MEDIEN TARIFREFORM SCHLECHTE PRESSE FÜR DIE MÜNCHNER TAXIFAHRER Anfang Oktober berichtete die Presse über eine Vergewaltigung in einem Taxi. Doch in Wahrheit war es eine Fahrt in einem Mietwagen. Die Empörung aus dem Taxigewerbe war groß und führte zu einer schnellen Richtigstellung. TAXITARIFE MIT FESTPREISEN Das Münchner Taxigewerbe hat eine umfassende Tarifreform beantragt. Wenn die Stadt zustimmt, wird vieles einfacher und kundenfreundlicher. Was war genau geschehen? Diverse Tageszeitungen veröffentlichen eine Meldung zu einem Vorfall vom vergangenen Wochenende. Ein weiblicher Fahrgast wurde während der Fahrt vom Fahrer eines angeblichen Taxis unsittlich berührt. Die Polizei wurde von einem befreundeten Pärchen, das ebenfalls mit im Fahrzeug saß, gerufen. Bevor die Polizei am Montag im Laufe des Tages die entsprechende Pressemitteilung veröffentlicht hatte, wurde bereits in einer turnusmäßigen Telefonkonferenz mit den Medien über den Vorfall berichtet. Dabei, so hat es die Pressestelle der Münchner Polizei bestätigt, wurde offenbar durch Unkenntnis der genauen Sachlage die Beteiligung eines Taxis erwähnt. Die Taxi München eG hatte diesbezüglich nachgeforscht. In der Lokalpresse gipfelte dies unter anderem in der unschönen Schlagzeile „Vergewaltigung im Taxi: Fahrer vergeht sich an Münchnerin“, untermauert mit dem Foto eines beleuchteten Taxi-Dachzeichens. Eine andere große Münchner Boulevardzeitung titelte: „Während der Fahrt: Taxler vergewaltigt betrunkene Passagierin“. FAHRER FESTGENOMMEN Fakt ist jedoch, wie auch die Polizei bestätigte, dass es sich um kein Taxi gehandelt hat, sondern wie dann wenig später auch in der Pressemitteilung zu lesen war, um einen „Pkw, der zur Personenbeförderung eingesetzt war“. Der Fahrer, ein 39 Jahre alter Mann, der in München lebt, wurde daraufhin von der Polizei vorläufig festgenommen ES GEHT AUCH ANDERS „Taxi, ade“ – unter diesem Titel sendete der Bayerische Rundfunk eine 25-minütige Radio-Reportage über das Münchner Taxigewerbe und dessen Kampf gegen Corona und gegen Uber. Nachzuhören als Podcast auf der Homepage des BR. und nach Durchführung der erforderlichen polizeilichen Maßnahmen wieder entlassen. Die Ermittlungen laufen. Solche rufschädigenden Schlagzeilen sind natürlich dem Taxigewerbe nicht entgangen und wohl leider auch bei dem einen oder anderen Fahrgast hängen geblieben. Damit entsprechende Meldungen schnell korrigiert werden, ist unter anderem die Taxi München eG aktiv auf die Lokalpresse zugegangen. Besonders bemerkenswert ist aber auch, dass einzelne Unternehmer selbst Initiative ergriffen haben, indem sie ebenfalls die verschiedenen Redaktionen kontaktierten. Ihnen ist es zu verdanken, dass die Meldungen entsprechend angepasst und, zumindest teilweise, mit einer Richtigstellung versehen wurden. In der „Süddeutschen Zeitung“ wird von einem Uber-Fahrer berichtet, in dessen schwarzem Toyota das Verbrechen verübt worden sein soll, aber auch diese Annahme wurde von der Polizei nicht bestätigt und ist deshalb mit Vorsicht zu genießen. Fest steht bislang nur, dass die Tat in einem „Pkw, der zur Personenbeförderung“ eingesetzt wird, verübt wurde. Kennt man die Hintergründe, dann muss man seinen Unmut gegenüber den Medien im Zaum halten. Aber es belegt eine zunehmende Tendenz, dass Taxis mit per App vermittelten Mietwagen in einen Topf geworfen werden. Das Beispiel aus München zeigt, dass man ohne Unterlass – offenbar auch an Stellen, die eigentlich den Unterschied zwischen einem Taxi und Mietwagen kennen sollten – Aufklärungsarbeit leisten muss. Auch die Medienvertreter tun gut daran, lieber einmal eine Frage zu viel zu stellen, denn Taxi ist nicht gleich Mietwagen. sg FOTO: Adobe Stock / sdecoret FOTO: Wiegand Antragsteller waren die beiden Gewerbevertretungen Taxiverband München (TVM) und der Landesverband Bayern sowie die beiden Münchner Taxizentralen IsarFunk und Taxi München eG. „München soll eine echte Tarifreform bekommen“, meint dazu Florian Bachmann vom TVM.“ „Primär geht es diesmal weniger um eine Verteuerung der Taxifahrten als vielmehr um eine deutliche Vereinfachung der bisherigen Tarifstruktur“, ergänzt Christian Hess von IsarFunk und nennt das große Ziel dieser gemeinsamen eingereichten Vorschläge: „Wir wollen den Kunden einen einfachen und gut kalkulierbaren Taxitarif anbieten und damit gegenüber externen App-Plattformen wettbewerbsfähig sein“ (siehe dazu auch das Doppel-Interview auf den nachfolgenden Seiten). Im neu beantragten Taxitarif entfällt deshalb die bisherige degressive Kilometerstaffelung. Jeder gefahrene Kilometer soll künftig unabhängig von der Streckenlänge zwei Euro kosten. Auch die bisher berechneten Zuschläge für Fahrten in einem Kombi, bei Abholungen nach Bestellungen sowie für Gepäckstücke bzw. Tiere sollen künftig entfallen. Im Gegenzug dazu steigt der Grundpreis von bisher 3,70 Euro auf nun 4,70 Euro. Bei Abholungen in den an das Münchner Stadtgebiet angrenzenden Umlandgemeinden soll zudem keine Anfahrt mehr berechnet werden. Speziell auf Geschäftskunden zielt die Einführung einer dritten Festpreis-Zone. Neben dem Bereich des Flughafens und eines geringfügig erweiterten Gebiets rund um das Münchner Messegelände wird im Antrag auch eine „Zone Hauptbahnhof definiert, die sich nördlich von der Marsstraße über die Hackerbrücke (westlich) und dem Beginn der Theresienwiese (südlich) bis zum Karlsplatz (östlich) erstreckt. FESTPREIS-ZONE HBF Fahrten auf direktem Weg von einer der drei Zonen in eine andere sollen dann zum Festpreis durchgeführt werden (siehe nebenstehende Tabelle). Da die neue Zone Hauptbahnhof ebenso wie der erweiterte DIE FAKTEN Der Taxiverband München (TVM), der Landesverband Bayern sowie die Taxizentralen IsarFunk und Taxi München eG haben am 30. September 2020 bei der Stadt München (KVR) eine Änderung der Taxitarifordnung beantragt. Das sind die Eckpunkte: Tarif Einschaltpreis: 4,70 € (bisher 3,70 €) Kilometerpreis: 2 € (künftig ohne degressive Staffelung) Wartezeit: 0,50 € pro Minute (unverändert) Zuschlag für Großraumtaxi (ab 5 Fahrgästen) bzw. Fahrradmitnahme: 7,50 € (bisher 7 €) Zuschlag für Anfahrt nach Bestellung, Gepäckstücke, Tiere und Kombi: entfällt Für mehr Kundenfreundlichkeit soll künftig der Zuschlag für die Anfahrt wegfallen. Messe-Bereich viele Hotels umfasst, erhoffen sich die Gewerbevertreter, damit einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Uber und Free Now auszugleichen. Teurer wird die Taxifahrt durch diese Tarifreform erst bei längeren Strecken, betonen die Gewerbevertreter. Bei einer Fahrtstrecke von einem Kilometer auf Bestellung, drei Minuten Wartezeit und einem Gepäckstück bei jeder 2. Fahrt wird der Preis um 0,62 Prozent billiger, bei fünf Kilometern um 0,29 Prozent. Ein wenig teurer wird es bei acht (2,3 Prozent) und zehn Kilometern (3,33 Prozent). Selbst bei 20 Kilometern liegt die Teuerungsquote noch im einstelligen Bereich (8,67 Prozent). Erst ab einer Fahrtstrecke von mehr als 30 Kilometern fallen elf Prozent höhere Preise an. Sofern die Stadt und die angrenzenden Landkreise Erding, Freising und München keine Einwände erheben, die Taxikommission den neuen Tarif empfiehlt und der Münchner Stadtrat auf Basis dieser Empfehlung zustimmt, könnte er zum 1. März 2021 in Kraft treten. jh Festpreise Anzuwenden bei Fahrten „auf direktem Weg“ zwischen drei definierten Zonen: Zone Flughafen München – Zone Messe München (und umgekehrt): 71 €; Zone Flughafen München – Zone Hauptbahnhof (und umgekehrt): 79 €; Zone Hauptbahnhof – Zone Messe München (und umgekehrt): 35 € Anfahrtsfreie Umlandgemeinden 21 Gemeinden im Münchner Umland werden in die Tarifzone 1 aufgenommen. Damit entfällt bei Abholungen aus diesen Gemeinden die Anfahrtsgebühr. Verkleinerung des Pflichtfahrgebiets Bad Tölz, Bad Heilbrunn, Markt Indersdorf, Altomünster und Petershausen werden herausgenommen. jh 10 4. QUARTAL 2020 TAXI TAXI 4. QUARTAL 2020 11
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