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ocean7 3/2020

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Bei Gott: Wein, Kultur und Meer auf der kroatischen Insel Krk erfahren, z. B. ab der Marina Punat. Krk und Cres natürlich: Wo sich Kolkrabe und Gänsegeier gute Nacht sagen. Istrien, Nationalpark Brijuni: Segelnd zu den wohl österreichischsten Inseln Kroatiens. Dani u Vali: Feste feiern im UNESCO-geadelten Stari Grad auf der Insel Hvar. Nautitech 46 open: Die große Schwester des erfolgreichen 40er-Kats gibt’s auch als Fly-Version. Marex 360 CC. Norwegischer Cruiser mit viel Cabrio-Feeling. Wing of Change: Lothar Weber über das Leichtwindsegeln mit dem Wingaker.

Förderunwesen EU, was

Förderunwesen EU, was tust du? Fordern und Fördern ist ein gutes Konzept, auch in der Politik. Doch manche Förderpraktiken der Europäischen Union sind durchaus kritisch zu hinterfragen – wie jene zur Förderung der griechischen Charterbranche, derzufolge neue Yachten mit bis zu 50 % subventioniert werden sollen. Ein Gastkommentar von Friedrich Schöchl. Du sollst nicht Euros nach Athen tragen! Das würde der griechische Dichter Aristophanes sagen, wenn er nicht schon vor 2.400 Jahren gestorben wäre. Damals meinte er Eulen, das Wappentier auf der Drachme bis ins 21. Jahrhundert. Die Eule war das Sinnbild für Klugheit und Weisheit. Und davon gab es damals offensichtlich von beidem genug. Aber inzwischen ist nicht nur die Drachme, sondern offenbar auch die Weisheit und Klugheit weg. Zumindest scheint dies in Brüssel der Fall zu sein, wo in Bezug auf die neue Hilfs - initiative, die dort zur Unterstützung der griechischen Charterbranche ausgearbeitet wurde, mancher, wenn schon keine Eule, dann zumindest einen Vogel hat. Und zu dieser Meinung könnte man kommen, nachdem publik wurde, dass durch einen besonderen Fonds der Kauf von Segelyachten zum Zwecke der Vercharterung mit bis zu 50 % des Kaufpreises subventioniert werden sollten. Die Haltepflicht dieser Yachten beträgt fünf Jahre, danach können sie verkauft werden. Natürlich gibt es auch scharfe Auflagen. Diese Yachten sind nur förderungswürdig, wenn sie mindestens sechs Seemeilen außerhalb der Küste verchartert werden. Wir von Yacht-Pool beobachten den Chartermarkt seit über 20 Jahren aus Eigeninteresse sehr genau. Denn seit dieser Zeit sichern wir die Anzahlungen der Charterer gegen den Verlust aus Zahlungsunfähigkeit und damit Leistungsunfähigkeit der Vercharterer ab. Um in den Genuss einer solchen Absicherung gegenüber den Charterern zu kommen, haben Vercharterer, die diese Garantie bieten wollen, jährlich ihre Bilanz zur Überprüfung ihrer Bonität bei uns einzureichen. Als Ergebnis dieser permanenten Prüfung des größten Teils des Marktes wagen wir zu sagen, dass der weitaus überwiegende Teil der griechischen Charterfirmen über entsprechende Bonitäten verfügt, für die wir mit unserem Label Checked & Trusted auch die selbstschuldnerische Bürgschaft in Bezug auf die Kundenanzahlungen übernehmen. Und dies ganz im Gegenteil zu anderen Bereichen der EU, wo die Marktverhältnisse schwieriger sind. Insgesamt sehen wir in unseren laufenden Beobachtungen des gesamten europäischen Chartermarktes, dass griechische Firmen im Ländervergleich zu den am besten aufgestellten zählen. STARTHILFE FÜR EINEN LAUFENDEN MOTOR? Ein derartiger Markteingriff von außen ist trefflich geeignet, gut ausbalancierte Marktverhältnisse aus dem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage zu bringen. Es ist uns deshalb auch bisher nicht gelungen, bei unseren guten Partnern Stimmen zu finden, die diese von der Branche unerwünschte „Hilfsaktion“ befürworteten. Vielmehr wird von vielen (zu Recht) eine desaströse Marktverwerfung befürchtet. Einen Turboeffekt bekommt die ganze Aktion noch dadurch, dass bei einem Eigenanteil von 50 % (fast) jede Bank auch bereit ist, die restlichen 50 % zu finanzieren. Zu Recht 38 3/2020

ist deshalb davon auszugehen, dass nicht nur Charterunternehmer, die in ihrer Vision die Entwicklung der Charterbranche aus der Vergangenheit einfach in die Zukunft projizieren, sondern eben auch Menschen, die mit dem Charterbusiness nichts am Hut haben, aber sich mit einem Schiff, das sie zum halben Preis und einer Finanzierung zu heutigen Zinskonditionen bekommen, sich allein schon mit dem Verkauf des Schiffes nach fünf Jahren eine Top- Marge ausrechnen oder selbst Eigner zum Spottpreis werden. Kenner des Marktes wissen zudem auch, dass bereits heute die Marinas einen entscheidenden Engpass der Erweiterung des Chartergeschäftes darstellen. Gefördert werden durch diese Aktion auf alle Fälle die Hersteller von Charter yachten. Die sitzen aber nicht in Griechenland und sind – mitunter dank Hurrikan „Irma“, der 2017 in der Karibik einen beachtlichen Teil der Charter yachten zerstört hat – mehr als ausgelastet. Im Übrigen ist mit einer Zunahme von Charteryachten, die von Kroatien nach Griechenland verlegt werden sollen, zu rechnen – denn da gibt es bereits ein massives Überangebot. Ein Ungleichgewicht, mit dem sich dort bereits eine bedenkliche Marktentwicklung abzeichnet. ZUM NACHTEIL ALLER Es gibt vielleicht nicht genug Euros in Athen, aber auf alle Fälle genug Yachten in Griechenland. Als überzeugter Europäer wünsche ich mir sehr, dass „Hilfsaktionen“ dieser Art einer profunden Prüfung unterzogen werden, damit zumindest den vermeintlich zu Helfenden nicht geschadet wird. Denn die bestehenden Charterfirmen und deren Investoren haben ihre Schiffe ohne Subvention angeschafft und haben diesen Anschaffungspreis über entsprechende Einnahmen zu amortisieren. Subventionierte Yachten erscheinen nun auf dem Markt mit der Härte des Amortisationsbedarfs und drücken damit das gesamte (noch) zufriedenstellende Preis- und Ertrags niveau. Das Endergebnis wird bei einer künstlichen, nicht nachfrage orientierten Investition zu einem unnatürlichen Überangebot führen – zum Nachteil aller. Die Ironie besteht übrigens darin, dass es bereits jetzt einen Engpass an Liegeplätzen in Griechenland gibt, über diese Aktion aber hauptsächlich Katamarane geordert werden, die per se den doppelten Liegeplatzbedarf haben. Ein Engpass, der auch sein Gutes hatte. Denn so konnte zwangsweise ein Überangebot wie in Kroatien nicht entstehen. Angeblich sollen bereits 500 Yachten bestellt sein und 50 dieses Jahr sowie weitere 200 nächstes Jahr ausgeliefert werden – insgesamt soll das Förderprogramm bis zu 1.200 Yachten vorsehen. Trifft dies zu, dann ist zu erwarten, dass sowohl die Branche als auch die Investoren empfindlichen Schaden erleiden. Die Branche, weil ein Überangebot die Preise drückt, worüber sich der Charterer nur kurzfristig freuen kann, denn auf kurz oder lang wirken sich Dumping-Preise auch auf den Instandhaltungszustand der Yachten aus, wie wir das bei manchen Charterbetreibern bereits deutlich feststellen können. Und sollte die Aktion Erfolg haben, würden natürlich die Liegeplatzgebühren entsprechend ansteigen, was sich letztlich wieder auf die Charterpreise auswirken muss. Die Investoren werden feststellen, dass auch eine „günstig“ erworbene Charteryacht jährliche Kosten verursacht. In der Praxis kann das Schiff sinnvollerweise nur über einen bestehenden, gut eingeführten Charterbetreiber vermarktet werden. Nur er hat den entsprechenden Marktzugang und ist in der Lage, das Schiff auch technisch korrekt zu warten. Kosten die die Einnahmen des Eigners deutlich schmälern. DIE LETZTEN BEISSEN DIE HUNDE Ob und wieviel mit einer Investition in eine Charteryacht verdient werden kann, lässt sich seriös erst nach Ablauf der Investitionsperiode, also nach Verkauf des Schiffes und des dabei erzielten Restwertes, ermitteln. Es ist zu erwarten, dass es nach der praktischen Erfahrung der i. d. R. (noch) branchenfremden Investoren zu vorzeitigen Verkäufen kommt – und die Letzten beißen bekanntlich die Hunde. Wenn ich auf der anderen Seite die Flüchtlingskinder im Schlamm der griechischen Flüchtlingslager sehe, wo dieses Geld bitter nötig wäre, fällt es mir schwer, nicht in heiligen Zorn zu verfallen! TROJANISCHES PFERD Meine oben ausgeführten Gedanken entstammen übrigens noch aus der Zeit vor Corona. Verschärft durch die Pandemie entpuppt sich diese ökonomische Fehlkonstruktion jetzt schon als Trojanisches Pferd für Griechenland: Kaum ins Land gelassen, liegt die Charterbranche brach. Die Investoren aber haben sich teilweise bereits hoch verschuldet, und die Kosten laufen … Die Hunde werden somit nicht nur die Letzten, sondern schon die Ersten beißen. Für die betroffenen Spieler mit dem schnellen Geld eine wahrlich griechische Tragödie. FRIEDRICH SCHÖCHL ist Skipper aus Leidenschaft, Erfinder der Skipper-Haftpflichtversicherung und Gründer der Versicherungsgesellschaft Yacht-Pool. kolumne@ocean7.at FOTO: GERNOT WEILER „ Wenn ich auf der anderen Seite die Flüchtlingskinder im Schlamm der griechischen Flüchtlingslager sehe, wo dieses Geld bitter nötig wäre, fällt es mir schwer, nicht in heiligen Zorn zu verfallen!“ 3/2020 39

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