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Titelthema: Wasserfrösche

TitelthemaAbb. 4: Die

TitelthemaAbb. 4: Die Hybridogenese (sowie Hybridolyse) in Populationen mit diploiden Tieren. Links: das RE-(ridibundus-esculentus)-Populationssystem,rechts: das LE-(lessonae-esculentus)-Populationssystem.eigenständigen Art und fand heraus, dass – ausgerechnet– der Teichfrosch (Pelophylax esculentus) ein Hybrid derElternarten P. lessonae und P. ridibundus ist (Berger 1967,1968, u. a.). Völlig abstrus und den Mendelschen Regelnwidersprechend, schienen die Kreuzungen des HybridsTeichfrosch mit dem Kleinen Wasserfrosch zu sein, bei demstets Teichfrösche heranwuchsen, sowie der Teichfröscheuntereinander, bei denen sich viele Tiere nicht entwickeltenund – soweit sie es taten – dann sogar Seefrösche entstanden(Berger 1969). Wie konnte das sein, schließlich widersprachendiese Ergebnisse doch scheinbar vollkommen denGesetzen der Genetik? Seine Habilitationsschrift zur Systematikder Wasserfrösche wurde „folgerichtig“ von denUniversitäten in Krakau und Poznań abgelehnt, sodass erdie Arbeit erst 1969 an der landwirtschaftlichen Akademiein Poznań verteidigen konnte. Aber die Ergebnisse LeszekBergers blieben im Ausland nicht unbemerkt. Rainer Güntheraus Ost-Berlin besuchte ihn erstmals 1968 und vertratdann bereits 1969 selber die Auffassung des Hybridcharaktersdes Teichfrosches (Günther 1969).Allmählich fanden dann viele weitere Forscher aus demOsten und Westen Interesse an der einzigartigen Gruppeder Wasserfrösche. Studien mittels Protein-Elektrophoresebestätigten in den Folgejahren den Teichfrosch alseinen Hybriden von Kleinem Wasserfrosch und Seefrosch(Tunner 1970, 1973, siehe auch Engelmann 1972). Die dreiPhänotypen sowie der intermediäre Charakter des Teichjekteschlechthin. Unzählige Tiere ließen in den Laborender Anatomen und Physiologen aus Biologie oder Medizinihr Leben, wobei darunter mangels besseren Wissensder Laborbiologen oft auch Seefrösche waren. Es galt alspraktisch unmöglich, dass ausgerechnet die Systematik derTeich- und Seefrösche eine andere sein sollte und ganzeGenerationen führender Zoologen falsch lagen.Aber genau so war es. Leszek Berger (1925–2012), ein polnischerZoologe, der in Poznań forschte, nahm sich derWasserfrösche an, untersuchte ihre morphologischen Unterschiedeund führte schließlich Kreuzungsexperimentedurch. Dabei berücksichtigte er auch das Taxon „lessonae“unabhängig von seinem vermeintlich fehlenden Artstatus.Seine Ergebnisse waren überraschend und passten absolutnicht in das Bild, das seinerzeit die Lehrmeinung repräsentierte.Berger (1955) hatte schon Jahre zuvor bei Untersuchungenim Wielkopolska-Nationalpark diese drei Taxa deutlichunterschieden und basierend auf einer Analyse der Wasserfröscheum Poznań im Jahr 1963 drei Arten erkannt(Berger & Michalowski 1963). Ebenfalls in diesem Jahrrichtete er auf dem Institutsgelände in Poznań ein Ranariummit Freilandterrarien und Aufzuchtbecken ein undbegann, Wasserfrösche systematisch zu züchten und zu erforschen.Neben vielen Einblicken in die Biologie gewanner auch überraschende Erkenntnisse zur Systematik. Dabeibestätigte er den Status von Pelophylax lessonae als einer34

Titelthemafrosches wurden in der Schweiz gleichfalls durch Kreuzungsversuchebestätigt (Blankenhorn et al. 1971). Unterder Überschrift „Quaken da nur Bastarde“ wurde auch inder populärwissenschaftlichen Zeitschrift „Kosmos“ vonder Sensation am Froschteich berichtet (Heusser 1972).Bereits 1971 wurde Leszek Berger von späteren Koryphäender Wasserfroschforschung wie Hansjürg Hotz von derUniversität Zürich und Dr. Heinz Tunner von der UniversitätWien besucht, und schon 1972 gab es in Ost-Berlin unterder Federführung von Rainer Günther ein erstes informellesSymposium zu den Wasserfröschen. Es folgten 1973und 1974 weitere solcher Treffen in Poznań. Unter anderemwaren damals Dr. Rainer Günther, Dr. Hansjürg Hotz undProf. Thomas Uzzell von der Academy of Natural Sciencesof Philadelphia in den USA beteiligt, was zu einer langenkooperativen Zusammenarbeit führte und die Forschungmaßgeblich voranbrachte. Insbesondere Thomas Uzzellund Hansjürg Hotz arbeiteten intensiv mit Leszek Bergerzusammen, und viele gemeinsame Arbeiten erschienenin der Folge. Bergers herausragende Fähigkeit, die Wasserfröschein seinem Ranarium erfolgreich zu vermehren,wurde in der Folge bei Kreuzungsversuchen mit Fröschenaus weiteren Teilen der Westpaläarktis genutzt (vgl. auchBerger 1988, 2008). Bis zum Jahr 2005 hatte Berger mehrals 1.500 Paare von 16 Taxa gekreuzt. Durch die Elektrophorese-Technikkonnten an Enzymen viele Ergebnissedieser Kreuzungsversuche bestätigt werden, was auch zurBeschreibung vieler neuer Taxa und Populationssystemeim Laufe der folgenden Jahre führte.Der wissenschaftliche Output von Berger war enorm, undseine internationale Anerkennung wuchs stetig, wie in derausführlichen Biographie von Rybacki (2017) nachzulesenist. Nach Leszek Berger wurde zudem ein Wasserfroschtaxonbenannt, das 1985 Artrang erhielt. Es handelt sich umden Italienischen Wasserfrosch (Pelophylax bergeri), derallerdings teilweise auch lediglich als Unterart eingestuftwird. Im eigenen Land und auch an seinem Institut in Poznańhatte es Berger dagegen schwer. Zwar erhielt er 1973einen Preis der polnischen Akademie der Wissenschaften,aber andere Ehrungen blieben ihm versagt. Erst 1990 imAlter von 65 Jahren und als er international bereits hochangesehen war, wurde er zum Professor ernannt, was einespäte Wiedergutmachung für den im eigenen Hause oftverkannten Forscher war. Trotz seiner nicht nachlassendenNeugier und seinem anhaltenden Forscherdrang musste ereinige Jahre nach seiner Pensionierung im Jahr 1999 seinInstitut verlassen und sein geliebtes Ranarium aufgeben.In seiner Heimatstadt errichtete er ein privates Ranarium,um weiterarbeiten zu können. Vier Jahre nach seinem Todwurde er dann posthum doch noch einmal vom Institutfür land- und forstwirtschaftliche Umwelt PAS, an demer Jahrzehnte gearbeitet hatte, durch eine Konferenz mitdem Titel „Impact of Professor Leszek Berger’s discoverieson the development of biological sciences“, die seinerAbb. 5: Gametogenese bei diploiden hybridogenen Pelophylax esculentus in gemischten P.-lessonae-esculentus-Populationen(LE-Populationssystem)35

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