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Basislehrbuch Kriminaltechnik - Leseprobe

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Dieses Buch bietet einen breit gefächerten Überblick über den aktuellen Stand der Kriminaltechnik und stellt dabei besonders neue Ermittlungs- und Beweisansätze in den Mittelpunkt. Als Wegweiser dient dabei ein exemplarischer Leitsachverhalt, der sich auf die Fragestellungen der kriminalistischen Fallanalyse sowie ausgewählte Ermittlungsmaßnahmen stützt. Die zentralen Fachbegriffe werden durch Beispiele und Bildmaterial anschaulich erläutert.

Individual- und

Individual- und Gruppenbeweis Abb. 13: Beispiel für Passstück: Abgedrehter Schließzylinder Die Formulierung Gruppenbeweis für Gegenstände oder Spuren, die eine Gruppenidentifizierung ermöglichen, und Individualbeweis für Gegenstände oder Spuren, die individuell einem spurenverursachenden Subjekt oder Objekt zugeordnet werden können, hat sich im kriminalistischen Sprachgebrauch etabliert. Diese „Eingruppierung“ bezeichnet zunächst lediglich die theoretische Möglichkeit, ob eine Spur individuell einem spurenverursachenden Subjekt oder Objekt oder lediglich einer spurenverursachenden Gruppe von Subjekten oder Objekten zuzuordnen ist. Unerheblich ist für diese Unterteilung zunächst, ob später wirklich einmal ein spurenverursachendes Subjekt oder Objekt ermittelt bzw. festgestellt wird. Für eine erste kriminalistische Beurteilung der Tatortspurenlage ist diese grobe Einordnung ausreichend, da sie die unterschiedliche Beweiskraft der verschiedenen Spuren zunächst prägnant darstellt. Bei dem am Tatort aufgefunden Messer könnte es sich um die Tatwaffe handeln. An dem Messer dürften sich Fingerspuren der Personen befinden, die das Messer angefasst haben – so mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Fingerspuren des Täters. Fingerspuren sind als Formspuren anzusehen. Sie gestatten die Individualidentifizierung des Spurenverursachers, da Fingerabdrücke absolut einmalig sind. „Es gibt keine absolute Übereinstimmung der Papillarleistenverläufe von zwei Menschen oder bei einzelnen Fingern einer Person. Zum Zweiten liegt es an ihrer natürlichen Unveränderlichkeit. Die Papillarleisten werden im 4. Embryonalmonat ausgebildet und bleiben so über den Tod hinaus bestehen. Bei oberflächlichen Verletzungen wachsen sie in gleicher Konfiguration wieder nach. Tiefere Verletzungen führen zu einer bleibenden Narbenbildung.“ 39 (→Individualbeweis) Keinesfalls ausreichend ist die grobe Einteilung in Individualidentifizierung und Gruppenidentifizierung für die Erstellung des Sachverständigengutachtens zur 39 Amerkamp, S. 9. Leseprobe 37

Begriffsbestimmungen Beweisführung vor Gericht. Hier ist auch nicht die Einteilung nach einer theoretischen Eignung der Spur vorzunehmen, sondern ein konkreter Nachweis zu führen, wieso die Spur (z.B. Fingerspur) nur von einem Spurenverursacher (z.B. Beschuldigten) stammen kann. 1.4.4 Ausschluss „Es liegen keine Zweifel vor, dass die Merkmale der Untersuchungsobjekte nicht übereinstimmen. Der Ausschluss eines bestimmten Gegenstandes erfolgt anhand nicht übereinstimmender Kriterien gruppenspezifischer und/oder individualisierenden Charakters.“ 40 1.4.5 Sammlungsvergleich Für die individuelle Zuordnung einer Spur zu einem Spur verursachenden Subjekt oder Objekt bedarf es zunächst einmal der Ermittlung des Subjekts bzw. Objekts. Bei den meisten Tatorten wird weder der Täter vor Ort angetroffen noch das Tatwerkzeug aufgefunden. Vergleichsmaterial zum Abgleich mit den Tatortspuren steht so zunächst einmal nicht zur Verfügung. Im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion unterhält das BKA zentrale Sammlungen für den Erkennungsdienst. 41 So werden durch das BKA u.a. eine zentrale Sammlung von Finger- und Handflächenabdrücken (AFIS), die DNA-Analyse- Datei (DAD) sowie die zentrale Waffensammlung und die Tatmunitionssammlung geführt. Beim Landeskriminalamt NRW wird eine Werkzeugspurensammlung geführt, in der bestimmte Werkzeugspuren (u.a. greifende Werkzeuge) aus bislang ungeklärten Straftaten gesammelt werden. Weitere Sammlungen werden in NRW bei den KTU-Stellen geführt (so z.B. bei verschiedenen Stellen Schuhspurensammlungen). In diese Sammlungen werden einerseits Spuren bislang ungeklärter Straftaten und ggf. Vergleichsmaterial bereits ermittelter Beschuldigter eingestellt. Grundsätzlich werden Sammlungen nur geführt, wenn durch einen Abgleich eine Individualidentifizierung möglich ist. Somit ergibt sich die Möglichkeit, mittels gesicherter Tatortspuren und Sammlungsabgleich einen bislang unbekannten Täter zu ermitteln bzw. eine Spur individuell dem Spur verursachenden Werkzeug zuzuordnen. Weiter besteht die Möglichkeit durch Sammlungsabgleiche Tatzusammenhänge herzustellen. Zunächst wurde im vorliegenden Leitsachverhalt kein Tatverdächtiger ermittelt. Sollte auch im Zuge der weiteren Ermittlungen kein Tatverdächtiger zu ermitteln sein, könnten die am Tatort gesicherten Fingerspuren (so z.B. an dem Messer) dem Landeskriminalamt NRW übersandt werden. Dort werden sie als Tatortspur mit dem AFIS-Datenbestand des BKA abgeglichen. Sollte der bislang unbekannte Täter bereits erkennungsdienstlich behandelt worden sein, so 40 Katterwe/Brandes/Eisgruber/Grimmer/Küppers/Marquardt/Pohl, S. 748. 41 § 2 Abs. 4 BKAG. 38 Leseprobe