44 TOITURES PLATES | PAYSAGISTES | REVUE TECHNIQUE LUXEMBOURGEOISE 1 | <strong>2013</strong> Bei der Erweiterung des Städel Museums bestand aufgrund der historischen Bausituation erheblicher Platzmangel. Dennoch wollten die Architekten den öffentlichen Garten erhalten. Die Entscheidung, den Erweiterungsbau unterirdisch zu verorten, ist die konsequente Lösung dieser Aufgabe. Die Oberlichter, die „Augen für die Kunst“, sind dabei das zentrale Bauteil, um einen idealen Raum für die Kunstpräsentation zu schaffen. AUGEN FÜR DIE KUNST DIE ERWEITERUNG DES FRANKFURTER STÄDEL MUSEUMS_ Schneider + Schumacher Blick ins Metzler-Foyer Foto: Norbert Miguletz Thomas Demand Saal, 2011 (Installationsansicht) Druck auf Textilfaser, 6.00 m x 64.60 m, 50 Teile Städel Museum, Frankfurt am Main Foto Norbert Miguletz © VG Bild-Kunst, Bonn 2011 Erworben aus Mitteln des Städelkomitee 21. Jahrhundert, 2011, Eigentum des Städelscher Museums-Verein e. V. Mit Unterstützung von Kvadrat Soft Cells Vom zentralen Hauptfoyer aus gelangt der Besucher über zwei neue Treppenläufe, die sich ganz selbstverständlich zur linken und rechten Seite der bestehenden, historischen Treppenanlage integrieren, in das Metzlerfoyer hinab. Blickfang ist hier die großzügige, einläufige Terrazzotreppe: Sie überführt den Besucher vom Niveau des historischen Gebäudes in die unterirdischen und dennoch taghellen Gartenhallen. Die Formgebung der Treppe ist Ausdruck des architektonischen Anspruchs, den zeitlichen Bruch zwischen Bestand und Neubau zu überwinden. Sanft vollzieht sie den Übergang vom Gebäude des 19. Jahrhundert hin zu der Formensprache des 21. Jahrhunderts der neuen Gartenhallen. Die weiße Terrazzotreppe weitet sich nach unten und verstärkt hierdurch ihren großzügigen Eindruck. Ihre geschlossenen Wangen bilden einen gut zu greifenden Handlauf, der die Treppe hinaufführt, um die abschließenden Rundungen schwingt und sich dann – dort wo kein Handlauf mehr benötigt wird – in der Fläche verliert. Auch in ihrem Entstehungsprozess verbindet die Treppe Tradition und Moderne: Aus Weißbeton gegossen, wurde sie einerseits nach dem Ausschalen von Hand fünf Millimeter angeschliffen, um das beigemengte Korn sichtbar zu machen. Andererseits wurde Ihr aufwendiger Entwurfsprozess von parametrischen Verfahren und Computermodellen unterstützt. Am Fuße der Treppe angelangt, betritt der Besucher die neuen, unterirdischen, reinweißen Gartenhallen. Eine elegant geschwungene Deckenschale, die von runden Oberlichtern perforiert ist, überspannt den ca. 3.000 qm großen Raum fast stützenfrei. Sie ist das prägnanteste Element des Erweiterungsbaus. Obwohl sich der Raum unter dem Städel-Garten befindet, wird die Ausstellungsfläche von Tageslicht erhellt. Dies ermöglichen die 195 kreisrunden Oberlichter, die gleichmäßig in die gesamte Deckenfläche eingelassen sind. Im Durchmesser ansteigend – von 1,5 Metern im Randbereich bis hin zu 2,5 Metern im Zentrum – verstärken sie optisch die Wirkung der Aufwölbung der Deckenschale. Die „Augen für die Kunst“, wie die Oberlichter von den Architekten genannt werden, sind mit Ihren Gläsern eben und begehbar in die begrünte Dachoberfläche integriert. Die in Zusammenarbeit mit den Firmen seele sedak und Zumtobel speziell konzipierte Isolierglaseinheit besteht aus einer äußeren, sphärisch kaltgebogenen- sowie einer inneren, flachen VSG-Scheibe. Die gekrümmten Scheiben leisten dabei zweierlei: Zum einen müssen sie die geforderte Tragfähigkeit für eine Begehbarkeit erfüllen (flächige Nutzlast von 5 KN/m² und mittige Punktlast von 4 KN) und im Bruchfall ein ausreichend hohes Resttragverhalten aufweisen. Zum anderen sind die bauphysikalischen Anforderungen eines modernen Isolierglases zu erfüllen. Die Glaseinheit sitzt auf einer Stahlkonstruktion, welche nicht nur die Verbin-
ARTICLES | REVUE TECHNIQUE LUXEMBOURGEOISE 1 | <strong>2013</strong> 45 Außenansicht des Erweiterungsbaus Foto Norbert Miguletz © Städel Museum, Frankfurt am Main