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KEM Konstruktion 07-08.2023

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AUTOMATISIERUNG » Sensoren & Messtechnik Vision & Control: Objektive und blaues Licht für Auflösung und Tiefenschärfe Prozessstabilität und Nachvollziehbarkeit Die moderne Bildverarbeitung ist aus der industriellen Produktion nicht mehr wegzudenken. Sowohl zur Überwachung von Produktionsprozessen als auch zur Messung kleinster Dimensionen eignen sich die Vision-Systeme. Vor welchen Aufgaben die Hersteller solcher Systeme zurzeit stehen, welche Rolle die Künstliche Intelligenz bei der Auswertung künftig spielen wird und was bei der Wahl der Beleuchtung zu beachten ist, erläutert Dr. Jürgen Geffe, Geschäftsführer der Vision & Control GmbH in Suhl. Interview: Andreas Gees, stv. Chefredakteur KEM Konstruktion KEM Konstruktion: Wo liegen zurzeit die Herausforderungen bei der Bildverarbeitung, was den Markt und neue Technologien betrifft? Dr. Jürgen Geffe (Vision & Control): Neben dem Fachkräftemangel sind es vor allem auch Veränderungen im Markt, die uns in der Branche vor große Herausforderungen stellen. Auch sehen wir es als wichtige Aufgabe an, neue Technologien wie die KI zur Anwendungsreife zu entwickeln. Der Maschinenbau-Markt ist in Bewegung. Das Marktsegment der kleinen Firmenintegratoren, als einer unserer Stammbereiche, schrumpft und wir müssen darauf reagieren. Wir sind nicht in der ganzen Welt präsent, da wir eng mit großen Herstellern und Partnern zusammenarbeiten, können wir jedoch unsere Komponenten weltweit platzieren. KEM Konstruktion: Welche Anforderungen müssen moderne Kamera- und BV-Systeme erfüllen, um die wachsenden Anforderungen in Produktion und Qualitätssicherung zu erfüllen? Dr. Geffe: Vision & Control entwickelt seine Komponenten zuerst für den Katalog. Dann arbeiten wir in OEM-Partnerschaften daran, gezielt kundenspezifische Komponenten zu entwickeln. Dabei ist es für uns von Vorteil, dass wir hier in Thüringen die Entwicklung direkt im Unternehmen haben. Wir haben auch die ganzen Entwicklungstraditionen beispielsweise in der Optik hier in der Region, und Bild: Vision & Control wir fertigen komplett im Haus. Dass wir die Komponenten in Deutschland entwickeln und produzieren, bietet uns eine hohe Flexibilität. Wir haben bei Vision & Control die telezentrischen, präzisen Vicotar-Blue-Vision-Objektive für Anwendungen mit hoher Auflösung und Tiefenschärfe eingeführt. Aber wir arbeiten aktuell auch an Komponenten für eine Vielzahl von IR-Anwendungen. Dabei geht es vor allem um höchste Präzision in der Qualitätssicherung, unter Umständen auch bei Schüttgut im freien Fall. Da wir über die gesamte Fertigungstiefe verfügen, können wir unsere Objektive sowohl für den blauen als auch für den infraroten Bereich optimieren. Im Infrarot-Bereich arbeiten wir bei etwa 850 nm, der Bereich NIR reicht bis 1000 nm und SWIR bis 1800 nm. Dabei handelt es sich dann um Wellenlängen direkt unterhalb der Wärmestrahlung. In diesem Bereich erzeugt das Licht sehr gute Wechselwirkungen mit Kunststoffen, sodass sich Materialien »Wir haben schon Anfang der 1990er Jahre telezentrische Objektive vorgestellt. Aktuell arbeiten wir gemeinsam mit OEM-Partnern an kundenspezifischen Komponenten.« Dr. Jürgen Geffe, Geschäftsführer der Vision & Control GmbH in Suhl. gut unterscheiden lassen. Im Bereich der Lebensmittelproduktion lassen sich Qualitätsunterschiede erkennen. Bei der Pommes-Frites-Produktion lässt sich beispielsweise ein hoher Zuckeranteil an den Enden erkennen, der zur unzulässigen Bräunung führt. SWIR-Kameras tragen so dazu bei, die Qualität zu optimieren, bevor die Chips in das Frittierfett gelangen. KEM Konstruktion: Welche Bedeutung kommt der Auswahl einer geeigneten Beleuchtung zu? Dr. Geffe: Der Beleuchtung kommt schon immer eine wesentliche Bedeutung zu, denn sie erweckt die Bildverarbeitungslösung eigentlich erst zum Leben. Ansätze, eine fehlende oder nicht optimale Beleuchtung durch KI-Algorithmen zu optimieren, werden zwar diskutiert, die Beleuchtung schafft jedoch erst erhebliche Reserven für die Zuverlässigkeit der Bildauswertung. Dazu werden reproduzierba- 48 KEM Konstruktion » 07-08 | 2023

Bild: Vision & Control Durch geschicktes Balancieren mit Blende, Wellenlänge und Abbildungsmaßstab erreicht man die bestmögliche Abbildung. re Verhältnisse benötigt, egal ob bei Sonneneinstrahlung oder unzureichenden Lichtverhältnissen über eine gesamte Produktionsschicht. Ziel ist es immer, über den Kontrast Kanten präzise darzustellen. Deshalb sollte man die Beleuchtung so gestalten, dass der Kontrast reproduzierbar ist und die geeignete Wellenlänge zum optimalen Ergebnis führt. Weiterhin ist es möglich, komplementäre Farben zu nutzen, und den Kontrast mit entsprechenden Farbfiltern zu verbessern. Eine weitere Alternative besteht darin, mit polarisiertem Licht zu arbeiten. Nur wenn die Objekte gut ausgeleuchtet sind, führen die Auswertealgorithmen zu optimalen Ergebnissen. Mangelnde Beleuchtung durch KI auszugleichen, wird in einigen Fällen sicher möglich sein. Das Messen kleinster Dimensionen ist aber bisher auf diese Weise nicht möglich. Ohne gute Beleuchtung lassen sich also keine qualifizierten Aussagen treffen. KEM Konstruktion: Auflösung und Tiefenschärfe sind ein gegensätzliches Paar. Was ist in diesem Zusammenhang bei der Realisierung von Projekten generell zu beachten? Dr. Geffe: Generell gilt, dass das Abblenden von Objektiven die Tiefenschärfe verbessert, weshalb Helligkeitsreserven immer von Vorteil sind. Nur durch geschicktes Balancieren mit Blende, Wellenlänge und Abbildungsmaßstab erreicht man für jede Aufgabe die bestmögliche Abbildung. Den Abbildungsmaßstab muss man dabei so wählen, dass das zu erfassende Objekt besonders groß dargestellt wird. Nur dann ist eine zuverlässige Aussage möglich. Unsere Kunden benötigen eine sehr hohe Abbildungssicherheit, von 99,9 %. Ist sie geringer, ist die Ausschussquote zu hoch. KEM Konstruktion: Sie favorisieren Blue-Vision, warum mit blauem Licht arbeiten und welchen Einfluss hat die Technik auf Auflösung und Schärfentiefe? Dr. Geffe: Das Abtasttheorem besagt, je kürzer die Wellenlänge, desto höher die Auflösung. Möchte man mit sichtbarem Licht arbeiten, bietet sich der blaue Bereich an. Wir verfügen heute über blaue LEDs mit sehr hohen Wirkungsgraden und guter Stabilität der Beleuchtung. Nicht sichtbares UV-Licht ist durchaus eine weitere Option und kommt ebenfalls zur Anwendung. Das menschliche Auge ist jedoch gefährdet und die biologische Sicherheit nicht gewährleistet. Deshalb sind die meisten Anwendungen auf das nahe UV-Licht ausgerichtet. Beim Einsatz von UV-Licht mit sehr geringer Wellenlänge entsteht außerdem unerwünschtes Ozon. KEM Konstruktion: Sie entwickeln die Optiken für Ihre Systeme. Was sind die Eigenschaften der sogenannten Telezentrischen Optik, worin liegen die Vorteile gegenüber konventionellen Linsen? Dr. Geffe: Vision & Control hat bereits Anfang der 1990er Jahre telezentrische Objektive in den Markt eingeführt, deren Vorteile sich aus der Besonderheit der Objektive ergeben. So sind sie aufgrund des parallelen Strahlengangs bestens für Messaufgaben geeignet. In Applikationen zur Inspektion von Glas und Edelstein ermöglicht die Wechselwirkung zwischen telezentrischem Objektiv und Prüfobjekt sehr hohe Kontraste und damit ein sicheres Erkennen von Einschlüssen und Unregelmäßigkeiten. Die telezentrische Perspektive, prinzipiell auf unendlich fokussiert oder mit parallelem Licht arbeitend, KEM Konstruktion » 07-08 | 2023 49

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