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mav 05.2023

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Aus der Branche Dr.

Aus der Branche Dr. Wilfried Schäfer, Dr. Markus Heering, Geschäftsführer Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) „Die Erwartungen an die EMO sind hoch“ Die Weltleitmesse der Metallbearbeitung steht in den Startlöchern. Welche Top-Themen die Besucher auf der EMO Hannover 2023 erwarten und wie sich die technologische und wirtschaftliche Entwicklung im Werkzeugmaschinenbereich aktuell darstellt, darüber haben wir mit dem scheidenden VDW-Geschäftsführer Dr. Wilfried Schäfer und seinem Nachfolger Dr. Markus Heering gesprochen. Das Interview führte: Dr. Frank-Michael Kieß mav: Ich hörte, dass die Automobilhersteller aktuell auch wieder in neue Verbrenner- Linien investieren ... Schäfer: Das ist so, weil der Bedarf weltweit da ist. Im mittleren Westen der USA beispielsweise kann ich nicht einfach mein Elektrofahrzeug tanken, da komme ich nicht weit. Und die meistverkauften Fahrzeuge in den USA sind ja interessanterweise immer noch großvolumige Pick-up-Trucks. Heering: Und selbst bei uns sehen wir, dass nach wie vor alle Automobilhersteller das Verbrennergeschäft betreiben. Und dort müssen sie einfach neu investieren, damit die Fertigungsstraßen weiterlaufen. Was für die Elektromobile hinzukommt, sind im Grunde zusätzliche Linien. Es ist nicht so, dass eine Eins-zu-Eins-Substitution stattfindet. Und das wird sicher noch einige Zeit so bleiben. mav: Wie bewerten Sie die aktuelle Marktsituation im Werkzeugmaschinenbau? Schäfer: Wir beobachten einen rückläufigen Auftragseingang im Vergleich zum Vorjahr. Aber wir haben andererseits einen hohen Auftragsbestand mit ins Jahr genommen und dadurch ein Wachstum in der Produk - tion. Wir müssen jetzt abwarten, bis die beiden Zyklen wieder konvergieren. VDW-Geschäftsführer Dr. Markus Heering: „Dass man als Unternehmen Prozesse hinsichtlich Nachhaltigkeit hinterfragen muss, finde ich überhaupt nicht verkehrt.“ Bild: VDW ■■■■■■ mav: Nach vier Jahren Pause findet nun wieder die EMO in Hannover statt. Mit welchen Erwartungen gehen Sie auf die Messe? Schäfer: Die Erwartungen sind hoch, weil es weltweit Investitionsbedarf gibt. Der wird nicht nur durch die Nachhaltigkeitsthematik, z. B. die Wärmepumpe, getrieben. Wir sehen auch, dass im Aerospace-Bereich gerade große Verträge mit hohen Stückzahlen unterschrieben wurden, zum Beispiel bei Airbus. Der Umbau der Automobilindustrie stößt ebenfalls Investitionen an. Wir sind durch ein Tal gegangen, in dem es keine neuen Modelle gab. Die kommen jetzt, und dafür braucht man auch Produktionsressourcen. Von daher sehen wir eine gute Perspektive für die EMO. mav: Drücken die vielen Krisen, die wir aktuell haben, auf die Investitionen? Heering: Es kommen mehrere Faktoren zusammen. Zunächst einmal sehen wir einen Konsolidierungseffekt, weil wir im vergangenen Jahr einen extrem hohen Auftragsbestand hatten. Das liegt auch daran, das lange Zeit Lieferengpässe bei diversen Zulieferteilen bestanden. Und viele Kunden warten jetzt erst einmal auf die Maschine, die sie vielleicht vor zwölf Monaten bestellt haben, bevor sie neu investieren. Für die Hersteller ist das ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite braucht man wieder mehr Aufträge, auf der anderen Seite ist man vielleicht ganz froh, dass man erst einmal alles 20 September 2023

„Lösungen für Energiemonitoring und -management werden auf der EMO sowohl bei den Maschinen- als auch bei den Steuerungs- und Softwareherstellern im Fokus stehen.“ abarbeiten kann. Wir sehen aber auch aufgrund der globalen Situation eine gewisse Zurückhaltung, zu investieren. In Europa spielt das Thema Inflation eine große Rolle und erzeugt eine große Unsicherheit. mav: In den USA scheint es aber besser zu laufen ... Heering: Die USA versuchen seit geraumer Zeit, mit dem Inflation Reduction Act wieder Produktion ins Land zu ziehen. Deshalb ist dort eine größere Investi tionstätigkeit zu beobachten. Grundsätzlich sehen wir Investitionen in Technologien wie die Elektromobilität – in China und in den USA, aber durchaus auch in Europa. Und natürlich bietet all das Potenzial, was in Richtung alternative Energien geht. mav: Ein Faktor, der zunehmend zum Investitionshemmnis werden könnte, ist der Mangel an Fachkräften. Wie gehen Sie als Verband dagegen an? Schäfer: Wir können keine Fachkräfte herbeizaubern, das ist klar. Wir haben nur die Chance, junge Menschen an die Technologie, an die Arbeitswelt und an die Karrieremöglichkeiten in der Produktionstechnik heranzuführen. Das tun wir seit langem, und wir werden wieder versuchen, viele junge Menschen auf die Messe zu bringen. Das Zweite ist die Ansprache der Ausbilder und Personaler in den Firmen sowie der Berufsschullehrer, ihre Ausbildung modern zu gestalten. Denn auch das bezieht der junge Mensch bei seiner Entscheidung für einen Beruf mit ein. Dazu braucht es neue Lern- Tools, auch neue Lerninhalte. Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit müssen sich ja auch in der Ausbildung wiederfinden. Das werden wir auf der EMO zeigen, mit unserer E-Learning-Plattform. Wir haben etliche Partner wie Festo Didactic und andere, die Content liefern. So werden wir die Möglichkeiten zeigen, wie sich berufliche, aber auch innerbetriebliche Ausbildung attraktiv gestalten lassen. mav: Was erwarten Sie in puncto Ausstellerund Besucherzahl für die EMO? Man hatte ja bei Messen zuletzt diesen typischen 30-Prozent-Schwund nach Corona ... Schäfer: Das ist jetzt der Effekt des Wieder- Hochfahrens. Wir liegen bei über 1800 Ausstellern. Wie es auf Besucherseite aussehen wird, das ist immer die große Unbekannte. Deshalb macht es wenig Sinn, da eine Prognose abzugeben. mav: Fürchten Sie, dass nach Corona nachhaltig weniger internationale Besucher, vor allem von anderen Kontinenten, kommen werden? Schäfer: Dafür gibt es zumindest keine Anzeichen. Die EMO hatte immer einen großen internationalen Besucheranteil. Wir erwarten das auch jetzt wieder. mav: Welches Thema wird die Messe beherrschen? Viele reden ja gerade über die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Fertigung ... Schäfer: KI ist sicherlich ein Aspekt der datengetriebenen Themen. Klar wird man da zum Teil auch KI einsetzen können, um neue Funktionalitäten zu erzeugen, Informationen abzuleiten, usw. Ich würde sie aber nicht als einzelnen Trend sehen. Ein Trend ist das Thema Digitalisierung – das muss nicht zwingend KI bedeuten. mav: Ein neues Buzzword also? Schäfer: Gerne werden neue Schlagworte in den Vordergrund gerückt, auch wenn das alte noch gar nicht abgearbeitet wurde. Wenn ich zurückdenke an den Begriff Industrie 4.0: Der wurde 2011 geboren, aber die ersten belastbaren Ergebnisse gab es erst Jahre später. Deshalb bin ich immer vorsichtig mit solchen Worthülsen und Trends. Es wird überall an KI gearbeitet. Der Einsatz ist jedoch nicht trivial, denn oftmals erzeugt KI Future of Connectivity Area auf der EMO 2023 Die EMO ist der internationale Branchentreffpunkt für die Metallbearbeitung weltweit. Nahezu alle Werkzeugmaschinen- und Werkzeughersteller präsentierten sich vom 18. bis 23.09.2023 in Hannover, gemeinsam mit Anbietern von Komponenten und der entsprechenden Peripherie, Messebesuchern aus aller Welt. Als Weltleitmesse der Branche prägt die EMO Hannover die weitreichenden Veränderungen in Arbeitsweise, Technologie, nachhaltiger Produktion und Organisation der Produktions- und Geschäftsprozesse maßgeblich mit. Ein Themenschwerpunkt ist die Digitalisierung: Vernetzte Produktionsprozesse werden zu einem entscheidenden Faktor für wirtschaftliche Fertigung und Wettbewerbsfähigkeit. Die Future of Connectivity Area in Halle 9 widmet sich den technologischen Aspekten dieses Wandels. Dort präsentieren zahlreiche Technologiepartner neue Applikationen für die digitalisierte Produktion: Automatisierungsprozesse, smarte Produktionslösungen mit Einbindung von Machine Learning, Predictive-Maintenance, Industrial Internet of Things (IIoT) und vieles mehr. Organisiert wird die Ausstellung vom Messeveranstalter VDW in Kooperation mit mav (https://mav.industrie.de/future-of-connectivityarea-auf-der-emo-hannover). Die Future of Connectivity Area auf der EMO Hannover 2023 fokussiert auf Digitalisierung in der Produktion. Bild: Pixel_B/stock.adobe.com September 2023 21

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