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OCEAN7 2013-03

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Ein nahezu unberührtes tropisches Segelparadies. Das ist Kuba im Herzen der Karibik. Aber man muss sich auf so manches einstellen, wenn man in dem streng kommunistischen Land für seinen Törn einkaufen will. Dafür entschädigen dann wundervolle Korallenriffe und viel Ursprüngliches, meint OCEAN7-Autor Tahsin Özen.

OCEAN7People mir Freiheit genug, mit dem jugoslawischen Kaffeepatent in der Tasche hin und wieder die Adria zu besegeln. Ins Pensionsalter gekommen, löse ich mich aus Erwerbsarbeit und familiären Bindungen. Zunächst sichere ich die neue Freiheit mit dem Erwerb des FB3-Segelscheines ab und chartere mit Freunden im Mittelmeer. Eine meiner Töchter hatte nach Neuseeland geheiratet. „Mein Vati wird mich mal mit dem Segelboot besuchen“, hat sie sich getröstet, denn sie wusste von meiner Abneigung zu fliegen. Das war ein wesentlicher Impuls, meinem wiedererwachenden Fernweh auf die Beine zu helfen. Andreas aus Bayern sucht Mitsegler im Ionischen Meer auf seiner Reinke, einem Selbstbau-Stahlschiff. Ich bin „Hand gegen Koje“ dabei und gewinne Vertrauen in diese Verein- 20 Jahre vorher hatte ich mehr Glück. Es war nach einem vierwöchigen Balearentörn. Ich schlafe nachts vor dem Bahnhof, den Rücken an die Wand gelehnt, Arme in Rucksack und Reisetasche gehakt. Als einer mit der Rasierklinge meine Gesäß - tasche bearbeitet, werde ich wach und vereitle den Verlust meines Barvermögens. Ich kenne Barcelona und bin auf der Hut! Ich setze mich nachts nicht mehr vor den Bahnhof, sondern tags in den Wartesaal zur Fähre nach Barcelona und vertiefe mich ins Tagebuch. Reisetasche und Rucksack stehen wieder neben mir auf dem Boden. Ich bin der einzige Gast im riesigen Wartesaal und merke nicht, dass Diebe mich belauern. Die Kellnerin sieht einen Mann in dunklem Anzug mit einem Laptop davoneilen – es ist der meine. Ich eile nach, sehe weder Mann noch Laptop. Einfach aus der Reisetasche gezogen! Das nenne ich dreist! 1 2 3 Hand sucht Koje – Schiff sucht Crew barung für gemeinsames Segeln. Daraufhin entwickle ich den Plan, auf der Grundlage von „Hand gegen Koje“ um die Welt zu reisen. Einen Schiffseigner aus Wien habe ich im Internet gefunden. In Italien beschnuppern wir uns. Drei Tage bohren, schleifen, sägen, schrauben und pinseln wir gemeinsam an seinem Schiff. Bei Pizza, Pasta und Antipasti – wir haben uns wenig zu sagen. Er hat den Mut, es auszusprechen: Chemie passt nicht. Als Kapitän zur See geht er mir verloren. Ich empfinde es nicht als Niederlage, denn dazu schnuppert man ja. Der Bernd aus Deutschland findet mich im Internet. Ich besuche ihn. Wir können uns riechen und werden handelseins: Von Trinidad nach Panama wollen wir zusammen segeln, vielleicht auch in den Pazifik. Das ist doch schon mal was. Es geht los – mit Paukenschlag. Mit Johannes sitze ich in München zusammen. Das Ergebnis: Ich packe meine Sachen und gehe am 31. August 2008 in Mallorca auf die Yacht seines Freundes Heinz aus Schwaben. Mit an Bord ist mein Freund Erwin aus Nieder - österreich. Er braucht ein paar Meilen für den FB3 und außerdem mögen wir uns. Um durch die Straße von Gibraltar zu navigieren, ist es für den Segler unerheblich, ob er Kenntnis hat von der Messinischen Salinitätskrise oder nicht. Was man heute über sie weiß, ist noch keine zehn Jahre alt. Und ich finde das sehr spannend: Es war einmal vor sechs Millionen Jahren. Man nennt es das erdgeschichtliche Zeitalter des Messiniums. Da hat es eine Hebung der Landmassen gegeben. Afrika und Europa wurden in der Folge über Land verbunden, Mittelmeer und Atlantik voneinander getrennt. Das Mittelmeer ist mit den Jahren ausgetrocknet und zum Salzsee geworden. Das ist die Messinische Salinitätskrise. Dem heutzutage westfahrenden Fahrtensegler begegnet in der Straße von Gibraltar ein stetiger, ostsetzender Strom von etwa 1 Knoten. Wenn Westwind weht, kommen je Bft etwa 0,1 Knoten Windstrom dazu. Schließlich überlagert sich dem der Gezeitenstrom mit weiteren plus/minus 3 Knoten, schwankend je nach mondstandabhängiger Gezeitenstärke. Wer mit Rahsegeln in den Atlantik hinaus unterwegs ist, hat es schwer bei Gibraltar: Viel Strom von vorne, Wind meist auf die Nase, aber auch unvermutet wechselnd in Stärke und Richtung. 34 OCEAN7 03-2013 | Mai/Juni 2013

Volkmar Baurecker 4 Foto: Shutterstock (1) Heutzutage mit unseren Schratsegeln tun wir uns da leichter, wenngleich nicht immer. Man sollte die aktuellen Gezeiten kennen und beim Rechnen keine Vorzeichen vertauschen. Genau das scheint mir unsere Schwachstelle gewesen zu sein. Wir haben es nicht gewollt, doch es hat sich so ergeben: Es ist Nipptide. Hart am Wind und gegen den Gezeitenstrom segeln wir ein in die Straße von Gibraltar. Mitten in der Straße machen wir eine Wende. Das GPS zeichnet die Spur über Grund auf. Es ist eine Schleife nach hinten. Erst in Ufernähe gewinnen wir wieder Höhe. Hier haben wir den nördlichen Neerstrom. Sein Zyklus weicht ab von dem des Hauptstromes. In Ufernähe heißt es dann wieder wenden. Das Spiel beginnt von Neuem. Nach der Wende draußen fahren, auf der gleichen Spur wieder zurück. Das machen wir dreimal. Dann wird der Strom schwächer. Es kann ja eigentlich gar nichts schief gehen. Der Strom kentert irgendwann ja doch. Man muss es nur erwarten können. In dieser Haltung werde ich mich auf meinem „Hitchhiking by sailing“ noch öfter finden. Ich habe es natürlich gleich gewusst. Aber auf mich hört ja keiner. Ich habe Recht behalten. Bloß freut das niemanden so richtig. Mein Freund Erwin gesteht es mir heimlich ein. Der Kapitän gibt keinen Kommentar ab. Das Bordklima ist angekratzt. Ich lerne daraus: Sei nie gescheiter als der Kapitän! Lass es ihn – ohne Not – zumindest nicht anmerken. Der Heinz segelt doch schon seit Jahrzehnten in aller Welt herum! Warum in aller Welt sollte er nicht auch die Straße von Gibraltar schaffen? Vorabend des Ramadan in Casablanca. Zwei Tage nach Gibraltar haben wir kaum noch Wasser im Tank, völlig unerwartet. Ich halte es für nötig, mich ungemütlich zu zeigen. Eine Nacht lang ist Stummfilm. Es gelingt mir, das Frühstück mit ein paar freundlichen Worten einzuleiten. Das befreit uns alle. Jetzt geht es uns besser als je zuvor. Wir laufen Casablanca an. Hier gibt es frisches Wasser. Und ganz viele Menschen in Festtagsgewand auf den Straßen: Es ist der Vorabend zum Ramadan! In wunderschöne Tücher gehüllt promenieren junge wie reife Frauen an uns vorbei. Sie bewegen sich würdevoll, jedoch locker. 1 Taktische Gespräche vor dem Wetterfax 2 Blick in die Segel 3 Der Autor schreibt Tagebuch 4 Am Affenfelsen mit Blick nach Afrika 5 „The Rock“ – Gibraltar von See her 5

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