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Industrieanzeiger 10.2023

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» TECHNIK Bild: Gradel Halterung eines Reaktionsrads aus „xFK in 3D“ das bei Satelliten der Lageregelung dient. Sie wurde im F+E-Projekt mit dem List hergestellt und getestet. Die ESA begleitete das Forschungs - vorhaben. Mit Thales Alenia Space, Airbus und OHB Systems waren renommierte Partner mit an Bord, die AMC liefert weiterhin ihre Unterstützung. Noch 2019 stellte Gradel zwei ausgewiesene Roboterwickel-Experten ein, heute umfasst das Leichtbau-Team bereits 16 Ingenieure. „Durch die Pandemie konnten wir in Ruhe entwickeln“, blickt Maack zurück. Die jetzt in Betrieb genommene „voll industrialisierte“ Wickelanlage ist die dritte, ihre Vorläufer hatten eher proto - typischen Charakter. Bei ihr sind bis zu sechs Faserspulen gleichzeitig im Einsatz. Völlig neu ist der Prozess, die Fasern im Wickelkopf auch gleich zu imprägnieren und „nass“ zu wickeln. Denn bereits vorimprägnierte Tow Pregs finden in der Raumfahrt keinen Einsatz, ebensowenig wie in anderen potenziellen Zielbranchen mit begrenzten Stückzahlen. Patentieren ließ sich Gradel die Prozessüberwachung unter besagtem Namen „Gram“. Gradels Plan sieht ein Budget von 12 Mio. Euro inklusive Fördergeldern vor. „In der Raumfahrt kommen wir gut voran“, meint Maack. Doch für einen Mittelständler müssen sich Investitionen schneller amortisieren, als in Aerospace machbar. Darüber hinaus muss der Ultraleichtbau in die Breite gehen, wenn er wirklich Nachhaltigkeitseffekte erzielen soll – das ist Claude Maack äußerst wichtig (http://hier.pro/zxBkb). Gradel hat daher sein Geschäftsmodell in Absprache mit AMC erweitert: Branchen wie Aerospace bedienen die Luxemburger als Zulieferer direkt mit ‚xFK in 3D‘-Strukturen. Für größere Stückzahlen liefern sie die Anlagen – inklusive Projektierung, Wissenstransfer, Service und intensiver Begleitung. Dies könnte für Industriezweige wie Luftfahrt, Fahrzeugbau, Sportgeräte oder auch Möbel und Architektur der Fall sein. Um Absatzfelder ist dem Gradel-CEO nicht bange. „Auf 256 Milliarden Euro schätzt McKinsey den Leichtbau-Markt. Unsere Technologie könnte zehn Prozent abdecken. Bestünde nur zu geschätzten vier Prozent ein Interesse daran, entstünde ein Bedarf an 3700 Anlagen, den wir alleine nie decken könnten.“ Zwei weitere Problemstellungen hält Maack für gravierender, für die Gradel im Rahmen seines Investitionsplans aber schon Lösungen avisiert hat. Erstens: Wie können ‚xFK in 3D‘-Strukturen im Blick auf die Rohstoffe wirklich nachhaltig sein, wenn hohe Mengen nachgefragt werden? Neben den Fasern betrifft das auch die Harze. Als Lösung hat die Forschungsinstitution List die sogenannten „Vitrimere“ ausgemacht. Dabei handelt es sich laut Maack um biobasierte Materialien mit Festigkeitswerten nahe denen von Epoxidharzen, aber mit Vorteilen wie bei Thermoplasten: Sie lassen sich thermomechanisch umformen, verschweißen, recyceln und eröffnen produktionstechnisch neue Möglichkeiten. List hat bereits Patente darauf und arbeitet mit Gradel als Maschinenbau-Partner zusammen – ein Zukunftsprojekt. Die zweite Engstelle ist die zunächst naheliegendere: Wie soll das komplexe Wissen um Raumwickel-Strukturen und ihre industrielle Produktion effizient weitergegeben werden? So dass sich die Kosten für Kunden in Grenzen halten? Denn darin steckt Know-how aus verschiedensten Disziplinen innerhalb der digitalen Prozesskette: FEM-Simulation, Werkstofftechnik, Robotik und Wickeltechnologie, Maschinentechnik und Werkzeugbau etc.. Um dieses Wissen in Software und eine praktikable Bedienoberfläche zu gießen, arbeitet Gradel mit dem südkoreanischen KI-Experten Data Design Engineering Sarl mit Sitz in Luxemburg zusammen. Claude Maack: „Unsere Vision ist es, dass die Software einen geschulten Maschinenbau-Ingenieur durch den gesamten Auslegungsprozess führt, ohne dass er dafür Spezialkenntnisse benötigt.“ Auch dieses F+E-Projekt läuft schon an und ist auf drei Jahre angelegt. www.gradellw.com/gram Jubel bei Gradel: Die „Inauguration“ der vollautomatisierten Fertigung Gram legt den Grundstein für die Industrialisierung. Bild: Gradel 46 Industrieanzeiger » 10 | 2023

Götz Maschinenbau testete die Stratasys-Technologie SAF Wie ein Zerspaner den 3D-Druck in die Serie bringt Götz Maschinenbau kaufte zwei der ersten 3D-Drucker H350 der neuen Stratasys-Technologie SAF und hat kurz darauf vier weitere geordert. Über die Hälfte der gedruckten Teile sind Serienteile für Kunden – und das, obwohl Götz zu 95 % ein Zerspanungsdienstleister ist. Wie erklärt sich der Erfolg? Wir haben das Unternehmen in Ötigheim besucht. » Olaf Stauß, Redakteur Konradin Industrie Bild: Stauß Typisch Mittelständler: Philipp Götz liebt es, schnell und pragmatisch zu gestalten und Lösungen zu finden – genau dies ist im 3D-Druck gefragt. Unsere SAF-Anlagen laufen rund um die Uhr“, sagt Philipp Götz. Er ist Geschäftsführer der Götz Maschinenbau GmbH & Co. KG, neben Bruder Lukas und Vater Roland, dem Firmengründer. Da er den 3D-Druck-Bereich vor zehn Jahren ins Familienunternehmen geholt hat, kennt er die Verfahren und stellt der noch neuen SAF-Technologie von Stratasys ein gutes Zeugnis aus: „Die mit SAF gedruckten PA11-Teile schätze ich qualitativ besser ein als die aus einer Lasersinter- oder einer MultiJet-Anlage“, sagt er und beruft sich dabei auf Praxiserfahrungen. „Wir haben wenig bis gar keinen Verzug. Die Maßhaltigkeit ist topp, die Wiederholgenauigkeit besser als bei anderen Verfahren.“ Dies deckt sich damit, wie Stratasys das Verfahren und seine Vorteile erklärt, das nun knapp zwei Jahre am Markt ist. „SAF“ steht für „Selective Absorption Fusion“ und geht wie der MultiJet-Prozess von HP auf Erfinder Prof. Neil Hopkinson zurück. Im Pulverbett bringen piezoelektrische Druckköpfe eine Energieabsorber-Flüssigkeit dort auf, wo Material generiert werden soll. Unter Infrarot verschmelzen die benetzten Pulver-Partikel, die anderen werden später beim Entpacken entfernt. Dem Lasersintern voraus hat SAF, dass der Energieeintrag flächig und nicht linienförmig erfolgt. Da alle Zonen defacto gleichzeitig erhitzt werden, ist die Verzugs - neigung vergleichsweise gering. Vom HP- Verfahren unterscheidet sich SAF darin, dass für das Benetzen der auszuhärtenden Bereiche ein einziges Fluid ausreicht. Nachhaltig durch Wegfall des Spritzguss-Werkzeugs „Wir haben schnell Kunden gefunden, die diese SAF-Teile von uns wollten“, sagt der junge Firmenchef – ein Grund für das Ordern vier weiterer Anlagen, die in Ötigheim noch ausstehen. Auf dem ersten H350-Drucker bei Götz entstehen Teile aus PA11, einem Bio-basierten Kunststoff, dessen erneuerbare Rohstoffe aus Rizinusöl gewonnen werden. Der zweite SAF- Drucker produziert PA12-Bauteile mit höherer Steifigkeit und für höhere Toleranzanforderungen. Als drittes Material soll in Kürze PP verfügbar sein. Stratasys propagiert das SAF-Verfahren aufgrund seiner Genauigkeit und Reproduzierbarkeit als Alternative zum Spritzguss – üblicherweise für vielleicht 5.000, 10.000 oder 20.000 Stück pro Jahr: Je kleiner das Teil und je höher die Komplexität, desto lohnender ist SAF – und nachhaltiger, weil nicht aufwändig ein Werkzeug gebaut werden muss. In Webinaren gibt der israe- Diese 3D-gedruckte Absaughaube soll eine Blechkonstruktion ersetzen. Bewähren sich die Prototypen, die mit SAF gefertigt wurden, spart der Kunde Zeit und Geld. Bild: Stauß Industrieanzeiger » 10 | 2023 47

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