E-Paper

Aufrufe
vor 1 Jahr

1-2022 REISE und PREISE

AZOREN INSELHÜPFEN IM

AZOREN INSELHÜPFEN IM ATLANTIK Die neun Azoreninseln liegen mitten im Atlantik, rund 1.500 km vom portugiesischen Mutterland entfernt. Wer die Hauptinsel São Miguel schon kennt oder mehr sehen möchte, sollte Faial, Pico und São Jorge ins Auge fassen – das Dreigestirn der Zentralgruppe, das zum Inselhüpfen einlädt. Blick vom Aussichtspunkt auf die Küstenebene Fajã do Ouvidor auf der sattgrünen Insel São Jorge 54 REISE-PREISE.de 1-2022

VON ELKE HOMBURG Dichte Nebelschwaden im Hochland von Pico, Regen klatscht gegen die Windschutzscheibe. Kein Wanderwetter. »Keine Sorge, nach dem Regen kommt wieder die Sonne. Wir haben oft vier Jahreszeiten an einem Tag«, hatte die Rezeptionistin morgens im Hotel versprochen. Sie sollte recht behalten. Zwei Stunden später ist Picos smaragdgrüne Bergwelt wie frisch gewaschen und der Vulkan Pico, der im Nebelmeer versunken war, zeigt mir seinen majestätischen Kegel. Ein typischer Azoren-Wow-Moment. Die Nachbarinsel Faial ist Anlaufpunkt für Atlantiksegler, die sich in der Inselhauptstadt Horta seit mehr als 100 Jahren in der legendären Seglerkneipe »Peter Café Sport« treffen. »Mein Urgroßvater löste die Probleme der Segler«, erzählt Mariana Azevedo, die mit Vater Peter und den Brüdern den Familienbetrieb schmeißt. »Sein Café war für Seeleute, die nach Tagen auf stürmischer See erstmals wieder festen Boden unter den Füßen hatten, Wechselstube und Postamt, Laden für Schiffsbedarf und Suppenküche.« Heute freuen sich Seemänner und -frauen über gutes WLAN in Panoramablick über die Bergwelt von Pico bis zum 2.351 Meter hohen gleichnamigen Vulkan der Bar. Im Frühjahr 2020 fühlte sich Familie Azevedo wieder ein bisschen wie in den Anfängen der Bar. Überrascht von der Pandemie, konnten Segler nicht an Land gehen und trieben ohne Versorgung auf dem Meer. Mit Schlauchbooten klapperten Mariana und Familie die Boote ab und nahmen Bestellungen auf wie einst der Urgroßvater. »Es war ein gutes Gefühl, helfen zu können«, sagt Mariana. São Jorge, Station drei beim Inselhüpfen, ist das Wanderparadies der Zentralgruppe. Zu entdecken sind wilde Lavaküsten, ein saftig grünes Bergland und die einzige Kaffeeplantage Europas. Drei Inseln, drei Welten. Seit ein paar Jahren erleben die Azoren einen kleinen Touristenboom. Kein Wunder, Naturschönheit gibt es im Überfluss. Dazu tolle Whale-Watching-Spots und eine Lava-Weinkultur mit UNESCO-Auszeichnung. Nur Schönwettergarantie kann man nicht bieten. Wenn die Wetterpäpste in Mitteleuropa ein Azoren-Hoch verkünden, dürfen wir uns in Mitteleuropa freuen. Wo sich das gute Wetter zusammenbraut, ist das Klima dagegen höchst unbeständig. Zum Glück. So bleiben die Atlantikinseln ein Reiseziel für Individualisten. DREI INSELN, DREI WELTEN Fotos: Kevin Schafer/ Alamy, Manuel Ribero/ Alamy, Marco Bottigelli/ Getty Images, Walter Bibikow/ Getty Images FAIAL Landschaftsdrama und kosmopolitisches Flair Klein, aber voller Geschichte: die Inselhauptstadt Horta. In der ersten Hälfte des 20. Jh., als Faial Knotenpunkt der interkontinentalen Telekommunikation war, lebten hier Angestellte internationaler Telegrafengesellschaften. In den frühen Jahren der Luftfahrt landeten in Horta Transatlantikflieger zwischen, die Europa und Amerika verbanden. Und seit jeher machen Seeleute, die den Atlantik überqueren, im Hafen von Horta Station. Jede Bootscrew sollte sich, das verlangt ein altes Seemannsgesetz, im Hafen mit Badespaß bieten die Lavapools einem Gemälde verewigen. Weil die meisten Segler abergläubisch sind, ähneln die Kais einer Open-Air-Galerie. Anlaufstelle für alle Seeleute ist seit mehr als 100 Jahren die legendäre Bar »Peter Café Sport«, wo man neben dem hauseigenen Gin (€ 2,90) auch gute Küche (z. B. Napfschnecken € 7,90) serviert. Eine weitere Adresse für köstliche (Fisch-) Küche: »Genuíno« (Schwertfisch € 14,50). Ilha Azul, blaue Insel, nennt sich Faial wegen ihrer endlosen himmelblauen Hortensienhecken. Die fünftgrößte Azoreninsel hat ihre lieblichen Ecken, ist aber auch eine Drama-Queen. Ende der 1950er-Jahre erhob sich vor der Küste von Faial plötzlich ein neuer Vulkan aus dem Meer und hielt die kleine Insel ein Jahr lang in Atem. »Prozessionen zogen an die Küste, um mit Gebeten und Gesängen den Vulkan zu bändigen«, erinnert sich Norberto, der beim Mittagessen am Nebentisch sitzt. Die Hälfte der Inselbewohner wanderte nach Amerika aus. An die Naturkatastrophe erinnert die bizarre Mondlandschaft Capelinhos aus Asche und Stein, heute eine Attraktion für Besucher. Weitere Zeugnisse vulkanischer Kräfte lernt man auf der Inselrundfahrt kennen: die Caldeira im Herzen der Insel, von deren Kraterrand man 400 m in die Tiefe blickt, oder den mächtigen Morro de Castelo Branco – ein echter Fels in der Brandung, söladk kdsa der dkaslödkaslö an einen urzeitlichen Vulkanausbruch dksalödkslöadkalsökdaölskd erinnert. An der Küste laden Lavapools zum Schwimmen ein. »Peter Café Sport«, die legendäre Bar in Horta Nett gebettet Horta: Einfache Zimmer in einem Stadthaus bietet das »A Casa do Lado« (acasadolado. com, +351-292-700351, EZ/DZ ab € 40/45 ÜF). Die Gebäude der Kabelstation der Amerikaner gehören heute zum »Azoris Faial Garden« (azorishotels.com/faialgarden, +351-292-207400, EZ/DZ ab € 73/78 ÜF, mit Meerblick ab € 104 ÜF). Mit Garten und Pool. Wer Meerblick bucht, hat den Vulkan Pico auf der Nachbarinsel Pco bestens im Blick. FLAIR Einen traumhaften Garten mit Pool, drei Zimmer (EZ/DZ € 55/80 ÜF) und zwei Suiten (ab € 100 ÜF) hat das »Estrela do Atlântico« (edatlantico.com, +351-292-943003). Cedros: Vollendete Ruhe genießt man im sympathischen kleinen »Casa do Capitão« an der Ostküste mit fünf Zimmern und zwei Gärten (casadocapitao.pt, +351-292-946121, EZ/ DZ € 75/85, Frühstück € 10; geöffnet ab 15.6.). 1-2022 REISE-PREISE.de 55

© 2023 by REISE & PREISE