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LOGISTIK express Fachzeitschrift | 2019 Journal 3

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LOGISTIK express 2/2019 | S58 ist die Raumordnung wo sich die öffentlichen Institutionen heimlich aus der Verantwortung stehlen. Der Gesetzgeber überantwortet die Raumordnung weitgehend den Bürgermeistern, die mit dieser Verantwortung völlig überfordert sind. Die ureigensten Interessen einer Gemeinde sind die Gemeindeeinnahmen, die sie für ihre Verpflichtungen in Ermangelung eines innovativen Finanzausgleiches brauchen und die sie daher zu einem großen Teil über die angesiedelten Unternehmen lukrieren. Folglich steht für jeden Bürgermeister die Betriebsansiedlung in der Rangliste weit vor dem Umweltschutz. Noch dazu steht jede einzelne Gemeinde in Konkurrenz zu anderen Kommunen bundesweit. Wer also die Hose runter lässt, schnell und billig Industriefläche zur Verfügung stellt, macht das Rennen. Ein Beispiel: Die kleine Gemeinde Liebenfels in Kärnten liegt an einer eigentlich ausgelasteten einspurigen Bahnstrecke, mit vielen unbeschrankten Kreuzungen und an einer gefährlichen, kaum ausbaubaren Bundesstraße mitten im Wasserschongebiet in einer idyllischen Tallandschaft. Die Gemeinde hat also keine Verkehrsinfrastruktur für große Betriebsansiedlungen. Aber sie hat Flächen und die Bereitschaft, diese quasi umsonst zur Verfügung stellen zu wollen. In Spuckweite entfernt von Liebenfels liegt die Konkurrenzgemeinde St. Veit. Die liegt an der Südbahn und hat eine Schnellstraße mit guter Anbindung an das hochrangige Straßennetz und zum Flughafen. St. Veit hat sogar zwei perfekt gewidmete Industriegebiete direkt an der ausgezeichneten Verkehrsinfrastruktur. Jetzt kommt ein Industrieunternehmen und möchte in der Region die weltweit größte Produktion von Solarpanelen bauen. Preisfrage: Wer von den beiden Gemeinden macht das Rennen? Genau. Liebenfels zieht den Joker, weil es dort für die Industrie billiger ist zu produzieren. Durch die Finger schauen das Klima und die Umwelt. Ohne leistungsfähige Straße und Schiene müssen sich natürlich zahlreiche LKW im stop and go Verkehr durch das Tal schlängeln. Wer ist also schuld? Die Logistik nicht. Der LKW auch nicht. Die wären auf so eine schwachsinnige Raumordnungspolitik und Industrieansiedlung nicht gekommen. Solche Beispiele gibt es ohne Ende. Überall setzt sich die Ökodiktatur fort und Klimaschutzmaßnahmen werden zugunsten „systemrelevanter“ Entscheidungen nicht gesetzt. Der Wandel zu einer nachhaltigen Zukunft kann nur gelingen, wenn wir uns vom BIP als zentralen Wohlstandsindikator abwenden, schreibt Bernhard Rebernig (Ökosoziales Forum). Wenn Dummheit, Ignoranz und Profitgier schlicht und ergreifend für das BIP besser sind als Nachhaltigkeit und Gemeinwohl, dann gute Nacht liebe Zukunftsgeneration. Pech gehabt liebe Kinder. Hättet eben nicht auf die Welt kommen sollen, die wir verbrauchen, bevor ihr sie nutzen könnt. Die von gierigen Despoten gesteuerte Politik „mit beschränkter Haftung“ wird also zunehmend zum Problem. Dank gesetzlicher Regelung sind Schädigungen dann keine Schädigungen mehr, wenn sie ausdrücklich genehmigt wurden. Der Bürger und der Konsument darf – ohne Rücksicht auf Vermögen und Gesundheit, behördlich sanktioniert nach Strich und Faden betrogen und belogen werden – ja, er darf sogar vergiftet werden. Es müssen nur „Grenzwerte“ eingehalten werden, deren flächendeckende Kontrolle letztlich unmöglich ist. Außerdem bleibt in jedem Fall der Konsument auf den Kosten sitzen, denn die Klimakosten werden jedenfalls „wir“ tragen. Wenn also aus der Politik und Verwaltung die „Wir-Keule“ kommt, ist Obacht angesagt. Gemeint ist das Wahlvieh. Wenn die Wirtschaft und die Industrie von „Wir“ sprechen meinen sie die Konsumenten, den Absatzmarkt – exklusive derer, die am Finanzmarkt Gewinne auf Kosten der Gemeinschaft machen und vermutlich einen anderen lebenswerten Planeten kennen. Diese Politik ist gescheitert. Da muss man den Jugendlichen auf der Straße leider Recht geben. Jedenfalls ist das keine Umweltpolitik, sondern Katastrophenmanagement. (PB)

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