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Beschaffung aktuell 01-02.2024

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» MANAGEMENT Mit Hilfe

» MANAGEMENT Mit Hilfe eines mehrstufigen Modells lässt sich schnell identifizieren, wo sich Risikopotenzial verbirgt. Bei IntegrityNext beispielsweise, einer cloudbasierten Plattform für nachhaltige Lieferketten, erfolgt zunächst eine automatisierte Einstufung der Nachhaltigkeitsrisiken aller Lieferanten auf Basis von mehr als 45 Industrie- und Länder-KPIs zu Themen wie Kinderarbeit, Arbeitssicherheit und Umweltverschmutzung. Gleichzeitig durchforstet eine KI täglich Medien und soziale Netzwerke nach kritischen Lieferantenmeldungen. Stellen sich bei einem Lieferanten erhöhte Risiken heraus, kann dieser zu einem vertieften, themenbezogenen Assessment eingeladen werden. Der Lieferant muss dann über Zertifikate und die Beantwortung von Fragebögen nachweisen, dass er ESG-Risiken erkennen und minimieren kann. Ein Expertenteam hilft bei der Validierung der Ergebnisse, prüft eingehende Auskünfte wie Zertifikate und Belegdokumente und stellt bei Bedarf Korrekturanfragen an die Lieferanten. Nachfolgend kann der Kunde über die Plattform Präventiv- und Abhilfemaßnahmen einleiten und den Fortschritt kontinuierlich verfolgen. Abgerundet wird das Ganze durch einen automatisiert erstellten Nachhaltigkeitsbericht, der beispielsweise für gesetzliche Offenlegungspflichten, wie die des deutschen Lieferkettengesetzes oder der europäischen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), genutzt werden kann. Nick Heine, Integrity Next Wesentliche Aspekte bei der Auswahl geeigneter Tools Nick Heine, Co-Founder und COO bei Integrity Next Bild: IntegrityNext/Matthias Haslauer Beschaffung aktuell: Warum ist kontinuierliches Monitoring entscheidend , um Risiken in der Lieferkette frühzeitig zu erkennen, im Vergleich zu einer jährlichen Bestands analyse? Nick Heine: Kontinuierliches, proaktives Monitoring in der Lieferkette ist entscheidend für ein erfolgreiches Risikomanagement, da man so Risiken in Echtzeit erkennen und schnell reagieren kann – im Gegensatz zur jährlichen Analyse, die Probleme möglicherweise erst spät erkennt. Es identifiziert Trends frühzeitig, reduziert potenzielle Auswirkungen von Störungen und ermöglicht kontinuierliche Verbesserungen im Risikomanagement . Welche Kriterien sollten Unternehmen bei der Auswahl einer geeigneten Softwarelösung für die Sorgfaltspflichten in Lieferketten beachten? Heine: Eine der größten Herausforderungen des LkSG liegt im administrativen Aufwand. Eine Software lösung muss daher große Mengen an Lieferantendaten verwalten und verarbeiten können und sollte effiziente Risikomanagementprozesse von Lieferantenmanagement, Datenerfassung und -analyse über Risikobewertung bis hin zur Berichterstattung abbilden können. Bestenfalls unterstützt eine solche Lösung automatisiert abstrakte Risiko- und Wesentlichkeitsanalysen, sodass Ressourcen durch eine intelligente Lieferantenpriorisierung optimal genutzt werden. Das Thema Dokumentation und Berichterstattung ist ein wesentlicher Aspekt. Hier sollte man darauf achten, dass ein Tool die Methodik und Maßnahmen dokumentiert und berichtsfähige KPIs zur Verfügung stellt, um die Effektivität der angewandten Maßnahmen zu messen und das Berichten zu erleichtern. Eine Softwarelösung sollte flexibel gestaltet sein, um sich den ständig ändernden gesetzlichen Anforderungen und spezifischen Prozessen des Unternehmens anzupassen. Außerdem sollte sie sich nahtlos in bestehende Systeme und Arbeitsabläufe integrieren lassen. Nicht zuletzt spielt für die Akzeptanz im Unternehmen sowie beim Lieferanten die Benutzerfreundlichkeit eine große Rolle. Welche konkreten Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um auf erhöhte Risiken in der Liefer - kette zu reagieren, und wie wird der Fortschritt überwacht? Heine: Das kann mit Kontrollmechanismen anfangen, beispielsweise über Selbstauskünfte oder Vor-Ort Audits, um tiefere Einblicke in die Praktiken der Lieferanten zu bekommen. Unternehmen können Schulungen und Trainings für ihre Lieferanten anbieten, um das Bewusstsein zu stärken und das notwendige Know-how aufzubauen. Die Kommunikation mit den Lieferanten ist besonders wichtig – tritt tatsächlich eine Verletzung ein, sollte man gemeinsam Maßnahmen zur Minimierung oder Beendigung entwickeln. Diese können über ein Tool wie IntegrityNext verwaltet, dokumentiert und nachverfolgt werden . Man kann aber auch früher ansetzen, um Risiken von vorneherein zu minimieren. Das kann zum Beispiel durch vertragliche Zusicherungen wie Code of Conducts geschehen oder indem bereits bei der Auswahl der Lieferanten ESG-Aspekte berücksichtigt werden. 20 Beschaffung aktuell » 1-2 | 2024

Transformation des Einkaufs Die neue Ökonomie der Beschaffung Klimaziele, Sorgfaltspflichten, Inflation und Materialkrisen haben ein Umfeld geschaffen, in dem der Einkauf viele Zielkonflikte verhandeln muss. Im Balanceakt von Versorgung, Innovation, Kosten, Qualität, Nachhaltigkeit und Resilienz hilft ein Deep-Dive in die Warengruppenstruktur. Multiple Krisen haben die Rahmenbedingungen für Unternehmen spürbar verändert. Aus der Pandemie und dem Ukrainekrieg entstanden Lieferengpässe und Preissteigerungen, die den Energieund Materialzukauf deutlich verteuert und erschwert haben. Hinzu kommen die Klimakrise und die umwelt- und menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten. Auf Missstände in den Lieferketten wie moderne Sklaverei und Kinderarbeit hat der Gesetzgeber reagiert und die Lieferkettenverantwortung seit 2023 gesetzlich festgeschrieben. Die EU legt mit einer eigenen Regelung jetzt nach. CO 2 hat ein Preisschild Aus dieser Komplexität ergeben sich Zielkonflikte: Es geht nicht mehr nur um die Balance eines Dreiecks aus Kosten, Qualität und Zeit. Es geht – in einem Sechseck – gleichzeitig um Nachhaltigkeit, Resilienz und Innovation. Diese neue Ökonomie der Beschaffung hat Auswirkungen auf Kostenprojekte, Kostenstrukturen und die Ausgestaltung der Liefernetzwerke. Gleichzeitig ist sie die adäquate Reaktion auf Klimakrise, Geopolitik und Gesetzgebung sowie auf die Notwendigkeit die Liefernetzwerke nachhaltig und resilient umzugestalten. Der Wandel wird durch die Regulatorik getrieben. In Deutschland gilt das Lieferkettengesetz als Auftakt für eine neue Art des Wirtschaftens, die die externalisierten Kosten in die Rechnung einbezieht. Die Verantwortung der Unternehmen wird mit der EU-Lieferkettenregulatorik deutlich ausgeweitet. Die Regelung gilt auch für die vorgelagerten Lieferketten und umfasst Klimaziele. Für die Umsetzung der Klimaziele spielt die EU-Taxonomie eine wichtige Rolle. Sie legt fest, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten als nachhaltig gelten und soll Kapitalströme entsprechend umlenken. Mit der ab 2025 geltenden Richtlinie zur nachhaltigen Berichterstattung (CSRD) kommen weitere Berichtspflichten. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird der finanziellen Berichtspflicht gleichgestellt und unterliegt einer externen Prüfung. Ein Instrument, um in Europa die Klimaziele zu erreichen, ist der Emissionshandel (EU-ETS). Dabei bildet sich der CO 2 -Preis als Knappheitspreis am Markt. 2022 wurde erstmals die 100 Euro-Marke für eine Tonne CO 2 -Äquivalent erreicht. Hinzu kommt die CO 2 -Steuer, die für fossile Brennstoffe bis 2025 in Deutschland auf 55 Euro je Tonne CO 2 -Äquivalent ansteigen soll. Das europäische CO 2 -Grenzausgleichssystem belegt seit Herbst 2023 auch die Emissionen importierter Rohstoffe und Vorprodukte mit einer CO 2 -Abgabe. Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) betrifft Eisen, Stahl, Zement, Aluminium, Elektrizität, Düngemittel, Wasserstoff sowie bestimmte vor- und nachgelagerte Eisen- und Stahlprodukte. Ab 2026 sind die CBAM-Zertifikate für den Import verpflichtend. CO 2 ist also längst mit einem Preisschild versehen. Und der Preis wird weiter steigen. Unbestritten ist: Der moderne Einkauf ist sehr erfahren darin die Einkaufspreise mit der Materialqualität Das Zukunftswerkstatt Summit am 13. März 2024 in Bonn setzt den Diskurs um die „Neue Ökonomie der Beschaffung“ in interaktiven Vortragsund Workshopformaten fort und begleitet Einkauf & SCM bei der Transformation. Anmeldung: zukunftswerkstatt-einkauf.de Bild: amc Beschaffung aktuell » 1-2 | 2024 21

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