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2008-2 REISE und PREISE

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MALAYSIA Farbenfroh:

MALAYSIA Farbenfroh: Mitglieder des Iban-Stammes präsentieren sich stolz auf der Veranda ihres Langhauses in Batang Ai (oben links). Bei den ehemaligen Kopfjägern dienen die Totenschädel bis heute dem Schmuck des Hauses. Die Flure der Langhäuser sind Treffpunkt der Bewohner (oben Mitte). hier. Nachbarn, die sich jeden Tag bei der Arbeit treffen. Früher auf den Reisfeldern, heute vor allem als Dienstleister im Tourismus. Borneo, die drittgrößte Insel der Erde, deren Hauptteil zu Indonesien gehört, hat eine besondere Bevölkerungsstruktur. Seit Jahrhunderten leben die Bewohner in Clans. Die meisten der Stämme im Dschungel sind Christen, spanische Missionare leisteten nachhaltige Arbeit. Im Dorf Batu Bungan stehen Kapelle, Hospital und Schule. Die kleineren Siedlungen am Fluss bringen ihre Kinder Anfang der Woche zum Unterricht. Adrett in Schuluniform treten die Erstklässler zum Vorsingen an. Die meisten wohnen auch hier. Unbestrittenes Zentrum ist in jedem Dorf das Longhouse; ein Name, der passt. Die Holzgebäude können bis zu zweihundert Meter lang sein. Von einem endlosen Korridor gehen Türen ab, hinter jeder wohnt eine Familie. Wächst die Gemeinschaft, wächst auch das Langhaus. Heiratet jemand, wird einfach angestückt. Ein langes Longhouse bringt Prestige, man rechnet in Türen. Ab dreißig nickt der Kenner beeindruckt: Im Busch ist das eine Großstadt. Der Melinau ist die Hauptstraße. Wir fahren weiter flussaufwärts. TESTSPIEGEL Malaysias Infrastruktur hält europäischen Ansprüchen stand. Sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. Tolle Naturerlebnisse in den zahlreichen, vielfältigen Nationalparks und Schutzzonen sind garantiert. Und wer möchte, hängt ein paar Strandtage zum Relaxen dran. Natur Freizeit Kultur Nebenkosten Nachtleben Sicherheit Andere Boote kommen uns entgegen, ordentlich im Linksverkehr. 1841 machte der Sultan von Brunei den britischen Abenteurer James Brooke zum Herrscher von Sarawak, nachdem dieser eine Rebellion von Stämmen niederwerfen half. Das britische Empire grüßt noch heute. Über Hängebrücken in den Regenwald Viele Höhlen liegen hoch in den Felswänden und wurden erst vor wenigen Jahrzehnten entdeckt. Die Cave of the Winds ist ein fantastischer Märchenwald aus Stalaktiten, in dem von irgendwoher eine sanfte Brise weht. Tief im Berg sind alle Höhlen miteinander verbunden; das Wasser fand im Kalkstein leicht seine Wege. Durch die Clearwater Cave gleich nebenan, die in mysteriösem Blau leuchtet, schießt tosend noch immer ein gewaltiger Strom. Viele Traveller kommen wegen der Trekking- Trips nach Borneo. Auch da setzt Mulu Maßstäbe. Ein leichter Aufgalopp ist der Canopy Skywalk, bei dem wir wie Indiana Jones über wacklige Hängebrücken durchs Blätterdach der Urwaldriesen balancieren. Wer’s härter und spektakulärer mag, unternimmt eine Mehrtagetour zu den Pinnacles, einem Ensemble aus nadelspitzen Felsen, die wie Eiszapfen aus dem Dschungel ragen. Außerdem sind ungeführte Wanderungen auf gut ausgeschilderten Pfaden möglich und Flussfahrten in den Regenwald. Dabei wird schnell klar, wie wichtig die Nationalparks sind. Auch Sarawak leidet unter Umweltsünden. Gnadenloser Raubbau an Edelhölzern und Monokulturen – z. B. die wie ein Teppich ganze Landstriche überziehenden Ölpalmen – haben den Primärwald zerfleddert. Affen, Wildkatzen und Vögel wurden in tiefere Dschungelgebiete verdrängt. Erosion schwemmt die Erde in Flüsse wie den teigigbraunen Tutu River, der den klaren Melinau einfach verschluckt. Wirtschaftlich hat die konsequente Ausbeutung der Resourcen der Insel einen Boom gebracht. Borneo heute, das sind eben auch Städte wie Miri und Kuching, deren Hochhäuser und Highways auch in Europa stehen könnten, in denen Dritte-Welt-Slums unbekannt sind. Miri ist Umschlaghafen für die Ölförderung Malaysias im Südchinesischen Meer. In der Altstadt drängen sich chinesische Tempel neben malaiischen Garküchen und indischen Tuchhändlern. Kopftuch tragende Frauen sitzen beim Tee mit Tamilinnen in tadellosem Make-up. Der Islam ist zwar Staatsreligion, man fühlt aber, hier darf jeder nach seiner Fasson selig werden. Das pulsierende Kuching, die Hauptstadt Sarawaks, hat auf der Damai-Halbinsel eine Reihe guter und günstiger Ferienresorts, in denen sich Westler auf erstklassigen Stränden räkeln. Die Orang-Utans kommen zum Frühstück Nur gut 30 Kilometer von Kuching entfernt liegt das Semenggoh Wildlife Centre. Hier lassen sich die eigentlichen Herrscher in Borneos Urwald hautnah beobachten. Orang Utans – malaiisch für »Waldmenschen« – wurden durch Jagd auf gerade mal 20.000 Exemplare dezimiert. Den König der asiatischen Affen gibt es nur noch auf Borneo und Sumatra. In Semenggoh hält er täglich zweimal Hof. Schwitzend warte ich 10 REISE & PREISE 2/2008

Über wacklige Hängebrücken geht’s auf dem »Canopy Skywalk« durch die Baumwipfel (unten Mitte). Höhleneingang im Mulu-Nationalpark (oben rechts) um Punkt 10 Uhr morgens unter dem Meranti-Baum. Die Tafel ist gerichtet. Durian- Frucht, Kokosnuss, Papaya duften auf dem Podest. Pünktlich schwingen ein paar rothaarige Gestalten heran. Große dunkle Augen fixieren das Frühstück. Einige Tiere hängen un beteiligt in den buchstäblichen Seilen, die im Wildpark direkt über den Besuchern den Weg zum Futter weisen. Andere turnen mit einer für die großen Körper erstaunlichen Eleganz herab, stopfen sich Maul, Hände und Füße mit Obst voll und sind ebenso hurtig wieder im Geäst verschwunden. All das geschieht völlig lautlos und ohne Streit; auch der stets etwas melancholische Blick verrät ein sanftes Wesen. »Orang-Utans sind vom Aussterben bedroht«, sagt Wildhüter Zul Hashin. Mütter werden getötet, Junge als Kuscheltiere verhökert. Einige fristen ein groteskes Dasein als Hausgenossen ihrer nahen Verwandten, ernähren sich von Fastfood, sehen fern. »Alle unsere 23 Orangs wurden aus Gefangenschaft befreit. In Semenggoh päppeln wir sie auf, bringen ihnen bei, wieder in den Bäumen zu leben, aus denen ein wilder Waldmensch so gut wie nie auf den Erdboden hinabsteigt.« Ritchie, dem Boss der Truppe, fehlt da wohl noch eine Lektion. Stoisch stapft der Hundert-Kilo-Mann auf uns zu. Zul zieht mich beiseite, einem Orang-Utan stellt man sich nicht in den Weg. Auch Ritchie wird eines Tages in menschenfernes Gebiet ausgewildert. Malaysia und Indonesien arbeiten bei der Affen-Reha zusammen. Ob da die Gegend um den Fluss Batang Ai reicht? Das gesamte obere Flussgebiet, 240 Quadratkilometer, wurde 1991 zum Nationalpark erklärt. Wir sind einen Tag unterwegs, um den Vorposten im Regenwald nahe der Grenze zu erreichen. Reisschnaps aus der Urwalddestille Am Ende der Reise auf dem Lemanak River taucht das Dorf des Iban-Clans auf. Noch bevor wir um die Flussbiegung rauschen, stehen zwei Jungs am Steg und hämmern zur Begrüßung auf ihre Bongos ein. Kein Strom, kein Handy-Netz, keine Post. Wie zum Teufel haben die hier von unserem Kommen erfahren? Bian Rumei zeigt auf die Buschtrommeln und grinst. Keine Ahnung, ob er mich auf den Arm nimmt. Der Übersetzer ist auch Iban und begleitet mich. Möglich auch, dass es Waldgeister waren. Sie hausen hier überall. Holzfiguren bewachen die Treppe zum Langhaus. Sie sollen die bösen Geis- ter vertreiben. Wir dürfen hinauf. Der Chief begrüßt uns vor seiner Tür. Hier auf dem Korridor finden alle Meetings des Dorfes statt. Wir sitzen zusammen auf dem Boden. Zur Begrüßung gibt’s Reisschnaps aus der Urwalddestille. Schwarzbrennen ist ein beliebtes Hobby. Streng verboten natürlich. Doch der Staat ist weit weg. Auch die Iban wollen Urlauber empfangen. Sie haben eigens für sie eine Unterkunft gebaut. Ihre Handwerkskunst, der Alltag zwischen Reisfeldern und Jagd, Hahnenkampf und Bogenschießen – all das öffnet sich für Gäste aus dem Westen. Abends brennen dann die Kerosinlampen. Ein sehniger Krieger tanzt im Fla ckerlicht mit einer gewaltigen Machete zwischen den Zähnen. Draußen ächzt und seufzt es unheimlich. Kröten? Geister? Am besten, ich trinke noch einen Schnaps. INFO Malaysia auf S. 12 REISE & PREISE 2/2008 11

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