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LE-3-2022

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LOGISTIK express Journal 3/2022

LOGISTIK express

LOGISTIK express 3/2022 | S56 E-COMMERCE LOGISTIK Es wird Zeit, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen Der Wohlstand, den wir in Österreich gewohnt sind, mit all seinen Vorzügen, hat möglicherweise ein nahendes Ablaufdatum. Geht es nach Betriebswirt Mag. Harald Gutschi, muss die Regierung besser gestern als heute handeln und vor allem eines: der Bevölkerung endlich den Ernst der Lage bewusst machen. Die Medaille der Globalisierung zeigt nun ihre unschöne Seite. REDAKTION: ANGELIKA GABOR In den letzten Jahrzehnten profitierten Österreich, Deutschland und einige andere Hochlohnländer von billiger Energie, womit Rohstoffe und Einzelteile veredelt und dann hochpreisig wieder exportiert wurde. Unsere Industrie profitierte deutlich von der Globalisierung. Doch dieses Modell fällt uns jetzt auf den Kopf: die Lieferketten sind außer Rand und Band. Den Anfang nahm dieser dramatische Absturz wie weithin bekannt in China – die Zero-Covid-Politik mit monatelangen Lockdowns führt zu drastischen Rückstaus bei dringend benötigten Warenlieferungen, egal ob es sich dabei um Verpackungsmaterialien oder Bauteile handelt. Mag. Harald Gutschi, Sprecher der Geschäftsführung der UNITO Gruppe (u.a. Universal, OTTO, Quelle, Lascana, Schlafwelt, Ackermann), beobachtet die Entwicklung mit zunehmender Sorge: „Zu Weihnachten werden wir erstmals seit langer Zeit vor dramatisch leeren Regalen stehen. 400 Millionen Chinesen sind oder waren im Lockdown, vieles wurde nicht produziert. Die Situation hat eine Dimension erreicht wie die letzten 50 Jahre nicht mehr. Die Auswahl wird drastisch reduziert sein – man wird zwar natürlich Produkte finden, aber wenn es eine bestimmte Marke oder ein exaktes Modell sein soll, dann wird es schwer. Mein Rat daher: frühzeitig anfangen zu suchen.“ Aktuell werden in China 30 bis 40 Prozent weniger Containerschiffe abgefertigt als vor der Pandemie. Als Folge der globalen Arbeitsteilung fehlen Vorprodukte, weshalb auch im Rest der Welt die Produktionen teilweise stillstehen. Die fehlenden Chips für die Automobilbranche sind nur ein bekanntes Beispiel,

aber fast jede Branche ist betroffen. Gutschi: „Aktuell haben wir den Peak erreicht: bei den Lieferproblemen, der Inflation und den gewerblichen Erzeugerpreisen.“ Der Handel hat sich massiv gewandelt: „Früher hatten wir einen Nachfragemarkt – die Kunden hatten eine riesige Auswahl und konnten den Preis mitbestimmen. Jetzt allerdings haben wir einen Angebotsmarkt, die Auswahl ist eingeschränkt und als Kunde muss man teilweise froh sein, überhaupt etwas zu bekommen, und das zu deutlich höheren Preisen. Notwendiger Staatskommunismus Seit der Einführung des Euro im Jahr 2002 hat sich die Bilanzsumme der EZB mehr als verzehnfacht, insbesondere seit der Finanzmarktkrise 2008 wurden massiv Anleihen zugekauft. Als Nebenwirkung stiegen die Immobilienpreise rasant. Die nunmehrige Anhebung des Leitzinses als Gegenmittel zur Inflation war bereits abzusehen, ebenso wie die damit einhergehende Verschärfung der Kreditvergaberichtlinien. „Die EZB hat damit gerechnet, dass die hohe Inflation nur ein vorübergehendes Phänomen ist. Allerdings sind deren Datenmodelle nicht auf die Situation ausgelegt – sie berechnen und funktionieren nur in einer stabilen Welt. Deshalb lagen die Prognosen komplett daneben“, meint Gutschi. Frachtraten sinken Laut einem Factsheet der DZ Bank steckten noch im Mai 2022 mehr als 11 Prozent sämtlicher global verschiffter Waren in Warteschlangen, im Juli 2021 waren es gar noch rund 14 Prozent. „Häfen sind gesperrt oder es fehlt an Personal, um die Container zu verladen. Die Transportraten gehen zwar wieder nach unten, sind aber noch immer auf einem sehr hohen Niveau. Ein Beispiel: Früher haben wir Sitzsäcke um 99 Euro verkauft, heute kostet allein der Transport dieses Sitzsackes 200 Dollar. Wer soll denn das kaufen?“, so Gutschi. Lag der aggregierte Frachtmarktpreis für Schiffstransporte aus China im Juni 2018 noch bei etwa USD 2.000, betrug er zum Höhepunkt im September 2021 knapp USD 23.000 – für die gleiche Leistung.

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