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medizin&technik 03.2022

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■ [ MEDIZIN IM DIALOG

■ [ MEDIZIN IM DIALOG ] LABORARBEIT: AUTOMATISIERUNG IST IMMER STÄRKER GEFORDERT Laborautomatisierung | Für Mediziner ist es wichtig, Erreger wie Bakterien und Viren früh am Patienten zu erkennen und über ihre Eigenschaften Bescheid zu wissen. Das verbessert die Behandlung. Für Prof. Alexander Dalpke, der die Abteilung Medizinische Mikrobiologie und Hygiene in Heidelberg leitet, ist Automatisierung dafür unabdingbar. ■ Automatisierte Sequenzierung hilft, desto besser können wir einem bewegen und zu betrachten, läuft das für die Abteilung ergibt sich daraus, dass die Methoden, mit denen wir an dieses Wissen kommen, sehr traditionell sind. Bakterien werden auf bestimmten Nährböden ausgebracht, inkubiert, Die nächste Stufe ist eine Auswertung mit KI, die der Arzt nur noch überprüft und dann lässt sich anhand des Wachstums oder einer Färbung ableiten, welche Organismen wir vor uns haben. Das von Hand zu erledigen, dauert sehr lange. Automatisierung hingegen hilft uns, schneller zu sein. Sie verbessert auch die Qualität unserer Arbeit, weil bestimmte Schritte immer in der gleichen Zeit ablaufen können. Und sie Prof. Alexander Dalpke ist neuer Ärztlicher Direktor der Abteilung unterstützt uns, weil wir gar nicht genug Fachkräfte finden, die diese Arbeit Medizinische Mikrobiologie und Hygiene des Zentrums für Infektiologie am Universitäts klinikum Heidelberg händisch erledigen könnten. ■ Herr Professor Dalpke, welche Aufgaben haben medizinische Mikrobiologie und Hygiene in einer Klinik? Es geht zum Beispiel darum, die bakteriellen Erreger einer Infek tion beim Patienten zu erkennen und zu sehen, mit welchen Antibiotika sie am besten zu bekämpfen sind. Eine weitere Aufgabe ist, die Patienten ausfindig zu machen, die multiresistente Erreger in sich tragen, um eine Verbreitung der Keime zu verhindern – denn nosokomiale Infektionen können in einem Krankenhaus großen Schaden anrichten. ■ Vor welchen Herausforderungen ■ Welche technischen Hilfsmittel stehen den Mitarbeitern dann zur Verfügung? Vor sechs Jahren hat das Universitätsklinikum Heidelberg eine automatisierte Laborstraße in Betrieb genommen – als erstes großes Universitätsklinikum in Deutschland. Die Straße ermöglicht es, Proben automatisiert auf die Nährböden stehen die entsprechenden Abteilungen? zu bringen. Den Transport in den Die Erwartung ist, dass wir möglichst Inkubator übernimmt ein Förderband. IHR STICHWORT schnell Befunde bereitstellen. Der eine Der letzte Schritt, die Bewertung der Ergebnisse, ist immer noch eine Aufgabe Grund dafür ist, dass Krankenhausaufenthalte immer kürzer werden sollen. für Arzt, Ärztin oder MTA. Aber es ist ■ Mehr Automatisierung im Labor Der zweite Grund ist das häufigere Auftreten schon jetzt möglich, die Bakterienkolo- ■ Studie: Schnellere und bessere Resultate von Erregern, die auf viele Antinien, die im Inkubator gewachsen sind, ■ Mangel an Fachkräften biotika gar nicht mehr reagieren. Je automatisiert zu fotografieren. Statt also ■ Künstliche Intelligenz fürs Labor schneller wir wissen, welches Mittel zahllose Petrischalen von Hand zu Patienten helfen. Die Herausforderung jetzt sehr schnell an einem Bildschirm. (Bild: Universitätsklinikum Heidelberg) 12 medizin&technik 03/2022

■ Wie waren die bisherigen Erfahrungen mit dieser Lösung? Gleich nach der Inbetriebnahme ist eine Studie gestartet, die immer noch läuft. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass wir mit der Automatisierung tatsächlich schneller geworden sind. Der zweite Aspekt ist, dass wir mehr Erreger finden und auch empfindliche Bakterien nachweisen können – einfach weil wir mit definierten Bedingungen arbeiten. Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit stellt sich natürlich auch. Tendenziell lohnt sich das Automatisieren bei einem größeren Durchsatz von Proben. Allerdings darf man nicht allein die Kosten pro Analyse betrachten. Denn wenn diese zwar etwas steigen, ich aber an anderer Stelle den Patienten schneller zur Genesung verhelfe, hat sich die Lösung insgesamt gelohnt. ■ Welche Ergänzungen wären wünschenswert? Wir sprachen ja schon von automatisch erstellten Aufnahmen der Bakterienkulturen. Ein logischer nächster Schritt wäre, einem Gerät auch die Bewertung des Ergebnisses zu übertragen. Das wäre ein Einsatzfall für ein System mit KI – deren Zuordnungen dann von Experten geprüft werden kann. Auch Nachfolgeuntersuchungen an Proben mit besonderen Fragestellungen, die bisher noch händisch an die Straße angeflanscht werden, lassen sich sicher ebenfalls automatisieren – zumindest in Teilbereichen. ■ Die diagnostischen Möglichkeiten entwickeln sich weiter. Welche neuen Methoden etablieren sich derzeit? Ich habe bisher vor allem von bakteriellen Erregern gesprochen, die wir kultivieren und dann untersuchen können. Neue Ansätze verwenden auch Massenspektrometer. Im Bereich der Virologie gibt es die Möglichkeit des Kultivierens nicht, daher haben sich dort in den vergangenen Jahren andere, molekularbiologische Verfahren etabliert. Darunter sind auch Methoden, die sich für eine Automatisierung eignen. Sehr spannend wird es, wenn wir es schaffen, die gleiche Probe in ein automatisiertes System zu geben, das Informationen sowohl zu bakteriellen Erregern als auch zu Viren liefert. ■ Wie helfen Laboruntersuchungen dabei, Therapien an Patienten anzupassen? Die Weiterentwicklung der Medizin wird zu vielen neuen Aufgaben für die Labore führen. Ein Beispiel ist die Untersuchung des Mikrobioms, also aller Mikroorganismen, die einen Körperbereich besiedeln. Manche Mischungen gehören zu einem gesunden Menschen, Verschiebungen können hingegen Hinweise auf Krankheiten liefern oder diese auslösen. Um an solche Informationen zu kommen, werden Sequenzdaten der Erbmoleküle benötigt. Die entsprechenden Verfahren sind noch lange nicht genug automatisiert. Das zu verbessern, wird ein Schwerpunkt meiner Arbeit in den nächsten Jahren sein. Ein weiterer Aspekt ist die personalisierte Medizin: Dafür möchten wir möglichst viel über einen Erreger und sein Virulenzpotenzial wissen. Bisher sehen wir nur, ob er da ist oder nicht – und der Arzt muss aus seiner Erfahrung heraus abschätzen, ob dieser Keim relevant ist. Um Genaueres zu sagen, müssen wir mehr untersuchen. Das wird ohne Automatisierung gar nicht machbar sein. ■ Welche Perspektiven sehen Sie für die nächsten Jahre in der Diagnostik? Wir werden mehr Verfahren sehen, die auf einer DNA- oder RNA-Sequenzierung basieren. Diese werden schneller und günstiger werden. Die Automatisierung wird aber nicht dazu führen, dass Arbeitsplätze entfallen, sondern sie wird uns helfen, die Arbeit mit dem knappen Personal zu bewältigen. Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de ZORN-AZ “Medizintechnik”, 210 x 105 mm + 3 mm Beschnittzugabe, Platzierung unten Klein – Fein – Präzise Maschinenbau Medizintechnik Sondermaschinenbau Mikrozerspanung Werkzeugmaschinenbau Mikromontage Sondermaschinenbau ZORN Maschinenbau GmbH www.zorn-maschinenbau.com 03/2022 medizin&technik 13

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