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Motocross Enduro Ausgabe 02/2017

Neues Jahr, neues Glück... Das neue Jahr hat noch gar nicht so richtig begonnen und schon liegt das erste sportliche Highlight bereits hinter uns. Die Rede ist von der emotionsge-ladenen SuperEnduro-Veranstaltung in Riesa. Die Brüder Daniel und Tobias Auerswald (Auerswald Eventmanufaktur) hatten erneut die komplette Elite in die sächsische Stadt gelockt und einen sensatio-nellen Parcours in die SACHSENarena gezimmert. Untermalt vom diesjährigen Motto „Wald und Holz“ präsentierte sich die völlig ausverkaufte Arena in bestem Licht

TEST: BETA XTRAINER 300

TEST: BETA XTRAINER 300 „BOANO“ Xtrainer 300 „Boano“ in Aktion: „Von Wurzelpassage bis Waschbrett – dieser Xtrainer sind kaum Grenzen gesetzt!“ Im Stand: Boano-Brüder statt Bastelbros „Und zack, feddich“ – so flott und bizarr humorig wie bei den Bastelbrothers geht es bei Ivan und Jarno Boano nicht zu … zum Glück. Denn auch wenn besagte Bastelbrüder mit wenig Geldeinsatz viel Kreativität generieren, so wollen wir an unseren Dirtbikes doch lieber keine Lenker aus ‘nem alten Besenstiel oder ‘nen Handprotektor aus Alditüten verbauen. Seit 2005, dem Jahr von Betas Wiedereinstieg ins Endurosegment, entwickelt Boano Racing Zubehörteile für den Motorradhersteller aus Florenz. Dabei verlassen sich die Boano-Fratellis übrigens keinesfalls auf die Expertise irgendwelcher „Externer“, sondern nehmen sprichwörtlich die Dinge selbst in die Hand. Kurzum, alle zuvor angedachten Prototypen werden von Ivan und Jarno selbst durch ausgiebige Produkttests geprüft und erst dann „freigegeben“, wenn sie vollauf den Erwartungen entsprechen. Hierbei können sich die beiden auf einen beachtlichen persönlichen Background aus dem Enduro- bzw. Rallyesport verlassen. Man muss sich nur mal die zahlreichen Videos des Hauses Boano ansehen, um sich ein Bild zu machen, wie die hauseigenen Produkte „rangenommen“ werden. Mein Anspieltipp aus YouTube: „Africa Twin Ivan Replica“. Wie kommentiert hier ein Betrachter jenes munteren Filmchen zu den harmlosen Klängen von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“: „You make my day!“. Aber wer jetzt vermutet, dass die Boano-Zubehörteile nur für eine abgehobene Race- Elite gedacht sind, den kann man getrost beruhigen. Klar gibt es das superedle und kostspielige „6 Days Limited Edition Race Kit“. Doch in der Regel sind alle Boano-Teile dazu da, spezifische Anforderungen zu erfüllen, die Piloten jeglichen Niveaus weiterzubringen und letztendlich euren Enduro-Alltag aufzuwerten. Und genau dies hat sich Thomas Schroth vom deutschen Vertrieb der Boano-Produkte auch gedacht: Aufzeigen, wie man eine Beta Xtrainer sinnvoll ausstatten kann und ihr Einsatzspektrum gleichzeitig erweitert. In Aktion: Vielfalt statt Einfalt Betas Xtrainer war nicht die erste Enduro im neugeschaffenen Segment des, ich sag‘ mal, „vielseitigen Freifahrens“. Dennoch hat es sich in unserer Szene schnell herumgesprochen, dass Betas Interpretation einer solchen Enduro derzeit möglicherweise die überzeugendste ihrer Art darstellt. Kein Wunder also, dass Beta zum einen kaum mit der Produktion dieser Xtrainer nachkommt und zum anderen, dass sich diese Plattform damit selbstredend geradezu als Zielobjekt der „Pimpbegierde“ anbietet. Allerdings wird hier keine auf Äußerlichkeiten bedachte „Bling-bling“-Klientel bedient, sondern Kunden, die mehr Wert auf Funktion denn auf Form und Glitzerfaktor legen. Folglich konnte ich an diesem Testbike auch nichts völlig Sinnloses entdecken. Ob jeder und jedes Individuum all diese Teile braucht, das bleibt jedoch der eigenen Urteilskraft überlassen. Boano (wie übrigens auch Beta) setzt hier traditionell auf eine mündige Kundschaft, die auch ohne Marketinghype und überzogene Versprechungen ihre Entscheidung fällen kann. Wie wir spätestens seit unserem ersten Test der Xtrainer (MCE 5/2015) wissen, wird einem die Entscheidung für dieses Modell nicht gerade schwergemacht. Das dies so ist, liegt natürlich zum einen am äußerst attraktiven Kaufpreis, aber vor allem an der gebotenen Performance, die an Vielseitigkeit kaum zu toppen ist. Dies ist an dem hier getesteten Modell, das auf der aktuellen Serienproduktion basiert, auch keinen Deut anders. Zumindest was das Fahrwerk betrifft – denn hierfür bietet Boano bislang lediglich eine speziell adaptierte 48-mm-Marzocchi- USD-Gabel an, deren Einstandspreis von 1099 Euro jedoch das kostengünstige Konzept der Xtrainer quasi ad absurdum führt. Kurzum, mit einem solchen Upgrade wäre man kostenseitig nicht mehr weit entfernt von einem hochwertiger ausgestatteten Modell aus Betas zweitaktender RR-Range …! Doch nun zurück zu unserem Testbike mit Standardfahrwerk. Jenes wirkt nicht nur optisch kompakt, sondern weiß diesen auch faktisch vorhandenen Vorzug mit einem äußerst quirligen, ja geradezu fahrfreudigen Auftritt zu bestätigen. Gepaart mit einem bescheidenen Gesamtgewicht (99 kg) und einer niedrigen Sitzhöhe (910 mm) kommt hier ein ex- 36 MCE Februar '17

zellentes Kontrollgefühl auf, auch und gerade wenn es mal fahrtechnisch besonders knifflig wird. Wer jetzt auf die Idee kommt, die Xtrainer sei die Alternative für alle etwas kleiner gewachsenen Piloten und Pilotinnen, dem würde ich hier keinesfalls widersprechen. Doch auch alle anderen werden sehr schnell die spielerisch lockere Umgangsart der Xtrainer zu schätzen lernen. Es macht halt doch einen gehörigen Unterschied, ob man nach einem Umfaller 10 bis 15 kg mehr vom Waldboden lüpfen muss oder ein vergleichbares Mehrgewicht um Busch und Baum zu zirkeln hat. In Sachen Handling macht der Xtrainer so leicht kein anderes Dirtbike was vor und schon gar nicht solche aus der „harden“ Race-Fraktion. Ein Umstand, der übrigens umso positiver auffällt, umso länger der Fahrtag sich in die Länge zieht. Ja, die ausgedehnte Endurowanderung oder sich ganz einfach durch fahrtechnisch anspruchsvolles Terrain kämpfen, das sind Einsatzgebiete wie geschaffen für die Xtrainer. Übrigens, dass sich die Xtrainer in geübter Hand auch für Extremendureinsätze eignet, dürfte sich inzwischen auch schon rumgesprochen haben. Als aktuelles Beispiel hierfür gelten deren Einsätze unter dem Kommando von Typen wie Tim Coleman oder Ben Hemingway, die an Bord ihrer „untermotorisierten“ Xtrainer schon so manche Top-Platzierung eingefahren haben. Es ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht zu befürchten, die Xtrainer könne kaum mehr als nur in langsamer Fasson tricky Fahrabschnitte absolvieren. Nein, selbst mit dem eher weich und sensibel abgestimmten Standardfahrwerk hält diese Beta überraschend zielsicher den eingeschlagenen Pfad, auch wenn sie hierbei verständlicherweise nicht die unbeirrte Souveränität der „großen“ Betas aus der RR-Serie erreicht. Um die Grenzen unseres Probanden auszutesten, unternahmen wir gar einen Trip auf die Crosspiste (Steinbourg im Nordelsass) und waren mehr als verblüfft. Auch wenn in solchem Umfeld die Federungskomponenten häufig bis zur Grenze „gefahren“ werden, so whipt die Xtrainer umso munterer über jeden Table und ließ sich auch in der recht schnellen Rhythm-Sektion wortwörtlich nicht aus der Ruhe bringen. Wohlgemerkt, ich will hier nicht behaupten, die Xtrainer sei auch für den Dauereinsatz auf der MX-Piste prädestiniert. Vielmehr soll dieser „Quercheck“ als Beleg dazu dienen, wie weit diese Beta querbeet alle Facetten unseres Lieblingssports zu durchkreuzen vermag. Dafür steht ja wohl auch sinnbildlich das große „X“ vor dem „trainer“, oder?! Dass die Boano/Fresco-Auspuffanlage durch ihren Leistungszuwachs und ihr verbessertes Ansprechverhalten auf Gasschübe ihren (gehörigen) Anteil zum „crossigen“ Fahrspaß beiträgt, will hierbei nicht verheimlicht werden. Wie gesagt, wir waren verblüfft, nein, sehr verblüfft …! Nicht verblüfft hat uns dann im Unterholz das schön sensible Ansprechverhalten der Federungskomponenten, das mit dieser Charakteristik für gute Traktion und langanhaltenden Fahrkomfort sorgt. Allerdings empfanden wir in manchen Fahrsituationen (Downhill, hartes Abbremsen und Sprünge) die Balance zwischen Gabel und Stoßdämpfer als verbesserungswürdig. Dies liegt nicht am Dämpfer, der insgesamt zufriedenstellend seine Arbeit verrichtet, sondern an der Gabel, die zu schnell zu weit eintaucht. Sprich, deren Druckstufenkennlinie ist eher linear denn progressiv ausgelegt. Es wäre hierbei durchaus einen Versuch wert, das Gabelöl gegen ein etwas dickflüssigeres auszutauschen und gleichzeitig das Ölniveau im Gabelholm um zirka 2 bis 3 cm zu erhöhen. Letzteres reduziert deutlich das Luftvolumen in der Gabel und führt so beim Eintauchen zu einem höheren Widerstand, der gegen Ende des Federweges in progressiver Weise zunimmt. Ein „cheap trick“, der mir schon bei diversen Dirtbikes und auch der Gabel meines Freeride-Radls spürbar weitergeholfen hat. Es würde mich aber freuen, wenn Boano hierfür ein kostengünstiges Upgrade (im Gegensatz zur obengenannten Gabel!) z. B. in Form einer adaptierten Kartusche anbieten würde – nur mal so als Anregung in Richtung Italien …! In Sachen Motor sehe ich hingegen keinerlei Anlass für irgendwelche Anregungen. Schon das Serientriebwerk weiß mit seinem gefälligen, „nach oben hinaus“ gebremsten Output, eine breite Palette von Enduro-Einsteigern 37 MCE Februar '17

Motocross Enduro / Ausgaben 2014-2022

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