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Titelthema: Harlekinkröten

ForschungDie Salamandra

ForschungDie Salamandra ist eine der führenden herpetologischen Fachzeitschriften derWelt. Sie hat einen hohen Impact factor von aktuell 1,3 und wird von derDGHT als reines Online-Magazin auf Englisch herausgegeben. Die auf der Webseitewww.salamandra-journal.com zum PDF-Download angebotenen Arbeitenstellen wir Ihnen in dieser Rubrik in Kurzform vor.SalamandraGefährdete Schildkröten in ZoosSchildkröten zählen zu den am stärksten bedrohten Wirbeltiergruppenweltweit. Ginal et al. (2023) analysierten vordiesem Hintergrund, wie viele der 352 bekannten Arten inzoologischen Einrichtungen gehalten oder in Erhaltungszuchtenvermehrt werden und somit für Wiederansiedlungsprojektezur Verfügung stünden. Obwohl sich vorallem Zoos in Europa, Nordamerika und Asien zunehmendmit vom Aussterben bedrohten Arten befassen und fast dreiViertel aller Arten dort vertreten sind, sind diverse Taxadoch stark unterrepräsentiert. Auch haben Zoos vielfachdie Tendenz, ihrem Publikum vorzugsweise einfach zupflegende Arten zu zeigen. Schutzbemühungen könntenschon von verbessertem Networking deutlich profitieren,und die Strukturen hierzu existieren auch schon in Gestaltgemeinsam nutzbarer Datenbankplattformen wie ZIMS. DieUntersuchung zeichnet ein aktuelles Bild der Lage (92 Arten,davon 59 bedrohte, wurden in den letzten 12 Monaten in 140Zoo nachgezogen) und gibt konkrete Empfehlungen, wieund wo die weltweiten Schutzanstrengungen noch besserkoordiniert und effektiver gestaltet werden könnten. Auchdie Mitarbeit engagierter und gut qualifizierter Terrarianerinnerhalb dieses Netzwerks spielt hierbei eine Rolle.Die Entstehungsgeschichte derZauneidechseZauneidechsen (Lacerta agilis) kommen in mehrerenUnterarten von Skandinavien bis ans Mittelmeer undvon Großbritannien bis in die Mongolei vor. Doch woliegt der Ursprung der Art, wie kam es zu dieser weitenAusbreitung und der Bildung endemischer Formen?Amat & Escoriza (2023) versuchten mithilfe molekulargenetischerUntersuchungsverfahren und paläoklimatologischerSimulationsmodelle eine Antwort zu finden.Danach entwickelte sich die Art vor 3,8–1,8 Mio. Jahrenin den Steppen im Osten des Kaukasus. WechselndeKalt- und Warmzeiten während der folgenden 3 Mio.Jahre sorgten immer wieder für vorübergehend schrumpfendeLebensräume, in denen sich Lokalpopulationen invoneinander isolierten Refugien in verschiedenen öko-LiteraturGinal, P., J. Stahlberg, A. Rauhaus, P. Wagner, D. Rödder & T.Ziegler (2023): Threatened turtles and tortoises (Testudines) inzoos: A ZIMS database analysis for improved One Plan Approachto conservation action. – Salamandra 59(3): 262–274.Cuora zhoui im Internationalen Zentrum für Schildkrötenschutzdes Allwetterzoos Münster ist in der Naturvermutlich schon ausgestorben Foto: P. WagnerMännchen der Nominatform der Zauneidechse, L. agilis agilisFoto: A. Kwet62

Forschunglogischen Nischen anpassten und so zu morphologischunterscheidbaren Unterarten wurden. Die Ausbreitungverlief in mehreren Wellen während der für wechselwarmeReptilien günstigen Klimaphasen. Insgesamt setztesich die innerartliche Diversifizierung der Zauneidechsenbis vor ca. 1,0–0,4 Mio. Jahren fort (L. a. agilis und L. a.argus), während die Unterart L. a. boemica innerhalb desgenetischen Stammbaums eine so basale Position belegt,dass ihr der Status einer guten Art zustehen könnte. DieAutoren diskutieren mögliche Evolutionsmodelle undphylogeografische Faktoren; sie können belegen, dassL. agilis im Übergang zwischen Plio- und Pleistozän entstandenist und dass verschiedene Gebiete Europas erstvor ca. 100.000 Jahren im Holozän besiedelt wurden. EinSonderfall ist die isolierte Pyrenäen-Zauneidechse (L. agilisgarzoni), der während der letzten Eiszeit wohl nur ein sehrkleines Rückzugsgebiet zur Verfügung stand, aus demheraus sie sich während der folgenden Warmzeit nichtwesentlich ausbreiten konnte.LiteraturAmat, O.F. & D. Escoriza (2023): Molecular biogeography andniche climatic diversification of Sand Lizards (Lacerta agilis) withspecial emphasis on the history of the Pyrenean populations. –Salamandra 59(3): 284–296.Erste Erkenntnisse über Gekko canhiDer endemische, nur in einem kleinen Gebiet in KarstwäldernNordvietnams lebende Gekko canhi wurde erst 2010 beschrieben.Ngo et al. (2023) untersuchten die Variationsbreitemorphologischer Merkmale sowie die Populationsstruktur,ökologische Parameter und mögliche Bedrohungsfaktorendieser wenig bekannten Art. Offenbar benötigt G. canhi einstabiles Mikroklima ausschließlich auf Karstgestein in immergrünenWäldern sowie trockene Sitzplätze und Gesteinsspaltenzum Verstecken; die Häufigkeit von Funden hängt von derJahreszeit ab. Mit ihrer Studie liefern die Verfasser wichtigeEckdaten zum Schutz dieses Geckos, dessen Bedürfnisseim Wesentlichen denen eines weiteren endemischen undgefährdeten Geckos, Goniurosaurus huuliensis, entsprechen;hier bieten sich gemeinsame Schutzmaßnahmen an. Auchwenn G. canhi weder für den internationalen Wildtierhandelnoch für den Verzehr oder die traditionelle Medizin abgesammeltwird und zudem in einem Schutzgebiet vorkommt,so stellen doch illegaler Holzeinschlag und der Abbau vonKalkgestein für die Herstellung von Zement erhebliche Bedrohungsfaktorendar, die es durch entsprechende Maßnahmenabzumildern gilt.Scharnierschildkröten im Cuoragalbinifrons-KomplexDie Arten des ostasiatischen Cuora-galbinifrons-Komplexes(C. galbinifrons, C. bourreti und C. picturata) gehören zu denunmittelbar vom Aussterben bedrohten Schildkröten, derenPopulationen in den letzten 60 Jahren um schätzungsweise90 % abgenommen haben. Auch der Wissenschaftsteht nur begrenzt Untersuchungsmaterial zur Verfügung,was für gezielte Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen kritischist, da diese auf genau definierte Taxa bezogen sind.Vor diesem Hintergrund ist eine Studie von Ihlow et al.(2023) bedeutsam, in der insgesamt 394 analysierbareGewebeproben dieser drei Arten aus Haltungen in denUSA und Europa zusammengetragen und molekulargenetischnach phylogenetischen und phylogeografischenGesichtspunkten untersucht wurden. Die Untersuchungbestätigt, dass es sich bei allen drei Taxa um separateEntwicklungszweige und somit valide Arten handelt. C.bourreti steht dabei in einem Schwesterverhältnis zu C.galbinifrons, und diese beiden bilden die Schwestergruppezu C. picturata. Einige Proben zeigen Fehlbestimmungenauf, und bei anderen handelt es sich um natürliche oderkünstlich entstandene Hybride. Von besonderem Interessewaren auch Proben von der chinesischen Insel Hainan, wowährend des Pleistozäns offensichtlich eine Vermischungszonezwischen C. galbinifrons und G. bourreti bestanden hat.Auch wenn die aktuellen Erkenntnisse das rücksichtsloseAbsammeln dieser Schildkröten für den Verzehr, die traditionelleMedizin, den illegalen Wildtierhandel oder dieZerstörung der Lebensräume nicht aufhalten, so herrschtzumindest Klarheit darüber, welche Arten es zu schützengilt.LiteraturIhlow, F., C. Spitzweg, M. Vamberger, L. Augustine, C. Hagen,A. Davis, B. Leprince, P. Wagner, T.P. Van & U. Fritz (2023):Molecular differentiation and conservation of the Indochinesebox turtles Cuora galbinifrons, Cuora bourreti, and Cuora picturata.– Salamandra 59(4): 336–346.LiteraturNgo, H.N., T.Q. Phan, C.V. Hoang, H.Q. Nguyen, L.R. Gewiss,T.Q. Nguyen, T. Ziegler & C.T. Pham (2023): Do not leave understudiedspecies behind: Ecological adaptations, demography,and threat analysis of an endemic Gekko species in northern Vietnamfor conservation purposes. – Salamandra 59(3): 207–216.Cuora picturata im Zoo Münster Foto: A. Kwet63

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