62 SILO SCHERZELLE des Ringschergerätes nach ASTM D6773 [1, 4, 5]. Grafiken: Autor MASSENFLUSS-KERNFLUSS-GRENZEN für konische, keilförmige und pyramidenförmige Trichter für konstante innere Reibung (pw ist der Neigungswinkel der Wände des pyramidenförmigen Trichters, pc der Neigungswinkel der Trichterecken; je nach Trichterform sind von den Grenzkurven einige Grad Sicherheit abzuziehen) [1]. Je nach Festigkeit des Schüttgutes können zum Vermeiden von Schüttgutbrücken große Auslaufabmessungen benötigt werden. Dies erfordert entweder Austraggeräte mit entsprechend großem Querschnitt oder aber Austraghilfen (bspw. Luftkanonen). Letztere sind in jenem Bereich des Trichters anzuordnen, wo sich Brücken bilden können. Ein Beispiel für ein Silo mit großem Auslaufdurchmesser zeigt Silo c im Bild S. 61 unten anhand eines Schwingtrichters. Je nach Schüttgut (anbackend, schleißend, feucht, …) und notwendigen Auslaufabmessungen wird man auch andere Austraggeräte vorziehen, wie Kettenförderer, Plattenband, Räumarm, Drehbalkenboden oder rotierende Schnecken [1]. Letztlich wird auf Grundlage der Auslegungsdaten, des Schüttgutverhaltens und der betrieblichen Erfordernisse abzuwägen sein, mit welcher Lösung der Betrieb am sichersten und ökonomischsten möglich ist. Messen von Schüttguteigenschaften Kettenförderer oder Plattenbänder, die zum einseitigen Schüttgutabzug neigen [1]. Im Massenflusssilo senkt sich das Schüttgut im Schaft gleichmäßig ab und die Verweilzeitverteilung ist daher eng. Das Schüttgut verlässt das Silo näherungsweise in der gleichen Reihenfolge, in der es eingefüllt wurde (first-in, first out). Dies erleichtert die Verfolgung einzelner Chargen. Schachtbildung kann hier nicht auftreten. Zum Entlüften steht mehr Zeit zur Verfügung. Entmischung beim Füllen entsteht auch hier, aber das entmischte Schüttgut vereinigt sich im Trichter wieder, da es über dem Querschnitt gleichmäßig nach unten fließt. Daher ist Massenfluss die Standardlösung zur Vermeidung von Entmischungsproblemen [1]. Die für Massenfluss notwendige Neigung der Trichterwände folgt aus den Schüttguteigenschaften. Die wesentlichen Einflussgrößen sind die Wandreibung, also die Reibung zwischen dem Schüttgut und der Oberfläche der Trichterwand, und die innere Reibung des Schüttgutes. Aber auch die Trichterform spielt eine Rolle (Bild oben rechts). Am flachsten können die Wände keilförmiger Massenflusstrichter sein, während konische Massenflusstrichter etwa 8° bis 10° steiler sein müssen. Sehr ungünstig zum Erreichen von Massenfluss sind pyramidenförmige Trichter, deren Trichterecken nicht nur ausgerundet, sondern auch so steil wie die Wände eines konischen Trichters sein müssten. Das Diagramm oben zeigt für einen vorgegebenen inneren Reibungswinkel von 40° die Grenzen zwischen Kernfluss und Massenfluss. Aufgetragen ist der Wandreibungswinkel x über dem Wandneigungswinkel, der gegen die Vertikale gemessen wird. Die Grenzen zeigen somit die maximalen Neigungswinkel für die verschiedenen Trichterformen, bei denen noch Massenfluss erreicht werden kann. Zu erkennen ist die Zunahme des Neigungswinkels mit abnehmendem Wandreibungswinkel x (größere Reibung erfordert steilere Wände). Das einzige Problem, das auch bei Massenfluss zu beachten ist, ist die Brückenbildung. Auch bei Massenfluss muss die Auslauföffnung groß genug sein, um eine stabile Schüttgutbrücke zu vermeiden. Die notwendigen Abmessungen werden aus den mit einem Schergerät gemessenen Fließeigenschaften, vor allem aus der (von der Lagerzeit abhängigen) Schüttgutfestigkeit, berechnet [1, 2]. Zur Ermittlung der für Massenfluss erforderlichen Trichterwandneigung sowie der minimalen Auslaufabmessungen zur Vermeidung von Brückenbildung wird die seit etwa 60 Jahren bewährte Methode von Jenike angewendet [2], auf der auch das abgebildete Diagramm beruht. Eine tiefer gehende Beschreibung des Auslegungsverfahrens ist im Rahmen dieses Aufsatzes nicht möglich. Für weitere Details sei auf [1, 2] verwiesen. Anwendungsbeispiele sind in [3] beschrieben. Für die Siloauslegung werden Schüttguteigenschaften benötigt. Dies sind mechanische Eigenschaften wie die innere Reibung und die Wandreibung (Reibung zwischen Schüttgut und Trichterwandmaterial), die Schüttgutdichte und die Schüttgutfestigkeit. Bei Schüttgütern, die zur zunehmenden Verfestigung bei längerer Lagerung in Ruhe neigen, ist die Zunahme der Schüttgutfestigkeit mit der Zeit zu messen (Zeitverfestigung). Quantitativ verwertbare Schüttguteigenschaften werden mit Schergeräten gemessen. Das Bild oben links zeigt die Scherzelle eines automatischen Ringschergerätes, das Grundlage des ASTM-Standards D6773 ist [4, 5]. Die Schüttgutprobe befindet sich im Bodenring und wird von oben durch einen ringförmigen Deckel mit einer Normalkraft N belastet, sodass in der Schüttgutprobe eine vertikale Normalspannung wirkt. Zur Scherverformung („Scheren“) der Schüttgutprobe rotiert der Bodenring in Richtung ω, während der Deckel mit den Zugstangen festgehalten wird. Aus den hierzu benötigten Kräften F1 und F2 folgt die Schubspannung in der Schüttgutprobe. Mit rechnergesteuerten Messprozeduren erfolgt dann die Untersuchung der Probe. Ergebnisse sind neben Schüttgutfestigkeit, Zeitverfestigung und Wandreibung u. a. auch die innere Reibung und die Schüttgutdichte in Abhängigkeit von der Spannung [1]. Wegen der erzielbaren Genauigkeit [6] werden diese Ringschergeräte auch verbreitet für Fließfähigkeitsmessungen eingesetzt. GESTEINS PERSPEKTIVEN 6/2019
SILO 63 Zusammenfassung Probleme bei der Lagerung von Schüttgütern träten seltener auf, wenn mehr Trichter und Silos auf Grundlage der Schüttguteigenschaften ausgelegt würden. Erster Schritt muss daher immer die genaue Bestimmung der Schüttguteigenschaften sein, die für die verfahrenstechnische Siloauslegung mit der Methode von Jenike [1, 2] benötigt werden, aber auch für die festigkeitsmäßige Auslegung nach den einschlägigen Normen (z. B. [7]). Bestehen bereits Anlagen mit Trichtern oder Silos, in denen Fließprobleme oder Entmischung auftreten, besteht nach Erfahrung des Verfassers fast Literatur immer die Möglichkeit, durch gezielte Veränderungen auf Grundlage der Fließeigenschaften des Schüttgutes zu einer Verbesserung zu kommen. Ein Beitrag von Prof. Dr.-Ing. Dietmar Schulze, Professor im Institut für Recycling an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften (Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel). Er ist Mitbegründer der Schwedes + Schulze Schüttguttechnik GmbH (Siloauslegung, Messen von Schüttguteigenschaften) und Gründer von Dr. Dietmar Schulze Schüttgutmesstechnik (Entwicklung und Herstellung von Ringschergeräten zum Messen von Fließeigenschaften). www.dietmar-schulze.de [1] Schulze, D.: Pulver und Schüttgüter, 4. Auflage, Springer-Verlag (2019) [2] Jenike, A. W.: Storage and Flow of Solids, Bull. No. 123, Utah Engng. Station, Univ. of Utah, Salt Lake City (1964) [3] Schulze, D., Schwedes, J.: Beispiele zeitgemäßer Siloauslegung, Zement-Kalk-Gips 44 (1991) 10, S. 497–503 [4] ASTM D6773: Standard Shear Test Method for Bulk Solids Using the Schulze Ring Shear Tester, ASTM International (www.astm.org) [5] Schulze, D.: Entwicklung und Anwendung eines neuartigen Ringschergerätes, Aufbereitungstechnik 35 (1994) 10, S. 524–535 [6] Schulze, D.: Round Robin Test on Ring Shear Testers, Advanced Powder Technology 22 (2011) 2, S. 197–202 [7] DIN EN 1991-4:2010-12: Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 4: Einwirkungen auf Silos und Flüssigkeitsbehälter; Deutsche Fassung EN 1991-4:2006 (2010) KURS UND BUCH Vom Schüttgut zum Silo Die im Aufsatz beschriebenen Themen sind Teil des am 17.–18. Februar 2020 in Braunschweig stattfindenden GVT-Hochschulkurses „Vom Schüttgut zum Silo“. Mehr Informationen unter www.gvt.org. Weitere und tiefer gehende Informationen zum Thema Schüttguttechnik beinhaltet das kürzlich in vierter Auflage erschienene Buch „Pulver und Schüttgüter“. Es behandelt die Eigenschaften von Schüttgütern und deren Messung sowie die Anwendung der Eigenschaften auf die Siloauslegung. Zusätzlich beinhaltet es Informationen bspw. zu den Themen Spannungen in Silos und deren Berechnung, Schüttgutaustrag, Gestaltung von Austraggeräten sowie zur Entmischung und deren Vermeidung. 6/2019 GESTEINS PERSPEKTIVEN
E 43690 Ausgabe 6/2019 Offizielles
LE ITARTIKEL 3 Bürokratieabbau: of
INHALT 5 66 Potenzial: Viel hilft v
ZUR SACHE 7 CHRISTIAN HAESER formul
ZUR SACHE 9 EXKLUSIVES ZITAT Rohsto
Laden...
Laden...
Laden...