17.03.2023 Aufrufe

114_Ausgabe Januar 2013

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ZITTAUER KABARETTTAGE<br />

Gerhart Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau<br />

Freitag 04.01.<strong>2013</strong> | 19:30 Uhr | Große Bühne<br />

Uwe Steimle<br />

Special<br />

Montag 07.01.<strong>2013</strong> | 19:30 Uhr | Große Bühne<br />

Pigor & Eichhorn<br />

Volume 7 - Cool Cabaret<br />

Dienstag 08.01.<strong>2013</strong> | 19:30 Uhr | Große Bühne<br />

Zärtlichkeiten mit Freunden<br />

Mitten ins Herts<br />

Mittwoch 09.01.<strong>2013</strong> | 19:30 Uhr | Große Bühne<br />

Herkuleskeule<br />

Radioballett oder: Opa twittert<br />

Donnerstag 10.01.<strong>2013</strong> | 19:30 Uhr | Große Bühne<br />

Academixer<br />

Erwischt<br />

Freitag 11.01.<strong>2013</strong> | 19:30 Uhr | Große Bühne<br />

Sündikat<br />

Endspurt für die Ritter der Merkelrunde<br />

Samstag 12.01.<strong>2013</strong> | 19:30 Uhr | Große Bühne<br />

Tatjana Meissner<br />

Best of Comedy<br />

Ausverkauft<br />

Ausverkauft<br />

Restkarten<br />

Restkarten<br />

Kartentelefon: 03583 770536 | E-Mail: service@g-h-t.de | www.g-h-t.de<br />

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!


Vorwort<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

ein neues Jahr, und das mit einer 13 in der<br />

Jahreszahl. Die guten Vorsätze vom Jahreswechsel<br />

verblassen. Der Görlitzer Alltag hat<br />

uns wieder. Die Debatten darüber, was für<br />

die Stadt vorteilhaft oder überflüssig, machbar<br />

oder illusorisch ist, gehen weiter. In den<br />

wetterwendischen Beliebtheitsumfragen der<br />

Medien rutscht Görlitz ab, trotz der nach wie<br />

vor günstigen Bilanz des Tourismus. In überregionalen<br />

Presse- und Fernsehbeiträgen<br />

finden sich neben der bisher wohlwollenden<br />

Anerkennung nun zunehmend kritische<br />

Stimmen zum Geschehen in der Stadt. 1926<br />

verfaßte der in Görlitz geborene und aufgewachsene<br />

Werner Finck, der seine Heimatstadt<br />

gleichwohl ein Leben lang liebte, ein<br />

etwas boshaftes Gedicht „In Görlitz“. Darin<br />

hieß es: „Denn Fremdling, lasse dich nicht<br />

täuschen. Die Stadt ist halb so aufgeregt,<br />

als sie mit den Verkehrsgeräuschen den<br />

Eindruck zu erwecken pflegt.... Wie mir ein<br />

Eingeborener berichtet, kann man sich sogar<br />

Görlitz übersehn!“ (Mit seinem Bruder,<br />

der an der Berliner Straße wohnte, hatte ich<br />

vor 50 Jahren noch vergnügliche Gespräche<br />

über seine Familienerinnerungen, und 1902,<br />

am 100. Geburtstag des berühmten Kabarettisten<br />

und Schriftstellers Werner Finck,<br />

zog ich an der Spitze einer fröhlichen Schar<br />

von Liebhabern der „Finckenschläge“ von<br />

Station zu Station seiner Görlitzer Jahre.)<br />

Ein ferner Wink von Werner Finck (so eines<br />

seiner berühmten Wortspiele) mag zum<br />

Jahresbeginn gar nicht so fern von unserer<br />

Wirklichkeit sein. Er legte einst den Finger<br />

auf so manche schmerzhafte Wunde, auch<br />

in unserer Stadt, aber aus Liebe, nicht mit<br />

verletzender Häme. Auch wir werden heutzutage<br />

nicht umhin kommen, auch unangenehme<br />

Wahrheiten nüchtern zur Kenntnis zu<br />

nehmen, denn die gibt es überreichlich in<br />

aller Welt, in Europa und auch vor unserer<br />

Haustür. Soweit es geht, wollen wir mit Bürgersinn<br />

für Abhilfe sorgen. Ärgerliche Tatsachen<br />

lassen sich nicht mehr schönreden –<br />

Armut, Verwahrlosung, Hemmungslosigkeit,<br />

Hochmut, Amerikanisierung, Abwanderung,<br />

Mißmut. Notwendige Visionen sind nicht<br />

mit kostspieligen Illusionen zu verwechseln,<br />

Görlitz ist nicht der Nabel der Welt. Anläufe<br />

wie Kulturhauptstadt, Welterbe, Europastadt<br />

bescherten uns Aufmerksamkeit, aber<br />

auch Kritik wegen Selbstüberschätzung, Verschwendung<br />

oder gar Größenwahn. Neben<br />

sichtbaren baulichen Fortschritten mehren<br />

sich Negativposten wie Stadthalle, Warenhaus,<br />

Shopping-Center-Wahnwitz. Dennoch<br />

oder deshalb erinnere man sich an den<br />

Satz aus Fincks autobiographischem Buch<br />

„Alter Narr, was nun?“:“Das Tadeln meiner<br />

kleinen Stadt überlasse ich den Söhnen der<br />

Weltstädte. Wir aus den kleinbürgerlichen<br />

Städten müssen zusammenhalten.“ Konzentrieren<br />

wir uns auf Nötiges, Machbares,<br />

Begreifliches! Das ist der Wille vieler Bürger,<br />

darunter<br />

Ihr Ernst Kretzschmar.<br />

Wohnungsgenossenschaft Görlitz eG<br />

Wir bieten mehr!<br />

anzeige<br />

Einleitung<br />

02826 Görlitz • Biesnitzer Fußweg 870<br />

Tel.: 0 35 81/ 48 03-0 • Fax: 0 35 81/ 48 03 14<br />

City-Büro: Jakobstr. 30 • Tel.: 0 35 81/ 87 99 91<br />

e-mail: info@wg-goerlitz.de<br />

www.wg-goerlitz.de<br />

3


Der ”alte”<br />

”alte”<br />

Junghans<br />

Junghans<br />

–<br />

Musikmeister in Görlitz 1910<br />

Nur noch ältere Görlitzer werden sich<br />

an einen Mann erinnern, der vom Anfang<br />

bis in die vierziger Jahre des vergangenen<br />

Jahrhunderts eine populäre<br />

Persönlichkeit in unserer Stadt war. Er<br />

war ein Mann, dessen Schicksal und<br />

das seine Familie sehr unmittelbar und<br />

zuletzt auch tragisch geprägt wurde<br />

von den Verwerfungen des 20. Jahrhunderts,<br />

denen er sich nicht entziehen<br />

konnte. Dem Aufstieg vom bettelarmen<br />

Sohn eines hessischen Kleinbauern zum<br />

stadtbekannten Stabsmusikmeister<br />

folgte im Alter der brutale Abstieg in ein<br />

Nichts, vom gefeierten Dirigenten das<br />

Ende als körperlich und seelisch gebrochener<br />

Greis. Der “alte” Junghans, richtiger<br />

Heinrich Junghans, war mit Leib<br />

und Seele Militärmusiker, ein Mann von<br />

hoher musikalischer Begabung, dem<br />

erst die preußische Armee Ausbildung<br />

und Studium ermöglicht hatte, wäre er<br />

doch sonst wie sein Vater ein mittelloser<br />

Dorfmusikus geblieben. Er diente<br />

den Armeen dreier deutscher Systeme,<br />

der des kaiserlichen Deutschland,<br />

der Weimarer Republik und schließlich<br />

der des nationalsozialistischen Regimes<br />

bis zu seiner Pensionierung 1941.<br />

Junghans liebte seine Musik über alles,<br />

sah sich aber auch als Soldat in treuer<br />

Pflichtfüllung seines Dienstes. Er war<br />

anzeige<br />

Heute blicken wir zurück auf 24 Jahre Erfahrung<br />

und Kompetenz rund um Ihre Augen, Brillen, u.v.m..<br />

Wir freuen uns, dass Sie uns in dieser Zeit<br />

Ihr Vertrauen geschenkt haben.<br />

Das können wir für Sie tun:<br />

Augenprüfung • Beratung bei Sehproblemen • Anpassung von vergrößernden<br />

Sehhilfen • Bildschirmarbeitsplatzberatung • computergestützte<br />

Brillenglas-Zentrierung • Videoberatung bei der Fassungswahl • Sportoptik<br />

Ferngläser und Wettergeräte • Führerscheinsehtest<br />

Jakobstraße 4a | 02826 Görlitz | Tel.: 03581 40 30 11<br />

www.optik-wuensche.de<br />

4<br />

Geschichte


Der<br />

ein Görlitzer<br />

”alte”<br />

Familienschicksal<br />

Junghans<br />

Mit Ehefrau und drei Kindern vor 1914<br />

Preuße “bis auf die Knochen”, parteipolitisch<br />

unabhängig und innerlich oft<br />

in großer und spottender Distanz zu<br />

den Herrschenden seiner Zeit. In seiner<br />

schlichten und aufrechten Haltung<br />

verabscheute er alle Großmannssucht<br />

und lehnte alle Schaumschlägerei ab.<br />

Von den Musikern seiner Kapelle verlangte<br />

er, der über ein musikalisch absolutes<br />

Gehör verfügte, ein sauberes<br />

und einwandfreies Spiel, darin war er<br />

unerbittlich. Andererseits erwies er<br />

sich seinen Leuten gegenüber als ein<br />

väterlicher Vorgesetzter und Berater.<br />

Mit unserer<br />

Sonnen-Apotheke<br />

natürlich fit und gesund durch<br />

die kalte Jahreszeit!<br />

anzeige<br />

Wir bleiben für Sie in Görlitz - Königshufen.<br />

Apothekerin Monika Wendrich<br />

Gersdorfstraße 17 | 02828 Görlitz | Tel./Fax.: 03581 31 40 50<br />

Unsere kundenfreundlichen Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Freitag von 7:30 - 18:30 Uhr<br />

Samstag von 8:00 - 12:00 Uhr<br />

Geschichte<br />

5


Der ”alte”<br />

”alte”<br />

Junghans<br />

Junghans<br />

–<br />

-<br />

Konzert im Jägerwäldchen um 1933<br />

Davon kam auch seine allgemeine Bezeichnung<br />

„Papa Junghans“. Jahrzehntelang<br />

flogen ihm die Herzen der Görlitzer,<br />

nicht zuletzt der Frauen, zu, wenn<br />

er an der Spitze seiner 50 und mehr<br />

Mann umfassenden Kapelle durch die<br />

Stadt marschierte oder Militärkonzerte<br />

auf den Plätzen der Stadt, in Gartenrestaurants,<br />

auf Fabrikhöfen oder im<br />

unvergessenen Jägerwäldchen in der<br />

früheren Oststadt gab. Berühmt waren<br />

auch seine Konzerte in der Stadthalle.<br />

Dabei legte er großen Wert darauf,<br />

dass sein Musikkorps nicht nur Märsche<br />

anzeige<br />

IVH IMMOBILIENVERWALTUNG<br />

Hoffmann<br />

Verwaltung und Vermietung von Immobilien<br />

6<br />

Marienplatz 2 • 02826 Görlitz<br />

Telefon: 03581 / 41 10 92<br />

Telefax: 03581 / 41 10 90<br />

e-mail: office@iv-hoffmann.de<br />

Internet: www.iv-hoffmann.de<br />

Geschichte


Der<br />

ein Görlitzer<br />

”alte”<br />

Familienschicksal<br />

Junghans<br />

spielte, sondern auch klassische Musik<br />

und die leichte Muse pflegte. Dabei ließ<br />

er sich in die Auswahl seiner dirigierten<br />

Musikstücke niemals hineinreden,<br />

auch nicht in der NS-Zeit, als jüdische<br />

Komponisten auf dem Index standen.<br />

Dann konnte er auf stur schalten und<br />

erklären: “Mich interessiert die Musik<br />

und nicht der Taufschein”. Und wann<br />

begann der Lebensweg dieses ungewöhnlichen<br />

Mannes? 1876, nicht in<br />

einem großbürgerlichen Offiziersmilieu,<br />

sondern in der Kate eines hessischen<br />

Kleinbauern, in Vockerode, Kreis<br />

Eschwege, am Fuße des Hohen Meißners.<br />

Sein Vater Johannes schlug sich<br />

mehr schlecht als recht als Kleinbauer<br />

und Schuhmacher durch, von seine<br />

zwölf Kindern fielen sechs der damals<br />

herrschenden Armut zum Opfer. Eines<br />

aber vererbte der auch als Gelegenheitsmusiker<br />

tätige Vater seinen überlebenden<br />

sechs Söhnen: Eine außergewöhnliche<br />

musikalische Begabung. Alle<br />

Jungen wurden Orchestermusiker oder<br />

Dirigenten, die fähigsten von ihnen<br />

waren Heinrich und sein Bruder Ernst.<br />

Programmzettel Pfingsten 1931<br />

Früh war der Berufsweg von Heinrich<br />

vorgezeichnet. Nach vierjähriger Ausbildung<br />

an der Musikschule in Eisenach<br />

trat er als Freiwilliger in das Musikkorps<br />

des sächsischen Infanterieregiments Nr.<br />

anzeige<br />

Geschichte<br />

7


Der ”alte”<br />

”alte”<br />

Junghans<br />

Junghans<br />

–<br />

-<br />

Werkkonzert in der WUMAG, Abteilung Maschinenbau, 1935<br />

104 in Chemnitz ein, später führte ihn<br />

sein Weg nach Münster (Westfalen),<br />

wo der damalige Armeemusikinspizient<br />

Gawert, übrigens ein unehelicher Sohn<br />

Kaiser Friedrich III, seine außergewöhnlichen<br />

musikalischen Fähigkeiten<br />

erkannte und ihm den Weg zur Musikhochschule<br />

in Berlin ebnete. Nach dreijährigem<br />

erfolgreichem Studium wurde<br />

Junghans Militärmusikmeister in Kolberg,<br />

Hinterpommern, jetzt Kolobrzeg.<br />

Hier lernte er seine spätere Frau Anna,<br />

geborene Kriegshammer, kennen, mit<br />

der er 1909 nach Görlitz umzog, nach-<br />

anzeige<br />

8<br />

Geschichte


Der<br />

ein Görlitzer<br />

”alte”<br />

Familienschicksal<br />

Junghans<br />

dem er zum dortigen Musikmeister des<br />

damaligen Infanterieregiments Nr. 19<br />

berufen worden war. Hier fand er ein<br />

zunächst schwieriges Betätigungsfeld<br />

vor, war doch der Personalbestand des<br />

Musikkorps stark dezimiert. Aufgrund<br />

seiner großen pädagogischen Fähigkeiten<br />

gelang es ihm jedoch bald, neue<br />

und junge Kräfte zu gewinnen und das<br />

Orchester auf sein hohes musikalisches<br />

Niveau zu führen, das die Begeisterung<br />

der Görlitzer Musikfreunde über<br />

lange Jahre hinweg fand. Den ersten<br />

Weltkrieg überlebte er nur durch einen<br />

wunderbaren Zufall: Wie seine Musiker<br />

in Frankreich nicht bei der kämpfenden<br />

Truppe, sondern als Sanitäter eingesetzt,<br />

infizierte er sich bei der Pflege<br />

typhuskranker Soldaten und wurde<br />

als vermeindlich Verstorbener schon<br />

in eine Leichenhalle gebracht, als eine<br />

Krankenschwester den langsam wieder<br />

Genesenden erkannte und ihn vor<br />

dem Tod im Massengrab bewahrte.<br />

Nach dem ersten Weltkrieg wurde das<br />

deutsche Heer aufgrund des Versailler<br />

Vertrages stark verkleinert. Junghans<br />

An der Spitze der Marschkolone auf der<br />

Promenade um 1938<br />

brauchte aber nicht das Schicksal vieler<br />

entlassener Berufssoldaten teilen, sondern<br />

konnte seine Arbeit als Stabsmusikmeister<br />

beim späteren Infanterieregiment<br />

Nr. 30 fortsetzen. Aus dieser<br />

Entdecken Sie ein<br />

neues Fahrgefühl!<br />

Der neue<br />

SEAT LEON<br />

anzeige<br />

Geschichte<br />

Nieskyer Straße 913 • 02828 Görlitz • Tel.: 03581 38 24-0 • www.autohausgoerlitz.de<br />

9


Der ”alte”<br />

”alte”<br />

Junghans<br />

Junghans<br />

–<br />

-<br />

Zeit kennen ihn doch manche der heutigen<br />

älteren Görlitzer, die Junghans als<br />

Kind erlebten. 1941 trat Junghans nach<br />

47-jähriger Dienstzeit, davon 32 Jahre<br />

in Görlitz, in den Ruhestand. Ein ruhiger<br />

Lebensabend war ihm aber nicht<br />

beschieden, seine letzten Jahre waren<br />

von großer Tragik überschattet. Als<br />

erster Görlitzer Kriegstoter des zweiten<br />

Weltkrieges fiel sein Sohn Heinz am 1.<br />

September 1939 in Polen, sein Sohn<br />

Karl blieb in Jugoslawien verschollen.<br />

Schließlich erlitt Heinrich Junghans<br />

das Schicksal von Millionen vertriebener<br />

Ostdeutscher. Seine Wohnung in<br />

der Ostgörlitzer Trotzendorfstraße 104<br />

(jetzt Zgorzelec) lag auf der “falschen”<br />

Seite der Neiße, nur ca. 800 Meter vom<br />

Fluss entfernt. Nach der Rückkehr von<br />

der Flucht in seine Wohnung Ende Mai<br />

1945 fand er diese komplett ausgeräumt,<br />

die für ihn besonders wertvollen<br />

Dinge, darunter sein geliebtes Klavier<br />

und seine große Notensammlung, darunter<br />

viele eigene Kompositionen, fand<br />

er im Innenhof seines Hauses zerstört.<br />

Völlig mittellos konnte der gebrochene<br />

Mann erst im Juni dieses Jahres in die<br />

Görlitzer Weststadt gelangen, wo er mit<br />

seiner Frau und sieben anderen Personen<br />

Aufnahme in der kleinen Vierzimmerwohnung<br />

seiner Tochter Annelise in<br />

der Konsulstraße 40 fand. Gezeichnet<br />

von der großen Not der Nachkriegsjahre<br />

starb der einst gefeierte Heinrich<br />

Junghans 1948. Seine letzte Ruhestätte<br />

fand er auf dem Görlitzer Friedhof.<br />

Das musikalische Genie von Heinrich<br />

Junghans hat sich in seinen Nachkommen<br />

leider nicht fortgesetzt. Seine Be-<br />

anzeige<br />

DVD<br />

Best of Fassadengeflüster<br />

Bestellung unter<br />

Tel.: 03581 38 62 0<br />

10<br />

Geschichte


Der<br />

ein Görlitzer<br />

”alte”<br />

Familienschicksal<br />

Junghans<br />

Als Komparse in einem Fridericus-Film der UFA<br />

Stabsmusikmeister Heinrich Junghans 1940<br />

geisterung für klassische Musik hat der<br />

Verfasser dieses Artikels, einer seiner<br />

Enkelsöhne, jedoch geerbt.<br />

Hanno Vogt, Willstätt,<br />

Mittelbaden<br />

anzeige<br />

Geschichte<br />

11


Ratsarchiv<br />

Görlitzer Volkszählung im Jahre 1735 –<br />

Der nasse wie sehr kühle Sommer des<br />

Jahres 1735, welcher mit zahlreichen<br />

Unwettern, Überschwemmungen und<br />

Mißernten die Görlitzer fürchterlich geplagt<br />

hatte, neigte sich endlich dem<br />

Ende zu. Das ganze Jahr herrschte zudem<br />

Angst wegen eines möglichen Krieges.<br />

Der polnische Gegenkönig Stanislaus<br />

Leszynski werde mit 18.000 Mann in<br />

Sachsen und die Oberlausitz einfallen, so<br />

hieß es. Auch in Görlitz verstärkte man<br />

deshalb die Mauern, beschaffte man<br />

Waffen und Pulver, füllte die Getreidespeicher.<br />

Ständige Geldforderungen des<br />

Dresdner Hofes wurden trotz exorbitanter<br />

Verschuldung zähneknirschend, aber<br />

„gutwillig“, wie man elegant schrieb,<br />

immer wieder bewilligt. Die Landesherrschaft,<br />

der sich entwickelnde sächsische<br />

Staat, hatte besonders wegen der Steuererhebungen<br />

und der Einschätzung der<br />

Finanzkraft der Untertanen großes Interesse<br />

an exakten statistischen Angaben<br />

über die Einwohner und Viehbestände.<br />

Dies forderte sie also nachdrücklich vom<br />

Görlitzer Rat. Bürgermeister Schäffer<br />

und die Ratsherren setzten dann auch<br />

beflissen alles daran, dieser Anordnung<br />

pflichtgemäß Folge zu leisten. Schließlich<br />

stand man ja immer noch unter der<br />

demütigenden Kontrolle der gestrengen<br />

kurfürstlich-sächsischen Lokalkommission.<br />

Die Viertelsmeister, wesentlich zuständig<br />

für die Verteidigungsorganisation<br />

in den Stadtvierteln, wurden deshalb<br />

auf das Rathaus beordert und ihnen die<br />

Zählung anbefohlen. Dabei sollten sie<br />

sich der Hilfe der Corporale bedienen.<br />

Die Stadtviertel und die anliegenden<br />

Vorstädte außerhalb der Stadtmauern,<br />

die ihren Namen von den Toren erhalten<br />

hatten (Frauen,- Reichenbacher,- Neiß-,<br />

Nikolaiviertel), unterteilten sich wiederum<br />

in 43 Corporalschaften. So gingen<br />

die Corporale, meist Handwerker, im<br />

September an das Werk. Im Ergebnis<br />

entstand die bis dahin genaueste Statistik<br />

nicht nur über die Einwohnerzahl,<br />

sondern auch den sozialen Stand und<br />

die Berufe der Bürgerschaft.<br />

So zählte man 1102 Hausbesitzer (Wirthe)<br />

und 1469 Mieter. Dazu kamen 1656<br />

Eheweiber und 1761 Kinder. Die Kinder<br />

wurden erst ab dem siebenten Lebens-<br />

anzeige<br />

12<br />

Geschichte


Ratsarchiv<br />

aufschlußreiche Statistik<br />

Zahlung 1735<br />

jahr erfasst. Denn die Kleinkindersterblichkeit<br />

war zu jener Zeit überall sehr<br />

hoch. Pro Jahr wurden etwa 320 Kinder<br />

getauft, so dass man hypothetisch noch<br />

einmal 1800 Kleinkinder dazurechnen<br />

könnte. Im Schnitt gehörten 2 Kinder<br />

anzeige<br />

Geschichte<br />

13


Ratsarchiv<br />

Görlitzer Volkszählung im Jahre 1735 –<br />

zu einer Familie. Insgesamt 1302 Personen<br />

zählten zum Gesinde, Knechte<br />

und Mägde. Verehelicht und mit Kindern<br />

gesegnet waren freilich nur die Hausbesitzer<br />

und ein Gutteil der Mieter, Handwerker<br />

zumeist. Eine „Wirtschaft zu bestellen“,<br />

worunter man sehr zutreffend<br />

die Ehe und folgende Familiengründung<br />

verstand, war nur möglich, wenn der<br />

Ehemann über die nötigen finanziellen<br />

Mittel verfügte, diese auch zu ernähren.<br />

Insgesamt lebten 7290 Einwohner von<br />

über sechs Jahren in Görlitz. Von 3873<br />

Bewohnern mit eigenem Broterwerb<br />

zahlten allerdings nur etwa 1400 Personen<br />

Steuern. Und nur die Steuerzahler<br />

verfügten über die finanziellen Mittel, die<br />

es ermöglichten, nicht nur von der Hand<br />

in den Mund zu leben. Die Masse der<br />

Einwohner des frühneuzeitlichen Görlitz<br />

hatte weder Ersparnisse noch die Möglichkeit,<br />

sich mehr als eine eher dürftige<br />

Nahrung, Miete, Heizung, alle Jahre<br />

Schuhe und Kleidung zu beschaffen.<br />

Jeder noch so kleine Schicksalsschlag<br />

wie Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Verteuerungen<br />

des Brotes infolge Missernten<br />

und Kriegen bedeutete schlicht und<br />

ergreifend Hunger und bittere Not. Das<br />

Gesinde wurde bezeichnenderweise nur<br />

erfasst, die Namen aber nicht notiert.<br />

Bedingt durch den Dreissigjährigen<br />

Krieg, Seuchen und Hungersnöte war<br />

die Bevölkerungszahl seit dem 16. Jahrhundert<br />

deutlich gesunken. Dazu kam<br />

aus verschieden Gründen auch ein Niedergang<br />

der wichtigsten Säule des Görlitzer<br />

Wohlstandes, der Tuchmacherei.<br />

So ergibt sich aus den Geschoßbüchern<br />

(Geschoß, städtische Vermögenssteuer)<br />

für das Jahr 1533, in der Blütezeit der<br />

Handels und Exportgewerbestadt also,<br />

eine Zahl von etwa 10600 Einwohnern<br />

in der ummauerten Stadt und den Vorstädten.<br />

Zugleich ist das Bevölkerungsregister<br />

ein fast perfektes Adressbuch.<br />

Wir erfahren, in welchen Straßen und<br />

Häusern Kaufleute, Krämer, Handwerker<br />

oder Tagelöhner lebten. So wird<br />

man in die Lage versetzt, eine Sozialtopographie<br />

der Stadt zu zeichnen. Nur<br />

ein Beispiel sei genannt. Das prächtige<br />

Hallenhaus, der Brauhof Untermarkt<br />

2, gehörte dem Braubürger Christian<br />

anzeige<br />

14<br />

Geschichte


Ratsarchiv<br />

aufschlußreiche Statistik<br />

Gottlob Hagendorn. Zur Miete lebten<br />

darin ein Advokat, der Wagemeister,<br />

ein Wageknecht, ein Studiosus, ein Maler<br />

und eine Schneiderin. Dazu kamen<br />

noch 4 Ehefrauen und 2 Kinder. Zudem<br />

beschäftigten der Brauherr, der Wagemeister,<br />

der Studiosus sowie die Schneiderin<br />

6 Mägde und Knechte. Im Hause<br />

lebten also insgesamt etwa 20 recht<br />

unterschiedlich situierte, aber durchaus<br />

wohlhabende Personen.<br />

Wir sind mit Recht stolz auf die einzigartige<br />

Görlitzer Altstadt, die fraglos tatsächlich<br />

Welterbe darstellt. Verstehen<br />

können wir sie aber erst, wenn wir etwas<br />

über ihre Schöpfer, ihre Bewohner<br />

und deren Schicksale erfahren. Dann<br />

plötzlich beginnen die Mauern zu sprechen<br />

und bekommen eine Seele.<br />

Siegfried Hoche<br />

Ratsarchivar<br />

Görlitzer Rathaus 1792 (Zeichnung von Johann Gottfried Schultz)<br />

anzeige<br />

Geschichte<br />

15


Sandmann und seine Freunde –<br />

„Mit einer Kindheit voller Liebe kann man<br />

ein halbes Leben hindurch<br />

die kalte Welt aushalten“ J. Paul<br />

Viele Rothenburger wunderten sich über<br />

den etwas ungewöhnlichen Termin für<br />

eine Ausstellungseröffnung. Die Vernissage<br />

war als ein verspäteter Geburtstagsgruß<br />

an eine Kultfigur des Fernsehens<br />

des Ostens gedacht. Ein kleiner Mann<br />

mit weißem Bärtchen, einer überdimensionierten<br />

Mütze und einem Umhang<br />

geleitet seit 53 Jahren Kinder mit Geschichten<br />

und Traumsand zur Nachtruhe.<br />

Am 22. November 1959 ging „Unser<br />

Sandmännchen“ im Osten des geteilten<br />

Deutschlands auf Sendung, 10 Tage vor<br />

dem geplanten Start des „Sandmännchens<br />

Gruß für Kinder“ des Westens. Als<br />

die Planungen für einen Abendgruß des<br />

Westens die Fernsehmacher in Adlershof<br />

erreichten, ordnete der damalige Fernsehchef<br />

eine analoge Sendung an.<br />

Der Vater des Ostsandmännchens, Gerhard<br />

Behrend, erschuf in nur 14 Tagen<br />

die erste Folge dieser Sendung. Eigentlich<br />

ein Ideenklau – aber auf beiden Seiten.<br />

Aus der Feder von Hans Christian Andersen<br />

stammt eine Figur Ole Lukøje, dem<br />

Augenschließer. Andersens Märchenfigur<br />

erzählte Kindern Gute-Nacht-Geschichten,<br />

und braven Kindern schenkte er gute<br />

Träume.<br />

Der Besuch dieser Ausstellung im Rothenburger<br />

Stadtmuseum ist für die ganze<br />

anzeige<br />

16<br />

Ausblick


Sandmann<br />

zu Besuch im Stadtmuseum Rothenburg<br />

beliebten Puppen ihre Stimmen gaben.<br />

Oder wissen Sie noch, wer Meister Briefmarke<br />

oder Tadeus Punkt war?<br />

Stadtmuseum Rothenburg<br />

Das Museum der Stadt Rothenburg ist<br />

Mo + Di + Fr von 9.00 bis 15.00 Uhr<br />

Do von 10.00 bis 17.00 Uhr und nach telefonischer<br />

Vereinbarung geöffnet.<br />

Familie ein reizvolles und lohnenswertes<br />

Ereignis. Für Kinder ist es eine erste persönliche<br />

Begegnung mit Figuren, die sie<br />

nur aus den Kindersendungen und den<br />

Abendgrüßen des Fernsehens kennen.<br />

Bei älteren Besuchern hingegen werden<br />

viele Erinnerungen an die eigene Kindheit<br />

geweckt. Nebenbei erhält der Besucher<br />

Wissenswertes über die Künstler, die den<br />

anzeige<br />

Ausblick<br />

17


Mehr als 200<br />

als<br />

Jahre<br />

200<br />

Tradition<br />

Jahre<br />

–<br />

In den beiden vergangen Jahren konnte<br />

die Naturforschende Gesellschaft der<br />

Oberlausitz zwei Jubiläen feiern: Im<br />

Jahre 2010 waren 20 Jahre nach Wiedergründung<br />

der Gesellschaft am 22.<br />

September 1990 vergangen, und 2011<br />

konnte der 200. Geburtstag seit Gründung<br />

der Ornithologischen Gesellschaft<br />

zu Görlitz gefeiert werden. Da die Geschichte<br />

der Gesellschaft auch die Geschichte<br />

des Görlitzer Naturkundemuseums<br />

ist, wurde das Jubiläum natürlich<br />

gemeinsam gefeiert.<br />

Am 10. April 1811 war die Ornithologische<br />

Gesellschaft auf Initiative des<br />

Tuchkaufmanns Johann Gottlieb Krezschmar<br />

gegründet worden. Nachdem<br />

sich anfangs v.a. Liebhaber und Besitzer<br />

von Stubenvögeln zusammentaten, war<br />

das Interesse bald auch auf andere Gebiete<br />

der Naturwissenschaften gerichtet,<br />

so dass sich die Gesellschaft am 9. April<br />

1823 in Naturforschende Gesellschaft<br />

zu Görlitz umbenannte. Es wurden verschiedene<br />

Sektionen gegründet, so die<br />

der gesamten Zoologie, der Botanik und<br />

später auch der Ökonomie (gemeint war<br />

damals die Land- und Forstwirtschaft).<br />

Von der Gründung an war geplant, eine<br />

eigene Zeitschrift herauszugeben. Durch<br />

verschiedene Schwierigkeiten verzögerte<br />

sich die die Veröffentlichung des 1.<br />

Bandes der „Abhandlungen der Naturforschenden<br />

Gesellschaft zu Görlitz“ bis<br />

zum Jahr 1827.<br />

Da die Sammlungsobjekte der Gesellschaft<br />

kontinuierlich zunahmen, wurden<br />

schon bald Pläne für einen eigenen<br />

Museumsbau geschmiedet. Es dauerte<br />

dann aber, aus finanziellen Gründen,<br />

bis zum Jahre 1860, als am 26. Oktober<br />

das Museumsgebäude am heutigen Marienplatz<br />

durch den Präsidenten Georg<br />

von Möllendorf feierlich eröffnet werden<br />

konnte.<br />

Nach guten und auch schlechten Jahren<br />

– nicht nur für die Naturforschende<br />

Gesellschaft, sondern für Deutschland<br />

insgesamt – gab es nach dem 2.<br />

Weltkrieg maßgebliche Veränderungen,<br />

deren Folgen sich bis heute auswirken.<br />

Die Gesellschaft wurde, wie alle privaten<br />

Organisationen, verboten und das<br />

Museum verstaatlicht. Es entwickelte<br />

anzeige<br />

18<br />

Geschichte


Mehr<br />

Naturforschende<br />

als<br />

Gesellschaft<br />

200 Jahre<br />

der Oberlausitz<br />

Jubiläumsfeier 2011 (Professor Dr. Wolfram Dunger)<br />

sich immer mehr zur wissenschaftlichen<br />

Forschungsstätte. Als 1959 Dr. Wolfram<br />

Dunger Direktor des Museums wurde,<br />

schlug er ab ca. 1960 eine neue Forschungsrichtung<br />

ein, nämlich die Bodenzoologie.<br />

Die Erforschung der Bodentiere<br />

am Görlitzer Museum erlangte<br />

unter seiner Leitung internationale Bedeutung,<br />

und das Museum ist heute<br />

eine weltweit anerkannte Forschungs-<br />

anzeige<br />

Geschichte<br />

19


Mehr als 200<br />

als<br />

Jahre<br />

200<br />

Tradition<br />

Jahre<br />

–<br />

Neuer Vorstand 2011<br />

einrichtung auf diesem Gebiet.<br />

Wegen des Verbots der Gesellschaft<br />

wurden nach dem Ende des 2. Weltkrieges<br />

andere Wege gegangen, um die Gesellschaftsarbeit<br />

quasi weiterzuführen.<br />

Zunächst entstand 1957 der „Naturwissenschaftliche<br />

Arbeitskreis Bautzen“,<br />

von 1961 bis 1990 wurden im Museum<br />

Görlitz die „Symposien über die naturwissenschaftliche<br />

Forschung“ durchge-<br />

anzeige<br />

20<br />

Geschichte


Mehr<br />

Naturforschende<br />

als<br />

Gesellschaft<br />

200 Jahre<br />

der Oberlausitz<br />

führt. Ein weiteres Beispiel ist der 1968<br />

von G. Creutz gegründete „Avifaunistische<br />

Arbeitskreis der Oberlausitz“. In<br />

gut 30 Jahren entstanden mehr als 90<br />

Beiträge zur Vogelwelt, die in der Zeitschrift<br />

des Museums veröffentlicht wurden.<br />

Aufgrund der politischen Veränderungen<br />

konnte 1990 die Naturforschende<br />

Gesellschaft der Oberlausitz e.V. unter<br />

der Federführung von Professor Dr.<br />

Wolfram Dunger neu gegründet werden.<br />

Die Gründung steht in der Tradition<br />

der alten, bis 1945 existierenden, Gesellschaft.<br />

Seiner Aussage zufolge sollte<br />

die Gesellschaft Naturkenner vereinen,<br />

die sich auf ein Fachgebiet spezialisiert<br />

haben, um miteinander in Kontakt zu<br />

treten, ihre Funde und Erkenntnisse<br />

austauschen und sich gegenseitig die<br />

„Arbeiten (und wenn nötig, die Leviten)<br />

lesen.“<br />

Die Ziele der Gesellschaft waren und<br />

sind u.a. Erforschung und Schutz der<br />

Pflanzen- und Tierwelt, von Lebensräumen<br />

und geologischen Formationen, die<br />

Publikation von Forschungsergebnissen,<br />

Bewahrung und Dokumentation von Daten<br />

zur Natur der Oberlausitz und Unterstützung<br />

der naturwissenschaftlichen<br />

Forschung.<br />

Über all die Jahre bestand und besteht<br />

ein enger Kontakt zum Görlitzer Naturkundemuseum.<br />

Es werden Forschungsprojekte<br />

gemeinsam bearbeitet, Veranstaltungen<br />

(Vorträge und Exkursionen)<br />

gemeinsam organisiert.<br />

Zu den Forschungsprojekten gehören<br />

u.a. die Muskauer Heide, das Biosphärenreservat<br />

Oberlausitzer Heide- und<br />

Teichlandschaft und neu das Gebiet des<br />

Berzdorfer Sees bei Görlitz.<br />

Auch bieten die lokal bestehenden Arbeitskreise<br />

in Bautzen, Görlitz und Zittau<br />

Vorträge und Exkursionen an und<br />

versuchen darüber hinaus, zur aktiven<br />

Mitarbeit bei einem der vielen Projekte<br />

anzuregen.<br />

Die naturwissenschaftliche Bildung der<br />

Jugend hat sich die Gesellschaft von<br />

Beginn an auf ihre Fahnen geschrieben.<br />

In Zusammenarbeit mit den zuständigen<br />

Biologielehrern und der Schulverwaltung<br />

wurden und werden Projekte<br />

anzeige<br />

Geschichte<br />

21


Mehr als 200<br />

als<br />

Jahre<br />

200<br />

Tradition<br />

Jahre<br />

–<br />

Nordböhmenexkursion 2008<br />

für die Schüler, u.a. Spezialistenlager,<br />

angeboten, die sehr gut angenommen<br />

werden.<br />

Um die wichtigsten Forschungsergebnisse<br />

aus der Natur der Oberlausitz der<br />

Öffentlichkeit bekannt zu machen und<br />

für die Nachwelt zu erhalten, erscheint<br />

seit 1990 jährlich ein Band der „Berichte<br />

der Naturforschenden Gesellschaft<br />

der Oberlausitz“, zusätzlich wurden zu<br />

Spezialthemen Supplemente herausgegeben.<br />

Seit 1990 wird in jedem Jahr eine Tagung<br />

organisiert, abwechselnd mit dem<br />

Naturkundemuseum Görlitz oder einer<br />

anderen Institution in der Oberlausitz,<br />

wie der Hochschule Zittau/Görlitz, dem<br />

Museum der Westlausitz in Kamenz<br />

und 2012 mit dem „Biosphärenreservat<br />

Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft“.<br />

Diese Tagungen bieten hauptund<br />

ehrenamtlichen Forschern aus der<br />

anzeige<br />

22<br />

Geschichte


Mehr<br />

Naturforschende<br />

als<br />

Gesellschaft<br />

200 Jahre<br />

der Oberlausitz<br />

Exkursion 2011 zum Hutberg (Schönau-Berzdorf)<br />

Region eine Plattform für ihren wissenschaftlichen<br />

Austausch.<br />

Dieser kurze und notgedrungen knappe<br />

Abriss zeigt, wie vielfältig die Arbeit<br />

der Naturforschenden Gesellschaft der<br />

Oberlausitz ist. Kurz vor dem 200. Jubiläum<br />

konnte das 200. Mitglied begrüßt<br />

werden. Es sollen noch mehr werden,<br />

um die – ausschließlich ehrenamtliche<br />

– Arbeit auf viele Schultern zu verteilen<br />

und weitere 200 Jahre Gesellschaftsle-<br />

ben zu ermöglichen.<br />

Brigitte Westphal<br />

Presse, Redaktion, Vorstandsmitglied<br />

Viele weitere Informationen sind auf der Internetseite<br />

www.Naturforschende-Gesellschaft-der-<br />

Oberlausitz.de zu finden, persönlicher Kontakt<br />

kann telefonisch über die Geschäftsstelle (03581<br />

47605800) oder per E-Mail (info@naturforschende-gesellschaft-der-oberlausitz.de)<br />

aufgenommen<br />

werden.<br />

Geschichte<br />

Der neue<br />

SEAT LEON<br />

Der neue SEAT Leon vereint Form und Funktion in einzigartiger<br />

Weise. Sein dynamischer Auftritt ist geprägt von atemberaubender<br />

Linienführung und markanten Designdetails, was sich<br />

im hochwertigen Innenraum konsequent fortsetzt.<br />

Mit innovativen Technologien und zahlreichen optionalen<br />

Ausstattungshighlights – wie Voll-LED-Scheinwerfern, Easy<br />

Connect Infotainmentsystem mit Touchscreen, Spurhalteassistent<br />

und Müdigkeitserkennung – führt der neue<br />

SEAT Leon Ausstattungsmerkmale der Oberklasse erstmals<br />

in das Kompaktsegment ein.<br />

Autohaus Brendler<br />

Am Flugplatz 20 • 02828 Görlitz<br />

Telefon: 03581 323923<br />

www.autohaus-brendler.de<br />

anzeige<br />

23


Königliche Baugewerkschule –<br />

Das zu Ende gehende 19. Jahrhundert<br />

war geprägt von einem enormen Aufschwung<br />

der Industrie, des Handels,<br />

Gewerbes und der Wissenschaft. Dies<br />

erforderte eine Vielzahl von gut ausgebildeten<br />

Fachkräften. Das Bedürfnis der<br />

aufstrebenden jungen Techniker nach<br />

gründlicher und schneller theoretischer<br />

Ausbildung machte die Errichtung von<br />

Fachschulen gerade für diesen Stand<br />

dringend notwendig. So entstanden unter<br />

dem fördernden Einfluss des Innungsverbandes<br />

deutscher Baugwerkmeister,<br />

vor allem unter der zielbewussten Führung<br />

des Preußischen Staates, bis zum<br />

Jahre 1914 67 Bauschulen, die zum Teil<br />

von den Städten, aber zum größten Teil<br />

von den Staaten gegründet und eingerichtet<br />

worden sind.<br />

Im Königreich Preußen gab es 24 staatliche<br />

Baugewerkschulen. Die Aufgabe dieser<br />

Schulen bestand darin, den Schülern<br />

nach einer vorangegangenen praktischen<br />

Betätigung im Bauhandwerk die theoretischen<br />

und fachlichen Vorkenntnisse zu<br />

vermitteln, die sie später in ihrem Beruf<br />

benötigten, um als selbständiger Baugewerbetreibender,<br />

als selbständiger Bauleiter,<br />

als technische Hilfskräfte im Büro<br />

und auf dem Bauplatz oder als mittlere<br />

Beamte im Staats- oder Kommunaldienst<br />

tätig zu werden.<br />

Die staatliche Königliche Baugewerkschule<br />

zu Görlitz wurde am 23. Oktober 1894<br />

gegründet. Sie war eine der Staatsanstalten,<br />

die zur Verwaltung des preußischen<br />

Ministeriums für Handel und Gewerbe in<br />

Berlin gehörten und dem preußischen<br />

Regierungspräsidenten in Liegnitz unterstellt<br />

wurden. Der Unterricht fand zunächst<br />

in der Gemeindeschule Reichenberger<br />

Straße (Pilsudskiego) statt.<br />

(Bild oben rechts: In dieser Einrichtung<br />

fand von 1894 bis 1898 der Unterricht<br />

der Baugwerkschule statt. Jetzt polnisches<br />

Gymnasium Nr. 3. Die Schule wurde<br />

von dem Direktor Herrn Landbauinspektor<br />

a.D. Dr. phil. Richard Bohn mit<br />

7 Lehrern und 84 Schülern eröffnet. Der<br />

Lehrplan war wie an allen preußischen<br />

Baugewerkschulen viersemestrig.)<br />

anzeige<br />

24<br />

Geschichte


Baugewerk<br />

und Königliche Maschinenbauschule Görlitz<br />

Gemeindschule Reichenberger (Pilsudskiego) Straße<br />

Die Stadt Görlitz erklärte sich bereit, ein<br />

neues Schulgebäude am Friedrichplatz<br />

(Partyzantów) zu errichten. Selbiges<br />

konnte am 1.4.1898 eingeweiht werden.<br />

Es ist an dieser Stelle besonders hervorzuheben,<br />

dass es in diesem Hause zwei<br />

Fachschulen gab:<br />

1. die staatliche Königliche Baugewerkschule<br />

und<br />

2 die staatliche Königliche Maschinenbauschule<br />

3. auf Bestreben des preußischen Bergamtes<br />

Görlitz gab es in dieser Einrichtung<br />

von 1900/1901 bis 1904 eine Bergvorschule.<br />

Die Anforderungen an Fachleute in den<br />

Braunkohlenbetrieben insbesondere der<br />

Grube Stadt Görlitz, des Bergwerkes<br />

„Glückauf „Aktiengesellschaft Lichtenau<br />

und der Grube Friedrich Anna Görlitz<br />

Moys bewogen den damaligen Bergrat<br />

Laske des Bergamtes Görlitz mit Zustim-<br />

anzeige<br />

Geschichte<br />

25


Königliche Baugewerkschule –<br />

mung der Bergakademie Freiberg, eine<br />

Bergvorschule zu errichten. Die Stadt<br />

Görlitz stellte dazu kostenfrei einen Klassenraum<br />

in der Baugewerk- und Maschinenbauschule<br />

am Friedrichsplatz zur<br />

Verfügung. Die Schule wurde von einem<br />

Vorstand geleitet, dessen Geschäftsführung<br />

der Geschäftsführer der Aktiengesellschaft<br />

der Grube „Glückauf“ Lichtenau<br />

inne hatte. Der ehemalige Oberbürgermeister<br />

Hugo Sattig (OB von 1857 bis<br />

1866) war Aufsichtsratsvorsitzender der<br />

Aktiengesellschaft „Glückauf“. An dieser<br />

Einrichtung wurde bis zum Steiger ausgebildet.<br />

Warum diese Bergvorschule 1904<br />

geschlossen wurde, ist aus den Akten<br />

des Archivs der Bergakademie Freiberg<br />

nicht ersichtlich. Eigentümlicherweise befinden<br />

sich in den Adressbüchern dieser<br />

Zeit keine Verweise weder bei staatlichen<br />

noch bei privaten Bildungseinrichtungen<br />

im Gegensatz zur kgl. staatlichen Baugewerk-<br />

und Maschinenbauschule.<br />

Nun zurück zur Baugewerkschule.<br />

Als beratendes Organ für diese Einrichtung<br />

wurde ein Kuratorium ins Leben<br />

gerufen.<br />

Mitglieder des Kuratoriums waren:<br />

1. Der Oberbürgermeister als Vorsitzender<br />

2. Der Direktor der Einrichtung als Stellvertreter<br />

3. 3 Mitglieder wurden ernannt durch<br />

den preußischen Minister für Handel und<br />

Gewerbe<br />

4. 2 Mitglieder des Magistrates der Stadt<br />

5. 2 Mitglieder, die von der Stadtverordnetenversammlung<br />

gewählt wurden.<br />

Die Lehrpläne waren für alle preußischen<br />

Baugewerkschulen einheitlich!!<br />

(Normal Lehrplan von 1898 – damit ergaben<br />

sich keine Probleme bei einem Anstaltwechsel<br />

innerhalb des Königreiches<br />

Preußen, welch ein Fortschritt gegenüber<br />

heute!). Es ist anzunehmen, dass dies<br />

auch für die staatliche Maschinenbauschule<br />

zutraf.<br />

Die nachfolgenden Bilder zeigen die neu<br />

errichtete staatliche Baugewerk- und<br />

Maschinenbauschule am Friedrichsplatz,<br />

eröffnet im April 1898. Mit Fertigstellung<br />

dieses Objektes wurde auch in diese<br />

anzeige<br />

26<br />

Geschichte


Baugewerk<br />

und Königliche Maschinenbauschule Görlitz<br />

Baugewerk- und Maschinenbauschule ab April 1898. Jetzt polnisches Lyzeum<br />

Baugewerk- und Maschinenbauschule ab April 1898. Jetzt polnisches Lyzeum<br />

“Und zum Feste werden Sie bei uns verwöhnt auf’s Beste!”<br />

anzeige<br />

Ihr Speiserestaurant<br />

Das Restaurant Nordquell bedankt sich bei<br />

allen Gästen für Ihre Treue und wünscht<br />

ein erfolgreichen Start in das Jahr <strong>2013</strong>!<br />

ohne Ruhetag täglich ab 11.00 Uhr<br />

Sonntag ab 10.00 Uhr<br />

Geschichte<br />

Wendel-Roskopf-Straße 8 • 02828 Görlitz • Tel.: (0 35 81) 31 44 78<br />

27


Königliche Baugewerkschule –<br />

Einrichtung die kgl.<br />

staatliche Maschinenbauschule<br />

integriert.<br />

Damit gab es zwei<br />

verschiedene Gründungsdaten:<br />

1. Gründung der<br />

staatlichen Baugewerkschule<br />

(SBS)<br />

23.10.1884<br />

2. Gründung der<br />

staatlichen Maschinenbauschule<br />

(SMS)<br />

3.10.1888<br />

Das Foto (auf Seite<br />

27 unten) zeigt den<br />

Standort, wo sich<br />

die Werkstätten und<br />

Laboreinrichtungen<br />

der Baugewerk- und Maschinenbauschule<br />

befanden. Jetzt wahrscheinlich Turnhalle<br />

des Lyzeums.<br />

Die Schülerzahl wuchs von Jahr zu Jahr<br />

und damit auch die Zahl der Klassen und<br />

Mitteilung aus dem Adressbuch der Stadt Görlitz 1906/07<br />

Abteilung öffentliche Bildungsanstalten<br />

der Lehrer. Alsdann wurde als Direktor<br />

Herr Prof. Gerns und dann für 4 Jahre Direktor<br />

Kunz berufen. Im Jahre 1902 wurde<br />

Direktor Gewerbeschulrat Theobald<br />

Müller aus Magdeburg. Selbiger führte<br />

eine Ausbildung für Steinmetze und eine<br />

anzeige<br />

28<br />

Geschichte


Baugewerk<br />

und Königliche Maschinenbauschule Görlitz<br />

Ausbildung in Tiefbau aus. Der Ausbildungszweig<br />

Steinmetze wurde wegen<br />

mangelnden Besuchs 1908 eingestellt.<br />

Der Tiefbauunterricht lehrte Grundlagen<br />

des Eisenbahn-, Brücken-, und Wasserbaus<br />

sowie des Städtischen Tiefbaus und<br />

des Erd- und Straßenbaus.<br />

Hierbei wurde in den beiden unteren<br />

Klassen ein gemeinsamer Unterbau geschaffen<br />

(Grundstudium) und in den<br />

beiden oberen Klassen nach Hoch- und<br />

Tiefbau getrennt unterrichtet.<br />

Wegen den gestiegenen Anforderungen<br />

aus der Praxis genügte die viersemestri-<br />

Wappen der Maschinenbauschule<br />

Wappen der Bauwerkschule<br />

anzeige<br />

Geschichte<br />

29


Königliche Baugewerkschule –<br />

ge Ausbildung nicht mehr, darum wurde<br />

1908 in allen preußischen Baugwerkschulen<br />

zu einer fünfsemestrigen Ausbildung<br />

übergegangen. Man löste sich auch<br />

von der althergebrachten abstrakten,<br />

wissenschaftlichen Behandlung der einzelnen<br />

Unterrichtszweige, wie sie an den<br />

Hochschulen üblich war, um einer mehr<br />

praktischen, dem Auffassungsvermögen<br />

der Schüler entsprechenden Unterrichtsweise<br />

Raum zu geben. Diese Form wirkte<br />

sich auch im Nachhinein vorbildlich auf<br />

die technischen Hochschulen aus.<br />

Ein erheblicher Einschnitt in der Entwicklung<br />

der Schule ergab sich mit Ausbruch<br />

des 1. Weltkrieges am 2. August 1914.<br />

Die meisten Lehrer und Schüler wurden<br />

einberufen. Ein Unterricht fand zunächst<br />

nicht mehr statt. Das Schulgebäude<br />

selbst wurde vom Militär für Einquartierungszwecke<br />

in Anspruch genommen.<br />

Erst in den späteren Halbjahren wurde in<br />

einigen Räumen notdürftig der Unterricht<br />

wieder aufgenommen. Den Schülern der<br />

1. Klassen der Hoch- und Tiefbauabteilung<br />

wurde jedoch das Reifezeugnis ohne<br />

Prüfung erteilt und den übrigen Schülern<br />

das Versetzungszeugnis.<br />

12 Lehrer wurden im Krieg eingezogen,<br />

davon 3 schwer verwundet.<br />

61 Schüler sind im Krieg gefallen. Aus<br />

diesem Anlass wurden im Eingang der<br />

Schule am 17.3.1922 2 Gedenktafeln angebracht.<br />

Nach dem Krieg gab es im Unterrichtsgeschehen<br />

wiederum einige Neuerungen.<br />

1919 wurde ein staatsbürgerlicher Unterricht<br />

(Es war also keine Erfindung der<br />

DDR) mit 2 Wochenstunden eingeführt.<br />

In diesem Unterrichtsfach sollten die<br />

Schüler auf ihre Pflichten als Staatsbürger<br />

vorbereitet und zu „echter deutscher<br />

Gesinnung und zum Bewusstsein der<br />

Volksgemeinschaft“ erzogen werden.<br />

Mündliche Prüfungen kamen in Fortfall.<br />

Grundlagen der Prüfung waren die<br />

Klassenleistung sowie schriftliche und<br />

zeichnerische Prüfungsarbeiten. (Welch<br />

ein Fortschritt zum jetzigen Bildungssystem).<br />

Einführung des Pflichtfaches Leibesübungen.<br />

Am 3. Juli 1920 wurde das Fach<br />

Sport und Jugendpflege eingeführt. Ihr<br />

anzeige<br />

30<br />

Geschichte


Baugewerk<br />

und Königliche Maschinenbauschule Görlitz<br />

Inhalt waren: Turnen, Turnspiele, Wandern<br />

mit wöchentlich 2 Stunden.<br />

Am 1. April 1921 wurde der verdienstvolle<br />

Direktor Gewerberat Müller in den Ruhestand<br />

versetzt, der diese Einrichtung<br />

über 18 Jahre leitete. Ihm folgte der vom<br />

Minister für Handel und Gewerbe berufene<br />

Oberstudiendirektor Prof. Knöll.<br />

Den neuen Anforderungen der Baupraxis<br />

gerecht zu werden, wurden Normen<br />

und Typen im Bauwesen eingeführt,<br />

Grundsätze des Städtebaus und Siedlungswesens,<br />

der sparsamen Bauweise,<br />

der Wärmewirtschaft am Bau (man legte<br />

also schon damals 1921 entsprechend<br />

der wissenschaftlichen Erkenntnisse großen<br />

Wert auf energetische Bauweisen),<br />

sowie der neuen Konstruktionsmethoden<br />

in Eisenbeton und Holz in den Unterricht<br />

aufgenommen. Es gab auch ethnische<br />

Vorträge und eine Schülerbibliothek mit<br />

über 500 Bänden. Besonders beachtenswert<br />

waren die Sammlungen in dieser<br />

Schule. Dazu gehörten unter anderem:<br />

1. der neu eingerichtete Baustoffprüfungsraum<br />

mit den wichtigsten neuzeitlichen<br />

Prüfungsapparaten<br />

2. die Sammlung für neuzeitliche Baustoffe<br />

und Bauweisen<br />

3. die Sammlung von Aufnahmen alter<br />

Bauweisen<br />

4. die Sammlung für Wärmewirtschaft<br />

und Hausinstallation<br />

5. die Sammlung von Zeichnungen und<br />

Heften aller Klassen, verbunden mit einer<br />

Dauerausstellung, die jederzeit einen<br />

Überblick über die Leistungen der Schule<br />

gibt.<br />

Um den Unterricht in der Baugewerk- als<br />

auch in der Maschinenbauschule so praxisnah<br />

wie möglich zu gestalten, gab es<br />

eine Vielzahl vorbildlich ausgestatteter<br />

Labore und Werkstätten. Auch dafür gab<br />

es u.a. vom Waggonbau und dem Eisenhandel<br />

Ephraim Spenden.<br />

Für die Ausstattung der Baugewerkschule<br />

gab der preußische Staat erhebliche<br />

Mittel aus, und die Stadt Görlitz selbst<br />

beteiligte sich an der Unterhaltung der<br />

Schule mit jährlich 12.000,-RM. Ebenso<br />

trugen viele Firmen und Fachverbände<br />

mit Spenden für die Schule bei. Dies betraf<br />

insbesondere Modelle, Musterstücke,<br />

anzeige<br />

Geschichte<br />

31


Königliche Baugewerkschule –<br />

Material für den Modellierunterricht<br />

und<br />

anderes.<br />

Die Technische Nothilfe<br />

(TENO)<br />

An dieser Schule<br />

wurde die Arbeitsgemeinschaft<br />

Technische<br />

Nothilfe gegründet.<br />

Die Schüler<br />

verpflichteten sich,<br />

freiwillig bei Notfällen<br />

zur Verfügung zu<br />

stehen. Diese ist dem Landesunterbezirk<br />

Görlitz angegliedert und dem Reichsministerium<br />

unterstellt. Diese Einrichtung<br />

kann durchaus als Vorgänger des heutigen<br />

Technischen Hilfswerkes betrachtet<br />

werden.<br />

Die Schule hatte zuletzt im Herbst 1927<br />

bei einem großen Streik in der Grube<br />

Stadt Görlitz in Kohlfurt Gelegenheit, ihre<br />

Tatbereitschaft zum Wohle der Allgemeinheit<br />

zu bezeugen.<br />

In der Görlitzer Volkszeitung vom<br />

21.10.1927 befindet sich ein Artikel mit<br />

dem Titel „Bergarbeiterstreik und „Teno“<br />

Ausschnitt aus Vereinigte Görlitzer Nachrichten und Niederschlesische<br />

Zeitung vom 7.7.1929 aus Anlass 35 Jahre Baugewerkschule Görlitz<br />

in der Grube Stadt Görlitz“. Nach dem<br />

Bericht wurde das „Teno“ (Technische<br />

Nothilfe) in der Baugewerkschule beim<br />

Streik in der Grube Stadt Görlitz eingesetzt.<br />

Auch Schüler des Gymnasiums<br />

wurden während des Streiks in der Grube<br />

Stadt Görlitz eingesetzt und dazu umgehend<br />

vom Unterricht freigestellt. Sie<br />

waren also im Auftrage der Stadt Görlitz<br />

und mit Zustimmung des Regierungspräsidenten<br />

Streikbrecher. Im obigen Artikel<br />

der Volkszeitung steht unter anderem:<br />

„Jetzt gibt es für die Schüler der Baugewerkschule<br />

und die Gymnasiasten Ar-<br />

anzeige<br />

32<br />

Geschichte


Baugewerk<br />

und Königliche Maschinenbauschule Görlitz<br />

beitsbekleidung, neue Stiefel, gute Verpflegung<br />

und anständigen Lohn, und dies<br />

für mangelhafte und geringe Arbeitsleistung<br />

und angerichtete Betriebsschäden.<br />

Warum? Nur um den Bergarbeitern ein<br />

paar Pfennige Lohnerhöhung nicht zu<br />

gewähren. Stattdessen kommen zu den<br />

doppelt und dreifach erhöhten <strong>Ausgabe</strong>n<br />

Schäden an den Betriebseinrichtungen,<br />

die unter Umständen die Stadt Tausende<br />

von Reichsmark kosten können.“<br />

Das Verwerfliche daran war, dass die<br />

Gymnasiasten und die Schüler der Baugewerkschule<br />

mehr Lohn als die gut ausgebildeten<br />

Bergleute erhielten. Der Bergarbeiterstreik<br />

in Mitteldeutschland, an dem<br />

sich 70.000 Bergarbeiter beteiligten, endete<br />

mit Schiedsspruch vom 21.10.1927<br />

positiv für die Beschäftigten (Volkszeitung<br />

vom 23.10. und 27.10.1927).<br />

Bis 1924 besuchten 8085 Schüler die<br />

Schule. Das Schulgeld betrug pro Semester<br />

40,- bis 80,- RM.<br />

Im Jahre 1923 wurde ein „Verein ehemaliger<br />

Schüler und Fachfreunde“ der<br />

Baugewerk- und Maschinenbauschule<br />

gegründet. Diesem Verein ist es auch zu<br />

danken, dass durch Spenden und Stiftungen<br />

bedürftigen Schülern das Schulgeld<br />

erlassen und bei der Stellenvermittlung<br />

nach erfolgreichem Schulbesuch geholfen<br />

werden konnte. Hatte doch ein nicht<br />

geringer Teil ehemaliger Absolventen leitende<br />

Stellen in Wirtschaft und Verwaltung<br />

einnehmen können.<br />

Leider gibt es über den weiteren Verlauf<br />

der Schule weder in der Oberlausitzischen<br />

Bibliothek noch im Ratsarchiv weiterführende<br />

Unterlagen.<br />

Das letzte Dokument ist die 40jährige Jubelfeier<br />

aus dem Jahre 1934, und dann<br />

gibt es eine Festschrift, in der alle Studenten<br />

von 1900 bis 1937 namentlich<br />

angeführt sind und wo sie nach dem<br />

Studium tätig wurden.<br />

Der bekannte Görlitzer Architekt Professor<br />

und Oberlehrer Hugo Behr war<br />

ebenfalls vom 1.4.1890 bis 1.4.1908 als<br />

Lehrer an dieser Einrichtung tätig. Von<br />

ihm stammen unter anderen solche hervorragende<br />

Bauwerke wie die Oberlausitzer<br />

Gedenkhalle und die Rothenburger<br />

Versicherung (jetzt Hochschule Zittau/<br />

Görlitz).<br />

anzeige<br />

Geschichte<br />

33


Königliche Baugewerkschule<br />

Über das einzige Dokument, was die<br />

Gründung der Staatlichen Maschinenbauschule<br />

im Jahre 1898 benennt, las man<br />

im Neuen Lausitzischen Magazin, Heft<br />

11/2011: Schenkung an das kulturhistorische<br />

Museum Görlitz unter der Inv. Nr.<br />

1523-2011 aus Dokumente des Görlitzer<br />

Gesangvereins, des Görlitzer Volkschores<br />

und der staatlichen Maschinenbauschule<br />

Görlitz.<br />

Da der Stadt Görlitz durch die Grenzfestlegung<br />

nach dem 2. Weltkrieg diese<br />

Bildungseinrichtung nicht mehr zur Verfügung<br />

stand, wurde im Jahre 1952 im<br />

Gebäude der ehemaligen Rothenburger<br />

Versicherung an der Brückenstraße die<br />

Ingenieurschule für Bauwesen neu eingerichtet.<br />

Diese Einrichtung bestand bis<br />

1956. Die Baufachschüler wurden danach<br />

auf andere Schulen umverteilt. Alsdann<br />

wurde in dieser Einrichtung die Ingenieurschule<br />

für Maschinenbau etabliert.<br />

(Fortsetzung folgt)<br />

Wolfgang Stiller<br />

anzeige<br />

34<br />

Impressum:<br />

Herausgeber (V.i.S.d.P.):<br />

incaming media GmbH<br />

Geschäftsführer:<br />

Andreas Ch. de Morales Roque<br />

Carl-von-Ossietzky Str. 45<br />

02826 Görlitz<br />

Ruf: (03581) 87 87 87<br />

Fax: (03581) 40 13 41<br />

E-Mail: info@stadtbild-verlag.de<br />

www.stadtbild-verlag.de<br />

Geschäftszeiten:<br />

Mo. - Fr. von 9.00 bis 17.00 Uhr<br />

Druck:<br />

Graphische Werkstätten Zittau GmbH<br />

Verantw. Redakteur:<br />

Andreas Ch. de Morales Roque<br />

(Mitglied im Deutschen<br />

Fachjournalistenverband)<br />

Redaktion:<br />

Dr. Ernst Kretzschmar,<br />

Dipl. - Ing. Eberhard Oertel,<br />

Dr. Ingrid Oertel<br />

Anzeigen verantw.:<br />

Dipl. - Ing. Eberhard Oertel<br />

Mobil: 0174 - 31 93 525<br />

Teile der Auflage werden auch kostenlos<br />

verteilt, um eine größere Verbreitungsdichte<br />

zu gewährleisten. Für eingesandte<br />

Texte & Fotos übernimmt der Herausgeber<br />

keine Haftung. Artikel, die namentlich<br />

gekennzeichnet sind, spiegeln nicht<br />

die Auffassung des Herausgebers wider.<br />

Anzeigen und redaktionelle Texte können<br />

nur nach schriftlicher Genehmigung<br />

des Herausgebers verwendet werden<br />

Anzeigenschluss für die Februar-<br />

<strong>Ausgabe</strong>: 15. <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

Redaktionsschluss: 20. <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

Wir arbeiten mit<br />

Stadtwerke Görlitz AG<br />

Immer.Näher.Dran<br />

Geschichte


GWZ

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!