Ecke des Grundstücks befindet<br />

sich die Trafostation, in der der Windstrom auf 690<br />

Volt Wechselspannung umgespannt wird und dann zur<br />

Power-to-Heat-(P2H) Anlage gelangt. Der Elektroheizer<br />

hat eine Leistungsaufnahme von etwa 4,7 MW.<br />

Batteriespeicher mit 3,2 MWh Kapazität<br />

„Die Anlage besteht aus drei gleichen Modulen“, erläutert<br />

Gronitz, „das sind Durchlauferhitzer mit Heizstäben,<br />

die als Ohmscher Widerstand wirken. Der Wirkungsgrad<br />

liegt bei 95 Prozent.“ In einem Container<br />

werde noch der Batteriespeicher mit einer Kapazität<br />

von 3,2 Megawattstunden (MWh) und einer Ladeleis-<br />

EXCELLENCE – MADE TO LAST<br />

WEGWEISENDE<br />

SEPARATIONSTECHNIK<br />

• höchste Durchbruchsicherheit und<br />

TS-Gehalte bis zu 38 % dank<br />

Multi Disc Technik<br />

• Förderschnecke mit Faserstoffbürste<br />

verhindert metallische Reibung und ANDERE REDEN.<br />

sorgt für lange Stand zeiten und WIR MACHEN.<br />

kon tinuierliche Selbstreinigung des<br />

Filtersiebes<br />

• anschlussfertige Komplettaggregate<br />

mit perfekt aufeinander abgestimmten<br />

Komponenten: Separator, Pumpe und<br />

Steuerungstechnik „aus einer Hand“<br />

• vier Baugrößen mit max. Durchsatzleistung<br />

von 150 m³/h je Gerät<br />

96<br />

Börger GmbH • D-46325 Borken-Weseke • Tel. +49 2862 9103 0 • info@boerger.de<br />

www.boerger.de


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

„Die ideale Vorlauftemperatur<br />

soll künftig bei<br />

80 Grad Celsius liegen“<br />

Lucy Gronitz<br />

tung von 5,8 MW el<br />

untergebracht. Falls mehr Strom<br />

ankomme, als die P2H-Anlage aufnehmen könne oder<br />

wenn der Wärmespeicher schon voll beladen sein sollte,<br />

wandere der Strom in den Lithium-Ionen-Speicher,<br />

der dann zeitversetzt die Energie zur Wärmeerzeugung<br />

bereitstelle. „Wärmespeicher und P2H-Anlage sind<br />

hydraulisch vom Wärmenetz getrennt. Das verhindert<br />

bei einer möglichen Leckage im Netz ein Austreten von<br />

Riesenmengen an Wasser aus dem Wärmespeicher“,<br />

begründet Gronitz die indirekte Einbindung. Die Kegeldachspitze<br />

des Stahlriesen sei 16 Meter hoch bei<br />

einem Durchmesser von 20 Meter. Soeben habe die<br />

Befüllung des 5.000 m³ fassenden Wärmespeichers<br />

mit Wasser abgeschlossen werden können.<br />

„Wenn der Speicher dann in Betrieb ist, wird die Wärme<br />

geschichtet zwischengespeichert und im Bedarfsfall<br />

über den Plattenwärmetauscher ins Netz abgegeben“,<br />

so die Planerin. Sowohl die Speicherung der Wärme<br />

über längere Zeiten als auch die Ein- und Ausspeisung<br />

über Wärmetauscher sorgten für Verluste, sodass das<br />

Ingenieurbüro mit einem Wirkungsgrad des Speichers<br />

von 80 Prozent rechne.<br />

„Die P2H-Anlage speist den Wärmespeicher mit 95<br />

Grad heißem Wasser. Bei einem Wärmetausch-Vorgang<br />

verlieren wir 5 Grad Celsius Temperatur“, erklärt Gronitz,<br />

„bislang ist das Netz mit einer Vorlauftemperatur<br />

von 78 Grad Celsius und 55 Grad Celsius im Rücklauf<br />

betrieben worden. Die ideale Vorlauftemperatur soll<br />

künftig bei 80 Grad Celsius liegen, was im Normalfall<br />

von der Biogasanlage erreicht werden kann. Falls sie<br />

dennoch darunter liegt, wird zusätzlich die gespeicherte<br />

Wärme aus dem Wärmespeicher genutzt, um die<br />

Temperatur anzuheben.“ Der Großwärmespeicher solle<br />

optimal in die Landschaft integriert werden. Hierzu<br />

werde das Grundstück noch umlaufend begrünt. Außerdem<br />

bekomme der Speicher unten eine grüne und oben<br />

eine graue Trapezblechverkleidung.<br />

Bei der Besprechung im Rathaus zeigt sich Bürgermeister<br />

Erwin Karg hoch zufrieden, dass die Wärmversorgung<br />

jetzt auf drei soliden Beinen steht: Biogas und der<br />

„Wärmetopf“, wie die Fuchstaler ihren Großspeicher<br />

nennen, in der Grundlast und Holzhackschnitzel in der<br />

Spitzenlast. Etwas besorgt über die Wirtschaftlichkeit<br />

des Modells, aus Windstrom Wärme zu erzeugen,<br />

Werner Ruf am<br />

Steuerungsdisplay der<br />

Wärmeauskopplung<br />

von Biogas-BHKW<br />

und Holzheizwerk. Erstaunlich<br />

ist, dass der<br />

Holzheizkessel im Mai<br />

wegen der anhaltenden<br />

Kälte noch in Betrieb<br />

sein musste.<br />

RondoDry<br />

Rotationstrockner zur<br />

Verdunstung von Flüssigkeiten.<br />

Modular | Effizient | Leistungsstark<br />

• Bis zu 4.000 m 3 Massenreduzierung<br />

• Stromkostenneutral durch eingesparte<br />

Notkühlerlaufzeiten<br />

• Bis zu 80 % Abscheidung des org. NH4-N und<br />

daraus Herstellung von mineralischer ASL<br />

Infos unter +49 8631 307-0<br />

97


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Hackschnitzel-Lager<br />

auf dem Holzheizwerk<br />

des Unternehmens<br />

Gröber-Ruf sowie die<br />

Hackschnitzel-Trocknungsanlage.<br />

ist allerdings Gerhard Schmid, Geschäftsstellenleiter<br />

der Verwaltungsgemeinschaft im Rathaus. Der Grund:<br />

Obwohl die Fuchstaler ihren eigenen Strom nutzen,<br />

müssen sie womöglich die volle EEG-Umlage zahlen.<br />

„‚Eigenversorgung‘ [ist] der Verbrauch von Strom, den<br />

eine natürliche oder juristische Person im unmittelbaren<br />

räumlichen Zusammenhang mit der Stromerzeugungsanlage<br />

selbst verbraucht, wenn der Strom nicht<br />

durch ein Netz durchgeleitet wird und diese Person<br />

die Stromerzeugungsanlage selbst betreibt“, definiert<br />

Paragraf 3 Nr. 19 EEG.<br />

Gemeindeeigene Mittelspannungsleitung<br />

Um dieser Definition zu entsprechen, müssen einige<br />

Hürden genommen werden: Der Windpark wird eigentlich<br />

von der „Bürgerwindkraft Fuchstal GmbH & Co.<br />

KG“ betrieben. An der KG mit 116 Investoren hält die<br />

Im Betriebsgebäude der Heizzentrale sind drei Ausgleichsbehälter für<br />

Volumenänderungen des Heizwassers im Wärmenetz untergebracht.<br />

Die Biogasanlage von Roland Gröber und Werner Ruf liefert die<br />

Grundlast für das gemeindeeigene Nahwärmenetz. Im Hintergrund<br />

(schwarz) ist das neue Holzheizwerk zu erkennen.<br />

Gemeinde 49 Prozent der Anteile. „Sobald die Windräder<br />

wegen negativer Strompreise abgeregelt werden<br />

müssen, pachten wir als Gemeinde sie und werden<br />

Anlagenbetreiber“, erläutert Schmid. Damit wollen die<br />

Fuchstaler neue Wege beschreiten. Schmid kennt keinen<br />

anderen Fall, in dem ein derartiges Pachtmodell<br />

umgesetzt worden wäre. Auch die Vorgabe, den Strom<br />

nicht durch ein Netz durchzuleiten, erfülle die Gemeinde:<br />

„Wir haben eine 8,9 Kilometer lange Mittelspannungsleitung<br />

von dem in einem Waldgebiet gelegenen<br />

Windpark bis zur Heizzentrale verlegen lassen“, sagt<br />

Schmid. Der Leitungsbau, der im Umfang der BMU-<br />

Förderung enthalten sei, habe 700.000 Euro gekostet.<br />

Strittig ist jedoch der „unmittelbare räumliche Zusammenhang“.<br />

Selbst der „Leitfaden zur Eigenversorgung“<br />

der Bundesnetzagentur nennt hier keine eindeutige<br />

Entfernung, sondern führt als Kriterium eine „qualifizierte<br />

räumlich-funktionale Nähe-Beziehung“ an. Bürgermeister<br />

Karg bringt das auf die Palme: „Wegen 10H<br />

müssen wir mit der Windkraft kilometerweit vom Ort<br />

weg und hier sollen wir dafür noch zusätzlich benachteiligt<br />

werden.“<br />

98


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

Ziel: privilegierte Eigenversorgung<br />

Klar ist: Erkennt der Übertragungsnetzbetreiber den<br />

unmittelbaren räumlichen Zusammenhang an, gilt das<br />

Fuchstaler Projekt durch die Nutzung erneuerbaren<br />

Stroms als „privilegierte Eigenversorgung“ und muss<br />

nur 40 Prozent EEG-Umlage zahlen. Ab 2022 wären<br />

das 2,4 anstatt 6,0 Cent pro kWh – ein gravierender<br />

Unterschied, denn 6,5 Cent Brutto-Arbeitspreis kostet<br />

in Fuchstal der Nahwärmebezug. „Wenn dann auch<br />

noch 2 Cent Stromsteuer dazukommen, wird es ein<br />

‚Draufzahl-Geschäft‘“, sagt Schmid, in der Zweitfunktion<br />

auch Kämmerer der Gemeinde.<br />

Noch im Sommer soll die „Energiezukunft“ in Fuchstal<br />

mit der Inbetriebnahme der Heizzentrale starten;<br />

Gronitz zufolge erstmal im „Handbetrieb“. Rechtzeitig<br />

zum Beginn der Heizperiode soll dann aber die Steuerung<br />

für den automatischen Betrieb erprobt sein.<br />

„Sowohl mit den Windkraftanlagen als auch dem Wärmenetz<br />

verdient die Gemeinde gutes Geld“, beteuert<br />

Schmid, „wir wollen mit unseren Projekten den Grundstein<br />

für folgende Generationen legen, damit diese auf<br />

eine nachhaltige, möglichst unabhängige Energieversorgung<br />

aufbauen können.“<br />

Autor<br />

Christian Dany<br />

Freier Journalist<br />

Gablonzer Str. 21 · 86807 Buchloe<br />

0 82 41/911 403<br />

01 60/97 900 831<br />

christian.dany@web.de<br />

Roland Gröber (links) und Werner Ruf.<br />

STELLENMARKT<br />

Zur professionellen Unterstützung unseres Bereiches Technik suchen wir baldmöglichst<br />

am Standort Kiel eine fachlich versierte und menschlich überzeugende<br />

Persönlichkeit als<br />

Planungs- und Projektingenieur m/w/d<br />

für den Bereich erneuerbare Energien – Biogasanlagen<br />

Ihre Aufgaben:<br />

• Eigenverantwortliche Umsetzung von regenerativen Energieprojekten<br />

• Einholung und Zusammenstellung aller erforderlichen Informationen, Dokumente,<br />

Gutachten und Stellungnahmen im Rahmen der Genehmigungsverfahren<br />

• Planung und Konzeptionierung von Anlagen im Bereich Biogasanlagen und<br />

Biogasaufbereitungsanlagen<br />

• Dimensionierung von technischen Lösungen<br />

Ihre Qualifikation:<br />

• abgeschlossenes (Fach-)Hochschulstudium als Diplom-Ingenieur/in oder Master<br />

in der Fachrichtung Verfahrenstechnik, Maschinenbau, Umwelttechnik, Abwassertechnik<br />

(neue Technologien) oder vergleichbar<br />

• Berufserfahrung im Bereich Biogas- oder Großanlagenbau<br />

• Gewissenhafte, selbstständige sowie strukturierte Arbeitsweise<br />

Was wir bieten:<br />

• Leistungsgerechte Vergütung<br />

• Eigenverantwortliches Aufgabengebiet<br />

• Familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung<br />

• Kurze Wege und rasche Entscheidungen<br />

• Schulungs- und Fortbildungsmöglichkeiten<br />

• Teamorientiertes Arbeitsumfeld<br />

• Tiefgarage und Poolwagen<br />

Wir bieten Ihnen einen anspruchsvollen Arbeitsplatz zum<br />

nächst möglichen Zeitpunkt und eine leistungsgerechte<br />

Vergütung. Wenn Sie sich in diesem Anforderungsprofil wiederfinden,<br />

nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf oder senden<br />

uns Ihre aussagefähigen Bewerbungsunterlagen zu.<br />

Susanne Köhler · C4 Energie AG · Sophienblatt 60<br />

24114 Kiel · skoehler@c4energie.de · www.c4energie.de<br />

NEUE PERSPEKTIVEN<br />

Technisches Know-how, Qualität und Engagement<br />

zeichnen die Florack Energie GmbH<br />

als Teil des Führungsteams der Heinsberger<br />

Biogasanlage aus. Unsere motivierten Kolleginnen<br />

und Kollegen brauchen Verstärkung.<br />

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir<br />

Sie in Teilzeit als<br />

KOORDINATOR<br />

BIOGASANLAGE (m/w/d)<br />

Ihre Leidenschaft ist die nachhaltige Energiegewinnung<br />

und -versorgung, Sie kennen sich<br />

aus mit den technischen Komponenten einer<br />

Biogasanlage und haben Interesse an kaufmännischen<br />

Aufgaben im Energiebereich?<br />

Sie sind motiviert, teamfähig und bereit verantwortungsvolle<br />

Aufgaben zu übernehmen?<br />

Dann bewerben Sie sich noch heute bei<br />

Ina Florack.<br />

Florack Energie GmbH<br />

Markt 22 · 52525 Heinsberg<br />

info-energie@florack.de<br />

www.florack-energie.de<br />

www.team-vk.de<br />

99


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Anlage des Monats Mai<br />

Unsere Biogasanlage des Monats<br />

Mai steht im hohen Norden<br />

kurz vor der dänischen Grenze<br />

und heißt Anlage Biogas Hof<br />

Obdrup. Die 2005 in Betrieb<br />

gegangene NawaRo-Anlage wird von sieben<br />

Gesellschaftern betrieben und hat eine<br />

elektrische installierte Gesamtleistung von<br />

1,64 Megawatt. Vergoren werden Mais sowie<br />

Getreide-Ganzpflanzensilage und Sarvaszigras.<br />

Der Strom wird direkt vermarktet; die Wärme<br />

gelangt über Wärmeleitungen zu Schulen,<br />

Kindergärten, Altenheimen, Wohnsiedlungen,<br />

einem Freibad und einem<br />

landwirtschaftlichen Großbetrieb. Die<br />

Biogasanlage hat bereits an zahlreichen<br />

Forschungsprojekten teilgenommen und<br />

auch im Bereich alternative Energiepflanzen<br />

viel ausprobiert. Insgesamt vermeidet<br />

sie pro Jahr rund 7.000 Tonnen CO 2<br />

.<br />

Anlage des Monats Juni<br />

Auch die Biogasanlage des Monats Juni kommt aus dem Norden und<br />

steht im ostfriesischen Ardorf. Die Gemeinschaftsanlage Naturgas<br />

Ardorf GmbH & Co.KG hat eine installierte elektrische Leistung von<br />

3,21 Megawatt, die sich auf sieben flexibilisierte Blockheizkraftwerke<br />

verteilt. Diese<br />

erzeugen rund 16 Millionen Kilowattstunden<br />

klimafreundlichen<br />

Strom pro Jahr, was dem Bedarf<br />

von über 5.000 Haushalten entspricht.<br />

Mit der dabei anfallenden<br />

Wärme werden 140 Häuser,<br />

eine Schule, eine Turnhalle, ein<br />

Schwimmbecken, das Gemeindehaus<br />

und eine Kirche versorgt. Die<br />

Anlage vermeidet pro Jahr rund<br />

10.000 Tonnen CO 2<br />

.<br />

100


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

PRAXIS<br />

IHR PARTNER FÜR FÖRDER-,<br />

DOSIER- UND ZUFÜHRTECHNIK<br />

VARIO DOSIERCONTAINER<br />

von 7m³ bis 265m³<br />

einzigartiges Vario Schubbodensystem<br />

für 100% Grassilage und Mist<br />

in Teil- und Volledelstahl Ausführung<br />

geringer Energiebedarf<br />

Passende Rührtechnik für jedes Substrat<br />

VARIO COMPACT<br />

– Alle Rührwerkstypen<br />

– Über 25 Jahre Erfahrung<br />

– Optimierung, Nachrüstung, Tausch<br />

7m³ | 11m³| 16m³<br />

Tel. +49.7522.707.965.0 www.streisal.de<br />

speziell für Biogas-Kleinanlagen<br />

einzigartiges Vario Schubbodensystem<br />

für 100% Grassilage und Mist<br />

in Teil- und Volledelstahl Ausführung<br />

MOBILE NOTFÜTTERUNG<br />

9x in Deutschland<br />

weitere Produkte auf<br />

www.terbrack-maschinenbau.de<br />

101<br />

Terbrack Maschinenbau GmbH<br />

Tel.: +49 2564 394 487 - 0<br />

mail: technik@terbrack-maschinenbau.de<br />

www.terbrack-maschinenbau.de


WISSENSCHAFT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Untersuchungen zum Direkteinsatz von<br />

Biogas in Metallurgiebetrieben<br />

Im AiF-Projekt „Direkteinsatz von Rohbiogas in der Metallurgie zur Senkung der CO 2<br />

-<br />

Emissionen (MetaCOO)“ wurde der Biogaseinsatz in Thermoprozessanlagen als alternativer<br />

Energieträger zur Substitution von Erdgas untersucht. Zu den Zielen des Projektes zählten<br />

die Ermittlung des deutschlandweiten Energie- beziehungsweise (bzw.) Erdgasbedarfs sowie<br />

des Biogaspotenzials. Außerdem wurden die Auswirkungen des Biogaseinsatzes auf die<br />

Prozess- und Produktqualität im Hinblick auf eine technische Umsetzung für die Wärmebereitstellung<br />

in metallurgischen Thermoprozessen untersucht. Mit den gewonnenen Erkenntnissen<br />

könnte eine Umsetzung in einem Demonstrationsvorhaben einen entscheidenden<br />

Impuls bekommen.<br />

Von Elisabeth Grube, Patrick Heinrich, Marcus Röder und Nico Steyer<br />

Die Metallurgie zählt zu einer der deutschen<br />

Branchen, die einen sehr hohen Energiebedarf<br />

aufweist sowie hohe Treibhausgas-<br />

(THG)-Emissionen verursacht. Allein die<br />

berichtspflichtigen PRTR-Betriebe (PRTR:<br />

Pollutant Release and Transfer Register) der Roheisenund<br />

Stahlerzeugung haben einen Anteil von 6,4 Prozent<br />

der deutschlandweiten CO 2<br />

-Emissionen (Stand 2018;<br />

Quellen auf Nachfrage bei Autor:innen erhältlich).<br />

Vor allem die Prozesswärmebereitstellung erfolgt zumeist<br />

durch die Verbrennung von Erdgas. Biogas wird<br />

zurzeit in Deutschland entweder teilaufbereitet in<br />

Blockheizkraftwerken (BHKW) zur Strom- und Wärmeerzeugung<br />

eingesetzt oder aber nach einer aufwändigen<br />

Aufbereitung zu Biomethan ins Erdgasnetz<br />

eingespeist. Da seit diesem Jahr bei immer mehr Biogasanlagen<br />

die EEG-Vergütung endet, gewinnt die Suche<br />

nach neuen und lukrativen Einsatzmöglichkeiten<br />

für das produzierte Biogas stetig an Bedeutung. Der<br />

Einsatz in der Metallindustrie kann dabei eine lohnende<br />

Alternative darstellen.<br />

Durch die Verwendung von Biogas als Beimischkomponente<br />

zum Prozessgas kann ein „Greening“ der Herstellungsprozesse<br />

in der Metallindustrie durch die direkte<br />

Einsparung von CO 2<br />

erfolgen sowie der CO 2<br />

-Footprint<br />

der Produkte verbessert werden. Generell kann die Prozessgasumstellung<br />

auf Biogas eine Möglichkeit sein,<br />

um die klimapolitischen Ziele für den sehr energieintensiven<br />

Metallurgiesektor zu erreichen.<br />

Untersuchung der Biogaszumischung auf<br />

Verbrennungsverhalten<br />

Biogas weist im Vergleich zu Erdgas eine andere Gaszusammensetzung<br />

und damit einhergehend einen an-<br />

Mobile Brennkammer des GWI sowie Gasaufbereitung des DBI an der<br />

Biogasanlage der Stadtwerke Bielefeld am Standort Dornberg.<br />

Entnahme wärmebehandelter<br />

Metallproben.<br />

FOTOS: GWI<br />

102


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

WISSENSCHAFT<br />

Gegenüberstellung der Biogasanlagen (nach Produktionsgröße) und der Metallurgiestandorte.<br />

QUELLE: GWI<br />

deren Heizwert sowie eine andere Dichte<br />

auf. Zur Bewertung der Brennerfunktion<br />

bei unterschiedlichen Substitutionsraten<br />

wurden in den Technika des Gastechnologischen<br />

Instituts gGmbH (DBI) sowie des<br />

Gas- und Wärme-Instituts Essen e.V.(GWI)<br />

Experimente an Nieder- bzw. Hochtemperaturversuchsanlagen<br />

durchgeführt.<br />

Bei der Niedertemperaturanlage handelte<br />

es sich um ein Prüfflammrohr mit 30 Kilowatt<br />

(kW) Feuerungsleistung. In einem<br />

Hochtemperaturversuchsofen wurden zwei<br />

unterschiedliche industrielle Brenner mit<br />

verschiedenen Verfahren [konventioneller<br />

Diffusionsbrenner, flammenlose Oxidation<br />

(FLOX ® )] untersucht. Ziel war, den Einfluss<br />

des schwankenden Energiegehalts bei variierter<br />

Gaszusammensetzung (Erdgas und<br />

Biogas) zu bestimmen.<br />

Das Biogas wurde synthetisch als Gasgemisch<br />

bestehend aus Erdgas (>91 Volumenprozent<br />

CH 4<br />

) und Kohlenstoffdioxid<br />

hergestellt. Bei den Versuchen wurde die<br />

Zumischung von Biogas bis zu einer vollständigen<br />

Substitution von Erdgas erprobt<br />

(entsprechend 50 Volumenprozent CH 4<br />

bzw. Erdgas und 50 Volumenprozent CO 2<br />

im Brenngas). Es wurde festgestellt, dass<br />

eine Biogaszumischung bei herkömmlichen<br />

Erdgasbrennern bis hin zu hohen Substitutionsraten<br />

realisierbar ist, es aber ab<br />

einem Biogasanteil von 80 Volumenprozent<br />

zu Flammeninstabilitäten kommt.<br />

Im Allgemeinen führte der Biogaseinsatz<br />

zu geringeren Verbrennungstemperaturen,<br />

die sich mindernd auf die Stickoxidbildung<br />

auswirken, allerdings in der Prozessführung<br />

berücksichtigt werden müssen. Eine<br />

Änderung an der Brennerperipherie war in<br />

den Testfällen nicht notwendig, allerdings<br />

müssen die leistungsbezogen größeren<br />

Brenngasvolumenströme im Hinblick auf<br />

beispielsweise effektivere Rohrquerschnitte<br />

und Vordrücke in der realen Anwendung<br />

berücksichtigt werden.<br />

Feldversuch an der Biogasanlage<br />

Bielefeld-Dornberg<br />

Für die Untersuchung der Einflüsse der veränderten<br />

Verbrennungsatmosphäre sowie<br />

von (Roh-)Biogas auf die Eigenschaften<br />

metallischer Werkstoffe wurde ein Feldversuch<br />

an einer Biogasanlage der Stadtwerke<br />

Bielefeld im Stadtteil Dornberg durchgeführt.<br />

Für den Feldversuch wurde seitens<br />

des DBI eine Gasreinigung und -analyse<br />

mit einer mobilen Brennkammer des GWI<br />

gekoppelt. In den Versuchen erfolgte die<br />

Entnahme des Biogases über einen Bypass<br />

an der Gasfackel der Biogasanlage. Um sowohl<br />

die Restkonzentration an Ammoniak<br />

als auch Schwefelwasserstoff aus dem Gas<br />

zu entfernen, wurde eine Gasreinigung bestehend<br />

aus zwei Kolonnen (befüllt mit Aktivkohle<br />

bzw. Eisenmasse) gefertigt. Eine<br />

Gasanalyse fand sowohl vom Rohgas (ohne<br />

Durchströmen der Kolonnen) als auch vom<br />

Reingas (nach Durchströmen der Kolonnen)<br />

statt und konnte somit auch bei den<br />

Versuchen mit ungereinigtem Gas, bei dem<br />

die Kolonnen der Gasaufbereitung vollständig<br />

umgangen wurden, vorgenommen<br />

werden.<br />

Die Brennkammer ist in drei Zonen gegliedert,<br />

die separat von unten beladen werden<br />

können und in denen unterschiedliche<br />

Temperaturen vorherrschen. Für die Versuche<br />

kam ein konventioneller Erdgas-Gebläsebrenner<br />

mit einer maximalen Leistung<br />

von 110 kW zum Einsatz. In den Versuchen<br />

wurden NE-Metall- und Stahlproben<br />

103


WISSENSCHAFT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

bei unterschiedlichen Temperaturniveaus<br />

und Verweilzeiten wärmebehandelt sowie<br />

Aluminiumschmelzproben erzeugt.<br />

In Langzeitversuchen wurden Temperaturen<br />

von 750 bis 1.100 Grad Celsius über<br />

Zeiträume von 10 bis 20 Tagen konstant<br />

gehalten. Diese wurden bewusst länger<br />

als typische Verweilzeiten entsprechender<br />

Wärmebehandlungsvorgänge gewählt, um<br />

eventuelle (negative) Einflüsse deutlicher<br />

zu erfassen. In den Versuchen konnten unter<br />

anderem Homogenisierungs- und Glühprozesse<br />

von unlegierten und legierten<br />

Stählen sowie Bronze, Rotguss und das<br />

Schmelzen von Aluminium betrachtet werden.<br />

Die mit gereinigtem und ungereinigtem<br />

Biogas behandelten Proben wurden<br />

metallurgisch mittels Licht- und Rasterelektronenmikroskop<br />

sowie Energiedispersiver<br />

Röntgenspektroskopie untersucht<br />

und die Ergebnisse verglichen. Für die<br />

betrachteten Edelstähle und Aluminium<br />

konnten keine Einflüsse des Brenngases<br />

bzw. der Legierung festgestellt werden.<br />

Für reale Prozesse mit deutlich kürzeren<br />

Verweilzeiten wird daher ein Einfluss von<br />

Rohbiogas auf die Produktqualität als unwahrscheinlich<br />

angesehen. Bei NE-Metallen<br />

sowie unlegierten Stählen konnten<br />

Einlagerungen von Spurenbestandteilen<br />

aus der Verbrennungsatmosphäre bei Einsatz<br />

von Rohbiogas nachgewiesen werden.<br />

Hier sind eine genauere Quantifizierung<br />

und Betrachtung des Einflusses der Verweilzeit<br />

in Detailuntersuchungen zu empfehlen.<br />

Deutschlandweite Analyse zur<br />

Einsatzmöglichkeit von Biogas in<br />

Metallurgiebetrieben<br />

Um Biogas in Metallurgiebetrieben einsetzen<br />

zu können, müssen sich die Biogasanlagen<br />

in räumlicher Nähe zum Metallurgiebetrieb<br />

befinden. In Deutschland<br />

befinden sich die meisten Biogasanlagen<br />

in den stark von Landwirtschaft geprägten<br />

Bundesländern wie beispielsweise Niedersachsen<br />

und Bayern. In diesen Gebieten<br />

sind jedoch vergleichsweise wenig Metallurgiebetriebe<br />

ansässig.<br />

Metallurgiebetriebe sind vermehrt in industriell<br />

geprägten Regionen Deutschlands<br />

angesiedelt wie beispielsweise dem<br />

Ruhrgebiet. Es gibt somit hier bereits eine<br />

räumliche Diskrepanz zwischen vorhandenem<br />

Biogaspotenzial und benötigtem Energiebedarf.<br />

Trotz allem weisen etwa 90 Prozent<br />

der betrachteten Metallurgiebetriebe<br />

mindestens eine Biogasanlage im Umkreis<br />

von 10 Kilometer auf.<br />

Ziel der Analyse war, Metallurgiebetriebe<br />

zu identifizieren, die genügend große Biogaspotenziale<br />

in räumlicher Nähe aufweisen<br />

und die somit einen wirtschaftlichen<br />

Betrieb gewährleisten können. In Deutschland<br />

existiert ein breites Spektrum an Metallurgiebetrieben,<br />

von mittelständischen<br />

Unternehmen bis hin zu großen Industriekonzernen.<br />

Daraus resultieren stark variierende<br />

Energiebedarfe je Betrieb.<br />

Die benötigten Energiebedarfe der Metallurgiebetriebe<br />

liegen bei den wenigen aber<br />

sehr großen Konzernen deutlich über den<br />

zur Verfügung stehenden Biogaspotenzialen.<br />

Diese haben jedoch einen signifikanten<br />

Anteil am Gesamtenergiebedarf der<br />

Branche sowie an den THG-Emissionen.<br />

Bei etwa der Hälfte der betrachteten Me-<br />

Service rund um den Gasmotor<br />

Service vor Ort • Fachwerkstatt • Vertrieb Gasmotoren<br />

Der BHKW-Spezialist<br />

für Motoren mit<br />

Erd-, Bio- und<br />

Sondergasbetrieb<br />

Speller Str. 12 • 49832 Beesten<br />

Tel.: 05905 945 82-0 • Fax: -11<br />

E-Mail: info@eps-bhkw.de<br />

Internet: www.eps-bhkw.de<br />

Neumodule für den<br />

Flexbetrieb<br />

von 75 - 3.000 kWel. im<br />

Container, Betonhaube oder als<br />

Gebäudeeinbindung<br />

Stützpunkte: Beesten • Rostock • Wilhelmshaven • Magdeburg<br />

104


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

WISSENSCHAFT<br />

tallurgiebetriebe reichte jedoch bereits<br />

eine Biogasanlage zur 100-prozentigen<br />

Energieversorgung aus. Dabei handelte es<br />

sich um kleine Betriebe mit nur geringen<br />

Energiebedarfen.<br />

Im Rahmen des Projektes konnte in Bezug<br />

auf den Erdgasbedarf der Metallurgiebetriebe<br />

in Deutschland eine maximale Substitution<br />

von 9 Prozent durch Biogas ermittelt<br />

werden. Hierdurch können jedoch die gesamten<br />

CO 2<br />

-Emissionen in der Metallurgie,<br />

die auch von der Kohleverbrennung ausgehen,<br />

um lediglich 0,5 Prozent gesenkt werden.<br />

Hinzu kommt, dass Biogas zwar in der<br />

Verbrennung emissionsneutral ist. Durch<br />

nötige Vorketten, wie die Düngung von Feldern,<br />

werden jedoch THG gebildet. Auch<br />

ökonomisch gibt es aktuell trotz geplanter<br />

steigender CO 2<br />

-Emissionshandelkosten für<br />

Erdgas keinen wirtschaftlichen Anreiz für<br />

Metallurgiebetriebe, Erdgas durch Biogas<br />

(teilweise) zu ersetzen, da dieses bis um<br />

das Dreifache teurer wäre.<br />

Fazit: Als Ergebnis des Projektes kann festgehalten<br />

werden, dass der Biogaseinsatz<br />

zur Erdgassubstitution in der Metallurgie<br />

aus verfahrenstechnischer Sicht bis hin zu<br />

einem hohen Substitutionsgrad (bis zu 80<br />

Volumenprozent in den Versuchen) sowie in<br />

Bezug auf die Wärmebehandlung der Metallerzeugnisse<br />

kein Problem darstellt. Jedoch<br />

kann der Großteil der Energiebedarfe,<br />

vor allem der Großunternehmen, nicht mit<br />

den in der Nähe befindlichen Biogasanlagen<br />

gedeckt werden. Hingegen könnte der<br />

(teilweise) Einsatz von Biogas als Energieträger<br />

für Betriebe mit geringen Energiebedarfen<br />

und kurzen Wegen zu nahegelegenen<br />

Biogasanlagen eine Option darstellen<br />

und damit ein Emissions-Einsparpotenzial<br />

für diese Betriebe generieren.<br />

Hinweis: Das IGF-Vorhaben 20155 BG<br />

der Forschungsvereinigung Gas- und<br />

Wärme-Institut Essen e.V. (GWI) wurde<br />

über die AiF im Rahmen des Programms<br />

zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung<br />

(IGF) vom Bundesministerium<br />

für Wirtschaft und Energie aufgrund<br />

eines Beschlusses des Deutschen<br />

Bundestages gefördert.<br />

Autoren<br />

Elisabeth Grube<br />

Projektleiterin<br />

DBI – Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg<br />

0 37 31/41 95 329<br />

elisabeth.grube@dbi-gruppe.de<br />

Patrick Heinrich<br />

Projektleiter<br />

DBI – Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg<br />

0 37 31/41 95 374<br />

patrick.heinrich@dbi-gruppe.de<br />

Marcus Röder<br />

Projektleiter<br />

Gas- und Wärme-Institut Essen e.V. (GWI)<br />

02 01/36 18 288<br />

roeder@gwi-essen.de<br />

Nico Steyer<br />

Projektleiter<br />

DBI – Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg<br />

0 37 31/41 95 336<br />

nico.steyer@dbi-gruppe.de<br />

WIR FÖRDERN DIE BIOGASWIRTSCHAFT<br />

VON MORGEN.<br />

Die Herausforderungen für Biogasanlagen sind groß.<br />

Wir meistern sie gemeinsam - mit intelligenten, leistungsstarken und<br />

energieeffizienten Lösungen für die Lagerung, Aufbereitung und<br />

Verwendung von Gülle und Gärresten.<br />

Mehr Informationen auf www.saveco-water.de<br />

CHIOR TM VPH Langwellenpumpe<br />

SEPCOM TM<br />

Separatoren<br />

SEPCOM TM<br />

Mikrofiltration<br />

CHIOR TM<br />

Langwellenrührwerke<br />

CHIOR TM SE<br />

Tauchmotorrührwerke<br />

+ Hohe Pumpleistung dank Ansaugung von<br />

oben<br />

+ Doppeltes Schneidsystem für eine optimale<br />

Schneideffizienz<br />

+ Optionales Edelstahl-Pumpengehäuse bei<br />

wechselhaften pH-Werten<br />

+ Antriebsleistungen von 7,5 – 22 kW<br />

105


WISSENSCHAFT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Versuchsstand:<br />

100-Liter-Durchflussfermenter<br />

mit automatisierter<br />

Fütterung<br />

(PFI-Technikum).<br />

Bakterien auf der Spur –<br />

neues Verfahren zur Kontrolle<br />

der Prozessbiologie<br />

Stabilität und Leistungsfähigkeit der Biogas-Fermentation hängen maßgeblich von der<br />

Zellzahl und Aktivität der Mikroorganismen ab. Dennoch beschränkt sich die typische<br />

Prozessanalyse meist auf chemisch-physikalische Messungen, obwohl hier Auffälligkeiten<br />

häufig erst dann auftreten, wenn prozessbiologische Störungen bereits aufgetreten oder<br />

weit fortgeschritten sind. Dem Einsatz von molekularbiologischen Methoden, die Veränderungen<br />

und Ungleichgewichte innerhalb von mikrobiellen Gemeinschaften erkennen<br />

können, stand bisher der hohe Zeit- und Kostenaufwand im Weg. Neu entwickelte molekular<br />

basierte Schnelltests sind mittlerweile marktreif und ergänzen die klassische Fermenteranalytik<br />

ideal.<br />

Von: Dr. Sabine Peters 1 , Ulrich Krause 1 und Dr. Stefan Dröge 2<br />

106


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

WISSENSCHAFT<br />

Ein kontinuierlicher Fermentationsablauf<br />

ist eine zentrale<br />

Voraussetzung für den<br />

wirtschaftlichen Betrieb von<br />

Biogasanlagen. Störungen<br />

wie Überfütterung, Fütterungswechsel,<br />

Nährstoff- beziehungsweise (bzw.)<br />

Spurenelementmangel beruhen in der<br />

Regel auf Ungleichgewichten in der Zusammensetzung<br />

der komplexen mikrobiellen<br />

Gemeinschaft. Die biologische<br />

Prozessüberwachung sollte daher ein<br />

wesentliches Element des Anlagenmanagements<br />

sein.<br />

Die typische Überwachung der Prozessbiologie<br />

fokussiert jedoch nach wie vor<br />

auf bestimmte Stoffwechselprodukte<br />

(flüchtige organische Säuren), Nährstoffe<br />

und Spurenelemente sowie potenziell<br />

inhibierende Substanzen (zum<br />

Beispiel Ammonium), die chemischphysikalisch<br />

bestimmt werden. Die<br />

regelmäßige Überwachung dieser Parameter<br />

ist für die Beurteilung der Prozessbiologie<br />

sehr wichtig und wird es<br />

auch zukünftig bleiben. Als Frühindikatoren<br />

sind sie allerdings nur bedingt<br />

geeinigt, weil Auffälligkeiten häufig erst<br />

dann auftreten, wenn eine prozessbiologische<br />

Störung bereits eingetreten<br />

bzw. weit fortgeschritten ist.<br />

Zur Früherkennung sind molekularbiologische<br />

Methoden, die zentrale<br />

mikrobielle Gruppen im Fermenter direkt analysieren<br />

können, wesentlich besser geeignet. Auch wenn die<br />

entsprechenden Methoden und Techniken in der Forschung<br />

etabliert sind, fehlte es bislang an praxis- und<br />

anwendertauglichen Testverfahren. Die Entwicklung<br />

solcher molekularer Schnelltests war Gegenstand eines<br />

kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojektes<br />

(„FerMiQ“) der AMODIA Bioservice und des Prüf- und<br />

Forschungsinstituts Pirmasens.<br />

Relevante mikrobielle Gruppen in<br />

Biogasanlagen<br />

In Biogasfermentern sind verschiedene Gruppen von<br />

Mikroorganismen aktiv: Hydrolytische Bakterien bauen<br />

langkettige Substrate zu kleineren Molekülen ab. Dabei<br />

entstehen unter Abspaltung von Wasserstoff letztendlich<br />

flüchtige organische Säuren (FOS) und CO 2<br />

. Diese<br />

Moleküle werden von methanogenen Archaeen („Methanogenen“)<br />

zu Methan umgesetzt.<br />

Die in Biogasfermentern bisher nachgewiesenen Methanogenen<br />

unterscheiden sich dabei in ihren Stoffwechselwegen:<br />

Methanosaeten setzen Essigsäure<br />

direkt zu Methan und CO 2<br />

um. Dies können Methanosarcinaceen<br />

auch. Zusätzlich können sie, genau<br />

wie Methanobacteriaceen und Methanomicrobiaceen,<br />

Methan aus CO 2<br />

und H 2<br />

erzeugen. Dieser Wasserstoff<br />

muss jedoch von syntrophen Bakterien angereicht werden,<br />

die damit ebenfalls Schlüsselorganismen für die<br />

Methanogenese sind.<br />

Analyse der Biogas-Populationen mit<br />

DNA-basierten Methoden<br />

Molekularbiologische Methoden nutzen aus, dass die<br />

DNA-Sequenz für jeden Organismus charakteristisch<br />

ist. Eine Messung, welche Sequenzen in einem Biogasfermenter<br />

wie häufig vorkommen, bestimmt so die<br />

Zusammensetzung der Mikroorganismen im Fermenter.<br />

So wurde im Projekt zum Beispiel die Sequenz eines<br />

Bakteriums identifiziert, das sensibel auf Schwankungen<br />

der Fermenterbiologie reagiert. Ist die gesuchte<br />

Sequenz erst einmal bekannt, kann mithilfe der<br />

qPCR-Technik (quantitative Polymerase-Kettenreaktion)<br />

deren DNA-Konzentration in der untersuchten Probe<br />

absolut quantifiziert werden. Diese korreliert mit der<br />

Konzentration der jeweiligen Mikroorganismen.<br />

Im Rahmen des Projektes wurden unter anderem<br />

drei qPCR-Systeme für Fermenterproben entwickelt:<br />

„qBac“ für die Bakterien, „qMeth“ für die Methanogenen<br />

und „qSyn“ für das vorgenannte Bakterium, das<br />

sensibel auf Prozessänderungen reagiert.<br />

Simulation bestimmter Fermenterzustände<br />

unter praxisnahen Bedingungen<br />

Überfütterungen durch hohe Faulraumbelastungen<br />

und/oder kurze hydraulische Verweilzeiten sowie Substratwechsel<br />

zählen zu den typischen prozessbiologischen<br />

Störungen. Um zu untersuchen, wie die Fermenterbiologie<br />

darauf reagiert und ob die entwickelten<br />

qPCR-Systeme als Frühindikatoren geeignet sind,<br />

wurden kontinuierliche Gärtests in automatisierten<br />

100-Liter-Durchflussfermentern durchgeführt (siehe<br />

Foto), in denen diese Zustände unter zwei praxisnahen<br />

Bedingungen herbeigeführt wurden.<br />

Fermenter C zeigt eine dauerhafte Monovergärung<br />

einer Triticale-GPS mit hohen TS- (>35 Prozent) und<br />

Rohfasergehalten (27 Prozent). Zum Anfahren des Fermenters<br />

wurden Enzyme zugegeben, so dass mögliche<br />

Effekte eines Enzymentzugs auf die Zusammensetzung<br />

der mikrobiellen Gemeinschaft im Fermenter beobachtet<br />

werden konnten.<br />

Im Versuchsansatz D wurde die Raumbelastung durch<br />

stufenweise zunehmende Fütterung mit Mais (später:<br />

Mais/Triticale-Mischung) bis zur Überlastung gesteigert.<br />

Daraus resultierte parallel eine Verringerung der<br />

hydraulischen Verweilzeit von 95 auf 34 Tage (siehe<br />

Tabelle). Nach der erzeugten schweren Prozessstörung<br />

wurde versucht, den Fermenter mit der Gabe von Spurenelementen<br />

wieder aufzufangen.<br />

Die Vergärungsexperimente wurden jeweils über einen<br />

Zeitraum von sechs Monaten vorgenommen, um<br />

mindestens zwei hydraulische Verweilzeiten im<br />

107


WISSENSCHAFT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Abbildung 1: Zeitlicher Verlauf der Werte bei Mono-Fermentation mit Triticale-GPS<br />

[10^y Kopien/g] [mg/l]<br />

[kg oTS/m³]<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4.500<br />

3.000<br />

1.500<br />

0<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

qMeth ⊕<br />

qMeth ⵔ<br />

Mono-Fermentation mit Triticale-GPS<br />

Enzymgabe<br />

qMeth ⊖<br />

qSyn ⊕<br />

qSyn ⵔ<br />

qSyn ⊖<br />

01-27<br />

01-27<br />

03-02<br />

organische Raumbelastung<br />

Säuren<br />

Trockensubstanz<br />

Methanproduktion<br />

qBac<br />

Schaden<br />

qMeth<br />

5<br />

03-02<br />

DNA Konzentration<br />

qSyn<br />

4<br />

11-25 12-16 01-06 01-27 02-17 03-09 03-30 04-20<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

[%]<br />

[Nl/d]<br />

Untersuchungszeitraum zu berücksichtigen. Während<br />

der Versuchslaufzeit wurden kontinuierlich Gasmengen<br />

und Gasqualität überwacht und wöchentlich Proben<br />

genommen, die sowohl auf chemisch-physikalische<br />

Prozessparameter (FOS, NH 4<br />

-N, pH, TS, oTS) als auch<br />

mit den molekularbiologischen qPCR-Systemen untersucht<br />

wurden.<br />

Entsprechend gliedern sich die Abbildungen: Im oberen<br />

Teil ist der zeitliche Verlauf der Fütterung (organische<br />

Raumbelastung, Enzymgabe) sowie der daraus<br />

entstandene Trockensubstanzanteil dargestellt. Der<br />

mittlere Teil zeigt die Messwerte für Essig- und Propionsäure<br />

sowie die Methanproduktion. Die ermittelten<br />

DNA-Konzentrationen der drei qPCR-Systeme sind im<br />

unteren Teil abgebildet.<br />

Versuchsansatz C: Mono-Fermentation<br />

mit Triticale-GPS<br />

Hier (siehe Abbildung 1) führte das im Abbauverhalten<br />

kritische Fütterungssubstrat bereits beim Anfahren zu<br />

einem deutlichen Anstieg der Essig- und Propionsäuregehalte<br />

auf etwa 3.300 bzw. 2.000 Milligramm pro<br />

Kilogramm (mg/kg). Nach einem kurzzeitigen Rückgang<br />

(reduzierte Fütterung) stiegen die Propionsäuregehalte<br />

weiter auf über 4.000 mg/kg („03-02“). Der<br />

anschließende schnelle und deutliche Rückgang der<br />

Propionsäure korrelierte interessanterweise relativ eng<br />

mit dem Ende der Enzymzugabe in der Woche davor.<br />

Dies könnte auf eine verstärkte Zuckerfreisetzung infolge<br />

des Enzymeinsatzes hindeuten. Der Methanertrag<br />

folgt zeitverzögert dem Verlauf der Raumbelastung und<br />

108


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

WISSENSCHAFT<br />

Verfahrenstechnische Parameter bei der Durchführung der<br />

dynamischen Gärtests<br />

Fermenter Reaktor C Reaktor D<br />

Arbeitsvolumen (l) 70 70<br />

Temperatur (°C) 40 40<br />

Hydraulische Verweilzeit (d) 95 - 105 34 - 95<br />

Raumbelastung([kg oTS/m 3 ) 3 - 3,65* 3 - 8,7*<br />

Substrate GPS (Triticale) Maissilage/GPS (Triticale)<br />

Supplement Enzym** SE-Mischung***<br />

*exklusive Anfahrphase,<br />

**phasenweise Zugabe (ab Start für 2 Monate; Sigma CelliTec, Cellulase / Hemicellulase - Mischung),<br />

*** phasenweise Zugabe (nach Prozessstörung für 6 Wochen)<br />

schwankte zwischen 40 und 60 Normliter<br />

pro Tag (Nl/d) [= spezifischer Methanertrag<br />

von 225 bis 275 Nl/kg organische Trockensubstanz<br />

(oTS)]. Kurz nach der Einstellung<br />

der Enzymzugabe, also parallel zum darauf<br />

folgenden verstärkten Säureabbau, traten<br />

über einen Zeitraum von zirka vier Wochen<br />

signifikant höhere Methanerträge von rund<br />

70 Nl/d auf.<br />

Dies lässt sich durch die zusätzliche Gasbildung<br />

aus dem Säureabbau erklären.<br />

Unter Berücksichtigung der leicht erhöhten<br />

Raumbelastung folgte eine Phase mit<br />

unterdurchschnittlichen Methanerträgen<br />

von rund 50 Nl/d. Zum Ende des Versuchs<br />

war wiederum ein deutlicher Anstieg der<br />

Methanerträge feststellbar. Auffällig ist der<br />

kontinuierliche Anstieg des TS-Gehaltes<br />

über den Versuchszeitraum. Erst im letzten<br />

Drittel stabilisierte sich der Wert auf<br />

sehr hohem Niveau (>13 Prozent). Hierin<br />

und auf Basis der insgesamt niedrigen<br />

spezifischen Biogaserträge zeigt sich, dass<br />

faserreiche Substrate bereits bei mittleren<br />

Raumbelastungen zur partiellen Überlastung<br />

der Fermenterbiologie sowie verminderten<br />

Abbauraten führen.<br />

Trotz des schwierigen Fütterungssubstrates<br />

bleiben die DNA-Konzentrationen der<br />

Bakterien und der Methanogenen in der<br />

Anfangsphase konstant auf einem Niveau,<br />

das zu einer stabilen Methanbildung geeignet<br />

scheint. Mit dem Absetzen des Enzyms<br />

verschlechtern sich die Werte jedoch und<br />

fallen kontinuierlich. Gleiches gilt für die<br />

DNA-Konzentration des syntrophen Bakteriums<br />

(qSyn). Interessant ist, dass die Methanproduktion<br />

ab dem 20. Januar 2020<br />

steigt, obwohl die DNA-Konzentrationen<br />

der Methanogenen und des syntrophen<br />

Bakteriums kontinuierlich weiter fallen.<br />

Zu dem Zeitpunkt, an dem die Methanproduktion<br />

schließlich zurückgeht (23. März<br />

2020), sind die DNA-Konzentrationen der<br />

Methanogenen im Vergleich mit dem Anfangszustand<br />

um den Faktor 1.000 [von<br />

109,5 auf 106,4 Kopien pro Gramm (g)],<br />

also um drei Größenordnungen gesunken.<br />

Gleiches gilt für die DNA-Konzentrationen<br />

des syntrophen Bakteriums, die von 107,4<br />

auf 104,3 Kopien/g abnehmen. Dieser<br />

schlechte Zustand der Fermenterbiologie<br />

wird von keinem chemisch-physikalischen<br />

Parameter angezeigt. Im Gegenteil deuten<br />

die fallenden Säurekonzentrationen eher<br />

auf eine Erholung des Fermenters hin.<br />

Aus diesen Daten wurde sowohl für die<br />

Methanogenen als auch für das syntrophe<br />

Bakterium versucht, jeweils zwei Schwellenwerte<br />

festzulegen, die die DNA-Konzentrationen<br />

in drei Bereiche teilen: Oberhalb<br />

von K+ (grün) funktioniert die Fermenterbiologie<br />

gut („ⴲ“). Unterhalb von K- (rot)<br />

befindet sich die Fermenterbiologie in kritischem<br />

Zustand („ⴱ“). Und in dem Bereich<br />

zwischen diesen Schwellen („ⵔ“) sollten<br />

Maßnahmen eingeleitet werden, um die<br />

Fermenterbiologie wieder zu verbessern.<br />

Dieser Bereich ist in der jeweiligen Farbe<br />

der Mikroorganismen eingefärbt (hellgelb:<br />

Methanogene, hellblau: syntrophes Bakterium).<br />

Zwischen den Zeitpunkten (gestrichelte<br />

senkrechte Linien), an denen die<br />

obere (grün) und die untere (rot) Schwelle<br />

unterschritten werden, liegen trotz konstanter<br />

Fütterung fünf Wochen.<br />

109<br />

Durch energie+agrar habe ich einfach<br />

“<br />

mehr Spaß mit meiner Biogasanlage. ”<br />

Oppmale Beratung<br />

und innovaave<br />

Produkte für Ihre<br />

Fermenter-Bakterien<br />

Höhere Substratausnutzung<br />

Bessere Rührfähigkeit<br />

Stabile biologische Prozesse<br />

Einsparung von Gärrestlager<br />

Senkung der Nährstoffmenge<br />

Repowering der Biologie<br />

Denn Ihre Biogas-Bakterien<br />

können mehr!<br />

energiePLUSagrar GmbH<br />

Tel.: +49 7365 41 700 70<br />

Web: www.energiePLUSagrar.de<br />

E-Mail: buero@energiePLUSagrar.de


WISSENSCHAFT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Abbildung 2: Zeitlicher Verlauf der Werte bei stufenweise steigender Fütterung<br />

mit Mais/Mais-Triticale<br />

[10^y Kopien/g] [mg/l]<br />

[kg oTS/m³]<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

12.000<br />

9.000<br />

6.000<br />

3.000<br />

0<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

Steigende Fütterung mit Mais/Mais-Triticale<br />

qSyn ⊕<br />

qSyn ⵔ<br />

qSyn ⊖<br />

qMeth ⊕<br />

qMeth ⵔ<br />

qMeth ⊖<br />

03-23<br />

03-30<br />

organische Raumbelastung<br />

Säuren<br />

Trockensubstanz<br />

Methanproduktion<br />

03-23<br />

Gabe von<br />

Spurenelementen<br />

qBac<br />

qMeth<br />

5<br />

03-30<br />

DNA Konzentration<br />

qSyn<br />

4<br />

11-25 12-16 01-06 01-27 02-17 03-09 03-30 04-20 05-11<br />

13<br />

12<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

180<br />

150<br />

120<br />

90<br />

60<br />

30<br />

[%]<br />

[Nl/d]<br />

Versuchsansatz D: Steigende Fütterung mit<br />

Mais bzw. einer Mais/Triticale-Mischung<br />

Bei reiner Maisfütterung (siehe Abbildung 2) erwies<br />

sich die Fermenterbiologie als sehr stabil. Bis zu einer<br />

Raumbelastung von 6 Kilogramm (kg) oTS pro<br />

Kubikmeter (m 3 ) ergaben die chemischen Analysen<br />

keine signifikante Akkumulation organischer Säuren.<br />

Durch zusätzliche Fütterung von Triticale-GPS wurde<br />

die Raumbelastung bis zum Maximalwert von 8,7 kg<br />

oTS/m 3 gesteigert.<br />

Mit der zusätzlichen GPS-Fütterung gingen die Methanerträge<br />

zunächst deutlich von Werten oberhalb<br />

150 Nl/d (ca. 400 Nl/kg oTS) auf zirka 110 Nl/d zurück,<br />

bevor sie schnell wieder Werte um 150 Nl/d erreichten.<br />

Ab einer Raumbelastung von 7 kg oTS/m 3<br />

liefern chemische Analysen (vor allem Propionsäure)<br />

erste Hinweise einer Prozessüberlastung, die sich im<br />

Anschluss durch den schnellen und drastischen Anstieg<br />

der Säuregehalte manifestieren.<br />

Dies galt insbesondere für Propionsäure (hellblaue Kurve)<br />

und weitere langkettige organische Säuren (C3 bis<br />

C6 Säuren; ohne Abbildung), während die Essigsäure<br />

auf relativ niedrigem Niveau verblieb. Im Maximum<br />

wurden mit über 9.000 mg/kg extrem hohe Propionsäuregehalte<br />

erreicht, was zu einem drastischen Einbruch<br />

der Gasproduktion bei gleichzeitig rückläufigen Methangehalten<br />

führte. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch bei<br />

einer Praxisanlage, ohne dass weitere Mess- oder<br />

110


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

WISSENSCHAFT<br />

ÜBERWACHUNG VON BIOGAS-ANLAGEN<br />

Gemeinschaftlich. Vorausdenkend.<br />

Engagiert.<br />

»Mit Hochdruck für unser Klima.«<br />

(unbekannt)<br />

Christian Falke<br />

Biogas 401<br />

Mehrkanal-Gasanalysator<br />

Biogas 905<br />

Mehrkanal-Gasanalysator<br />

SENSOREN<br />

Die beiden Gas-Analysatoren Biogas 401<br />

und Biogas 905 über wachen kontinuierlich<br />

oder dis kon ti nuierlich die Qualität des<br />

Biogases auf die Gaskompo nenten hin.<br />

Optional warnen zusätzliche Umgebungsluft-Sensoren<br />

frühzeitig vor gesundheitsge<br />

fähr denden, explo sions fähigen und<br />

nichtbrenn baren Gasen und Dämpfen.<br />

❯❯❯ Biogas Know-how seit 2001 ❮❮❮<br />

EINSATZBEREICHE:<br />

■ Biogas-Produktionsanlagen<br />

■ Kläranlagen<br />

■ Deponien<br />

Kontakt<br />

Salomonstr. 19, 04103 Leipzig<br />

Telefon: 0341/978566-0<br />

Fax: 0341/978566-99<br />

E-Mail: kontakt@prometheus-recht.de<br />

www.prometheus-recht.de<br />

GTR 210 IR<br />

CH 4 + CO 2<br />

TOX 592<br />

O 2 + H 2 S<br />

Trierer Str. 23 – 25 · 52078 Aachen<br />

Tel. (02 41) 97 69-0 · www.ados.de<br />

s e i t 1 9 0 0<br />

Interimsmanagement<br />

für Biogasanlagen<br />

Im Insolvenzfall oder bei Betreiberwechsel<br />

übernehmen wir lang- oder kurzfristig die<br />

technische/ kaufmännische Betriebsführung<br />

WELTEC BIOPOWER GmbH<br />

Zum Langenberg 2 • 49377 Vechta<br />

www.weltec-biopower.de<br />

Organic energy worldwide<br />

Ihr Ansprechpartner: Andre Zurwellen<br />

Tel. 04441-999 78-900<br />

a.zurwellen@weltec-biopower.de<br />

111


WISSENSCHAFT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Sensordaten vorliegen, das Auftreten einer prozessbiologischen<br />

Störung für den Betreiber deutlich erkennbar.<br />

Als typische Korrekturmaßnahme wurde daraufhin zunächst<br />

die Fütterungsmenge halbiert mit paralleler Zudosierung<br />

von Spurenelementen. Da die Säuregehalte<br />

zunächst nicht zurückgingen, wurde die Fütterung des<br />

Fermenters vollständig eingestellt. Erst danach kam es<br />

zu einem langsamen Rückgang der Säuren. Bis zum<br />

weitgehenden Abbau der Säuren und der Wiederaufnahme<br />

der Fütterung dauerte es rund drei Wochen. Auch<br />

die DNA-Konzentrationen der drei qPCR-Systeme zeigen,<br />

dass die Fermenterbiologie lange Zeit stabil bleibt.<br />

Ab dem 2. März 2020, also bei einer Raumbelastung<br />

von 6,4 kg oTS/m 3 , beginnt als erstes die Konzentration<br />

der Methanogenen nennenswert zu sinken. Eine Woche<br />

später beträgt diese Reduktion bei den Methanogenen<br />

bereits eine knappe halbe Größenordnung (109,9 auf<br />

109,5 Kopien/g). Vergleichbares gilt beim syntrophen<br />

Bakterium (107,8 auf 107,0 Kopien/g). Nutzt man die<br />

Propionsäurebildung als Indikator für den Zustand der<br />

Fermenterbiologie, so ergeben sich erstaunlicherweise<br />

die gleichen Schwellenwerte wie bei Fermenter C, die<br />

die Konzentrationsbereiche mit guter bzw. kritischer<br />

Funktion trennen.<br />

Am 23. März 2020 unterschreiten die Konzentrationen<br />

der Methanogenen und des syntrophen Bakteriums die<br />

jeweiligen oberen Schwellenwerte (grün), eine Woche<br />

später sogar die jeweiligen unteren Schwellenwerte<br />

(rot). Wenn diese rapide Verschlechterung der Indikator-Werte<br />

der Fermenterbiologie (Faktor 10 pro Woche)<br />

zur Steuerung genutzt worden wäre, hätte man die Fütterung<br />

bereits 14 Tage früher anpassen können, als es<br />

tatsächlich erfolgte.<br />

Fazit: Die Ergebnisse der Fermentationsexperimente<br />

zeigen praxisrelevante Probleme bei der aktuellen<br />

chemisch-basierten Prozessüberwachung, insbesondere<br />

die schnelle Akkumulation organischer Säuren<br />

bei grenzwertig hohen Raumbelastungen. In der Praxis<br />

führt dies häufig dazu, dass Prozessstörungen erst zu<br />

einem späten Zeitpunkt erkannt werden. Ebenso sind<br />

die Gasmenge sowie der Methangehalt, die Betreiber<br />

laborunabhängig vor Ort messen können, nur sehr bedingt<br />

als Frühindikator geeignet.<br />

Die Messung der DNA-Konzentrationen der an der<br />

Fermentation beteiligten Mikroorganismen erlaubt<br />

direkte Rückschlüsse auf den Zustand der Fermenterbiologie.<br />

Für die DNA-Konzentrationen der Methanogenen<br />

und des syntrophen Bakteriums konnten<br />

jeweils zwei Schwellenwerte K+ und K- identifiziert<br />

werden, die als eine Art „Ampel-Indikator“ für die<br />

Fermenterbiologie dienen können: Oberhalb von K+<br />

(„grüner Bereich“) funktioniert die Fermenterbiologie<br />

Save the dates!<br />

» Energie- & Klimapolitik<br />

» Zukunftsprojekte<br />

» Recht & Regelwerke<br />

» Abfallvergärung<br />

» Praxisberichte<br />

» BIOGAS Fachforum<br />

digital & live<br />

22. – 26. November <strong>2021</strong><br />

Digital<br />

Save<br />

the dates!<br />

7. – 9. Dezember <strong>2021</strong><br />

NCC Mitte, Messegelände Nürnberg<br />

112<br />

Aktuelle Informationen und Anmeldung:<br />

www.biogas-convention.com


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

WISSENSCHAFT<br />

gut; es sind keine Maßnahmen erforderlich. Zwischen<br />

K+ und K- („gelber Bereich“) können erste Maßnahmen<br />

die Fermenterbiologie wieder verbessern. Und<br />

unterhalb von K- („roter Bereich“) befindet sich die<br />

Fermenterbiologie in kritischem Zustand, was drastische<br />

Maßnahmen erfordert.<br />

Bemerkenswerterweise sind diese Schwellen in beiden<br />

unterschiedlichen Versuchsansätzen gleich. Sie<br />

scheinen also universeller gültig zu sein, als dies angesichts<br />

der drastischen Unterschiede in der Fütterung<br />

zu erwarten war. Allerdings liegen bei der Fütterung<br />

mit Mais die DNA-Konzentrationen bei „normaler<br />

Fütterung“ deutlich weiter oberhalb von K+ als bei der<br />

Fütterung mit Triticale-GPS. Bei den DNA-Konzentrationen<br />

der Bakterien sind diese Effekte nicht ganz<br />

so deutlich und nicht ganz so einheitlich. So beträgt<br />

die Abnahme maximal 2 (Fermenter C) bzw. 2,5 Größenordnungen<br />

(Fermenter D). Und zwischenzeitlich<br />

steigen die Werte sogar an, obwohl die beiden anderen<br />

DNA-Konzentrationen weiter abnehmen.<br />

Ausblick: Die Überwachung der Fermenterbiologie<br />

durch die Messung von DNA-Konzentrationen der beteiligten<br />

Mikroorganismen erlaubt insbesondere bei<br />

kritischen Betriebsereignissen wie Störungen oder bei<br />

Substratumstellungen eine bessere Überwachung und<br />

Beurteilung der getroffenen Maßnahmen. Die DNA-<br />

Konzentrationen könnten als Steuerungsparameter<br />

genutzt werden, um den Methanertrag oder den Substratmix<br />

zu optimieren.<br />

Danksagung: Das AiF-Projekt „FerMiQ“ wurde vom<br />

Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen der<br />

ZIM-Initiative (Zentrales Innovationsmanagement)<br />

gefördert.<br />

Autoren<br />

Dr. Sabine Peters 1<br />

Ulrich Krause 1<br />

Dr. Stefan Dröge 2<br />

1<br />

AMODIA Bioservice GmbH<br />

Rebenring 31 · 38106 Braunschweig<br />

05 31/260 17 64<br />

www.amodia.com<br />

2<br />

Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens e.V.<br />

Abteilungsleiter<br />

Biotechnologie, Mikrobiologie<br />

Marie-Curie-Str. 19 · 66953 Pirmasens<br />

0 63 31/24 90 846<br />

www.pfi-germany.de<br />

BerstscheiBen sichern Biogasanlagen<br />

Zertifizierte Berstscheiben schützen präzise und zuverlässig<br />

vor unzulässigen Über- und Unterdrücken<br />

Um den sicheren und reibungslosen<br />

Betrieb von Biogasanlagen zu gewährleisten,<br />

bauen viele Betreiber auf<br />

ateX-zertifizierte Berstscheiben.<br />

Deren Vorteile sind:<br />

niedrige ansprechdrücke ab 5 mbar ü:<br />

Die Berstscheiben werden mit Ansprechdrücken<br />

ab 5 mbar ü hergestellt –<br />

z.B. als reine Überdruckabsicherung<br />

oder auch als Schutz vor unzulässigen<br />

Über­ und Unterdrücken.<br />

Permanenter schutz rund um die Uhr:<br />

Sie sind auf einen Ansprechdruck unterhalb<br />

des Designdrucks der Anlagen<br />

eingestellt und reagieren gezielt auf<br />

die Druckdifferenz. Bei Erreichen des<br />

eingestellten Druckes geben sie die Entlastungsfläche<br />

zuverlässig frei. Einmal<br />

eingestellt, lassen sich diese Ansprechdrücke<br />

nicht mehr verändern.<br />

Zertifizierte sicherheit:<br />

Prüfzeugnisse belegen die<br />

hohe Präzision der Berstscheiben,<br />

die selbst Biogasanlagen<br />

mit Foliendächern verlässlich<br />

schützen.<br />

Wartungsfreie anwendung:<br />

Die wartungsfreien Berstscheiben<br />

bestehen aus Edelstahl<br />

und PTFE­Dichtfolie, sind<br />

gegenüber Biogas beständig<br />

und arbeiten vollkommen<br />

autonom.<br />

einfacher einbau: Der Einbau ist<br />

unkompliziert. Auch bei bestehenden<br />

Anlagen sind Berstscheiben<br />

nachrüstbar.<br />

Kontakt<br />

schwing Verfahrenstechnik gmbh<br />

Oderstraße 7<br />

47506 Neukirchen­Vluyn<br />

Tel. +49 2845 930­0<br />

mail@schwing­pmt.de<br />

www.schwing­pmt.de 113


WISSENSCHAFT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Foto 1: Forschungsbiogasanlage<br />

des DBFZ.<br />

„Gazelle“ weist nach:<br />

Modellgestütztes Fütterungsmanagement<br />

ermöglicht<br />

flexible Prozessführung<br />

Übergeordnetes Ziel des Forschungsvorhabens „Gazelle – Ganzheitliche Regelung von<br />

Biogasanlagen zur Flexibilisierung und energetischen Optimierung“ (Förderkennzeichen<br />

100267056 SAB/EFRE) war die Weiterentwicklung eines modellbasierten Regelungsverfahrens<br />

zur bedarfsgerechten Regelung von Biogasanlagen (BGA) unter Einbeziehung<br />

aller Anlagenkomponenten (siehe Abbildung 1). Ein besonderer Fokus des Forschungsprojektes<br />

lag auf der praktischen Umsetzbarkeit des Regelungsverfahrens. Dafür stand<br />

sowohl die Forschungsbiogasanlage (FBGA) des DBFZ als auch die Biogasanlage des<br />

Lehr- und Versuchsguts Köllitsch zur Verfügung.<br />

Von Eric Mauky 1 , Manuel Winkler 1 , Christian Krebs 1 , Ulf Müller 1 , Dirk Rabe 2 ,<br />

Sören Weinrich 1 und Jörg Kretzschmar 1<br />

Eine variable, bedarfsgerechte Biogaserzeugung<br />

kann Spielräume zur Flexibilisierung<br />

von Biogasanlagen nutzbar machen, die<br />

sonst nur mit sehr großen und kostenintensiven<br />

Gasspeichervolumina zu realisieren<br />

wären. Insbesondere das Fütterungsmanagement<br />

kann einen signifikanten Beitrag zur Erhöhung der Anlagenflexibilität<br />

leisten. Je nach Ausstattung der Biogasanlage,<br />

vorhandenen Substraten und gewünschter<br />

Flexibilität resultieren verschiedene Konzepte, die mit<br />

114


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

WISSENSCHAFT<br />

Mit Fütterungsmanagement Flexspielräume<br />

erschließen<br />

Insbesondere in der gemeinsamen Betrachtung von<br />

Gasspeicher und Fütterungsmanagement liegt ein großes<br />

Potenzial. Zum einen können mittels Fütterungsmanagement<br />

Flexibilisierungsspielräume erschlossen<br />

werden, da bei gleichbleibender Fütterung große Gasspeichervolumina<br />

benötigen würden. Zum anderen<br />

kann ein modellgestütztes Fütterungsmanagement<br />

dazu dienen, vorhandene Gasspeicher stärker zur Bereitstellung<br />

von Flexibilität zu nutzen.<br />

Durch ein modellgestütztes Fütterungsmanagement<br />

kann der Biogasprozess in unterschiedlichem Maße<br />

durch:<br />

ffden Zeitpunkt der Fütterungsration,<br />

ffdie Menge der Fütterungsration,<br />

ffdie Zusammensetzung (Substratanteile) der Fütterungsration<br />

und<br />

unterschiedlichem Aufwand verbunden sind. In einem<br />

von fluktuierenden Erneuerbaren Energien geprägten<br />

Energiesystem gewinnt der Ausgleich von Angebot<br />

und Nachfrage zunehmend an Bedeutung. Biogasanlagen<br />

nehmen unter den Erneuerbaren Energien<br />

eine Sonderstellung ein, da die Energiebereitstellung<br />

durch den bedarfsgerechten Einsatz der Substrate<br />

beziehungsweise (bzw.) der Speicherung des Gases<br />

flexibel steuerbar ist. Sie stellen damit einen erfolgversprechenden<br />

Baustein für die Transformation des<br />

deutschen Energiesystems dar.<br />

ffderen Beschaffenheit und Struktur (zum Beispiel<br />

durch Desintegration)<br />

beeinflusst werden.<br />

Die FBGA des DBFZ (siehe Foto 1) verfügt über eine<br />

installierte elektrische Leistung von 75 Kilowatt (kW).<br />

Von den insgesamt sieben zur Verfügung stehenden Behältern<br />

wurden ein Hochfermenter mit Festdach [189<br />

Kubikmeter (m³) Nutzvolumen], ein Nachgärer und<br />

ein Gärrestlager (jeweils 215 m 3 ) in Reihe betrieben.<br />

Nachgärer und Gärrestlager sind jeweils mit Doppelmembrangasspeichern<br />

(zusammen 300 m³) ausgestattet.<br />

Beschickt wurde nur der Hochfermenter, einerseits<br />

mit Rindergülle, andererseits mit Feststoff über einen<br />

Feststoffbeschicker.<br />

Je nach experimenteller Fragestellung wurde ein Gemisch<br />

aus Maissilage, Grassilage, Apfeltrester, Zuckerrübe<br />

und Getreideschrot verwendet. Die<br />

Abbildung 1: Vereinfachtes Schema des modellbasierten Regelungsverfahrens im Forschungsprojekt „Gazelle“<br />

115


WISSENSCHAFT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Foto 2: Biogasanlage des Lehr- und Versuchsguts Köllitsch.<br />

jeweiligen Anteile der Feststoffe variierten je nach<br />

Versuchsphase. Die mittlere Raumbelastung lag im<br />

Bereich von 2,7 bis 4,2 Kilogramm (kg) organischer<br />

Trockensubstanz (oTS) pro Kubikmeter ( m 3 ) und Tag.<br />

Die BGA Köllitsch (siehe Foto 2) ist mit einer installierten<br />

elektrischen Leistung von 104 kW ausgestattet.<br />

Der Fermenter und das Zwischenlager besitzen<br />

ein Nutzvolumen von 1.250 m 3 bzw. 1.640 m 3 mit<br />

jeweils einem aufgesetzten Doppelmembrangasspeicher<br />

(350 m 3 und 450 m 3 ). Einerseits wird Rindergülle<br />

vergoren. Zum anderen wurde je nach experimenteller<br />

Fragestellung ein Substratmix aus Rinderfestmist,<br />

Maissilage, Grassilage und Getreideschrot eingesetzt.<br />

Das Feststoffsubstrat wird über eine Hammermühle<br />

vorzerkleinert und direkt dosiert. Die Raumbelastung<br />

lag im Bereich von 1,8 bis 2,1 kg oTS pro m 3 und Tag.<br />

Foto 3: Mobile Messtechnik zur Bestimmung der Biogasproduktionsrate an der BGA Köllitsch.<br />

Beispielhafte Umsetzung der flexiblen,<br />

modellgestützten Fütterung<br />

Ziel der Versuche an der FBGA des DBFZ war die praktische<br />

Demonstration der modellgestützten Regelung<br />

der Fütterung sowie des Blockheizkraftwerks (BHKW).<br />

Mithilfe der Software wurden Beschickungszeiten und<br />

-mengen des Feststoffs einerseits und Schaltzeiten des<br />

BHKW andererseits berechnet. Die Übertragung an die<br />

Biogasanlage erfolgte manuell. Um die Vergleichbarkeit<br />

der flexiblen zur konstanten Fütterung zu gewährleisten,<br />

wurde dieselbe mittlere Raumbelastung pro<br />

Woche verwendet. Der berechnete Mehrerlös (Stromerlös<br />

ohne Einbezug der Flexibilitätsprämie) bei diesen<br />

Versuchen lag rund 17 Prozent höher als bei konstantem<br />

BHKW-Betrieb.<br />

Ziel der Versuche an der Biogasanlage Köllitsch war,<br />

die praktische Umsetzbarkeit der flexiblen Fütterung<br />

mit möglichst geringen Eingriffen in die technischen<br />

und betrieblichen Abläufe an einer Biogasanlage aufzuzeigen.<br />

Es wurden diverse vorher berechnete Fütterungsszenarien<br />

bei unterschiedlichem Substratmix für<br />

Teillast- und Volllastbetrieb des BHKW realisiert.<br />

Der Datenaustausch sowie die Abstimmung zwischen<br />

dem DBFZ und dem Anlagenfahrer erfolgte in wöchentlichen<br />

Intervallen. Abbildung 2 zeigt beispielhaft eine<br />

Woche mit Fütterung im Rahmen üblicher Arbeitszeiten<br />

sowie eine moderate Absenkung der Fütterung am<br />

Wochenende. Durch diese einfachen Eingriffe in den<br />

Betrieb der Biogasanlage konnte die Biogasproduktionsrate<br />

(erzeugte Menge Biogas pro Zeit) um bis zu 40<br />

Prozent erhöht bzw. bis zu 10 Prozent gegenüber der<br />

durchschnittlichen Biogasproduktionsrate bei konstanter<br />

Beschickung reduziert werden.<br />

Herausforderungen bei der Flexibilisierung<br />

Zur Flexibilisierung der Gasproduktion bedarf es eines<br />

erheblichen Anteils schnell abbaubarer Substrate, wie<br />

Apfeltrester, Getreideschrot oder Zuckerrübensilage.<br />

Der Anteil an Rindergülle lag in den Versuchen immer<br />

über 50 Prozent bezogen auf die Frischmasse (FM),<br />

der Anteil schnell vergärbarer Substrate lag bei bis zu<br />

32 Prozent FM (bzw. 45 bis 55 Prozent oTS). Die restlichen<br />

bis zu 18 Prozent FM entfallen auf langsam bis<br />

mittelschnell vergärbare Feststoff-Substrate wie Maisund<br />

Grassilage.<br />

Zur möglichst genauen Dosierung und guten Durchmischung<br />

der einzelnen Substratanteile an der FBGA<br />

mussten die Substrate mithilfe eines Radladers durchmischt<br />

werden. Als Alternative bietet sich der Betrieb<br />

von mehreren unabhängigen Feststoffbeschickern an.<br />

Beim Einsatz von Apfeltrester, Zuckerrübe und Getreideschrot<br />

an der FBGA kam es nach mehreren großen<br />

Zugaben regelmäßig zur Schaumbildung, die durch Zugabe<br />

eines Antischaummittels vermindert wurde. Bei<br />

größeren Beschickungsmengen am späten Nachmittag<br />

und Abend war deshalb teilweise eine verlängerte Anwesenheit<br />

eines Anlagenfahrers notwendig.<br />

116


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Abbildung 2: Beispielhafter Verlauf der Biogasproduktionsrate an der Biogasanlage<br />

Köllitsch bei täglicher Fütterung, wochentags zwischen 7.00 Uhr und 17.00 Uhr<br />

und Reduktion am Wochenende<br />

BIOGASANALYSE<br />

SSM 6000<br />

WISSENSCHAFT<br />

der Klassiker für die Analyse<br />

von CH 4<br />

, H 2<br />

S, CO 2<br />

, H 2<br />

und O 2<br />

mit und ohne Gasaufbereitung<br />

* proCAL für SSM 6000, ist<br />

die vollautomatische,<br />

prüfgaslose Kalibrierung<br />

für NO x<br />

, CO und O 2<br />

, mehrere<br />

Meßstellen (44. BlmSchV.)<br />

*<br />

SSM 6000 ECO<br />

Abbildung 3: Zusammenfassung der Herausforderungen bei der modellgestützten<br />

Flexibilisierung mit Priorisierung für eine praktische Umsetzung<br />

Politik<br />

Bedarf an zuverlässiger, robuster<br />

Messtechnik<br />

Gasmanagement<br />

Personal<br />

Anforderungen an<br />

das Personal<br />

Arbeitsabläufe<br />

Kommunikation<br />

Redundanz / Fallback<br />

FOS/TAC<br />

automatischer Titrator<br />

zur Bestimmung<br />

von FOS, TAC und<br />

FOS/TAC<br />

Schaumbekämpfung/<br />

-kontrolle<br />

Substratmanagement<br />

Beanspruchung / Abnutzung<br />

Prozesstechnische Regelung<br />

An der BGA Köllitsch konnten hingegen<br />

kaum Schaumereignisse festgestellt werden,<br />

ein aktives Eingreifen war hier nicht<br />

notwendig. Ursächlich werden zum einen<br />

die Raumbelastungsunterschiede, geringere<br />

Anteile an kritischen Substraten<br />

(zum Beispiel Getreideschrot) als auch die<br />

geometrischen Verhältnisse der Fermenter<br />

(Hochfermenter FBGA versus Flachfermenter<br />

BGA Köllitsch) und damit ein unterschiedliches<br />

Aufsteigen von Gasblasen<br />

gesehen. Trotz der teilweise hohen Anteile<br />

schnell vergärbarer Substrate und großer<br />

Priorisierung in drei Schritten<br />

1 hohe Priorität<br />

1 mittlere Priorität<br />

3 niedrige Priorität<br />

Einzelbeschickungen (Tages-Raumbelastungen<br />

von bis zu 10 kg oTS pro m 3 und<br />

Tag) konnte keine Versäuerung der Prozesse<br />

beobachtet werden. Dies deckt sich mit<br />

eigenen Beobachtungen sowie Untersuchungen<br />

von anderen Forschungsinstituten.<br />

An der FBGA wurde die Gasproduktion des<br />

Hauptfermenters kontinuierlich gemessen.<br />

Hier zeigte sich, dass zur Abdeckung des<br />

großen Messbereichs [etwa 5 bis 50 m³ pro<br />

Stunde (h)] auf zwei verschiedene Messsysteme<br />

– einen Trommelgaszähler<br />

GASANALYSENTECHNIK<br />

BIOGASANALYSENTECHNIK<br />

WASSERANALYSENTECHNIK<br />

AGRARMESSTECHNIK<br />

www.pronova.de<br />

TRAS 120<br />

44. BlmSchV.<br />

sprechen<br />

Sie uns an!<br />

PRONOVA Analysentechnik GmbH&Co.KG<br />

Groninger Straße 25 I 13347 Berlin<br />

Tel +49 (0)30 455085-0 I info@pronova.de<br />

117


WISSENSCHAFT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Abbildung 4: Symbolische Einordung der verschiedenen Umsetzungskomplexitäten in Bezug zu der<br />

zu erreichenden Flexibilität und des notwendigen Aufwandes im Forschungsprojekt „Gazelle“<br />

(zirka 1 bis 14 m³ pro h) und Staudrucksonden (rund 9<br />

bis 100 m³ pro h) – zurückgegriffen werden musste. Als<br />

weitere Schlüsselgröße erwies sich die Messung und<br />

Überwachung des Gasspeicherfüllstandes.<br />

Hier konnte die Software im unteren Füllstandsbereich<br />

(≤50 Prozent), in dem die hydrostatische und die Seilzugmessung<br />

zu ungenau waren, wertvolle Informationen<br />

liefern. An der Biogasanlage Köllitsch war anfänglich<br />

keine Gasproduktionsmessung vorhanden. Daher wurde<br />

im Zuge des Forschungsvorhabens ein modulares Messsystem<br />

auf Ultraschallbasis zwischen Hauptfermenter,<br />

Zwischenlager und BHKW installiert (siehe Foto 3).<br />

Automatisierungsgrad und Personalbedarf<br />

an Betriebsweise anpassen<br />

Grundsätzlich war bei allen Versuchen ein höherer Personalbedarf<br />

aufgrund komplexerer Abläufe (Substrataufbereitung,<br />

Substratzugabe, Prozessüberwachung)<br />

®<br />

UTS SEPARATIONSTECHNIK<br />

MAXIMALE ABSCHEIDERATEN.<br />

KOMPROMISSLOS HOCHWERTIG.<br />

»<br />

Effiziente Separation<br />

von Gülle & Gärresten<br />

» Volumenreduktion & vereinfachte<br />

Ausbringung mit Schleppschlauch<br />

» Günstige Eigenproduktion von<br />

Einstreu aus Rindergülle (Bedding)<br />

» Geringer Verschleiß & einfache Wartung<br />

BHKW-Service<br />

· Regelwartungen<br />

· Teil- und Komplettrevisionen<br />

· Neu- und Ummotorisierungen<br />

· Lieferung von Austauschmotoren und Komponenten<br />

· Ersatzteilvertrieb<br />

Wir machen ihren Motor fit für die 44.BimSchV.<br />

NoX Überwachung/Regelung bis zum kompletten SCR System.<br />

Ihr Partner in Sachen Motorentechnik<br />

UTS Products GmbH · Telefon: 02923 - 610940<br />

www.anaergia-technologies.com<br />

Industriestr. 7 · 49716 Meppen · Tel. 05931-9844-0 · kem@kloska.com<br />

118


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

WISSENSCHAFT<br />

notwendig. Die im Forschungsprojekt umgesetzte Betriebsart<br />

der modellgestützten flexiblen Fütterung ist<br />

aufgrund noch fehlender Automatisierung anfällig für<br />

Übermittlungs- und Bedienfehler. Es sind zukünftig geeignete<br />

Schnittstellen zum Daten- oder Informationsaustausch<br />

zwischen Regelung und Anlagenpersonal<br />

erforderlich.<br />

Im Rahmen der flexiblen Fütterung ist das Anlagenpersonal<br />

verstärkt gefordert, wachsam zu agieren und öfter<br />

Fütterungspläne und Betriebsweisen zu kontrollieren.<br />

Auch starre Arbeitszeitregelungen stellen eine Herausforderung<br />

dar. Weiterhin müssen Regeln für Störfälle<br />

erarbeitet und abgestimmt werden.<br />

Zusammenfassend konnten im Forschungsprojekt<br />

„Gazelle“ an der FBGA des DBFZ sowie der Anlage<br />

Köllitsch die in Abbildung 3 gelisteten Herausforderungen,<br />

inklusive Priorisierung beim flexiblen Anlagenbetrieb,<br />

identifiziert werden. Die Ergebnisse des<br />

Forschungsprojektes „Gazelle“ zeigen, dass mit dem<br />

modellgestützten Fütterungsmanagement, einer Biogasvolumenstrommessung<br />

sowie vorhandenem Gasspeicher<br />

eine flexible Prozessführung praktisch realisiert<br />

werden kann (siehe Abbildung 4).<br />

Dieses Potenzial kann durch den gezielten Einsatz von<br />

schnell abbaubaren Substraten gesteigert werden. Im<br />

Rahmen der praktischen Umsetzung ist allerdings mit<br />

erhöhten Aufwendungen hinsichtlich Prozesskontrolle<br />

(zum Beispiel Schaumbildung), Personal und Kommunikation<br />

zu rechnen. Der konkrete ökonomische Mehrwert<br />

ist dabei an jeder Anlage individuell zu ermitteln.<br />

1<br />

DBFZ – Deutsches Biomasseforschungszentrum<br />

gemeinnützige GmbH<br />

2<br />

Lehr- und Versuchsgut Köllitsch<br />

Europäische Union<br />

Hinweis: Das Forschungsvorhaben „Gazelle“ wurde<br />

unter dem Förderkennzeichen 100267056 vom<br />

Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sowie<br />

dem Freistaat Sachsen gefördert.<br />

Kontakt<br />

Dr. Jörg Kretzschmar<br />

Deutsches Biomasseforschungszentrum gGmbH<br />

Torgauer Str. 116 · 04347 Leipzig<br />

03 41/24 34 419<br />

joerg.kretzschmar@dbfz.de<br />

www.dfbz.de<br />

Sichere Erträge bei<br />

jedem Wetter –<br />

Schutz bei Hagel,<br />

Sturm, Starkregen<br />

und Frost.<br />

Leistungsumfang:<br />

• Finanzielle Sicherheit bei Hagel,<br />

Sturm, Starkregen und Frost<br />

• Keine Prämienerhöhung nach<br />

Schaden<br />

• Kein Nachschuss,<br />

kein Sicherheitszuschlag<br />

• Flexible und bedarfsgerechte<br />

Selbstbehalte<br />

Jansen & Özgürbüz OHG<br />

Allianz Generalvertretung<br />

Telefon 021 61.57 59 79 0<br />

jansen.oezguerbuez@allianz.de<br />

www.jansen-oezguerbuez.de<br />

119


INTERNATIONAL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Manila<br />

PHILIPPINEN<br />

Umwandlung von<br />

Ananasabfällen in Biogas<br />

Die Philippinen sind ein Archipel in Südostasien, der aus mehr als 7.000 Inseln im Pazifischen<br />

Ozean besteht. Mit einer langen Gesamtküste sind die Philippinen mit unberührten<br />

weißen Sandstränden und kristallklarem Wasser gesegnet. Die Herzlichkeit und Gastfreundschaft<br />

der Filipinos erhöht das Potenzial der Philippinen, eines der Top-Destinationen<br />

für Urlaub und exotische Reisen mit preisgünstigen Optionen zu werden. Aber die<br />

Philippinen haben auch andere unsichtbare Potenziale, versteckt in Form von Energie.<br />

Von Medina Berbic<br />

Die Biogastechnologie wurde 1965 auf<br />

den Philippinen von Dr. Felix D. Maramba<br />

eingeführt, einem Agrar- und Maschinenbauingenieur,<br />

der dort noch heute als<br />

wichtiger Wissenschaftler und Entwickler<br />

von Biogasanwendungen bekannt ist. Zum Zeitpunkt<br />

ihrer Einführung erhielt die Biogastechnologie keine<br />

soziale oder wirtschaftliche Unterstützung als Methode<br />

der Energieerzeugung, da Kraftstoff billig und leicht<br />

verfügbar war. Es dauerte einige Jahrzehnte, bis die<br />

Technologie an ökologischer und kommerzieller Bedeutung<br />

gewann.<br />

Die Ölkrise von 1973 hat die Philippinen in ähnlicher<br />

Weise getroffen wie die größte Ölpest in der Geschichte<br />

des Landes. Nach der Krise wurde den Erneuerbaren<br />

Energien mehr Aufmerksamkeit gewidmet, wobei der<br />

Schwerpunkt auf der Entwicklung und Nutzung von<br />

Wasserkraft, Geothermie und Solarenergie lag. Die<br />

Biogasindustrie mit ihrer komplexen Technologie begann<br />

viel später, Anfang des 21. Jahrhunderts (2000),<br />

nachdem sie verschiedene Studien durchgeführt und<br />

das Potenzial von Biomasse analysiert hatte. Praktische<br />

Anwendungen waren bisher nur kleine Biogasanlagen<br />

für den Heimgebrauch, da Großanlagen aufgrund<br />

der Allgegenwart von Kohle zur Stromerzeugung<br />

wirtschaftlich nicht realisierbar waren.<br />

Nach dem Beitritt der Philippinen zum Pariser Klimaabkommen<br />

im Jahr 2017, als sich das Land verpflichtete,<br />

die Treibhausgasemissionen um 70 Prozent zu<br />

reduzieren und die erneuerbaren Energiequellen bis<br />

2030 auf 35 Prozent zu erhöhen, begann die Biogastechnologie<br />

eine größere Rolle bei der Erreichung<br />

FOTOS: LIPP GMBH<br />

120


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

INTERNATIONAL<br />

dieses Ziels zu spielen. Das große Potenzial der Philippinen<br />

als Agrarland liegt in den großen Mengen an<br />

Bioabfällen, ein Problem, mit dem die philippinische<br />

Regierung zu kämpfen hat.<br />

4.700 MW könnten mit allen organischen<br />

Abfällen realisiert werden<br />

Das Abfallwirtschaftssystem ist in der Praxis noch nicht<br />

etabliert, und der gesammelte Bioabfall ist unsortiert,<br />

vermischt mit Kunststoff und anderem Abfall. Weiteres<br />

Potenzial liegt in Siedlungsabfällen, Tiermist –<br />

die Schweineproduktion ist eine der wichtigsten Industrien<br />

auf den Philippinen –, Fischabfällen und Abfällen<br />

aus exotischen Früchten. So zeigt eine Studie<br />

der U.S. Energy Association aus dem Jahr 2015, dass<br />

4.700 Megawatt (MW) Energie erzeugt werden könnten,<br />

wenn alle organischen Abfälle auf den Philippinen<br />

genutzt würden.<br />

Trotz dieses hohen Potenzials ist die Biogastechnologie<br />

und ihre Umsetzung auf den Philippinen noch<br />

nicht weit verbreitet. Es gibt nicht genügend soziale<br />

und wirtschaftliche Unterstützung, um den Mangel an<br />

Informationen und Erfahrungen auszugleichen und<br />

Herstellern und Entwicklern von Biogastechnologie<br />

zum Erfolg zu verhelfen.<br />

Einige große Biogasanlagen mit einer durchschnittlichen<br />

Leistung von 1 MW wurden gebaut, aber der<br />

größte Teil des Potenzials ist noch ungenutzt. Gleichzeitig<br />

ist das Land immer noch stark von Kohle für<br />

die Stromerzeugung abhängig und hat im Vergleich zu<br />

anderen asiatischen Ländern die höchsten Energiekosten.<br />

Dies betrifft nicht nur die philippinische Bevölkerung,<br />

sondern auch die globale Wettbewerbsfähigkeit<br />

des Landes.<br />

Dole – Reststoffe zu Biogas<br />

Mindanao, die zweitgrößte Insel der Philippinen (nach<br />

Luzon), liegt in der südlichen Region des Archipels.<br />

Die größte Ananas-Dosenfabrik der Philippinen, Dole<br />

Philippines, Inc., befindet sich hier. Das Unternehmen<br />

verfügt über zwei Betriebsstandorte, Surallah und Polomolok,<br />

und verarbeitet Fruchtsäfte und Konserven<br />

aus Ananas sowie aus kleineren Mengen anderer exotischer<br />

Früchte wie Bananen und Mangos. Dole Philippines,<br />

Inc. ist Teil des Unternehmens Dole, einem<br />

internationalen Marktführer mit einem umfangreichen<br />

Sortiment an hochwertigen exotischen Früchten und<br />

daraus hergestellten Produkten. Ihre Produkte sind in<br />

jedem Supermarkt in Deutschland zu finden.<br />

Dole Philippines, Inc. produzierte 2018 mehr als<br />

180.000 Tonnen organische Abfälle (Ananasschalen –<br />

basierend auf den statistischen Daten des Unternehmens),<br />

und die Menge wird in den kommenden<br />

Jahren voraussichtlich wachsen. Der unverarbeitete<br />

Ananasrückstand wurde kompostiert. Dabei entweicht<br />

Methan in die Atmosphäre. Die Verwendung der unverarbeiteten<br />

Ananasrückstände auf diese Weise machte<br />

jedoch auf die hohen Methanemissionen und den unzureichenden<br />

Verbrauch der reichhaltigen Nährstoffe<br />

im Dünger aufmerksam. Dies führte zur Ermittlung<br />

von Möglichkeiten zur Verbesserung des Abfallbewirtschaftungssystems<br />

mit dem Ziel, die Treibhausgasemissionen<br />

zu reduzieren und die Qualität von Düngemitteln<br />

zu erhöhen.<br />

So wurde ermittelt, dass die Gewinnung des aus der<br />

anaeroben Vergärung von Ananasschalenabfällen<br />

erzeugten Methans die CO 2<br />

-Emissionen um etwa<br />

50.000 Tonnen pro Jahr reduzieren kann. Im Gegenzug<br />

kann dieses Methan anstelle fossiler Brennstoffe<br />

verwendet werden, um Strom und Dampf in der Fabrik<br />

zu erzeugen. Diese wichtigen Erkenntnisse und die<br />

CO 2<br />

-Kompensation spielten eine wichtige Rolle bei<br />

der Entscheidung, eine industrielle Biogasanlage mit<br />

einer Gesamtleistung von 7,9 MW zu installieren. Es<br />

handelt sich um zwei Biogasanlagen, eine in Surallah<br />

mit einer Leistung von 2,9 MW und eine in Polomolok<br />

mit einer Leistung von 5 MW. Die geschätzten Kosten<br />

für die Realisierung dieses Projekts beliefen sich auf<br />

eine Milliarde philippinischer Pesos (16,7 Millionen<br />

Euro).<br />

Mit Unterstützung des Joint Crediting Mechanism<br />

(JCM), eines von der japanischen Regierung eingeführten<br />

Progamms, war es möglich, eine Kofinanzierung<br />

zu sichern, um diese Idee umzusetzen. Das<br />

JMC-Programm unterstützt die Verringerung der weltweiten<br />

Treibhausgasemissionen durch die Förderung<br />

fortschrittlicher kohlenstoffarmer Technologien und<br />

Systeme in Entwicklungsländern. Mit diesem Finanzierungsprogramm<br />

werden 172 Projekte in 17 verschiedenen<br />

Entwicklungsländern unterstützt. Das Biogasprojekt<br />

auf den Philippinen trägt den Titel „Biogas<br />

Power Generation and Fuel Conversion“.<br />

121


INTERNATIONAL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Wie wurde Lipp Teil des<br />

Projekts?<br />

Die deutsche Firma Lipp GmbH<br />

ist auf dem internationalen Biogasmarkt<br />

mit ihrem einzigartigen<br />

„Doppelfalz-System“ und<br />

Tanks aus Verinox®-Material<br />

bekannt. Das Unternehmen bot<br />

Lösungen für die Realisierung<br />

dieser beiden großen Biogasanlagen<br />

und der Verarbeitung<br />

von Ananasrückständen, einem<br />

Rohstoff, der nicht ausreichend<br />

erforscht wurde. Darüber hinaus<br />

galt die deutsche Biogastechnologie<br />

als geeignet, um<br />

die hohen Anforderungen an<br />

einen JCM-Zuschuss zu erfüllen<br />

und um den langfristigen<br />

und zuverlässigen Betrieb der<br />

Biogasanlage zu gewährleisten.<br />

Lipp wurde von MetPower Venture<br />

Partners, dem offiziellen<br />

Auftragnehmer des Projekts,<br />

mit der Entwicklung und dem<br />

Bau von zwei Biogasanlagen<br />

beauftragt, die in die Canning-<br />

Anlagen Surallah und Polomolok<br />

(Süd-Cotabato, Philippinen)<br />

integriert werden sollen.<br />

Der erste Entwurf von Vormachbarkeitsstudien<br />

für diese beiden<br />

Großanlagen wurde 2017<br />

gestartet. Zwei Jahre waren nötig,<br />

um die endgültigen Pläne<br />

fertigzustellen und alle erforderlichen<br />

Genehmigungen und<br />

Aufträge zu erhalten.<br />

Der Biogasanlagenkomplex in<br />

Surallah besteht aus folgenden Lipp-Komponenten:<br />

zwei Lipp-ECO-Fermentern mit jeweils 5.000 Kubikmeter<br />

(m 3 ) Volumen, mit einer zusätzlichen 8.300 m 3<br />

fassenden Gasspeichermembran, einem Puffertank<br />

mit einem Volumen von 2.500 m 3 und einem weiteren<br />

Puffertank mit einem Volumen von 900 m 3 . Der Biogasanlagenkomplex<br />

in Polomolok besteht aus folgenden<br />

Komponenten: drei Lipp-ECO-Gärbehältern mit jeweils<br />

6.000 m 3 Volumen, mit einer zusätzlichen 8.300 m 3<br />

fassenden Gasspeichermembran, einem Puffertank<br />

mit einem Volumen von 5.000 m 3 und einem weiteren<br />

Puffertank mit einem Volumen von 1.300 m 3 .<br />

Der Bau der ersten Biogasanlage in Surallah begann<br />

2019, aber aufgrund der Auswirkungen von Covid-19<br />

im Jahr 2020 wurde der Bau um einige Monate verschoben.<br />

Zusätzliche Schwierigkeiten mit internationalen<br />

Reisebeschränkungen und Quarantäneprotokollen<br />

haben die weitere Arbeit vor Ort stark beeinträchtigt.<br />

Dank der guten Zusammenarbeit und Organisation aller<br />

Beteiligten wurde die Arbeit jedoch bis zur Inbetriebnahme<br />

abgeschlossen. Hoffentlich wird die Anlage in<br />

den nächsten Monaten voll in Betrieb sein.<br />

Der Bau der zweiten Biogasanlage in Polomolok mit<br />

einem geplanten Start im Jahr 2020 musste wegen<br />

der Covid-19-Pandemie ebenfalls verschoben werden.<br />

Trotz der aktuellen Situation ist das Lipp-Team vor einiger<br />

Zeit auf den Philippinen angekommen und arbeitet<br />

weiter vor Ort. Sobald die beiden Anlagen voll einsatzfähig<br />

sind, werden sie 100 Prozent der Ananas-Abfälle<br />

zur Erzeugung Erneuerbarer Energien nutzen und zur<br />

Verringerung von Treibhausgasen und Luftschadstoffemissionen<br />

sowie zur Senkung der Stromkosten für Dole<br />

beitragen.<br />

Bildungsprojekt für Filipinos –<br />

Biogasausbildung<br />

„Kann ich Methan riechen?“, „Riecht es nicht<br />

schlecht?“, „Was kann ich mit Biogas machen?“ – diese<br />

Fragen verdeutlichen den Mangel an Informationen<br />

und Erfahrungen mit der Biogasproduktion in diesem<br />

Land. Aus diesem Grund führte das Unternehmen Lipp<br />

ein zusätzliches Promotion-Projekt auf den Philippinen<br />

mit pädagogischen Inhalten durch. Im Rahmen eines<br />

develoPPP.de-Projektprogramms wurden erfahrene<br />

deutsche Biogasexperten vom Fachverband Biogas e.V.<br />

und von Lipp, von einem lokalen Partner, der Deutsch-<br />

Philippinischen Industrie- und Handelskammer (AHK<br />

Philippinen), unterstützt, Biogasschulungen durchzuführen<br />

und ein Biogaslabor einzurichten. Dieses Projekt<br />

beinhaltete auch den Transfer von technischem<br />

Know-how sowie eine gründliche und umfassende<br />

theoretische und praktische Ausbildung einschließlich<br />

Sicherheitstraining.<br />

Aufgrund der Covid-19-Pandemie konnten die Experten<br />

des Fachverbandes Biogas e.V. nicht auf die Philippinen<br />

reisen, um die erste Schulung vor Ort durchzuführen,<br />

sondern es wurde ein virtuelles Trainingsprogramm<br />

organisiert. Das mit sechs Blöcken zu je drei Stunden<br />

ausgelegte Training wurde im März <strong>2021</strong> mit 70 Teilnehmern<br />

veranstaltet. Das develoPPP.de-Projekt wurde<br />

von der Deutschen Investitionsgesellschaft (DEG) mit<br />

öffentlichen Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ,<br />

www.developpp.de) kofinanziert. Das BMZ kann die<br />

innovativen Projekte und kommerziellen Investitionen<br />

Ihres Unternehmens in Entwicklungs- und Schwellenländern<br />

unterstützen, sofern sie langfristige Vorteile für<br />

die lokale Bevölkerung bieten.<br />

Autorin<br />

Medina Berbic<br />

Lipp GmbH<br />

m.berbic@lipp-system.de<br />

122


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

INTERNATIONAL<br />

SÜDKOREA<br />

Seoul<br />

Mandarinensaftproduktion – aus<br />

Reststoffen wird Biogas gewonnen<br />

Im Herzen von Jeju, der mit Abstand größten südkoreanischen Insel, durfte das in Ostwürttemberg<br />

ansässige Unternehmen Lipp an einem beeindruckenden Projekt teilnehmen, bei dem ein System zur<br />

umweltverträglichen Verwertung von Rückständen aus der Herstellung von Mandarinensaft gesucht<br />

und innerhalb von nur zehn Monaten verwirklicht wurde.<br />

Von Achim Kaiser<br />

FOTO: LIPP GMBH<br />

Jeju ist eine subtropische Vulkaninsel,<br />

die 100 Kilometer südlich<br />

der koreanischen Halbinsel liegt,<br />

in etwa so groß wie Mallorca ist<br />

und aufgrund ihres milden Klimas<br />

optimale Voraussetzungen für den Anbau<br />

von Zitruspflanzen besitzt. Darüber hinaus<br />

ist die Insel dank ihrer üppigen und vielfältigen<br />

Natur sowie seiner weiten Strände<br />

ein beliebter Anlaufpunkt auf Kreuzfahrten<br />

durch Ostasien.<br />

China ist mit einem Marktanteil von 55<br />

Prozent weltweit gesehen der mit Abstand<br />

größte Produzent von Mandarinen. Südkorea,<br />

wo sich der Anbau auf Jeju beschränkt,<br />

belegt mit einem Anteil von knapp 2 Prozent<br />

den zehnten Platz. Aufgrund des milden<br />

Klimas gedeihen auf dieser Insel über<br />

40 verschiedene Sorten. Die Mandarinenernte<br />

findet auf Jeju im Zeitraum Oktober<br />

bis Februar statt. Durch ihre hohen Gehalte<br />

an den Vitaminen A und C, Calcium sowie<br />

Kalium gilt das bekannte Winterobst als<br />

sehr gesundes Nahrungsmittel. Die Verarbeitung<br />

zu Saft ist vor allem aufgrund einer<br />

strengen Vorschrift, die vorsieht, dass Mandarinensaft<br />

zu 100 Prozent aus Früchten<br />

bestehen muss, eher selten.<br />

Auf Jeju befindet sich die einzige südkoreanische<br />

Produktionsstätte für Mandarinensaft.<br />

Ihre Verarbeitungskapazität wurde in<br />

den letzten Jahren stetig gesteigert. Die anfallenden<br />

Pressrückstände aus der Saftproduktion<br />

werden in einem Entwässerungssystem<br />

weiterverarbeitet. Der dabei anfallende<br />

Presskuchen findet Verwendung in der Rinderfütterung<br />

und die dünne Flüssigphase<br />

dient als Futter für die Biogasanlage.<br />

Da in der Getränkeindustrie die Anforderungen<br />

an die Qualität von Frisch- und<br />

Prozesswasser hoch sind, führte die Steigerung<br />

der Saftproduktion dazu, dass die<br />

Reinigungsleistung der aerob betriebenen<br />

Kläranlage an ihre Grenzen kam. Folglich<br />

wurde in den letzten Jahren die Aufbereitung<br />

auf eine Wasserqualität, die zur Einleitung<br />

in den Vorfluter ausreichend ist,<br />

immer aufwändiger. Die Ursache lag darin,<br />

dass der Biochemische Sauerstoffbedarf<br />

(BSB), der die Sauerstoffmenge angibt, die<br />

zum biologischen Abbau der organischen<br />

Verbindungen im Abwasser durch Bakterien<br />

benötigt wird, mit 165 Gramm pro Liter<br />

deutlich über dem zulässigen Grenzwert<br />

lag. Vor dem Hintergrund, dass auf der Insel<br />

Jeju hohe staatliche Umweltauflagen<br />

einzuhalten sind, mussten hier Lösungen<br />

gefunden wurden.<br />

Anlagenbau und<br />

Betriebserfahrungen<br />

Bei der Produktion von Mandarinensaft<br />

handelt es sich nicht um ein ganzjähriges,<br />

sondern um ein saisonales Geschäft, das zu<br />

Beginn der Ernte startet und etwas mehr als<br />

ein halbes Jahr dauert. Für eine gleichmäßige<br />

Betriebsleistung der zu errichtenden<br />

Biogasanlage waren deshalb zur Lagerung<br />

der Mandarinensaft-Reste vier stehende<br />

Behälter mit einem Lagervolumen von insgesamt<br />

20.000 Kubikmetern notwendig.<br />

Um eine maximale Dichtheit zu erreichen,<br />

wurden diese, sowie alle weiteren von der<br />

Firma Lipp gelieferten Behälter, mit dem<br />

patentierten Doppelfalzsystem aus einem<br />

Edelstahl-Verbundmaterial hergestellt.<br />

Es handelt sich dabei um einen Universalfermenter<br />

(850 Kubikmeter) zur anaeroben<br />

Vorbehandlung des hochbelasteten Abwassers<br />

vor der aeroben Weiterbehandlung in<br />

der kommunalen Kläranlage und einen<br />

Misch- und ein Pufferbehälter. Deren Volumen<br />

beträgt jeweils 100 Kubikmeter. Das<br />

im Fermenter produzierte Biogas wird zur<br />

Wärmeerzeugung für die Abwasserbehandlungsanlage<br />

und die Produktionsstätte genutzt.<br />

Die komplette Anlage wurde 2019<br />

in Betrieb genommen. Seitdem läuft sie<br />

erfolgreich und erreicht beim Abwasser<br />

sehr gute BSB-Werte von unter 3 Gramm<br />

pro Liter.<br />

Autor<br />

Achim Kaiser<br />

Geschäftsführer der FnBB e.V.<br />

und Projektingenieur bei der IBBK<br />

Fachgruppe Biogas GmbH<br />

kaiser@fnbb.de<br />

123


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Aus der<br />

Verbandsarbeit<br />

BERICHT AUS DER GESCHÄFTSSTELLE<br />

Aktionismus zum Ende<br />

der Legislaturperiode<br />

Kurz vor dem Ende der Legislaturperiode verabschiedet die<br />

scheidende Bundesregierung zahlreiche Gesetze, Verordnungen<br />

und Förderprogramme. Dies ist für unsere Mitarbeitenden in den<br />

Geschäftsstellen genauso eine Herausforderung wie für unsere in<br />

den Gremien ehrenamtlich Aktiven. Gesetzestexte müssen schnell<br />

analysiert und Stellungnahmen geschrieben werden.<br />

Von Dr. Stefan Rauh und Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />

Ein Beispiel ist die Novelle des Klimaschutzgesetzes mit einer halbtägigen<br />

Stellungnahmefrist. Ziel unserer Stellungnahme ist eine Anerkennung<br />

der Klimaschutzleistung der Bioenergie. Auch zwei Baustellen rund um<br />

das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) werden voraussichtlich noch<br />

vor der Sommerpause geschlossen. Zum einen soll die Regelung zum<br />

Flexzuschlag korrigiert werden, was für die Perspektive der Biogasbranche höchste<br />

Relevanz hat. Es geht vor allem darum, dass Anlagen in der Anschlussvergütung<br />

den Flexzuschlag ebenfalls bekommen können. In diesem Zusammenhang war der<br />

Fachverband Biogas e.V. am Runden Tisch der Clearingstelle beteiligt, bei dem eine<br />

Korrekturfassung für das EEG ausgearbeitet wurde, die den Belangen der Branche<br />

entspricht.<br />

Korrekturen am EEG mit Licht und Schatten<br />

Zum anderen legte das Bundeskabinett eine Verordnung zur Umsetzung des EEG<br />

<strong>2021</strong> vor. Dabei soll unter anderem eine Verordnungsermächtigung zur Einführung<br />

einer Anschlussvergütung für kleine Gülle vergärende Biogasanlagen nach Ablauf<br />

ihres ersten Vergütungszeitraums umgesetzt werden. Das im Entwurf festgelegte<br />

Vergütungsniveau bietet keine echte Anschlussperspektive und erlaubt langfristig<br />

keinen wirtschaftlichen Weiterbetrieb der Anlagen. Sandra Rostek aus dem Hauptstadtbüro<br />

Bioenergie war zur Ausschusssitzung zu Änderungen des EEG in den Bundestag<br />

geladen und konnte den Unmut der Branche an dem Vorschlag adressieren.<br />

Im Mai beschloss der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Weiterentwicklung der<br />

Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) im Verkehrssektor. Zwischen dem absolut<br />

desaströsen Erstentwurf und der nun beschlossenen finalen Fassung liegen<br />

Welten. Mit vereinten Kräften ist es gelungen, vieles entscheidend zu verbessern:<br />

Die Treibhausgasminderungsquote wird von derzeit 6 in jährlichen Schritten auf 25<br />

Prozent im Jahr 2030 angehoben.<br />

124


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Engagiert. Aktiv. Vor Ort. Und in Berlin: Der Fachverband Biogas e.V.<br />

Dies bringt Klimaschutz auf die Straße und<br />

Planungssicherheit für alle Erfüllungsoptionen,<br />

darunter Biomethan als Kraftstoff.<br />

Des Weiteren konnte erreicht werden, dass<br />

auch biogener Wasserstoff ab 1. Juli 2023<br />

bei Einsatz im Verkehr auf die THG-Quote<br />

anrechenbar ist. Unterm Strich also ein<br />

gutes Ergebnis, das Biogas Perspektiven<br />

abseits des EEG aufzeigt.<br />

Aktuelle Entwicklungen im<br />

Referat Abfall, Düngung und<br />

Hygiene<br />

Ende Mai wurde der langjährige Leiter des<br />

Referates, David Wilken, verabschiedet. Er<br />

übernimmt neue Aufgaben bei der Gütegemeinschaft<br />

Kompost (BGK) und bleibt<br />

der Branche damit verbunden. Die Verantwortung<br />

für das Referat übernimmt jetzt<br />

Mathias Hartel, der bereits umfangreiche<br />

Erfahrungen und Kompetenzen in dem<br />

Themenfeld sammeln konnte.<br />

Im Zuge der Evaluierung der Stoffstrombilanzverordnung<br />

gab es mehrere Gespräche<br />

mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium<br />

(BMEL) und internen Gremien. Erstes Ziel<br />

war, mit Praxisdaten zu zeigen, dass die Bilanzierung<br />

mit dem derzeitigen System gerade<br />

bei flächenlosen Biogasanlagen überwiegend<br />

zu Abweichungen führt. Gründe hierfür<br />

sind, dass die Standardwerte auf Betriebsebene<br />

die Realität derzeit nicht abbilden.<br />

Für mögliche Lösungsansätze wurden in<br />

der Geschäftsstelle weiterführende Berechnungen<br />

auf der Basis von Praxisdaten<br />

vorgenommen. Die Ergebnisse der Berechnungen<br />

werden in den Evaluierungsbericht,<br />

der bis Ende des Jahres seitens des BMEL<br />

fertiggestellt wird, einfließen. Weitere Gespräche<br />

sind zudem mit dem BMU geplant.<br />

Zur Vorbereitung der Beratungen haben wir<br />

nun einen Testlauf mit einigen freiwilligen<br />

Betreibern gestartet, die sich nach unserem<br />

Aufruf im Betreiberfax gemeldet haben.<br />

Web-Seminare zum Vollzug der<br />

Düngeverordnung<br />

Zur Umsetzung der DüV finden aktuell in<br />

mehreren Bundesländern Web-Seminare<br />

statt. Die Referenten kommen von den zuständigen<br />

Behörden zur Ausweisung der roten<br />

Gebiete und von die Vollzugsbehörden<br />

zur Umsetzung düngerechtlicher Anforderungen.<br />

Durch die vermehrten Anfragen aus<br />

der Mitgliedschaft bietet sich mit dieser<br />

Veranstaltung die Möglichkeit, Antworten<br />

zu aktuellen Fragen aus erster Hand zu erlangen.<br />

Kleine Novelle der<br />

Bioabfallverordnung<br />

Im Zuge der kleinen Novelle der BioAbfV<br />

wurden mehrere Gespräche mit dem Bundesumweltministerium<br />

und den Gremien<br />

zur Einführung eines Kontrollwertes durchgeführt.<br />

Bereits in der ersten Stellungnahme<br />

und der gemeinsamen Erklärung der<br />

Verbände wurde die Dringlichkeit einer Berücksichtigung<br />

der Herkunft der Bioabfälle<br />

und ein mögliches Rückweisungsrecht<br />

zum Vorschlag der Einführung eines Kontrollwertes<br />

und der Bezug zu Kunststoffen<br />

hervorgehoben. Offen ist, ob die positiven<br />

Gespräche auch in der Fortführung des<br />

Gesetzgebungsverfahren so berücksichtigt<br />

werden. Aktuell werden durch das statistische<br />

Bundesamt Abfragen zum Erfüllungsaufwand<br />

vorgenommen, um die Kosten<br />

durch die neue BioAbfV abzuschätzen.<br />

Referat Energierecht beschäftigt<br />

sich mit aktuellen Praxisfragen<br />

rund um das EEG<br />

Innovative Firmen der Branche haben in<br />

den vergangenen Jahren eine ORC-Technik<br />

zur Stromerzeugung entwickelt, die nicht<br />

den Abgasstrom, sondern die Hitze nutzt,<br />

die normalerweise über Wärmetauscher<br />

vom Blockheizkraftwerk (BHKW) weggeführt<br />

wird. Aus rechtlicher Sicht ergibt sich<br />

hier für uns die Frage, ob nur der mittels<br />

der ORC-Technik erzeugte Strom oder der<br />

gesamte Strom mit dem Technologiebonus<br />

in Höhe von 2 Cent pro Kilowattstunde prämiert<br />

wird. In Gesprächen mit Netzbetreibern<br />

setzen wir uns für die Vergütung der<br />

gesamten Strommenge ein.<br />

Mit dem EEG <strong>2021</strong> wurde als Vergütungsvoraussetzung<br />

neu in das Gesetz aufgenommen,<br />

dass Anlagen hocheffizient sein müssen.<br />

In seiner Stellungnahme, aber auch<br />

in vielen Gesprächen hat der Fachverband<br />

Biogas e.V. (FvB) darauf hingewiesen, dass<br />

die entsprechenden Regeln unklar und wenig<br />

praxisgerecht sind. Aufgrund der Tatsache,<br />

dass Güllekleinanlagen manchmal<br />

nur eine geringe oder keine Wärmenutzung<br />

außerhalb des Fermenters haben, wird nun<br />

von einem sehr großen Netzbetreiber die<br />

Frage gestellt, ob diese kleinen Güllekleinanlagen<br />

überhaupt KWK-Anlagen sind. Der<br />

FvB strebt eine Einigung mit dem Netzbetreiber<br />

an.<br />

Redispatch 2.0 – Gespräche mit<br />

Bundesnetzagentur<br />

Die Umsetzung des Redispatch 2.0 schreitet<br />

weiter voran und mittlerweile haben<br />

viele unserer Mitglieder Anschreiben<br />

Fachverband Biogas Service GmbH<br />

– Testlauf der Düngeberatungen<br />

Ab Oktober werden wir über unsere Service<br />

GmbH Düngeberatungen für Mitglieder des<br />

Verbands anbieten. Der Schwerpunkt wird<br />

dabei auf Bayern und Niedersachsen liegen.<br />

Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />

Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter.<br />

Regional. Verlässlich. Klimafreundlich. Biogas kann‘s!<br />

125


VERBAND<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

von ihren Anschlussnetzbetreibern bekommen.<br />

Leider stellen sich trotz umfangreicher<br />

Dokumente der BNetzA und des<br />

BDEW zahlreiche Fragen für die praktische<br />

Umsetzung. Um die Probleme der Branche<br />

darzustellen, haben wir im Mai ein Gespräch<br />

mit der Bundesnetzagentur geführt.<br />

Zusammen mit unserem Dachverband,<br />

dem Bundesverband Erneuerbare Energie<br />

e.V., haben wir zahlreiche Punkte angesprochen,<br />

deren Umsetzung aktuell noch sehr<br />

unklar ist.<br />

Im Biogasbereich ist dies unter anderem<br />

die für viele Betreiber wichtige Eigenversorgung,<br />

die im Rahmen des neuen Systems<br />

nachrangig geregelt werden soll. Um<br />

unsere Mitglieder bei der Umsetzung zu unterstützen,<br />

haben wir eine Arbeitshilfe zum<br />

Redispatch 2.0 veröffentlicht sowie ein<br />

Hintergrundpapier zur Direktvermarktung,<br />

da den Direktvermarktern als potentiellen<br />

„Einsatzverantwortlichen“ eine Schlüsselrolle<br />

im Redispatch 2.0 zukommt. Insbesondere<br />

Betreiber, die aktuell noch nicht in<br />

der Direktvermarktung sind, beschäftigen<br />

sich daher verstärkt mit dem Thema.<br />

Vermehrt wurde an die Geschäftsstelle<br />

die Frage herangetragen, unter welchen<br />

EEG- und öffentlich-rechtlichen Vorgaben<br />

Kartoffeln in Biogasanlagen eingesetzt werden<br />

können, die eigentlich zur Herstellung<br />

von Pommes geerntet wurden. Diese Frage<br />

wurde in der Geschäftsstelle umfassend<br />

rechtlich beleuchtet und das Ergebnis wird<br />

alsbald im Biogas-Journal veröffentlicht.<br />

800 Mitglieder zu Vorgaben<br />

der Nachhaltigkeitsverordnung<br />

geschult<br />

Auch das zweite Quartal <strong>2021</strong> war sehr<br />

rege für den Veranstaltungsbereich des<br />

FvB. Um das diesjährige Konzept für die<br />

BIOGAS Convention & Trade Fair festzulegen,<br />

wurde eine Mitgliederumfrage durchgeführt,<br />

in der Firmen und Aussteller individuell<br />

befragt wurden. Das Ergebnis ist,<br />

dass erstmalig der Tagungsteil „BIOGAS<br />

Convention“ vom 22. bis 26. November<br />

<strong>2021</strong> digital stattfinden wird, gefolgt von<br />

der Live-Fachmesse „BIOGAS Trade Fair“<br />

vom 7. bis 9. Dezember <strong>2021</strong> in der Nürnberg<br />

Messe.<br />

Um den neuen Sicherheits- und Hygieneregeln<br />

gerecht zu werden, wird zudem an der<br />

Einführung eines umfassenden elektronischen<br />

Registrierungs- und Einlasssystems<br />

gearbeitet.<br />

Acht Web-Infoseminare zur Umsetzung der<br />

Nachhaltigkeitsverordnung wurden organisiert<br />

und mit an die 800 Teilnehmern überaus<br />

erfolgreich durchgeführt. Bei den Veranstaltungen<br />

mit besonderen Zielgruppen<br />

konnte der zweite Erfahrungsaustausch für<br />

zur Prüfung befähigte Personen auf Biogasanlagen<br />

gemäß Betriebssicherheitsverordnung<br />

(BetrSichV) ebenfalls erfolgreich<br />

veranstaltet werden. Der Erfahrungsaustausch<br />

für zur Prüfung befähigte Personen<br />

soll nun analog dem Erfahrungsaustausch<br />

für Sachverständige gemäß Paragraf 29<br />

b BImSchG jährlich durchgeführt werden<br />

und damit einen festen Platz im Terminkalender<br />

erhalten.<br />

Im Messebereich ging es in die Planung<br />

der Gemeinschaftsstände für die BIOGAS<br />

Trade Fair <strong>2021</strong> und die IFAT 2022, die<br />

beide einen hohen Zuspruch erhalten haben.<br />

Im Schulungsverbund zogen nach<br />

den coronabedingten Schwierigkeiten<br />

Angebot und Nachfrage an Schulungen<br />

wieder deutlich an, und Ende des zweiten<br />

Quartals konnten neben den Online-Schulungen,<br />

die in jedem Fall bis Ende Oktober<br />

aufrechterhalten werden sollen, wieder<br />

erste Präsenzveranstaltungen stattfinden.<br />

In diesem Zusammenhang konnte auch<br />

der zehntausendste erfolgreich geschulte<br />

Teilnehmer seit dem Bestehen des Schulungsverbunds<br />

gefeiert werden. In welchem<br />

Rahmen zukünftig weiterhin Online-Schulungen<br />

möglich sind und angeboten werden<br />

können, diskutiert gerade der Fachbeirat<br />

des Schulungsverbundes.<br />

LAI-Beschluss zum<br />

Luftreinhaltebonus weiterhin<br />

in Diskussion<br />

Wenig zufriedenstellend ist die seit September<br />

2020 laufende Diskussion um den<br />

LAI-Beschluss zum Erhalt des Luftreinhaltebonus.<br />

Der vom FvB dringend angemerkte<br />

Überarbeitungs- und Ergänzungsbedarf<br />

des Beschlusses wird immer noch<br />

in der dafür zuständigen Bund-Länder-<br />

Arbeitsgruppe (AISV) diskutiert. Der FvB<br />

ist im ständigen Austausch mit beteiligten<br />

Ländervertretern und versucht die kommenden<br />

ergänzenden Vollzugshinweise so<br />

praxistauglich wie möglich auszugestalten.<br />

In jedem Fall sollen die technischen Umund<br />

Nachrüstungen bis Ende des Jahres<br />

abgeschlossen sein und ab dem nächsten<br />

Jahr eine umfangreiche Dokumentation<br />

erfolgen, die dann regelmäßig von den zugelassenen<br />

Messinstituten geprüft und bestätigt<br />

werden soll.<br />

Umsetzung der Technischen<br />

Regeln<br />

Nach wie vor nehmen die zahlreichen<br />

Umsetzungsfragen zur TRAS 120 einen<br />

Schwerpunkt der Mitgliederanfragen ein.<br />

Immer wieder herrscht große Unsicherheit<br />

bei allen beteiligten Behörden, Betreibern,<br />

Sachverständigen und Firmen, welche Anforderungen<br />

aus der TRAS 120 umgesetzt<br />

werden müssen beziehungsweise welche<br />

Forderungen verhältnismäßig sind. Der FvB<br />

erneuert daher regelmäßig seine Kritik an diversen<br />

Details der TRAS 120 und versucht,<br />

bei der zuständigen Kommission für Anlagensicherheit<br />

(KAS) eine zeitnahe punktuelle<br />

Überarbeitung der TRAS 120 herbeizuführen.<br />

Insbesondere in Bayern führt eine<br />

im Vergleich zu anderen Ländern sehr strikte<br />

Umsetzung zu erheblichen Diskussionen,<br />

die inzwischen auch auf politischer Ebene<br />

erörtert werden. Der FvB hatte seine Kritik<br />

an der TRAS-Umsetzung in Brandbriefen an<br />

die zuständigen Ministerien zum Ausdruck<br />

gebracht. Weiter voranschreitet die Überarbeitung<br />

der TRGS 529: Unter Einbindung<br />

der Arbeitsgruppe Spurenelemente des FvB<br />

konnten die Themen „fermentierbare Säcke“<br />

sowie die CLP-Einstufung von EDTAchelasierten<br />

Spurenelemente diskutiert<br />

werden. Weitere Themen in der Überarbeitung<br />

sind die sichere Ausgestaltung von Gärprodukttrocknungsanlagen,<br />

die sichere Instandhaltung<br />

sowie der sichere Einsatz von<br />

besonderen Einsatzstoffen (Bioabfällen).<br />

126


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

VERBAND<br />

TA Luft<br />

Weiterhin ist die im Juni beschlossene novellierte TA<br />

Luft der Arbeitsschwerpunkt im Referat Genehmigung.<br />

Im Rahmen des Bundesratsverfahrens konnten einige<br />

positive Änderungen in den biogasrelevanten Kapiteln<br />

erreicht werden. Der jetzt finale Stand der TA Luft<br />

bedarf aber einer intensiven Analyse und Diskussion<br />

bezüglich möglicher Interpretationen und Probleme.<br />

Aus diesem Grund findet jetzt eine Abstimmung mit<br />

relevanten Gremien im FvB statt.<br />

Mit dem Beschluss der TA Luft wurde auch eine Überarbeitung<br />

der VDI 3475-4 – „Emissionsminderung -<br />

Biogasanlagen in der Landwirtschaft“ gestartet. Die<br />

dazugehörige Arbeitsgruppe – mit Beteiligung des FvB –<br />

hat im Juni in einer ersten Sitzung den notwendigen<br />

Änderungsbedarf festgestellt und den weiteren Ablauf<br />

der Überarbeitung festgelegt.<br />

Wahljahr im Fachverband Biogas e.V.<br />

Im „Superwahljahr“ <strong>2021</strong> werden für die Biogasbranche<br />

wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Es finden<br />

dabei nicht nur die Bundestagswahl und Wahlen<br />

in vielen Bundesländern statt, auch im FvB stehen<br />

wieder die Wahlen der Gremien an, die laut Satzung<br />

im vierjährigen Turnus abgehalten werden müssen. Den<br />

Abschluss des Wahljahres wird die Wahl eines neuen<br />

Präsidiums bilden, die im Rahmen der Mitgliederversammlung<br />

stattfinden wird. Bereits vorab werden in<br />

den Beiräten und Arbeitskreisen sowie vor allem in den<br />

Regionalgruppen die Ämter (Regionalgruppen- und<br />

Betreibersprecher*innen) neu vergeben.<br />

In vielen Regionen konnten bereits ausreichend Kandidatinnen<br />

und Kandidaten gefunden werden, in<br />

manchen Regionen besteht noch Bedarf an weiteren<br />

Bewerber*innen. Sollten Sie Interesse haben, ein Ehrenamt<br />

in Ihrer Regionalgruppe zu übernehmen, melden<br />

Sie sich gerne in der Geschäftsstelle in Freising bei<br />

Carolin Langwieser.<br />

Die Kandidatensuche soll in den kommenden Wochen<br />

abgeschlossen und mit den Wahlen begonnen werden.<br />

In welcher Form die Wahlen stattfinden, entscheiden<br />

die Regionalgruppen. Sollte ein Vor-Ort-Termin nicht<br />

gewünscht sein, werden Briefwahlen durchgeführt. Dabei<br />

würde die Vorstellung der zu wählenden Personen<br />

vorab in einer digitalen Regionalgruppen-Veranstaltung<br />

erfolgen.<br />

Außerordentliche Mitgliederversammlung<br />

beschließt Erweiterung des Präsidiums<br />

Am 16. Juni fand eine außerordentliche Mitgliederversammlung<br />

statt, zu der knapp 200 Mitglieder angemeldet<br />

waren. Diese wurde bedingt durch die aktuellen<br />

Einschränkungen als Webkonferenz abgehalten.<br />

Anlass war die Erweiterung des Präsidiums in der im<br />

Herbst/Winter anstehenden Präsidiumswahl. Die Mitgliederversammlung<br />

beschloss eine Erweiterung um<br />

zwei Personen. Weiterhin standen Satzungsänderungen<br />

zu Onlineverfahren für die Einladung, Wahlen und<br />

Durchführungen von Versammlungen des FvB auf der<br />

Tagesordnung. Diese Änderungen wurden ebenfalls<br />

beschlossen. Auf Antrag aus der Mitgliedschaft wurde<br />

zudem beschlossen, eine Biogaschronik anlässlich<br />

des 30-jährigen Verbandsjubiläums zu erstellen und<br />

die Beitragsehrlichkeit der Mitglieder bei der nächsten<br />

Beitragserhebung zu verbessern.<br />

Autoren<br />

Dr. Stefan Rauh<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />

Geschäftsführer<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Angerbrunnenstr. 12 · 85356 Freising<br />

0 81 61/98 46 60<br />

info@biogas.org<br />

www.biogas.org<br />

®<br />

FerroSorp DG<br />

H S-Bindung im Fermenter<br />

2<br />

®<br />

FerroSorp S<br />

Externe Entschwefelung<br />

Klinopmin ®<br />

Unsere Kompetenz für Ihren Erfolg<br />

• Rohrleitungsbau<br />

• Sanierung und Beschichtung von Biogasbehältern<br />

• Dachkonstruktionen für Biogasbehälter<br />

• Hochwertige Rührwerks- und Pumpentechnik<br />

• Externe Gasspeicherung<br />

• Wartungs- und Kontrollgänge<br />

• Hochwertige Ersatz- und Anbauteile<br />

• Montage & Service mit geschultem Fachpersonal<br />

Nesemeier GmbH<br />

Industriestraße 10 | 32825 Blomberg<br />

Tel.: +49 5235 50287 0<br />

info@nesemeier-gmbh.de<br />

www.nesemeier-gmbh.de<br />

Entschwefeln Sie mit Eisenhydroxid!<br />

(auf Basis von Gesteinsmehl)<br />

Prozessoptimierung<br />

127


VERBAND<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

LEE NIEDERSACHSEN-BREMEN E.V.<br />

Peter Beeken (links)<br />

und Gustav Wehner<br />

(Vorstand LEE) im<br />

Gespräch mit Umweltminister<br />

Olaf Lies<br />

(rechts).<br />

Ocholter Biogasanlage spart jährlich<br />

bis zu 2.000 Tonnen CO 2<br />

ein<br />

Auf Einladung des Landesverbandes Erneuerbare<br />

Energien Niedersachsen-Bremen<br />

(LEE) e.V. besuchten am 24. April Niedersachsens<br />

Umwelt- und Klimaschutzminister<br />

Olaf Lies sowie Jens Nacke, Landtagsabgeordneter,<br />

und Lars Schmidt-Berg, stellvertretender<br />

Bürgermeister von Westerstede, Peter Beekens Biogasanlage<br />

in Ocholt. Anlässlich des Tags der Erneuerbaren<br />

Energien verschafften sich die Politiker einen Eindruck<br />

von der Leistungsfähigkeit, die in der Bioenergie steckt.<br />

Eines wurde sofort deutlich: Der Klimaschutzaspekt<br />

von Biogasanlagen ist unübersehbar. So spart Peter<br />

Beekens Anlage, die zahlreiche Gebäude in der Umgebung<br />

mit Wärme versorgt, jährlich bis 700.000 Liter<br />

Heizöl ein. Und vermeidet damit den Ausstoß von bis<br />

zu 2.000 Tonnen CO 2<br />

.<br />

Peter Beeken, Geschäftsführer der Erste Biogas Ocholt<br />

GmbH & Co. KG, richtete klare Worte an die Landesregierung:<br />

„Biogasanlagen tragen dazu bei, dass Niedersachsen<br />

seine Klimaschutzziele erreicht. Gleichzeitig<br />

schafft die Branche Arbeitsplätze und sorgt für Wertschöpfung<br />

vor Ort. Wir haben aber mit einer ganzen<br />

Reihe von Problemen zu kämpfen. So fehlt uns beispielsweise<br />

eine ganzheitliche Strategie für das Thema<br />

Wärme. Das merken wir vor allen Dingen bei Abschaltungen<br />

und beim jetzigen Einspeisemanagement. Auch<br />

beim geplanten Redispatch 2.0 gibt es keine Strategie<br />

für Wärmelieferungen.“ Biogas gilt als Joker unter den<br />

Erneuerbaren Energien, denn es kann als Ausgleichsenergie<br />

zu Wind und Sonne eingesetzt werden. Die<br />

Anlagenbetreiber fordern von der Politik jedoch eine<br />

vernünftige Finanzierung ein. Denn aktuell wird der<br />

flexible Einsatz nicht genügend nachgefragt und auch<br />

nicht lokal geregelt.<br />

Beeken hob bei der Besichtigung der Biogasanlage hervor,<br />

dass sich viele Anlagenbetreiber für Biodiversität<br />

einsetzen. „Es ist nicht so, dass wir unbedingt hochenergetischen<br />

Mais verwenden wollen. Es ist vielmehr<br />

so, dass andere pflanzliche Inputstoffe und auch Gülle<br />

aufgrund ihrer geringeren Energieleistung weniger<br />

wirtschaftlich sind, zumal die Lagerproblematik nicht<br />

geklärt ist.“ Gerade der Einsatz von Gülle leiste einen<br />

erheblichen Beitrag zur Treibhausgasminderung.<br />

Alle Beteiligten waren sich einig, dass Biogasanlagen<br />

einen wichtigen Baustein in der niedersächsischen<br />

Klimaschutzstrategie darstellen. Um das Potenzial der<br />

Anlagen aber auszuschöpfen, müssten die wirtschaftlichen<br />

und rechtlichen Rahmenbedingungen jedoch<br />

verbessert werden.<br />

Autor<br />

Lars Günsel<br />

Pressesprecher<br />

LEE Niedersachsen-Bremen e.V.<br />

Herrenstr. 6 · 30159 Hannover<br />

05 11/72 73 67-330<br />

l.guensel@lee-nds-hb.de<br />

www.lee-nds-hb.de<br />

128


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

VERBAND<br />

LEE-Branchentag zeigt Politik<br />

Handlungsbedarf bei Biogas auf<br />

FOTOS: LEE NIEDERSACHSEN-BREMEN E.V.<br />

Droht eine Energielücke, weil<br />

Deutschland in den nächsten<br />

Jahren nach und nach sämtliche<br />

Kohle- und Gaskraftwerke<br />

abschaltet? Bei der Antwort waren<br />

sich die Teilnehmer*innen des „Branchentag<br />

mobil“ am 2. Juni einig: Ja, wenn<br />

nicht massiv an Erneuerbaren Energien<br />

zugebaut wird. Das „Ob“ war also geklärt.<br />

Doch über das „Wie“ wurde heftig gestritten.<br />

Mehrere Spitzenpolitiker aus Bund und<br />

Land stellten sich dabei den unbequemen<br />

Fragen und konkreten Forderungen des<br />

LEE-Vorstands. So auch Carsten Müller,<br />

CDU, Mitglied des Deutschen Bundestages<br />

und Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft<br />

und Energie, und Niedersachsens Umweltminister<br />

Olaf Lies.<br />

Biogasanlagenbetreiber und LEE-Vorstandsmitglied<br />

Thorsten Kruse stellte klar,<br />

dass der Zubau an niedersächsischen Biogasanlagen<br />

stagniert. So gehen bis 2025<br />

insgesamt 435 Anlagen mit einer Leistung<br />

von 230 Megawatt aus der EEG-Förderung,<br />

bis 2030 könnten es sogar 600 Megawatt<br />

sein. Bis 2035 könnte die Technologie in<br />

Niedersachsen im Wesentlichen abgewickelt<br />

sein.<br />

Der Einsatz von Bio-LNG im Verkehrssektor<br />

lohnt sich nur beim Einsatz von Reststoffen.<br />

Doch gerade hier, so Kruse weiter,<br />

werden durch das Wasserrecht hohe Hürden<br />

errichtet. Auch bereitet die Auslegung<br />

der niedersächsischen Düngeverordnung<br />

durch das Landwirtschaftsministerium der<br />

Branche Kopfzerbrechen.<br />

Thorsten Kruse fragte konkret: „Wie soll ich<br />

mich an einer Ausschreibung beteiligen,<br />

wenn ich bereits die Flexprämie bekommen<br />

habe und nicht mehr mit dem Flexzuschlag<br />

kalkulieren kann, dann noch bei<br />

Unterzeichnung der Ausschreibung die endogene<br />

Mengensteuerung greift und meine<br />

Anlage auch noch im Norden steht, so dass<br />

erst der Süden den Zuschlag bekommt?“<br />

Die Antwort lieferte er gleich selbst: „Das<br />

geht nicht!“<br />

Carsten Müller sagte der Branche in seinem<br />

Statement zu, dass das EEG-Reparaturgesetz<br />

die additive Nutzung von Flexprämie<br />

und Flexzuschlag für Biogasanlagen sicherstellen<br />

wird. Olaf Lies versprach, sich<br />

für eine beschleunigte Bearbeitung der<br />

drängenden genehmigungsrechtlichen<br />

Probleme auf niedersächsischer Ebene<br />

einzusetzen.<br />

Autor<br />

Lars Günsel<br />

Pressesprecher<br />

LEE Niedersachsen-Bremen e.V.<br />

Herrenstr. 6 · 30159 Hannover<br />

05 11/72 73 67-330<br />

l.guensel@lee-nds-hb.de<br />

www.lee-nds-hb.de<br />

Thorsten Kruse (rechts)<br />

richtete deutlich Worte<br />

an die teilnehmenden<br />

Politiker. Neben ihm<br />

Steffen Warneboldt,<br />

Geschäftsführer der<br />

WindStrom GmbH.<br />

Nicht<br />

vergessen!<br />

Der Anzeigenschluss<br />

für die Ausgabe 5_<strong>2021</strong><br />

ist am 13. August<br />

BI<br />

GAS Journal<br />

• Doppel- /Dreimembrangasspeicher<br />

• „Flex“- Reingasspeicher<br />

• Emissionsschutzabdeckungen<br />

• Behälterauskleidungen mit<br />

Leckagekontrolle<br />

• Erdbecken für Gülle- und<br />

Wirtschaftsdünger (JGS-Zulassung),<br />

Silosickersaft, Rübenmus<br />

ceno.sattler.com<br />

Sattler Ceno<br />

TOP-TEX GmbH<br />

Am Eggenkamp 14<br />

D-48268 Greven<br />

Tel.: +49 2571 969 0<br />

biogas@sattler.com<br />

129


VERBAND<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Jetzt sozial gerechte CO 2<br />

-Bepreisung<br />

auf den Weg bringen<br />

Gastbeitrag von Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e.V. (BEE)<br />

Die Diskussion um die Bepreisung<br />

von Kohlendioxid (CO 2<br />

)<br />

nimmt aktuell erneut an Fahrt<br />

auf. Der BEE setzt sich bereits<br />

seit 2017 für eine ehrliche Bepreisung<br />

des klimaschädlichen CO 2<br />

ein,<br />

um klimaschädliche Technologien verursachergerecht<br />

zu belasten und faire Wettbewerbsbedingungen<br />

für saubere Alternativen<br />

wie Erneuerbare Energien, Speicher<br />

oder Technologien der Sektorenkopplung<br />

zu schaffen.<br />

Der Fokus liegt dabei auf der sozialen und<br />

gerechten Aufteilung der Kosten. Im Wärmebereich<br />

etwa soll ein Rückerstattungsmodell<br />

dafür sorgen, dass Bürgerinnen<br />

und Bürger eine Pro-Kopf-Rückerstattung<br />

erhalten, die sie von Zusatzkosten<br />

für klimafreundliches Verhalten befreit.<br />

Angesichts der Novellierung des Klimaschutzgesetzes<br />

(KSG) hat der BEE sein<br />

CO 2<br />

-Bepreisungsmodell nun weiterentwickelt<br />

und zeigt, dass bei den im Brennstoffemissionshandelsgesetz<br />

(BEHG) erfassten<br />

Sektoren Wärme und Verkehr die<br />

Möglichkeit besteht, effiziente finanzielle<br />

Anreize zur Vermeidung von CO 2<br />

zu setzen<br />

und gleichzeitig die soziale Tragbarkeit zu<br />

wahren.<br />

Eine CO 2<br />

-Bepreisung ist eine gut wirksame<br />

ökonomische Maßnahme, die gewährleistet,<br />

dass sich auf dem Markt Preissignale<br />

für saubere Technologien entfalten. Ohne<br />

CO 2<br />

-Bepreisung oder mit einer zu niedrigen<br />

CO 2<br />

-Bepreisung findet eine Marktverzerrung<br />

zugunsten klimaschädigender<br />

Technologien statt. Eine Weiterentwicklung<br />

der nationalen CO 2<br />

-Bepreisung ist daher<br />

bestens geeignet, um für zukunftsfähige<br />

Klimaschutztechnologien bessere Wettbewerbsbedingungen<br />

zu erreichen und damit<br />

den Standort zukunftsfest zu machen.<br />

Wie kann dies im Wärme- und Verkehrssektor<br />

konkret gelingen? Zunächst sind in<br />

Anbetracht des nachgeschärften nationalen<br />

Klimaziels von 55 auf 65 Prozent Treibhausgasreduktion<br />

bis 2030 die im BEHG<br />

festgelegten CO 2<br />

-Preispfade anzupassen.<br />

Aktuelle Studien, etwa des Mercator Instituts,<br />

zeigen, dass der festgelegte CO 2<br />

-<br />

Preispfad von 55 bis 65 Euro pro Tonne<br />

CO 2<br />

bis 2025/26 bereits für das<br />

alte Klimaziel nicht ausreichend<br />

war.<br />

Durch das angepasste<br />

Klimaschutzziel, das<br />

den Zielen von Paris<br />

noch nicht einmal<br />

vollends entspricht,<br />

müssen zusätzlich<br />

105 Millionen Tonnen<br />

Treibhausgase<br />

vermieden werden.<br />

Berechnungen des Beratungsinstituts<br />

R2B für den<br />

Verband kommunaler Unternehmen<br />

e.V. (VKU) zeigen, dass hierfür ein kontinuierlicher<br />

Anstieg des CO 2<br />

-Preises auf 300<br />

Euro pro Tonne bis 2030 erforderlich ist.<br />

Um eine sprunghafte Erhöhung im Jahr<br />

2030 zu vermeiden, wird ein relativ zügig<br />

ansteigender Preis empfohlen, der ab dem<br />

Jahr 2022 jährlich um 30 Euro zu steigern<br />

ist. Werden die Ziele zur CO 2<br />

-Einsparung erreicht,<br />

kann die stufenweise Anhebung des<br />

CO 2<br />

-Preises ausgesetzt oder abgeschwächt<br />

werden.<br />

Den hier berechneten Kosten liegen im Gebäudebereich<br />

etwa energetische Sanierungen<br />

und das Umrüsten auf erneuerbaren<br />

Heizungstechnologien wie Wärmepumpen,<br />

Solarthermie oder Pelletsheizungen zugrunde.<br />

Der BEE schlägt über den Wärmeund<br />

Verkehrssektor hinaus auch eine flankierende<br />

CO 2<br />

-Bepreisung im Stromsektor<br />

auf nationaler Ebene vor. Hier hat jedoch<br />

die Reformierung des Strommarktdesigns<br />

oberste Priorität. Die Stromsteuer sollte auf<br />

das europarechtlich mögliche Minimum<br />

abgesenkt und die Kosten der Befreiung<br />

der energieintensiven Unternehmen sollten<br />

von der EEG-Umlage im Rahmen der<br />

„Besonderen Ausgleichsregelung“ vom<br />

Bundeshaushalt übernommen werden. Dabei<br />

würden die Stromkosten um rund 3,5<br />

Cent je Kilowattstunde gesenkt. Die CO 2<br />

-<br />

Bepreisung macht es indes möglich, dass<br />

sich private, staatliche und wirtschaftliche<br />

Akteure auf die Transformation<br />

in den Sektoren einstellen<br />

können. Sie bedeutet<br />

enorme konjunkturelle<br />

Anreize für den Zukunftsmarkt<br />

der erneuerbaren<br />

Technologien<br />

und auch eine<br />

Wiederbelebung des<br />

Marktes nach der<br />

Corona-Pandemie.<br />

Eine Reihe begleitender<br />

steuer- und förderpolitischer<br />

Maßnahmen mit einem<br />

starken Fokus auf private Haushalte<br />

sowie kleine und mittlere Unternehmen ist<br />

erforderlich, um Innovationen und Investitionen<br />

kurzfristig auszulösen.<br />

Daneben sind Instrumente des Ordnungsrechts<br />

zu nutzen, um die vorgeschlagenen<br />

Maßnahmen sozial gerecht umzusetzen.<br />

Der BEE sieht dabei konkret vor, die durch<br />

eine CO 2<br />

-Bepreisung erzielten Einnahmen<br />

vollständig an Bürgerinnen und Bürger beziehungsweise<br />

Unternehmen zurückzugeben.<br />

Die Rückerstattung erfolgt innerhalb<br />

der Sektoren. Für die Wirtschaft beziehungsweise<br />

Industrie sollte geprüft werden,<br />

ob eine Rückerstattung innerhalb der<br />

einzelnen Branchen zu einer gerechteren<br />

Verteilung der CO 2<br />

-Kosten führt und größere<br />

Anreize für Investitionen setzt.<br />

Bürgerinnen und Bürger sollen im Wärmesektor<br />

eine sichtbare Pro-Kopf-Rückerstattung<br />

als direkten Bonus einmal jährlich<br />

über die Finanzämter erhalten. In der Mobilität<br />

soll bei Anhebung der Treibhausgasminderungsquoten<br />

auf Anreizsysteme für<br />

Elektromobilität und Erneuerbare Kraftstoffe<br />

sowie auf die erforderliche Infrastruktur<br />

gesetzt, der öffentliche Verkehr gestärkt<br />

und der Flugverkehr zügig auf grünes<br />

Kerosin umgestellt werden.<br />

130


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

VERBAND<br />

THERM<br />

Keine Korrosionsbeschichtung des Behälters<br />

Kein Gasvolumen gem. Störfall Verordnung<br />

www.n-e-st.de<br />

Tel.: 02561 449 10 10<br />

Abgaswärmetauscher<br />

Dampferzeuger<br />

Gaskühler / Gaserwärmer<br />

Sonderanwendungen<br />

Zusatzkomponenten<br />

Energiepark 26/28 91732 Merkendorf<br />

+49 9826-65 889-0 info@enkotherm.de<br />

www.enkotherm.de<br />

Klärung von belastetem Niederschlagswasser?<br />

Wir liefern Ihnen die passenden Anlagen!<br />

Bisher in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen…<br />

www.delphin-ws.de<br />

Tank und Apparate Barth GmbH<br />

Werner-von-Siemens-Str. 36<br />

76694 Forst<br />

Tel. 07251 / 9151-0<br />

FAX 07251 / 9151-75<br />

info@barth-tank.de<br />

Tanks neu / gebrauchT<br />

Lösch-/Regenwasserbehälter, Pufferspeicher,<br />

Flüssigdüngertankanlagen,<br />

Diesel-, Heizöl- und Pflanzenölbehälter,<br />

Edelstahlbehälter<br />

von 1.000 – 300.000 Ltr. Inhalt<br />

zu verkaufen.<br />

- Industriedemontagen -<br />

BIOGASBEHÄLTER – Fermenter, Gärrestlager, Vorgruben, ...<br />

WOLF SYSTEM GMBH | Am Stadtwald 20 | 94486 Osterhofen<br />

09932 37-0 | mail@wolfsystem.de | WWW.WOLFSYSTEM.DE<br />

Bauen mit System!<br />

131


VERBAND<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Dreharbeiten für die<br />

Aktionswoche Artenvielfalt<br />

Was haben die verschiedenen Interessengruppen<br />

eigentlich von blühenden<br />

Energiepflanzen? Die Imker, Jäger und<br />

Naturschützer? Und natürlich auch<br />

die Biogasanlagen-Betreiber?<br />

Dieser Frage ist der Hackl Schorsch im Vorfeld der Aktionswoche<br />

Artenvielfalt nachgegangen. Er hat dabei viele<br />

interessante Dinge erfahren – und viele spannende<br />

Menschen und tolle Projekte kennengelernt.<br />

Die vier Filme könnt ihr ab Anfang Juli auf dem Youtube-Kanal<br />

des Fachverbandes anschauen (FVBiogas).<br />

Hier schon mal vorab ein paar Impressionen von den<br />

Drehtagen.<br />

FOTOS: FACHVERBAND BIOGAS E.V.<br />

132


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

VERBAND<br />

Ihr könnt<br />

die Aktionswoche Artenvielfalt<br />

aktiv unterstützen: Postet Fotos von<br />

euren Flächen in den sozialen Medien unter<br />

dem Hashtag #blühendesLeben, nutzt dazu gerne<br />

auch die Banner, Sharepics und Grafiken auf der<br />

Seite aktionswoche.biogas.org. Teilt und liked die<br />

Beiträge der anderen Teilnehmer.<br />

Zeigen wir, wie bunt und artenreich unsere<br />

Felder dank Biogas schon sind – und<br />

erklären wir, welche Chance Biogas für<br />

mehr Artenvielfalt und<br />

Biodiversität bietet.<br />

133


RECHT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Stellungnahme zum KWK-Bonus bei Holztrocknung<br />

und Handlungsempfehlung zum Flexibilitätszuschlag<br />

für Biogasbestandsanlagen<br />

Die Clearingstelle EEG | KWKG hat eine Stellungnahme zum KWK-Bonus nach der Wärmenetzklausel bei Holztrocknung<br />

abgegeben und eine Handlungsempfehlung zur Anwendung und Auslegung des in Paragraph (§) 50a<br />

Absatz 1 Satz 2 EEG <strong>2021</strong> geregelten Flexibilitätszuschlages für Biogasbestandsanlagen veröffentlicht.<br />

Von Birthe Kaps und Martin Teichmann<br />

Auf Ersuchen des Landgerichts<br />

Lüneburg hat die Clearingstelle<br />

in der Stellungnahme mit<br />

grundsätzlicher Bedeutung<br />

2020/1-IV/Stn 1 geklärt, unter<br />

welchen Voraussetzungen der Anspruch<br />

auf den Kraft-Wärme-Kopplungs-(KWK)-<br />

Bonus nach der sogenannten Wärmenetzklausel<br />

des EEG 2009 (Anlage 3 Nr. III.2)<br />

besteht, wenn ein an das Wärmenetz angeschlossener<br />

Abnehmer eine Holztrocknungsanlage<br />

ist.<br />

Die Clearingstelle hat zunächst festgestellt,<br />

dass die gesamte in das Wärmenetz eingespeiste<br />

Wärme bereits die Wärmenutzung<br />

im Sinne von Anlage 3 Nr. I.2 EEG 2009<br />

darstellt und nicht erst die dem Wärmenetz<br />

nachgelagerten Verbräuche. Zudem<br />

müssen die sonstigen Anforderungen der<br />

weiteren Wärmenutzungen in der Positivliste<br />

(Anlage 3 Nr. II EEG 2009) für den<br />

Anspruch nach der Wärmenetzklausel<br />

nicht zusätzlich eingehalten werden, auch<br />

wenn die dem Wärmenetz nachgelagerten<br />

Verbräuche einer anderen in der Positivliste<br />

genannten Wärmenutzung unterfallen.<br />

Unter Nutzwärmebedarf im Sinne der Wärmenetzklausel<br />

fallen nur diejenigen von<br />

den einzelnen Wärmeabnehmern aus dem<br />

Netz bezogenen Wärmemengen, die mit einer<br />

„sinnvollen Nutzung“ korrespondieren<br />

(vgl. Rn. 32 ff. der Stellungnahme). Die<br />

Bestimmung des Nutzwärmebedarfs kann<br />

sowohl durch Messung als auch durch Berechnung<br />

bestimmt werden. Die jeweiligen<br />

Werte sind im Umweltgutachten insbesondere<br />

bei unüblichen und auffälligen Werten<br />

zu plausibilisieren.<br />

Für die Plausibilisierung können für den<br />

Nutzwärmebedarf die Standardwerte des<br />

Kuratoriums für Technik und Bauwesen<br />

in der Landwirtschaft (KTBL) oder andere<br />

Richt- oder Grenzwerte der allgemein anerkannten<br />

Fachliteratur herangezogen werden.<br />

Bei Einhaltung der Grenzwerte ist keine<br />

weitere Plausibilisierung erforderlich,<br />

umgekehrt erfordert die Überschreitung<br />

eine weitergehende Plausibilisierung.<br />

Die zusätzliche Einhaltung der sogenannten<br />

Generalklausel (Anlage 3 Nr. I.3 EEG<br />

2009 – nachweislicher Ersatz fossiler<br />

Energieträger) ist für den Anspruch auf den<br />

KWK-Bonus nach der Wärmenetzklausel<br />

nicht erforderlich. Auch ist eine räumliche<br />

Nähe zwischen dem Wärmeerzeuger und<br />

der an das Netz angeschlossenen Holztrocknungsanlage<br />

als Verbraucher ebenso<br />

wie das Überwiegen des Anteils der aus<br />

dem Netz bezogenen Wärmemenge durch<br />

die Holztrocknungsanlage gegenüber den<br />

anderen Wärmeentnahmen für einen Anspruch<br />

nach der Wärmenetzklausel grundsätzlich<br />

unerheblich.<br />

Handlungsempfehlung zum<br />

Flexibilitätszuschlag für<br />

Biogasbestandsanlagen<br />

Der jüngst von der Clearingstelle EEG|KWKG<br />

moderierte „Runde Tisch“ mit Vertretern<br />

mehrerer Bioenergieverbände sowie verschiedener<br />

Forschungseinrichtungen und<br />

weiteren Experten brachte nach intensiver<br />

Diskussion eine von allen Beteiligten getragene<br />

Handlungsempfehlung 2 für eine<br />

klarstellende Gesetzesänderung von § 50a<br />

Absatz 1 Satz 2 EEG <strong>2021</strong> hervor.<br />

Anlass für die Handlungsempfehlung sind<br />

die seit Jahresbeginn aus Sicht der Branche<br />

aufgekommenen unüberwindbaren<br />

Schwierigkeiten bei der Auslegung und Anwendung<br />

von § 50a Absatz 1 Satz 2 EEG<br />

<strong>2021</strong>. Diese hätten zu einer erheblichen<br />

Investitionszurückhaltung geführt, nachdem<br />

der für einen Weiterbetrieb von flexibilisierten<br />

Biogasbestandsanlagen erforderliche<br />

finanzielle Förderbedarf im zweiten<br />

Vergütungszeitraum nicht rechtssicher auf<br />

jene Regelung gestützt werden könne. Eine<br />

Klarstellung sei daher dringend geboten,<br />

um im Interesse des Klimaschutzes sowohl<br />

den weiteren Anlagenausbau zu ermöglichen<br />

als auch einen sonst gar drohenden<br />

Anlagenabbau zu verhindern.<br />

Im Einzelnen setzt sich die Handlungsempfehlung<br />

ausführlich mit den Aspekten der<br />

zusätzlich flexibel bereitgestellten Leistung<br />

und den maßgeblichen (Förder-) Zeiträumen<br />

auseinander. Es wird dazu vorgeschlagen,<br />

§ 50a Absatz 1 Satz 1 EEG anhand<br />

einer neu gefassten Rechenformel klarer zu<br />

formulieren.<br />

Des Weiteren regen Vertreter der Bioenergieverbände<br />

in der Handlungsempfehlung<br />

an, dass der Anspruch auf den Flexibilitätszuschlag<br />

für die bereits mit der Flexibilitätsprämie<br />

geförderte Anlagenleistung<br />

nicht gestrichen, sondern „mit Augenmaß“<br />

gekürzt werde. Ebenso sollten zur weiteren<br />

Flexibilisierung von Biogasbestandsanlagen<br />

neue Impulse, insbesondere durch<br />

eine Reform des § 50b EEG <strong>2021</strong>, gegeben<br />

werden.<br />

1<br />

Abrufbar unter: https://www.clearingstelleeeg-kwkg.de/stellungnv/2020/1/Stn.<br />

2<br />

Abrufbar unter: https://www.clearingstelleeeg-kwkg.de/sonstiges/5994.<br />

Autoren<br />

Birthe Kaps und Martin Teichmann<br />

Mitglieder der Clearingstelle EEG | KWKG<br />

Charlottenstraße 65 · 10117 Berlin<br />

030/206 14 16-0<br />

post@clearingstelle-eeg-kwkg.de<br />

134


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

RECHT<br />

Arma Bio - Mix Flüssigfütterung<br />

... für den sicheren Betrieb<br />

Tel. 0172/513 43 91<br />

www.as-j.de<br />

Doppelmembrangasspeicher | Emissionsschutzabdeckungen<br />

Gasspeicher | EPDM-Hauben<br />

Leckagefolien<br />

Baur Folien GmbH<br />

Gewerbestraße 6<br />

D-87787 Wolfertschwenden<br />

0 83 34 99 99 1-0<br />

0 83 34 99 99 1-99<br />

info@baur-folien.de<br />

d www.baur-folien.de<br />

Entlastung des Antriebes<br />

durch Lagerstuhlbauweise<br />

Schubbodensanierung<br />

in verstärkter<br />

Edelstahl-Lösung<br />

Nachstellbarer Stator mit<br />

bis zu 3- facher Lebensdauer<br />

Axel Hagemeier GmbH & Co. KG<br />

Am Wasserfeld 8 • 27389 Fintel<br />

Tel.: 04265 / 13 65<br />

Fax: 04265 / 83 94<br />

E-Mail: info@axel-hagemeier.de<br />

Web: www.axel-hagemeier.de<br />

135<br />

Große Wartungsöffnungen zum<br />

entfernen von Stör- und Fremdstoffen<br />

ARMATEC - FTS<br />

GmbH & Co. KG<br />

Friedrich-List-Strasse 7<br />

D-88353 Kisslegg<br />

+49 (0) 7563 / 909020<br />

+49 (0) 7563 / 90902299<br />

info@armatec-fts.de<br />

www.armatec-fts.com


PRODUKTNEWS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Neue Eisele-Blockpumpe BP<br />

Die trocken aufgestellte Pumpe, die<br />

stehend oder liegend genutzt wird,<br />

kann auf einem stabilen Grundrahmen<br />

aufgebaut werden und dient vorrangig<br />

zum Pumpen von Gülle und Gärresten.<br />

Das Unternehmen Eisele, Hersteller von<br />

Pumpen und Rührwerken für den Agrarund<br />

Biogasbereich, hat als Neuentwicklung<br />

die Eisele-Blockpumpe BP eingeführt<br />

und damit eine weitere Kreiselpumpe ins<br />

Produktportfolio übernommen. Die trocken<br />

aufgestellte Pumpe, die stehend oder liegend<br />

genutzt wird, kann auf einem stabilen<br />

Grundrahmen aufgebaut werden und<br />

dient vorrangig zum Pumpen von Gülle<br />

und Gärresten. Einbauten in Bereichen mit<br />

begrenzten Platzverhältnissen werden dadurch<br />

auch ermöglicht.<br />

Insgesamt stehen fünf Modelle mit Drehstrommotoren<br />

(Effizienzklasse IE3, wahlweise<br />

IE4) von 11 kW bis 30 kW zur Verfügung.<br />

Diese fördern bis zu 7.200 Liter pro<br />

Minute und erreichen Förderhöhen von bis<br />

zu 25 Meter. Motor- und mediumseitig sind<br />

Gleitringdichtungen in Tandemanordnung<br />

im Ölbad verbaut.<br />

Die trockenlaufsicheren Pumpen sind<br />

mit den bewährten Widia-Reißkanten auf<br />

Einströmdüse und Schneckenflügel ausgestattet<br />

und zerreißen somit zuverlässig<br />

Faserstoffe.<br />

Ein Ansaugstutzen DN200 in Edelstahl<br />

wird serienmäßig mitgeliefert. Eine lange<br />

Lebensdauer der Eisele-Blockpumpen,<br />

für die auch die anderen Eisele-Geräte<br />

bekannt sind, wird dadurch gewährleistet.<br />

Die Eisele-Blockpumpe lässt sich mit einem<br />

Frequenzumrichter kombinieren und<br />

ist nach den aktuellen BAFA-Förderrichtlinien<br />

förderfähig.<br />

Weitere Infos unter www.eisele.de<br />

FOTO: EISELE<br />

Eisele-Stabrührwerk ESR 204<br />

Das Stabrührwerk<br />

ESR 204 ist mit einem<br />

Elektromotor mit 15 kW<br />

(zugelassen für Ex-Schutz<br />

Zone 2) ausgestattet.<br />

Die Firma Eisele hat das Stabrührwerk ESR<br />

204 in das Produktprogramm übernommen.<br />

Ab sofort ist das Unternehmen damit<br />

in der Lage, moderne Biogasanlagen noch<br />

umfangreicher mit Rühr- und Pumptechnik<br />

aus einer Hand zu beliefern. Die Stabrührwerke<br />

sind bereits seit mehreren Jahren<br />

auf Biogasanlagen in ganz Deutschland,<br />

Österreich und der Schweiz im Einsatz und<br />

haben höchste Ansprüche an Lebenserwartung,<br />

Wartungsfreundlichkeit und Rührleistung<br />

erfüllt.<br />

Das ESR 204 ist mit einem Elektromotor<br />

mit 15 kW (zugelassen für Ex-Schutz Zone<br />

2) ausgestattet und sorgt mit seinen maximal<br />

100 Umdrehungen pro Minute und einem<br />

Propeller mit einem Durchmesser von<br />

140 Zentimeter für höchste Schubkräfte<br />

und maximale Rührergebnisse. Mit einer<br />

Wellenlänge von 450 Zentimeter besteht<br />

die Möglichkeit, das Rührwerk auf unterschiedlichste<br />

Behältermaße anzupassen.<br />

Die Neigungsverstellung erfolgt wahlweise<br />

mechanisch oder hydraulisch.<br />

Ein zentrales Schmiersystem versorgt alle<br />

Lager permanent mit frischen Schmierstoffen.<br />

Groß dimensionierte Lager und hochverschleißfeste<br />

Gleitringdichtungen sorgen<br />

für maximale Standzeiten und optional ist<br />

das ESR 204 für Decken- oder Wandmontage<br />

erhältlich. Zusätzlich ist das Eisele-<br />

Stab rührwerk mit einem Soft-Starter oder<br />

Frequenzumrichter kombinierbar und somit<br />

nach den aktuellen BAFA-Förderrichtlinien<br />

förderfähig.<br />

Weitere Infos unter www.eisele.de<br />

FOTO: EISELE<br />

Wave-Box 4.0/Kombi-Max<br />

Die Wave-Box ist eine Neuentwicklung<br />

der PRE GmbH für den Hochleistungsaufschluss<br />

faseriger Substrate. Mittels einer<br />

reversiblen Pumpe wird Fermenter-Substrat<br />

oder Gärrest kontinuierlich durch eine<br />

intelligente Leitungsführung optimal in<br />

den Wirkbereich von Ultraschall erzeugenden<br />

„Sonotroden“ gebracht. Die Wave-Box<br />

wird im Bypass betrieben und ist sowohl in<br />

den PRE-Hochleistungsfermenter und die<br />

PRE-Kombihydrolyse integrierbar als auch<br />

für bestehende Biogasanlagen nachrüstbar.<br />

Wesentlicher Bestandteil ist das entwickelte<br />

Hochleistungs-Ultraschall-System. Dazu<br />

gehören ein Volumendurchflussmessgerät,<br />

eine druck- und volumengeregelte Pumpe,<br />

Wave-Box an einer<br />

Biogasanlage<br />

errichtet.<br />

Sensoren, Spülleitungen sowie eine selbst<br />

optimierende und selbst überwachende<br />

Steuereinheit. Ultraschall ist Schall mit<br />

Frequenzen jenseits des Hörschalls, also<br />

von 20 Kilohertz bis in den Megahertzbereich.<br />

Gelangt Biomasse in den Wirkbereich der<br />

Schallwellen, werden zunächst organische<br />

Agglomerate zerlegt und die Gesamtoberfläche<br />

der Biomassesuspension wird<br />

vergrößert. Weitergehende Beschallung<br />

öffnet Pflanzenzellen und Bakterienzellen.<br />

Dadurch zerreißen Fasern und Zellinhaltsstoffe<br />

treten aus. Die neueste Generation<br />

der selbst entwickelten Wave-Box entstand<br />

in enger Kooperation mit der Universität<br />

Rostock und dem Leibnitz Institut für<br />

Plasmaforschung und Technologie. Bereits<br />

vorhandene Wave Boxen sind mit Plasmatechnik<br />

nachrüstbar.<br />

Weitere Infos unter www.pre-mv.de<br />

FOTO: PRE GMBH<br />

136


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

Elektro<br />

Hagl<br />

+ Motoren Generatoren<br />

+ Notstromaggregate<br />

+ Schaltanlagen<br />

Ihr Partner<br />

in Sachen<br />

BHKW<br />

Komplettmodule 50kW-530kW<br />

Gas & Diesel Service<br />

www.biogas-hagl.de · T. 0 84 52 . 73 51 50<br />

Individuelle Beratung und Konzepte<br />

• Anlagenerweiterung und -flexibilisierung<br />

• Optimierung des Anlagenbetriebes<br />

• Genehmigungsplanung<br />

• Vorbereitung, Betreuung sämtlicher Prüfungen<br />

neutral, herstellerunabhängig, kompetent<br />

Tel +49 (0)5844 976213 | mail@biogas-planung.de<br />

Gut zu wissen!<br />

Die Fachverband Biogas service GmbH kümmert sich um die Organisation<br />

und Durchführung von Schulungen und Fachveranstaltungen. Wir bieten<br />

Beratungsangebote im Bereich der Energieerzeugung durch Biogasanlagen<br />

für Hersteller, Dienstleister und Betreiber an.<br />

Unser aktuelles Veranstaltungsangebot finden Sie unter:<br />

www.service-gmbh.biogas.org<br />

Aktuelle<br />

Branchenthemen:<br />

eeG, Ausschreibungen,<br />

zukunftsoptionen, sicherheit,<br />

Düngerecht u.v.m.<br />

sPReCHen sie<br />

uns An!<br />

© Fotolia_Countrypixel<br />

Fachverband Biogas Service GmbH<br />

Angerbrunnenstr. 12<br />

85356 Freising<br />

0049 8161 / 984660<br />

service-gmbH@biogas.org<br />

137


IMPRESSUM<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2021</strong><br />

85 x 56,5<br />

IMPRESSUM<br />

Pumpen &<br />

Rührwerke<br />

für Landwirtschaft und Biogas<br />

www.eisele.de<br />

Herausgeber:<br />

Fachverband Biogas e. V.<br />

Dr. Claudius da Costa Gomez (V.i.S.d.P.)<br />

Andrea Horbelt (redaktionelle Mitarbeit)<br />

Angerbrunnenstraße 12 · 85356 Freising<br />

Tel. 0 81 61/98 46 60<br />

Fax: 0 81 61/98 46 70<br />

E-Mail: info@biogas.org<br />

Internet: www.biogas.org<br />

Biogas-<br />

Additive<br />

www.aat-substrathandel.de<br />

038852 - 6040<br />

ISSN 1619-8913<br />

Redaktion:<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Fachverband Biogas e. V.<br />

Tel. 0 54 09/9 06 94 26<br />

E-Mail: martin.bensmann@biogas.org<br />

Anzeigenverwaltung & Layout:<br />

bigbenreklamebureau GmbH<br />

An der Surheide 29 · 28870 Ottersberg-Fischerhude<br />

Tel. 0 42 93/890 89-0<br />

Fax: 0 42 93/890 89-29<br />

E-Mail: info@bb-rb.de<br />

Internet: www.bb-rb.de<br />

Druck: Druckhaus Fromm, Osnabrück<br />

Das BIOGAS Journal erscheint sechsmal im Jahr auf Deutsch.<br />

Zusätzlich erscheinen zwei Ausgaben in englischer Sprache.<br />

07374-1882 www.reck-agrar.com<br />

RÜHRTECHNIK<br />

Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich<br />

geschützt. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben<br />

die Meinung des Verfassers wieder, die nicht unbedingt mit der<br />

Position des Fachverbandes Biogas e.V. übereinstimmen muss.<br />

Nachdruck, Aufnahme in Datenbanken, Onlinedienste und Internet,<br />

Vervielfältigungen auf Datenträgern wie CD-Rom nur nach vorheriger<br />

schriftlicher Zustimmung. Bei Einsendungen an die Redaktion<br />

wird das Einverständnis zur vollen oder auszugsweisen Veröffentlichung<br />

vorausgesetzt. Für unverlangt eingehende Einsendungen<br />

wird keine Haftung übernommen. Die Redaktion behält sich vor,<br />

Leserbriefe sinnerhaltend zu kürzen.<br />

138


ca. 100x gasdichter als herkömmliche<br />

– den DLG-Anforderungen<br />

entsprechende – Silofolie<br />

einfacheres, schnelleres Verlegen<br />

sehr hohe Energiedichte in der Silage<br />

Breite (bis 64m) und Länge frei konfektionierbar<br />

extrem belastbare und dehnfähige Folie<br />

Gewährleistet die UV-Stabilität<br />

Sorgt für eine extreme Dehn- und Reißfestigkeit<br />

Verleiht eine einzigartige Geschmeidigkeit<br />

Verbindet die Schichten miteinander<br />

Gewährleistet eine extrem hohe Sauerstoffbarriere<br />

Verbindet die Schichten miteinander<br />

Verleiht eine einzigartige Geschmeidigkeit<br />

Sorgt für eine extreme Dehn- und Reißfestigkeit<br />

Gewährleistet die UV-Stabilität<br />

weniger Nacherwärmung<br />

weniger Schimmelbildung<br />

18 Monate UV-stabil<br />

Beständig gegenüber Temperatur<br />

und Gärsäuren<br />

Die Hydrosil|Familie<br />

Nutzen Sie das Potential Ihrer Silage voll aus !<br />

Hydro<br />

PI.X<br />

Hydro<br />

PI.XE<br />

Hydro<br />

DUO<br />

Hydro<br />

HF<br />

Verhindert Silierverluste vor dem Öffnen<br />

Rasche pH-Wert-Senkung<br />

Verbesserung der Stabilität<br />

Qualität der Silage wird signifikant erhöht<br />

Verluste vom Anschnitt werden reduziert<br />

Erwärmung und Schimmelbildung wird erfolgreich vorgebeugt<br />

Stabilisiert Gras-, GPS-, und Maissilagen unterschiedlicher TS-Gehalte gleichermaßen<br />

Einfach ein runde Sache!<br />

Hocheffiziente Spurenelemente mit höchster biologischer<br />

Verfügbarkeit<br />

Keine versteckten Gefahren wie Stäube oder versehentlich<br />

angerissene Säcke<br />

Transparente Zusammensetzung und Anpassung<br />

Fermentierbare Folie, staubfrei<br />

Einfache, CO2-freundliche Lieferung per Paketdienst<br />

Stabiliesiert den Fermentationsprozess<br />

Einfache, sichere und kräfteschonende Anwendung<br />

SaM-Power GmbH<br />

Schmiedestraße 9 · 27419 Lengenbostel<br />

Fon: (0 42 82) 6 34 99 - 0 · Fax: (0 42 82) 6 34 99 - 19<br />

Mail: info@sam-power.de · www.sam-power.de<br />

139


Rausholen, was drin ist.<br />

Aktivkohle | Wechselservice<br />

für Ihre Biogasanlage<br />

Aktivkohle<br />

Regenerierung/Entsorgung<br />

Ihre Vorteile:<br />

Hochleistungs- & Standardkohle<br />

direkt ab Lager verfügbar<br />

Eigener Fuhrpark<br />

reduzierte Transportkosten<br />

durch effiziente Routenplanung<br />

One Man-Full Service<br />

nur ein Termin für Ihre Anlage<br />

Schnelle Lieferung<br />

Standard-, Express-Versand<br />

und 24/7-Service<br />

LKW mit Kran<br />

Autarkes Arbeiten vor Ort!<br />

Service/Bestellung<br />

Thomasburg<br />

Berlin<br />

Essen<br />

Wechselservice<br />

Routenplanung<br />

Anlieferung<br />

Anlagenbau | Kältetechnik<br />

Rausholen, was drin ist.<br />

Lieferung | Wechselservice | Entsorgung<br />

QR-Code scannen<br />

und alle Produkte<br />

anschauen.<br />

Aktivkohle24 Tel: 0201 9999 5757 info@aktivkohle24.com www.aktivkohle24.com

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!