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DER BIEBRICHER, Nr. 353, April 2021

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Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich

Liebeleien am Nassauer

Liebeleien am Nassauer Hof und der rußgeschwärzte Bayern-König auf Durchreise PRIVAT ARCHIV KATHRIN SCHWEDLER/NATIONAL WAR MUSEUM, LONDON Momentan hat die Wiesbadener Stadtteilhistorikerin Kathrin Schwedler ihr Herz an Biebrich verloren. Sie steckt mitten im zweiten Teil ihres Projekts, der bereits 2019 ausgearbeiteten Führung durch den Schlosspark. „Ich bin sehr dankbar, dass ich ein Arbeitsstipendium vom Land Hessen erhalten habe“, sagt sie. Statt wie sonst Kulturkritiken zu schreiben, was seit Monaten nicht möglich ist, sitzt sie daheim mitten in Büchern, Fotokopien und dem Laptop. Auf ihrer Facebookseite publiziert sie immer mal wieder Fundstücke zum Thema „Biebrich unter den Nassauern“. Ihr Ansatz ist es, Vergangenheit erlebbar zu machen. 2019 hatte sie im Rahmen des Festivals „Poesie im Park“ eine Schlossparkführung angeboten. In der Hessischen Landesbibliothek hatte Kathrin Schwedler jede Menge Aktenmaterial gefunden. „Vor deinem Schloß siehst du den Rheinstrom wallen“, heißt es zum Beispiel in dem strophenreichen Manuskript vom 9. Mai 1844, mit dem die „Bewohner Biebrichs und Mosbachs“ die Ankunft der Herzogin Elisabeth zu Nassau in Verse fassten. Die russische Prinzessin dürfte den Text kaum verstanden haben, aber ihr Gatte Adolph mit Sicherheit. Stadtteilhistorikerin Kathrin Schwedler Literarisch kann dieses Herrscherlob natürlich nicht mit Goethe mithalten, der öfter Gast in Wiesbaden war, und dem man zu seinem sechzigsten Geburtstag die von ihm geschätzten Artischocken auf den Tisch brachte. „Es ist völlig das Märchen“, schrieb der Ex-Frankfurter, womit er die Aussicht vom Schloss auf den Rhein meinte. Was Schwedler zum Thema Goethe in Biebrich herausgefunden hat, ist etwas delikat. Sie konnte antiquarisch eine „Nota“ aus dem Mai 1814 erwerben, in der quittiert wird, dass der Hofstaat nach dem Abzug der napoleonischen Truppen mit „zwölf Stadtteilhistorikerin Kathrin Schwedler forscht aktuell zu Biebrich. Nachttöpfen“ neu ausgestattet wurde. Alltagsleben, Klatsch und Tratsch interessieren die Geschichtenfinderin sehr. Zwei Romane aus dem Jahre 1847 (Freifrau von Dalberg) und 1926 (Ricarda Huch) haben die Lovestory um Prinzessin Auguste Amalia und Friedrich Wilhelm von Bismarck zum Inhalt. Die nassauische Prinzessin poussierte 1803 mit dem damals blutjungen Soldaten aus niedrigem Adel. Während der erst mit, dann gegen Napoleon die Karriereleiter erklomm, wartete seine Gattin auf Schloss Biebrich auf ihn. Die Treffen des Paares fanden immer in einem Hotel in Frankfurt statt. Der englische König George II. kam 1743 in das Biebricher Schloss. Sein Sohn, Prinz William, Duke of Cumberland, ließ dabei eine stimmungsvolle Zeichnung des Blicks aus dem Schloss in Richtung Mainz erstellen. Eine bekannte Quelle zum Thema Schlosspark sei auch Wilhelm Heinrich Riehl. Der Gründer der „Volkskunde“ wurde 1823 als Sohn des Schlossverwalters geboren. Aufgewachsen im neben dem Schloss 12 DER BIEBRICHER / APRIL 2021

gelegenen Karpfenhof, gibt es etliche Novellen, in denen er über die Gegebenheiten des biedermeierlichen Biebrich erzählt. Da gab es zum Beispiel eine sogenannte „Lästerbank“ beim Ostflügel des Schlosses, wo die Hofangestellten sich zum Tratschen trafen. Intensive Internetrecherchen brachten im Londoner „National War Museum“ eine Landkarte von Biebrich aus dem Jahr 1743 zu Tage. König George II. machte nach einer erfolgreichen Schlacht am Main gegen die Franzosen im Schloss Station mit seinen Truppen. Sein Sohn ließ eine stimmungsvolle Zeichnung des Blicks aus dem Schloss in Richtung Mainz erstellen. Für den Übertritt hatte man nach Mombach eine Bootsbrücke eingerichtet und es sind die Gärten zu sehen, die in Biebrich damals bis direkt an das Ufer gingen. „Ebenfalls sehr lebendig finde ich den Besuch des Bayern-Königs Ludwig II.“, meint Schwedler. „Der war als frischer König 1864 in Bad Schwalbach zu Besuch. Auf dem Rückweg von einem Abstecher nach Köln soll er im Bahnhof Biebrich den Hofstaat damit schockiert haben, dass er in der Lok mitgefahren sei. Daher habe man ihn erst vom Ruß säubern müssen, bevor er sich mit Herzog Adolph hat treffen können.“ Gerne würde Schwedler die Anekdote überprüfen. Die Tagebücher lägen im Original im Hessischen Staatsarchiv. Im Verzeichnis ist aber ein rotes Schloss angemerkt. Also ist diese Quelle für die Öffentlichkeit gesperrt. Aber das Projekt versteht sich als ein stets wachsendes, denn Ziel aller ihrer Untersuchungen sei es, die Fundstücke und Geschichten einmal zentral auf einer Homepage zugänglich zu machen. (art) Ihr Auto und Ihr Zuhause sind bestens abgesichert. Wenn es um Absicherung geht, sollten Sie nicht nur an Ihre vier Räder und Ihre vier Wände denken. Denken Sie auch mal an sich und Ihre Lieben. Ob für das Wohl Ihrer Gesundheit, kraft- oder Hinterbliebenenabsicherung – wir sind jederzeit für Sie da und beraten Sie gerne. Und Sie und Ihre Familie? Kundendienstbüro Albert Schipper Versicherungsfachmann Tel. 0611 1688104 albert.schipper@HUKvm.de Straße der Republik 26 65203 Wiesbaden-Biebrich HUK.de/vm/albert.schipper JETZT BERATEN LASSEN! Mo. – Fr. 9.00 – 13.00 Uhr Mo. – Di. 15.00 – 18.00 Uhr Do. 15.00 – 18.00 Uhr sowie nach Vereinbarung ARCHIV KATHRIN SCHWEDLER Prinzessin Auguste Amalia von Nassau-Usingen, der eine Romanze mit dem jungen Friedrich Wilhelm von Bismarck nachgesagt wird. Telefon 0611-989 720 · Telefax 0611-989 7250 Biebricher Allee 79 · 65187 Wiesbaden www.rosenbach-steuerberatung.de info@rosenbach-steuerberatung.de DER BIEBRICHER / APRIL 2021 13

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