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2015-4 REISE und PREISE

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NEW ORLEANS & LOUISIANA

NEW ORLEANS & LOUISIANA Eine Airboat-Tour durch die Sumpflandschaft der Bayous ist ein unvergessliches Erlebnis. Einziger Nachteil der Vehikel ist ihre enorme Lautstärke (links). Die Louisianas stammen aus dem 19. Jahrhundert. Im Bild die Houmas House Plantation (rechts) Fotos: New Orleans CVB/Chris Granger, Pat Garin; NewOrleansOnline.com/Alex Demyan,Cosmo Condina; Louisiana Department of Culture, Recreation, and Tourism/Tim Mueller Photography, New Orleans Plantation Country Mardi Gras in New Orleans Mardi Gras: Nicht nur am »fetten Dienstag« vor Aschermittwoch wird gefeiert... Zum Mardi Gras befindet sich die ganze Stadt, nein, der ganze Bundesstaat Louisiana im Ausnahmezustand. 2016 werden die Karnevalsparaden und Feste bereits Mitte Januar beginnen. Den Höhepunkt der Saison erlebt man vom 5.–9. Februar. Wer’s verpasst: In der riesigen Halle von »Mardi Gras World« bereitet man sich das ganze Jahr über auf den Karneval vor. Bei der geführten Tour sieht der Besucher zahlreiche Umzugswagen und kann den Bildhauern und Malern in ihren offenen Ateliers über die Schulter schauen (1380 Port of New Orleans, Eintritt US$ 19,95, Kinder US$ 12,95, www.mardi grasworld.com). Sehenswert ist auch die Kostümsammlung einer einstmals berühmten Karnevalsprinzessin im Mardi-Gras-Museum in der oberen Etage von »Arnaud’s Restaurant«, dessen prachtvolle Speisezimmer man unbedingt mit besichtigen sollte (813 Bien - ville St., www.arnaudsrestaurant.com/about/ mardi-gras-museum) Baustil gewünscht. Aber seinem Wohltäter Brad würde er das nie sagen. Und die Touristen, die klassische Bauten bewundern wollen, spazieren dafür lieber durch den Garden District, wo der alte Finanzadel lebt und sich Reiche und Prominente wie Sandra Bullock und Nicolas Cage prachtvolle Villen gekauft haben. Jede Menge Prunk und Pracht ist auch auf den historischen Friedhöfen zu sehen. »Diese Stadt war immer reich an Kultur, aber 2005 hat Katrina uns praktisch über Nacht in den Fokus vieler internationaler Künstler gerückt. Vor allem die jungen zieht es hierher«, freut sich Arthur Rodger, der 1978 mit der Eröffnung seiner gleichnamigen Galerie zum Pionier für die hiesige Kunstszene wurde. Damals noch an der Magazine Street – der bis heute beliebtesten Shopping- und Flaniermeile –zog er mit seinen Ausstellungsräumen später in die Speicherstadt, die seither als Epizentrum der Kunstschaffenden gilt. Paradiesische Abenteuer in den Sümpfen Ein süßer Duft erfüllt die Luft, während unser Boot an Sumpfzypressen und wilden Magnolien vorbei durch einen Teppich von Wasserhyazinthen gleitet. Und da passiert’s. »Holy Shit! Willst du uns umbringen?« David Allemond platzt der Kragen. Zu Recht. Was hatte er zu Beginn der Swamp Tour gesagt? »Hände am Körper halten!« Schließlich leben hier im gewaltigen Atchafalaya Basin, dem größten Sumpf- und Feuchtgebiet der USA, jede Menge Alligatoren. Die haben uns allerdings keine Probleme bereitet. Doch dann plumpste plötzlich diese Schlange an Deck. Offenbar hungrig, hatte sie im Geäst einer Wassereiche wohl nach Vogelnestern gesucht. Bis der ahnungslose Tourist aus Minnesota sich beim Vorbeifahren an einem der überhängenden Zweige festgehalten und ihn dann zurückschnellen lassen hat. Zum Glück war es keine giftige Wassermokassinotter, die da herunterfiel. Die hätte unser Captain sicher nicht so souverän über Bord geworfen. So aber konzentrieren sich die Blicke nach der Schrecksekunde schnell wieder auf die Wasserrandzonen, wo man neben majestätischen Reihern und anderen Vogelarten auch possierliche Tiere wie Waschbären und Flughörnchen entdecken kann. Es ist eine abenteuerliche, magische Wasserwelt, in die man hier eintaucht. Unwirtlich, schwül und heiß, war sie allerdings für die frühen Siedler und die entlaufenen Sklaven, die sich hier einst versteckt hielten, eher der Vorhof zur Hölle. Im Tiefen Süden ist Frankreich ganz nah Bayou, so nennt man Louisianas mäandernde Wasserläufe, die vor allem den Süden des Bundesstaates engmaschig durchziehen. Gespeist vom Mississippi und dessen Nebenflüssen und Seen, verbinden sie sich zu endlosen, geheimnisvollen Irrgärten mit einer geradezu paradiesischen Natur. Unmöglich zu sagen, welche Bayous am schönsten sind. Für David und viele andere Einheimische ist ein Stopp kurz hinter der Interstate-Ausfahrt 115 auf jeden Fall ein Muss, »weil’s dort im ›Boudin Shop‹ das leckerste Gumbo gibt«. »C’m on, Baby, let’s waltz…!« heißt es wenig später im Museumsdorf Vermillion Ville. Cajun Country. Du weißt, dass du angekommen bist, wenn die Fiedelmusik deinen Körper erfasst und du dich munter im Walzerschritt drehst. Zwei Geigen, ein Akkordeon, ein Waschbrett und eine Gitarre. Dazu fünf begnadete Musiker im besten Alter. Auf dem großen Festplatz gibt’s kein Halten mehr. Dabei hat man im malerischen Ambiente dieses lebendigen Museumsdorfes das Gefühl, als könnte sich all das fast genau so vor rund zweihundert Jahren abgespielt haben. In jenen Tagen, als die Acadianer sich hier am Bayou angesiedelt und Vermillion Ville – das heutige Lafayette – gegründet haben. Es waren französische Siedler, die ursprünglich in Amerikas hohen Norden ausgewandert waren. Erst als die Briten sie 20 REISE & PREISE 4-2015

erühmten herrschaftlichen Plantagenhäuser Mitte des 18. Jahrhunderts von dort ins Exil verbannten, ließ sich ein Großteil von ihnen in der französischen Kolonie Louisiana nieder. Dort waren die Sümpfe das einzige Land, auf das niemand Anspruch erhob. »Ich bin stolz darauf, eine Cajun zu sein«, lächelt Marie und weist selbstbewusst auf ihre Abstammung von den Acadianern hin. Gleich zu Beginn ihrer »Food Tour« bringt sie die Frage nach dem Unterschied zwischen Cajun und kreolischer Küche auf den Punkt: »Cajun bedeutet: herzhafte Landküche. Die Kreolen waren besser situiert, hatten vielfältigere, edlere Zutaten für ihre Speisen«. Und schon geht’s los mit den ersten leckeren Kostproben. Egal ob man nun in Lafayette, im malerisch am Mississippi gelegenen Baton Rouge oder in New Orleans unterwegs ist – so eine kulinarische Rundreise durch die jeweilige Gastro-Szene ist eine wunderbare Art, um die Stadt richtig kennenzulernen. »Jetzt fahrt hin, wo der Pfeffer wächst!«, lacht Marie am Ende der dreistündigen Schlemmertour, und das ist keine Frechheit, sondern ein toller Tipp von ihr. Rund eine Stunde braucht man über den Highway 90 und die 329 gen Süden, dann ist Avery Island erreicht. Dort leuchten schon die Pfefferfelder, denn dies ist die Heimat der berühmten Tabasco- Soße, die Edmund McIlhenny 1868 erfand. Wer mag, kann die in fünfter Generation geführte Fabrik kostenlos besichtigen. Aber der gute McIlhenny liebte nicht nur Scharfes. Als Vogelfreund und Naturliebhaber hat er sich mit dem Jungle Garden am Bayou Petite Anse zu Lebzeiten ein eigenes Paradies geschaffen. Und das ist die eigentliche Attraktion: eine gigantische Parkanlage mit seltenen Pflanzen und uralten Eichen voller Spanischem Moos. Mit dem Alten Süden verhält es sich wie mit dem Wilden Westen: ihm hängt eine verklärte Romantik an. Das gilt ganz besonders abseits der Städte. Südstaaten-Träumerei auf dem alten Mississippi »Ol’man river…, was kümmer’s ihn, wenn die Welt Probleme hat…«, heißt es im berühmten Broadway-Musical »Show Boat« von 1927. Eine Reise mit dem Schaufelraddampfer auf dem Mississippi – kitschiger geht es kaum. Aber dann stehst du ganz oben an Deck, siehst, wie hinter der grünen Deichlinie eines von diesen märchenhaften Plantagenhäusern wie Oak Alley oder Houmas auftaucht, und du denkst nur: Mein Gott, ist das schön! Es ist, als würde man in historischen Romanen herumblättern: Mark Twain, Tennessee Williams, Margaret Mitchell, Faulkner… All die Geschichten und Legenden schwirren einem durch den Kopf, während das Schiff zwischen New Orleans und Baton Rouge die Plantagen und Paläste der einstigen Zuckerbarone ansteuert. Über die Great River Road, die sich am Ufer des Mississippi entlangschlängelt, lässt sich das Ganze ebenso schön vom Auto aus erleben. Hier residierten sie, die mächtigsten und reichsten Familien der Nation, deren Wohlstand auf Sklavenarbeit begründet war. Das ist die dunkle Seite der Geschichte, die der amerikanische Bürgerkrieg beendet hat. Zum Glück ist das alles lange her. Zumindest die landschaftliche Schönheit des Alten Südens kann man heute ganz unbeschwert genießen. INFO New Orleans & Lousiana Seite 22 authentisches erbe autenticacuba.com REISE & PREISE 4-2015 21

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