Catalogo download - Matthias Brandes
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Lebenwesen sind, Einzelcharaktäre odere<br />
merkwürdige Tiere. Und dann können sie auch<br />
fl iegen. Ich fi nde das absolut plausibel.<br />
Unter Deinen letzten Arbeiten befi nden<br />
sich auch weibliche Figuren. Imposant und<br />
sakral wie Madonnen. Erklärst Du uns diesen<br />
Wandel?<br />
In Wirklichkeit habe ich immer Protraits und<br />
Figuren gemalt, auch wenn ich das nicht als mein<br />
Hauptthema gewählt habe. Im Bereich der Figur<br />
kann man leicht ausrutschen. Ich könnte auch mit<br />
einem Bonmot sagen: beim Malen von Figuren<br />
kann man leicht eine schlechte Figur machen....Es<br />
ist ausserdem ein in der Kunstgeschichte derart<br />
erprobtes Sujet, dass man es mit unerreichbaren<br />
Vorbildern zu tun hat. Wenn du nicht<br />
akzeptierst, dich mit banalen expressionistischen<br />
Deformationen oder mit Karikaturen aus der<br />
Affäre zu ziehen, hast du dich mit Giganten zu<br />
messen. Mir gefällt das Thema ausserordentlich<br />
und aus persönlcihen Gründen bin ich damit<br />
verbunden, aber ich gestehe meine Skrupel ein.<br />
Vielleicht sind es zuviele.<br />
Deine Bildern sind voller Emotionen. Sie<br />
enthalten viel von Dir. Malst Du für Dich selber<br />
oder für den, der das Bild erwerben wird?<br />
M. <strong>Brandes</strong>: Ich glaube an die Wichtigkeit vom<br />
“Bild überm Sofa”. Ich stelle mir gerne vor, was<br />
im Haus desjenigen passiert, der ein Bild von mir<br />
erworben hat. Dass er es am Morgen sieht, wenn<br />
er gerade aufgewacht ist, und am Abend, vor dem<br />
Einschlafen. Dass er es bei Tageslicht betrachtet,<br />
bei elektrischem Licht und, warum nicht, bei<br />
Kerzenschein. Und dass das Bild immer anders<br />
aussieht, dass der Betrachter nie müde wird, es<br />
zu betrachten, nicht einmal nach vielen Jahren.<br />
Deshalb, weil das Bild ein Geheimnis enthält, das<br />
man erahnt, aber das nie entdeckt werden kann.<br />
In der heutigen Gesellschaft. wo wir mit starken<br />
und bedrängenden Bildern bombadiert werden,<br />
wie sie nicht nur das Fernsehen, sondern auch<br />
Internet und die ganze digitale Kommunikation<br />
anbieten, welche ist die Rolle des Malers?<br />
In der Vergangenheit hatte die Malerei das<br />
Monopol der Herstellung von Bildern. Es gab Orte,<br />
die den Bildern gewidmet waren wie Kirchen und<br />
Paläste, und die Maler formulierten das kollektive<br />
visuelle Bewusstsein ihrer Zeit. Heute wird die<br />
kollektive Immagination von den Massenmedien<br />
erarbeitet, schnell und allgegenwärtig.<br />
Die Malerei kann nicht mit diesen Prozessen<br />
mithalten. Ihre Aufghabe ist es Räume<br />
kontemplativer Wahrnehmung zu schaffen, zeitlos.<br />
In diesem Sinne ist die Malerei unersetzbar: sie<br />
erschafft eine innere Gegenwelt.<br />
Nehmen wir Mark Rothko, den ich für einen der<br />
bedeutendsten Meister des 20. Jahrhunderts<br />
halte. Unmöglich irgendetwas von einem seiner<br />
Werke aufzunehmen, ohne sich in Besinnung zu<br />
versenken. Genau das ist es, je mehr Besinnung<br />
sie erfordert, desto besser gefällt mir die Malerei.<br />
Und umso mehr hat die Malerei heute einen<br />
Sinn.<br />
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