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medizin&technik 03.2022

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■ [ SPECIAL AUTOMATISIERUNG ] triellen Umfeld von Sicherheit sprechen, beziehen wir uns auf ISO-Normen, die verschiedene Betriebsarten für den sicheren Betrieb definieren, wie die Kraft- und Leistungsbegrenzung oder die Geschwindigkeits- und Abstandsüberwachung“, sagt Hanses. Das Ziel: Der Roboter darf sich nicht mit zu viel Schwung bewegen, wenn er einem Werker nahe kommt. Dafür wurden biomechanische Grenzwerte festgelegt – soll heißen, der Roboter darf dem Menschen bei Kontakt keine Schmerzen zufügen. „Was das genau heißt, wurde am Fraunhofer IFF in einer Studie mit Probanden getestet. Auf dieser Basis wollen wir definieren, was für Roboter erlaubt ist.“ Und die Social Robots? Was macht aus einem Roboter einen Social Robot? Dazu gibt es mehr als eine Definition. Die Gemeinsamkeit: Es geht nicht um die mechanische Interaktion mit Menschen, sondern um etwas, das mit Ansprache und Verstehen zu tun hat. Dementsprechend sehen Roboter, die soziale Interaktionen ausführen sollen, oft weniger nach Roboter aus. Sie können „Augen“ haben oder sogar ein ausgeformtes oder projiziertes Gesicht. Sie sollen Sprache und Stimmungen erkennen und angemessen darauf reagieren. Das schwedische Unternehmen Furhat Robotics mit Sitz in Stockholm beispielsweise hat vor rund zehn Jahren begonnen, solche Roboter zu entwickeln. Zu den Anwendungsmöglichkeiten gehören Bewerbungsgespräche, neue Ansätze für die Psychotherapie oder auch „Petra“ – ein Roboter, der zusammen mit der Darmstädter Merck AG entwickelt wurde und die Anzeichen von Diabetes, Alkoholabhängigkeit und Schilddrüsen unter - funk tion in Gesprächen erkennen soll. Magnus Hanses, Gruppenleiter für den Bereich Kognitive Robotik am Magdeburger Fraunhofer IFF, findet solche Ansätze „spannend, aber vielleicht anders, als man im ersten Moment denkt“. Seiner Erfahrung nach wünschen sich zum Beispiel Pflegekräfte durchaus technische Unterstützung. „Aber sie wollen die Entlastung in Bereichen, die sie nicht als ihr Kerngebiet empfinden.“ Der Umgang mit den Pflegebedürftigen zählt jedoch dazu. „Wenn der Roboter das Glas Im Falle der Geschwindigkeits- und Abstandsberechnung soll der Roboter den Menschen in seinem Arbeitsbereich erst gar nicht berühren, sondern vorher bis zum Stillstand stoppen. „Beides ist mit Leichtbaurobotern viel einfacher zu erreichen als mit einem schweren Industrieroboter“, sagt Hanses. Die Magdeburger Ingenieure nutzen für ihr OP-Projekt den Leichtbauroboter LBR der Augsburger Kuka AG, der für industrielle Anwendungen entwickelt wurde. Seine Gelenke sind zusätzlich mit Drehmomentsensoren ausgestattet. Sie liefern die Messwerte dafür, dass der Roboter feinfühlig vorgeht. Für die weiteren Arbeiten ist aber ein Wechsel geplant. „Wir werden den LBR- Wasser reicht, wäre das vielleicht keine Verbesserung – denn es entgeht den Pflegern eine Gelegenheit, mit den Menschen zu sprechen.“ Was ein technisches System aber übernehmen könnte, wäre zum Beispiel die Auszahlung kleiner Geldbeträge an Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, einen öffentlichen Geldautomaten zu bedienen. Einen Service dieser Art bieten viele Pflegeeinrichtungen an. „Und es kann vorkommen, dass eine Kraft den ganzen Tag vor allem mit dieser Aufgabe beschäftigt ist“, berichtet Hanses. In so einem Bereich könne ein Social Robot nützlich sein, der eine menschliche Anmutung hat, der die pflegebedürftige Person erkennt und mit Namen anspricht, deren Anweisungen versteht und ausführt – also quasi die Funktion eines menschlichen Geldautomaten übernimmt. Mehr über den schwedischen Hersteller: furhatrobotics.com/ Social Robot? Dann kommt es sogar auf den Gesichtsausdruck an (Bild: Sarah Holmlund/stock.adobe.com) Med einsetzen, der die Dokumentation für die Zertifizierung gemäß MDR mitbringt und zusätzliche Voraussetzungen für den Einsatz in der Medizin erfüllt.“ Roboter für die Medizintechnik: Am besten vieles mitbringen Für dieses System haben sich – aus dem gleichen Grund – auch die Automatisierungsexperten von BEC entschieden. „Wenn ich ein geeignetes System kaufen kann“, sagt Rothfuss, „spare ich mir viel Kosten und Nerven.“ Weitere Projekte mit Medizinprodukteherstellern sind bei BEC willkommen. Dabei könne es sowohl um die Roboterintegration in Medizinprodukte selbst gehen als auch um den Einsatz von Robotern in der Produk tion derselben. „BEC bringt mit seinen Geschäftsfeldern für beides die erforderlichen Kompetenzen mit.“ Ganz besonders interessant wären Projekte, sagt Rothfuss, die direkt auf dem von BEC entwickelten Exacure-System für die Patientenpositionierung oder dem Internventionsnadel-Positioniersystem Guidoo aufbauen. „Da ließe sich durch Anpassung viel herausholen – und besonders für die Technik hinter Guidoo gibt es ein breites Feld möglicher weiterer Anwendungen.“ A propos Weiterentwicklung: Könnten neue, bionisch inspirierte Roboterformen, die Rüsseln oder Tentakeln ähneln, die Robotik in der Medizin voranbringen? Bei dieser Frage sind beide Experten skeptisch. „Solche Konzepte sind spannend“, sagt Rothfuss, „wenn es darum geht, auf engem Raum bestimmte Positionen erreichen zu können. Aber so etwas zu steuern, ist unglaublich komplex. Das umzusetzen und auch noch einen Vorteil gegenüber einem stabilen herkömmlichen System erzielen, kann ich mir kaum vorstellen.“ Auch Hanses glaubt, dass die vom Roboter erwartete Präzi sion damit schwer zu erreichen wäre. „Aber im Umfeld von Menschen haben solche Systeme einen wichtigen Vorteil: Es gibt keine Stelle, an der man sich klemmen oder Quetschungen zuziehen könnte.“ Damit Roboter im medizinischen Einsatz Vorteile bringen, ist auch das Zusammenspiel mit anderen Geräten unabdingbar. Denkbar ist das mittels Kabel oder über Mobilfunkstandards wie 5G. „Für unsere Positioniersysteme in der Medizin setzen wir auf kabelgebundene Lösungen: Sie sind einfacher, laufen stabiler und 42 medizin&technik 03/2022

(Bild: Fraunhofer IFF) Ein Robotersystem, das im OP mehr als eine Aufgabe übernehmen kann, entwickeln Ingenieure am Fraunhofer IFF im Rahmen des Forschungscampus Stimulate sind problemlos in der Zulassung“, sagt BEC-Mitarbeiter Rothfuss. Allerdings gebe es derzeit viele Projekte, die sich auf den Einsatz von 5G in der Medizin beziehen. „Wenn es zum Beispiel um die Steuerung von Robotern im OP geht, die ein Mediziner aus der Ferne bedient, wird 5G interessant – oder vielleicht auch andere Standards.“ „Ob 5G die erforderlichen extrem niedrigen Latenzzeiten dafür bietet, müssen IT-Spezialisten beantworten“, ergänzt IFF-Mitarbeiter Magnus Hanses. „Für mobile Roboter ist der kabellose Datentransfer auf jeden Fall interessant, denn sie nutzen Akkus. Damit steht ihnen nur eine begrenzte Energiemenge zur Verfügung.“ Wolle man keine schwere Rechentechnik integrieren, seien Berechnungen in der Cloud eine elegante Alternative – auch für Teleoperationen. Doch aktuell geht es in Magdeburg vor allem darum, wie der Mediziner direkt neben dem OP-Tisch das Assistenzsystem steuert. Derzeit arbeiten die Magdeburger mit einem Fußboden, der mit Sensoren das Gewicht eines Menschen erfasst. Damit lässt sich nicht nur die Position des Arztes feststellen, sondern auch, wohin er mit der Fußspitze tippt – so dass zum Beispiel eine Schaltfläche auf den Boden projiziert werden kann, um eine sterile Bedienmöglichkeit zu schaffen. Für industrielle Partner sind solche Ansätze auf jeden Fall interessant, sagt der Gruppenleiter. Hanses hofft, dass die Messe Automatica weitere Kontakte dieser Art bringt: Das OP-System jedenfalls wird dort am Stand des Fraunhofer IFF zu sehen sein. ■ Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de Weitere Informationen Über BEC: www.b-e-c.de Auf der Messe Automatica: A4.329 Zur Medizinrobotik am Fraunhofer IFF: http://hier.pro/yCq1I Auf der Messe Automatica: A4.224 Anzeige _medizin&technik.pdf 1 24.02.22 13:40 03/2022 medizin&technik 43

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