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KEM Konstruktion 11.2017

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Trendthemen: Digitalisierung, Vernetzungskonzepte für Industrie 4.0 und IoT, CAx/PDM/PLM und Systementwicklung; Messe SPS IPC Drives 2018; KEM Porträt: Dr. Sami Atiya, Mitglied der Konzernleitung, ABB; KEM Perspektiven: Zukunft der Simulation

MAGAZIN PORTRÄT

MAGAZIN PORTRÄT PORTRÄT Bild: Jörn Kehle/Konradin Mediengruppe Zum Unternehmen Atiya: Durch die Übernahme des spanischen Unternehmens NUB3D im Februar 2017 können wir 3D-Oberflächen mit optischen Sensoren online inspizieren. Das funktionert zusammen mit einem Roboter in der Linie, im Sekundentakt – und weist den Weg in Richtung der flexiblen Fertigung. Eines der Hauptziele dabei ist, mit Hilfe der Datenanalyse Produktionsprozesse zu optimieren. Die NUB3D-Technologie erfasst dazu neben den Oberflächen- auch geometrische Daten mit hoher Detailgenauigkeit und erlaubt den Vergleich mit dem sogenannten digital twin. Die damit mögliche automatisierte Prüfung der gefertigten Teile reduziert die Zykluszeiten, steigert „ABB Ability nutzt die ‚intelligente‘ Cloud, um verwertbare digitale Daten für den Kunden zu generieren. Ziel ist, die Produktivität durch weniger Ausfallzeiten, höhere Effizienz und bessere Erträge zu steigern.“ Dr. Sami Atiya, President Robotics and Motion, ABB Ltd die Qualität und senkt das Risiko von Fehlern in der Qualitätskontrolle. Die Bündelung von Robotik und Software spielt übrigens für die fortschreitende Digitalisierung eine wichtige Rolle – insbesondere mit Blick auf den Ausbau unserer Plattform ABB Ability als wichtige Säule unserer Next-Level-Strategie. ABB Ability nutzt die ‚intelligente‘ Cloud, um verwertbare digitale Daten für ein breites Spektrum von Kunden zu generieren. INFO ABB ist eines der großen Technologieunternehmen in den Bereichen Elektrifizierungsprodukte, Robotik und Antriebe, Industrieautomation und Stromnetze mit Kunden in der Energieversorgung, der Industrie und im Transport- und Infrastruktursektor. Aufbauend auf der über 125-jährigen Erfahrung will ABB heute die Zukunft der industriellen Digitalisierung gestalten und die Energiewende sowie die vierte industrielle Revolution vorantreiben. Speziell im Bereich der Industrieautomation wurde im Juli 2017 auch die Übernahme von B&R (Bernecker + Rainer Industrie-Elektronik) abgeschlossen. Dadurch kann ABB seinen Kunden in den Fertigungsund Prozessindustrien das gesamte Spektrum an Technologie- und Softwarelösungen rund um Mess- und Steuerungssysteme, Antriebe, Robotik, Digitalisierung sowie Elektrifizierung anbieten. www.abb.com KEM Konstruktion: Auf diesem Weg lassen sich dann generell auch laufende Produktionsprozesse optimieren... Atiya: ...etwa beim Lackieren. Hier können wir zukünftig ein System anbieten, das über die eingebaute Sensorik bereits während des Sprühens die Qualität bewertet. Das ist ein schönes Beispiel für das Thema Mustererkennung im Rahmen des maschinellen Lernens: Ich vergleiche die Daten aus dem Prozess mit denen der nachgelagerten Qualitätskontrolle – und kann auf diese Weise erkennen, welcher Prozessablauf zielführend ist. Die Spritzpistole lässt sich so immer optimal betreiben. Noch entscheidender ist: Durch die Optimierung im laufenden Prozess lassen sich Fehler direkt ausschließen – ich muss also keine Nacharbeit leisten, weil ich Qualitätsmängel zu spät entdecke. KEM Konstruktion: Für ABB als Roboterhersteller heißt das, dass der Systemgedanke weiter an Bedeutung gewinnt? Atiya: Exakt – die Steuerung des Roboters als solche ist gelöst, in den Vordergrund tritt jetzt verstärkt die optimale Lösung der gestellten Aufgabe. Nach wie vor bieten wir natürlich auch den einzelnen Roboter an, aber das Applikations-Know-how rund um den Roboter zeichnet uns schon immer aus. Eine entscheidende Frage wird allerdings sein, welche Vereinbarungen man zu Datenzugriff und -nutzung treffen kann. Die Antwort steckt aber schon in der Aufgabenstellung: Können wir einen Mehrwert hinsichtlich der Produktivität bieten, wird der Kunde auch bereit sein, Daten zur Verfügung zu stellen. Ein weiterer starker Treiber wird das Thema Kollaboration sein – wiederum mit dem Ziel, die Produktivität unserer Kunden zu steigern. Interessant war für uns, dass wir bezüglich des 2015 vorgestellten YuMi rund 1000 Anfragen von Industriekunden bekommen haben – davon 500 von Unternehmen, die zuvor nie etwas mit Robotern zu tun hatten. Die Möglichkeit, neben einem Menschen sicher und hochpräzise mit einem Industrieroboter zu arbeiten, hat hier kreative Kräfte freigesetzt. Eine Rolle spielt dabei, dass man auf eine Einhausung verzichten kann, was vor allem Platz spart und auch beim Retrofit Vorteile bietet. Bei all dem gilt aber auch: Nicht alle heutigen Roboter werden durch einen kollaborativen Roboter ersetzt. Es wird natürlich weiter auch Tätigkeiten geben, in denen eine hohe Dynamik bei größeren Lasten gefragt ist – inhärent ist das natürlich ein Sicherheitsthema. Wir denken, dass beide Welten in der Fertigung koexistieren werden. Bei beiden Lösungen wird unser System- und Applikationswissen eine entscheidende Rolle spielen. KEM Konstruktion: Welche Bedeutung hat denn für ABB generell das Thema Digitalisierung und wie definieren Sie diesen Begriff? Atiya: Für uns ist Digitalisierung die Fähigkeit, Systeme mit Sensoren auszustatten und die auf diese Weise ge- 26 K|E|M Konstruktion 11 2017

PORTRÄT PORTRÄT PORTRÄT MAGAZIN wonnenen Informationen in der Cloud oder on-the-edge verfügbar zu machen – mit dem Ziel, daraus Wissen zu generieren. In Kombination mit Machine Learning – letztlich ja nur ein anderer Begriff für Analytics – ergeben sich so zahlreiche Möglichkeiten, Produktionsprozesse zu optimieren und den Autonomiegrad zu erhöhen. Das ist unsere Philosophie – und genau dafür haben wir unsere Plattform ABB Ability zusammen mit Microsoft aufgesetzt. ABB Ability bietet ein Standardsystem für den einfachen, professionellen Zugang zu den Daten verbunden mit der Berücksichtigung des Themas Cyber-Security und der Möglichkeit, Applikationen einfach und schnell zu programmieren. Für uns als Roboterhersteller kommt mit der Digitalisierung aber noch ein weiterer wichtiger Aspekt hinzu: Sobald die Losgröße Eins ins Spiel kommt, sind viele der klassischen Fertigungszellen zu starr, zu unflexibel. In Gesprächen mit unseren Kunden taucht dieses Problem immer wieder auf. Viele dieser Probleme lassen sich durch den Einsatz eines Roboters lösen – mit der Digitalisierung gewinnen also auch Roboter an Bedeutung. Über kurz oder lang könnten damit Robotersysteme, insbesondere ‚selbstlernende, intelligente‘ Systeme das Rückgrat der Smart Factory werden. KEM Konstruktion: Lassen Sie uns einen Blick auf die Antriebstechnik werfen. Kann ABB Ability beim Thema Energieverbrauch wichtiger werden als die Frage, ob ich einen IE4-Motor einsetze? Atiya: Beides spielt zusammen. Zum einen treiben wir natürlich die Motorenentwicklung in Richtung höherer Energieeffizienzklassen weiter voran, zum anderen liegt aber auch bei der Verbesserung der Betriebsbedingungen eine ganze Menge Potenzial. Mit dem ABB Ability Smart Sensor bieten wir eine intelligente, nachrüstbare Sensor- Technologie zur Zustandsüberwachung an, mit der sich Niederspannungsmotoren in smarte, vernetzte Maschinen verwandeln. Betriebs- und Leistungsdaten können auf diese Weise in die Cloud übertragen und etwa mit Wetterdaten zusammengeführt werden. Wichtig ist aber wiederum: Der Anwender erhält sehr schnell verwertbare Informationen über den Zustand und die Leistung der Motoren. Wir gehen davon aus, dass sich basierend auf den Sensordaten Stillstandszeiten mittels vorausschauender Wartung um bis zu 70 Prozent reduzieren lassen, parallel aber auch die Motorlebensdauer verlängert wird und der Energieverbrauch sinkt. Das Potenzial zur Verbesserung der Energieeffizienz im Bereich zwischen 20 und 30 Prozent ist hier gegeben. Am wichtigsten für den Anwender dürfte aber sicher die höhere Produktivität sein. Jüngst konnten wir hier beispielsweise einem Kunden helfen, dessen Antriebe einen zu hohen Verbrauch aufwiesen. Ursache war nach Auswertung der Messdaten eine fehlerhaft konstruierte Lagerung der Antriebsachsen in der Anlage, die zu starken Vibrationen und damit zu dem erhöhten Energieverbrauch führte. Das verdeutlicht sehr anschaulich, welches Potenzial in der einfachen Datenanalyse liegt. Bild: Jörn Kehle/Konradin Mediengruppe Durch die Lead- Through-Programming- Technologie gehört die mitunter komplexe traditionelle Roboterprogrammierung der Vergangenheit an. Die Programmierung erfolgt intuitiv – ohne spezielle Schulungen und Programmierkenntnisse KEM Konstruktion: Letztlich führen all diese Gedanken immer wieder in die Cloud – ist dieses Angebot wirklich so universell? Atiya: Ja, denn ABB Ability ermöglicht es unseren Anwendern, die Möglichkeiten des Internets der Dinge zu nutzen – will heißen: Mit neuen digitalen Services lassen sich vorhandene Techniken aufwerten und so die Produktivität durch weniger Ausfallzeiten, höhere Effizienz und bessere Erträge steigern. Basis dafür sind unser über Jahrzehnte hinweg aufgebauter, umfassender Pool von Betriebsdaten und die Erfahrungen in mehr als 20 Branchen. Deswegen haben wir auch die Digitaltechnologie sehr frühzeitig zum Bestandteil unserer DNA gemacht und statten seit über 40 Jahren Geräte und Systeme mit Software und Schnittstellen aus, die für einen reibungslosen Betrieb sorgen. Inzwischen zählen Software oder digitale Komponenten bei 55 Prozent der verkauften Produkte zu den Kernbestandteilen. Grund genug für uns, mit Microsoft eine strategische Partnerschaft zu schließen, die unseren Kunden den Zugang zu einer der größten Cloud-Infrastrukturen auf dem Markt bietet. www.abb.com Bild: ABB Weitere Details zur Plattform ABB Ability: http://hier.pro/Iomac Messe SPS IPC Drives: Halle 4, Stand 420 „Die Möglichkeit, neben einem Menschen sicher und hochpräzise mit einem Industrieroboter zu arbeiten, hat kreative Kräfte freigesetzt. Kommt Losgröße Eins ins Spiel, sind zudem viele der klassischen Fertigungszellen zu starr.“ Dr. Sami Atiya, President Robotics and Motion, ABB Ltd K|E|M Konstruktion 11 2017 27

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