Aufrufe
vor 3 Jahren

Grenzenlos Winter 2020

  • Text
  • Wintermagazin
  • Berwang
  • Ehrwald
  • Zeit
  • Natur
  • Grenzenlos
  • Summary
  • Arena
  • Tiroler
  • Zugspitz
  • Grainau

44 /

44 / NACHTWÄCHTERRUNDGANG„Hört ihr Leut‘ und lasst euch sagen …“In Partenkirchen waren Nachtwächter ehrenwerte Bürger. Auch heute kann manauf ihren Spuren durch den Ortsteil wandern: Bei einem Rundgang mit der NachtwächtertochterAnna wird die Vergangenheit lebendig.Der Mond steht hoch über demhistorischen Ortskern von Partenkirchen.Die Gassen sind dunkel,eine streunende Katze huschtüber den Platz. Da schlägt die Kirchturmuhrneunmal und Anna tritt aus dem Schattenhervor. „Hört ihr Leut‘ und lasst euch sagen,unsre Glock‘ hat neun geschlagen“, verkündetsie. Die Laterne erleuchtet dabei ihrEnglish SummaryMarie-Luise Bergler enjoys bringinghistory to life in Partenkirchen: whenout on one of her guided tours, she slipsinto a loden coat – and thus into the roleof a night watchman. She carries notonly the lantern typical of her guild, butalso a horn and a halberd, a medievalpole weapon. Together with her guestsshe roams the dark alleys of Partenkirchento make sure everything’s allright in the shadows. An atmosphere ofmystery and suspense is all but assuredwhen she takes people on this journeyinto the nineteenth century. The nightwatchman used to keep an eye on theGesicht, erhellt ihren Weg, vertreibt lichtscheueGestalten. Anna ist Nachtwächterin,damals, anno 1868, hat sie das Amt vonihrem Vater übernommen.Geschichte zum Mitmachen:ein Ausflug in die VergangenheitAnna heißt eigentlich Marie-Luise Bergler.Für ihren Nachtwächterrundgang schlüpfttown’s inhabitants, including the famousartists who lived here in times longpast. He would light the street lamps,warn passers-by of approaching carts,and ensure safety in the alleyways.He also used his signal horn to warnof catastrophes, such as floods andmudflows. Unlike in other areas, wherenight watchmen had a poor reputation,the profession was highly respected inPartenkirchen, and descendants of theoriginal night watchmen still live heretoday. Marie-Luise’s guided tour startsout from Ludwigstr. 73, every Saturdayat 9 pm (8 pm in the winter).sie in einen traditionellen Lodenumhangund in die Rolle der Nachtwächterin. Wiees für diese Gilde üblich war, trägt sie nichtnur die typische Laterne, sondern auch Hornund Hellebarde, also eine mittelalterlicheStangenwaffe. Gemeinsam mit ihren Gästenzieht sie dann als Anna durch die Straßen vonPartenkirchen, erzählt den Menschen vomLeben hier im 19. Jahrhundert. „Ich bezieheimmer aktiv die Leute mit ein. Manchmal findetsich sogar ein kleiner Helfer, der stolz dieLaterne trägt“, erzählt Marie-Luise Bergler.Gemeinsam halten sie Ausschau nach zwielichtigenGestalten, schauen, ob alles inOrdnung ist. Die kleinen finsteren Gassenschaffen dabei eine mystische Atmosphäre,lassen Sagen lebendig werden. Wie die vomZuggeist, einem riesigen Vogel, der einenSchatz auf der Zugspitze bewachen soll. „BeiVollmond, da kann man ihn sehen, wie erüber dem Gipfel schwebt“, die Zuschauerhängen gebannt an den Lippen der Erzählerin.Sie mache das aus Liebe zu ihrerHeimat, berichtet Marie-Luise Bergler. „Werin dieser Gegend aufwächst, der wird mitTradition groß. Es ist die Verbundenheit zur

45Heimatgeschichte und lebendiges Brauchtum.Der Charme hier bei uns verzauberteinfach und das war schon immer so.“Der Nachtwächter warnte auch vorBränden und NaturkatastrophenDann erzählt die Nachtwächterin von denberühmten Künstlern und Musikern, die hierEnde des 19. Jahrhunderts gelebt haben.Denn an manchen Plätzen und Häusern wardurch die illustren Bewohner besondereSorgfalt geboten. Der Nachtwächter sahaber nicht nur dort nach dem Rechten: Erentzündete die Straßenlaternen und sorgtein den Gassen für Sicherheit. Anna macht esihm heute mit ihren Begleitern gleich: Beider Galeristin schauen sie zum Beispiel, obdie müde Frau nicht wieder bei brennenderKerze eingeschlafen ist.Außerdem warnte der Nachtwächter mitseinem Signalhorn vor allerlei Katastrophenwie Überschwemmungen und Murenabgängen„Im Jahr 1865 zerstörte ein schlimmerBrand einen großen Teil der historischenLudwigstraße. Damals hatten die Menschenam meisten Angst vor solchen und anderenNaturgewalten. Die Nachtwächter passtenauf, gaben den Leuten ein Gefühl der Sicherheit“,erklärt Bergler.Aber natürlich hörten die Nachtwächterauch viel, vom Getuschel auf den Straßenbis zu familiären Streitigkeiten. Das verdeutlichtdie nächste Einlage in Annas Nachtwächterrundgang:Eine schluchzende Frausitzt vor dem Haus, völlig aufgelöst klagt sieihr Leid. Sie wurde von ihrem Mann verlassen,für eine andere hatte er sie sitzengelassen.„Mei Madl, sei froh. Morgen gehst‘in die Kirche und zündest eine Kerze für dieHeilige Anna an, als Dank dafür, dass du denHallodri los bist.“ Die Verlassene bedanktsich artig, bittet aber sogleich: „Aber Anna,sagst nix weiter, ge?“ „Aber natürlich nicht.Als Nachtwächterin sehe und höre ich zwarviel. Aber drüber reden, das tue ich nicht“,bestätigt sie ihre Verschwiegenheit.Nachtwächter – eine angeseheneAufgabe in PartenkirchenIn vielen Gegenden galt der Beruf des Nachtwächtersals ein unehrlicher, wie auch derHenker zum Beispiel. Aber hier in Partenkirchendurften nur Bürger von unbescholtenemRuf den nächtlichen Wachdienst ausüben.Ein mancher hat sogar seinen Berufstolz am Haus präsentiert: Bis heute gibt esHausnamen wie „Die Nachtwachterer“ samtgeschnitzter Figur an der Hauswand. AuchNachfahren der originalen Nachtwächterleben noch im Ort.Marie-Luise Bergler hingegen ist nichtmit ihrer Anna verwandt. „Ich interessieremich sehr für die Geschichte meiner Heimatund lese viel darüber. Dabei bin ichimmer wieder auf Nachtwächter und danneben auch die Anna gestoßen. So kam mirdie Idee, mit Rundgängen die Geschichtefür unsere Besucher lebendigzu machen“, schildert Bergler.Aber auch Einheimischebegleiten sie immer wiedergerne. Inzwischen fragen dieLeute schon nach, wenn sie aneinem Samstag mal nicht dieAnna durch die Gassen streifensehen. Denn der Tag istgesetzt: Jeden Samstag machtsie ihren Rundgang, man trifftKontakt:Jeden Samstag 20:00 Uhr,Juni/Juli/August Samstag 21:00 UhrReservierung vorab telefonisch beiMarie-Luise Bergler+49 160 922 987 25sich dafür in der Ludwigstraße 73 innerhalbdes Arkadengangs. Im Sommer geht‘s um21:00 Uhr, im Winter um 20:00 Uhr los. Nurvon November bis Januar, da gibt es eineWinterpause für die regulären Führungen,Individualabsprachen sind aber möglich.Nach etwa einer Stunde ist die Gruppe anihrem Ziel angekommen. Dann verabschiedetsich die Nachtwächterin Anna mit denWorten „Kommt gut nach Haus und fühlteuch geborgen. Und schlaft die Liebe langeNacht, denn ich halt getreulich Wacht“ undverschwindet in den dunklen Gassen.Linda Filser

Kontakt| Öffnungszeiten| Impressum| Datenschutz| AGB

© 2023 Zugspitzdorf Grainau