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elaphe05/23_online

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Titelthema: Höckerschildkröten

Titelthemazu regnen,

Titelthemazu regnen, dass wir mehrmals am Straßenrand stehen bleibenmussten. Unser Scheibenwischer kämpfte vergeblich gegen dieWassermassen. Wir gaben unseren Plan für diesen Tag auf,Maxim schlug mir eine ungeahnte Alternative vor, nämlichsie bei einer Einladung in eine noble Gesellschaft zu begleiten.Unvorbereitet verwies ich auf mein im heißen Koffer feuchtgewordenes, faltengedünstetes, verdrücktes Gewand; sie ließnicht locker, und es fehlte mir an Alternativen.In der feinen, gestylten Gesellschaft fiel ich naturgemäß etwasauf; besonders die Damen bestürmten mich mit Fragen, warumich denn von so weit hergekommen sei, um ausgerechnet insolch abscheulichen Fluten herumzu schwimmen. Ich kam mirvor wie Crocodile Dundee, als er die Zivilisation besuchte.Ich darf zusammenfassen: Ich habe in fast allen Flüssen,die in den Golf von Mexiko münden, schwimmend nachden jeweiligen Graptemys-Arten gesucht und schließlichalle Arten und Unterarten auch gesammelt. Seit vielen Jahren(siehe Tabelle 1) kann ich nun schon deren Verhaltenin meinen Aquarien zu Hause beobachten und erforschen.Dem Vorhaben konnte ich noch besser gerecht werden, seitdemich meine diesbezüglichen Erfahrungen 1985 bei derPlanung meines Eigenheimneubaus im angebauten Glashausumgesetzt habe.Unsere bislang letzte USA-Reise imJahr 2018Die Bedingungen, Schildkröten aus den USA auszuführen,wurden in den letzten Jahrzehnten drastisch verschärftund somit erschwert. 2015 ersuchten wir nach Exportgenehmigungenbeim US Fish and Wildlife Service. Unter„Turtle-Island”, einer Institution/Zoo der Kategorie „A”,wurde unser Ansuchen von mehreren Professoren an Universitätenin den USA und Europa sowie von zoologischenGärten in den USA unterstützt. In dem Ansuchen musstenfür jede gewünschte Schildkröte die Art bzw. die Unterart,Geschlecht und Carapaxlänge angegeben werden. Nachzahlreichen Rückfragen der zuständigen Behörde und nachmehreren Ergänzungen und Begründungen für unser Ansuchenerhielten wir nach 2,5 Jahren (!) die aufwändig erarbeiteteBewilligung – befristet auf sechs Monate.Im April 2018 trafen wir uns also zu viert am Flughafenin New Orleans. Zwei kamen aus Kalifornien, zwei ausEuropa. Im Mietauto fuhren wir in der Nacht noch zweiStunden Richtung Westen nach Pascagoula. Mein SohnPeter hatte eine Überraschung für mich: Er hatte im VorfeldKontakt mit Pete Floyd aufgenomme, den Autor einesArtikels über „Singing river sawbacks”, den ich 1973 angeschriebenund von dem ich leider nie eine Antwort erhaltenhatte (siehe hierzu auch den folgenden Beitrag auf Seite 39).Der vernichtende Wirbelsturm „Katrina” hatte einige Jahrezuvor sein Haus an der Küste in Pascagoula völlig zerstört.Mit staatlicher Hilfe konnte er ein neues Haus bauen (sieheBild auf Seite 27); im Erdgeschoss nur mehr Garagen,Werkstätten, Lager, Requisiten etc., Unterbau und Stützenaus Beton; Wohnen, zur Sicherheit, erst im Obergeschoss.Pete konnte sich noch an mein lange zurückliegendesSchreiben erinnern, und nach Mitternacht lagen wir unsin den Armen – mit vielen Entschuldigungen, dass er mirvor 45 Jahren nicht geantwortet hatte. Seine Frau meinte,Pete scheine durch unseren Besuch plötzlich 20 Jahre jünger.In frühere Zeiten versetzt, habe er seine seit vielen Jahrennicht mehr verwendeten Fanggeräte, Netze und Fallenwieder für uns hervorgeholt, geprüft und repariert. In denfolgenden Tagen führte er uns mit Jeep, Anhänger, Bootund gerade geflickten, behördlich genehmigten Fanggerätenden Pascagoula River flussaufwärts.Wir genossen sehr seine Gastfreundschaft und Kompetenzbezüglich Leben und Agieren am Fluss, fuhren streckenweiseim Boot den Fluss hinauf, schwammen an interessantenTeilabschnitten und fotografierten unsere Fangerfolge. Mehrmals,auch über Nacht, setzten wir Petes „hoop net”, fingenaber ungewollt zweimal einen jungen Alligator, ein anderesMal eine Geierschildkröte (Macrochelys temminckii). Mit derartunfreundlichen Insassen kann man nicht erwarten, dass sichGraptemys vom Köder in das Netz locken lassen (siehe hierzudie Bilder auf Seite 28 und 29). Später fanden wir im Netz einigeG. flavimaculata, G. gibbonsi und Apalone mutica. In seiner„basking trap” fanden wir 1,0 G. flavimaculata. Alle genanntenTiere übergaben wir wieder den Fluten.Wir verabschiedeten uns in Richtung Westen, querten denMississippi, den Calcasieu River und den Sabine River, umin Texas den Guadalupe River zu erreichen, wo wir nach G.caglei schwimmen wollten. Doch dort erwartete uns wiederdas Problem bezüglich Ein- und Ausstieg aus dem Fluss:An der Brücke bei Hochheim fanden wir eine gute Gelegenheit,meinen Sohn Peter und seine Frau Shannon aussteigenzu lassen, von wo sie auf kurzem Weg zum Schwimmenden Fluss erreichten. Zuvor orteten wir am Handy etwa15 km flußabwärts eine Schotterstraße, auf der wir mitdem Auto zum Fluss fahren konnten, um sie dort wiederabzuholen. Als aber unsere Mitarbeiterin Julia und ich inNatura diese „dirt road” suchten, fanden wir sie blockiertund versperrt vor. Wir mussten nun in nächster Nähe eineandere Zufahrt ausfindig machen, um die beiden aus demGuadalupe River zu holen, ansonsten müssten sie ja bis insMeer schwimmen. Am Handy machten wir keine weitereZufahrt, keine Brücke aus, und in unserer Not mussten wires riskieren, auf einem privaten Grundstück zum Wasserzu gelangen. Das ist in Texas generell nicht ratsam, dort hatman schnell das Gewehr zur Hand.Wenige Kilometer weiter fanden wir tatsächlich eine Einfahrtin ein riesiges Grundstück, kein Mensch weit und breitin Sicht. Von dort, etwa 2 km weiter, wollten wir zum Flussgelangen. Der Wiesenweg wurde immer grüner, immermehr Rinderherden bestaunten uns, unser ungutes Gefühlsteigerte sich. Nach gut 1 km Fahrt endete diese zweifelhafteStraße als Weideland; jetzt war guter Rat teuer. Ich bat Julia,zu Fuß den vermutlich nahen Fluss zu suchen. Ich bliebschuldbewusst im Auto sitzen und harrte der Dinge.Ich wartete nicht lange. Kaum war Julia hinter Bäumenverschwunden, näherte sich mir ein kleines Privatfahrzeug.Darin saß eine ältere Dame. Sie hielt im Respektabstandund fragte mich, was ich da suche. Meine wahrheitsgemäßeErklärung muss ihr wenig überzeugend erschienen36

TitelthemaReptil.TVjeden Sonntageine neue Folge!www.youtube.com/reptiltvpräsentiert vonStefan Broghammer!reptil.tv reptil.tvReptilienDer Terraristik ExperteM&S Online-Shopwww.ms-reptilien.de➡Großes AngebotNachzuchttiere,Terraristik-Zubehör, Futter,Fachliteratur, Werkzeuge,u.v.m. vom FachmannM&S Terraristik OutletAlbstraße 18/1+2, 78056 VS-WeigheimTelefon 07425 / 31447 • Fax 31448sein, denn in den nächsten 20 Minuten näherten sich weitereMenschen in kleinen Fahrzeugen meinem Auto, zweiMänner suchten in der von mir angegebenen Richtungnach Julia und konnten sie nicht finden. Für mich sprachjetzt nur das Nummernschild von New Orleans und meinschlechtes Englisch. Meine Beteuerungen, dass wir nichtsBöses vorhatten, fanden sichtlich erst Glauben, als Julianach gut einer Stunde mit den beiden Schwimmern inihren Taucheranzügen auftauchte.Jetzt erst stieg ich aus dem Auto, entschuldigte mich nochmalsfür unsere Notsituation; die ältere Dame war dieGrundstückseigentümerin, die anderen waren letztlichFamilienmitglieder aus vier Generationen. Die Stimmungveränderte sich von Zweifel in Erstaunen, und Oma erlaubteuns sogar, am nächsten Tag nochmals dieselbe Streckeim Guadalupe River bis zu ihrer Ranch zu schwimmenund dort wieder an Land zu gehen. Sie besuchte uns dortsogar am Morgen – so etwas hatte sie in ihren 80 Jahrennoch nicht erlebt. Mit einer herzlichen Umarmung verabschiedetenwir uns schließlich. Graptemys im Dienste derVölkerverständigung!Das war der westlichste Ort; unsere Rückreise führte unsvorerst wieder nach Pascagoula zurück, im BundesstaatMississippi, zu Pete Floyd. Einen weiteren Tag verbrachtenwir auf seinem Boot vor der Küste, auf der Suche nachim Salzwasser lebenden Diamantschildkröten (Malaclemysterrapin pileata), den nächsten Verwandten der Sägerückenschildkröten.Gleißende Sonne, kein Baum, kein Schatten,nur die auf Stelzen über das Meer führenden Autobahnenboten Sonnenschutz. Wer diese Tiere in unseren Breitengut halten will, der darf also nicht an Strom sparen. Da wirkeine Ausfuhr dieser Sumpfschildkröten beantragt hatten,begnügten wir uns mit einigen Fotos.Beantragt hatten wir aber z. B. die Ausfuhr von 2,0 Graptemysbarbouri, je 10 cm CL. Wir hatten letztlich vier Männchendieser Art zur Auswahl; drei mit 10 cm CL und einesmit 12 cm CL. Wir entschieden uns (leider), die größte undeine mit 10 cm CL mitzunehmen. „Mitnehmen“ ist wohlder falsche Ausdruck, unser „export permit” bedeutetenämlich nicht, dass die Tiere gleich bei unserem Heimflugmitkommen könnten. Vielmehr mussten wir sie bei einemprofessionellen Tier-Exporteur einstellen, dort alle Versandbehälterbereitstellen, etikettieren und die Ausfuhrbewilligungentsprechend beschriften. Damit war unsereArbeit nach einigen Stunden getan, wir konnten uns verabschieden.Die Sache des Exporteurs war es dann, einenversierten Vertreter von „Fish and Wildlife” zu bitten, dieTiere zu kontrollieren und für den Versand freizugeben.Zuletzt, 2–3 Wochen nach unserer Abreise, musste derTierhändler noch die Versandpapiere organisieren und dieTiere zum Flughafen bringen.Das dicke Ende: Die 1,0 G. barbouri mit 12 cm CL wurdenicht freigegeben, denn sie war gegenüber unserem Permitum 2 cm zu groß! Sie durfte also nicht mit den anderenmitfliegen, wir mussten einen neuen Antrag stellen unddas Tier bis zur neuerlichen Bewilligung bei einem Freundeinstellen; dort ist es leider durch einen Unfall ertrunken.Literatur am Ende dieses Titelthemas37

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