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ARTEN- UND NATURSCHUTZ

ARTEN- UND NATURSCHUTZ Antoine Cadi & Andre Miquet Erste Ergebnisse des Wiederbesiedlungsprogramms der Europäischen Sumpfschildkröte im Bourget-See (Frankreich) Die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) gehört zu den gefährdeten Arten, weil ihre Habitate zerstört und fragmentiert werden; außerdem spielen das Absammein und in letzter Zeit der Straßentod eine Rolle. Diese Situation rechtfertigt ihren gesetzlichen Schutz in Frankreich und überhaupt in Europa. Die Wiederherstellung geeigneter Habitate und das dafür notwendige Management haben zunächst Vorrang. Aber mehrere Orte, die heute für die Art geeignet erscheinen, können von ihr nicht selbst wiederbesiedelt werden, da sie zu weit von den letzten natürlichen Populationen entfernt lie- Abb. 1. Vermessung eines Schlüpflings. Foto: O. BORN. gen. In diesem Zusammenhang gewinnt eine gezielte Auswilderung an Bedeutung. Emys orbicularis verschwand in Savoyen im frühen 20. Jahrhundert; die letzte natürliche Population in dieser Region besteht etwa 20 km weiter, jenseits einer Bergkette. Daneben sind geeignete Lebensräume im Rhöne-Korridor so verinselt, dass eine spontane Rückkehr dieser Art praktisch nicht möglich ist ~ jedoch zeigen die lokalen Habitate eine gute Qualität. In Verbindung mit dem französischen Umweltministerium entschied sich so der Savoyer Natur- und Umweltschutzverband, in Zusammenarbeit mit dem Rhöne-Alpen-Naturschutzverband und der Universität Claude Bernard Lyon I, die Wiederbesiedlung vorzubereiten. Programmgeschichte Das Wiederbesiedlungsprojekt für die Europäische Sumpfschildkröte im südlichen Teil des Bourget-Sees wurde 1995 vom Savoyer Natur- und Umweltschutzverband initiiert. Es reagiert damit auf das Verschwinden von Emys orbicularis zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Weil diese Süßwasserschildkröte unter Schutz steht, musste das Projekt zunächst die Zustimmung des französischen Umweltministeriums erhalten. Daraufhin sollte folgendes Vier-Stufen-Programm realisiert werden: 1. eine Machbarkeitsstudie soll die Erfolgschancen des Projektes einschätzen, insbesondere unter Berücksichtigung der Erkennung und Beseitigung der Faktoren, die zum Erlöschen der Populationen geführt haben. 2. eine Vorbereitungsphase, um Plätze anzulegen, wo ein ausgewählter Tierbestand eingesetzt wird; in diesem Stadium sollten alle Schutzmaßnahmen zur sicheren Auf- 18 RADIATA 12 (1), 2003

ARTEN- UND NATURSCHUTZ Abb. 2. Künstliche Inkubation im Jacques Monod Institut Paris VI. Foto: O. BORN. rechterhaltung der wiedereingeführten Population abgeschlossen sein; Kontakte zur lokalen Bevölkerung und Information der Öffentlichkeit spielen eine wesentliche Rolle. 3. die Wiederbesiedlungsphase, in der biologische Parameter aufgenommen werden, um die Risiken für die dort freigelassenen Exemplare zu begrenzen. 4. die Überwachungsphase, um ein Maximum an Informationen aus dieser Erfahrung zu sammeln. Auf Grundlage eines Fachberichts (MIQ UET 1994) genehmigte der Nationalrat für Naturschutz das Projekt. Genetische Analysen, die in Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg realisiert wurden, zeigten die Homogenität der Rhöne-Alpen- (QUESADA 2000), Brenne- und Allier-Populationen (Emys orbicularis orbicularis). Die Brenne­ Population wurde schließlich fur eine erste Lieferung von adulten Schildkröten ausgewählt. Das Programm wurde von der Europäischen Union ("Lebende Natur Bourget-See"), dem französischen Umweltministerium, der Rhöne-Alpen-Region und dem Savoyer Verwaltungsrat (MIQ UET & CADI 2000) akzeptiert und von 2000 bis 2002 finanziert. Ein Ort, geschaffen für Schildkröten Der Savoyer Natur- und Umweltschutzverband betreut die meisten Feuchtgebiete rund um den Bourget-See (45 km 2 ), der direkt mit der Rhöne verbunden ist. Der Wasserstand wurde einst gesenkt und durch den Einbau einer hydroelektrischen Ausrüstung stabilisiert. Um den Verlust der dadurch zurückgegangenen Sümpfe und Seen auszugleichen, wurden in einem 13 ha großen, mit Schilf und Sträuchern bestandenen Gebiet zunächst die Sträucher entfernt, anschließend das Gelände mit einem Damm eingegrenzt und wieder geflutet. Dieses Habitat soll das RADIATA 12 (1), 2003 19

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