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Automobilkonstruktion 01.2016

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KAROSSERIE + INTERIEUR

KAROSSERIE + INTERIEUR Technik rettet Menschenleben Auch die Meilensteine der Sicherheitstechnik werden stetig weiterentwickelt Béla Barényi war der Pionier der Sicherheitskarosserie Bild: Mercedes-Benz In Deutschland werden im Straßenverkehr immer weniger Menschen getötet. 1970 gab es noch gut 19 000 Todesfälle bei einem Bestand von knapp 17 Millionen Kraftfahrzeugen. 2013 sank die Zahl auf nur noch etwa 3300 Tote – bei inzwischen gut 52 Millionen Fahrzeugen. Knautschzone, Gurt, Airbag, ABS und ESP haben, neben anderen Systemen, die Sicherheit deutlich erhöht. Der Autor: Jürgen Goroncy, freier Mitarbeiter der AutomobilKonstruktion Der Erfolg hat wie immer viele Väter. Doch bei der Sicherheit führt an dem Mercedes-Benz- Ingenieur Béla Barényi kein Weg vorbei. Bereits Ende der 1940er-Jahre formuliert er erste Grundlagen für die Karosserie mit Knautschzonen. Barényi erkannte, dass kinetische Energie bei einem Aufprall durch Verformung abgebaut werden muss, um die Insassen zu schützen. Folgerichtig teilt er die Karosserie in drei Zonen ein: weiches Vorderteil, gestaltfeste Fahrgastzelle, weiches Heck. Die 1959 vorgestellten Modelle der Baureihe 111 waren die weltweit ersten Serienautomobile mit integrierten Knautschzonen und hochfester Fahrgastzelle. Im selben Jahr beginnt Mercedes- Benz mit systematischen Crash-Tests, die zur wichtigen Grundlage für die Sicherheitsentwicklung werden. Erster Dreipunktgurt aus Skandinavien Ein weiterer Meilenstein war der Sicherheitsgurt. Aus dem Flugzeug bekannt, wurde er als Beckengurt 1948 zum ersten Mal in den USA im Tucker Torpedo eingebaut. 1959 erhielt der Volvo-Ingenieur Nils Ivar Bohlin ein Patent auf den Dreipunkt-Sicherheitsgurt. Der erste Serieneinsatz war der Volvo 544. Allerdings muss- ten die Gurte noch individuell und zeitintensiv auf die Insassen eingestellt werden. Die Einführung von Automatikgurten Ende der 1960er Jahre und der serienmäßige Einbau der Befestigungspunkte waren wesentliche Voraussetzung für eine breitere Akzeptanz in Deutschland. Zukünftig werden die Gurte laut Frank Laakmann, Direktor Produktplanung Occupant Systems bei ZF TRW durch die bereits vorhandene Umfeldsensorik für Assistenzsysteme zunehmend durch reversible Straffungen voraktiviert. Die Insassen werden dabei bereits vor einem vorhersehbaren kritischen Fahrzustand oder während automatisierten Fahrmanövern in Ihrer Sitzposition optimiert. Der nächste Schritt die Sicherheit deutlich zu erhöhen gelang mit dem Airbag. Mercedes- Benz bietet in der S-Klasse (Baureihe 126) ab 1981 einen Airbag für den Fahrer an. Weitere Luftsäcke für die Front- und Heckinsassen folgten als Schutz vor Front- und Seitenaufprall. Für den Frontaufprall arbeitet die Branche intensiv an Systeme zum Schutz der Insassen auf den Rücksitzen. Zentraler Airbag mit mehreren Funktionen Ein neues Airbag Konzept, das sich bei ZF- 58 AutomobilKonstruktion 1/2016

TRW in der Vorentwicklung befindet, eignet sich gut, um die hinten sitzenden Insassen unabhängig von der Position des Vordersitzes bei einem Frontaufprall zu schützen. In Kombination mit einem Sicherheitsgurt mit Straffer und Kraftbegrenzer trägt das Konzept dazu bei, dass der Kopf des Insassen nicht mehr mit dem Vordersitz in Berührung kommt. Außerdem arbeitet man an einem Center Airbag, der in die Vorderlehne integriert ist und sich bei einem Seitencrash sowohl auf der stoßzuals auch auf der stoßabgewandten Fahrzeugseite zwischen Fahrer und Beifahrer entfaltet. Bei einer Kollision auf der vom Fahrer abgewandten Seite stabilisiert der Center Airbag den Fahrer im Sitz, um die seitliche Verlagerung zu reduzieren und das Risiko zu verringern, dass der Fahrer in Kontakt mit dem Beifahrer oder mit Strukturbauteilen kommt. Einen Serienanlauf erwartet Frank Laakmann im Jahr 2018. Weitere Entwicklungspotenziale sieht er in der Anpassung der Airbags an das Fahrzeugumfeld, die OEMs erwarten zunehmend Lösungen für alternative Einbauorte. Ein Beispiel dafür ist der Beifahrer Airbag im Citroën C4 Cactus. Der Airbag wurde nicht im Armaturenbrett sondern im Dach platziert. Darüber hinaus wird zukünftig mehr Adaptivität erwartet, um besser aktiv oder passiv zum Beispiel auf Out-of-Position Situationen oder den zu erwartenden Crash zu reagieren. Elektronik an den Achsen Neben den Rückhaltesystemen haben auch die zwei Radregelsysteme ABS und ESP für deutlich weniger Verkehrstote gesorgt. Beide Systeme hat Bosch zusammen mit dem Pilotkunden Mercedes-Benz zur Serienreife gebracht. 1978 brachte Bosch in der S-Klasse W 116 sein elektronisch geregeltes ABS auf den Markt und sorgte mit dieser Lösung für nachhaltigen Erfolg. Mittlerweile sind seit dem 1. Juli 2004 alle Fahrzeuge mit weniger als 2,5 t zulässigem Gesamtgewicht in Europa serienmäßig mit ABS ausgestattet. Das elektronische Stabilitäts-Programm ESP ging 1995 im Coupé der S-Klasse (C140) in Serie. Es wirkt durch gezieltes Abbremsen einzelner Räder einem drohenden instabilen Fahrzustand entgegen und reduziert so die Schleudergefahr. Mittlerweile ist es – wie das ABS – in vielen Ländern gesetzlich vorgeschrieben oder es gibt eine Selbstverpflichtung der OEMs. Das ESP war ein wegweisender Meilenstein und hilft nachweislich, Unfälle zu verhindern und schwerwiegende Unfallfolgen zu reduzieren. Etwa 200 000 Unfälle mit Verletzten konnten nach Angaben der Unfallforschung der Versicherer (UDV) allein in den Jahren 2000 bis 2013 durch ESP verhindert werden. Rund 6000 Menschen wurden im gleichen Zeitraum vor dem Unfalltod bewahrt. Daimler AG Tel.: + 49 711 170 www.daimler.com Robert Bosch GmbH Tel.: +49 711 8110 www.bosch.com ZF TRW Tel.: +49 7172 3020 www.trw.de ZF-TRW arbeitet an einem Dachairbag, der die Fondpassagiere schützt Bild: ZF-TRW Die Daten aus den Umfeldsensoren für das automatisierte Fahren, wie hier die Stereo-Videokamera von Bosch, sorgen zukünftig auch für mehr Adaptivität bei den Rückhaltesystemen und somit für mehr Sicherheit Bild: Bosch 1/2016 AutomobilKonstruktion 59

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